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Predigt 23.09.2012, 25. So. im Jahreskreis, Pfr. Beda Bollhalder

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Jesus spürt, was seine Freunde spekulieren. Jetzt mischt er<br />

sich in die Diskussion ein: „Worüber habt ihr unterwegs gesprochen?“<br />

Und dann stellt er zwei unverzichtbare Kriterien für die<br />

Weiterführung seines Projektes auf:<br />

zum <strong>25.</strong> <strong>So</strong>nntag / Reihe B 2012<br />

….. und stellte ein Kind in die Mitte<br />

Markus 9 / 33 -37<br />

1. Die Situation<br />

Es war noch nicht lange her, als Jesus von seinem nahen Tod<br />

sprach. Reaktion aus dem Jüngerkreis: Protest! „<strong>So</strong> was darf dir<br />

nicht passieren!“ Jesus wies den Protest scharf zurück: „Weg<br />

von mir, Satan!“ Und jetzt redet er bereits zum 2. Mal davon.<br />

Reaktion: Schweigen! Man ahnte eigentlich längst schon, dass<br />

das mit diesem Jesus kein gutes Ende n<strong>im</strong>mt. Zu oft hat er es<br />

mit den einflussreichen Kreisen verdorben. Sie sind ihm feindselig.<br />

Die öffentliche St<strong>im</strong>mung hat sich gegen ihn umgeschlagen.<br />

Jesus selbst muss es geahnt haben! Er rechnete mit dem<br />

Schl<strong>im</strong>msten und sprach es vor seinen Freunden aus.<br />

Diese aber verstummen. Kein Protest mehr! Im Gegenteil! Hinter<br />

seinem Rücken beginnen Spekulationen. „Wer von ihnen ist<br />

der Größte? Im Klartext: Wer wird wohl sein Nachfolger? Wer<br />

von ihnen kann seine Sache weiterführen? „Der König ist tot!<br />

Es lebe der König!“ (Le roi est mort! Vive le roi!)<br />

2. Nachfolge <strong>im</strong> Jesus-Amt<br />

2.1: Und er stellte ein Kind in ihre Mitte!<br />

(Option für das Kind / Zeichenhandlung)<br />

Im gesellschaftlichen Umfeld Jesu ist das Kind das schwächste<br />

Glied. Es hat keine St<strong>im</strong>me. Es gehört einfach zum „Inventar<br />

des Vaters“, hat aber gesellschaftlich keine Lobby. Und nun<br />

stellt Jesus ein solches „Niemand“ in die Mitte der Versammlung.<br />

In die Mitte stellen heißt: ins Zentrum rücken, zur Hauptsache<br />

machen. Jesus hat eine neue Gesellschaftsordnung <strong>im</strong><br />

Sinn, in der das Kleine, Schwache, Hilflose ins Zentrum des<br />

Denkens und Handelns rückt, ins Zentrum der <strong>So</strong>rge und Fürsorge.<br />

Ein Volk will er, in dem das Kind (Symbol für Wertlosigkeit<br />

und Abhängigkeit!) bei allen politischen und sozialen Entscheidungen<br />

an erster Stelle steht und so ohne Wenn und Aber Lebensraum<br />

bekommt.<br />

„Ihr macht euch also <strong>So</strong>rgen, wer meinen „Job <strong>im</strong> Reich Gottes“<br />

übernehmen könnte. Der allein, der das Kleine, das Schwache<br />

und Abhängige, das Kind also, nicht an den Rand oder gar ins<br />

Out der Gesellschaft drängt, wie es überall geschieht, sondern<br />

der es ins Zentrum rückt, zur Hauptsache macht, in der politischen<br />

und sozialen Agenda ganz oben, auf Platz Nr. 1 setzt.<br />

Aber nicht nur einer kann das machen! Ihr alle müsst eine solche<br />

„Option für das Kind“ wagen und treffen. Ihr müsst Maßstäbe<br />

für das Miteinander entwickeln, in dem das Kleine, das Abhängige,,<br />

Wehrlose, Ausgelieferte nicht weiter unter die Räder<br />

kommt, sondern Recht auf Lebensraum erhält.<br />

2.2: „Kind“ <strong>im</strong> weiteren Sinn<br />

In der biblischen Welt aber versteht man unter dem Begriff<br />

„Kind“ auch politische Beziehungen:<br />

· der Fürst ist Kind / ben => des Großkönigs


· David ist Kind / ben => Jahwes´s<br />

· Israel ist Kind / ben => Jahwes´s<br />

· der Gläubige Kind / ben => Gottes<br />

Wir, die Gemeinde, sind ein „Kind dieses Gottes“, mit der Gott<br />

vor hat, ein Stück richtige, menschengerechte und menschliche<br />

Welt aufzubauen, eine Welt, die Augenmaß hat für das Kleine,<br />

Schwache und an den Rand Gedrängte;<br />

eine Welt, in der der Große und Starke als Möglichkeit begriffen<br />

wird, dem Kleinen und Schwachen zum Leben zu verhelfen und<br />

ihm Lebensraum zu eröffnen.<br />

Das ist das Projekt Jesu - und der kann es weiterführen,<br />

· der anfängt, dieses „Kind“, die „Gemeinde“, in die Mitte zurücken,<br />

· der aufhört, sie nur als „Service-Station“ für die paar religiösen<br />

Bedürfnisse zu benützen – möglichst zum Null-Tarif;<br />

· der bereit ist, sie mit all ihren <strong>So</strong>rgen, Problemen, Aufgaben<br />

in die Mitte seines Denkens, seines Mitverantwortens, seines<br />

Engagements zu rücken;<br />

· denn dieses Projekt Jesu, diese neue Welt- u. Lebensordnung<br />

ist eine Kostbarkeit ersten Ranges und ist es wert,<br />

dass wir unser ganzes Engagement dafür riskieren.<br />

Und dann schärft Jesus seinen Jüngern, uns!, ein: Dieses Projekt<br />

„Welt nach den Eckwerten des Evangeliums“ bzw. Reich<br />

Gottes bracht nicht einen Größten, einen ‚Ersten, einen Nachfolger,<br />

sondern es braucht<br />

3. viele Erste, die Letzte sind!<br />

„Letzte“ <strong>im</strong> Sinne des Evangeliums sind nicht die Hinterbänkler,<br />

die lieber anonym bleiben, sich nicht vordrängen, die nichts zu<br />

sagen und nichts zu verantworten haben. Jesus hat nichts gegen<br />

„Erste“. er ist ja der „Aller-Erste“ in der engagierten Parteinnahme<br />

für Gottes Interessen am Menschen. Aber Erster <strong>im</strong> Sinne<br />

Jesu kann man nur werden, wenn man in die Rolle des<br />

„Letzten“ geht. Aber der Letzte ist kein Duckmäuser.<br />

· wer geht als „Letzter“ vom Schiff? Doch der Kapitän! Er hat<br />

die <strong>So</strong>rge für das Leben aller Passagiere und des ganzen<br />

Teams!<br />

· wer verlässt als Letzter den Stall? Doch der Bauer! An seiner<br />

<strong>So</strong>rge hängt das Wohl des ganzen Betriebs!<br />

· wer geht als Letzter aus dem Büro, aus dem Betrieb? Doch<br />

der Chef! Die Bonität und der Bestand des Ganzen n<strong>im</strong>mt<br />

sein ganzes Denken und Planen in Anspruch.<br />

„Letzte“ sind solche, die sich eine Sache ganz und total angehen<br />

lassen; solche, die einen Ganz- u. Totaleinsatz erbringen.<br />

<strong>So</strong>lche „Letzte“ bringen es an den Tag, wie sehr sie „Erste“ und<br />

„Wichtigste“ sind, mit einem Wort: Letzte sind die „Alpha-Typen“<br />

eines Unternehmens.<br />

4. Kernaussage / Kerygma<br />

Kehren wir zurück in den Kreis der Jünger, die von Jesus in<br />

kurzsichtigen Nachfolge-Spekulationen erwischt wurden und<br />

jetzt hören müssen:<br />

„Ihr braucht kein Supergenie auf dem Papstthron oder auf dem<br />

Bischofsstuhl in St. Gallen. Ihr braucht an der Basis die vielen<br />

tausend „Letzte“, die sich vor Ort für das Gelingen der Gemeinde<br />

einsetzen. Hier, an der Basis, entscheidet es sich, ob da und<br />

dort Orte entstehen, wo engagierte Parteinahme für das Wohl<br />

aller eine neue Menschenwelt entstehen lässt. Das wird nicht in<br />

den Büros des Vatikans gemacht. Hier muss es passieren, dass<br />

keines unter die Räder kommt, dass Lebensraum für alle entsteht,<br />

dass das „Kind“, das Kleine, Schwache und Abhängige in<br />

die Mitte gerückt wird. Das wird nicht in St Gallen gemacht,<br />

sondern hier, vor Ort, in Appenzell; nicht von einem noch so<br />

tüchtigen und charismatischen Pfarrer, sondern von vielen, die<br />

sich nicht zu gut sind, „Letzte“ zu sein.

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