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<strong>Wer</strong> <strong>war</strong> <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong>?<br />
Der als Raubritter und sächsisch-thüringische Brandmeister bekannte und<br />
berüchtigte Raubritter, <strong>war</strong> <strong>Apel</strong> IV. (1426 – 1475) aus dem IX. Geschlecht der<br />
<strong>Vitzthum</strong>e. Der Stammsitz der <strong>Vitzthum</strong>e, einem niederen Adelsgeschlecht <strong>war</strong> das<br />
Wasserschloss in Niederroßla. nahe Apolda. <strong>Apel</strong> <strong>war</strong> mit Sicherheit ein intelligenter<br />
und gelehriger junger Mann, der bereits als Kind alle Ränke und Intrigen des<br />
Hoflebens kennen gründlich genug kennen gelernt hatte. Aber er neigte auch dazu<br />
gerissen, hinterhältig, radikal und grausam zu sein. Sofern es um seine Interessen<br />
und später um die Interessen seines Landesfürsten ging. Die <strong>Vitzthum</strong>e <strong>war</strong>en alle<br />
Amtsleute am Hofe und dienten treu ihrem Landesfürsten und deshalb trat auch er,<br />
so wie seine Verwandten auch, in den Dienst seines Landesfürsten in Altenburg ein.<br />
Der Landesfürst <strong>war</strong> der mächtigste Vertreter des hohen Adels im einstigen<br />
Thüringen und residierte auf seinem Schlosse in Altenburg.<br />
Schloss Altenburg in seiner heutigen Form<br />
Die Stadt Altenburg ist ursprünglich eine Siedlung slawischer Stämme gewesen. Die<br />
Ersterwähnung Altenburgs erfolgte durch Kaiser Otto II. und fällt in das Jahr 976.<br />
Nach der Zurückdrängung der slawischen Stämme, die bereits unter Kaiser Otto I.<br />
begonnen hatte, wurde Altenburg eine Kaiserpfalz unter Kaiser Friedrich I. Der<br />
Kaiser Friedrich I. ist uns viel heute viel bekannter unter dem Namen Barbarossa. Er<br />
hielt sich zwischen 1165 und 1188 sechsmal in Altenburg auf. Deshalb wird<br />
Altenburg auch als Barbarossastadt bezeichnet. Vom meißischen Markgraf Heinrich<br />
der Erlauchte, erhielt Altenburg 1256 das Stadtrecht. Im Jahre 1307 gingen<br />
Altenburg und das gesamte Pleißenland, nach der Schlacht bei Lucka, bei der König<br />
Albrecht I. gegen Friedrich den Gebissenen verlor, in wettinischen Besitz über. <strong>Apel</strong><br />
IV. arbeitete zunächst in der fürstlichen Finanzverwaltung (Schatulle) und er brachte<br />
es dabei fertig, die verloren gegangene Übersicht über die Einnahmen und Ausgaben<br />
seines Landesherren, Friedrich der Strenge, völlig neu zu ordnen. Dabei entdeckte er<br />
zahlreiche Außenstände in Form von Steuern, Abgaben und Schulden, die bisher
noch nicht eingetrieben <strong>war</strong>en. Seine allerersten Anerkennungen und Verdiente<br />
er<strong>war</strong>b er sich damit, dass er seinen Landesherrn völlig uner<strong>war</strong>tetes Geld in die fast<br />
immer klammen Kassen spülte. Er entwickelte dabei sogar ein buchhalterisches<br />
Verfahren zur besseren Verwaltung der landesfürstlichen Finanzen, so das sein<br />
Landesherrn nun genau wusste, wie viel in der Kasse ist und wie viel ihm zur<br />
Verfügung stehen. Vorher <strong>war</strong> ihm das nie ganz klar. Aber beim Eintreiben der<br />
längst fälligen Steuern und Abgaben setzte <strong>Apel</strong> neuerdings aber auch sehr rabiate<br />
und grausame Mittel ein, die zuvor noch nie gegen die eigenen Landeskinder<br />
angewandt wurden, aber es half und es brachte finanzielle Erfolge. Er griff oft zu<br />
harten Strafen und zögerte auch nie, wenn Gewalt anzuwenden <strong>war</strong>. Dafür wurde<br />
<strong>Apel</strong> mit dem Schloss und Dorf Neumark belehnt. Die kleine Stadt Neumark liegt<br />
nördlich vom Ettersberg in einer fruchtbaren Aue. Als sein Landesherr einige Zeit<br />
später einen Mann braucht, der seine völlig verlotterte kleine Streitmacht wieder in<br />
Ordnung bringen kann, fiel seine Wahl auf <strong>Apel</strong>. Der Hintergrund dieser<br />
Entscheidungen <strong>war</strong>en die fortwährenden Bedrohungen seitens der Hussiten, die<br />
wiederholt aus Böhmen kommend ins Land eingefallen <strong>war</strong>en. Mit den gleichen<br />
Mitteln wie <strong>Apel</strong> die Steuern eingetrieben hatte, drillte er jetzt die Soldaten seines<br />
Landesfürsten. Der aber zeigte sich sehr beeindruckt von <strong>Apel</strong>s der Arbeit und es<br />
kam ihm der Gedanke: Diese <strong>Apel</strong> IV. muss noch zu viel mehr fähig sein. <strong>Apel</strong><br />
nahm seine neue Aufgabe zügig in Angriff und brachte die kleine Streitmacht so<br />
richtig auf Zack und auf Vordermann. Er führte eine sehr strenge Ordnung ein und<br />
übte mit den Soldaten, die bekannten Kampftechniken ein. Er stellte sie auf die<br />
bevorstehenden Kampfhandlungen ein und brachte ihnen taktisches Handeln im<br />
Kampf bei. Er beschäftigte sich auch intensiv auch mit de Waffentechnik und es<br />
gelang ihm sogar die vorhandenen Waffen des Landesherrn zu verbessern und zu<br />
vermehren, indem er sie leichter und handhabbarer machte. Sein schonungsloser<br />
Drill brachte auch schnell Erfolge, denn mit seinen Soldaten errang <strong>Apel</strong> IV. für<br />
seinen Landesfürsten einen ersten großen Sieg gegen die schon wieder vorrückenden<br />
Hussiten. 1426 <strong>war</strong>en die Hussiten aus Böhmen kommend, zugleich in Sachsen,<br />
Franken, Bayern und Schlesien eingefallen. 1430 belagerten die Hussiten sogar die<br />
Stadt Altenburg und nun <strong>war</strong> die Stunde des <strong>Apel</strong> gekommen und er errang seinem<br />
ersten großen Sieg gegen die Hussiten, die sich danach geschlagen wieder<br />
zurückzogen. Damit hatte sich <strong>Apel</strong> zugleich eine neue und sehr wichtige Position<br />
am Hofe des Landesfürsten erkämpft und das brachte ihm auch genügend Ansehen<br />
und Geld ein. Er <strong>war</strong> jetzt zum Vertrauten des Landesfürsten aufgestiegen und besaß<br />
ab jetzt großen Einfluss am Hofe. Dieser <strong>Apel</strong> <strong>war</strong> bestimmt aber auch gewieft,<br />
schlau, hinterlistig und gerissen genug, um sich nun selbst am Hofe Vorteile zu<br />
verschaffen und er verstand es auch, sich die uneingeschränkte Gunst seines<br />
Landesfürsten zu sichern. Wenn man heute gelegentlich über ihn negativ urteilt, als<br />
den gierigen und später gnadenlosen Raubritter, muss aber auch die Zeit<br />
berücksichtigen, in der er lebte. Diese Zeit des Mittelalters <strong>war</strong> eben auch grausam<br />
zu Menschen und der Humanismus und die Menschenwürde <strong>war</strong>en noch weit<br />
entfernt vom Alltagsleben. Ein Menschleben hatte damals noch keinen <strong>Wer</strong>t.<br />
Zusätzlich wurde <strong>Apel</strong> vom seinem Landesfürsten belehnt mit der Niederungsburg<br />
und dem Dorf Rossla (heute Niederroßla), nahe Apolda, das damit zum eigentlichen<br />
Stammsitz der <strong>Vitzthum</strong>s wurde. Hier wurden die <strong>Vitzthum</strong>e zu einem geachteten<br />
und halbwegs reichen Thüringer Adelsgeschlecht, das im nördlichen Thüringen<br />
riesige Ländereien und viele Dörfer besaß.
Burg Niederrossla an der Ilm, nahe Apolda<br />
Der Innenhof der Burg Niederroßla Plan der Burg Niederroßla<br />
Seine neue und einflussreiche Position nutzte <strong>Apel</strong> aber auch, um am Hofe seine<br />
eigenen Ränke und Intrigen zu spinnen. Deshalb wurde ihm später auch<br />
vorgeworfen, an der Anzettelung des sächsischen Bruderkrieges (1446-1451)<br />
beteiligt gewesen zu sein. Denn er bediente geschickt beide sächsischen<br />
Fürstenbrüder Ernst und Albrecht mit diversen Informationen der jeweils anderen<br />
Seite. Damit sorgte er bei beiden Fürstenbrüdern für gehörige Verstimmungen und<br />
Verärgerungen über den jeweiligen anderen. Warum auch nicht, denn seine Dienste<br />
<strong>war</strong>en sehr gefragt und jeder der beiden Fürsten hörte sich die Neuigkeiten,<br />
Hinterlistigkeiten und Schweinerein des anderen zu gerne an. Dadurch kam es aber<br />
schließlich zum offenen Streit und auch zum Bruderkrieg. Der Krieg <strong>war</strong> damals ein<br />
völlig legitimes Mittel, um sich selbst zu bereichen und um die eigene Macht<br />
auszubauen und zu stärken, da konnte man wirklich nicht zimperlich sein, auch wenn<br />
es der eigene Bruder ist. In den kriegerischen Streitigkeiten während der<br />
Bruderfehde, zündete <strong>Apel</strong> mit seiner kleinem Streitnacht in einer einzigen Nacht 13<br />
sächsische Dörfer an und brannte sie grausam nieder. Durch diese Brandstiftung<br />
verloren viele Menschen ihr Leben und der kärgliche Bestand an Hütten, Katen und
Lebensmitteln verbrannte gänzlich, was Hunger für die Überlebenden bedeutete. Der<br />
sächsische Bruderkrieg wurde mir dem Leipziger Frieden und mit der Altenburger<br />
Versöhnung beendet. Die darauf folgende Teilung des Landes 1451 und die<br />
Festlegung der Grenzen sollte ein für alle Male endgültig die Streitigkeiten beenden.<br />
Außerdem vereinbarten die beiden Fürstenbrüder ein strenges und verbindliches<br />
Friedensgebot für beide Seiten. Das Land Thüringen <strong>war</strong> danach geteilt in einen<br />
Ernestinischen- und einen Albertinischen Teil. Für die weitere Entwicklung<br />
Thüringens <strong>war</strong> diese Teilung sehr nachteilig. Aber der Bruderkrieg und das Sterben<br />
<strong>war</strong>en endlich beendet und es herrschte wieder Frieden und Eintracht zwischen den<br />
Fürstenbrüdern. Die erbeuteten Güter wurden einvernehmlich zurückgegeben und<br />
auch die während der Kampfhandlungen Gefangen genommenen Soldaten der<br />
jeweils anderen Seite, wurden wieder frei gelassen. Nur der sächsische Adlige Kunz<br />
vom Kaufungen, gab noch keine Ruhe. Er hatte durch den Bruderkrieg erhebliche<br />
Verluste erlitten und er <strong>war</strong> mit dem Ausgang des Krieges deshalb nicht<br />
einverstanden. Er forderte vom Landesfürsten in Altenburg eine Entschädigung von<br />
20.000 Goldtalern auch für die von <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong> niedergebrannten sächsischen<br />
Dörfer. Da ihm der Landesfürst in Altenburg eine Entschädigung wiederholt<br />
verweigerte, denn die Kassen <strong>war</strong>en nach dem Kriege leer. Der Landesfürst setzte<br />
sich außerdem brüsk über das Ansinnen des Kunz von Kaufungen hinweg und drehte<br />
den Spieß um und forderte den Kaufungen auf, 20.000 Goldtaler zurück zu zahlen.<br />
Diese Frechheit des Landesfürsten empörten den Kunz von Kaufungen sehr und er<br />
entschloss sich deshalb, seine Ansprüche auf eigene Faust durchzusetzen. Er hatte<br />
sich inzwischen einen Plan zurechtgelegt, mit dem er den Landesfürsten einen<br />
gewaltigen Schrecken einjagen wollte, um ihn zur Zahlung zu zwingen. Dazu hatte<br />
er mit <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong>s Hilfe einen seiner Getreuen als Küchenknecht im Schloss<br />
Altenburg untergebracht, der ihm wichtige Hinweise geben sollte. Seine eigene<br />
Familie hatte er rechtzeitig und entfernt genug in einem böhmischern Schloss<br />
untergebracht. Durch den Küchenknecht erfuhr er auch den richtigen Zeitpunkt, um<br />
mitten in der Nacht die beiden Prinzen des Friedrich den Sanftmütigen 1455 aus dem<br />
Altenburg Schloss zu rauben und dies gelang ihm sogar ziemlich gut. Damit wollte<br />
er doch noch seine Ansprüche auf 20.000 Goldtaler durchsetzen durch das kam einer<br />
Erpressung des Landesfürsten gleich. Der Kindesraub, der beiden Prinzen des<br />
Landesfürsten, konnte schnell durch die von <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong> geschulten Truppen<br />
vereitelt werden. Kunz von Kaufungen wurde festgesetzt und über in Gericht<br />
gehalten. Die Gerichtsbarkeit besaß der Landesfürst selbst und der <strong>war</strong> nicht gewillt,<br />
Gnade walten zu lassen. Aber auch dabei hatte <strong>Apel</strong> IV. seine schmutzigen Finger<br />
mit im Spiel gegen seinen Landesherren Friedrich den Sanftmütigen. Er soll nämlich<br />
dem Kunz geraten haben, die Sache eben selbst in die Hand nehmen, wenn der<br />
Landesfürst doch nicht zahlen will. Vielleicht plagte ihn auch sein so etwas wie sein<br />
eigenes Gewissen, denn eine Ruhmestat <strong>war</strong> das Niederbrennen der 13 wehrlosen<br />
Dörfer wirklich nicht. Es <strong>war</strong> auch nicht unbedingt notwendig, wehrlosen Menschen,<br />
die Häuser weg zu brennen, um diesen Bruderkrieg zu gewinnen. Jedenfalls<br />
unterstützte er den Anspruch des Kunz von Kaufungen auf eine Entschädigung.<br />
Warum aber tat er dies? Es kann jedoch durchaus gewesen sein, dass <strong>Apel</strong> mit<br />
seinem Landesherrn noch eine ganz andere Rechnung offen hatte und für üble<br />
Streiche <strong>war</strong> er jeder Zeit zu haben. Dieses Abbrennen der sächsischen Dörfer hatte<br />
<strong>Apel</strong> nämlich auch noch den Titel „Sächsischer Brandmeister“ eingebracht und stolz<br />
brauchte er im Nachhinein nicht darauf zu sein. Lieber wäre ihm gewesen, diesen<br />
üblen Titel, der ihm oft genug in ganz Sachsen nachgerufen wurde, wieder los zu<br />
werden. Da er dafür aber keineswegs selbst zahlen wollte, unterstützte er gleichzeitig<br />
lieber die Forderungen des Kunz von Kaufungen und lies lieber damit seinen<br />
Landesfürsten für seine Brandstiftung bezahlen, eigentlich hatte er es ja auch nur für<br />
ihn getan. Gleichzeitig stellte er sich aber auch auf dies Seite seines Landesherrn und<br />
unterstützte dessen Meinung, dem Kaufungen keinen einzigen Pfennig zu bezahlen.
Der Landesfürst <strong>war</strong> über diese ungeheuere Frechheit und Dreistigkeit des Kunz von<br />
Kaufungen, ihm seine Kinder und Prinzen zu rauben, maßlos empört. Aber für diese<br />
Missetat, des Prinzenraubes, nahm der Landesfürst der zugleich die Gerichtsbarkeit<br />
innehatte, Rache am Prinzenräuber. Kunz von Kaufungen wurde auf dem Marktplatz<br />
in Freiberg in aller Öffentlichkeit und zur Abschreckung aller anderer durch das Beil<br />
hingerichtet. Damit <strong>war</strong> wieder einer, der sich erlaubte Forderungen gegen den<br />
Landesherrn zu stellten, aus der Welt geschafft. Eine Abbildung des steinernen<br />
Kopfes des Kunz von Kaufungen befindet sich noch heute unterhalb des Freibergers<br />
Rathauserkers.<br />
Der Erker des Freiberger Rathauses mit abgeschlagenem Kopf des Kunz von<br />
Kaufungen<br />
Aber <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong>, der zusammen mit dem Kunz von Kaufungen gemeinsam<br />
gegen den Landesfürsten agiert hatten, nahm bei dieser Angelegenheit noch keinen<br />
Schaden, obwohl dem Landesfürsten sein übles Doppelspiel längst zugesteckt<br />
worden <strong>war</strong>. <strong>Apel</strong> wurde höchst wahrscheinlich noch dringend für andere Dinge<br />
gebraucht. Als nämlich sein fürstlicher Landesherr, Friedrich der Sanftmütige,<br />
einige Jahre später, aus ehrgeizigen Gründen die Kurfürstenwürde erstrebte, hätte er<br />
eigentlich selbst zum Kaiser reisen müssen, um den Kaiser, um dies Gnade des<br />
Kurfürsten zu bitten. Aber er hegte im Stillen bereits Befürchtungen, einmal wegen<br />
des Bruderkrieges und auch noch wegen der Hinrichtung des Kunz von Kaufungen.<br />
Er musste fürchten, dass dem Kaiser diese Dinge nicht unbekannt geblieben sind und<br />
dass seine Ansinnen abgelehnt wurde. Deshalb entschloss er sich, nach reichlicher<br />
Abschätzung seiner Chancen, doch lieber seinen besten Fürsprecher zum Kaiser zu<br />
senden und das <strong>war</strong> <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong>. Er brauchte dazu einen Mann, der erfahren und
klug genug <strong>war</strong>, um mit dem Kaiser in der fraglichen Angelegenheit einer<br />
Kurfürstenwürde geschickt verhandeln zu können. Er sollte aber auch zugleich die<br />
Befürchtungen des Kaisers zerstreuen und den Landesfürsten ihn ein besonders gutes<br />
Licht setzen können. Zugleich sollte er auch durch seine günstige Fürsprache und<br />
sein geschicktes Verhandeln beeindrucken. Seine Wahl auf diesen <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong>,<br />
denn der wusste jetzt sehr genau, dass es nur dieser kluge und erfahrene und<br />
gerissene <strong>Apel</strong> von <strong>Vitzthum</strong> fertig bringen konnte, den Kaiser wohl in seinem<br />
Bestreben geneigt zu stimmen. Er brauchte <strong>Apel</strong> dazu auch nicht lange zu bitten,<br />
denn der erwies ihm gern seine gut bezahlten Dienste. <strong>Apel</strong> machte sich mit seinen<br />
Begleitern auf die äußerst beschwerliche Reise für seinen Landesfürsten Friedrich<br />
und reiste nach Ungarn. Dort in Ungarn hielt der Kaiser Hof. Durch <strong>Apel</strong>s äußerst<br />
geschicktes, taktisches kluges und zudem unnachgiebiges Verhandeln, konnte er das<br />
Ziel, die Kurfürstenwürde, für seinen Landesfürsten Friedrich den Sanftmütigen<br />
erreichen und erntete noch zusätzlich gebührendes Lob, <strong>Wer</strong>tschätzungen und<br />
Anerkennungen vom Kaiser persönlich für sein außerordentliche gutes<br />
Verhandlungsgeschick. Der Dank und die gebührende Anerkennung für diesen<br />
Erfolg, <strong>war</strong> ihm vom Landesfürsten wieder einmal sicher. Aber es stellte sich sehr<br />
bald heraus, dass sich der neue Kurfürst finanziell verschätzt hatte, denn die<br />
Hofhaltung und die erforderliche Prachtentfaltung des neuen Kurfürsten Friedrich<br />
des Sanftmütigen wurden wesentlich teurer und aufwendige, als er es je zuvor selbst<br />
angenommen hatte. Besonders aufwendig <strong>war</strong>en seine neuen<br />
Repräsentationspflichten und die überaus zahlreichen Bewirtungen der nicht enden<br />
wollenden adligen Gratulanten und Gäste. Er brauchte deshalb sofort viel Geld und<br />
es <strong>war</strong> wiederum <strong>Apel</strong>, der ihm dabei gern behilflich <strong>war</strong>. <strong>Apel</strong> lieh seinem neuen<br />
Kurfürsten sofort 5.000 Goldtaler. Als der Kurfürst Friedrich der Sanftmütige später<br />
die geliehene Summe zurückzahlen konnte, kaufte sich <strong>Apel</strong> davon die Burg und die<br />
Stadt Tannroda mit den umliegenden Wäldern und Feldern im reizvollen Ilmtal,<br />
zwischen Bad Berka und Kranichfeld gelegen. Als der Kurfürst Friedrich der<br />
Sanftmütige, einige Zeit später zum zweiten Male heiratete, es <strong>war</strong> aber bestimmt<br />
keine Liebesheirat. Es kamen nämlich erhebliche Besitztümer und auch Gelder<br />
hinzu, die er sehr dringend brauchte uns seine neue Frau fand Gefallen an den<br />
Repräsentationspflichten. Aber es regten sich bei den Höflingen des niederen Adels<br />
am Hofe erhebliche Zweifel an dieser Hochzeit und es kam daraufhin am<br />
Altenburger Hofe zum Eklat. Die Höflinge, mit ihrem Wortführer <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong><br />
IV., weigerten sich strikt, die neue Ehefrau des Kurfürsten, wie gefordert, als<br />
„Gnädige Frau“ anzureden. Welche besonders delikaten Gründe es hierfür gab, <strong>war</strong><br />
nicht herausfinden und wird wohl ein Geheimnis der Geschichte bleiben. Es gibt in<br />
diesem Zusammenhang Autoren, die davon sprechen, dass <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong> entartet<br />
sei. Dies klingt so, als wäre er von einer geistigen Erkrankungen oder ähnlichen<br />
befallen worden und er habe deshalb sein Amt ganz einfach verlassen, um fernerhin<br />
zum Raubritter zu mutieren. Aber diese Behauptung dürfte nicht stimmig sein. Denn<br />
es passierte Folgendes am Hofe in Altenburg: Diese strikte Weigerung der Höflinge<br />
und besonders des <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong>s, erzürnte den Kurfürsten Friedrich den<br />
Sanftmütigren so sehr, dass er darüber seine Sanftmut vergaß und seiner Wut freien<br />
Lauf ließ und der so dienstbare <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong> und einige andere Höflinge mussten<br />
sofort und stehenden Fußes für alle Zeit den kurfürstlichen Hofes in Altenburg<br />
verlassen. Dabei spielten die zahlreichen Verdienste, die <strong>Apel</strong> seinem Kurfürsten<br />
erwiesen hatte, keinerlei Rolle mehr. Undankbarkeit ist eben doch der Welt Lohn.<br />
Des Hofes verwiesen zu werden, muss damals jedoch eine sehr harte Strafe gewesen<br />
sein, denn die Gunst des Kurfürsten zu verlieren und dazu noch dessen Geschenke<br />
und Lehen abgenommen zu bekommen, <strong>war</strong> damals auch für den niederen Adel<br />
Existenz bedrohend. Darüber erzürnte sich der niedere Adel landesweit, aber einige<br />
Höflinge erfreute es sehr, denn endlich <strong>war</strong>en sie diesen <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong> los, der<br />
ihnen so viele Ränke und Intrigen gespielt hatte. Jedoch <strong>war</strong>en die Wut und die
Rache des Kurfürsten über soviel Unverfrorenheit so schnell noch nicht zu stillen<br />
und deshalb entzog er dem <strong>Apel</strong> auch noch dessen käuflich selbst erworben und<br />
beurkundeten Besitzungen in Tannroda und zog auch noch sein Lehen, die<br />
inzwischen seitens der <strong>Vitzthum</strong>e zum Stammsitz erkorene Burg in Niederrossla<br />
wieder ein und vergab die Burg als Lehen einem anderen Adligen. Dadurch kam<br />
<strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong> IV., der seinen Herren so zahlreiche und vorzügliche Dienste<br />
erwiesen hatte, in eine sehr schwierige finanzielle Situation. Man kann aber auch<br />
daran erkennen, dass es innerhalb des Adels auch nicht besonders wohlwollend,<br />
liebevoll und fair zuging, im Gegenteil, es ging sehr rabiat zu. <strong>Apel</strong> hatte nun seine<br />
Schuldigkeit getan, aber er wusste ja auch vom Schicksal des Kunz von Kaufungen<br />
und ihm wurde klar, was ihm jetzt seitens des Kurfürsten drohen konnte, falls man<br />
seiner habhaft wird. Hätte sich <strong>Apel</strong> mit seinen Mannen, nicht sofort in Sicherheit<br />
gebrach, drohte ihnen mit Sicherheit der Tod, so wie es dem Kunz von Kaufungen<br />
erging. Sehr schnell konnte meine die Gunst des Kurfürsten verlieren und wurde<br />
danach gnadenlos verstoßen und sinngemäß blieb es so, bis in unsere Tage hinein.<br />
<strong>Apel</strong> hatte nunmehr keinerlei eigene Einkünfte, die er bisher stetig aus seinen<br />
Besitztümern gezogen hatte. Es blieb ihm nur noch eine einzige Möglichkeit,<br />
nämlich das Geld dort zu holen, wo es ist. Damit wurde er aber unfreiwillig in die<br />
Rolle des Raubritters gezwungen, aber <strong>Apel</strong> <strong>war</strong> nicht der Mann, der sogleich dem<br />
Kurfürsten nachgeben würde. So sann er fortwährend danach, seinem bisherigen<br />
Kurfürsten auch noch ein paar böse Streiche zu spielen, schließlich <strong>war</strong> er <strong>Apel</strong><br />
<strong>Vitzthum</strong> der sächsische Brandmeister und bekannt für seine Klugheit, List und<br />
Tücke. Am liebsten wäre es ihm gewesen, den Kurfürsten überfallen und festsetzen<br />
zu können, aber der verließ nur ganz selten seine Residenz und wenn, dann immer<br />
bestens bewacht. Aber allein dieser Gedanke an eine solche Situation bereitete ihm<br />
schon eine irre Freude und das wäre doch wieder einmal ein höllisches Vergnügen<br />
für ganz Sachsen und Thüringen geworden. Aber vorerst musste er sich damit<br />
begnügen zusammen mit seinen treuen Gesellen im Saaletal eine reisende<br />
sachsische Gesandtschaft zu überfallen. Zufällig hatte er davon durch seine Späher<br />
erfahren und er nahm sogleich diese Gesandtschaft gefangen und setzte sie auf der<br />
Leuchtenburg im Saaletal für einige Wochen um die Weihnachtszeit fest. Welch ein<br />
Frevel von diesem <strong>Apel</strong>! Denn das geschah noch innerhalb der nach dem<br />
sächsischen Bruderkrieg gebotenen Friedenfrist und das hätte für den Frieden<br />
zwischen den fürstlichen Brüdern ganz böse Folgen haben können. Nun hätte<br />
Friedrich der Sanftmütige plötzlich als Friedensstörer dagestanden und in diese Rolle<br />
<strong>war</strong> er schon einmal durch diesen <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong> gekommen und das wollte er<br />
nunmehr unbedingt vermeiden, denn <strong>Apel</strong> hätte ihn erneut in erhebliche<br />
Schwierigkeiten gebracht.<br />
Die<br />
Leuchtenburg im Saaletal<br />
Der Kurfürst tobte wild im<br />
Altenburger Schloss<br />
herum, denn er begriff,<br />
dass ihm dieser <strong>Apel</strong><br />
wieder eine bitterböse<br />
Geschichte eingebrockt hatte und das konnte schlimme Folgen für ihn haben. Es<br />
bestand für ihn nämlich die Gefahr, dass ihm der Kaiser wieder seine
Kurfürstenwürde entzieht. Deshalb befahl er, diese Gesandtschaft auf der<br />
Leuchtenburg so schnell wie nur möglich und mit jedweder Gewalt zu befreien, um<br />
den Frieden im Lande nicht weiter zu gefährden. Außerdem sollte dieser <strong>Apel</strong><br />
<strong>Vitzthum</strong> unbedingt festgesetzt werden, um über ihn Gericht zu halten. Die von<br />
<strong>Apel</strong> selbst ausgebildeten und bestens gedrillten Soldaten mussten nunmehr gegen<br />
ihren ehemaligen Befehlshaber vorgehen. Die Befreiung der Gesandtschaft jedoch<br />
gelang allerdings ohne jeglichen Widerstand der Burgbesatzung. <strong>Apel</strong>, der die Spiele<br />
am Hofe des Kurfürsten zur Genüge kannte, ahnte wohl, was ihm der Kurfürst<br />
zugedacht hatte und er hatte sich deshalb längst davon gemacht, um seinen Häschern<br />
zu entkommen. <strong>Apel</strong> hatte sich deshalb mit seinen Gesellen rechtzeitig genug in<br />
Sicherheit gebracht, was wiederum den Kurfürst nicht frommte, denn damit hatte er<br />
nur noch mit weiteren Übeltaten für den Bruderfrieden zu befürchten und wehe,<br />
wenn dies dem Kaiser bekannt wird, dem <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong> so angenehm in Erinnerung<br />
geblieben <strong>war</strong>. Deshalb wurde <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong> m ganzen Lande von den Häschern<br />
seines Kurfürsten gesucht, es musste ja auch verhindert werden, dass <strong>Apel</strong> den<br />
Kaiser darüber informieren kann. <strong>Apel</strong> kannte sich aber in Thüringen bestens aus<br />
und außerdem hatte er noch viele Verstecke, die andere nicht kennen konnten.<br />
Außerdem hatte er noch Freunde beim niedern <strong>Apel</strong> im Lande dazu gewonnen, denn<br />
die hatten auch noch die eine oder andere offene Rechnungen irgendwelcher Art mit<br />
dem Kurfürsten offen, sie <strong>war</strong>en deshalb zu seinen besten Freunden und auch<br />
Helfern geworden. Sie leisteten sogar Fürbitte beim Kurfürsten zu Gunsten <strong>Apel</strong><br />
<strong>Vitzthum</strong>s, jedoch ließ der sich um keinen Preis erweichen und verweigerte jede<br />
Gnade. Aber auf diese Weise sollte <strong>Apel</strong> ihr Geschäft gleich mit erledigen. <strong>Apel</strong><br />
nahm sehr vorsichtig ihre Hilfe an, denn er kannte das komplizierte<br />
Beziehungsgeflecht und die vielen Rivalitäten und den Neid und die Missgunst<br />
zwischen dem Adligen von unten nach oben und umgekehrt zu gut, um sich auf die<br />
Gunst seiner vielen Freunde gänzlich verlassen zu wollen. Schließlich mussten sich<br />
alle dem Kurfürsten beugen und hätten bei entsprechenden Begünstigungen auch<br />
ohne zu zögern <strong>Apel</strong> an den Kurfürsten ausgeliefert. Die hätten aber auch leicht in<br />
die gleiche Situation wie <strong>Apel</strong> kommen können, wenn dem Kurfürsten von dieser<br />
Beziehung etwas mitgeteilt worden wäre. Auf die Gnade, Sanftmut und<br />
Rücksichtnahme des Kurfürsten konnte niemand mehr rechnen. Er griff sogar<br />
fremdes Eigentum als Oberste Gerichtsbarkeit seines Landes an. <strong>Apel</strong> verließ sich<br />
deshalb lieber auf sich selbst und traute nur seinen treuen Gesellen. Vorsichtig<br />
geworden, wich er erst einmal ins Hessische aus, um den Häschern des Kurfürsten zu<br />
entgehen. Aber schon bald <strong>war</strong> er wieder da und drohte die Stadt Geithain mitten in<br />
Sachsen gelegen, zu überfallen und auszurauben. Aber er brach sein Vorhaben<br />
angesichts der bestens befestigten und wehrhaften Stadt ab. Als sein Kurfürst davon<br />
erfuhr, <strong>war</strong> <strong>Apel</strong> bereits über alle Berge und es amüsierte sich darüber er ganze Hof<br />
und der nieder Adel, weil <strong>Apel</strong> so tollkühn <strong>war</strong> und so geschickt dem Kurfürsten<br />
wieder einmal Schläge verpasst hatte, ohne das der ihm beikommen konnte. Darüber<br />
wurde der Kurfürst immer unruhiger und nervöser. Schließlich hatte er miterleben<br />
müssen, wie die Hussiten sein Altenburger Schloss bedrohten. Damals hatte <strong>Apel</strong><br />
<strong>Vitzthum</strong> die Hussiten mit seinen eigenen Truppen zurückgeschlagen. Wenn nun<br />
aber, wenn <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong> ihn selbst in Altenburg angreift, wie werden sich dann die<br />
Truppen verhalten? Stellen sie sich auf die Seite des <strong>Apel</strong>, mit dem sie viele Siege<br />
errungen haben? Allein dieser Gedanken konnte dem Kurfürsten den Schweiß auf<br />
die Stirne treiben und den Schlaf rauben. War es doch ein Fehler den <strong>Vitzthum</strong> zu<br />
vertreiben? Denn damit hatte er sich selbst geschwächt, aber noch verdrängte er<br />
diesen Gedanken.<br />
<strong>Apel</strong> brauchte nun aber wirklich Geld und er trachtete danach, die durch den<br />
Waidhandel reich gewordene Stadt Erfurt und besonders deren Waidhändlern, das<br />
viele Geld abzunehmen. Der Waidhandel <strong>war</strong> im Mittelalter ein sehr florierendes<br />
Geschäft und die Waidhändler <strong>war</strong>en damit reich geworden. Es <strong>war</strong> nämlich das
einzige Färbemittel, was im Mittelalter zur Verfügung stand. Dieses Färbemittel<br />
wurde aus der Waidpflanze gewonnen, die man heute noch an vielen Wegesrändern<br />
in Thüringen inzwischen vernachlässigt und wiederentdeckt finden kann. Der<br />
Waidhandel vollzog sich besonders über die Hohe Straße oder auch Königsstraße<br />
genannt, die von Paris kommend, durch die Mitte Erfurts hindurch, über Leipzig und<br />
bis nach Königsberg führt und von da bis nach Nowgorod. Diese Straße <strong>war</strong> im<br />
Mittelalter eine äußerst wichtige Ader, über die der europaweite Handel erfolgte.<br />
Aber auch über die schlechteren Straßen zu den nahe gelegenen Städten wurde der<br />
lokale Waidhandel abgewickelt. Auf diese besonders wichtige Straßenverbindung<br />
hatte es nun <strong>Apel</strong> abgesehen.<br />
Der Domberg mitten in Erfurt mit Dom und Severikirche<br />
Die aufkommende Erfurter Bürgerschaft <strong>war</strong> im Mittelalter durch den Handel mit<br />
Waid sehr reich und wohlhabend geworden, dafür gibt es in Erfurt noch heute<br />
zahlreiche Zeugnisse. Die Bürger Erfurts konnten sich im Mittelalter sogar eine<br />
eigene Universität leisten, was in den kleinen Fürstentümern Thüringens als purer<br />
Luxus angesehen wurde. Bildung <strong>war</strong> damals noch kein erstrebenswertes Ziel. Der<br />
berühmteste Student der mittelalterlichen Erfurter Universität <strong>war</strong> Martin Luther.<br />
Diesen reich gewordenen Erfurtern Waidhändlern raubte <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong> mit seinen<br />
Gesellen einmal den zu verkaufenden Waid, um ihn selbst zu Geld zu machen. Oder<br />
er nahm ihnen das Geld ab, wenn sie von ihren Geschäftsfahrten und mit dem<br />
eingenommenen Geld zurückkehrten. Eigentlich <strong>war</strong> es ihm völlig gleich und in<br />
jedem Falle sehr profitabel. Deshalb hatten die Erfurter Waidhändler ihre Straßen<br />
und Wege rechtzeitig genug gut ausgebaut und ein System von aufeinander<br />
abgestimmten Wachtürmen entwickelt, um die Händler vor unliebsamen und<br />
räuberischen Besuchern zu <strong>war</strong>nen. Noch heute stehen einige dieser Wachtürme in<br />
den nahe gelegenen Fluren. Um diese Straßen aber noch schneller unsicher machen<br />
zu können, kaufte sich <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong> für tausend Mark Silber von seinem geraubten<br />
Gelde die gut gesicherte Wasserburg Kapelledorf, etwas versteckt zwischen Weimar<br />
und Jena gelegen.
Die Wasserburg Kapellendorf in seiner heutigen Form<br />
Als sein Kurfürst in Altenburg vom Kauf der Wasserburg Kapellendorf durch diesen<br />
<strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong> erfuhr, ließ er <strong>Apel</strong> schon nach kurzer Zeit wieder aus Kapellendorf<br />
vertreiben und er nahm die Wasserburg vorerst in seinen eigenen Besitz, um sie<br />
später anderen zum Lehen zu geben oder zu verkaufen. Diese kurfürstliche Attacke<br />
kam sehr überraschend und äußerst ungelegen für <strong>Apel</strong>, er <strong>war</strong> gerade auf einem<br />
Raubzug unterwegs und konnte seine Burg nicht selbst genügend beschützen. Die<br />
Burgbesatzung leistete keinen bemerkenswerten Widerstand als sie erkannten, wer<br />
die Burg besetzen wollte. Der Verlust <strong>war</strong> z<strong>war</strong> schmerzhaft, aber <strong>Apel</strong> hatte<br />
rechtzeitig genug schon im Jahre 1420 die Veste Wachsenburg in seinen Besitz<br />
gebracht. Er hatte auch schon die gut versteckte Burg Haineck kurzseitig besetz und<br />
konnte auch aus dieser Burg auch nicht wieder vertrieben werden, aber sie lag zu<br />
weit von Erfurt entfernt. Diese Burg lag auf einem steilen Bergrücken im Hainich,<br />
umgeben von dichten Buchenwäldern und kaum auffindbar.<br />
Die Burgruine Haineck im westlichen Teil des Hainich<br />
Die Wachsenburg jedoch, eine der bekannten „Drei Gleichen“, <strong>war</strong> schon sehr gut<br />
befestigt, aber dennoch baute sie zu einem bestens befestigten Raubritternest aus, um<br />
sich von hier aus auch gut verteidigen zu können, falls der Kurfürst diese Burg<br />
wieder in seinen Besitz nehmen wollte. Er sorgte aber auch rechtzeitig genug dafür,<br />
schnell aus der Burg fliehen zu können, falls die Übermacht des Landesfürsten doch
zu groß für ihn <strong>war</strong>. Schließlich musste er fast jeden Tag auf einem Angriff der<br />
kurfürstlichen Truppen vorbereitet sein. Aber Erfurt lag im Besitztum der Mainzer<br />
Bischöfe und deshalb konnte der Kurfürst hier nicht mit seinen Truppen operieren.<br />
Außerdem gab es ein gespanntes Verhältnis zwischen dem Adel und den<br />
aufkommenden Bürgertum. Deren Steuern nahm man gerne an, aber die <strong>war</strong>en<br />
inzwischen reicher geworden als der Kurfürst und das störte den Adel sehr. Man sah<br />
neidisch auf das Bürgertum, aber noch hatte man selbst die Macht in den Händen.<br />
Hier auf der Wachsenburg fühlte sich <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong> sehr sicher. Diese Burg lag<br />
sogar noch näher und noch günstiger zu Erfurt und seinen Waidhändlern und deren<br />
Handelswege, insbesondere hin zur Hohen Straße.<br />
Die Wachsenburg wurde in der Mitte des 10.Jahrhunderts errichtet. Ihr Erbauer <strong>war</strong><br />
der Benediktienerabt Meingoth von Hersfeld. Aber die Burg wurde auch wiederholt<br />
erweitert und umgebaut.<br />
Die Veste Wachsenburg<br />
Aber die Erfurter Kaufleute klagen bereits genug über die ständigen Überfälle dieses<br />
Raubritters <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong>s, sie hatten schon viel zu viel Geld durch die Raubzüge<br />
an <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong> verloren und sie sannen schon lange danach, wie man dieses<br />
verhasste Raubritternest vor ihren Toren endgültig zerstören kann, um den <strong>Vitzthum</strong><br />
zu vertreiben oder festzusetzen und verurteilen zu lassen. Deshalb suchten sie die<br />
Hilfe und Unterstützung, weil ihnen die vicedomini auf dem Petersberg und der Adel<br />
nicht zur Seite standen, fanden sie Unterstützung bei den benachbarten Städten. Da<br />
<strong>Apel</strong> aber inzwischen im ganzen Lande bekannt und hinreichend gefürchtet wurde,<br />
fanden sie schnelle Hilfe. Denn fast alle hatten inzwischen unangehme<br />
Bekanntschaft mit dem Raubritter machen müssen und ihr Geld an ihn verloren. Alle<br />
hatten deshalb bereits offene Rechnungen mit <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong>. <strong>Apel</strong> brauchte<br />
allerdings viel Geld und er nahm jedem sein letztes Geld ab, wenn er es nut erreichen<br />
konnte. <strong>Wer</strong> sich dagegen sträubte, bekam auch noch heftige Prügel dazu. Alle<br />
hatten deshalb offene Rechnungen mit <strong>Apel</strong> und der vereinte Ansturm auf die<br />
Wachsenburg sollte ein <strong>Wer</strong>k der Befreiung werden von diesem <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong><br />
werden. Am 4. Dezember 1451 <strong>war</strong> es dann soweit und die heimlichen<br />
Vorbereitungen <strong>war</strong>en abgeschlossen. <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong> hatte davon jedoch nichts<br />
mitbekommen. Die Erfurter zogen zusammen mit den Bürgern aus Mühlhausen und<br />
Nordhausen sowie den Bergleuten aus Mansfeld hin zur Wachsenburg. Sie hatten<br />
sich bestens gerüstet. Bei Haarhausen hatten sie sich gesammelt und von hier aus<br />
griffen sie das verhasste Raubritternest an. Sie stürmten die Burg, aber zu ihrem<br />
größten Erstaunen, kam es nicht zum befürchteten Kampfe und der Burghauptmann<br />
Kerstan von Hayn übergab ohne jeglichen Widerstand die Burg an die aufständigen<br />
Thüringer Bürger. Er übergab ihnen auch das gesamte Diebesgut, welches <strong>Apel</strong><br />
zusammengetragen hatte und die dreißig Mann der Burgbesatzung. Aber sie suchten<br />
lange und vergebens nach <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong> in der Burg und ihren Verließen. <strong>Apel</strong> <strong>war</strong>
nirgends zu finden und sie hatten wirklich die ganze Burg und jeden einzelnen<br />
Winkel ganz gründlich durchsucht. <strong>Apel</strong> <strong>war</strong> ihnen aber durch einen geheimen<br />
unterirdischen Gang entkommen und trieb sich nun allein in der Gegend herum, denn<br />
seine Gesellen hatte er verloren. Er hatte sich diesen Fluchtweg extra und ganz im<br />
Geheimen anlegen lassen, um den kurfürstlichen Häscher notfalls entkommen zu<br />
können. Aber mit einem Angriff der Erfurter Bürger und ihrer Verbündeten hatte er<br />
nie gerechnet. Nun aber traute er sich nicht mehr zur seiner Wachsenburg zurück.<br />
Obwohl er mir der Burgbesatzung, wegen der vorschnellen und kampflosen<br />
Übergabe noch etwas zu besprechen hatte. Sie <strong>war</strong>en ihm nämlich in den Rücken<br />
gefallen und hatten sich den Erfurter ergeben.<br />
Die Erfurter hatten inzwischen die Burg besetzt und behielten sie bis heute in ihrem<br />
Besitz. <strong>Apel</strong> <strong>war</strong> allerdings nicht der Mann, der sich vor seinem Kurfürsten fürchtete<br />
und er fürchtete sich auch nicht vor den Erfurter Bürgern und ihren zahlreichen<br />
Verbündeten. Er ergab sich so leicht nicht seinen Häschern. Er hatte schon dem<br />
Kurfürsten, einem mächtigen Mann, die Stirn geboten und den Bürgern in Erfurt und<br />
deren Verbündeten, wollte er sich auch nicht ergeben. Wieder sann er in seinem<br />
Versteck nahe Erefurt nach Rache an diesen Erfurtern, die ihn von seiner Veste<br />
Wachsenburg vertrieben hatten. Mitten in der Nacht, in der sich die Erfurter Bürger<br />
nicht mehr vor die Stadttore trauten, traf er unterwegs ein paar aus dem Kloster<br />
entlaufene Mönche, die bereits volltrunken <strong>war</strong>en. Er konnte sie deshalb leicht mit<br />
ein paar gut gefüllten Geldbeuteln überreden und zu seinen Bundesgenossen machen.<br />
Sie taten auch, was er wollte und sie zündeten am 19. Juni des Jahres 1472 die Stadt<br />
Erfurt zugleich an zwölf Stellen an. Die 6000 Erfurter Häuser, damals noch alle aus<br />
Holz bebaut, brannten lichterloh nieder. Zugleich Kirchen, Klöster und Scheunen, in<br />
denen die Erfurter Händler ihren Waid aufbewahrten. Der Verlust <strong>war</strong> unersetzlich.<br />
Danach verlor die reiche mittelalterliche Stadt Erfurt ihre Bedeutung als Hochburg<br />
des Waidhandels. Der Schaden wurde für Erfurt aber noch größer, als einige Zeit<br />
später der Waid vom viel preiswerteren und ergiebigern Indigo aus Indien abgelöst<br />
wurde. Aber damit <strong>war</strong> die Rache des <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong> noch nicht gestillt. Er schlich<br />
sich auch noch nach Altenburg, Um Rache an seinem ehemaligen Kurfürsten zu<br />
nehmen. <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong> zündete diesmal selbst die Kürfürstliche Residenzstadt<br />
Altenburg in einer Nacht an. Damit hatte sich <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong> nunmehr auch an<br />
seinem Kurfürsten gerächt, denn Teile dessen Schlosses hatten auch erheblichen<br />
Schaden genommen und mussten wieder aufgebaut werden. Seit diesem Tage wurde<br />
der nun überall verhasste <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong> IV. nie wieder in Thüringen gesehen. <strong>Apel</strong><br />
<strong>war</strong> längst über alle Berge. Es blieb uns allerdings die Geschichte erhalten, dass <strong>Apel</strong><br />
<strong>Vitzthum</strong> IV., später in der Hussitenschlacht am Weißen Berg bei Prag sein Leben<br />
im Kampf gegen die Hussiten verlor. Sein Grab wurde aber nie gefunden. Eine<br />
andere Quelle behauptet dagegen, er sei alt und gebrechlich auf einem sächsischen<br />
Schloss unentdeckt gestorben. Was die Wahrheit nun betrifft, wir werden sie wohl<br />
nicht mehr erfahren. <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong> <strong>war</strong> verheiratet mit Cecilie von Bibra und hatte<br />
drei Kinder Melchior, Philipp und Clara, über die ist nichts bekannt. <strong>Apel</strong> IV. <strong>war</strong><br />
verheiratet mit Cecilie von Bibra und aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor,<br />
Melchior, Philipp und Clara. Wäre <strong>Apel</strong> IV. aus dem Geschlecht der <strong>Vitzthum</strong>e nie<br />
ein Raubritter und damit eine gefürchtete und schillernde Figur geworden, der<br />
Thüringen unsicher machte und besonders den Erfurtern schadete. Die Geschichte<br />
wäre längst über ihn hinweggegangen und sein Name wäre schon lange vergessen,<br />
wie so Vieles andere auch. So aber, prägte sich der Name <strong>Apel</strong> <strong>Vitzthum</strong><br />
unauslöschbar in das Gedächtnis Thüringens ein und wird von Generation zu<br />
Generation weiter erzählt. Dies jedoch mit dem zweifelhaften Ruf, unser allerletzter<br />
Thüringer Raubritter und auch noch Brandmeister Sachsens und Thüringens gewesen<br />
zu sein. Raubritter gab es in den deutschen Landen überall: Die Sachen hatten im<br />
Erzgebirge auch einen Raubritter, nämlich den Stülpner, Karl und in Süddeutschland
wirkte der Schinderhannes. Alle sind noch bis heute schillernde Figuren geblieben<br />
und unvergessen.<br />
Meine Quelle: Die <strong>Vitzthum</strong>s,<br />
erschienen 1935, in Leipzig