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Süderhastedt - hier

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4.Sonntag nach Epiphanias 30.01.2011 Süderhastedt<br />

Abendmahl<br />

Lieder : 230; 171, 1 - 4; 74, 1 - 4; 609, 1 - 4; 607, 1 - 3; 218, 1 - 3; 216<br />

Lesung: 2. Korinther 1, 8 – 11; Johannes 10, 14.27 - 29<br />

Pastor Alfred Sinn<br />

Liebe Gemeinde,<br />

„Christ, Kyrie, komm zu uns auf die See!“, so haben wir<br />

gerade gesungen. Es ist der Ruf der Gemeinde, die auf den Wellen der Geschichte<br />

dahintreibt. Nein, hoffentlich nicht dahintreibt, sondern gezielt dahinfährt.<br />

Freilich hat sie ein Ziel, doch die See ist nicht immer ruhig, da kommen auch<br />

schon mal Winde auf. Die Gefahr, zu kentern, ist gegeben, die Gemeinde braucht<br />

Hilfe. In der Not ruft sie: Kyrie, komm zu uns auf die See!<br />

So erging es schon den Aposteln. Darüber berichtet der Evangelist Matthäus,<br />

Matthäus 14, 22 - 33<br />

22 Und alsbald trieb Jesus seine Jünger, in das Boot zu steigen und vor ihm<br />

hinüberzufahren, bis er das Volk gehen ließe.<br />

23 Und als er das Volk hatte gehen lassen, stieg er allein auf einen Berg, um zu<br />

beten. Und am Abend war er dort allein.<br />

24 Und das Boot war schon weit vom Land entfernt und kam in Not durch die<br />

Wellen; denn der Wind stand ihm entgegen.<br />

25 Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem See.<br />

26 Und als ihn die Jünger sahen auf dem See gehen, erschraken sie und riefen: Es ist<br />

ein Gespenst! und schrien vor Furcht.<br />

27 Aber sogleich redete Jesus mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin's; fürchtet<br />

euch nicht!<br />

28 Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, bist du es, so befiehl mir, zu dir zu<br />

kommen auf dem Wasser.<br />

29 Und er sprach: Komm her! Und Petrus stieg aus dem Boot und ging auf dem<br />

Wasser und kam auf Jesus zu.<br />

30 Als er aber den starken Wind sah, erschrak er und begann zu sinken und schrie:<br />

Herr, hilf mir!<br />

31 Jesus aber streckte sogleich die Hand aus und ergriff ihn und sprach zu ihm: Du<br />

Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?<br />

32 Und sie traten in das Boot, und der Wind legte sich.<br />

33 Die aber im Boot waren, fielen vor ihm nieder und sprachen: Du bist wahrhaftig<br />

Gottes Sohn!<br />

Dieser Erfahrung ist die Speisung der Fünftausend vorausgegangen. Was für ein<br />

erhebendes Gefühl mußte das Volk erfaßt haben! Es war eine wundervolle<br />

Stimmung. Die Jünger waren guter Dinge. Jesus hat fünf Brote gebrochen, die<br />

Jünger verteilten sie an die Menge. Das ganze Feld war voll von Leuten: Lachen,<br />

Fröhlichkeit und Staunen. Welch eine Erfahrung: fünf Brote und zwei Fische! Und<br />

alle wurden satt; noch mehr: zwölf Körbe Brocken blieben übrig. So war das Leben


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4.Son.n.Epiph., 30.01.2011<br />

zu ertragen. Man sieht förmlich, wie die Jünger zueinander sagen: jetzt können<br />

wir alle überzeugen. Die Jesusbewegung wird zur Massenbewegung!<br />

Und was tut Jesus? Er entwirft ein Kontrastprogramm. Er treibt die Jünger ins<br />

Boot. Gewiß wären sie gerne noch dageblieben; Herr, <strong>hier</strong> ist gut sein. Aber nein,<br />

sie sollen hinüber ans andere Ufer. Sie gehorchen und machen sich auf den Weg –<br />

und dabei geraten sie in Bedrängnis.<br />

Liebe Gemeinde, kennen wir das nicht auch, Tage des Hochgefühls, Momente des<br />

Glücks? Wir würden sie gerne noch länger genießen. Alles paßt, doch dann<br />

werden wir zum Aufbruch gedrängt. Warum weg? Warum jetzt? Warum ich?<br />

Jetzt wäre doch alles so schön. Wenn alles stimmig ist, richtet man sich gerne ein.<br />

Und wenn man schon ins Boot steigt, dann soll es ein fröhliches Rudern, ein<br />

lustiges Segeln bei hellem Sonnenschein sein. Eine Seefahrt, die ist lustig – aber<br />

nur wenn kein Sturm und Unwetter aufzieht. Doch genau das geschieht – bei den<br />

Jüngern auf dem See und bei uns, wenn wir die Glaubenssegel hissen.<br />

Das Vorgehen Jesu geschieht zeichenhaft. Das Wegtreiben ist eine Vorbereitung<br />

der Jünger auf die Zeit danach, wenn er nur noch als Auferstandener bei ihnen<br />

erscheint.<br />

Die Jünger im Boot unterwegs – das ist das Bild der Gemeinde. Ein Schiff, das sich<br />

Gemeinde nennt. Die Jünger im Boot, dem Sturm ausgesetzt – auch das Bild für die<br />

Gemeinde, Abbild der bedrängten Gemeinde. Dazu aber gehört auch, daß der Herr<br />

zu den Seinen kommt.<br />

Es ist uns nicht verheißen, daß der See immer glatt ist, das Ufer immer leuchtet,<br />

jeder Ruderschlag voranbringt und das Schiff ruhig seine Bahnen zieht. Freilich<br />

gibt es das auch. Dann wollen wir nicht versäumen, uns daran zu freuen. Aber für<br />

immer ist uns das nicht verheißen. So mancher Sturm hat die Kirchengeschichte<br />

durchzogen. Doch immer hat gegolten, was Jesus an einer anderen Stelle gesagt<br />

hat: „Die Pforten der Hölle sollen meine Gemeinde nicht überwältigen“ (Mt.16,18).<br />

Sowohl die Gemeinde als auch der einzelne Gläubige kommen in Phasen, da der<br />

Eindruck entsteht: man ist ohne göttlichen Beistand. Zum Aufbrechen gehört<br />

bisweilen Einsamsein hinzu. Zudem kommt Wind auf, der entgegensteht, die<br />

Wellen werden immer größer - und just jetzt bist du allein. Vor Furcht kommt<br />

einem das Schreien. Man sieht überall Gespenster.<br />

Eine Gemeinde ohne ihren Herrn? Ein Christ ohne Christus? Das geht nun<br />

wirklich nicht! In der Tat, das geht auch nicht. Jesus kommt zu den Seinen. Ihn<br />

kann kein Wind und Wasser hindern. Er kommt zu dir, und während du noch<br />

schreist und meinst ein Gespenst zu sehen, spricht er zu dir: Sei getrost, ich bin’s;<br />

fürchte dich nicht!<br />

Dort, wo man sie gar nicht mehr erwartet, tut sich die Nähe Gottes auf. Über dem<br />

drohenden Wasser kann sein Erbarmen zu uns kommen. Manchmal ringen wir


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4.Son.n.Epiph., 30.01.2011<br />

mit irgendeinem Geschick, als sei es ein namenloses Wesen, und werden nicht<br />

fertig mit ihm. Dabei sollen wir dies eine lernen: bereit sein und warten auf das<br />

„Ich bin’s“.<br />

Erst als Jesus die Jünger angesprochen hat, ist ihre Furcht geschwunden. Der<br />

Hitzkopf Petrus verfällt sofort in eine Euphorie: Herr, ich komme zu dir auf dem<br />

Wasser. Es kennt der Herr die Seinen. Was er kann, kann ich auch. Jesus sagt:<br />

Komm her! Petrus tut freudig diesen Schritt, doch nun muß er lernen, daß der<br />

Schüler nicht über dem Meister ist. Die Tiefe des Wassers, die Naturgewalt<br />

machen ihm zu schaffen. Er richtet seinen Blick auf diese Mächte und beginnt zu<br />

sinken. In seiner Not braucht er ein zweites Mal die Hilfe des Herrn. Es ist Jesus,<br />

der seine Hand nach ihm streckt und ihn ins Boot hievt. Also zurück in die<br />

Gemeinde.<br />

Die Gefahr für Petrus entsteht dadurch, daß er sich auf die Bedrohung<br />

konzentriert. Für einen Moment den Blick wegrichten von Jesus, kann schon in<br />

Gefahr bringen. Die Mächte der Finsternis wollen verschlingen und hinabziehen.<br />

Auf das Wegsehen von der Bedrohung und das Hinsehen auf Jesus, „den Anfänger<br />

und Vollender des Glaubens“ (Hebr. 12,2) kommt es zu jeder Zeit an. Du bist mit<br />

und in deinem Zweifel nicht verloren. Jesu ausgestreckte Hand hilft; freilich mußt<br />

du sie aber auch ergreifen.<br />

Nicht jeder und jede von uns muß ein Petrus sein. Die Kirche Jesu Christi muß<br />

nicht aus lauter Menschen bestehen, die über das Wasser gehen. Wir dürfen zu<br />

den elf anderen gehören, die im Boot blieben. Es gibt solche und solche in der<br />

Gemeinde. Manche sind mit ihrem Glauben übereifrig, andere halten sich eher<br />

zurück. Doch alle haben den Zuspruch Jesu: Seid getrost, ich bin’s; fürchtet euch<br />

nicht!<br />

Liebe Gemeinde, Jesus drängt uns mitunter zu neuen Ufern. Im Grunde sind wir<br />

unser ganzes Leben unterwegs zu einem bestimmten Ufer. Einmal müssen wir<br />

bereit sein für die letzte Fahrt. Dann schwappen die Todeswellen über uns<br />

zusammen. Wie gut, wenn Jesus dann die Hand nach uns streckt und uns ins Boot<br />

holt, ins Boot des Lebens. Dann werden wir den Lobpreis anstimmen.<br />

So geschieht es auch <strong>hier</strong> bei den Jüngern. Sobald Jesus im Boot ist, legt sich der<br />

Wind. Die Jünger fallen nieder und beten an; sie sprechen das Bekenntnis: Du bist<br />

wahrhaftig Gottes Sohn. Sodann kommen sie am anderen Ufer an.<br />

In der Vollendung wird uns keine Gefährdung mehr zusetzen. Bis dahin aber gilt,<br />

auf Jesus zu schauen. Wenn wir am anderen Ufer ankommen, werden wir das Lied<br />

der Überwinder singen, wie Johannes es in der Offenbarung (15,3-4) überliefert:<br />

„Groß und wunderbar sind deine Werke, Herr, allmächtiger Gott! Gerecht und wahrhaftig sind<br />

deine Wege, du König der Völker. Wer sollte dich, Herr, nicht fürchten und deinen Namen nicht<br />

preisen? Denn du allein bist heilig!“<br />

Amen.

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