Industriestaat - Entwicklungsland - Kantonsschule Solothurn
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INDUSTRIELAND -<br />
ENTWICKLUNGSLAND<br />
<strong>Kantonsschule</strong> <strong>Solothurn</strong><br />
Bernhard Marti
Industrieländer<br />
Entwicklungsländer
„….. wir sollten nicht vergessen, dass nur wir Reichen und<br />
Privilegierten uns den Luxus leisten können, so ausführlich<br />
über diese Frage zu räsonieren, die für die Mehrheit der<br />
Menschen buchstäblich eine auf Leben und Tod ist! ….“
Industrieländer<br />
<strong>Industriestaat</strong>en, Staaten der Ersten Welt, Industrienationen<br />
Technologisch hoch entwickelt.<br />
Wirtschaftsstark und reich.<br />
Erzeugen ihre Wirtschaftskraft überwiegend aus eigener<br />
industrieller Produktion und aus Dienstleistungen.<br />
Im Gegensatz zu den Agrarstaaten mit überwiegender<br />
Landwirtschaft.
Pro-Kopf-Einkommen bzw.<br />
Bruttonationaleinkommen-Pro-Kopf
Staaten mit einem hohen Dienstleistungssektor<br />
(Anteil 60-75 %) nehmen in der<br />
Rangfolge einen zumeist vorderen Platz ein.
Begriffe<br />
- OECD-Staaten und übrige marktwirtschaftlich organisierte<br />
<strong>Industriestaat</strong>en<br />
- advanced economies<br />
- reiche Staaten<br />
- Staaten der Ersten Welt<br />
- wirtschaftsstarke Staaten<br />
- Dienstleistungsstaaten<br />
- Zentrum<br />
- der Norden<br />
- beschleunigte Welt<br />
- Kernregionen
Erste Welt<br />
Im Kalten Krieg (1950-1990)<br />
„Erste Welt“ = die kapitalistischen Länder<br />
„Zweite Welt“ = die kommunistischen Länder<br />
Seit Ende des Ost-West-Konflikts hat der Begriff keine<br />
Bedeutung mehr.
Heutige <strong>Industriestaat</strong>en<br />
Mitgliedstaaten der Organisation für wirtschaftliche<br />
Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)
Zu den <strong>Industriestaat</strong>en können auch<br />
folgende Länder gerechnet werden:<br />
Argentinien, Chile, Südafrika, Estland, Israel,<br />
Lettland, Litauen, Russland, Slowenien, Singapur,<br />
Republik China (Taiwan), Zypern<br />
Ölförderländer: Bahrain, Kuwait, Saudi Arabien<br />
und Vereinigte Arabische Emirate<br />
Finanzdienstleister: Andorra, Liechtenstein,<br />
Monaco, San Marino
Transformationsländer<br />
Ukraine: Es geht auch so
Transformationsländer<br />
Befinden sich im Übergang von einer zentral<br />
gelenkten Planwirtschaft in ein<br />
marktwirtschaftliches System.<br />
und/oder<br />
Befinden sich im Übergang von einem<br />
totalitären bzw. autoritären in ein<br />
demokratisches System.
Transformationsländer<br />
Schwer einzuordnen:<br />
Viele Staaten der ehemals kommunistischen Zweiten Welt:<br />
u.a. Albanien, Armenien, Georgien, Mazedonien,<br />
Moldawien, Montenegro, Serbien, Ukraine, Weissrussland<br />
Sie sind keine Schwellenländer mehr, aber auch<br />
noch nicht <strong>Industriestaat</strong>en!
Gründe für die eigene Einteilung:<br />
• Ihre Entwicklungsdefizite haben andere<br />
historisch-kulturelle Ursachen.<br />
• Besitzen ein hoch entwickeltes Humankapital.<br />
• Besitzen eine ausdifferenzierte Industriestruktur<br />
und ein technologisches Entwicklungspotential.<br />
• Russland ist immer noch militärische und<br />
politische Grossmacht, Energiemacht, Mitglied<br />
der G-8 (seit 1998).
Schwellenländer<br />
Containerhafen im brasilianischen Santos: Kapazitätsgrenze erreicht
Schwellenländer<br />
Staaten, die traditionell noch zu den<br />
Entwicklungsländern gezählt werden;<br />
weisen aber nicht mehr alle typischen<br />
Merkmale auf.
Schwellenländer<br />
Brasilien, Costa Rica, Malaysia, Thailand<br />
und Venezuela entwickeln sich zunehmend<br />
zu <strong>Industriestaat</strong>en.
Entwicklungsländer<br />
Entwicklungsländer<br />
Slum in Jakarta
Entwicklungsländer<br />
- Dritte Welt<br />
- Vierte Welt<br />
- Hungerland<br />
- Peripherie<br />
- Der Süden<br />
- unterentwickelte Länder<br />
- rückständige Länder<br />
- nicht-entwickelte Länder
Entwicklungsländer<br />
Weisen hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen,<br />
sozialen und politischen Entwicklung<br />
einen relativ niedrigen Stand auf.<br />
Sammelbegriff für Länder, die als „arm“<br />
gelten, begrifflich unscharf.
LLDC = Least Developed Countries<br />
LDC = Less Developed Countries<br />
Die Schweizer Direktion für Entwicklung<br />
und Zusammenarbeit (DEZA) vermeidet<br />
den Begriff „Entwicklungsländer“<br />
zugunsten des Begriffs „Partnerländer“.
Nord – Süd<br />
„Entwicklungspolitik“<br />
„Nord-Süd-Beziehung“<br />
Diese Bezeichnung ist wertfrei, da sie eine<br />
geographische Lage ausdrückt.
Dritte Welt<br />
Begriff stammt aus den 50er Jahren und war<br />
ursprünglich politisch geprägt.<br />
Begriff definiert die blockfreien Staaten,<br />
welche sich nicht durch den Kalten Krieg<br />
ideologisch vereinnahmen lassen wollten.
Reich und arm<br />
Begriffe definieren den Entwicklungsstand<br />
eines Landes nur unzureichend.<br />
Es handelt sich vielmehr um Vermögen<br />
einzelner Personen.<br />
Auch in den Industrieländern gibt es Armut<br />
und in den Entwicklungsländern gibt es<br />
Reichtum.
Gescheiterte Staaten<br />
Gescheiterte<br />
Staaten<br />
Myanmar<br />
Kongo
Gescheiterte Staaten<br />
seit 1999<br />
Diese Gruppe wurde durch gewaltsame und<br />
blutige Konflikte in den 90er Jahren<br />
gebildet.
Gescheiterte Staaten<br />
Charakterisiert durch den vollständigen<br />
Kollaps des Staatsapparats (keine<br />
Territorialkontrolle, keine staatlichen<br />
Dienstleistungen, keine erkennbare<br />
politische Ordnung, kein Schutz des<br />
Individuums, …)
Gescheiterte Staaten<br />
DR Kongo, Liberia, Somalia, Sierra Leone<br />
Krise dieser Länder kann die Entwicklung<br />
und Sicherheit der ganzen Welt bedrohen<br />
(Internationaler Terrorismus).<br />
Es ist globalpolitisch unklar, wie mit<br />
solchen Staaten umgegangen werden<br />
soll.
…. Diese Trennung ist heute eher fragwürdig geworden, denn<br />
in allen Ländergruppen wächst die innere Differenzierung!<br />
• Slums in Grossstädten der Industriewelt<br />
• Verödete Hinterländer in der Industriewelt<br />
• Industriereviere in den Industrieländern<br />
• Gigantische Bauprojekte in den Entwicklungsländern<br />
• Reichtum in Grossstadtquartieren der Entwicklungsländer
Wichtige Unterorganisationen der UNO<br />
FAO<br />
WHO<br />
UNEP<br />
ILO<br />
UNICEF<br />
UNESCO<br />
…. Zielsetzungen der Entwicklungsländerforschung sind:<br />
Daten sammeln, analysieren, interpretieren, präsentieren
Kriterien zur Einteilung der<br />
Staaten
Weltbankkriterien<br />
Die Weltbank differenzierte 2004 die<br />
Staaten nach Einkommen und<br />
Bruttosozialprodukt (BSP).<br />
Gruppe Bruttonationaleinkommen BSP in Mrd. Bevölkerung<br />
hoch 32.040 $ pro Einwohner 32.064 $ = 80 % 1,0 Mrd. = 15,9 %<br />
mittel 2.190 $ pro Einwohner 6.594 $ = 17 % 3,0 Mrd. = 47,6 %<br />
niedrig 510 $ pro Einwohner 1.184 $ = 3 % 2,3 Mrd. = 36,5 %<br />
Gesamt 6.280 $ pro Einwohner 39.833 $ = 100 % 6,3 Mrd. = 100,0 %
Weitere Kriterien:<br />
• Differenz in der Einkommens- und Vermögensverteilung<br />
• Ausgeglichene Handelsbilanz<br />
• Auslandsverschuldung<br />
• Arbeitslosigkeit<br />
• Infrastruktur<br />
• Investitionsfähigkeit<br />
• Handelsbedingungen<br />
• demographische Merkmale<br />
• Lebenserwartung<br />
• Gesundheit<br />
• Bildungsstand<br />
• Politische Stabilität<br />
• ökologische Bedingungen
Es wird aber<br />
fast ausschliesslich das ökonomisch<br />
orientierte Brutto-Nationaleinkommen (pro<br />
Kopf) zur begrifflichen Abgrenzung<br />
gebraucht.
Es wird aber<br />
Nicht berücksichtigt:<br />
- Schwarzarbeit<br />
- Hausarbeit (Nicht-Lohn-Arbeit)<br />
- Tauschhandel<br />
- Wohlfahrt<br />
- Umweltbelastung (Ernährung, Wohnen<br />
und private Mobilität machen 2/3 der<br />
Umweltbelastung aus)<br />
-
Erstellung der Listen mit Schwellen-<br />
oder Entwicklungsländern durch:<br />
• OECD = Organisation für wirtschaftliche<br />
Zusammenarbeit und Entwicklung<br />
• Weltbank<br />
• IWF = Internationaler Währungsfond<br />
• EG = Europäische Gemeinschaft
Es fehlen allgemeingültige, messbare und<br />
akzeptierte Normen.<br />
Wie wird Armut definiert?<br />
Wie wird sie gemessen?
BIP (Bruttoinlandsprodukt)<br />
Mass für die wirtschaftliche Leistung einer<br />
Volkswirtschaft.<br />
Summe aller von In- und AusländerInnen<br />
innerhalb der Grenzen einer<br />
Volkswirtschaft gegen Entgelt erbrachten<br />
Leistungen eines Jahres.
HDI<br />
1990 versuchte die UNDP (United Nations<br />
Development Program) ein differenziertes<br />
Bewertungskonzept zu entwerfen mit<br />
Einbezug sozialer Faktoren.<br />
HDI = Human Development Index<br />
Kein offizielles Kriterium.
Messung des HDI Indexes<br />
Lebenserwartung bei<br />
Geburt<br />
Alphabetisierungsrate<br />
der Erwachsenen<br />
Pro-Kopf-Einkommen<br />
gemessen an<br />
der Kaufkraft<br />
Einschulungsrate auf<br />
verschiedenen Bildungsstufen<br />
HDI (0 bis 1)
Kritik am HDI<br />
Aus politischer Motivation:<br />
• Frauengruppen kritisierten die hohe<br />
Position Japans<br />
• Ostasiatische Länder beklagten die<br />
Bewertung ihrer Menschenrechtslage<br />
• Konflikte wegen Eingruppierung vor oder<br />
hinter einem bestimmten anderen Land
Kritik am HDI<br />
Was das BSP nicht erfasst:<br />
• Informeller Sektor (Schätzung für BSP),<br />
Subsistenz, Hausarbeit, Tausch<br />
• Teilhabe (Mitwirkung am politischen und<br />
kulturellen Leben)<br />
• Ökologische Nachhaltigkeit (langfristige<br />
Erhaltung der Ökosysteme)
HDI (2007)<br />
High<br />
██ 0.950 and over<br />
██ 0.900–0.949<br />
██ 0.850–0.899<br />
██ 0.800–0.849<br />
Medium<br />
██ 0.750–0.799<br />
██ 0.700–0.749<br />
██ 0.650–0.699<br />
██ 0.600–0.649<br />
██ 0.550–0.599<br />
██ 0.500–0.549<br />
Low<br />
██ 0.450–0.499<br />
██ 0.400–0.449<br />
██ 0.350–0.399<br />
██ under 0.350<br />
██ not available
Fazit der Einteilung:<br />
Je nachdem, ob der Blickwinkel eher auf<br />
ökonomische, soziale, politische oder<br />
ökologische Faktoren abzielt, ändert sich<br />
die Reihenfolge der Länder.
Gemeinsame Merkmale<br />
(Entwicklungsprobleme) der<br />
Entwicklungsländer.
Ökonomische Merkmale<br />
Entstehen als direkte Folge der geringen<br />
Wertschöpfung.<br />
Hoher Anteil der Bevölkerung im primären Sektor tätig.<br />
Einseitige Exportpalette (LW Güter oder Bodenschätze)<br />
+<br />
Aussenwirtschaftliche Ausrichtung auf die<br />
Industrieländer.
• geringes Pro-Kopf-Einkommen<br />
• extrem ungleiche Einkommens- und<br />
Vermögensverteilung (Gini-Index)<br />
• niedrige Spar- und Investitionstätigkeit<br />
• bedeutende Rolle des primären und des<br />
informellen Sektors<br />
• passive Handelsbilanz<br />
• schlechte Handelsbedingungen (Terms of Trade)<br />
• hohe Auslandsverschuldung<br />
• Kapitalflucht<br />
• starke regionale Disparitäten: Zentrum/Peripherie<br />
• hohe Arbeitslosigkeit<br />
• unzureichende Infrastruktur
Ökologische Merkmale<br />
• Umweltzerstörung durch unkontrollierte<br />
Verstädterung<br />
• Bodendegradation (z.B. Versalzung)<br />
• Desertifikation<br />
• Bedrohung der Biodiversität<br />
• Vernichtung der Tropenwälder<br />
• Grundwasserbelastung durch unzureichende<br />
Umweltstandards oder fehlende Durchsetzung<br />
• Gesundheitsgefährdende Luftverschmutzung in<br />
Ballungsgebieten<br />
• Fehlende Abwasserentsorgung
Demographische Merkmale<br />
• hohe Geburtenrate<br />
• hohe, aber abnehmende Säuglings- und<br />
Kindersterblichkeit<br />
• hohes Bevölkerungswachstum<br />
• geringe durchschnittliche<br />
Lebenserwartung<br />
• grenzüberschreitende Migration<br />
• unkontrollierte Binnenmigration
Soziale Merkmale<br />
• Kein Zugang zu sauberem Trinkwasser<br />
• Gesundheitsmängel und unzureichende<br />
medizinische Versorgung<br />
• Mängel in der Gesundheitserziehung<br />
•unkontrollierte Ausbreitung von Pandemien<br />
(z.B. AIDS)<br />
•unzureichende und/oder ungesunde<br />
Ernährung (Unter- und Mangelernährung)
Sozio-kulturelle Merkmale<br />
• Benachteiligung der Frauen<br />
• entwicklungshemmendes wirtschaftliches Verhalten<br />
einer reichen Oberschicht (Oligarchie)<br />
• geringe soziale Mobilität<br />
• Kinderarbeit<br />
• unzureichende Bildung, hohe Analphabetenquote<br />
• Schatzbildung der Oberklasse, statt Reinvestition, oft<br />
auch Kapitalflucht
Politische Merkmale 1<br />
• Nichtfunktionieren des politischen<br />
Systems (keine politische Kultur)<br />
• Korruption<br />
• autoritärer Staat (undemokratische<br />
Strukturen, Militärdiktaturen)<br />
• Verletzungen der Menschenrechte<br />
• gewaltsame Konflikte mit umliegenden<br />
Staaten und hohe Rüstungsausgaben<br />
• geringe Akzeptanz der politischen<br />
Institutionen in der Bevölkerung
Politische Merkmale 2<br />
• geringe Besteuerung der Spitzeneinkommen<br />
• Klientilismus, vgl. auch Patronage<br />
• politische Instabilität<br />
• Bürgerkrieg oder bürgerkriegsähnlicher<br />
Zustand bis zum Verfall der Staatlichkeit