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DFL vs. Kartellamt – Für das Kartellamt geht es nur noch um Gesichtswahrung<br />
Von: Dr. Jörn Quitzau, 19. Juni 2008<br />
Der Konflikt zwischen <strong>de</strong>r Deutschen Fußball Liga (DFL) und <strong>de</strong>m Bun<strong>de</strong>skartellamt füllt die<br />
Fußball-Sommerpause. Bei <strong>de</strong>r Kontroverse um die zentrale Vermarktung <strong>de</strong>r Fernsehrechte<br />
wird die Rhetorik verschärft. In einem Interview mit <strong>de</strong>m Sportmagazin Kicker sieht <strong>de</strong>r Liga-<br />
Vizepräsi<strong>de</strong>nt Peter Peters wegen <strong>de</strong>r Ermittlungen <strong>de</strong>s Kartellamtes die 2. Liga in ihrer<br />
Existenz bedroht. DFL-Geschäftsführer Christian Seifert befürchtet in einem Interview mit<br />
<strong>de</strong>r Bild-Zeitung, dass <strong>de</strong>r Fußball-Standort Deutschland massiv gefähr<strong>de</strong>t wird. Und laut<br />
Medienberichten bezeichnet <strong>de</strong>r Verband <strong>de</strong>r Privatsen<strong>de</strong>r das Kartellamt <strong>als</strong> „Wasserträger<br />
<strong>de</strong>r ARD“.<br />
Hintergrund ist die Prüfung <strong>de</strong>r zentralen TV-Rechtevermarktung <strong>de</strong>r DFL durch das<br />
Bun<strong>de</strong>skartellamt. Die Prüfung zieht sich inzwischen seit Monaten hin. In <strong>de</strong>r vergangenen<br />
Woche äußerte das Kartellamt in einer Pressemitteilung seine Zustimmung zur<br />
Zentralvermarktung, sofern die Konsumenten in angemessener Form von <strong>de</strong>r kartellierten<br />
Rechtevergabe profitieren. 1 Dies ist offenbar dann gewährleistet, wenn die zusammenfassen<strong>de</strong><br />
Berichterstattung im Free TV (<strong>als</strong>o z.B. in <strong>de</strong>r Sportschau) zeitnah – vor 20 Uhr – erfolgt. Die<br />
Verschiebung <strong>de</strong>r zusammenfassen<strong>de</strong>n Berichte auf 22 Uhr, um die Attraktivität für das Pay-<br />
TV zu erhöhen, wäre <strong>de</strong>mentsprechend nicht möglich. Letztlich steht <strong>de</strong>r im letzten Jahr mit<br />
Leo Kirch geschlossene TV-Vertrag auf <strong>de</strong>m Spiel.<br />
Die wachsen<strong>de</strong> Ungeduld bei <strong>de</strong>n Verantwortlichen <strong>de</strong>r DFL ist durchaus nachvollziehbar,<br />
<strong>de</strong>nn die fehlen<strong>de</strong> Planungssicherheit ist nicht gut fürs Geschäft. Nun könnte man auch lange<br />
das „Für und Wi<strong>de</strong>r“ <strong>de</strong>r Kartellamts-Vorgabe diskutieren. Doch wenn man <strong>de</strong>n<br />
Medienberichten <strong>de</strong>r letzten Monate trauen darf, wonach das Kartellamt offenbar durch<br />
politischen Druck zum Einlenken in Sachen Zentralvermarktung gebracht wur<strong>de</strong>, wird klar,<br />
dass es für das Kartellamt nur noch um Gesichtswahrung geht. Und die DFL zahlt momentan<br />
<strong>de</strong>n Preis dafür, dass sie – mit ganz kleinen Einschränkungen – die Fernsehrechte weiterhin<br />
<strong>als</strong> Monopolist vermarkten darf.<br />
Wür<strong>de</strong> das Kartellamt frei und ohne politischen Druck über die Zentralvermarktung urteilen,<br />
dann wäre <strong>de</strong>r Ausgang ziemlich klar: Die Zentralvermarktung wür<strong>de</strong> verboten, die Vereine<br />
könnten ihre Fernsehrechte einzeln vermarkten und die DFL wür<strong>de</strong> ggf. einen<br />
Finanzausgleich unter <strong>de</strong>n Vereinen einführen, um die finanzielle Ausgeglichenheit innerhalb<br />
<strong>de</strong>r Liga zu gewährleisten. Unter Ökonomen, die aus wettbewerbspolitischer Sicht auf die<br />
1<br />
Vgl. Bun<strong>de</strong>skartellamt (2008), Zentralvermarktung: DFL muss bei Verbraucherbeteiligung nachbessern,<br />
Pressemitteilung vom 17.07.2008.
Zentralvermarktung blicken, besteht in dieser Hinsicht Einigkeit. Dass die<br />
Zentralvermarktung nicht längst untersagt wur<strong>de</strong>, liegt an <strong>de</strong>r politischen Einflussnahme.<br />
En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r neunziger Jahre wur<strong>de</strong> ein „Ausnahmebereich Sport“ in das Gesetz gegen<br />
Wettbewerbsbeschränkungen aufgenommen. Der ehemalige Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>s<br />
Bun<strong>de</strong>skartellamtes, Dieter Wolf, hat im Jahr 2000 von einer „schmerzhaften Amputation“<br />
beim Kartellrecht gesprochen, weil <strong>de</strong>r Gesetzgeber die Zentralvermarktung vom<br />
Kartellverbot freigestellt hatte. 2<br />
Inzwischen ist das Kartellamt in Sachen Zentralvermarktung zwar wie<strong>de</strong>r zuständig, aber<br />
offenbar nicht handlungsfähig. Der politische Druck dürfte auch diesmal zu groß gewesen<br />
sein. Von einer Versetzung <strong>de</strong>s zuständigen Beamten innerhalb <strong>de</strong>s Kartellamts wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n<br />
Medien umfassend berichtet. Um das Gesicht zu wahren, hat das Kartellamt nun <strong>als</strong>o<br />
Auflagen ausgesprochen. Beson<strong>de</strong>rs weitreichend dürften diese Auflagen <strong>de</strong> facto jedoch<br />
kaum sein. Zu frisch sind noch die Erfahrungen mit <strong>de</strong>r Verlegung <strong>de</strong>r zusammenfassen<strong>de</strong>n<br />
Berichterstattung <strong>de</strong>r Sendung ran auf einen späten Sen<strong>de</strong>platz um 20 Uhr im Jahr 2001. 3<br />
Wegen <strong>de</strong>r einbrechen<strong>de</strong>n Zuschauerquote musste die Sendung nach einigen Wochen wie<strong>de</strong>r<br />
auf einen früheren Termin verlegt wer<strong>de</strong>n. Kaum zu glauben, dass sich die Fernsehsen<strong>de</strong>r an<br />
diesem Thema erneut die Finger verbrennen wollten. Das Kartellamt hat <strong>de</strong>n Spekulationen<br />
nun aber ein En<strong>de</strong> gemacht und Fakten geschaffen, die Verbannung <strong>de</strong>s Fußballs aus <strong>de</strong>r<br />
zeitnahen Free-TV-Berichterstattung ist vom Tisch.<br />
Die Begründung, weshalb das Vermarktungsmonopol <strong>de</strong>r DFL für <strong>de</strong>n Konsumenten schlecht<br />
ist, hat DFL-Geschäftsführer Seifert in seinem Bild-Interview vom 19. Juli 2008 übrigens<br />
indirekt und unfreiwillig mitgeliefert. Auf die Frage, was er gegen die Sportschau hat,<br />
antwortete er: „…wir schätzen die Sportschau am Samstag. Aber wir brauchen <strong>de</strong>n<br />
Wettbewerb, die Konkurrenz zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Sen<strong>de</strong>rn. Wenn die<br />
ARD sich jetzt sicher sein kann, dass die Sportschau bleibt, muss sie sich bei <strong>de</strong>r<br />
Rechtevergabe wirtschaftlich nicht mehr groß anstrengen.“ Besser kann man kaum<br />
formulieren, weshalb Monopole schädlich sind. Für <strong>de</strong>n Monopolisten ist es so schön<br />
gemütlich, man braucht sich kaum noch anzustrengen.<br />
Nun ist es das gute Recht <strong>de</strong>r DFL, nur die eigenen Interessen zu vertreten und entsprechen<strong>de</strong><br />
For<strong>de</strong>rungen zu formulieren. Nach <strong>de</strong>m Motto: „Wettbewerb für alle an<strong>de</strong>ren, aber bitte nicht<br />
für uns.“ Doch dies kann nicht <strong>de</strong>r Maßstab für das Bun<strong>de</strong>skartellamt sein. Dessen Maßstab<br />
ist gesamtwirtschaftliche Effizienz. Die DFL hat <strong>de</strong>shalb Glück, überhaupt ihre Macht bei <strong>de</strong>r<br />
Fernsehvermarktung zu behalten. Allerdings hat sie auch das Pech, momentan keine<br />
Planungssicherheit zu haben. Es bleibt <strong>de</strong>r DFL allerdings keine an<strong>de</strong>re Wahl, <strong>als</strong> diese<br />
Prozedur noch eine Weile zähneknirschend zu ertragen.<br />
2<br />
Vgl. Wolf, Dieter (2000), Zentrale Vermarktung o<strong>de</strong>r Einzelvermarktung von Mannschaftssport im Fernsehen?<br />
– Die Sicht <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen und europäischen Kartellrechts. Arbeitspapiere <strong>de</strong>s Instituts für Rundfunkökonomie<br />
an <strong>de</strong>r Universität zu Köln, Heft 125.<br />
3<br />
Vgl. Kruse, Jörn und Jörn Quitzau (2001), „Mehr Wettbewerb bei Fußballrechten“, in: Financial Times<br />
Deutschland, v. 15.8.2001.