Der ganze Text als .pdf - jagdkultur.eu
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Kraftfahrz<strong>eu</strong>ge für Vorwort die Jagd<br />
Die Legende lebt: der LADA-NIVA<br />
Von Erich Hobusch & Wolfgang Löschner<br />
Während der Recherchen zur Veröffentlichung<br />
von „Wir Jäger vom Müggelsee“<br />
stellte sich auch die Frage, welche Fahrz<strong>eu</strong>gtypen<br />
standen den Jägern der damaligen<br />
DDR zur Ausübung der Jagd eigentlich zur<br />
Verfügung? Welche geländegängigen Kraftfahrz<strong>eu</strong>ge<br />
konnten die Jäger nutzen, um in<br />
den ihnen zugewiesenen Jagdgebieten die<br />
Pirsch- und Ansitzjagd auszuüben und den<br />
individuellen Wildtransport zu den staatlichen<br />
Wildsammelstellen vorzunehmen?<br />
Welche Typen von Kübelfahrz<strong>eu</strong>gen der Autoindustrie<br />
der DDR-Produktion sowie des<br />
RGW (Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe<br />
der sozialistischen Staaten) standen ihnen<br />
eigentlich zur Verfügung?<br />
Aus den Unterlagen über das Sonderjagdgebiet<br />
der NVA (Nationale Volksarmee)<br />
in Hintersee/Glashütte (Uckermark) ist bekannt,<br />
dass es in diesem 9 000 ha großen<br />
Jagdgebiet, (davon 7 000 ha NVA-Forsten<br />
und 2 000 ha Wiesen – mit ca. 400 ha Wild-<br />
I/12<br />
wiesen, Moore und Ackerflächen) einen<br />
beachtlicher Fuhrpark gab. Karl LEMKE<br />
notierte dazu 1990: „<strong>Der</strong> Fahrz<strong>eu</strong>gpark im<br />
Jagdgebiet war, wie ein Kenner aussagte,<br />
‚unüberschaubar‘; 30 geländegängige Fahrz<strong>eu</strong>ge,<br />
10 Trabant-Kübelwagen wurden alle<br />
drei Jahre ausgewechselt, 1 LADA-Kombi,<br />
1 LADA-NIVA, 2 Wartburg Tourist sowie<br />
1 LKW gehörten zum Fuhrpark. Im Jagdgebiet<br />
hatten 38 Beschäftigte einen Arbeitsplatz<br />
…“ (LEMKE, K.: „Staatsjagd im<br />
Visier“, Berlin 1990, S. 79–101).<br />
Von einer solchen Fahrz<strong>eu</strong>gausstattung<br />
konnten die DDR-Jäger in ihren Jagdgesellschaften<br />
nur träumen, sogar die Staatsjagdgebiete<br />
besaßen nicht einen solchen<br />
Fuhrpark. So standen im Staatsjagdgebiet<br />
Schlaubemühle (8 300 ha) nur 2 PKW-<br />
NIVA, 1 PKW-LADA, 3 PKW-Trabant, 3<br />
ARO-Jeeps, 1 Multicar, 3 Traktoren und<br />
1 B 1000 für den praktischen Jagdbetrieb<br />
zur Verfügung (vgl. STUBBE, S. 349/350;<br />
LEMKE S. S. 63/65).<br />
In den meisten großen, wildreichen<br />
staatlichen Forstwirtschaftsbetrieben fuhr<br />
lediglich der Direktor, wie z. B. in Templin,<br />
einen LADA-NIVA. Wolfgang Löschner erinnert<br />
sich: „Die meisten Jäger von uns fuhren<br />
mit einem Trabant 601 oder Wartburg<br />
353 ins Revier. Einige mit Moped oder sogar<br />
mit dem Fahrrad. Wenn ein Jäger, der<br />
mit dem Fahrrad zur Pirsch fuhr, ein starkes<br />
N<strong>eu</strong>dammerin 31
Vorwort Kraftfahrz<strong>eu</strong>ge für die Jagd<br />
Stück Wild erlegte, war er auf<br />
einen motorisierten Weidgenossen<br />
zum Abtransport angewiesen.<br />
Meistens funktionierte<br />
dies auch, da Kontakte und Absprachen<br />
leicht getroffen werden<br />
konnten. Ich selbst fuhr<br />
lange Zeit mit einem Moped<br />
ins Revier, im Rucksack immer<br />
meinen Rauhaarteckel.<br />
Erlegte ich Wild, z. B. eine<br />
Sau, musste ich egal wie spät,<br />
zum Revierförster fahren und Kübel P 3<br />
um Hilfe bitten.“ Bemerkenswert<br />
ist, dass Löschner dam<strong>als</strong> in der Kfz-<br />
Technik-Kompanie des Wachregiments in<br />
Berlin-Adlershof tätig war, wo auch die Instandhaltungen<br />
aller Geländefahrz<strong>eu</strong>ge für<br />
die Gäste der Staatsjagden und der Regierung<br />
durchgeführt wurden. Somit kann hier<br />
ein authentischer Bericht zur Geschichte der<br />
geländegängigen Kraftfahrz<strong>eu</strong>ge in der DDR<br />
vorgelegt werden, die auch in der Jagdpraxis<br />
zum Einsatz kamen. Bedanken möchten wir<br />
uns beim Fr<strong>eu</strong>ndeskreis „Historischer Militärfahrz<strong>eu</strong>ge<br />
Wittenberg“, denen wir die<br />
Abbildungen der Fahrz<strong>eu</strong>gtypen verdanken.<br />
Geländegängige PKW-Kübel wurden in<br />
der Entwicklungsstelle Stahnsdorf bei Potsdam<br />
bis zum Prototyp entwickelt. Hier waren<br />
Ingeni<strong>eu</strong>re und Techniker mit großem<br />
fachlichem Wissen tätig, u. a. Absolventen<br />
der Fachhochschule Zwickau für Kfz-Technik.<br />
Alle Kübel wurden für die Belange der<br />
bewaffneten Organe in der DDR konstruiert<br />
und in den Werken in Eisenach und<br />
Zwickau gebaut und von diesen auf Speziallehrbahnen<br />
im Gelände getestet.<br />
In der Regel liefen diese Kübel zehn<br />
Jahre bei der NVA und wurden dann der<br />
DHZ (D<strong>eu</strong>tsche Handelszentrale) in den<br />
Bezirksstädten übergeben. Die DHZ war<br />
eine staatliche Handelsorganisation, bei der<br />
sich Forstämter, Behörden und auch einzelne<br />
Jäger zum Kauf für einen gebrauchten<br />
Kübel anmelden konnten. Die Wartezeiten<br />
lagen zwischen zwei bis fünf Jahren, da der<br />
Bedarf sehr hoch war.<br />
<strong>Der</strong> P 3 wurde in Stahnsdorf entwickelt<br />
und kam <strong>als</strong> Prototyp in die Versuchsabteilung<br />
des Autowerkes Zwickau. Die Produktion<br />
lieferte ab 1961 in Karl-Marx-Stadt,<br />
später in Ludwigsfelde, etwa 3 500 Fahrz<strong>eu</strong>ge.<br />
<strong>Der</strong> P 3 hatte einen 6 Zylinder 4-Takt<br />
(Otto)-Motor, „eine Weiterentwicklung von<br />
Hoech“; HA (Hinterachsenantrieb), Vorderachse<br />
zuschaltbar. Differenzi<strong>als</strong>perre.<br />
<strong>Der</strong> sehr geländegängige Kübel wurde<br />
vorwiegend bei den Grenztruppen einge-<br />
32 N<strong>eu</strong>dammerin I/12
Kraftfahrz<strong>eu</strong>ge für Vorwort die Jagd<br />
GAZ 69<br />
GAZ 69 M<br />
setzt und in viele Länder des Ostblocks exportiert.<br />
<strong>Der</strong> P 3 ist bis 1966 produziert<br />
worden. Danach wurde innerhalb des RGW<br />
festgelegt, dass nur noch die Sowjetunion<br />
für die Warschauer Vertragsstaaten Kübel-<br />
Fahrz<strong>eu</strong>ge baut.<br />
In der Sowjetunion erfolgte<br />
der Bau der robusten Geländewagen<br />
bereits seit 1941 in Uljanowsk<br />
an der Wolga. (Hier<br />
wurde 1870 Wladimir Iljitsch<br />
Uljanov (Lenin) geboren und<br />
die Stadt bekam 1924 seinen<br />
Namen, h<strong>eu</strong>te über 630.000<br />
Einwohner.)<br />
Im dortigen Werk „Gorkowski<br />
Avtomobilny Sawod<br />
(GAZ)“ wurde der GAZ 69<br />
gebaut, er hatte einen 4-Zylinder-Otto-Motor<br />
mit hängenden<br />
Ventilen. <strong>Der</strong> Motor<br />
besaß eine hohe Laufruhe in<br />
allen Drehzahlbereichen, 55<br />
PS. Das Fahrwerk war besonders<br />
im Gelände sehr weich.<br />
Bodenfreiheit 210 mm, HA-<br />
Antrieb, VA zuschaltbar, ebenso<br />
Differenzi<strong>als</strong>perre.<br />
Aufgrund dieser Eigenschaften<br />
<strong>als</strong> robuster Geländewagen<br />
und der guten<br />
Heizleistung wurde er von vielen<br />
Jägern <strong>als</strong> das „Traumauto“<br />
bezeichnet, aber nur sehr wenige<br />
konnten einen Gelände-Kübel<br />
über die DHZ bekommen.<br />
<strong>Der</strong> Nachfolger des GAZ 69 war seit<br />
1958 der UAZ 450, ein Kübel den n<strong>eu</strong>esten<br />
technischen Standards entsprechend, der<br />
im Werk „Ulyanovsky Avtomobilny Zavod“<br />
(UAZ) gebaut wurde. Er war ein „Bezinfresser“<br />
(16–19 Liter auf 100 km, im Gelände<br />
I/12<br />
N<strong>eu</strong>dammerin 33
Vorwort Kraftfahrz<strong>eu</strong>ge für die Jagd<br />
aber bis zu 30 Liter). Das Fahrz<strong>eu</strong>g<br />
hatte zwei Tanks, die man<br />
manuell schalten konnte. Ein<br />
4-Zylinder-Otto-Reihenmotor<br />
<strong>als</strong> Antrieb, stehende Ventile.<br />
55 PS, HA-Antrieb, VA +<br />
Differenzi<strong>als</strong>perre zuschaltbar.<br />
Hohes Eigengewicht (1745<br />
kg). Bodenfreiheit 220 mm.<br />
Seit 1972 war dann das Modell<br />
UAZ 469 „Tundra“ in der<br />
Produktion.<br />
UAZ 469<br />
Nach Einführung der Konsumgüterproduktion<br />
stellten<br />
viele Bürger, Landwirte, Förster,<br />
Jäger und Angler, aus allen<br />
sozialistischen Ländern, die<br />
Forderung, einen geländegängigen<br />
Kübel für zivile Zwecke<br />
zu entwickeln. In Zusammenarbeit<br />
mit den Ingeni<strong>eu</strong>ren<br />
und Technikern aus Stahnsdorf,<br />
die auch einen Dieselmotor<br />
für den LADA-NIVA<br />
entwickelten, wurden die ersten LADA-<br />
NIVA in Toljatti 1976 gebaut. Man legte<br />
beim Bau des Geländewagens keinen Wert<br />
auf Komfort, sondern auf Zweckmäßigkeit.<br />
Ziel war es, ein Fahrz<strong>eu</strong>g zu konzipieren,<br />
das auch schweres Gelände meistern konnte.<br />
So entstand die Legende vom robusten,<br />
sagenhaften LADA-NIVA.<br />
Mit dem Bau des großen, staatlichen<br />
„Wolga-Automobil-Werkes“ in Toljatti<br />
(1 000 km südlich von Moskau an der<br />
Wolga – früher hieß die Stadt Stawropol),<br />
begann ab 1966 die Produktion der Personenkraftwagen<br />
in der Sowjetunion unter<br />
dem Markennamen Shiguli. Nach dem<br />
Erwerb der FIAT-Lizenz verließen ab 1971<br />
jährlich über 200 000 Fahrz<strong>eu</strong>ge, unter dem<br />
n<strong>eu</strong>en Namen LADA („die Geliebte“), das<br />
Werk an der Wolga, darunter auch der Geländewagen<br />
LADA-NIVA. Im Werk waren<br />
mehr <strong>als</strong> 120 000 Menschen beschäftigt.<br />
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Kraftfahrz<strong>eu</strong>ge für Vorwort die Jagd<br />
Technische Angaben zum NIVA<br />
<strong>Der</strong> LADA NIVA (auch Lada 2121) ist ein vom russischen Autohersteller Lada<br />
produzierter Offroad-PKW. Trotz der exzellenten Fahreigenschaften im Gelände<br />
ist er von der Konzeption her ein PKW. <strong>Der</strong> Wagen hat nicht den Leiterrahmen<br />
klassischer Geländewagen. Er besitzt einen permanenten Allradbetrieb,<br />
Geländereduktion, Differenzi<strong>als</strong>perre und wird bereits seit mehreren Jahrzehnten<br />
in verschiedenen Modellvarianten in der russischen Stadt Toljatti gebaut.<br />
Für den Export wird er in einer Motorvariante (1,7 l Vierzylinder Benziner, Hubraum<br />
1690 ccm, Leistung: 60 kW/82 PS, 137 km/h Spitze; Verbrauch 11,6 Liter (Normaler<br />
Testdurchschnitt); Länge/Breite/Höhe: 3720/1680/1640 mm; Bodenfreiheit: 220<br />
mm; Watttiefe: 650 mm) angeboten.<br />
<strong>Der</strong> LADA NIVA ist dank einfacher Technik und magerer Ausstattung der mit<br />
Abstand preisgünstigste Geländewagen in Europa. Er wird n<strong>eu</strong> bereits unter 8.000<br />
Euro angeboten, <strong>als</strong>o zum Preis eines Kleinstwagens. Durch die einfache Technik ist<br />
er sehr robust.<br />
Basis des NIVA (Modell 2121) war der zeitgleich 1976 erschienene Shiguli/Lada<br />
2106, dessen Motor bis in die 90er Jahre auch im NIVA eingebaut wurde. In der Sowjetunion<br />
gab es darüber hinaus auch NIVA mit 1300er (Motortyp 21013) und 1500er<br />
Motor (Motortyp 2103). Einzige größere Überarbeitung des NIVA (abgesehen von<br />
Detailänderungen zeitgleich mit den Shiguli-Modellen) war das Facelift im Jahre 1995.<br />
<strong>Der</strong> NIVA bekam ein n<strong>eu</strong>es Armaturenbrett, einen n<strong>eu</strong>en Tacho, ein n<strong>eu</strong>es Lenkrad<br />
mit Pralltopf und ein geändertes Heck mit niedrigerer Ladekante und n<strong>eu</strong>en Rückl<strong>eu</strong>chten.<br />
Ebenfalls n<strong>eu</strong> war der 1700er Motor (Typen 21213: Vergaser bzw. 21214:<br />
Einspritzer mit G-Kat). Ebenfalls n<strong>eu</strong> für den GUS-Markt war das Modell 2131 mit<br />
fünf Türen und 1800er Vergasermotor.<br />
Mitte bis Ende der 90er war auch ein 1,9 Liter Diesel mit 69 PS von P<strong>eu</strong>geot erhältlich,<br />
der h<strong>eu</strong>te ab Werk nicht mehr eingebaut wird.<br />
Seit 2003 wird in Form eines Joint-Ventures mit GM das Nachfolgemodell 2123<br />
(Chevrolet- NIVA) in Serie produziert. Dieser Wagen wird offiziell nicht in West<strong>eu</strong>ropa<br />
verkauft.<br />
In Österreich ist der NIVA ausschließlich unter dem Namen Lada Taiga bekannt.<br />
(Nach Wikipedia-Info: www.wikipedia.de)<br />
I/12<br />
N<strong>eu</strong>dammerin 35
Vorwort Kraftfahrz<strong>eu</strong>ge für die Jagd<br />
In der DDR wurden zwar<br />
weitere Kübel vom Trabant<br />
und Wartburg 353 gebaut,<br />
diese waren aber nur bedingt<br />
geländetauglich. <strong>Der</strong> bekannte<br />
Trabi-Kübel P 601A war vorwiegend<br />
bei den Grenztruppen<br />
der DDR im Einsatz.<br />
Die Fahrz<strong>eu</strong>ge hatten weder<br />
eine Untersetzung noch konnte<br />
die Hinterachse angetrieben<br />
werden. Trabant und Wartburg<br />
hatten bekanntlich Vorderradantrieb<br />
und waren somit für<br />
die Jagdpraxis nicht einsetzbar.<br />
Somit blieben für die Jäger in<br />
der DDR der LADA-NIVA<br />
oder GAZ 69 M weiterhin ein<br />
Traum!<br />
Doch diese Legende überlebte,<br />
und dies nicht nur im<br />
Thüringer LADA-Land, wie<br />
die Werbung in unseren Jagdzeitungen<br />
belegt.<br />
<strong>Der</strong> n<strong>eu</strong>e LADA-NIVA<br />
jetzt mit Europäischen Standard.<br />
<strong>Der</strong> LADA-NIVA – die<br />
Offroad-Legende mit Spitzenwerten<br />
im Gelände: 58 %<br />
Steigfähigkeit, 65 cm Watttiefe<br />
und 48 % Kippwinkel. Zum<br />
unschlagbaren Preis bei 270<br />
LADA-Händlern in D<strong>eu</strong>tschland.<br />
UAZ 469<br />
P 601A<br />
36 N<strong>eu</strong>dammerin I/12