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Unsichere Bindung

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Altonaer<br />

Kinderkrankenhaus<br />

Frühe<br />

Eltern-Kind-Interaktion<br />

und Grundlagen<br />

der Mentalisierung<br />

-<br />

Entwicklungspsychologie<br />

des (Nach-)Denkens und (Ein-)Fühlens<br />

Carola Bindt, Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychosomatik


Übersicht<br />

§ Begriffsklärung: Empathie,<br />

Theory of Mind, Mentalisierung…<br />

§ Grundlagen der frühen<br />

Mutter-Kind-Interaktion<br />

§ <strong>Bindung</strong>, Affektregulation,<br />

Entwicklung des Selbst


Übersicht<br />

§ Begriffsklärung: Empathie,<br />

Theory of Mind, Mentalisierung…<br />

§ Grundlagen der frühen<br />

Mutter-Kind-Interaktion<br />

§ <strong>Bindung</strong>, Affektregulation,<br />

Entwicklung des Selbst


Wie gelingt es uns, andere zu verstehen ?<br />

Quellen der Information Intuition und Bewertung<br />

langzeitige Disposition:<br />

vertrauenswürdige generelle Übereinkünfte Person /<br />

und Spekulant Vorurteile<br />

Kognition + Emotion<br />

Annahmen zum Hintergrund:<br />

Wissen Täter zur / Opfer Person,<br />

Identifikation der Finanzmarktkrise und Projektion<br />

kurzzeitige Disposition:<br />

melancholisch Körperhaltung / stolz<br />

Intention:<br />

will sich Blick- hinunterstürzen und /<br />

schmiedet Bewegungsrichtung<br />

grandiose Pläne<br />

Weltsicht des Betrachters:<br />

Erfahrung, Geld allein Wissen, macht nicht Moral<br />

glücklich / Natur beruhigt<br />

Kontext der der Betrachtung:<br />

gute / Zeitgeschehen<br />

schlechte Wirtschaftslage<br />

(Caspar David Friedrich, Wanderer über dem Nebelmeer, 1818 )


Andere verstehen: Begriffsklärung<br />

Reifung: körperlich emotional kognitiv<br />

Empathie<br />

"Theory of Mind“<br />

(ToM)<br />

Mentalisierung<br />

"Mind-Reading"<br />

Perspektivenübernahme<br />

Beziehungsentwicklung: emotional kognitiv


"Reading Mind in the Eyes" – Test der ToM*<br />

(nach Simon Baron-Cohen 2001; dt. Version Sven Bölte 2005)


"Reading Mind in the Eyes" – Test der ToM*<br />

(nach Simon Baron-Cohen 2001; dt. Version Sven Bölte 2005)


(tamilische Flüchtlinge, Sri Lanka, Mai 2009 )<br />

Empathie: Was fühlen Sie?


Andere verstehen: Aktivierung von Hirnstrukturen<br />

Medialer<br />

Präfrontaler Kortex<br />

Anteriores Cingulum<br />

Sekundärer<br />

Somatosensorischer<br />

Kortex<br />

Anteriore Insula<br />

Temporallappen<br />

• Theory of Mind<br />

• Empathie<br />

Nachdenken über Gefühle, Absichten,<br />

Wünsche, Überzeugungen bei anderen<br />

affektive Reaktion auf Emotionen bei anderen<br />

(nach Hein & Singer, Current Opinion in Neurobiology, 18: 153-58; ; 2008)


Andere verstehen: Spiegelneurone als biologische Basis<br />

Ermöglichen, Gefühle anderer zu teilen<br />

Gefühle beobachten und Gefühle haben<br />

aktiviert dieselben Hirnregionen<br />

neuronale Aktivierung moduliert durch:<br />

§ Geschlecht<br />

§ Beruf<br />

§ Sympathie<br />

§ individuelle Charakteristika (Alexithymie)<br />

(Hein & Singer, Current Opinion in Neurobiology, 18: 153-58; ; 2008)


Andere verstehen: Entwicklung der "Theory of Mind"<br />

§ > 1.5 Jahre:<br />

Kind erkennt Wünsche bei anderen, die sich von eigenen<br />

Wünschen unterscheiden<br />

§ > 4-5 Jahre:<br />

Kind erkennt "falsche Überzeugungen" bei anderen (ToM 1)<br />

§ > 6-7 Jahre:<br />

Kind erkennt, dass jemand eine "falsche Überzeugung hinsichtlich<br />

der falschen Überzeugung von anderen" haben kann (ToM 2)<br />

§ > 9-11 Jahre:<br />

Kind kann "faux-pas" identifizieren und erklären


Ann<br />

Puppe<br />

Sally<br />

Sally-Ann Task (ToM)<br />

Experiment<br />

zur Testung der Fähigkeit,<br />

falsche Überzeugungen<br />

zu identifizieren.<br />

Realität:<br />

"Wo ist die Puppe?"<br />

Überzeugung:<br />

"Wo wird Ann die Puppe suchen?"<br />

Kind < 4-5 J: "In der Kiste!"<br />

Kind > 4-5 J: "Im Puppenwagen!"<br />


Andere verstehen: Mentalisierung<br />

In frühen Interaktionen entwickelte Fähigkeit,<br />

wahrzunehmen und darüber nachzudenken,<br />

dass fremdes und eigenes Verhalten<br />

von mentalen Zuständen<br />

(Bedürfnissen, Wünschen, Überzeugungen, Zielen)<br />

geleitet wird.<br />

(* Fonagy, Gergely, Jurist & Target 2002)


Mama ist weg!<br />

Mama ist weg!<br />

A<br />

• A ist traurig, weil Mama weg ist<br />

• deshalb mag A nicht spielen<br />

• A ist nicht schuld<br />

• ich bin nicht schuld<br />

• ich ärgere mich trotzdem!


Mama ist weg!<br />

Mama ist weg!<br />

A<br />

• A ist traurig, weil Mama weg ist<br />

• deshalb mag A nicht spielen<br />

• A ist / ich bin nicht schuld<br />

• (ich ärgere mich trotzdem!)<br />

Fähigkeit zur Mentalisierung = "psychisches Immunsystem"<br />

(J. Holmes)


ToM und Mentalisierung entwickeln sich lebenslang weiter,<br />

können jedoch in Momenten emotionaler Bewegung<br />

eingeschränkt sein!


Übersicht<br />

§ Begriffsklärung: Empathie,<br />

Theory of Mind, Mentalisierung…<br />

§ Grundlagen der frühen<br />

Mutter-Kind-Interaktion<br />

§ <strong>Bindung</strong>, Affektregulation,<br />

Entwicklung des Selbst<br />

(Video)


Soziales Interesse ist angeboren.<br />

Bereits in der ersten Stunde nach der Geburt<br />

bevorzugt das Neugeborene das gesichtsähnliche Muster.


Eltern-Kind-Interaktion & Intuitive Kompetenzen<br />

Eltern<br />

optimaler Abstand<br />

Grußreaktion<br />

akzentuierte Mimik<br />

Ammensprache<br />

Imitation<br />

Säugling<br />

Greif-, Saug- & Suchreflexe<br />

Moro-Reaktion<br />

Präferenz für soziale Reize<br />

Imitation<br />

biologisch determiniertes Verhalten<br />

unabhängig von Alter, Geschlecht & Kultur<br />

(nach H. Papousek & M. Papousek 1982, 1987)


(Metzloff & Moore, 1977)


Interaktionen<br />

sind das Produkt von simultan ablaufenden<br />

selbst-regulatorischen und fremd-regulatorischen<br />

Prozessen<br />

Temperament, Gesundheit, Geschlecht, Stimmung, sozialer Kontext…


Wie harmonisch ist eine gelungene Interaktion?<br />

1. Modell<br />

Zeigt ein hohes Maß an affektiver Synchronität<br />

zwischen den Partnern, meist positive Emotionen<br />

und wenig Anstrengung und Ärger bei der Mutter.<br />

2. Modell<br />

Zeitlich überwiegen kleine Missverständnisse und<br />

Verzögerungen im Miteinander, die in gut abgestimmten<br />

Dyaden beidseitige Anstrengungen zur Reparation zur<br />

Folge haben ("matched emotions" < 30 %).


Mutter-Kind-Interaktion<br />

Charakteristika<br />

des Kindes<br />

Sozialer Kontext<br />

Charakteristika<br />

der Mutter<br />

Interaktion<br />

Kompensation<br />

Störungen<br />

Dekompensation<br />

Adaptation<br />

Maladaptation


Übersicht<br />

§ Begriffsklärung: Empathie,<br />

Theory of Mind, Mentalisierung…<br />

§ Grundlagen der frühen<br />

Mutter-Kind-Interaktion<br />

§ <strong>Bindung</strong>, Affektregulation,<br />

Entwicklung des Selbst


Basis- Affekte<br />

§<br />

§ Schmerz<br />

§ Interesse / Neugier<br />

§ Ekel<br />

§ Freude<br />

§ Traurigkeit<br />

§<br />

§ Überraschung<br />

§ Wut<br />

§ Angst<br />

§ (Scham)<br />

§ (Schuld)<br />

§ In der frühen Interaktion werden die Affekte des Säuglings von der<br />

Mutter gespiegelt und durch deren emotionale Reaktion bewertet<br />

§ So wird die Sprache der Gefühle für das Kind verstehbar


Wesentliche Entwicklungsaufgabe der frühen Kindheit<br />

ist die Ausbildung der Fähigkeit zur<br />

Regulation von Affekt und Erregung


Affektspiegelung und affektive Regulation<br />

Die Mutter "versteht" und "spiegelt" ** den Gefühlszustand des Kindes.<br />

Abbildung des<br />

Gefühlszustandes<br />

des Kindes<br />

"markierter Affekt"<br />

Mutter<br />

zeigt Affekt*<br />

Kind<br />

"Gefühl von und<br />

Bewusstsein für eigene<br />

affektive Verfassung" ***<br />

* nicht-bewusste automatische Reaktion<br />

** gibt kindbezogenes, systematisch-kontingentes Feedback<br />

*** referentielle Entkopplung: Spiegelung wirkt wie Biofeedback


Affektspiegelung und affektive Regulation<br />

Die Mutter "versteht" * und "spiegelt" den Gefühlszustand des Kindes.<br />

Abbildung des<br />

Gefühlszustandes<br />

des Kindes<br />

"markierter Affekt"<br />

Mutter<br />

zeigt Affekt*<br />

Kind<br />

* - ist aufmerksam und aufnahmebereit für Zustand des Kindes<br />

"Gefühl von und<br />

Bewusstsein für eigene<br />

affektive Verfassung"<br />

- diagnostiziert kindliche Verfassung richtig auf der Basis des Zugangs zu<br />

eigener Erfahrung<br />

- stellt eigene Befindlichkeit zurück


Affektspiegelung und affektive Regulation - 1:<br />

Fordernde Stimulation im Spiel


Affektspiegelung und affektive Regulation - 2:<br />

Kind erschrocken – Vater markiert Affekt


Affektspiegelung und affektive Regulation - 3:<br />

Kind beruhigt sich – Vater schaut entspannt


Affektspiegelung und affektive Regulation - 4:<br />

Wiederholung der fordernden Stimulation im Miteinander


Affektspiegelung und affektive Regulation<br />

"markierter Affekt"<br />

Mutter<br />

zeigt Affekt<br />

Kind<br />

"mentalisierter Affekt" *<br />

Sichere <strong>Bindung</strong><br />

Die elterliche Sensitivität in der Interaktion<br />

fördert die Selbstregulation des Kindes<br />

und dessen Fähigkeit,<br />

eigenen wie fremde affektive Prozesse zu verstehen.*


Spiel mit der Realität (1)<br />

Elterliche Resonanz auf symbolisches Spiel<br />

im "Als-Ob"-Modus ersetzt die frühe Affektspiegelung<br />

§ Das Kind lernt:<br />

- Gefühle sind nicht Handlungen, Effekt auf Realität begrenzt<br />

- Erregungsminderung und Impulskontrolle<br />

(nach Fonagy et al. 2002)


Spiel mit der Realität (2)<br />

"Modus der psychischen Äquivalenz" wird von Eltern korrigiert<br />

§ Kind erlebt seine Gedanken als real<br />

§ Eltern reagieren, indem sie Erleben<br />

des Kindes akzeptieren und<br />

gleichzeitig klarstellen,<br />

dass sie nicht dasselbe erleben<br />

§ Kind lernt: meine Gedanken sind<br />

nur eine Einstellung zur Realität<br />

(ca. im 4.-5. LJ)<br />

(nach Fonagy et al. 2002)


Affektspiegelung und Mentalisierung<br />

-<br />

Varianten früher Interaktionen


Bezogenheit ?<br />

("Frankreichs Charme-Offensive<br />

in Nordafrika"<br />

Carla Bruni & tunesisches Kind)


Markierter Affekt<br />

oder<br />

Affektansteckung?<br />

(George W. Bush & Baby, 2006)


Affektmarkierung !<br />

(Barack Obama & Baby, 2008)


(Vladimir Putin &<br />

Tochter Katya, 1985)


Empathie,<br />

Affektspiegelung ?<br />

(Saddam Hussein<br />

und sein Enkel,<br />

dessen Vater<br />

er später hinrichten ließ)


???<br />

"I got caught up<br />

in the excitement of the moment.<br />

I would never intentionally<br />

endanger the lives of my children."<br />

(Michael Jackson &<br />

Sohn Prince Michael II,<br />

Berlin 2002)


Affektspiegelung, affektive Regulation & Mentalisierung:<br />

<strong>Unsichere</strong> <strong>Bindung</strong> (1)<br />

§ Interaktionen inkonsistent und unvorhersehbar<br />

§ Phasen extremer affektiver<br />

Unter- oder Überstimulation<br />

§ mangelnde Abstimmung<br />

von affektiven Zuständen<br />

§ Eltern ängstigend oder ängstlich<br />

- mangelnde Markierung<br />

- mangelndes "Als-ob"<br />

- Fixierung im Modus psychischer Äquivalenz


Affektspiegelung, affektive Regulation & Mentalisierung<br />

<strong>Unsichere</strong> <strong>Bindung</strong> (2)<br />

Dysregulation<br />

von Affekten<br />

Aktivierung des<br />

<strong>Bindung</strong>ssystems<br />

nicht-mentalisierende<br />

<strong>Bindung</strong>sbeziehung<br />

Mentalisierungsstörung


Leo, Vater und das Krokodil


Affektspiegelung, affektive Regulation & Mentalisierung<br />

<strong>Unsichere</strong> <strong>Bindung</strong> (3)<br />

§ werden die emotionalen Zustände des Kindes nicht sensitiv und<br />

zuverlässig gespiegelt, bleiben sie undifferenziert<br />

§ undifferenzierte emotionale Zustände können affektiv schlechter<br />

reguliert werden Erregbarkeit und Impulsivität æ<br />

§ ungeteilte emotionale Zustände können schlechter symbolisiert<br />

werden Verbalisierung und Mentalisierung


Fazit<br />

"Mutter denkt mich als<br />

denkend,<br />

also bin ich."

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