Maristenpatres - Kontinente
Maristenpatres - Kontinente
Maristenpatres - Kontinente
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<strong>Maristenpatres</strong><br />
Die Beilage Ihrer Ordensgemeinschaft im Missionsmagazin kontinente • 6-2011<br />
Liebe Leserinnen und Leser<br />
der Maristen-kontinente!<br />
Weihnachten<br />
Wenn ein Kind sich verläuft,<br />
dann geht es dorthin,<br />
wohin es nicht gehört.<br />
Ja, an Weihnachten<br />
hat Gott sich verlaufen<br />
- nicht nur wie ein Kind,<br />
sondern als Kind - dorthin,<br />
wohin ER nicht „gehört“.<br />
Gott hat sich verlaufen<br />
wie ein Kind - nur dass es eben<br />
kein Irrtum war,<br />
sondern das Göttlichste,<br />
was Gott uns tun kann.<br />
„Lass uns dich dort finden,<br />
wohin du, Gott,<br />
dich verlaufen hast!“<br />
In dieser Nummer möchte ich<br />
zunächst über das Treffen der<br />
europäischen Laienmaristen in Lyon<br />
berichten, an dem ich teilnehmen<br />
konnte.<br />
Pater Hermann Wöste hat mit<br />
Erreichen des 70. Lebensjahres seine<br />
Pfarrstelle im Emsland aufgegeben<br />
und die Aufgabe eines Seelsorgers im<br />
Krankenhaus Harderberg bei<br />
Osnabrück übernommen. Zugleich<br />
hat er ein Bougainville-Museum in<br />
Neubörger im Emsland eingerichtet.<br />
Über beides berichten wir.<br />
In einem Interview können Sie lesen,<br />
wie unser Maristen-Student Thilo<br />
Saft seinen Aufenthalt in London<br />
erlebt und bewältigt.<br />
Des weiteren finden Sie einige<br />
Gedanken unseres Pater Eugen<br />
Lausmann, der als Missionar in<br />
Brasilien von einer Krankheit<br />
getroffen wurde und seitdem im<br />
Rollstuhl sitzt.<br />
Eine gute Zeit wünscht Ihnen<br />
Ihr Maristen-kontinente-Redakteur<br />
P. Georg Galke sm<br />
Aus: Klaus Hemmerle. Zur Krippe durch die Hintertür.<br />
Weihnachtliches. Verlag Neue Stadt, München 2008<br />
Liebe <strong>Kontinente</strong>-Leserinnen und Leser,<br />
liebe Freunde unseres Ordens, liebe Wohltäter!<br />
Wir danken Ihnen auch dieses Jahr sehr herzlich für die vielfältige Hilfe, die wir von<br />
Ihnen erfahren durften – für alle finanzielle Hilfe, für Ihre Spenden, aber auch für Ihr<br />
Gebet und alle freundschaftliche Anteilnahme an unserem maristischen Leben.<br />
Gott, der Mensch geworden ist, erfülle Sie mit Freude und Frieden und begleite Sie auf<br />
allen Wegen im neuen Jahr!<br />
Ihre Maristen in Deutschland<br />
6-2011 <strong>Maristenpatres</strong> • I
MARISTEN<br />
„Kommt IN D E U T S C H L A N D<br />
und<br />
schöpft aus<br />
der Quelle!“<br />
Hoch auf dem gelbem Wagen...“! Das<br />
war das erste von vielen Liedern nach<br />
einem kurzen Gebet und der Bitte um<br />
den Schutz Gottes und Marias, das die Insassen<br />
des Kleinbusses anstimmten, die sich vom Maristenkloster<br />
Meppen aus zum Treffen der europäischen<br />
Laienmaristen in Lyon aufmachten.<br />
Sie hatten sich mit dem gelben Kleinbus<br />
der Dessauer Gemeinde Dreieinigkeit von<br />
Meppen aus auf den Weg gemacht. Das Treffen<br />
stand unter dem Motto: „Kommt und schöpft<br />
aus der Quelle!“ Da die Strecke insgesamt doch<br />
mehr als 1000 Kilometer betrug, wurde am ersten<br />
Tag im Schwarzwald, im Kloster St. Trutpert<br />
nahe Freiburg, Rast gemacht.<br />
Am nächsten Tag ging es dann durch Frankreich<br />
nach Lyon, wo man pünktlich zum<br />
Abendessen im Tagungshaus „St. Joseph“ in<br />
Francheville bei Lyon eintraf.<br />
Oben das Bild und das Motto des Treffens der<br />
Laienmaristen in Lyon. Das Bild ist Teil des Freskos<br />
in der Kapelle des Maristenklosters in La Neyliere<br />
bei Lyon, wo der Stifter der <strong>Maristenpatres</strong>, Pater<br />
Jean Claude Colin, seine letzte Ruhestätte<br />
gefunden hat. Es zeigt den Moment der Hochzeit zu<br />
Kana, wo Maria den Dienern sagt: „Füllet die Krüge<br />
mit Wasser und tut, was er euch sagt!“<br />
Zum zweiten Mal hatten die Laienmaristen<br />
Europas ein internationales Treffen organisiert.<br />
Die 120 Teilnehmer kamen von Irland,<br />
England, Deutschland, den Niederlanden, Italien,<br />
Spanien, Norwegen und Frankreich, um<br />
ihre Erfahrungen als Laienmaristen auszutauschen<br />
und die maristischen Ursprungsstätten<br />
zu besuchen. Seit dem vorherigen Treffen<br />
2007 in Turin waren die Beziehungen vertieft<br />
worden. Wenn es da natürlich auch kulturelle<br />
Unterschiede gibt und die einzelnen Gruppen<br />
in den jeweiligen Ländern auf verschiedene<br />
Weise organisiert sind, so vereint und ermutigt<br />
sie doch der maristische Geist.<br />
Vor allem ein Punkt des Programms, der Besuch<br />
der maristischen Ursprungsstätten, sollte<br />
einen bedeutenden Raum einnehmen, und<br />
so brach man gleich am ersten vollen Tag des<br />
Treffens nach Le Puy auf, wo in der Kathedrale<br />
Jean Claude Courveille im Alter von 26 Jahren<br />
die Idee hatte, eine Gesellschaft Mariens<br />
zu gründen. Auch wenn er sich später von den<br />
Maristen loslöste, war das doch der Ursprung<br />
der Maristen. Und so stiegen alle die steilen<br />
Treppen zur Kathedrale hoch und feierten eine<br />
heilige Messe an diesem für uns Maristen so<br />
wichtigen Ort.<br />
Der Ursprungsort der Maristenbrüder ist die<br />
Hermitage in La Valla, rund 50 Kilometer von<br />
Lyon entfernt. Marcellin Champagnat, ein Ma-<br />
II • <strong>Maristenpatres</strong> 6-2011
istenpater, gründete 1817 den Orden der Maristenbrüder.<br />
Einzelheiten aus dem Leben<br />
Champagnats und über die Geschichte der<br />
Maristenbrüder erfuhren wir beim Gang<br />
durch das Haus und das Museum. Ein kalter<br />
Trunk an diesem besonders heißen Tag bildete<br />
den erfrischenden Abschluss.<br />
Die nächsten zwei Tage waren der Tagung<br />
selbst gewidmet. Die verschiedenen Nationen<br />
stellten dar, wie sie als Laienmaristen in ihrem<br />
Land zu leben versuchen. Da die Maristen<br />
selbst immer weniger werden, wird die Aufgabe<br />
der Laienmaristen immer wichtiger: den<br />
Geist und die Spiritualität der Maristen am Leben<br />
zu erhalten und zu verbreiten – jeweils auf<br />
ihre Weise. Wir Maristen sind jetzt dazu aufgerufen,<br />
sie auf ihrem Weg zu begleiten. Manches<br />
wurde auch angesprochen, was den Teilnehmern<br />
Sorgen macht: neben der geringer<br />
werdenen Zahl der Maristen selbst die Probleme,<br />
die die Kirche in Europa heute hat; die geringer<br />
werdende Zahl der Gläubigen; die Skandale,<br />
die die Kirche erschüttert haben und die<br />
insbesondere von den Laien mit großem<br />
Schmerz und tiefer Trauer erlebt werden, weil<br />
es, wie es in den Reden deutlich wurde, „ihre“<br />
Kirche ist, die in einer tiefen Krise steckt. Vielleicht<br />
sei jetzt die Zeit für eine Kirche, wie Pater<br />
Colin, der Gründer der Maristen, sie wollte,<br />
eine Kirche, die schlicht und einfach bei<br />
den Menschen ist und mit den Menschen geht.<br />
Nach den anstrengenden zwei Sitzungstagen<br />
ging es wieder auf die Reise – zunächst nach<br />
Fourviere, in die Kapelle, in der zwölf Seminaristen<br />
und Neupriester – unter ihnen die Gründer<br />
der Maristen und Maristenbrüder, Colin<br />
und Champagnat, 1816 das Versprechen ablegten,<br />
die Gemeinschaft der Maristen zu<br />
gründen und in der auch die Tagungsteilnehmer<br />
gemeinsam das Versprechen ablegten, im<br />
martistischen Geist zu leben und zu arbeiten.<br />
Von dort ging es nach La Neyliére, dem Ort, an<br />
dem Pater Colin die Gesellschaft Mariens etablierte,<br />
an dem er starb und begraben liegt. Die<br />
Rückreise nach Lyon gestaltete sich schwierig,<br />
weil einer der Busse den Geist aufgab.<br />
Der letzte Tag war dem Besuch von Cerdon gewidmet,<br />
wo Pater Colin und sein Bruder als<br />
Pfarr-Seelsorger tätig waren. Am Abend wurde<br />
Abschied gefeiert, ein „feierlicher Abend“,<br />
wie es in der deutschen Übersetzung der französischen<br />
Einladung hieß.<br />
Oben: Pater Tangen (rechts), der geistliche<br />
Direktor der deutschen Laienmaristen,<br />
im Gespräch mit zwei deutschen<br />
Teilnehmerinnen des Treffens.<br />
Mitte: Laienmaristen aus Italien sprechen<br />
vor der Versammlung. Ihr Sohn Paolo<br />
scheint das Ganze zu genießen.<br />
Unten: Die deutschen Teilnehmer des<br />
Treffens mit Pater Jan Hulshof (2. v.l.),<br />
dem geistlichen Direktor der<br />
europäischen Laienmaristen.<br />
Die Teilnehmer erlebten das Treffen als<br />
positiv und stärkend. Sie waren dankbar<br />
für diese Versammlung, die Hoffnung<br />
für die Zukunft der maristischen<br />
Idee gibt.<br />
P. G. Galke<br />
6-2011 <strong>Maristenpatres</strong> • III
M ARISTEN IN DEUTSCHL A N D<br />
„Noch etwas für die Menschen tun...“<br />
Im Sommer dieses Jahres hat Pater Hermann Wöste die Seelsorgsarbeit in dem Pfarreienverbund „BoJe“ im nördlichen Emsland<br />
aus Altersgründen aufgegeben. Seitdem ist er Seelsorger im Franziskus-Hospital Harderberg am Stadtrand von Osnabrück.<br />
Außerdem liegt ihm das von ihm ins Leben gerufene „Bougainville-Museum“ in Neubörger am Herzen. Maristen-kontinente-<br />
Redakteur Pater Georg Galke besuchte ihn und sprach mit ihm über sein Leben und Arbeiten in der neuen Umgebung.<br />
Pater Hermann Wöste vor seinem neuen Zuhause, dem Franziskus-<br />
Hospital am Stadtrand von Osnabrück.<br />
Pater Hermann Wöste ist ab diesem<br />
Sommer für die priesterlichen Dienste<br />
im Franziskus-Hospital Harderberg am<br />
Stadtrand von Osnabrück zuständig. Vorher<br />
war er viele Jahre Pfarrer im nördlichen Emsland,<br />
einem Zusammenschluss von sechs Gemeinden,<br />
die die Pfarrei „BoJe-Verbund“<br />
(=Boot Jesu)bilden.<br />
Es ist eine Fortführung<br />
der Arbeit, die er bisher<br />
auch getan hat, so meint<br />
er. Wenn auch hoffentlich<br />
nicht mehr so stressig.<br />
In Bezug auf sein Alter<br />
ist es ein sinnvoller<br />
Abschluss und zugleich<br />
ein Höhepunkt seiner<br />
Tätigkeit. Er hat diese<br />
nicht persönlich ausgesucht<br />
oder danach gestrebt;<br />
der Generalvikar<br />
von Osnabrück, Theo<br />
Paul, hat ihn nach<br />
Abschluss seiner Seel -<br />
sorgstätigkeit in den<br />
Emslandgemeinden da -<br />
rum gebeten, denn der<br />
Generalvikar legt großen<br />
Wert auf die Krankenhausseelsorge,<br />
da Krankenhäuser<br />
ein ganz besonderes<br />
Anliegen der<br />
Kirche sind. Und Pater<br />
Wöste wollte noch etwas<br />
tun für die Diözese,<br />
nachdem er 70 Jahre alt<br />
geworden ist. Die neue<br />
Aufgabe ist in seinen Augen<br />
eine sehr<br />
maristische Tätigkeit:<br />
die Maris ten sollen und<br />
wollen bei denen sein,<br />
die der Mitmenschen bedürfen.<br />
Pater Wöste wohnt direkt im Hause,<br />
und das ist für ihn genau richtig. Im Hause ist<br />
eine Atmosphäre, die ihm gut tut. Die Thuiner<br />
Schwes tern leben hier in einer Gemeinschaft<br />
von rund 20 Schwestern, von denen noch fünf<br />
auf den Stationen im Krankenhaus arbeiten.<br />
Die anderen, die schon älter sind, leben hier in<br />
einer Kommunität.<br />
Pater Wöste ist froh, dass er hier ist, und er<br />
spürt, dass er hier im Krankenhaus und bei<br />
den Schwestern sinnvolle Arbeit tun kann.<br />
Er möchte hier bleiben, solange er kann. Er habe<br />
Verbindung zu den Schwestern, feiere mit<br />
ihnen die Messe und bete die kirchlichen Tagzeiten<br />
mit, berichtet er. Das wünschte er sich<br />
nach der Pfarrarbeit für seine Zukunft: seinen<br />
Glauben mit anderen teilen – das kann er hier,<br />
mit der Gemeinschaft der Schwestern und mit<br />
den Menschen im Krankenhaus.<br />
Und darüber hinaus – und davon konnte ich<br />
mich als Besucher überzeugen: Die Umgebung<br />
ist herrlich, der Teutoburger Wald gleich<br />
„nebenan“, und das Haus selbst liegt noch am<br />
Rande Osnabrücks und doch schon mitten im<br />
Wald und in der freien Natur. Man kann Pater<br />
Wöste nur einen guten Weg und viel Freude<br />
bei seiner neuen Arbeit wünschen.<br />
Sicherlich hat er nun auch mehr Zeit, sich um<br />
sein „Kind“, das Bougainville-Museum zu<br />
kümmern, eine Sache, die aus der Not heraus<br />
IV • <strong>Maristenpatres</strong> 6-2011
MARISTEN IN DEUTSCHL AND<br />
nicht nehmen, die Missionsausstellung im<br />
Rahmen eines Gottesdienstes einzuweihen.<br />
Dieser einheimische Bischof ist ein Mensch,<br />
der ziemlich genau weiß, was die Kirche in<br />
Bougainville braucht, wie der Weg der Kirche<br />
dort sein sollte, und er versucht ihn zu gehen.<br />
Nach dem Bürgerkrieg, der auf der Insel in den<br />
90er Jahren wegen eines Kupferbergbaugebietes<br />
getobt hatte, war es ihm das wichtigste Anliegen,<br />
wieder Versöhnung unter die verfeindeten<br />
Menschen zu bringen. Und es hat geklappt:<br />
Heute merkt man, dass die Maristen-Missionare<br />
– unter ihnen Pater Wöste – in den Jahrzehnten<br />
vor dem Bürgerkrieg nicht umsonst gearbeitet<br />
haben, auch wenn es während des Krieges<br />
schien, als ob alles kaputt gegangen sei. Die<br />
Kirche ist gestärkt aus den Trümmern hervorgegangen.<br />
P. Georg Galke<br />
geboren worden ist. Die Ausstellungsstücke<br />
waren da, die haben Pater Wöste und all die<br />
deutschen Maristen-Missionare aus Bougainville<br />
mitgebracht, die 100 Jahre lang dort tätig<br />
waren. Die Ausstellungsgegenstände waren<br />
zuvor in Meppen und auch bei Wöste im Pfarrhaus<br />
in Oberlangen, wo er einen Ausstellungsraum<br />
hatte. Er fragte sich nach Beendigung<br />
seiner Arbeit als Gemeindeseelsorger: Wohin<br />
damit? Da gab es in seiner Heimatgemeinde<br />
Neubörger im Emsland im umgebauten Pfarrheim<br />
im ersten Stock einen großen Raum, den<br />
er benutzen konnte. Und der wurde jetzt das<br />
Bougainvillle-Museum mit all den Gegenständen<br />
von dieser Insel. Es gibt sogar einen Vertrag<br />
mit der Pfarrei, der die Nutzung dieses<br />
Raumes als Museum regelt.<br />
Der Bischof von Bougainville, Bernard Unabali,<br />
natürlich ein Maristenschüler, den Wöste<br />
noch recht gut aus seiner Zeit in Bougainville<br />
kennt und der schon bei ihm in Oberlangen<br />
war, als er dort als Pfarrer tätig war, ließ es sich<br />
Foto oben: Bischof Unabali weiht das Bougainville-<br />
Museum in Neubörger ein.<br />
Unten links: Der Bischof unterschreibt den Vertrag<br />
für die Nutzung der Räume mit der Pfarrgemeinde.<br />
Unten Mitte: Im Gespräch mit Pater Bleischwitz,<br />
der den Missionsprokurator vertritt.<br />
Unten rechts: Porträts deutscher Maristen-<br />
Missionare, die 100 Jahre lang auf der Insel<br />
Bougainville gearbeitet haben (Pater Wöste<br />
unterste Reihe in der Mitte).<br />
Fotos: Rave (3), Galke (2)<br />
6-2011 <strong>Maristenpatres</strong> • V
MARISTEN IN DEUTSCHL A ND<br />
GEDANKEN EINES EHEMALIGEN BRASILIEN-MISSIONARS:<br />
„Nicht der Vergangenheit nachtrauern...“<br />
Seit 23 Jahren lebt Pater Eugen Lausmann an den Rollstuhl gefesselt im Haus Waldesruh bei Passau. Vor seiner Krankheit war er<br />
Missionar in der Brasilien-Mission der Maristen. Seine Gedanken über seinen schwierigen Alltag vermitteln uns sein Gottvertrauen.<br />
Pater Lausmann mit Bruder Benno (links) bei einer<br />
Lourdes-Wallfahrt.<br />
Am 4. April 2011waren es<br />
genau 23 Jahre, dass ich<br />
hier in der ,Waldesruh’<br />
im Pflegewohnheim zu Hause<br />
bin. Das alte Pflegewohnheim,<br />
die ,Waldschule’, wie sie von unseren<br />
Schwestern hier im Hause<br />
und von den Leuten genannt<br />
wurde, steht nicht mehr. In der<br />
Mitte der 80er Jahre entschlossen<br />
sich die „Neustifter Schwestern“,<br />
die Benediktinerinnen der Anbetung,<br />
ein neues Altenpflegeheim<br />
zu bauen; die alte Waldschule<br />
hatte ausgedient. Es mangelte an<br />
Kindern, die der Erholung bedurften.<br />
Eineinhalb Jahre dauerte es, bis<br />
der erste Bauabschnitt bezugsfertig<br />
war. Der Pflegetrakt konnte<br />
Mitte Februar 1990 bezogen werden.<br />
Seit dieser Zeit änderte sich<br />
vieles in der Welt,<br />
in der Kirche und<br />
hier im Hause. Inzwischen<br />
lebt niemand<br />
mehr von<br />
den damaligen<br />
Hausbewohnern.<br />
Heute aus der<br />
Rückschau auf<br />
diese Zeit sehe ich<br />
manches anders<br />
als am Anfang.<br />
Damals konnte<br />
ich mir keine Zukunft<br />
für mein Leben<br />
vorstellen.<br />
Neulich kam<br />
mein erster „Zivi“<br />
Willi mit seiner<br />
Frau Nora zu Besuch.<br />
Unter seiner<br />
Betreuung gelangen<br />
mir erste<br />
Fortschritte aus meiner Be drückt -<br />
heit. Ich gewann wieder Hoffnung<br />
und Mut, weil Willi auf meine<br />
Interessen und Nöte eingehen<br />
konnte. Langsam erholte ich<br />
Das Haus Waldesruh in Passau.<br />
mich auf der ganzen Linie. Weitere<br />
Zivis förderten meine begrenzten<br />
Möglichkeiten für meine Zukunft.<br />
Für mich begann das Zeitalter<br />
des Computers, der nicht<br />
nur meine Konzentration förderte<br />
und somit auch das geistige Arbeiten<br />
ermöglichte. Ich wagte sogar<br />
wieder, die Heilige Messe zu<br />
feiern, wenn auch nur einmal in<br />
der Woche.<br />
Mein Mitbruder Pater Fritz Arnold<br />
half mir, viele Beklemmungen<br />
und Ängste abzubauen. Mit<br />
Bruder Benno, der mir immer<br />
sehr geholfen hat, konnte ich es<br />
wagen, immer wieder nach Lourdes<br />
zu pilgern. Die Gottesmutter<br />
erhörte meine Bitte um ein menschenwürdiges<br />
Leben im Rollstuhl.<br />
Von da an ging es mir viel<br />
besser, weil ich nicht mehr meiner<br />
Vergangenheit nachtrauerte,<br />
sondern weil ich endgültig in der<br />
Gegenwart angekommen war<br />
und mich nicht selber blockierte<br />
mit den nachtrauernden Gedanken:<br />
„Aber früher habe ich das so<br />
Fotos auf dieser Seite: Archiv<br />
gemacht!“ Heute kann ich es selber<br />
kaum fassen, dass ich diese<br />
Zeit so gut durchgestanden habe.<br />
Das verdanke ich vielen, besonders<br />
denen, die für mich beteten,<br />
und nicht zuletzt der guten Atmosphäre<br />
dieses Hauses.<br />
Gott spricht zu uns durch die Zeichen<br />
der Zeit! So steht es in unseren<br />
Konstitutionen. Erkenne ich<br />
diese Zeichen, und was sagen sie<br />
mir? Eine Antwort zu finden ist<br />
nicht leicht. Es verlangt viel Zeit,<br />
Mut und Ausdauer im Gebet, sich<br />
dieser Aufgabe zu stellen, gemeinsam<br />
mit allen Maristen in<br />
der ganzen Welt, wie es das letzte<br />
Schreiben unseres Pater General<br />
John Hannan forderte. Dabei sind<br />
wir mitten in einem Umstrukturierungsprozess.<br />
Wird er gelingen? Gelingt es uns,<br />
diese große Herausforderung anzunehmen<br />
und in die Tat umzusetzen?<br />
Maria am Anfang der Kirche<br />
und am Ende der Zeiten wird<br />
uns beistehen, diese schwierige<br />
Aufgabe anzugehen, vorausgesetzt,<br />
dass jeder von uns das Ziel<br />
der Erneuerung und Umstrukturierung<br />
mitträgt.<br />
Auch hier im Haus Waldesruh begann<br />
innerhalb des Hauses ein<br />
Umstrukturierungsprogramm,<br />
um Kosten und Personal einzusparen.<br />
Wieweit es mich betrifft,<br />
wird sich noch zeigen, und es<br />
wird sich herausstellen, wie ich<br />
zurechtkommen werde. Es bleibt<br />
zunächst abzuwarten, wie sich<br />
alles entwickeln wird.<br />
Ich wünsche allen Lesern gesegnete<br />
Tage und einen schönen<br />
Herbst und Winter.<br />
Euer Pater Eugen Lausmann<br />
VI • <strong>Maristenpatres</strong> 6-2011
INTERVIEW<br />
INTERVIEW MIT FRATER THILO SAFT:<br />
„Ich werde aufgefangen, wenn es schwierig wird“<br />
Thilo Saft ist deutscher Marist und auf dem Wege zum Priestertum. Er hat 2009 sein Noviziat in Davao auf den Philippinen gemacht<br />
(kontinente berichtete darüber). Vorher hatte er das Philosophiestudium, die Vorstufe zum Theologiestudium, in Passau abgeschlossen.<br />
Seit 2010 ist er nun in England,<br />
lebt in Sidcup bei<br />
London in einer Maristen-<br />
Gemeinschaft und studiert Theologie.<br />
Das erste Jahr ist jetzt vorbei,<br />
Zeit für ein Interview mit ihm.<br />
In drei Jahren wird er – so Gott<br />
will – zum Priester geweiht werden.<br />
Der kontinente-Redakteur<br />
Pater Georg Galke sprach mit Frater<br />
Thilo über seine Eindrücke:<br />
Frater Thilo, Sie sind seit langem<br />
wieder ein deutscher Maristen-Student.<br />
Sie studieren in<br />
England, später wahrscheinlich<br />
in Rom, mit den anderen<br />
europäischen Maristenstudenten,<br />
da ja ganz Europa eine Maristenprovinz<br />
ist und die Studenten<br />
möglichst zusammen<br />
studieren sollen. Wie geht es<br />
Ihnen damit, wie sehen Sie diesen<br />
eigentlich ungewöhnlichen<br />
Weg selbst?<br />
Ja, es ist anstrengend, sowohl<br />
was die Sprache (Englisch) als<br />
auch die Umgebung und die ganz<br />
andere Art des Studiums betrifft.<br />
Allein die tägliche Anreise mit öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln dauert<br />
mehr als eine Stunde. Dieses<br />
Pendeln ist natürlich sehr lästig.<br />
Unser Studienhaus ist angeschlossen<br />
an das Seminar der<br />
Diözese Westminster (London).<br />
Wir sind zusammen 40 Studenten<br />
aus mehreren Diözesen und<br />
Ordensgemeinschaften. Ich bin<br />
mit Daniel zusammen, einem<br />
spanischen Maristen, der mit mir<br />
auch im Noviziat in Davao war.<br />
Das College wird von den Jesuiten<br />
geleitet.<br />
Was ist für Sie die größte Herausforderung,<br />
der Sie sich zu<br />
stellen haben?<br />
Das Studium ist sehr interessant,<br />
aber auch deshalb sehr schwierig,<br />
weil die englische Denkweise<br />
doch ziemlich anders ist als die<br />
deutsche. Und man muss sie<br />
dann auch noch auf Englisch zu<br />
verstehen suchen, was die Sache<br />
nicht leichter macht. Ich muss<br />
zum Beispiel Essays schreiben,<br />
um die ein- bis zweitausend Worte,<br />
rund vier Seiten, und die Frage<br />
muss präzise beantwortet<br />
werden, was für mich nicht sehr<br />
leicht ist, weil es ja auf Englisch<br />
geschehen muss. Aber der Computer<br />
erleichtert die Sache ein<br />
wenig. Am Ende des Jahres stehen<br />
vier Klausuren, jede etwa eine<br />
Stunde: Kirchengeschichte,<br />
Altes Testament, Neues Testament,<br />
neutestamentliches Griechisch.<br />
Insgesamt bin ich hoffnungsvoll,<br />
dass ich es schaffe. Aber es kann<br />
durchaus sein, dass etwas nicht<br />
klappt. Es ist von daher gut, dass<br />
ich nicht allein bin, sondern in einer<br />
maristischen Kommunität,<br />
wo wir mit sieben Mitbrüdern<br />
zusammenleben. Darunter sind<br />
die für uns Studenten zuständigen<br />
Ausbilder. Die Patres sind<br />
darüber hinaus seelsorglich<br />
tätig.<br />
Hier in der Gemeinschaft werde<br />
ich aufgefangen, wenn es<br />
schwierig wird. Allein wäre es<br />
wahrscheinlich für mich nicht zu<br />
schaffen gewesen, denke ich mir.<br />
Das Studium wird noch drei<br />
Jahre dauern. Wie geht es für<br />
Sie in nächster Zukunft weiter?<br />
Zunächst einmal mache ich Urlaub<br />
in Ankum, meinem Heimatort.<br />
Und weil das Ganze ein schöner,<br />
aber schwieriger Weg ist,<br />
werde ich nicht versäumen, in<br />
der Ankumer Nikolaus-Kirche<br />
ein Kerze vor der Muttergottes<br />
anzuzünden. Ich muss meinen<br />
Gespräch mit unserem Theologie-Studenten Frater Thilo Saft nach einem<br />
Jahr Theologiestudium in London.<br />
Frater Thilo Saft sm.<br />
Teil tun, aber ich brauche auch<br />
Hilfe.<br />
Dann fahre ich zu den Maristischen<br />
Exerzitien nach La Neyliére<br />
bei Lyon. Das wird zugleich eine<br />
Pilgerreise zu den Ursprungsstätten<br />
der Maristen sein. Denn<br />
dort hat Pater Colin, der Stifter,<br />
gelebt, dort ist er gestorben und<br />
dort liegt er begraben.<br />
Von dort werde ich direkt zum<br />
Weltjugendtag nach Madrid fliegen,<br />
um daran mit weiteren Maristen<br />
und Maristenschülern, etwa<br />
aus Fürstenzell, teilzunehmen.<br />
Dann geht es wieder nach<br />
London, wo sicherlich neue<br />
spannende Herausforderungen<br />
auf mich warten. .<br />
Ich darf Ihnen als Mitbruder<br />
und auch im Namen von Maristen-<strong>Kontinente</strong><br />
alles Gute und<br />
Gottes Segen für Ihren weiteren<br />
Weg wünschen.<br />
Das Interview mit Frater Thilo<br />
Saft führte Pater Georg Galke.<br />
6-2011 <strong>Maristenpatres</strong> • VII
MARISTEN-NAC HRICHTEN<br />
Maristen-kontinente ab 2012<br />
mit neuem Konzept<br />
Der Entwurf: So in etwa wird die Maristen-kontinente in Zukunft aussehen.<br />
Auffallend insbesondere die erste Seite mit dem neu gestalteten Kopfteil, der<br />
beiden Ordensgemeinschaften gemeinsam ist.<br />
Grafik: Archiv<br />
Liebe Leserinnen und Leser<br />
der Maristen-kontinente!<br />
Als kontinente im Jahre 1967 neu<br />
erschien, gab es bereits die Informationen<br />
der einzelnen kontinente-Orden,<br />
die in das Magazin<br />
eingeheftet waren, und schon damals<br />
waren die „Informationen<br />
der Maristen-Patres“ und die „Informationen<br />
der Maristen-Schulbrüder“<br />
gemeinsam dem kontinente-Heften<br />
sowohl der <strong>Maristenpatres</strong><br />
wie der Maristen-<br />
Schulbrüder beigefügt.<br />
Ab 1985 trennten sich die Wege<br />
der Patres und der Brüder, und jede<br />
Ordens-Gemeinschaft heftete<br />
nur den eigenen Ordens-Teil<br />
(Proprium) ins kontinente-Heft<br />
und nicht mehr den der Maristen-Brüder<br />
bzw. den der Patres.<br />
Wir sind heute der Überzeugung,<br />
dass es sinnvoll ist, wenn Sie sowohl<br />
über die deutschen <strong>Maristenpatres</strong><br />
als auch über die Maristen-Schulbrüder,<br />
die sich seit<br />
einigen Jahren Maristenbrüder<br />
nennen, Neuigkeiten erfahren.<br />
Das kostet Sie keinen Cent mehr,<br />
bringt Ihnen aber in jeder Nummer<br />
vier Seiten mehr.<br />
Die Eigenseiten der Maristenbrüder<br />
und der -Patres werden<br />
dennoch gut voneinander zu unterscheiden<br />
sein, sodass Sie auf<br />
Anhieb den Teil finden, der Sie<br />
besonders interessiert, jeweils<br />
überschrieben mit „<strong>Maristenpatres</strong>“<br />
und „Maristenbrüder“.<br />
Nur die erste Seite wird von beiden<br />
Orden gemeinsam gestellt.<br />
Wir hoffen, dass wir damit auch<br />
in Ihrem Sinne handeln und Sie<br />
dadurch auch Neuigkeiten über<br />
die „verwandte“ Ordensgemeinschaft<br />
erfahren. Das machen<br />
übrigens mehrere Orden der kontinente-Herausgeber-Gemeinschaft,<br />
etwa die Weißen Väter<br />
und die Weißen Schwestern, die<br />
Kapuziner von Münster und die<br />
Franziskanerinnen von Reute<br />
und andere mehr.<br />
Als Redakteur der <strong>Maristenpatres</strong><br />
freue ich mich und bin gespannt<br />
auf die Zusammenarbeit<br />
mit den Maristenbrüdern, speziell<br />
mit Frater Karl-Heinz Haag,<br />
dem Redakteur der Maristenbrüder.<br />
Ihr kontinente-Redakteur<br />
Pater Georg Galke sm<br />
UNSERE TOTEN<br />
Maria Licher, Borgholzhausen 84 J.<br />
Franz Löcke, Spelle 69 J.<br />
Katharina Lohmann, Haren 89 J.<br />
Hermann Lackmann, Schwefingen 80 J.<br />
Otto Lackmann, Schwefingen 83 J.<br />
Ida Pieper, Lingen<br />
Helene Kathmann, Haren<br />
RIP<br />
IKONE DES GRÜNDERS<br />
FERTIGGESTELLT<br />
Die Ikone von Jean-Claude Colin,<br />
dem Gründer der Maristen, die<br />
von der Generalleitung beim Ikonenmaler<br />
von Neuseeland,<br />
Michael Pervan und seinem Atelier<br />
,Johannes der Täufer’ in Auftrag<br />
gegeben worden war, ist fertig<br />
gestellt und nach Rom verbracht<br />
worden.<br />
Sie wird ihren Platz in der Kapelle<br />
des Generalatshauses einnehmen.<br />
IMPRESSUM<br />
kontinente-Eigenteil<br />
der <strong>Maristenpatres</strong><br />
Verantwortlich:<br />
P. Georg Galke,<br />
Heidestr. 318, 06849 Dessau.<br />
Tel. (0340) 8581057 + 87019306<br />
E-Mail: georg.galke@web.de<br />
Leserbriefe und Beiträge an obige<br />
Adresse.<br />
Fotos, wennn nicht anders angegeben:<br />
P. Georg Galke<br />
Jahresbezugspreis: 12,90 Euro.<br />
Bestellungen & Zahlungen an:<br />
kontinente, Postfach 1515,<br />
49705 Meppen, Tel. (05931) 2555<br />
Bankverbindung:<br />
Sparkasse Emsland ,<br />
Konto Nr. 6197, BLZ 266 500 01.<br />
Litho und Druck:<br />
LVD Limburger Vereinsdruckerei,<br />
Senefelderstraße 2, 65549 Limburg.<br />
Objekt 12<br />
VIII • <strong>Maristenpatres</strong> 6-2011