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Alternative Schuldscheindarlehen<br />
Probates Finanzierungsinstrument in turbulenten Zeiten<br />
Von Kerstin Gibis und Thomas Aldenrath<br />
Fremdkapital<br />
In turbulenten Zeiten wie diesen kann zur Finanzierung des<br />
weiteren Unternehmenswachstums der „Königsweg Börse“<br />
zur Aufnahme von Eigenkapital aus Sicht des Mittelstands<br />
nicht beschritten werden. Aufgrund der weltweiten Bankenkrise<br />
und Rezession, die mit restriktiver Kreditvergabe<br />
einhergeht, muss der Mittelstand zwangsläufig alternative<br />
Finanzierungsmöglichkeiten in Betracht ziehen. Natürlich<br />
gibt es immer noch Familienunternehmer, die getreu der<br />
Devise „eine Bank kommt mir nicht ins Haus“ ihre Firma<br />
jahrzehntelang und geschickt ausschließlich mit Eigenkapital<br />
lenken. Doch mehrheitlich sieht es natürlich anders<br />
aus. Ein probates Finanzierungsmittel könnte derzeit aus<br />
der Sicht des Unternehmers die Aufnahme eines Schuldscheindarlehens<br />
sein.<br />
Zu den Personen: Kerstin Gibis und<br />
Thomas Aldenrath<br />
Kerstin Gibis (kerstin.gibis@baaderheins.de) ist Rating-<br />
Analystin der Baader & Heins Capital Management AG.<br />
Thomas Aldenrath (thomas.aldenrath@baaderbank.de)<br />
ist Bereichsleiter Emittentenbetreuung bei der Baader<br />
Bank AG. Der S<strong>SD</strong>-Spezialist Baader & Heins Capital Management<br />
AG hat in den letzten Jahren ca. 200 Mio. Euro<br />
in verschiedenen Tranchen für den Mittelstand platziert.<br />
www.bhs-ag.de; www.baaderbank.de;<br />
Kerstin Gibis<br />
Thomas Aldenrath<br />
Was ist ein Schuldscheindarlehen?<br />
Schuldscheindarlehen (S<strong>SD</strong>) sind neben Bankkredit und<br />
Anleihe eine weitere Form der (langfristigen) Fremdfinanzierung.<br />
Dabei wird einem Kreditnehmer, ohne dass dieser<br />
den organisierten Kapitalmarkt in Anspruch nehmen muss,<br />
von Kapitalsammelstellen (Versicherungen, Pensionskassen,<br />
Banken oder Sparkassen) ein Darlehen gewährt,<br />
dessen Bestand der Schuldner durch Ausstellen eines<br />
Schuldscheins bestätigt. Der Schuldschein als formloses<br />
Dokument ist jedoch weder ein verbrieftes Darlehen noch<br />
eine Schuldverschreibung oder sonst ein Wertpapier. Er<br />
dient ausschließlich als Urkunde zur Beweissicherung<br />
und ist daher im Unterschied zur Anleihe nicht börsenfähig<br />
und somit nicht handelbar. Der Schuldschein ist hier<br />
zwar eine Beweisurkunde über eine Darlehensforderung,<br />
die Vorlage dessen ist aber zum Geltendmachen der Forderung<br />
nicht erforderlich. Grundsätzlich wird zwischen<br />
dem Kreditnehmer und dem Kreditgeber ein normaler Darlehensvertrag<br />
abgeschlossen. Ein Schuldscheindarlehen<br />
ist daher auch ein abtretbarer Vertrag zwischen Darlehensgeber<br />
und Darlehensnehmer. Die im Markt bekannten<br />
Emittenten sind neben Bund, Ländern und Banken ferner<br />
gut aufgestellte und mit einem Rating ausgestattete mittelständische<br />
Unternehmen. Wichtig sind für die Gläubiger<br />
in diesem Zusammenhang geordnete Bilanzverhältnisse,<br />
eine über Jahre hinweg nachweisliche Rentabilität, eine<br />
gute Organisationsstruktur sowie der Eindruck, den sie<br />
vom Management in persönlichen Gesprächen erhalten<br />
haben. In Frage kommende Unternehmen sollten Mindestumsätze<br />
von ca. 25 Mio. Euro aufweisen.<br />
Art des Zustandekommens und Vertragspartner<br />
Verträge über Schuldscheindarlehen werden nur selten<br />
direkt abgeschlossen. Meist tritt eine Bank oder ein Spezialist<br />
als Vermittler bzw. Makler auf, der die Möglichkeiten<br />
auf beiden Seiten kennt, auslotet und anschließend<br />
für eine Gläubiger-Schuldner-Beziehung zwischen der<br />
Kapitalsammelstelle und dem mittelständischen Unternehmen<br />
sorgt. Der Kreditgeber kann dann als sog. Erster<br />
Kreditgeber auftreten, wobei er sich das Recht vorbehält,<br />
die Forderung an einen Dritten abzutreten (Zession).<br />
Eine Weiterplatzierung der gesamten Summe oder von<br />
Darlehensteilen ist somit möglich und üblich.<br />
2<br />
Unternehmeredition „<strong>Mittelstandsfinanzierung</strong> <strong>2009</strong>“<br />
www.unternehmeredition.de
Merkmale mittelständischer Schuldscheindarlehen<br />
Betrag: typischerweise zwischen 1 Mio. Euro und 10 Mio. Euro,<br />
aber auch höher möglich<br />
Zins:<br />
abhängig von der Bonität des Darlehensnehmers, der<br />
Laufzeit, der Struktur des Schuldscheindarlehens und des<br />
aktuellen Marktumfeldes (Bsp: bei einer Laufzeit von<br />
5 Jahren zwischen 4,5 und 6%)<br />
Laufzeit: in der Regel 1–10 Jahre<br />
Besicherung: keine Besicherung vorgesehen<br />
Tilgung: abhängig von der Vertragsgestaltung, i. d. R.<br />
in einer Summe am Ende der Laufzeit<br />
Chancen für den Mittelstand<br />
Ein Schuldscheindarlehen bietet eine höhere Flexibilität<br />
im Vergleich zur Industrieobligation bezüglich Volumen,<br />
Laufzeit und Tilgung. Während die Emission einer Industrieanleihe<br />
die Genehmigung des Bundesfinanzministeriums,<br />
die Bestellung von Grundschulden oder Sicherungshypotheken,<br />
oftmals eine detaillierte Prospektierung nach<br />
dem Wertpapierprospektgesetz sowie eine<br />
Börseneinführung beinhaltet und somit letztlich größeren<br />
Unternehmen vorbehalten ist, kann das Schuldscheindarlehen<br />
individuell gemäß vertraglicher Vereinbarung<br />
aufgenommen werden. Ein großer Nutzen für den<br />
Mittelstand besteht auch darin, dass sich keine Belastung<br />
durch das Stellen von Sicherheiten ergibt, da ein<br />
Schuldscheindarlehen blanko zur Verfügung gestellt<br />
wird. Ein weiterer sich dem Mittelständler bietender<br />
Vorteil ist die Diversifikation der vorhandenen Kreditgeber.<br />
Bestehende Bankenkreditlinien können besser gesteuert<br />
und die Verbindlichkeitenstruktur optimiert werden<br />
– der Handlungsspielraum erweitert sich.<br />
Darüber hinaus ist kein externes Rating einer Agentur<br />
wie z. B. Moody’s oder S&P zur Platzierung erforderlich.<br />
Somit können Schuldscheindarlehen auch von kleineren<br />
und nicht an der Börse notierten Unternehmen aufgenommen<br />
werden. Die Kreditbedingungen sind stets ein<br />
Spiegelbild der Marktmeinungen und natürlich andererseits<br />
Verhandlungssache. Sie werden zusätzlich in einer<br />
schriftlich fixierten Dokumentation (= Schuldscheinurkunde)<br />
festgehalten. Aus der Sicht des Unternehmers<br />
erfolgt die notwendige Berichterstattung anhand der bankenüblichen<br />
Normen. Zu veröffentlichende Zwischen- oder<br />
Quartalsberichte wie bei börsennotierten Unternehmen<br />
müssen nicht erstellt werden. Die Regel lautet hier: keine<br />
Veröffentlichung außerhalb der Gläubiger-/Schuldnerbeziehung.<br />
Quelle: Baader Bank<br />
Im Vergleich<br />
Bankdarlehen Schuldscheindarlehen Anleihe<br />
Kapitalgeber Banken (meist Hausbanken) Institutionelle Anleger, Banken Institutionelle und private Anleger<br />
Tilgung festgelegter Tilgungsplan, i. d. R. tilgungsfrei bis zum tilgungsfrei bis zum Ende<br />
i. d. R. in Form einer Annuität Ende der Laufzeit der Laufzeit<br />
(Zins + Tilgung)<br />
Sicherheiten im Rahmen von Bürgschaften, keine Sicherheitenstellung keine Sicherheitenstellung<br />
Grundpfandrechten,<br />
Sicherungsübereignungen,<br />
Forderungsabtretungen usw.<br />
Bilanzierung Verbindlichkeiten ggü. Verbindlichkeiten ggü. Verbindlichkeiten/Anleihen<br />
Kreditinstituten Kreditinstituten /<br />
sonstige Verbindlichkeiten<br />
Verbriefung Bankkreditvertrag Standardisierte Globalurkunde<br />
Quelle: Baader & Heins Capital Management AG; Baader Bank AG<br />
Schuldscheinurkunde<br />
Nicht zuletzt der persönliche Eindruck spielt bei der Vergabe von Schuldscheindarlehen<br />
eine wichtige Rolle.<br />
Fazit:<br />
Der Markt für Schuldscheindarlehen nimmt aus mittelständischer<br />
Sicht an Dynamik zu. Dies ist nicht verwunderlich,<br />
da die klassische Kreditvergabe sowie die Beschaffung von<br />
Eigenkapital bei sinkenden Unternehmensbewertungen<br />
umso schwieriger oder weniger attraktiv geworden sind.<br />
Als Finanzierungsinstrument<br />
hat es die Industrieanleihe<br />
mittlerweile in Deutschland<br />
weitgehend verdrängt.<br />
Auch in den aktuell wirtschaftlich<br />
schwierigen Zeiten<br />
gibt es bisher keinen<br />
Einbruch des Angebots, jedoch<br />
verlangen die Gläubiger<br />
derzeit einen Risikoaufschlag<br />
von mind. 1,50% auf<br />
den jeweiligen Zinssatz. Mittelständler<br />
sollten daher<br />
diese Finanzierungsalternative<br />
unter Zuhilfenahme eines<br />
Spezialisten in jedem<br />
Falle berücksichtigen.<br />
Fremdkapital<br />
www.unternehmeredition.de<br />
Unternehmeredition „<strong>Mittelstandsfinanzierung</strong> <strong>2009</strong>“ 3