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Vergangenheit und Gegenwart in Taschendorf - Alte Heimat

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Prolog<br />

<strong>Taschendorf</strong>, e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er idyllischer Ort zwischen Odrau <strong>und</strong> Fulnek im nordwestlichen<br />

Kuhländchen, war me<strong>in</strong> <strong>Heimat</strong>ort; hier b<strong>in</strong> ich geboren, hier lebten me<strong>in</strong>e Vorfahren. Die<br />

E<strong>in</strong>wohner waren Deutsche. Seit 1945 heißt der Ort Tošovice <strong>und</strong> die E<strong>in</strong>wohner s<strong>in</strong>d nun<br />

Tschechen. Was me<strong>in</strong>en Landsleuten <strong>und</strong> mir geblieben ist, s<strong>in</strong>d Er<strong>in</strong>nerungen.<br />

Die vorliegende Dokumentation will Kenntnisse über unsere Vorfahren vermitteln <strong>und</strong> dazu<br />

beitragen, dass auch künftige Generationen unsere angestammte <strong>Heimat</strong> nicht vergessen.<br />

<strong>Taschendorf</strong> wurde im 12. Jahrh<strong>und</strong>ert - der Kolonisations- <strong>und</strong> Besiedlungszeit des<br />

Kuhländchens - durch den Edlen Tas (Thaddäus) gegründet <strong>und</strong> war eng mit der adligen Herrschaft<br />

<strong>in</strong> Odrau verb<strong>und</strong>en. Die deutsche Geschichte des Ortes endete 1945. Die E<strong>in</strong>wohner<br />

wurden zwangsweise ausgewiesen, sie wurden vertrieben.<br />

Für den amerikanischen Völkerrechtler Alfred de Zayas gehört die Vertreibung von Millionen<br />

von Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg zu den schwersten Verbrechen gegen die<br />

Menschheit im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert. Er beschreibt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Buch „Die Nemesis von Potsdam“ die<br />

H<strong>in</strong>tergründe <strong>und</strong> den Umfang des ungeheuerlichen Ereignisses.<br />

Die Bewohner von <strong>Taschendorf</strong> erlitten das Schicksal der Vertreibung 1945/1946. In mehreren<br />

Transporten wurden sie ausgewiesen <strong>und</strong> <strong>in</strong> „Viehwaggons“ fortgeschafft. Der vertraute Ort<br />

hörte auf, e<strong>in</strong> deutsches Dorf zu se<strong>in</strong>.<br />

Heute nach 60 Jahren s<strong>in</strong>d die W<strong>und</strong>en noch immer nicht verheilt. Viele von der älteren<br />

Generation, die ihre K<strong>in</strong>der- <strong>und</strong> Jugendjahre <strong>in</strong> der alten <strong>Heimat</strong> verbrachten, können ihr<br />

„<strong>Taschendorf</strong>“ nicht vergessen.<br />

Die neuen tschechischen Bewohner kamen zum Teil aus der Walachei. Für deren Nachkommen<br />

ist „Tošovice“ <strong>Heimat</strong>. Sie haben ke<strong>in</strong>e Schuld an der unmenschlichen Vertreibung.<br />

Die vorliegende Dokumentation befasst sich mit den Menschen <strong>und</strong> Ereignissen, als <strong>Taschendorf</strong><br />

e<strong>in</strong> deutsches Dorf war. Sie beschreibt aber auch bis <strong>in</strong> die jüngste <strong>Gegenwart</strong>, wo die<br />

vertriebenen <strong>Taschendorf</strong>er heute wohnen <strong>und</strong> wie sie wieder Wurzeln geschlagen haben.<br />

Mir ist bewusst, dass das vorliegende Werk ke<strong>in</strong>e Chronik im herkömmlichen S<strong>in</strong>ne darstellt <strong>und</strong><br />

dass noch vieles aufzuarbeiten ist. Erwähnen möchte ich <strong>in</strong> diesem Zusammenhang die<br />

„Teilchronik von <strong>Taschendorf</strong>“ von Franz Dolak. Die umfangreiche Ausarbeitung mit dem<br />

Schwerpunkt aus der Zeit des 2. Weltkrieges <strong>und</strong> der Vertreibung ist e<strong>in</strong>e außerordentlich<br />

wertvolle Ergänzung.<br />

E<strong>in</strong>e große Hilfe beim Recherchieren war die „Geschichte der Stadt <strong>und</strong> des Gerichtsbezirkes<br />

Odrau“ von Prof. Anton Rolleder (<strong>in</strong> der Dokumentation kurz „Rolleder-Chronik“ genannt) <strong>und</strong><br />

die Odrauer <strong>Heimat</strong>briefe <strong>und</strong> Mitteilungshefte „<strong>Alte</strong> <strong>Heimat</strong> Kuhländchen“. In der Regel ist das<br />

Material <strong>in</strong> der Orig<strong>in</strong>alfassung wiedergegeben. Die Beiträge verschiedener Autoren erstrecken<br />

sich über e<strong>in</strong>en langen Zeitraum, so dass sich Sachthemen manchmal überschneiden. Trotzdem<br />

habe ich alles e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> nur <strong>in</strong> den Passagen gekürzt, die für die Thematik bedeutungslos<br />

waren. Ebenso wertvoll war die Mitarbeit me<strong>in</strong>er Landsleute als Zeitzeugen.<br />

E<strong>in</strong> Schwerpunkt bildet, neben der Schreckenszeit <strong>und</strong> der Vertreibung, auch die Geschichte des<br />

Kuhländchens <strong>und</strong> die des Gerichtsbezirkes Odrau, <strong>in</strong> die <strong>Taschendorf</strong> fest e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en war.<br />

E<strong>in</strong> eigenes Kapitel ist unserem Nachbarort Werdenberg gewidmet, das e<strong>in</strong>e Zeitlang zu<br />

<strong>Taschendorf</strong> gehörte.<br />

Dill<strong>in</strong>gen 2008<br />

Karl Pesch<br />

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