20.03.2014 Aufrufe

Der TRIGA Reaktor der Universität Mainz

Der TRIGA Reaktor der Universität Mainz

Der TRIGA Reaktor der Universität Mainz

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Der</strong><strong>TRIGA</strong><strong>Reaktor</strong><strong>der</strong>Universität<strong>Mainz</strong><br />

<strong>Der</strong> <strong>TRIGA</strong> Mark-II <strong>Reaktor</strong> <strong>der</strong> Universität <strong>Mainz</strong> wurde Anfang<br />

<strong>der</strong> 60ziger Jahre von <strong>der</strong> Firma General Atomics, San Diego,<br />

USA, errichtet und 1967 durch Nobelpreisträger Otto Hahn in<br />

Betrieb genommen. Seither ist <strong>der</strong> <strong>Reaktor</strong> durchschnittlich<br />

200 Tage pro Jahr in Betrieb.<br />

Beim <strong>TRIGA</strong> <strong>Reaktor</strong> handelt es sich um einen reinen<br />

Forschungsreaktor, <strong>der</strong> für Ausbildung (Training), Forschung<br />

(Research) und Isotopenproduktion (Isotope Production)<br />

eingesetzt wird.<br />

erenkov-Strahlung am <strong>TRIGA</strong> <strong>Mainz</strong><br />

Weltweit sind mehr als 30 <strong>TRIGA</strong>-<strong>Reaktor</strong>en an Universitäten und Forschungseinrichtungen in Betrieb. In<br />

Deutschland gibt es neben dem <strong>TRIGA</strong> <strong>Mainz</strong> zwei weitere Forschungsreaktoren an<strong>der</strong>en Typs. In Berlin<br />

befindet sich <strong>der</strong> Forschungsreaktor BER II mit einer 100-fach größeren Leistung und in München <strong>der</strong><br />

FRM II mit einer 200-fach größeren Leistung im Vergleich zum <strong>TRIGA</strong> <strong>Mainz</strong>. Kernkraftwerke, die zur<br />

Energieerzeugung eingesetzt werden, haben eine etwa 30.000fach größere Leistung als <strong>der</strong> <strong>TRIGA</strong> <strong>Mainz</strong>.<br />

<strong>Der</strong> <strong>TRIGA</strong> <strong>Mainz</strong> arbeitet mit niedrig angereichertem Brennstoff. Die Uran-235-Anreicherung beträgt<br />

maximal 20 %.<br />

Das Beson<strong>der</strong>e an den <strong>TRIGA</strong> <strong>Reaktor</strong>en sind die Brennstoff-Mo<strong>der</strong>ator-Elemente: Innerhalb <strong>der</strong><br />

Brennelementhülle (Aluminium o<strong>der</strong> Edelstahl) befindet sich <strong>der</strong> Brennstoff (Uran-235) in Form einer<br />

Legierung aus 8 Gewichtsprozent Uran, 1 Gewichtsprozent Wasserstoff und 91 Gewichtsprozent<br />

Zirkonium. Diese Zirkonium-Wasserstoff-Matrix bewirkt, dass bei Temperaturerhöhung auf etwa 200°C<br />

die Uran-Spaltreaktion zum Erliegen kommt. <strong>Der</strong> <strong>Reaktor</strong> schaltet sich selbstständig ab. Dieses Verhalten<br />

bezeichnet man als inhärente Sicherheit.<br />

<strong>Der</strong> <strong>TRIGA</strong> <strong>Mainz</strong> kann im Dauerbetrieb mit einer maximalen Leistung von 100 kW (thermisch) gefahren<br />

werden. Außerdem ist ein Pulsbetrieb möglich, bei dem für eine Zeit von 0,025 Sekunden eine<br />

Spitzenleistung von bis zu 250.000 kW erreicht werden kann. Auch dabei wird die Eigenschaft <strong>der</strong><br />

Brennstoff-Mo<strong>der</strong>ator-Elemente genutzt, dass bei Temperaturerhöhung die Spaltreaktion zum Erliegen<br />

kommt. Ein Puls entspricht etwa 2 Minuten Dauerbetrieb bei <strong>der</strong> Dauerleistung von 100 kW. Im<br />

Dauerbetrieb ist <strong>der</strong> <strong>TRIGA</strong> <strong>Mainz</strong> weltweit einer <strong>der</strong> kleinsten <strong>Reaktor</strong>en dieses Typs. Unter den <strong>TRIGA</strong><br />

<strong>Reaktor</strong>en weist <strong>der</strong> <strong>TRIGA</strong> <strong>Mainz</strong> das größte Anwendungsspektrum und die höchste Auslastung für<br />

Forschung und Lehre auf.


Sicherheitdes<strong>TRIGA</strong><strong>Mainz</strong><br />

Die Sicherheit des <strong>Reaktor</strong>s ist durch folgende Eigenschaften des <strong>Reaktor</strong>s gegeben:<br />

<br />

<br />

<br />

Insbeson<strong>der</strong>e die physikalischen Eigenschaften <strong>der</strong> Brennstoff-Mo<strong>der</strong>ator-Elemente sind für die<br />

Sicherheit entscheidend, da sie bewirken, dass sich <strong>der</strong> <strong>Reaktor</strong> – unabhängig von<br />

Steuerungselektronik o<strong>der</strong> menschlichem Versagen - bei Temperaturerhöhung abschaltet (s.o.).<br />

Dies bedeutet, dass unkontrollierte Zustände (Kernschmelze) ausgeschlossen sind.<br />

Die maximale Brennstofftemperatur erreicht selbst bei komplettem Verlust des Kühlwassers<br />

maximal 250°C. Da Beschädigungen <strong>der</strong> Brennelementumhüllung erst bei 660°C einsetzten, ist<br />

eine Nachkühlung nicht erfor<strong>der</strong>lich und eine Beschädigung <strong>der</strong> Brennelementumhüllungen mit<br />

einem Freisetzten von Spaltprodukten ausgeschlossen.<br />

Die gesamte Anlage befindet sich sicherheitstechnisch auf dem aktuellen Stand von Wissenschaft<br />

und Technik. Dies wird nicht nur durch qualitätssichernde Maßnahmen des Betreibers, son<strong>der</strong>n<br />

durch zahlreiche wie<strong>der</strong>kehrende Prüfungen unter <strong>der</strong> Aufsicht <strong>der</strong> atomrechtlichen Aufsichtsund<br />

Genehmigungsbehörde, dem Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie- und<br />

Landesplanung (MWKEL), und <strong>der</strong> von dieser zugezogenen Sachverständigen sichergestellt.<br />

Zusätzlich finden Überprüfungen durch EURATOM und IAEA zur Gewährleistung <strong>der</strong> Einhaltung<br />

zur Nicht-Weiterverbreitung von Kernmaterial statt.<br />

DieSicherheitsüberprüfungdurchdie<strong>Reaktor</strong>sicherheitskommission<br />

Als Folge des <strong>Reaktor</strong>unfalls von Fukushima wurde seitens <strong>der</strong> Bundesregierung eine zusätzliche<br />

Sicherheitsüberprüfung (SÜ) aller deutschen Kernkraftwerke angeordnet, die auf die deutschen<br />

Forschungsreaktoren mit einer Leistung größer 50 kW übertragen wurde.<br />

Seitens <strong>der</strong> <strong>Reaktor</strong>sicherheitskommission (RSK) wurde ein Fragenkatalog für extreme,<br />

auslegungsüberschreitende Ereignisse entwickelt, <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Universität <strong>Mainz</strong> in Zusammenarbeit mit<br />

<strong>der</strong> atomrechtlichen Aufsichts- und Genehmigungsbehörde für den <strong>TRIGA</strong> <strong>Reaktor</strong> beantwortet wurde.<br />

Betrachtet werden u.a. naturbedingte Ereignisse wie Erdbeben, zivilisatorisch bedingte Ereignisse wie ein<br />

Flugzeugabsturz und die Durchführung von Notfallmaßnahmen unter erschwerten Randbedingungen.<br />

Als Bewertungskriterien wurden seitens <strong>der</strong> RSK sogenannte Robustheitslevel bzw.<br />

Robustheitsschutzsgrade eingeführt, die zeigen, wie groß die Anlagenreserven gegen extreme äußere<br />

Einwirkungen sind. Je höher Robustheitslevel bzw. Robustheitsschutzgrad sind, desto höher sind die<br />

Reserven gegen Einwirkungen.<br />

Die RSK hat ihre Stellungnahme für die Forschungsreaktoren im Juni 2012 im Internet auf <strong>der</strong> Homepage<br />

<strong>der</strong> RSK veröffentlicht (http://www.rskonline.de/downloads/epanlage1rsk447hp.pdf ).<br />

<strong>Der</strong> sichere Betrieb des <strong>TRIGA</strong> <strong>Mainz</strong> wird durch die RSK nicht in Frage gestellt. Somit kann <strong>der</strong> <strong>Reaktor</strong><br />

auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> bestehenden atomrechtlichen Genehmigung weiterbetrieben werden. <strong>Der</strong>zeit<br />

wird die Höhe <strong>der</strong> Reserven für verschiedene extreme Ereignisse von <strong>der</strong> zuständigen atomrechtlichen<br />

Aufsichts- und Genehmigungsbehörde unter Einbeziehung von externen Gutachtern überprüft.


<strong>Der</strong> von <strong>der</strong> RSK unterstellte hypothetische „Absturz eines großen Flugzeuges“ auf das <strong>Reaktor</strong>gebäude<br />

mit kompletter Zerstörung des Gebäudes und aller Brennstoff-Mo<strong>der</strong>ator-Elemente kann für den <strong>TRIGA</strong><br />

als das für alle Einwirkungen abdeckende Ereignis betrachtet werden. Selbst in diesem Falle sind nach<br />

<strong>der</strong>zeitigem Kenntnisstand Evakuierungsmaßnahmen <strong>der</strong> näheren Umgebung des <strong>TRIGA</strong> <strong>Mainz</strong> nicht<br />

erfor<strong>der</strong>lich. <strong>Der</strong>zeit ist <strong>der</strong> TÜV Rheinland durch die Aufsichts- und Genehmigungsbehörde beauftragt,<br />

dies zu überprüfen.<br />

Anwendungendes<strong>TRIGA</strong><strong>Mainz</strong><br />

<strong>Der</strong> <strong>TRIGA</strong> Forschungsreaktor wird ausschließlich als intensive Neutronenquelle in sehr verschiedenen<br />

Forschungsgebieten eingesetzt. Seine herausragende Rolle in <strong>der</strong> kernchemischen und physikalischen<br />

Grundlagenforschung wurde kürzlich mit dem Erfolg des Clusterantrags PRISMA im Rahmen <strong>der</strong><br />

Exzellenzinitiative, in dem <strong>der</strong> <strong>TRIGA</strong> <strong>Reaktor</strong> eine wichtige Rolle spielt, eindrucksvoll unter Beweis<br />

gestellt. <strong>Der</strong> <strong>TRIGA</strong> <strong>Mainz</strong> verfügt über eine leistungsfähige Quelle für sogenannte „ultra-kalte<br />

Neutronen“. Dies sind sehr langsame Neutronen mit Geschwindigkeiten kleiner als 10 m/s. Mit solchen<br />

Neutronen können fundamentale Fragestellungen zum Standardmodell in <strong>der</strong> Physik bearbeitet werden.<br />

Ein weiteres Forschungsgebiet betrifft die hochpräzise Massenbestimmung und die Laserspektroskopie<br />

an Spaltprodukten. Diese beiden Forschungsgebiete am <strong>TRIGA</strong> sind zentrale Bestandteile von PRISMA.<br />

Die UCN-Quelle wird auch externen Experimentatoren zur Verfügung gestellt (user facility).<br />

Außerdem wird <strong>der</strong> <strong>TRIGA</strong> für Forschung in <strong>der</strong> Krebstherapie durch Neutroneneinfang, Neutronen-<br />

Bestrahlungen von Zellkulturen für onkologische Studien, Neutronenaktivierungsanalyse zur<br />

Spurenelement-Bestimmungen beispielsweise in archäologischen Proben und zur Weiterentwicklung<br />

von Solarzellen eingesetzt.<br />

Eine wichtige Aufgabe des <strong>TRIGA</strong> <strong>Mainz</strong> neben <strong>der</strong> Forschung sind die Ausbildung und För<strong>der</strong>ung des<br />

wissenschaftlichen Nachwuchses sowie <strong>der</strong> Kompetenzerhalt in den Bereichen Kern- und Radiochemie,<br />

<strong>Reaktor</strong>physik und Strahlenschutz. Hierzu werden zahlreiche Kurse angeboten.<br />

Insgesamt liefert <strong>der</strong> <strong>TRIGA</strong> <strong>Mainz</strong> wichtige Beiträge in Ausbildung und Forschung, die weit über die<br />

Universität <strong>Mainz</strong> hinauswirken.


Blick in die <strong>Reaktor</strong>halle des <strong>TRIGA</strong> <strong>Mainz</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!