Kriminalistik-SKRIPT
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SKR-<strong>SKRIPT</strong>: Strafrecht<br />
das körperliche Wohl im ganzen erhöht oder jedenfalls<br />
bewahrt worden ist; ist der Eingriff hingegen mißlungen,<br />
indem sich der Patient in einem schlechteren Zustand<br />
wiederfindet, als er ihn ohne den Eingriff erleiden müßte,<br />
so liege tatbestandsmäßig eine Körperverletzung vor, die<br />
jedoch u. U. durch eine das Erfolgsdelikt deckende Einwilligung<br />
gerechtfertigt sei (s. dazu nur Bockelmann, Strafrecht<br />
des Arztes, 1968, S. 67 ff.).<br />
Eine andere Auffassung stellt auf die Kunstgerechtheit<br />
ab: Sofern der Eingriff von Heilungstendenz getragen und<br />
kunstgerecht durchgeführt ist, sei er selbst bei Mißlingen<br />
tatbestandsmäßig keine Körperverletzung (s. dazu nur Eb.<br />
Schmidt, Der Arzt im Strafrecht, 1939, S. 69 ff.; Engisch,<br />
Die rechtliche Beurteilung der ärztlichen Operation, 1958,<br />
S. 20; ders., ZStW 58, 5).<br />
Diese auf den Erfolg bzw. die Kunstgerechtheit abzielenden<br />
Auffassungen würden in der künstlichen Beatmung<br />
keinen Heileingriff sehen, der nicht unter den Tatbestand<br />
einer Körperverletzung zu subsumieren wäre. Das ergibt<br />
sich aus der Tatsache, daß es sich bei der künstlichen<br />
Beatmung nicht um eine therapeutisch sinnvolle, auf die<br />
Wiederherstellung der Gesundheit der F gerichtete Maßnahme<br />
handelt, sondern lediglich um eine – unnötig quälende<br />
– Verlängerung des Sterbens.<br />
(2) Daneben ist auf eine Ansicht hinzuweisen, die im<br />
Rahmen des § 223 StGB den Patientenwillen und das<br />
Selbstbestimmungsrecht des Patienten mehr zur Geltung<br />
bringen will und deshalb beim Heileingriff als zusätzliche<br />
Voraussetzung für den Tatbestandsausschluß verlangt, daß<br />
der Eingriff mit dem Einverständnis des Patienten vorgenommen<br />
wird (so Schönke/Schröder-Eser, § 223 Rdn. 31,<br />
37 ff.). Hier kommt wegen der Bewußtlosigkeit der F nur<br />
ein mutmaßliches Einverständnis in Betracht, für das aber<br />
lediglich insoweit Raum sein soll, als sich der Einwilligungsberechtigte<br />
bzw. der Patient nicht bereits vorher<br />
unmißverständlich gegen die Behandlung ausgesprochen<br />
hat (so Schönke/Schröder-Eser, § 223 Rdn. 38). F hatte<br />
sich, bevor sie das Bewußtsein verlor, unmißverständlich<br />
gegen die künstliche Beatmung ausgesprochen, was D auch<br />
wußte. Ein mutmaßliches Einverständnis lag demnach<br />
nicht vor, so daß auch diese Ansicht nicht vom Vorliegen<br />
eines die tatbestandsmäßige Körperverletzung ausschließenden<br />
Heileingriffs ausgehen würde.<br />
cc) Im Hinblick darauf, daß sowohl die Rechtsprechung<br />
als auch die Literatur im vorliegenden Fall zu demselben<br />
Ergebnis kommen würden – Vorliegen einer tatbestandlichen<br />
Körperverletzung in Form der körperlichen Mißhandlung<br />
–, bedarf die Streitfrage keiner Entscheidung.<br />
b) Eine Gesundheitsschädigung, worunter jedes Hervorrufen<br />
oder Steigern eines krankhaften Zustandes unabhängig<br />
von dessen Dauer zu verstehen ist (vgl. dazu Schönke/<br />
Schröder-Eser, § 223 Rdn. 5 m. w. N.), durch die künstliche<br />
Beatmung kommt nicht in Betracht.<br />
2. D hat vorsätzlich gehandelt.<br />
3. D müßte rechtswidrig gehandelt haben. Fraglich ist, ob<br />
zu seinen Gunsten ein Rechtfertigungsgrund eingreift.<br />
a) Eine Einwilligung oder eine mutmaßliche Einwilligung<br />
der F liegen nicht vor, da F unmißverständlich ihren Willen,<br />
nicht künstlich beatmet zu werden, erklärt hatte, was D<br />
auch bekannt war (s. auch oben unter 1. a) bb) (2)).<br />
b) In Betracht kommt ein rechtfertigender Notstand nach<br />
§ 34 StGB.<br />
aa) Es bestehen aber bereits Bedenken an der Anwendbarkeit<br />
von § 34 StGB. Ein unmittelbarer Rückgriff auf § 34<br />
StGB im Rahmen der ärztlichen Heilbehandlung soll nämlich<br />
nach einer weit verbreiteten Ansicht nur dort veranlaßt<br />
sein, wo nicht einmal hinreichende Anhaltspunkte für eine<br />
dem Willen des nicht voll entscheidungsfähigen Patienten<br />
gerecht werdende Mutmaßung erkennbar sind – z. B. bei<br />
Bluttransfusionen für Zeugen Jehovas –, der Eingriff aber<br />
jedenfalls vorsorglich zur Rettung aus einer sonst unabwendbaren<br />
Leibes- oder schweren Gesundheitsgefahr erforderlich<br />
erscheint, was insbesondere auch für das „Zurückholen“<br />
von Suizidenten bedeutsam ist (Schönke/Schröder-Eser,<br />
§ 223 Rdn. 42 m. w. N.). Unter Zugrundelegung<br />
dieser Grundsätze müßte hier schon eine Anwendbarkeit<br />
von § 34 StGB verneint werden, da D der entgegenstehende<br />
Wille der F an einer künstlichen Beatmung bekannt war<br />
und der Anschluß der F an den Respirator nur zu einer<br />
sinnlosen Lebensverlängerung führen konnte.<br />
bb) Sofern man § 34 StGB gleichwohl für anwendbar<br />
erachtet, ist das Bestehen einer Notstandslage Voraussetzung,<br />
d. h. es muß eine gegenwärtige Gefahr für ein<br />
Rechtsgut - hier das Leben der F – bestehen, die nicht<br />
anders als durch die Verletzung eines anderen Rechtsgutes<br />
– hier das Selbstbestimmungsrecht der F – abgewendet<br />
werden kann. Fraglich ist jedoch, ob das geschützte das<br />
beeinträchtigte Interesse wesentlich überwiegt. Diese Frage<br />
wird – für den Bereich der Suizidverhinderung –<br />
kontrovers diskutiert.<br />
(1) Nach einer Ansicht soll das Interesse an der Rettung<br />
des Selbsttötungswilligen grundsätzlich die Dispositionsfreiheit<br />
des Betroffenen über seine Rechtsgüter überwiegen.<br />
In Ausnahmefällen soll sich aber eine Grenze aus der<br />
Angemessenheitsklausel in § 34 S. 2 StGB ergeben, wobei<br />
an eine Situation gedacht ist, in der der Tod nur noch als<br />
Erlösung von einem schweren Leiden empfunden wird (s.<br />
dazu Schönke/Schröder-Lenckner, § 34 Rdn. 33 m. w. N.).<br />
Unter Zugrundelegung dieser Meinung würde § 34 StGB<br />
im vorliegenden Fall ausscheiden, da die Beatmung als<br />
sinnlose, unnötig quälende Lebensverlängerung kein angemessenes<br />
Mittel i. S. d. Vorschrift darstellt, das Vorrang vor<br />
der Selbstbestimmung der F haben kann.<br />
(2) Nach einer anderen Ansicht soll dem Selbstbestimmungsrecht<br />
des Betroffenen im Rahmen der nach § 34 S. 1<br />
StGB erforderlichen Güterabwägung höheres Gewicht beizumessen<br />
oder es zumindest als ein dem Interesse des<br />
Lebensschutzes Grenzen ziehendes Recht anzuerkennen<br />
sein (s. dazu Jakobs, AT, 2. Aufl. 1991, 13/29 m. w. N.).<br />
Unter Zugrundelegung dieser Ansicht würde § 34 StGB im<br />
vorliegenden Fall ebenfalls ausscheiden, da das geschützte<br />
Rechtsgut – das Leben der F – das beeinträchtigte Rechtsgut<br />
– das Selbstbestimmungsrecht der F – nicht wesentlich<br />
überwiegt.<br />
(3) Im Hinblick darauf, daß hier beide Ansichten zu einem<br />
übereinstimmenden Ergebnis führen, bedarf es keiner Stellungnahme.<br />
cc) Ein rechtfertigender Notstand nach § 34 StGB zugunsten<br />
D liegt nicht vor.<br />
c) Angesichts dessen, daß ein Rechtfertigungsgrund zugunsten<br />
D nicht greift, hat er rechtswidrig gehandelt.<br />
4. D müßte weiterhin schuldhaft gehandelt haben. D glaubte<br />
– bei zutreffender tatsächlicher Beurteilung der Situation<br />
– dazu rechtlich verpflichtet zu sein, F zu beatmen, weil<br />
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