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Die Agentur der Zukunft InDesign generativ Trend: Low Polygon

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Das Magazin <strong>der</strong> Kreativbranche # 06.2013 www.page-online.de<br />

DEUTSCHLAND 9,80 €<br />

4 191084 209802 06<br />

<strong>Die</strong> <strong>Agentur</strong> <strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong><br />

Report: So rüsten sich die Großen für<br />

die anstehenden Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>Trend</strong>: <strong>Low</strong> <strong>Polygon</strong><br />

Mit wenigen Vielecken<br />

tolle Bildwelten erschaffen<br />

<strong>InDesign</strong> <strong>generativ</strong><br />

Individuelle Publikationen erzeugen<br />

mit dem JavaScript-Tool basil.js


Editorial<br />

Websight<br />

PAGE 06.13 003<br />

Mit unserer<br />

Bedarfsanalyse<br />

Foto: Kirsten Nijhof<br />

n Technik. Technik. Technik. Ist es<br />

nicht skurril, dass wir in Kreativmeetings<br />

fast nur noch über Technologien<br />

sprechen? Über HTML5, Mobile First<br />

und Co? Wir leben in einer digitalen<br />

Welt, keine Frage, aber unsere Kampagnen,<br />

Markenauftritte und Websites<br />

machen wir nicht für Plattformen o<strong>der</strong><br />

Systeme, wir machen sie für Menschen.<br />

Und <strong>der</strong>en Bedürfnisse und Wahrnehmungsgewohnheiten<br />

haben sich gar<br />

nicht so sehr geän<strong>der</strong>t, wie wir gemeinhin<br />

annehmen mögen. Im Gegenteil,<br />

je alltäglicher die Nutzung <strong>der</strong> digitalen<br />

Devices wird, desto mehr verliert<br />

die Technik an Faszination.<br />

Klar, eine digitale Arbeit kann noch<br />

so herausragend sein, wenn sie technisch<br />

nicht rundläuft, hat sie keine<br />

Chan ce. Aber allem voran steht noch<br />

immer die Idee und ihre gestalterische<br />

Umsetzung. Das grafische User Interface<br />

lehrt uns Dinge zu nutzen – und<br />

zu mögen. Augenblicke entscheiden.<br />

Ebendeshalb gehen wir in unserer Titel<br />

geschichte ab Seite 18 auch einem<br />

nur vermeintlich äußerlichen Aspekt<br />

auf den Grund: <strong>der</strong> Oberfläche. Wir<br />

spü ren den visuellen Ansprüchen an<br />

at trak tive und zugleich funktionale<br />

Web sites nach. Wir fragen, ob skeuomorphes<br />

Interfacedesign, das Geräteformen<br />

alter Tech nologien imitiert,<br />

o<strong>der</strong> mini ma lis tisches Flat Design das<br />

Nutzererlebnis steigert; ob Gestaltungsbüros<br />

zu besseren Lösungen gelangen<br />

o<strong>der</strong> doch technisch orientierte<br />

Spezialisten . . .<br />

Genau darum haben wir übrigens<br />

auch – gemeinsam mit unserem Interaction-Design-Fachmagazin<br />

WEAVE –<br />

eine neue Top List ins Leben gerufen:<br />

das WEAVE//PAGE Digital Ranking. Wir<br />

haben es unter Einbeziehung einer<br />

BVDW-Befragung zur Rolle von digitalen<br />

Kreativawards und Rankings für die<br />

<strong>Agentur</strong>landschaft entwickelt, es liegt<br />

dieser Ausgabe bei. Gewiss, es sind<br />

überwiegend Arbeiten mit klassi schem<br />

Kampagnencharakter, die in den digita<br />

len Kategorien punkten. Wa rum also<br />

eine Trennung <strong>der</strong> Top Lists?<br />

Das WEAVE//PAGE Digital Ranking<br />

gibt nicht nur Aufschluss darüber, wie<br />

sehr die deutschen <strong>Agentur</strong>en ihre Digitalkompetenz<br />

ausgebaut haben, es<br />

berücksichtigt zudem spezialisierte<br />

Kre ativschmieden, die weniger durch<br />

Mas se, dafür aber umso mehr durch<br />

Klasse überzeugen. Auf dass zusammenfinden<br />

möge, was zusammengehört:<br />

in no vati ve Technik, nutzerorientierte<br />

Gestaltung und – qualitätsbewusste<br />

Auftraggeber!<br />

Gabriele Gün<strong>der</strong>,<br />

Chefredakteurin/Publisher<br />

(info@page-online.de)<br />

planen<br />

Premium-Vorsorge<br />

für Medienmenschen<br />

<strong>Die</strong>ser Ausgabe<br />

liegen die<br />

Extras »Digital<br />

Ranking 2013«<br />

sowie »Agen tursoftware«<br />

bei<br />

Besser<br />

Presse<br />

In 2013<br />

4,5 %


004<br />

PAGE 06.13<br />

INHALT<br />

006<br />

012<br />

016<br />

SZENE<br />

Was die Branche bewegt<br />

Stadt aus Papier; Museums-CI mit animierter Schrift;<br />

Briefmarkendesign; Ansichtssache: Rayan Abdullah<br />

über das neue Lucky-Strike-Logo; Self-Monitoring-<br />

Reif Jawbone UP; Victoria Beckhams Online-Shop<br />

Branche & Karriere<br />

Vintage-Offices; Leagas Delaneys Tortenaktion<br />

Ausbildung<br />

Illustriertes Buch; Experiment: Kreativ durch Licht?<br />

TITEL<br />

018<br />

n Unser Web muss schöner werden!<br />

Klar, ohne exzellente Technik läuft im Web nichts.<br />

Aber heißt das, dass Sites nicht auch überzeugend<br />

gestaltet sein dürfen? Wir zeigen, welche Chancen<br />

und Probleme <strong>Trend</strong>s wie Flat Design, Mobile First,<br />

Single Page, Parallax Scrolling, Interactive Video<br />

o<strong>der</strong> bildschirmfüllende Bildwelten bringen<br />

072 Making-of: <strong>Low</strong>-<strong>Polygon</strong>-Ästhetik<br />

030<br />

038<br />

046<br />

052<br />

054<br />

KREATION<br />

Freizeitkunst<br />

Sich kreativ austoben – da das selbst Kreativen in<br />

ihrem Beruf nicht immer möglich ist, verfolgen viele<br />

nebenher freie künstlerische Projekte<br />

n <strong>Die</strong> <strong>Agentur</strong> <strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong><br />

Gerade die ganz Großen trifft <strong>der</strong> Wandel <strong>der</strong><br />

Kommunikationsbranche hart. Wie gelingt es ihnen,<br />

Bewegung in ihre Strukturen zu bringen?<br />

Second Screen<br />

Das interaktive Fernsehen öffnet die Türen für neue<br />

Anwendungen, TV-Formate und Werbeformen<br />

Orientierungssystem für Wiener Parkhaus<br />

Licht, Farbe und Bil<strong>der</strong> von Erdschichten spielen<br />

eine zentrale Rolle bei diesem Leitsystem<br />

Papierwelt<br />

Beson<strong>der</strong>e Notizbücher; Inkjet-Recyclingpapier<br />

056<br />

062<br />

TYPO<br />

TDC Typeface Design Award 2013<br />

<strong>Die</strong>smal präsentieren sich die ausgezeichneten<br />

Schriften musikalisch – und das exklusiv für Sie<br />

Typowelt<br />

Supernova; Kalligrafie ornamental; »TypoJournal 4«


PAGE 06.13 005<br />

≥ PAGE Online: Ob Stellenangebote, Inspiration,<br />

News, Magazin-Volltextsuche, Publishing-Tipps,<br />

Abo-Angebote o<strong>der</strong> den PAGE-Shop – das alles finden<br />

Sie unter www.page-online.de<br />

BILD<br />

066<br />

072<br />

080<br />

Konzeption von Illustrationen<br />

Wie sieht <strong>der</strong> konzeptionelle Prozess auf dem Weg<br />

zur Bildidee aus? Und das, wenn nur Stunden<br />

zwischen Briefing und Deadline liegen. Drei Illustratoren<br />

erzählten uns, wie sie dabei vorgehen<br />

n Making-of: <strong>Low</strong>-<strong>Polygon</strong>-Ästhetik<br />

Der Hype um die Grafiken aus reduzierten geometrischen<br />

Formen hält an. Wie werden sie gemacht?<br />

Bildwelt<br />

Illustrative 2013; Buch zu den besten Digital Artists<br />

TECHNIK<br />

030 Freizeitkunst<br />

084<br />

090<br />

092<br />

098<br />

n <strong>InDesign</strong> <strong>generativ</strong><br />

<strong>Die</strong> JavaScript-Library basil.js ermöglicht es, in<br />

<strong>InDesign</strong> <strong>generativ</strong> Plakate o<strong>der</strong> Buchprojekte zu<br />

gestalten. Wir zeigen, wie dies funktioniert<br />

Beschriftungs-Apps<br />

Praktisch, wenn man ein Foto unterwegs schon<br />

gleich mit passen<strong>der</strong> Typo versehen kann<br />

Report: Coworking Spaces<br />

Mehr als ein Schreibtisch – wir berichten, was man<br />

als Mieter von den Gemeinschaftsbüros erwarten<br />

kann, und stellen verschiedene Space-Konzepte vor<br />

Tools & Technik<br />

Adobe Lightroom 5; Lochkamera; Canon-Camcor<strong>der</strong><br />

106<br />

108<br />

110<br />

003<br />

051<br />

104<br />

114<br />

SERVICES & STANDARDS<br />

Einblicke: Kreative und ihre Gärten<br />

Kalen<strong>der</strong>: Kongresse, Ausstellungen, Awards<br />

Publikationen: Buchempfehlungen<br />

für kreative Publisher<br />

Bücher über <strong>Die</strong>ter Rams und Lotte Reiniger<br />

Editorial 014 PAGE Online 113 Impressum/Vorschau<br />

PAGE Abo 095 PAGE Studenten-Abo 115 PAGE Shop<br />

PAGE Stellenmarkt<br />

Fundstücke von Jürgen Siebert<br />

064<br />

082<br />

083<br />

097<br />

PAGE SEMINARE<br />

Infografik-Seminar mit Jan Schwochow<br />

»Gutes Design entwickeln« mit Jochen Rädeker<br />

»Gutes Design gut verkaufen« mit Jochen Rädeker<br />

»Disruptive Creativity« mit Mario Pricken


006<br />

PAGE 06.13<br />

SZENE<br />

Der große Brand von Lon don<br />

wütete von 2. bis 5. September<br />

1666 und zerstörte<br />

vier Fünftel <strong>der</strong> Stadt.<br />

Matthew Picton visualisierte<br />

dies mit Seiten aus Daniel<br />

Defoes Buch »A Journal of the<br />

Plague Year«. <strong>Die</strong> Pest<br />

hatte London nur wenige<br />

Monate zuvor heimgesucht


PAGE 06.13 007<br />

Verbrannt<br />

In akribischer Kleinarbeit baut<br />

Matthew Picton Städte aus<br />

Papier – und fügt einigen<br />

von ihnen mit dem Lötkolben<br />

Brandwunden zu<br />

n Kulturelle Sehenswürdigkeiten sind<br />

es nicht, die ihn interessieren – es ist vielmehr<br />

<strong>der</strong> Raum zwischen den Straßen,<br />

Wän den und Häusern. Deshalb haben die<br />

Gebäude auch keine Dächer. Matthew<br />

Picton studierte an <strong>der</strong> London School of<br />

Economics Politik und Geschichte. Da wun<strong>der</strong>t<br />

es nicht, dass er für seine Papierskulpturen<br />

Städte mit historischer Bedeutung<br />

auswählt o<strong>der</strong> solche, <strong>der</strong>en Erschei nungsbild<br />

sich durch geschichtliche Ereig nisse<br />

o<strong>der</strong> Naturgewalten signifikant verän<strong>der</strong>t<br />

hat. Wie zum Beispiel London, das 1666<br />

durch ein Feuer zu großen Teilen zerstört<br />

wurde, o<strong>der</strong> auch Dresden, das durch die<br />

Bombardierung im Zweiten Weltkrieg ein<br />

völlig neues Gesicht bekam. Der 52-Jähri ge<br />

bildete dies nach, indem er die fertigen<br />

Kunstwerke mit einem Lötkolben bearbeitete<br />

und so eine Art visuellen Kommentar<br />

zum Schicksal <strong>der</strong> Stadt abgab.<br />

Was das verwendete Papier angeht,<br />

ver wendet Picton stets gebrauchtes Material,<br />

vorzugsweise solches, das in einem<br />

Zusammenhang mit <strong>der</strong> jeweiligen Stadt<br />

steht. Für Dresden etwa eine Partitur von<br />

Richard Wagners »Ring des Nibelungen«,<br />

die er dann hemmungslos mit einem X-<br />

Acto-Messer und einer Schere zerschnippelte<br />

und zu einem faszinierenden Stadtbild<br />

zusammenklebte. Mehrere Monate<br />

kann es dauern, bis eine Arbeit fertig ist,<br />

auch weil Matthew Picton oft an mehreren<br />

Entwürfen gleichzeitig baut – immer mit<br />

einem Stadtplan als Vorlage.<br />

Verschiedene Ansichten von London<br />

aus unterschiedlichen Epochen gibt es<br />

bereits; außerdem Moskau, Venedig, Jerusalem,<br />

Dublin, Manhattan nach 9/11<br />

und einige mehr – sie alle kann man auf<br />

http://matthewpicton.com betrachten. Aktuell<br />

ar beitet <strong>der</strong> Künstler an Istanbul, Kairo<br />

soll demnächst folgen, ebenso Amsterdam<br />

und Sankt Petersburg. Im Sommer<br />

wird er seine Paper Sculptures in <strong>der</strong><br />

Toomey Tourell Gallery in San Francisco<br />

ausstellen. Lieber Matthew Picton, vielleicht<br />

mögen Sie auch einmal nach Deutschland<br />

kommen, zum Beispiel nach Dresden<br />

– es lohnt sich.<br />

ant


008 PAGE 06.13 SZENE<br />

Sogar die CI-<br />

Schrift des<br />

Kröller-Müller<br />

Museums hat<br />

Türen, die sich<br />

dank Cinema 4D<br />

tatsächlich<br />

öffnen lassen<br />

Open Type<br />

n Kultur-Erscheinungsbild. Das<br />

Kröller-Müller Museum, keine 100 Kilometer<br />

von Amsterdam entfernt, kennt<br />

man hierzulande meist nur als Autobahnschild<br />

auf dem Weg zum Meer. Zu<br />

Unrecht, besitzt es doch die zweitgrößte<br />

Van-Gogh-Sammlung weltweit und<br />

ist dazu beeindruckend eingebettet in<br />

einen hochkarätigen Skulpturengar ten<br />

im Nationalpark De Hoge Veluwe. Kunst<br />

und Natur begegnen sich dank des offe<br />

nen Museumsbaus mit viel Glas.<br />

<strong>Die</strong> Verflechtung von innen und außen,<br />

aber auch von zwei- und dreidimensionaler<br />

Kunst überführte edenspiekermann<br />

Amsterdam nun in das<br />

neue Corporate Design des Museums.<br />

Sein dynamisches Grafik- und Schriftkonzept<br />

basiert auf <strong>der</strong> Karbon, <strong>der</strong>en<br />

plastische Anmutung Kris Sowersby<br />

ma nuell erzeugt hat und die edenspiekermann<br />

nun mit Cinema 4D animier te.<br />

Beson<strong>der</strong>s charmant ist das Schattenspiel,<br />

das die flexibel einsetzbare Türmetapher<br />

noch greifbarer wir ken lässt.<br />

<strong>Die</strong> Designer setzten auch die Kampagne<br />

und das Ausstellungsdesign für<br />

die neue Präsentation <strong>der</strong> Van-Gogh-<br />

Samm lung mit dem außer ge wöhn lich<br />

verspielten Grafikkonzept um. wl<br />

Design: edenspiekermann Amsterdam; Fotokampagne: Lars van den Brink, Copy: Ferdinand Beltman<br />

Buntes Europa<br />

n Briefmarken-Design. Einen kreativen<br />

Beitrag gegen die Eurokrise lieferte<br />

die Wiener Tageszeitung »<strong>Die</strong><br />

Presse« in Kooperation mit <strong>der</strong> <strong>Agentur</strong><br />

Liquid Frontiers und mit finanzieller<br />

Unterstützung <strong>der</strong> Österreichi schen<br />

Post: Sie baten zwanzig Designer,<br />

Briefmarken zu entwickeln. Mit dabei<br />

waren bekannte Namen wie Lo Breier,<br />

Titus Nemeth o<strong>der</strong> Bureau Weiss, die<br />

auf den paar Zentimetern sehr unterschiedlich<br />

visualisierten, wa rum es viele<br />

Gründe gibt, Europa zu lieben.<br />

Gewinnerin wurde die Marke »Vielfalt<br />

in <strong>der</strong> Einheit« <strong>der</strong> spanisch-österreichischen<br />

Gestalterin Elvira Barriga,<br />

die als Kreativdirektorin bei Bruce Mau<br />

Design in Toronto arbeitet. Historische<br />

und zeitgenössische typografische Versatzstücke<br />

verbindet sie mit den Farben<br />

europäischer Nationalflaggen. Der<br />

bunte verschachtelte Entwurf ist ein<br />

echter Hingucker – und bereits als Son<strong>der</strong>marke<br />

im Umlauf. Von diesem, aber<br />

auch von vielen <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Entwürfe<br />

könnte sich die Deutsche Post eine<br />

Scheibe abschneiden.<br />

ant<br />

Elvira Barrigas<br />

Marke (links)<br />

gewann den<br />

Wettbe werb,<br />

aber auch<br />

die Entwürfe<br />

von 3007<br />

(Mitte) und Sigi<br />

Mayer (rechts)<br />

sorgten für<br />

Begeisterung


Ansichtssache<br />

PAGE 06.13<br />

<strong>Die</strong> Marke Lucky Strike schadet<br />

sich mit ihrem Rebranding, sagt<br />

Rayan Abdullah von Markenbau<br />

009<br />

PAGE gibt’s übrigens<br />

auch in RGB.<br />

n Eine gut aufgestellte Marke wird zum Allgemeingut einer<br />

Gesellschaft. Daher darf sie nicht <strong>der</strong> Laune eines neuen<br />

Geschäftsführers o<strong>der</strong> Marketingleiters folgen und neu gemacht<br />

werden, solange sie funktioniert. <strong>Die</strong> Erfindung Raymond<br />

Loewys von 1940, also <strong>der</strong> erste Relaunch von Lucky<br />

Strike, <strong>der</strong> zu Recht mehrere Designpreise für seine Arbeit<br />

bekommen hat, hinterlässt eine Einheit von Form, Typo grafie,<br />

Farbe und Hintergrund, die ihresgleichen sucht. <strong>Die</strong>se<br />

Basiselemente präsentierten sich auf <strong>der</strong> Verpackung in<br />

bester Form. Mit <strong>der</strong> Signalwirkung hat Loewy die Zielgruppe<br />

enorm erweitert. Seine damalige Arbeit basierte auf seiner<br />

großen Erfahrung, aber auf einem für jede Marke spezifisch<br />

entwickelten Stil, wofür er dann auch berühmt wurde.<br />

<strong>Die</strong> Marke Lucky Strike kann sich mit dem Namen des bekannten<br />

Designers schmücken.<br />

Ein Redesign ist eine normalerweise behutsame und damit<br />

nicht sofort ins Auge springende, weil vor<strong>der</strong>gründige<br />

Verän<strong>der</strong>ung. Es muss darum gehen, die bestehende Vorlage<br />

stilsicher zu optimieren und ihr dadurch Feinschliff zu verleihen.<br />

Mit dem hier vorgenommenen Redesign wird die<br />

Marke Lucky Strike viel verlieren: Nicht nur die Zielgruppe<br />

wurde durch die langjährige hervorragende Kommunikationsarbeit<br />

geprägt, auch bei vielen an<strong>der</strong>en war die Marke<br />

im Bewusstsein gesetzt und attraktiv. Durch die grund legen<br />

de Än<strong>der</strong>ung des Logos wird dieser große Wie<strong>der</strong>erkennungseffekt<br />

fast zunichte gemacht, und man muss wie<strong>der</strong><br />

bei null anfangen. <strong>Die</strong>s – so darf man dem Unternehmen<br />

unterstellen – geht wohl mit hausinternen Unsicherheiten<br />

einher, die dessen Identität infrage stellen.<br />

Wenn man das neue Design unter die Lupe nimmt, sieht<br />

man, dass das Logo mit so viel Inhalt durch Schrift belastet<br />

wird, dass es buchstäblich fast platzt. Hier wurde wohl ein<br />

Logo mit einer Zeitung verwechselt. <strong>Die</strong> Klarheit und Einfachheit<br />

des bisherigen Designs sind bedauerlicherweise verschwunden.<br />

<strong>Die</strong> Typografie wirkt auf Anhieb beladen, und<br />

die Mischung zwischen serifenloser und serifenbetonter<br />

Schrift ist meiner Meinung nach zu viel. <strong>Die</strong> inhaltliche Information<br />

hat an dieser Stelle nichts zu suchen, dies spiegelt<br />

die typografische Überlastung wi<strong>der</strong>. Für den Markennamen<br />

eine serifenbetonte Schrift zu nutzen finde ich nicht mehr<br />

zeitgemäß. Serifen beinhalten zusätzliche Informationen,<br />

die für das Einprägen <strong>der</strong> Marke beim Betrachter hin<strong>der</strong>lich<br />

sind. Das ist schädlich für eine Marke.<br />

Das neue Logo (links)<br />

stammt von <strong>der</strong> <strong>Agentur</strong> G2<br />

≥ PAGE Online<br />

Weitere Meinungen dazu<br />

lesen Sie unter www.<br />

page-online.de/luckystrike-rebranding


010 PAGE 06.13 SZENE<br />

Designer Yves<br />

Béhar entwarf das<br />

Armband, das<br />

unseren Alltag zur<br />

Statistik macht<br />

Optimiere dein Lebenl!<br />

n Self-Monitoring. Müssen Datenschützer uns vor<br />

uns selbst schützen? O<strong>der</strong> verhilft das UP von Jawbone<br />

uns zu »einem besseren Leben«, wie <strong>der</strong> Hersteller vollmundig<br />

verspricht? Gadgets, die für konstante Selbstbeobachtung<br />

sorgen und die Daten danach in Apps o<strong>der</strong><br />

Online-Communitys dokumentieren, gibt es ja bereits<br />

mit dem Nike+ FuelBand und den Fitbit-Trackern. Letztere<br />

sorgten auf <strong>der</strong> ganzen Welt für Lacher, als einige User<br />

unwissentlich im Web auch ihre sexuellen Bewegungsaktivitäten<br />

öffentlich machten, bevor Fitbit entsprechende<br />

Sicherungen einrichtete.<br />

Das UP geht aber noch deutlich weiter und zeichnet<br />

nicht nur Bewegung, son<strong>der</strong>n auch Schlaf- und Essgewohnheiten<br />

sowie Stimmungslagen auf, gibt daraufhin<br />

persönliche Empfehlungen und lässt uns online mit<br />

Freunden in edlen Wettstreit ums gesün<strong>der</strong>e Leben treten.<br />

Erstmals wurde es schon 2011 gelauncht, musste<br />

aber wegen technischer Probleme und weil es am Handgelenk<br />

zu heiß wurde, wie<strong>der</strong> vom Markt genommen<br />

wer den. Jetzt erfolgt <strong>der</strong> zweite Anlauf: Seit April gibt<br />

es das Band in allen Telekom-, Apple- und Gravis-Läden.<br />

Unsere Kollegin Anna Weilberg macht einen Selbstversuch<br />

– ihre Erfahrungen kann man nachlesen unter<br />

www.page-online.de/jawbone-up-test .<br />

cg<br />

Auch in<br />

ihrem neuen<br />

Onlineshop<br />

erweist sich<br />

Victoria<br />

Bec kham als<br />

Meisterin<br />

<strong>der</strong> ästhetischen<br />

Reduktion<br />

Design it like Beckham!<br />

n Online-Shop. Extrem luxuriös und<br />

gleichzeitig minimalistisch präsentiert<br />

sich Victoria Beckhams erster Vor stoß<br />

ins E-Commerce – genau wie die Produk<br />

te ihrer preisgekrönten Fashionmar<br />

ke. <strong>Die</strong> kompakte Website, die Tony<br />

King mit seiner New Yorker E-Commer<br />

ce-<strong>Agentur</strong> King & Partners gestaltete,<br />

besteht aus zwei Bereichen: Wer<br />

anfangs auf »Look« klickt, findet aktuelle<br />

Behind-the-scenes-Fotos, Videos von<br />

Modeschauen et cetera. Der Klick auf<br />

»Shop« führt in einen höchst funktionalen<br />

Einkaufsbereich, <strong>der</strong> mit schlichten<br />

Bil<strong>der</strong>n wie denen unten links<br />

streng aufs Wesentliche reduziert ist –<br />

aber eben auch alles Wesentliche bietet,<br />

was man beim Kauf von preislich<br />

nicht eben minimalistischen Produkten<br />

erwartet: Bis zu 1850 Euro kosten<br />

beispielsweise die gezeigten Klei<strong>der</strong><br />

aus Victorias Ready-to-Wear-Kollektion<br />

»Icon«. Ein mehrsprachiger Kundendienst<br />

soll dabei aber ein ebenso exklusives<br />

Einkaufsgefühl vermitteln wie<br />

reale Konsumtempel.<br />

Das Packaging ist ebenfalls edel reduziert.<br />

Jonny Lu und Isaac Lock aus<br />

London, die auch die Artdirektion <strong>der</strong><br />

Website übernahmen und schon länger<br />

mit Victoria Beckham arbeiten, gestalteten<br />

Boxen aus weiß lackiertem<br />

Unterteil und braunem Kartondeckel.<br />

Dort ist bloß klein ein Schriftzug eingeprägt:<br />

Victoria Beckham. cg


PAGE 06.13 011<br />

Ferne im Griff<br />

n Markenauftritt. Ein freundliches<br />

Mittelrot verbindet man bislang weniger<br />

mit Reiseveranstaltern als mit Supermarktketten<br />

wie – genau: REWE.<br />

Gemeinsam mit Interbrand hat die<br />

Han delsgruppe ihrer Touristiksparte in<br />

einem gut drei Jahre dauernden Prozess<br />

mit einer neuen Markenstrategie<br />

einschließlich Neupositionierung und<br />

Überarbeitung des Auftritts auf die<br />

Sprün ge geholfen. <strong>Die</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

lag darin, die Gesamtmarke – mit<br />

Tjaereborg, ITS, Jahn Reisen und weiteren<br />

Veranstaltern immerhin die zweitgrößte<br />

Touristikgruppe Deutschlands –<br />

als führenden Reiseanbieter zu profilie<br />

ren. Zudem sollten die Untermarken<br />

mit ihren Stärken positioniert wer den.<br />

<strong>Die</strong> Lösung ist ein System, in dem<br />

Dach- und operative Marken getrennt<br />

auftreten, aber durch das Logo visuell<br />

verbunden sind. Im Zentrum steht DER<br />

Touristik mit einem starken Signet.<br />

Vielfältig einsetzbares Hauptelement<br />

ist ein Tragegriff, <strong>der</strong> zusammen mit<br />

dem Slogan »Träume fest im Griff« für<br />

Reisen und Bewegung steht, aber zu-<br />

gleich für Sicherheit, Getragenwerden<br />

und dafür, Dinge selber anzupacken.<br />

Dazu kommt ein »Erlebnispanorama«,<br />

das lebendig illustrierte Sehenswürdigkeiten<br />

<strong>der</strong> Welt in frischen Farben<br />

zeigt. Es kommt in Printmedien, Web<br />

o<strong>der</strong> den Reisebüros zum Einsatz –<br />

ganz zeitgemäß auch mal als traumartiger<br />

Collagenausschnitt innerhalb <strong>der</strong><br />

Fotomotive. Als Font wählten die Designer<br />

die freundliche Prelo. Ein weiteres<br />

Mal präsentiert sich die REWE<br />

Group als aufgeräumtes, sympathisch<br />

solides Unternehmen.<br />

wl<br />

Vertrauenserweckend:<br />

das prägnant<br />

pragmatische<br />

Logo für die<br />

REWE-Touristikgruppe<br />

DER<br />

Blow Zack Boom<br />

n Logo-Design. Ein kraftvoll lautmalerisches<br />

Logo, das sich mit seiner Dynamik<br />

und Einfachheit sofort ein prägt,<br />

hat die <strong>Agentur</strong> Blow aus Sydney für<br />

Boom entwickelt. Der Spezialist für virale<br />

Kampagnen, ehemals vid•id, hatte<br />

die Kreativen mit einem kompletten<br />

Markenrelaunch inklusive Naming beauftragt.<br />

»<strong>Die</strong> Jungs sind eine Rockstar-<br />

<strong>Agentur</strong> und laut«, sagt Blow-Direktor<br />

March D’Altilia. »Gemessen an <strong>der</strong> Breite<br />

unserer Recherchen und Entwürfe<br />

ist das Ergebnis recht simpel. Trotzdem<br />

ist die Wortmarke eine ziemliche Axt –<br />

vor allem, weil sie Booms Arbeitsprozesse<br />

wi<strong>der</strong>spiegelt.«<br />

In <strong>der</strong> Kommunikation fokussiert<br />

sich Boom auf soziale Netzwerke. »Inspiriert<br />

von ›Alice in Won<strong>der</strong>land‹, haben<br />

wir das ›Rabbit Hole of Social Media‹<br />

als visuelle Metapher eingeführt«,<br />

erläutert D’Altilia die visuelle Darstellung<br />

<strong>der</strong> narrativen Erzählweisen. Der<br />

lautstarke, an frühe Comicserien erinnernde<br />

Auftritt wirkt auf jeden Fall,<br />

als hätten die Macher eine Menge Spaß<br />

beim Entwickeln gehabt. wl<br />

Das knallt: Der<br />

neue Auftritt<br />

<strong>der</strong> australischen<br />

Bewegtbildagentur<br />

Boom,<br />

entwickelt von<br />

Blow, kommt<br />

im Retro-Comic-<br />

Stil daher


012 PAGE 06.13 SZENE<br />

BRANCHE & KARRIERE<br />

Vintage-Offices<br />

n Interior Design. Minimalistisch,<br />

glossy und alles nagelneu: So sah es lange<br />

Zeit in <strong>Agentur</strong>en aus, die auf sich hielten.<br />

Jetzt gehe <strong>der</strong> <strong>Trend</strong> zu mehr Individualität<br />

und Authentizität, zudem spiele Nachhaltigkeit<br />

eine Rolle – beobachtet Mai-Britt<br />

Mikolajewicz, die <strong>Agentur</strong>en und Start-ups<br />

mit Vintage-Möbeln ausstattet. So richtete<br />

die Hamburgerin, die acht Jahre beim<br />

Auktionshaus Lauritz.com arbeitete, jüngst<br />

die neuen Räume <strong>der</strong> Mobile-Spezialisten<br />

<strong>der</strong> <strong>Agentur</strong> Cellular in <strong>der</strong> Großen<br />

Elbstraße ein und stattete sie mit siebzig<br />

verschiedenen alten Architektenlampen<br />

aus – sympathische Farb kleckse, die für<br />

Einheit in <strong>der</strong> Vielfalt sorgen. Auch außerhalb<br />

von Hamburg war Mikolajewicz<br />

schon tätig, etwa bei bei einem Start-up-<br />

Investor in Berlin o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Digitalagentur<br />

demo<strong>der</strong>n in Köln. Kontakt findet<br />

man über www.maistyle.de . cg<br />

Business Basics Mehraufwand frühzeitig kommunizieren<br />

Christian Büning, Präsident des Berufsverbands <strong>der</strong> Deutschen<br />

Kommunikationsdesigner ( www.bdg-designer.de ), beantwortet berufsbezogene<br />

Fragen von Gestaltern. Hier stellt er aktuelle Fälle vor<br />

Steffen, 29: Hallo, ich bin selbstständig<br />

und arbeite vor allem für drei große<br />

Auftraggeber. Nun habe ich für einen<br />

neuen Kunden einen Job übernommen<br />

und folgendes Problem: Das Projekt<br />

wurde immer größer, dauernd kam<br />

etwas hinzu. Vor Kurzem habe ich eine<br />

Zwischenrechnung gestellt, die entsprechend<br />

höher ausgefallen ist als<br />

mein Angebot. Der Kunde sagt, ich hätte<br />

rechtzeitig Bescheid geben müssen,<br />

dass es teurer wird, und will nicht<br />

bezahlen. Wie gehe ich damit um?<br />

Lieber Steffen,<br />

zu Ihrer Arbeit als Kommunikationsdesigner<br />

gehört auch die Kommunikation<br />

über das Budget und wie Sie damit umgehen.<br />

Das haben Sie hier versäumt<br />

und müssen jetzt die fehlende Kommunikation<br />

unter Druck nachholen. Ihr<br />

Auftraggeber hat die Erweiterung des<br />

Projekts mit Sicherheit deutlich weniger<br />

stark wahrgenommen als Sie. Was<br />

für diesen nach einem kleinen Ausfallschritt<br />

am Rand klingt, ist für den Designer<br />

vielleicht ein längerer Extraweg<br />

mit viel Recherche.<br />

Als Kommunikationsdesigner sind<br />

Sie dafür verantwortlich, die Än<strong>der</strong>ungen<br />

im Projektverlauf korrekt zu kommunizieren,<br />

auch unaufgefor<strong>der</strong>t. Dass<br />

Ihr Auftraggeber verärgert ist, liegt<br />

wohl nicht in erster Linie an <strong>der</strong> Höhe<br />

<strong>der</strong> Rechnung, son<strong>der</strong>n daran, dass er<br />

nicht mehr reagieren kann. Hätte er<br />

gewusst, welche Mehrkosten manche<br />

Erweiterungen verursachen, hätte er<br />

vielleicht auf einiges davon verzichtet.<br />

Mein Tipp für dieses Projekt: Erklären<br />

Sie im Detail, wo welcher Aufwand<br />

und welche Mehrkosten entstanden<br />

sind. Haben Sie E-Mails mit Zustimmungen<br />

zu neuen Projektteilen? Rechtlich<br />

könnten Sie alle For<strong>der</strong>ungen durchdrücken.<br />

Ich empfehle aber, lieber in<br />

langfristige Beziehungen zu investieren.<br />

Da Sie die Kommunikation vernachlässigt<br />

haben, können Sie Ihrem<br />

Kunden etwas entgegenkommen und<br />

einen kleinen Teil (maximal 10 Prozent)<br />

<strong>der</strong> Mehrkosten nicht berechnen.<br />

Mein Tipp für die <strong>Zukunft</strong>: Informieren<br />

Sie von sich aus bei allen Abschnitten<br />

eines Projekts darüber, ob Sie noch<br />

innerhalb des Angebots sind. Ihr Auftraggeber<br />

sollte immer Zeit zum Reagieren<br />

haben. Wenn Sie Mehraufwand<br />

und -kosten sauber kommunizieren,<br />

können Sie bei <strong>der</strong> Abrechnung jeden<br />

Schritt belegen, haben dadurch weniger<br />

Ärger und zufriedenere Kunden.<br />

Haben Sie Fragen, die Sie hier beant -<br />

wortet sehen möchten? Dann<br />

schreiben Sie uns (E-Mail: business<br />

basics@bdg-designer.de)<br />

Foto: © André W. Sobott, www.aw-sobott.de


PAGE 06.13 013<br />

1 2<br />

Zahlen im Blick<br />

n Buchhaltungs-App. Für Selbststän<br />

dige ist es beson<strong>der</strong>s wichtig, ihre<br />

Finanzen im Griff zu haben. <strong>Die</strong> Web-<br />

App des Wiener Start-ups bookamat<br />

richtet sich speziell an Freelancer und<br />

kleine Unternehmen in Deutschland<br />

und in Österreich. Mit dem zentralen<br />

Formular lassen sich nach Angaben <strong>der</strong><br />

Entwickler alle Einnahmen und Ausgaben<br />

in nur 30 Minuten pro Monat erfassen<br />

und für die Steuererklärung aufbereiten<br />

– so bleibt mehr Zeit für die<br />

eigentliche Arbeit. Beson<strong>der</strong>s wichtig<br />

war den beiden eine übersichtliche<br />

Kalorien gegen die Denkblockade<br />

n Facebook-Aktion. Hier macht das<br />

Social Network seinem Namen alle Ehre:<br />

Leagas Delaney schickte zwei Wochen<br />

lang – ganz kollegial – immer einer<br />

an<strong>der</strong>en <strong>Agentur</strong> zur Mittagszeit<br />

eine Torte. Der Gruß mittels »perversen,<br />

selbst gemachten Kalorienbomben«,<br />

wie die Hamburger auf ihrer Facebook-Seite<br />

schreiben, sollte dazu dienen,<br />

durch Unterzuckerung hervorgerufene<br />

Denkblockaden zu bekämpfen<br />

<strong>Die</strong> Buchhaltungs-<br />

App bookamat<br />

zeichnet sich<br />

durch ein intuitives,<br />

benutzerfreundliches<br />

Interface aus<br />

und schlichte Gestaltung. Sämtliche<br />

Zahlen werden nochmals in Form von<br />

Charts visualisiert.<br />

Weiter vereinfacht wird das System<br />

durch Vorlagen für wie<strong>der</strong>kehrende Buchungen<br />

wie Telefonrechnungen und<br />

individuell zuweisbare Schlagworte, etwa<br />

»<strong>Die</strong>nstreise Kiel«, mit denen man<br />

die Inhalte filtern kann. <strong>Die</strong> eingegebenen<br />

Daten werden per sicherer Verbindung<br />

übertragen und lassen sich<br />

zusätzlich lokal sichern. Ein Jahreszugang<br />

kostet rund 100 Euro, die Testversion<br />

für 30 Tage ist kostenlos. fb<br />

und den Mitarbeitern wie<strong>der</strong> Kreativität<br />

und Motivation zu geben. »We share.<br />

You like« lautet das Motto des neu einberufenen<br />

Cake Department von Leagas<br />

Delaney. Wer in den Genuss einer<br />

Torte kam, entschied übrigens das Los.<br />

Der Caramel Cheesecake für Kolle Rebbe,<br />

die Schokotarte für Scholz & Friends<br />

und alle weiteren Kreationen lassen<br />

sich hier bestaunen: www.facebook.<br />

com/leagasdelaneyhh .<br />

aw<br />

Zur Tortenaktion<br />

verwandelte die<br />

Hamburger<br />

<strong>Agentur</strong> ihr Logo<br />

kurzerhand in ein<br />

Konditorschild<br />

BRANCHE & KARRIERE<br />

+++ Abschied von Scholz & Volkmer. Christian Daul 1<br />

verlässt die Wiesbadener Digitalagentur, um sich selbst<br />

unternehmerisch zu betätigen. Scholz & Volkmer besetzt<br />

seine Stelle nicht neu, son<strong>der</strong>n verteilt die Aufgaben intern.<br />

Im Zuge dessen steigen <strong>der</strong> Technische Direktor<br />

Peter Reichard und <strong>der</strong> Unitleiter Christoph Kehren in<br />

die Geschäftsführung auf. +++ Konferenz zum Thema<br />

audiovisuelle Medien. Der Branchenverband Eyes & Ears<br />

of Europe lädt am 24. Juni zur European Conference for<br />

Design, Promotion & Marketing in Köln ein. Zu den Vortragenden<br />

gehören sowohl Profis aus TV, Film, Internet,<br />

Mobile, Werbung und Kultur als auch Jungkreative, die ihre<br />

Arbeiten präsentieren. Der Eintritt für Nichtmitglie <strong>der</strong><br />

beträgt 650 Euro, Mitglie<strong>der</strong> zahlen 150 Euro. ≥ www.<br />

eeof.de +++ Neue Kreativagentur. Michael Barche (rechts)<br />

und Ulrich Zünkeler 2 haben Orange Council mit Büros<br />

in Hamburg, Berlin und Amsterdam gegründet. Mit <strong>der</strong><br />

flexiblen Struktur eines Kreativverbunds wollen sie die<br />

gesamte Breite mo<strong>der</strong>ner Kommunikationsdisziplinen<br />

abbilden. Den Schwerpunkt bildet dabei die interne Kommunikation.<br />

Zu den ersten Kunden gehören Holiday Check<br />

und Natural Superfoods. +++ MfG-Award 2013. Der Designwettbewerb<br />

des Bundesverbands Druck und Medien<br />

ist eröffnet. Bis zum 16. August können Gestalter, Druckspezialisten<br />

und ihre Auftraggeber sowie Nachwuchsdesigner<br />

und Auszubildende ihre Printarbeiten einreichen.<br />

Neu sind die Kategorien »Individualität« für persönlich<br />

auf den User bezogene Printprodukte und »Debütanten«,<br />

die geson<strong>der</strong>t bewertet und mit För<strong>der</strong>- und<br />

Sach preisen ausgezeichnet werden. Kriterium für ei ne<br />

Auszeichnung ist das Zusammenspiel von hoher Designqualität<br />

und anspruchsvoller Verarbeitung. <strong>Die</strong> Teilnahmegebühren<br />

starten bei 150 Euro für Profis, <strong>der</strong> Nachwuchs<br />

zahlt 25 Euro. ≥ www.mfg-award.de +++ Blurb und<br />

Samsung machen gemeinsame Sache. Nutzer des neuen<br />

Samsung Galaxy S4 können über die vorinstallierte Fotofunktion<br />

»Story Album« weltweit die Bil<strong>der</strong> ihrer Handykamera<br />

automatisch und nahtlos in eigenen Fotobüchern<br />

und Magazinen zusammengestellen und direkt<br />

vom Smartphone aus bei Blurb den Druckauftrag erteilen.<br />

+++ Neue Personalleitung bei Leagas Delaney<br />

Hamburg. Ab sofort übernimmt Meike Runschke als Head<br />

of Human Ressources die Mitarbeiterbetreuung und das<br />

Recruiting am Hamburger Standort von Leagas Delaney.<br />

Sie folgt auf Mareike Boddin, die die Werbeagen tur En -<br />

de 2012 verlassen hat. +++ Neue Bildchefin bei »Du«.<br />

Ute Noll ist neue Bildchefin <strong>der</strong> Schweizer Kulturzeitschrift<br />

mit Sitz in Zürich. Sie folgt auf Lars Willumeit, <strong>der</strong><br />

künftig als freier Bildredakteur, Berater und Dozent unterwegs<br />

ist. +++ Calvendo wird international. <strong>Die</strong> Self-<br />

Publishing-Plattform baut mit einer englischsprachigen<br />

Site ihren Geschäftsradius aus. Ab sofort bietet sie ihre<br />

<strong>Die</strong>nste auch Kunden außerhalb Deutschlands an. Calvendo<br />

ging im Herbst 2012 an den Start und richtet sich vor<br />

allem an Fotografen, Grafiker und Künstler, die ihre Bil<strong>der</strong><br />

o<strong>der</strong> Kalen<strong>der</strong> veröffentlichen und über den Buchhandel<br />

vermarkten wollen. ≥ www.calvendo.de/en nik


014<br />

PAGE 06.13<br />

SZENE<br />

PAGE ONLINE<br />

Portfolio des Monats<br />

In je<strong>der</strong> Ausgabe stellen wir ein Mitglied <strong>der</strong> PAGE Community und Highlights aus seinem Portfolio vor<br />

Rabea Hashagen<br />

www.page-online.de/portfolios/rabea-hashagen<br />

n Design bedeutet für Rabea Hashagen, mithilfe<br />

visueller Ausdrucksmittel Welten zu vereinfachen,<br />

zu zeigen o<strong>der</strong> zu kreieren – gleichzeitig verbindet<br />

es für sie Leben, Liebe, Hobby, Beruf und Leidenschaft.<br />

Als freischaffende Designerin visualisiert sie<br />

Identitäten für alle Print- und Bewegtbildmedi en,<br />

genießt es dabei, ins Detail zu gehen und wünscht<br />

sich Kunden, die das ebenfalls schätzen.<br />

Ich bin Brand Director, Freelancer<br />

Ich biete Print, Online, Motiondesign,<br />

Konzeption, Strategie, Beratung<br />

E-Mail rh@langzeitwirkung.de<br />

Web www.langzeitwirkung.de<br />

Standort Berlin und München<br />

1 2 3<br />

E-MAG: KREATION | TYPO | BILD | TECHNIK | SZENE | GALERIE<br />

Techno-Identity von Hort<br />

Kreation. Schönstes Schwarz weiß und<br />

bun te Kreise: Für das erste gemeinsame<br />

Al bum von Tech-House-Pionier Marc Romboy<br />

und Techno-Produzent Ken Ishii hat<br />

Hort aus Berlin die Artdirektion übernommen.<br />

Wir fragten nach, wie die Bildsprache<br />

und die spielerischen Hüllen entstanden.<br />

≥ www.page-online.de/romboy-ishii<br />

Schrift aus dem Jenseits<br />

Typo. Trotz weltweiter Proteste und zweifelhafter<br />

Beweise wurde Troy Davis am 21. September<br />

2011 in einem Gefängnis in Georgia<br />

hingerichtet. Seine Handschrift stellt Serviceplan<br />

Campaign <strong>der</strong>zeit in das Zentrum einer<br />

Online-Kampagne, die sich für die Abschaffung<br />

<strong>der</strong> Todesstrafe einsetzt.<br />

≥ www.page-online.de/troy-davis<br />

Fotograf Daniel Stier<br />

Bild. Er fotografiert Toast mit <strong>der</strong>selben Verschmitztheit<br />

wie Celebritys, hat dabei stets<br />

einen Blick für das Skurrile und mittlerweile<br />

auch Museumsehren erlangt. Daniel Stier zog<br />

1994 von Dortmund nach London und arbeitet<br />

für Kunden in aller Welt. Jetzt vertritt ihn<br />

die Hamburger <strong>Agentur</strong> Waldmann Solar.<br />

≥ www.page-online.de/daniel-stier


PAGE 06.13 015<br />

≥ www.page-online.de<br />

PAGEmag<br />

4<br />

1 Als Freundschaftsdienst entwickelte Rabea Hashagen das Erscheinungsbild für den Musiker Capellastreet. 2 Einfach, effektiv und in<br />

Collagetechnik hat sie das Erscheinungsbild für das Theater Werkmünchen umgesetzt. 3 Für das Theaterplakat »Wir sind nicht das<br />

Ende« verbrannte sie Fotoabzüge, beklebte sie mit Tesa-Film und scannte sie erneut. 4 Wettbewerbsbeitrag für ein einheitliches, flexibel<br />

einsetzbares Berlin-Logo, das allen frei zur Verfügung gestellt werden sollte ... Lei<strong>der</strong> hat sich Berlin an<strong>der</strong>s entschieden<br />

PAGE NEWSLETTER<br />

Foto (Galerie): @ Apparat + Stereo und Marc Trautmann für Air Berlin<br />

Facebook-Interview<br />

Szene. Das Social Network hat seinen Newsfeed<br />

redesignt und auch die Facebook-App<br />

an den Look <strong>der</strong> Desktop-Version angepasst.<br />

Wir sprachen mit Julie Zhou, Director of Design<br />

von Facebook, über das zweifache Redesign<br />

und dessen Vorbil<strong>der</strong>, über den Arbeitsprozess<br />

und den sogenannten War Room.<br />

≥ www.page-online.de/facebook-interview<br />

Inspiration pur<br />

Galerie. Gesammelt, geordnet und in<br />

ei ner Box zusammengefasst: In zahlreichen<br />

Bil<strong>der</strong>galerien zeigt PAGE Online<br />

Kam pag nen, Making-ofs, Portfolios, Studioeinblicke<br />

und exklusive Reportagefotos<br />

von Events wie Pictoplasma, TYPO<br />

Berlin o<strong>der</strong> re:publica.<br />

≥ www.page-online.de/galerie<br />

Immer up to date<br />

n Bestellen Sie jetzt den kostenlo sen<br />

PAGE Newsletter und bleiben Sie auf<br />

dem Lau fenden rund um kreati ves Me -<br />

dien design, Publishing und <strong>Trend</strong>s. So<br />

erfahren Sie auch als Erste, wenn wir<br />

ein neues PAGE Seminar veranstalten<br />

o<strong>der</strong> eine Son<strong>der</strong>edition herausgeben.<br />

≥ www.page-online.de/newsletter


016 PAGE 06.13 SZENE Ausbildung<br />

AUSBILDUNG<br />

Stoned durch Licht:<br />

Der Neurostimulator<br />

Lucia N°03 ruft<br />

nicht nur interessante<br />

Farb- und<br />

Formenwelten vor<br />

dem inneren Auge<br />

hervor, son<strong>der</strong>n auch<br />

Tiefenentspannung<br />

bei völliger geistiger<br />

Klarheit. Rechts<br />

eine Interpretation<br />

des Zustands<br />

von Ralph Buchner<br />

Lichtreisen<br />

n Wahrnehmungsforschung. »Am<br />

Anfang danach immer aufgewühlt, die<br />

Augen flackern, das Hirn fühlt sich irgendwie<br />

geschwollen an. Wirkung wie<br />

Koffein, unruhig, unausgeglichen, nachdenklich.<br />

Man muss sich erst wie<strong>der</strong><br />

ordnen, aber es bewegt etwas«, so dokumentiert<br />

Designstudentin Caroline<br />

Hagenau den Effekt des Neurostimulators<br />

Lucia N°03. »Allmählich immer<br />

positi vere Wirkung, kurz danach abwesend,<br />

muss allein sein (. . .) nach innen<br />

Ruhe und Frieden (. . .) Auch Endorphinschub<br />

und Energie.« Ohne Drogen,<br />

nur mithilfe von Lucia untersuchte eine<br />

Gruppe von Kommunikations-, Industrie-<br />

und Fotodesignstudenten an <strong>der</strong><br />

Hochschule für angewandte Wis senschaften<br />

München unter Leitung von<br />

Professor Ralph Buchner die Auswirkun<br />

gen psychedelischer Erlebnisse auf<br />

die Kreativität. Durch die Kombination<br />

von Stroboskoplicht in unterschiedlichen<br />

Frequenzen und Konstantlicht<br />

regt das an eine Stehleuchte erinnernde<br />

Gerät bei geschlossenen Augen das<br />

Gehirn an und ermöglicht so hypnagoge<br />

und ähnliche Zustände wie auf LSD.<br />

Designstudentin Caroline Hagenau<br />

entwickelte ihren Illustrationsstil<br />

mit <strong>der</strong> Lichtreisemaschine weiter<br />

Nach <strong>der</strong> theoretischen Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

mit Wahrnehmung und<br />

Be wusstsein wagten die Studenten<br />

Selbstversuche – und berichteten von<br />

extremen Eindrücken während <strong>der</strong> Bestrahlung,<br />

von Farben, für die es keine<br />

Namen gibt, schwebenden Wesen o<strong>der</strong><br />

einem Blick ins Universum. <strong>Die</strong> Folge:<br />

Ein völliger entspannter und zugleich<br />

hellwacher Geisteszustand. »Eine solche<br />

Lichtreise kann so prägend sein<br />

wie jede spannende Reise«, sagt Ralph<br />

Buchner. Einige Teilnehmer brachen<br />

die Anwendung aufgrund von Herzrasen<br />

und <strong>der</strong> Wahrnehmungsintensität<br />

ab. <strong>Die</strong> meisten waren jedoch nach<br />

<strong>der</strong> Sitzung enorm produktiv, zeichneten<br />

o<strong>der</strong> fotografierten stundenlang<br />

und lösten sich dabei von alten Denkmustern.<br />

Caroline Hagenaus Illustrationen<br />

zum Beispiel, naiv anmutende,<br />

Gustav-Klimt-artige Porträts, entwickelten<br />

sich unter dem Einfluss des Neurostimulators<br />

zu kantigen, haptisch-intensiven<br />

Bil<strong>der</strong>n. Interessant wäre es<br />

zu erforschen, welche Wirkung das<br />

Gerät auf strategische Designdisziplinen<br />

wie zum Beispiel Markenkommunikation<br />

hat.<br />

wl


PAGE 06.13 017<br />

Bunter Therapiebegleiter<br />

n Illustriertes Buch. Kleine Figuren, die herumtollen,<br />

sich hinter Bäumen verkriechen o<strong>der</strong> plötzlich<br />

auflösen: Auf den ersten Blick hat Amelie Bartelsen<br />

in ihrer Abschlussarbeit im Studiengang Illustrationsdesign<br />

an <strong>der</strong> Bildkunst Akademie Hamburg eine lustige<br />

Kin<strong>der</strong>welt erschaffen. Auf den zweiten Blick zeigt<br />

sich <strong>der</strong> ernste Hintergrund: Das Buch »Das Leben ist<br />

kein Naturschutzgebiet« befasst sich in einer Mischung<br />

aus Sachbuch und Belletristik mit dem Thema Psychosen.<br />

Der Text und die begleitenden Illustrationen<br />

sollen spielerisch zwischen Betroffenen, Angehörigen,<br />

Ärzten und Pflegern vermitteln. <strong>Die</strong> Zeichnungen,<br />

die getrennt vom Text auf Postkarten festgehalten sind,<br />

muten wie ein Reisebericht an. Jede <strong>der</strong> 23 Karten<br />

wird durch ein Foto aus dem Klinikumfeld ergänzt, das<br />

einen Kontrapunkt zu <strong>der</strong> fiktiven Erzählung bildet.<br />

<strong>Die</strong> Idee zu dem etwas an<strong>der</strong>en Therapiebegleiter entstand<br />

aus ihrer eigenen Psychoseerfahrung. »Es war mir<br />

wichtig zu zeigen, dass eine Psychose neben allem Leid<br />

auch Nährboden für eine produktive Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

mit <strong>der</strong> Krise sein kann«, sagt Amelie Bartelsen.<br />

Das Buch gibt’s für 48 Euro bei Gudberg in Hamburg<br />

o<strong>der</strong> per Bestellung über birnental@gmail.com. nik<br />

Algorithmische Schönheiten<br />

n Generative Gestaltung. Bereits<br />

2012 beschäftigte sich Diana Lange<br />

mit <strong>der</strong> Gestaltung in Processing: Damals<br />

fasste sie naturinspirierte Grafiken,<br />

die im Rahmen eines Projekts im<br />

Masterstudiengang Gestaltung an <strong>der</strong><br />

Hochschule für angewandte Wissenschaft<br />

und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen<br />

entstanden, in einem<br />

Buch zusammen (siehe PAGE 07.12, Seite<br />

20). Im Rahmen ihrer Masterthesis<br />

»Zwischen den Stühlen. Grenzgänge<br />

zwischen Kunst, Design und Informatik«<br />

präsentiert sie nun eine Reihe von<br />

Porträts, die den <strong>generativ</strong>en Gestaltungsprozess<br />

selbst in den Vor<strong>der</strong>grund<br />

rücken.<br />

Anfangs hatte die Designerin keine<br />

bestimmte Ästhetik im Sinn, son<strong>der</strong>n<br />

experimentierte mit den Möglichkeiten<br />

von Processing. Sie arbeitete mit<br />

einem abstrakten Partikelsystem, das<br />

sie jedoch bald mit Fotos von Freunden<br />

und Familienmitglie<strong>der</strong>n kombinierte<br />

und so visuelle Anklänge zu<br />

Handzeichnungen erziel te. Ihr Processing-Code<br />

ordnet den Fotos Punkte<br />

zu: je dunkler die Bildbereiche, desto<br />

mehr werden dort platziert. Abhängig<br />

von <strong>der</strong> Darstellungsmethode entsteht<br />

die jeweilige Ästhe tik durch die Aggregation<br />

von Punkten, ihre Verbindung<br />

mit Linien, Einlinienzeichnung<br />

an ihnen entlang o<strong>der</strong> Triangulation.<br />

Bei Letzterer fügte Diana Lange den<br />

Porträts eine Zufallsmaske hinzu, die<br />

die Gesichter etwas verzerrt. fb<br />

Sowohl die von Diana Lange in Processing geschriebenen Code-Snippets als auch die<br />

Programmierumgebung selbst sind auf <strong>der</strong> Plattform OpenProcessing frei verfügbar


018<br />

PAGE 06.13<br />

TITEL<br />

Praktisch modular und typografisch<br />

unverwechselbar: Karl An<strong>der</strong>s hat alles<br />

richtig gemacht


PAGE 06.13 019<br />

Unser Web muss<br />

schöner werden<br />

Im Webdesign heißt es gründlich umdenken. <strong>Die</strong> visuellen Ansprüche <strong>der</strong><br />

User an das neue Leitmedium steigen, gleichzeitig wirft die Vielfalt <strong>der</strong> Devices<br />

technisch alles durcheinan<strong>der</strong>. Alte Rezepte funktionieren nicht mehr<br />

n Zwischen hippen Designs, wie sie<br />

die einschlägigen Online-Showcases à<br />

la FWA o<strong>der</strong> Awwwards zeigen, und<br />

<strong>der</strong> alltäglichen Arbeit im Auftrag von<br />

Kunden klafft eine tiefe, tiefe Lücke –<br />

und die scheint in Deutschland oft noch<br />

etwas tiefer zu sein als etwa in Großbritannien<br />

o<strong>der</strong> Skandinavien. Woran<br />

liegt’s und was sind die aktuellen Ansprüche<br />

an zeitgemäßes, attraktives<br />

und funktionales Webdesign? Welche<br />

Probleme und zugleich Chancen bringen<br />

<strong>Trend</strong>s wie Mobile First, Flat Design,<br />

bild schirm füllende Bildwelten, Interactive<br />

Video, Webfonts, Single-Page-<br />

Sites o<strong>der</strong> Parallax Scrolling? Wir haben<br />

provokative Thesen aufgestellt, dazu<br />

dann Statements führen<strong>der</strong> Webdesigner<br />

eingeholt und spannende Fallbei<br />

spie le gesammelt.<br />

cg<br />

≥ PAGE Online<br />

Alle Links zum<br />

Artikel finden Sie<br />

unter www.pageonline.de/<br />

schoeneres_web<br />

Richard Penna zeigt Arbeiten seines<br />

Studios Nioute mit Webfonts, die<br />

schon einen Vorgeschmack auf das<br />

jeweilige Projekt geben


020 PAGE 06.13 TITEL Webdesign<br />

<strong>Die</strong> New Yorker <strong>Agentur</strong><br />

Hello Monday nutzt auf<br />

<strong>der</strong> neuen <strong>Die</strong>sel-Site nur<br />

flache Bedienelemente<br />

Viele Webdesigndienstleister<br />

können besser<br />

programmieren<br />

als gestalten.<br />

n Liegt es an <strong>der</strong> Firmenstruktur und<br />

Per sonalpolitik o<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Aus bildungs<br />

situation, dass viele Digitalagenturen<br />

– beson<strong>der</strong>s in Deutschland –<br />

eher tech nisch als gestalterisch ausgerichtet<br />

sind? Bekommt <strong>der</strong> Kunde<br />

bessere Web sites von <strong>Agentur</strong>en, die<br />

eigentlich keine Interactive-Spezialisten<br />

sind, weil sie mehr Design-Knowhow<br />

haben?<br />

Roman Hilmer, Geschäftsführer<br />

Kreation Fork:<br />

Wir glauben an gutes Design.<br />

Vielleicht glauben an<strong>der</strong>e nicht an gutes<br />

Design. O<strong>der</strong>, wie es beim Thema<br />

Glauben häufiger vorkommt, sie glauben<br />

an ein an<strong>der</strong>es gutes Design. In<br />

manchen Gesprächen haben wir den<br />

Eindruck, dass gutes Design in Deutschland<br />

verpönt ist. Wir erleben immer<br />

wie<strong>der</strong>, dass davon ausgegangen<br />

wird, dass gutes Design nur Designer<br />

selbst sowie die gehobenen Schichten<br />

anspricht und dass man die breite Masse<br />

nur mit prolligem [sic] Design erreichen<br />

könne. Vielleicht verhalten sich<br />

darum einige <strong>Agentur</strong>en zu pragmatisch<br />

und legen mehr Wert auf Programmierung<br />

als auf Design. Auch bei<br />

Bewerbungen von Webdesignern fällt<br />

auf, dass viele sehr pragmatisch, vielleicht<br />

etwas zu pragmatisch vorgehen.<br />

Sie grei fen sich die zeitgeistigen Standards<br />

und trendigen Effekte und legen<br />

los, ohne länger über die eigentliche<br />

Designaufgabe nachzudenken.<br />

Yeliz Üney, Business<br />

Director Hi-ReS!:<br />

Ich glaube nicht, dass gestalterisches<br />

Know-how fehlt. Natürlich<br />

gibt es eine enorme Bandbreite von<br />

An bietern, <strong>der</strong> <strong>Trend</strong> geht immer mehr<br />

zu Kleinstagenturen. Aber Expertise ist<br />

im deutschen Markt durchaus vor handen.<br />

Ich könnte mir vorstellen, dass Unternehmen<br />

häufig schon einen tech nischen<br />

<strong>Die</strong>nstleister haben und das<br />

Webdesign dazukaufen. Aber alles, was<br />

sich im Frontend abspielt, muss in einer<br />

Hand bleiben. Sonst entstehen Sollbruchstellen,<br />

wenn ein Design an einen<br />

technischen <strong>Die</strong>nstleister übergeben<br />

wird und dann Entscheidungen<br />

zwischen Kunde und <strong>Die</strong>nstleister getroffen<br />

werden, die Auswirkungen aufs<br />

Design haben.<br />

Alexan<strong>der</strong> El-Meligi,<br />

Geschäftsführer demo<strong>der</strong>n:<br />

Viele Digitalagenturen werden<br />

nicht von Kreativen o<strong>der</strong> Designern<br />

geführt, son<strong>der</strong>n von Betriebswirten,<br />

In genieuren o<strong>der</strong> Informatikern. Dadurch<br />

ist <strong>der</strong> Anspruch an das Design<br />

verständlicherweise nicht <strong>der</strong>art ausgeprägt,<br />

da eventuell technische Ziele<br />

hö her priorisiert werden. Aber gerade<br />

durch die steigenden Nutzerzahlen<br />

und die massive Verbreitung von Apps<br />

et cetera setzen die Konsumenten inzwischen<br />

neben den rein techni schen<br />

Funktionen eine visuell an spruchs volle<br />

und sinnvolle Gestaltung voraus.<br />

Wie flach darf/<br />

soll eine Website<br />

sein?<br />

n Der Le<strong>der</strong>look von iCal ist ja angeblich<br />

von den Nähten an den Sitzen in<br />

Steve Jobs’ Privatflugzeug inspiriert.<br />

Ich habe solche Imitate von Material i-<br />

en wie Le<strong>der</strong>, Alu o<strong>der</strong> Glas schon immer<br />

verabscheut und mit einem Helferlein<br />

aus dem Netz den Kalen<strong>der</strong> so-


PAGE 06.13 021<br />

fort »entskeuomorphisiert«. Doch es<br />

gibt Hoffnung: Nach dem Abgang von<br />

iOS-Chef Scott Forstall will Jonathan<br />

Ive – an<strong>der</strong>s als Jobs und Forstall kein<br />

Fan des Pseudo-Analog-Looks – neue<br />

Wege gehen. <strong>Die</strong> Frage reicht allerdings<br />

tiefer als eine Aqua-Oberfläche:<br />

Fallen Verläufe, abgeflachte Kanten<br />

o<strong>der</strong> Schat teneffekte auch schon in die<br />

Kategorie des <strong>der</strong>zeit viel geschmähten<br />

Skeuomorphismus?<br />

Selbst wenn das Londoner Design<br />

Museum es zu einem <strong>der</strong> Designs of<br />

the Year kürte, muss man das Windows-<br />

8-Patchwork nicht lieben. Doch flache,<br />

modulare Layouts werden wir künftig<br />

allein deshalb öfter sehen, weil immer<br />

mehr Sites dem Motto »Mobile First«<br />

folgen. Farbflächen kommen mit weniger<br />

Kilobyte aus als skeuomorphe Bilddateien<br />

und sortieren sich im responsiven<br />

Webdesign mühelos neu. Beispie le<br />

sind – logischerweise im sogenannten<br />

Mo<strong>der</strong>n UI – die aktuelle Website von<br />

Microsoft o<strong>der</strong> die neue McDonald’s-<br />

Seite, umgesetzt von Razorfish. Für<br />

Ham- und Cheeseburger in teressiert<br />

man sich eben hauptsächlich, wenn<br />

man unterwegs ist.<br />

Thomas Junk, Geschäftsführer<br />

demo<strong>der</strong>n und 2013<br />

Mitglied <strong>der</strong> ADC-Digitaljury:<br />

Eine oft durch das Zitat des Bekann ten<br />

als Skeuomorphismus ins Interfa ce design<br />

gebrachte Haptik und Vertrautheit<br />

senkte die Hürde, sich mit einem<br />

neuen Medium auseinan<strong>der</strong>zusetzen.<br />

Wir sind jetzt aber an einem Punkt angekommen,<br />

wo das Gros <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

täglich im Kontakt mit digitalen<br />

Schnittstellen steht. Da darf das Interface<br />

wie<strong>der</strong> »es selbst sein«.<br />

Matt Harrop, Kreativdirektor<br />

Fork:<br />

Das Revival von minimalistischem<br />

flachem Design scheint eher eine<br />

Revolte gegen Apples Pseudorealismus<br />

zu sein als ein passen<strong>der</strong> visueller<br />

Stil für eine neue Technologie. Es<br />

ist eine nette Abwechslung und hat einige<br />

schöne Anwendungen hervorgebracht,<br />

kann aber auch zu weit gehen<br />

und die Usability behin<strong>der</strong>n. Soll ich<br />

klicken? Soll ich wischen? Soll ich pin-<br />

chen? Googles neuer Look (beispielsweise<br />

bei <strong>der</strong> Google-Maps-App) ist<br />

ein gelungener Mittelweg: flach, aber<br />

mit Texturen und Schatten als visuel le<br />

Referenzpunkte.<br />

Nicht so gelungene Fallbeispiele: Der<br />

Mobile-First-Ansatz ist perfekt, um sich<br />

aufs Wesentliche zu konzentrieren,<br />

schießt manchmal aber übers Ziel hinaus:<br />

Nach dem Relaunch sieht http://<br />

thenextweb.com auf einem 27-Zoll-Moni<br />

tor aus, als sei sie für Senioren o<strong>der</strong><br />

Sehbehin<strong>der</strong>te gestaltet. An<strong>der</strong>erseits<br />

begegnen einem <strong>der</strong>zeit öfter Sites, die<br />

eher den Look von Mo<strong>der</strong>n UI als dessen<br />

Funktionalität nutzen. So die neue<br />

WWF-Site, die flach und scheinbar modular<br />

daherkommt, dies auf mo bi len<br />

De vices aber nicht respon siv um setzt.<br />

Beim neuen Stadtportal Heiden heim.<br />

de funktioniert das zwar auf iPhone<br />

und Co, aber es kachelt nur auf <strong>der</strong><br />

Startseite, danach werden die Kacheln<br />

zum funktionslosen Hea<strong>der</strong>mus ter. Ein<br />

ähnliches Phänomen wie beim <strong>Trend</strong><br />

zu großen Bil<strong>der</strong>n, die sich auch oft nur<br />

auf <strong>der</strong> Startseite finden. Dann geht’s<br />

kleinteilig weiter wie eh und je . . .<br />

Wir wollen<br />

wie<strong>der</strong> was<br />

erleben!<br />

n Selbstverständlich reicht es nicht<br />

im mer, wenn Websites nur flach und<br />

praktisch sind. Manchmal wollen die<br />

User auch in spannende Erlebnisräume<br />

eintauchen. Aber wie gehen Rich Media<br />

und Immersion ohne Flash? Interactive<br />

Video o<strong>der</strong> das für die Darstellung<br />

animierter interaktiver 3-D-Welten ohne<br />

Plug-in nutzbare WebGL werden das<br />

in <strong>Zukunft</strong> mit Sicherheit immer häufiger<br />

möglich machen. Doch <strong>der</strong> Weg<br />

dorthin ist technisch nach wie vor holprig.<br />

Wir fürchten, dass es nicht deutsche<br />

Designer sein werden, die hier<br />

die Vorreiter abgeben . . .<br />

So lassen wir uns<br />

Skeuomorphismus<br />

gefallen: Website<br />

von Fl@33 für die<br />

Ausstellung »No<br />

one lives here« des<br />

Londoner Royal<br />

Collage of Art. Der<br />

Screenshot zeigt<br />

nur einen Teil <strong>der</strong><br />

Fläche, die man am<br />

Monitor stückchen -<br />

weise erkundet


022 PAGE 06.13 TITEL Webdesign<br />

Aufwendiger als ein<br />

Werbefilm: die Site<br />

www.inshootables.fr,<br />

die die neue Fähigkeit<br />

von Lumia-Smart -<br />

phones kommuniziert,<br />

Gruppenfotos<br />

erst zu schießen,<br />

wenn alle stillhalten<br />

yourwaytooz.com o<strong>der</strong> die überwiegen<br />

de Zahl <strong>der</strong> Google-Lab-Projekte<br />

wie Mr. doob et cetera. Aber wenn es<br />

nicht nur Parallax Scrolling in HTML5<br />

sein soll, son<strong>der</strong>n wirklich eine einzigartige<br />

und beeindruckende Inszenierung,<br />

nimmt die Cross-Platform-Optimierung<br />

noch sehr viel Zeit und Budget<br />

in Anspruch. Mit Flash erreicht man<br />

auf Desk tops immer noch die beste<br />

Performance und Reichweite. Eine für<br />

alternative Devices optimierte Anwendung<br />

ist sowieso meist wünschenswert.<br />

Man sollte also früh und transparent<br />

mit dem Kunden über Vor- und Nachteile<br />

<strong>der</strong> jeweiligen Lösung sprechen,<br />

um das ideale Konzept zu entwickeln.<br />

Wer kann Interactive Video? Egal, welche<br />

Techniken auf Dauer Flash für opulente<br />

Animationen ablösen, die Arbeit<br />

von Digitalagenturen wird das nicht<br />

fun damental än<strong>der</strong>n. Bei Video sieht<br />

das an<strong>der</strong>s aus – auf Dauer ist bildschirmfüllende<br />

Qualität auf Werbefilmniveau<br />

gefragt, von Regie über Ausstat<br />

tung bis zur Technik. Plus zusätzliches<br />

Know-how, denn das Video soll<br />

ja interaktiv sein. Ein Job für hochkarätige,<br />

dis ziplinenübergreifend arbei tende<br />

Spe zialisten. Wie die <strong>der</strong> französischen<br />

Agen tur Fighting Fish, die mit<br />

Wun<strong>der</strong>man Paris die links gezeigte<br />

Website für Nokia realisierte.<br />

Matt Harrop, Kreativdirektor<br />

Fork:<br />

Nirgends kommt <strong>der</strong> Kunde<br />

in so engen aktiven Kontakt mit <strong>der</strong><br />

Mar ke wie im Internet. Das ist eine große<br />

Chance und gleichzeitig eine große<br />

Gefahr, denn jede falsche Bewegung<br />

kann ihn für immer verscheuchen. Vor<br />

allem in Deutschland meiden viele Marken<br />

deshalb jedes Risiko und bieten<br />

bra ve, faktenbasierte Rationalisierungen<br />

<strong>der</strong> Vorzüge ihrer Produkte. Rationalität<br />

spricht einen bestimmten Typ<br />

Kun den an und sollte eingesetzt wer-<br />

den, wenn es passt. Aber auf emotiona<br />

lem Wege lässt sich eine damit<br />

unver gleichliche Motivation und aktive<br />

Nä he zur Marke erzeugen. Marken<br />

sind mehr als ihre Produkte, sie sollten<br />

aufhören zu rationalisieren, tief in ihren<br />

Mar ken kern eintauchen, um laut<br />

und stolz die Werte zu kommunizieren,<br />

für die sie ste hen.<br />

Alexan<strong>der</strong> El-Meligi,<br />

Geschäftsführer demo<strong>der</strong>n:<br />

Dass man auch ohne Flash<br />

schöne Erlebnisräume eröffnen kann,<br />

zeigen aktuelle Seiten wie www.find<br />

Große Bil<strong>der</strong>,<br />

viele Bil<strong>der</strong> . . .<br />

gute Bil<strong>der</strong>?<br />

n Einer <strong>der</strong> aktuellen <strong>Trend</strong>s hin zu<br />

attraktiverem Webdesign heißt große<br />

Bil<strong>der</strong>. Doch damit – und <strong>der</strong> steigenden<br />

Auflösung von Desktop- und Mobile-Displays<br />

– wachsen die Anforde-


PAGE 06.13 023<br />

rungen an die Qualität <strong>der</strong> Fotos. Billigbil<strong>der</strong><br />

von Plattformen, die einst nur<br />

entstanden, um den Hunger des Webs<br />

nach Lo-Fi-Fotos zu befriedigen, reichen<br />

da nicht mehr. Sind bei Digitalagenturen<br />

bald Shootings mit bekannten<br />

Fotografen ebenso Standard wie<br />

in <strong>der</strong> Printwerbung? Werden dort Artbuyer<br />

arbeiten, um das nötige Knowhow<br />

einzubringen?<br />

Thomas Junk, Geschäftsführer<br />

demo<strong>der</strong>n:<br />

<strong>Die</strong> Wirkung zählt: Mit wachsendem<br />

Selbstbewusstsein und steigen<br />

<strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ung an beeindruckende<br />

Inhalte werden Digitalagenturen<br />

immer öfter zum Koordinator <strong>der</strong> eigent<br />

lichen Inhaltsproduktion.<br />

Andreas Henkel, Projektbuero<br />

.HenkelHiedl:<br />

Nehmen wir die Zahnarztpraxis<br />

Kniha & Gahlert. <strong>Die</strong> machen, was<br />

Tausende an<strong>der</strong>e Zahnärzte auch machen.<br />

Was an ihrer Arbeit gegebenenfalls<br />

besser ist, ist im Detail zu komplex,<br />

um es mal schnell zu vermitteln. <strong>Die</strong><br />

Summe dieser Details lautet: Ästhetik.<br />

Und für die Vermittlung genau dieser<br />

Botschaft sind Fotos sehr guter Fotografen<br />

unerlässlich.<br />

Fallbeispiel coffeesurfing.illy.com:<br />

Wel che kreativen Möglichkeiten höhere<br />

Ansprüche an die Fotografie im Web<br />

eröffnen, zeigen Projekte wie das von<br />

Gabriele Galimberti für die Kaffeemarke<br />

illy. Der italienische Fotograf, <strong>der</strong><br />

sonst für »Newsweek«, »La Repubblica«<br />

o<strong>der</strong> »Vanity Fair« arbeitet, hatte gerade<br />

einen 18-monatigen Couchsurfing-<br />

Trip um die Welt beendet, als er wie<strong>der</strong><br />

losgeschickt wurde – diesmal zum<br />

Coffee Surfing. Dabei besucht und fotografiert<br />

er Menschen, die ihm bei<br />

ei nem Kaffee ihre persönliche Glücksgeschichte<br />

erzählen. Eine Idee des Desi<br />

gn studios Dolcestilnuovo aus Modena,<br />

das aus Fotos und Geschichten eine<br />

Website mit Splitscreen-Scrolling-Effekten<br />

bastelte. <strong>Die</strong> Site startete im Februar<br />

diesen Jahres – und lädt Interessenten<br />

zum Mitmachen ein. Seither ist<br />

Ga limberti in euro pä isch en Metropolen<br />

unterwegs und trinkt dort mit fremden<br />

Leuten Kaffee.<br />

Fallbeispiel herzo.adidas-group.com:<br />

Herzo was? Potenzielle Mitarbeiter aus<br />

dem Ausland nach Herzogenaurach<br />

zu locken, ist nicht leicht . . . Thorsten<br />

Konrad kreierte deshalb für adidas eine<br />

Recruiting-Site, die durchweg auf<br />

bildschirmfüllenden Fotos und Videos<br />

beruht. Jens Franke stand ihm konzeptionell<br />

sowie als Entwickler zur Seite<br />

und lieferte zudem attraktive Fotos, die<br />

auf seiner dreimonatigen Sabbatical-<br />

Fußreise durch den Süden Deutsch-<br />

lands entstanden ( http://100tage.jens<br />

franke.com ). Dazu kommen Videointerviews<br />

mit adidas-Mitarbeitern aus<br />

aller Welt in Herzogenaurach. Dabei arbeitete<br />

Konrad mit dem in Berlin lebenden<br />

israelischen Filmemacher Shai<br />

Levy zusammen – und einem amtlichen<br />

Team, zu dem auch ein zweiter<br />

Kameramann sowie ein Ton- und Kameraassistent<br />

gehörten. Bil<strong>der</strong> und Videos<br />

sind auf eine Karte gepinnt, sodass<br />

sich die Site wie ein Reiseführer<br />

Lust darauf, sich<br />

von einem<br />

Profi fotografen zu<br />

Hause porträtieren<br />

zu lassen?<br />

<strong>Die</strong> Kampagne<br />

http://coffeesurfing.<br />

illy.com macht<br />

es möglich<br />

Seit dem Launch<br />

von http://kniha<br />

gahlert.de mit Fotos<br />

von Thomas<br />

Straub bekommt<br />

Henkel Hiedl<br />

Anrufe von Zah n -<br />

arzt praxen, die<br />

auch so eine Seite<br />

und vor allem<br />

solche Fotos wollen


024 PAGE 06.13 TITEL Webdesign<br />

<strong>Die</strong> Recruiting-Site<br />

http://herzo.adidasgroup.com<br />

von<br />

Thorsten Konrad<br />

und Jens Franke<br />

lockt mit großen<br />

Bil<strong>der</strong>n nach<br />

Herzogenaurach<br />

Puristisch: <strong>der</strong> neue<br />

Onlineshop von<br />

Ojala Werke für die<br />

Königliche<br />

Porzellan-Manu faktur<br />

Berlin. Infos<br />

und Preise werden<br />

auf https://<br />

kpm-berlin.com<br />

nur bei Mouse-over<br />

sichtbar – wie im<br />

realen Showroom,<br />

<strong>der</strong> sich ohne<br />

Preisschil<strong>der</strong> aufs<br />

sinnliche Erleben<br />

<strong>der</strong> Produkte<br />

konzentriert<br />

senchance, aber auch eine Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

für Webdesigner, die bisher<br />

bloß das Handling einer Handvoll<br />

Schrif ten gewohnt waren. Ebenso wie<br />

beim Thema (Bewegt-)Bild gilt: Sofern<br />

entsprechendes Wissen inhouse nicht<br />

verfügbar ist, müssen Digitalagentu ren<br />

Spezialisten heranziehen, wenn sie Arbeiten<br />

auf höchstem Niveau abliefern<br />

wollen. Nehmen wir die auf Seite 18 gezeigte,<br />

wun<strong>der</strong>bare neue Site <strong>der</strong> Hamburger<br />

Corporate-Design- und Werbeagentur<br />

Karl An<strong>der</strong>s, die offenbar das<br />

Glück hat, einige Typocracks in ihren<br />

Reihen zu haben . . .<br />

Lars Kreyenhagen,<br />

Managing Partner Karl<br />

An<strong>der</strong>s:<br />

<strong>Die</strong> Fließtextschrift Aperçu Regular<br />

von The Entente aus London und die<br />

Aperçu Bold für Auszeichnungen sind<br />

unsere Hausschriften, die wir auch in<br />

Print nutzen. <strong>Die</strong> Headlinetype Karl_<br />

Eins ist eine Eigenkreation von Ann<br />

Eckert, die bei uns als Designerin arbeitet.<br />

Als sie uns die Schrift irgendwann<br />

zeigte, war sie noch nicht ganz fertig.<br />

Aber dann haben wir uns bei unserem<br />

Redesign auf die Schrift eingeschossen<br />

– ein Grund für Ann, sie zu finalisieren.<br />

Beim Webfont hat noch Marko<br />

Grewe, <strong>der</strong> ebenfalls bei uns als Designer<br />

arbeitet und zufällig das Schriftenlabel<br />

Avoid Red Arrows betreibt,<br />

mit Hand angelegt.<br />

Thomas Junk, Geschäftsführer<br />

demo<strong>der</strong>n:<br />

Für Headlines und Anleser<br />

sind Webfonts gerechtfertigt, allerdings<br />

sind viele Druckschriften nicht<br />

geeignet, am Bildschirm längere Texte<br />

zu vermitteln. Mit dem Einzug <strong>der</strong> Retina-Displays<br />

wird es aber definitiv eine<br />

Rückbesinnung auf die klassischen<br />

Ge staltungsregeln des Printdesigns geben,<br />

und hoffentlich werden Duktus<br />

und Erscheinung <strong>der</strong> klassischen Schriften<br />

an die neuen Einsatzgebiete angepasst.<br />

Momentan ist immer noch ärger<br />

lich, dass manche Schriften lizenztech<br />

nisch einfach nicht verfügbar sind<br />

(wie die Gotham von Frere-Jones). <strong>Die</strong><br />

Fonts sollte man auf jeden Fall auf<br />

Cross-Browser-Kompatibilität über prünutzen<br />

lässt, aber zusätzlich auch<br />

ganz schlicht wie eine PowerPoint-<br />

Präsentation mit den Pfeiltasten auf<br />

<strong>der</strong> Tastatur.<br />

Außerdem: Neben dem <strong>Trend</strong> zu XL-<br />

Fotos gibt es den zu vielen Bil<strong>der</strong>n, oft<br />

im Pinterest-Style wie bei <strong>der</strong> neuen<br />

H&M-Marke & Other Stories o<strong>der</strong> als<br />

Foto-Videoclip-Mosaik wie bei <strong>der</strong> Film-<br />

Website www.sideeffectsmayvary.com .<br />

Hier sind Bil<strong>der</strong> zweckmäßig, transportieren<br />

Informationen o<strong>der</strong> Atmosphäre.<br />

Wenig Sinn macht Bebil<strong>der</strong>ung um<br />

<strong>der</strong> Bebil<strong>der</strong>ung willen, etwa bei <strong>der</strong><br />

Tech-News-Seite ReadWrite. Am Fließband<br />

immer wie<strong>der</strong> Visuals für die gleichen<br />

abstrakten Technik- o<strong>der</strong> Branchenthemen<br />

finden zu müssen, kann<br />

einfach nicht gut gehen.<br />

Endlich wird das<br />

Web typografisch<br />

wachgeküsst!<br />

n Erst jetzt, wo die ganze Schriftenvielfalt<br />

nicht mehr nur als Bild, son<strong>der</strong>n<br />

in flexibler, fließen<strong>der</strong> Form zur<br />

Verfügung steht, ist Typografie wahrhaft<br />

digital und spielt als Gestaltungselement<br />

eine ganz neue Rolle. Eine Rie-


PAGE 06.13 025<br />

fen; denn selbst große Unternehmen<br />

bieten Schriften an, die merkliche Unterschiede<br />

zwischen Firefox und Safari<br />

aufweisen.<br />

Ole Schäfer, primetype.com:<br />

Oft werden eins zu eins ganz<br />

normale Schriften genommen,<br />

statt sie von einem Typedesigner<br />

für den im Vergleich zu Print niedrigauflösenden<br />

Monitor zurichten zu lassen.<br />

<strong>Die</strong> Buchstaben brauchen mehr<br />

Luft und deutlich mehr Kontrast zwischen<br />

den Strichstärken. Ich empfehle<br />

immer, kräftige Schriften und nicht zu<br />

geringe Punktgrößen zu wählen. Für<br />

Apps lohnt es sich auch, Fonts zu überarbeiten.<br />

Meist wird aber nur geguckt,<br />

was billig ist und am besten gar nichts<br />

kostet. Dazu kommen uneinheit liche<br />

Li zenzen. Man muss immer die EULAs,<br />

die End User Licensing Agreements,<br />

lesen o<strong>der</strong> nachfragen, bevor man<br />

einem Kunden eine Schrift vorschlägt,<br />

um sicherzugehen, dass lizenz rechtlich<br />

alles abgedeckt ist.<br />

Dem Bil<strong>der</strong>-<br />

Overflow setzt<br />

Ojala Werke<br />

eine <strong>Agentur</strong> website<br />

entgegen,<br />

die ohne Webfonts<br />

so nicht möglich<br />

gewe sen wäre –<br />

mit <strong>der</strong> Brandon<br />

von Hannes von<br />

Döhren aus<br />

Berlin, die 2011<br />

beim TDC 2 aus -<br />

gezeichnet wurde<br />

Mehr Weißraum,<br />

aber bitte nicht<br />

immer weiß!<br />

n Mit hellem Hintergrund und schicken<br />

Webfonts ein Art edle Printoptik<br />

zu erzeugen ist <strong>der</strong>zeit schwer angesagt.<br />

Beispiele sind <strong>der</strong> neue Luxuskosmetikshop<br />

www.planet-prestige.de<br />

(mit Flagship-Store in <strong>der</strong> Oranienburger<br />

Straße), www.bree.de von super-<br />

Real aus Hamburg o<strong>der</strong> die avantgardis<br />

tische www.owloptics.com . Doch gerade<br />

im Edel-E-Commerce hat sich<br />

die ser Look – zu dessen Vorläufern<br />

www.net-a-porter.com zählt – <strong>der</strong>art<br />

epidemisch verbreitet, dass manche<br />

Für das neue Portal<br />

Baden-Württemberg.de<br />

übernahm<br />

ressourcenmangel<br />

die Garamond<br />

als Corporate Type<br />

für Headlines und<br />

Zitate. Dazu kommt<br />

die Fließtextschrift<br />

Gudea und die<br />

Corporate-Designkonforme<br />

Eierschalenfarbe<br />

als<br />

Hintergrund


026 PAGE 06.13 TITEL Webdesign<br />

Blumensträuße im Abo: bei<br />

Blumeno.de mit klassizistischer<br />

Typo, Bloomy Days etwas<br />

weniger luftig und mit hinter -<br />

legten Headlines – Letztere<br />

hat auch die funktionalistischer<br />

gestaltete Miflora.de<br />

Auftritte einan<strong>der</strong> verblüffend ähneln.<br />

Wie die Sites <strong>der</strong> Abo-Blumen-<br />

Anbieter Bloomy Days aus Berlin, Miflora<br />

aus München und Blumeno.de<br />

aus Mülheim an <strong>der</strong> Ruhr.<br />

Nur zur Erinnerung: Weißraum kann<br />

auch schwarz sein (sieht immer edel<br />

aus, siehe www.dieselblackgold.com ),<br />

monochrom farbig, mit Verläufen o<strong>der</strong><br />

sogar gemustert – Hauptsache, die Inhalte<br />

werden schön reduziert und damit<br />

über sichtlich präsentiert. Beim Relaunch<br />

des Onlinemagazins »Swide«<br />

von Dolce&Gabbana versah Hi-ReS!<br />

London jede Rubrik mit einer an<strong>der</strong>en<br />

Hintergrundfarbe. Beson<strong>der</strong>s beliebt<br />

sind gerade auch mit einem Punktraster<br />

zurückgenommene Hintergrundbil<strong>der</strong><br />

wie bei www.love-odol.de o<strong>der</strong><br />

www.ufomammoot.de .<br />

Scrollen bis <strong>der</strong><br />

Arzt kommt?<br />

n In Sachen Scrollen hat sich enorm<br />

viel getan in den letzten Jahren, sei es<br />

durch CSS-Effekte, sei es durch die<br />

über Touchpads und -displays gelernten<br />

neuen Interaktionsformen. Auch<br />

Social-Media-Sites wie Twitter o<strong>der</strong><br />

Tumblr haben mit ihrem Infinite Scrolling<br />

auf an<strong>der</strong>e Seiten abgefärbt –<br />

zwei fellos sehr praktisch, nur die Verlinkung<br />

einzelner Themen stellt hier<br />

öfters ein Problem dar. Wun<strong>der</strong>bar sind<br />

auch Neuerungen wie Sticky Navigations<br />

o<strong>der</strong> Fixed Hea<strong>der</strong>s, die beim<br />

Scrollen einfach mitkommen und so<br />

immer verfügbar sind.<br />

Schwieriger sieht es beim Parallax<br />

Scrolling aus, bei dem – manche kennen<br />

es aus Jugendtagen von jump ’n’ runs –<br />

verschiedene Ebenen sich unterschiedlich<br />

schnell bewegen. Es gibt äußerst<br />

gelungene Anwendungen wie die zum<br />

DVD-Start gelaunchte Making-of-Site<br />

zum Film »Life of Pi«. <strong>Die</strong> sich gegeneinan<strong>der</strong><br />

verschiebenden Ebenen haben<br />

hier eine Funktion, zeigen sie doch<br />

mit beweglichen Vorher-Nachher-Darstellungen,<br />

wie einzelne Szenen entstanden<br />

sind. Oft aber lassen sich die<br />

Designer selbst zu sehr von den Effekten<br />

berauschen, die sie kreieren. Nirgendwo<br />

sonst schwirren Typo und Bil<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong>art verwirrend kreuz und quer<br />

über den Bildschirm wie da, wo von<br />

»amazing scrolling effects« die Rede<br />

ist. Ganz abgesehen davon, dass sich<br />

die kunstvollen Verschachtelungen zumeist<br />

mindestens so schlecht aktualisieren<br />

lassen wie die guten alten Flash-<br />

Zaubereien. Nur ein Hype ohne große<br />

<strong>Zukunft</strong> also?<br />

Thomas Junk, Geschäftsführer<br />

demo<strong>der</strong>n:<br />

Für die wachsende Zahl von<br />

Touch-Interface-Usern und Mausradscrollern<br />

ist es wesentlich einfacher<br />

und intellektuell nachvollziehbarer, Inhalte<br />

in <strong>der</strong> eigenen Geschwindigkeit<br />

aufzunehmen, als durch anstrengendes<br />

Blättern und Nachladen den Perzeptionsfluss<br />

immer wie<strong>der</strong> zu unterbrechen.<br />

<strong>Die</strong>sen Scrollvorgang mit<br />

»Effekten« zu belegen, soll mal mehr,<br />

mal weniger sinnvoll <strong>der</strong> Vermittlung<br />

<strong>der</strong> Inhalte dienen und durch überraschende<br />

Wendungen den Konsumenten<br />

am Ball halten. Für die überwiegen<br />

de Zahl <strong>der</strong> Scrollingeffekte reicht<br />

allerdings lei<strong>der</strong> die Performance <strong>der</strong><br />

mobilen Endgeräte häufig (noch) nicht<br />

aus, sodass die Annahme, eine HTML5-<br />

Seite würde auf jedem Gerät die gleiche<br />

Erfahrung gewährleisten, ad absurdum<br />

geführt wird.<br />

Matt Harrop, Kreativdirektor<br />

Fork:<br />

Uns wun<strong>der</strong>t die Formulierung<br />

»nur ein Hype«, denn unsere Branche<br />

basiert auf Hypes! Alle zwei drei<br />

Tage stoßen wir auf etwas, das verspricht,<br />

»die Welt zu verän<strong>der</strong>n«, und<br />

unsere Aufgabe ist es, am Ball zu sein,<br />

Dinge auszuprobieren . . . kurzum, den


PAGE 06.13 027<br />

Hype mit offenen Armen zu begrüßen.<br />

<strong>Die</strong> Erfahrung zeigt dann, welcher<br />

Stil für welches Projekt geeignet ist.<br />

Aber <strong>der</strong> Hype stößt erst mal zahlreiche<br />

Experimente an.<br />

Trent Walton, http://trent<br />

walton.com/2013/01/20/paral<br />

lax-scrolling-on-the-web:<br />

Vertikales Scrollen zu nutzen, um horizontale<br />

Bewegung auszulösen, kann<br />

sich wi<strong>der</strong>sprüchlich und unnatürlich<br />

anfühlen. Ähnliche Effekte, wie das<br />

Scrollen zu verlangsamen o<strong>der</strong> es zu<br />

nutzen, um Objekte zu laden o<strong>der</strong> zu<br />

animieren, kann schwerfällig und desorientierend<br />

wirken. Es gibt sicher Ausnahmen,<br />

aber man kann wohl nicht<br />

immer sagen, dass eine Site den User<br />

mit solchen Effekten stärker involviert.<br />

Ich selbst bin weniger involviert, wenn<br />

das Scrollverhalten nicht, wie man es<br />

erwartet, funktioniert o<strong>der</strong> mir gänzlich<br />

aus <strong>der</strong> Hand gleitet. Es ist wie im<br />

Auto: Sogar subtil verän<strong>der</strong>te Reaktionen<br />

bei <strong>der</strong> Steuerung verunsichern<br />

den Fahrer und lenken ihn von dem ab,<br />

was auf ihn zukommt.<br />

Ohne verschwurbelte<br />

Ebenen<br />

verbindet die Site<br />

von Ahoy Studios<br />

eine fixe Navigation<br />

sowie vertikales<br />

und horizontales<br />

Scrollen in<br />

einem schlichten<br />

und damit nachvollziehbaren<br />

Kreuz<br />

Dass Parallax-<br />

Scrolling-Sites für<br />

Making-ofs von<br />

Filmen wie gemacht<br />

sind, veranschaulicht<br />

http://journey.<br />

lifeofpimovie.com


028 PAGE 06.13 TITEL Webdesign<br />

Single-Page-Site mit doppeltem<br />

Boden: Bei dem von Roanne<br />

Adams für das Modemagazin<br />

»Lula« gestalteten Auftritt<br />

liegen hinter Aussparungen<br />

Fotos und Videos<br />

n Vom Thema Scrolling naturgemäß<br />

kaum zu trennen ist <strong>der</strong> <strong>Trend</strong> zum<br />

Single-Page-Design. Wobei viele Sites,<br />

die auf den ersten Blick so daherkommen,<br />

gar keine sind, son<strong>der</strong>n letztlich<br />

doch irgendwo wie<strong>der</strong> Links zu Unterseiten<br />

beinhalten. Statt wie bisher eine<br />

Website wie ein Buch o<strong>der</strong> ein Karteikartensystem<br />

aufzubauen, wird sie bei<br />

Single-Page-Sites quasi als eine große<br />

dynamische Leinwand verstanden. Angesagt<br />

sind <strong>der</strong>zeit Lösungen, die nur<br />

eine Scrollrichtung vorsehen, in <strong>der</strong><br />

sie eine – hoffentlich durchdachte – lineare<br />

Narration entwickeln.<br />

Fallbeispiele: Single-Page-Lösungen<br />

sind perfekt für Erklärwebsites ( http://<br />

everylastdrop.co.uk ) o<strong>der</strong> sonst wie<br />

Infografisches ( http://mailchimp.com/<br />

2012 ), um kleine exklusive Produktten<br />

gegeneinan<strong>der</strong> an tre ten – am Ende<br />

kann <strong>der</strong> Spieler die Version liken, die<br />

ihm besser gefiel. Bis jetzt hat HTML5<br />

mehr Likes, doch das salomonische Fazit<br />

von Waste lautet: »Bei des sind nur<br />

Werkzeuge, und wir lieben ALLE unsere<br />

Werkzeuge! Bei <strong>der</strong> Technik parteisch<br />

zu sein, führt nirgendwo hin.«<br />

Stimmt! Und wir fügen hinzu: Ebenso<br />

wenig zielführend ist es, bei Gestaltungstrends<br />

parteiisch zu sein. Bei je<strong>der</strong><br />

Aufgabe müssen die richtige Technik<br />

und die richtige Gestaltung zum<br />

Einsatz kommen – in Zusammenarbeit<br />

<strong>der</strong> jeweiligen Spezialisten auf ihrem<br />

Gebiet, bis hin zu Typo, Foto und Film.<br />

Auf dass Deutschland seinen Rückstand<br />

in Sachen kreatives, anspruchsvolles,<br />

mutiges, einfallsreiches Webdesign<br />

endlich aufholt.<br />

cg<br />

Single Page<br />

reicht doch!<br />

wel ten vorzustellen ( www.eden-made.<br />

de ), für Kampagnen-Microsites ( www.<br />

trifft-jeden.de ) und natürlich für Designerportfolios<br />

– letztgenannte Anwendung<br />

ist in diesen Tagen am häufigsten<br />

anzutreffen .<br />

Der Schuss kann aber auch nach<br />

hin ten losgehen. Etwa zu beobachten<br />

bei http://aform.lu, <strong>der</strong> Website eines<br />

Fitness-Coachs, wo die Bil<strong>der</strong> eben keine<br />

lineare Entwicklung zeigen und <strong>der</strong><br />

Sinn <strong>der</strong> verwirrend herein- und heraus<br />

fliegenden Zahlen sich erst am Ende<br />

offenbart, wenn man vermutlich<br />

bereits längst ausgestiegen ist. Mit perfektem<br />

Storytelling hin gegen ist www.<br />

flashvhtml.com um ge setzt. Dort lässt<br />

die <strong>Agentur</strong> Waste aus London Flash<br />

und HTML5 mit zwei eigens dafür programmierten<br />

»Waste Inva <strong>der</strong>s«-Va ri an-<br />

Single-Page-Storytelling:<br />

Waste aus<br />

London lädt auf<br />

www.flashvhtml.<br />

com zu einem<br />

Wettkampf zwi -<br />

schen Flash<br />

und HTML5 ein


ZeigeWasDesignKann.de


030 PAGE 06.13<br />

KREATION<br />

FOTOGRAFIE/AKTIONSKUNST<br />

Andre Price, 40, Hamburg<br />

www.surfingtrooper.tumblr.com<br />

Womit verdienen Sie Ihr Geld?<br />

Ich bin Creative Director Art bei Grabarz & Partner.<br />

Was machen Sie Kreatives in Ihrer Freizeit?<br />

Der »Trooper« ist keine Kunst, son<strong>der</strong>n eine Mission.<br />

Sie besteht darin, sich aus dem Imperium<br />

zu lösen und ein Jahr lang den Planeten Erde zu<br />

erkunden und zu besurfen. Have you seen him?<br />

Befruchtet Ihre Kunst Ihre Arbeit und an<strong>der</strong>srum?<br />

Freie Projekte zeigen mir, dass sich Kreativität<br />

immer einen Weg sucht.


PAGE 06.13 031<br />

≥ PAGE Online<br />

Weitere Freizeitkünstler<br />

und ihre Arbeiten finden<br />

Sie auf www.pageonline.de/freizeit-kreative<br />

.<br />

Falls Sie selbst Arbei ten<br />

zeigen wollen, schreiben<br />

Sie uns gerne an<br />

info@page-online.de<br />

Freestyle<br />

Viele Gestalter suchen in ihrer Freizeit den kreativen Ausgleich<br />

zum Alltagsjob. Wir stellen einige von ihnen vor<br />

n Manchmal kommt es einem so vor,<br />

als würde man nur noch Pixel schubsen<br />

und von einem Meeting zum nächsten<br />

hechten. Damit die Kreativität im<br />

Alltag nicht auf <strong>der</strong> Strecke bleibt, suchen<br />

viele Gestalter – ob Festangestell<br />

te o<strong>der</strong> Freelancer – in ihrer Freizeit<br />

nach einem Ventil für ihre kreative<br />

Ener gie. Ob Zeichnen, Fotografieren,<br />

Musikmachen, Bücherschreiben – die<br />

Beschäftigungen von Kreativen sind<br />

viel fältig und haben mal mehr, mal weniger<br />

mit dem Brotjob zu tun. Inspirierend<br />

sind sie aber in jedem Fall. Und so<br />

ist das freie Sichausleben und Ausprobieren<br />

nicht nur notwendig fürs Seelenheil,<br />

son<strong>der</strong>n hat auch konkre te Auswirkungen<br />

auf den Beruf. Ein Illustrator,<br />

<strong>der</strong> nebenbei mit Malerei und Comic<br />

ex perimentiert, kann seine Erfahrungen<br />

auch für den nächsten Kunden nutzen.<br />

Manchmal findet das Hob by sogar<br />

eine konkrete Umsetzung in ei ner Kampagne<br />

– wie das Beispiel »The Trashcam<br />

Project« zeigt (siehe Seite 32).<br />

Eine Möglichkeit, seine freien Arbei<br />

ten <strong>der</strong> Öffentlichkeit zu zeigen, bietet<br />

die Online-Community XH Collecti ve<br />

( www.cargocollective.com/xhcollective ).<br />

XH steht für extra hour – also jene Überstunden,<br />

die Gestalter in ihre eigenen<br />

kreativen Projekte investieren. <strong>Die</strong> rund<br />

80 Mitglie<strong>der</strong> des Kollektivs stammen<br />

größtenteils aus Hamburg und Berlin,<br />

aber auch Kreative aus Spanien, Brasilien<br />

und den USA haben sich angeschlossen.<br />

Neben <strong>der</strong> Online-Präsentation<br />

<strong>der</strong> Artworks organisierten die<br />

XH-Betreiber im vergangenen Jahr eine<br />

Ausstellung und eine Pop-up-Galerie<br />

in Hamburg. »XH Collective bringt Kunst<br />

und Ideen in die Öffentlichkeit, die ansonsten<br />

in Kellern und auf Festplatten<br />

verstauben«, erklärt Mitgrün<strong>der</strong> Timm<br />

Pau lick, <strong>der</strong> tagsüber als Texter bei<br />

VCCP in Berlin arbeitet und sich anschlie<br />

ßend um den Ausbau des XH-<br />

Netz werks küm mert. »Es ist wie eine<br />

Insel <strong>der</strong> Selbst verwirklichung, auf <strong>der</strong><br />

man Kraft für den Alltag tankt.« nik


032 PAGE 06.13 KREATION Freizeitkunst<br />

ANALOGE FOTOGRAFIE<br />

Mirko Derpmann, 41, Berlin<br />

Mirko Derpmann<br />

auf einer selbst<br />

beschichteten Platte<br />

mit einem etwa<br />

100 Jahre alten Objektiv<br />

1<br />

2<br />

Womit verdienen Sie Ihr Geld?<br />

Ich bin bei Scholz & Friends Berlin Creative<br />

Director Text und seit Anfang des<br />

Jahres Mitglied <strong>der</strong> Geschäftsleitung<br />

bei Scholz & Friends Agenda.<br />

Was machen Sie Kreatives in<br />

Ihrer Freizeit?<br />

Ich mache Fotos, meist analog und mit<br />

Verfahren, die schon ausgestorben sind<br />

o<strong>der</strong> in den letzten Zügen liegen.<br />

Warum sind Sie in Ihrer<br />

Freizeit kreativ?<br />

Man langweilt sich ja doch gelegentlich.<br />

Vor drei o<strong>der</strong> vier Jahren habe ich aus<br />

diesem Grund mit einem Freund eine<br />

Lochkamera aus einem Schuhkarton<br />

gebaut – mit Fotopapier, Entwickler<br />

und Fixierer. Das erste Bild war we<strong>der</strong><br />

beson<strong>der</strong>s spannend noch bemerkenswert:<br />

Es zeigte nur einen Hinterhof 1 .<br />

Aber wenn man immer nur mit seinem<br />

Handy knipst o<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Digitalkamera,<br />

in <strong>der</strong> 10 000 Patente und Algorithmen<br />

zusammenwirken, dann ist es<br />

schon eine Art Wun<strong>der</strong>, dass man ohne<br />

den ganzen Kram ein klar erkennbares<br />

Hinterhofbild produzieren kann.<br />

So nahm die Sache ihren Lauf. Wir haben<br />

dann viel im Internet herumgelesen,<br />

ausprobiert und uns immer mehr<br />

reingefuchst. Man muss ja erst herausfinden,<br />

was passiert, wenn ein Bild<br />

entsteht, um es ohne die Elektronik zu<br />

schaffen. Gerade sind wir dabei Glasplatten<br />

selber zu beschichten.<br />

Befruchtet Ihre Kunst Ihre Arbeit<br />

und an<strong>der</strong>sherum?<br />

Wenn man in einer Werbeagentur arbeitet,<br />

kann es nicht schaden zu wissen,<br />

wie Fotoapparate funktionieren.<br />

Insofern haben Hobby und Arbeit gelegentlich<br />

miteinan<strong>der</strong> zu tun. In meinem<br />

Fall ist die Beziehung noch enger:<br />

Gemeinsam mit Christof Blaschke und<br />

dem Fotografen Matthias Hewing habe<br />

ich vor einem Jahr eine Mülltonne<br />

<strong>der</strong> Hamburger Stadtreinigung zu einer<br />

riesigen Lochkamera umgebaut<br />

und gemeinsam mit den Müllmännern<br />

Hamburg fotografiert 2 ( www.flickr.<br />

com/photos/thetrashcamproject ). Damit<br />

haben wir einen silbernen Löwen<br />

in Cannes und viele an<strong>der</strong>e Preise gewonnen.<br />

Außerdem haben wir viel<br />

über riesige Lochkameras gelernt. Man<br />

kann also sagen, dass sich Hobby und<br />

Beruf in diesem Fall gegenseitig befruchtet<br />

haben.


PAGE 06.13 033<br />

COMIC<br />

Stephan Lorse, 28, Hamburg<br />

www.stephanlorse.eu<br />

Womit verdienen Sie Ihr Geld?<br />

Ich bin angestellt als Grafiker und Illustrator<br />

bei Kolle Rebbe.<br />

Was machen Sie Kreatives in Ihrer<br />

Freizeit?<br />

Hauptsächlich zeichne ich Comics. Zwischendurch<br />

ist auch mal Zeit für eine<br />

Stu die o<strong>der</strong> eine Illustration zu The men,<br />

die mir durch den Kopf gehen. Ich glaube,<br />

dass ich stilistisch sehr wan del bar<br />

bin, weil ich oft Neues ausprobie re.<br />

Warum sind Sie in Ihrer Freizeit kreativ?<br />

In meinem Beruf bin ich <strong>Die</strong>nstleister<br />

und immer sehr durch den konkreten<br />

Auftrag beschränkt. Darum nutze ich<br />

meine Freizeit, um mich kreativ zu verwirklichen<br />

und weiterzuentwickeln. <strong>Die</strong><br />

Kreativität in <strong>der</strong> Werbung ist nun mal<br />

sehr zielgerichtet, meist arbeitet man<br />

streng nach CI. Vor allem was Illustrationen<br />

angeht, sind viele Entschei<strong>der</strong> häufig<br />

noch sehr vorsichtig.<br />

Befruchtet Ihre Kunst Ihre Arbeit und<br />

an<strong>der</strong>sherum?<br />

Im Job profitiere ich sehr von meiner<br />

privaten Arbeit, da ich neue Methoden<br />

und Techniken, die ich mir aneigne, einfließen<br />

lassen kann. In die an<strong>der</strong>e Richtung<br />

ist das aber eher weniger <strong>der</strong><br />

Fall. Ich tobe mich in meiner Freizeit ja<br />

gerade deshalb aus, weil mir das im<br />

Job manchmal fehlt.<br />

ILLUSTRATION<br />

Gustavo Nardini, 30, São Paulo<br />

Womit verdienen Sie Ihr Geld?<br />

Ich bin Senior Creative/Art Director bei<br />

Saatchi & Saatchi in São Paulo.<br />

Was machen Sie Kreatives in<br />

Ihrer Freizeit?<br />

Ich versuche mich selbst in verschiedenen<br />

Bereichen und Kanälen auszudrücken:<br />

Fotografie, Collagen und Illustration.<br />

Je<strong>der</strong> dieser Bereiche hat seine<br />

ganz eigene Sprache. Mein erstes<br />

Buch »100 things to do after you are<br />

dead« war eine großartige Erfahrung.<br />

Durch die rund 100 Illustrationen, die<br />

ich ohne Photoshop et cetera gemacht<br />

habe, konnte ich meine Illustrationsfähigkeiten<br />

stark verbessern.<br />

Befruchtet Ihre Kunst Ihre Arbeit und<br />

an<strong>der</strong>sherum?<br />

Generell ist meine freie Kreation das<br />

Gleiche wie meine kreative Arbeit in<br />

<strong>der</strong> <strong>Agentur</strong>. Sie haben nur einen unterschiedlichen<br />

Schwerpunkt und enden<br />

somit unterschiedlich. In <strong>der</strong> <strong>Agentur</strong><br />

gibt es einen Adressaten, den wir<br />

von dem Produkt, <strong>der</strong> Promotion o<strong>der</strong><br />

was auch immer wir bewerben, überzeugen<br />

beziehungsweise darauf aufmerksam<br />

machen müssen. In meiner<br />

Kunst kann ich albern werden und<br />

muss mich um niemanden kümmern –<br />

einen Betrachter abholen o<strong>der</strong> Ähnliches.<br />

Entwe<strong>der</strong> versteht er meine Art,<br />

mich künstlerisch auszudrücken, o<strong>der</strong><br />

eben nicht. Letztlich ist also die Kunst<br />

die freiere von den beiden, aber beide<br />

kommen aus mir und sind ein Teil von<br />

mir selbst, ob ich will o<strong>der</strong> nicht. Wenn<br />

meine freie Kunst nicht ankommt,<br />

kann ich nichts auf den Kunden o<strong>der</strong><br />

den Konsumenten schieben. Es ist<br />

meine eigene Schuld.


034 PAGE 06.13 KREATION Freizeitkunst<br />

FOTOGRAFIE<br />

Daniel Kuhlmann, 32, Stuttgart<br />

www.danielkuhlmann.net<br />

Womit verdienen Sie Ihr Geld?<br />

Ich bin Key-Account-Manager bei Strichpunkt.<br />

Was machen Sie Kreatives in<br />

Ihrer Freizeit?<br />

Meine Fotografien aus dieser Serie sind<br />

Schnappschüsse von flüchtigen, aber<br />

dennoch sehr intimen Momenten. Es<br />

sind Augenblicke, in denen die Welt<br />

SLAM POETRY<br />

Karsten Lampe, 28 Jahre, Berlin<br />

Womit verdienen Sie Ihr Geld?<br />

Ich bin Junior Konzepter bei Scholz &<br />

Volkmer.<br />

Was machen Sie Kreatives in Ihrer<br />

Freizeit?<br />

Ich bin Slam Poet. Poetry Slam bedeutet,<br />

Menschen stellen sich einan<strong>der</strong><br />

mit ihren Texten im Wettbewerb und<br />

am Ende kriegt einer Ruhm, Ehre und<br />

eine Flasche Whiskey. Wer den Schnaps<br />

öffnen darf – denn getrunken wird er<br />

eh gemeinsam –, entscheidet am Ende<br />

das Publikum mit seinem Applaus.<br />

Auf Slams hört man alles Mögliche:<br />

Oden, Sonette, Comedy-Nummern. Alles<br />

ist erlaubt und alles bereichert den<br />

Abend. Ich selbst würde gerne behaupten,<br />

mit meinen rebellischen Kampfschriften<br />

gegen das Schlechte in <strong>der</strong><br />

Welt anzutexten, aber für aufrichti gen,<br />

den Magen zersetzenden Litera tenzorn<br />

bin ich einfach zu behütet aufgewachsen.<br />

Es reicht eher zu kleinen<br />

Geschichtchen persönlichen Unmuts.<br />

Über meinen Abwasch, das Glück und<br />

vor allem über all das dumme Zeug, das<br />

Menschen so über den Tag verteilt von<br />

sich geben. Ich glaube nicht, dass mir<br />

außen vor bleibt, weil sich alles auf einen<br />

Blick, eine Stimmung o<strong>der</strong> einen<br />

Gedanken fokussiert. <strong>Die</strong> Wärme solcher<br />

Momente versuche ich festzuhalten.<br />

Dass später nicht nur ich, son<strong>der</strong>n<br />

auch an<strong>der</strong>e Menschen diese beson<strong>der</strong>en<br />

Augenblicke in den Fotografien<br />

entdecken können und damit das Gefühl<br />

und die Erinnerung daran bewahrt<br />

bleiben – das ist für mich eine sehr beruhigende<br />

Vorstellung. Ich arbeite an<br />

dieser Serie seit über sechs Jahren.<br />

Warum sind Sie in Ihrer<br />

Freizeit kreativ?<br />

Weil ich etwas schaffen möchte, das<br />

für mich über den Tag hinaus eine Relevanz<br />

hat.<br />

Befruchtet Ihre Kunst Ihre Arbeit<br />

und an<strong>der</strong>sherum?<br />

<strong>Die</strong> Fotografie hat mich als Quereinsteiger<br />

überhaupt erst in die Designbranche<br />

gebracht. Darum lote ich die formalen<br />

Grenzen zwischen beiden Disziplinen<br />

für mich permanent aufs Neue<br />

aus. In meinem aktuellen Projekt arbeite<br />

ich mit Farbe, einer Linhof im 6-mal-<br />

12-Zentimeter-Format und an einem<br />

ganz beson<strong>der</strong>en Schauplatz: in Rom.<br />

Denn Rom ist, wenn man genau hinsieht,<br />

eine lebendige und nicht nur<br />

zeitlose Stadt.<br />

da in absehbarer Zeit <strong>der</strong> Stoff aus geht.<br />

Manchmal lacht das Publikum. Ich bilde<br />

mir dann gerne ein, sie lachen, weil sie<br />

den Text lustig finden und nicht mich.<br />

Warum sind Sie in Ihrer Freizeit kreativ?<br />

Ich habe versucht, in meiner Freizeit<br />

de struktiv zu sein, aber da musste ich<br />

hinterher immer so viel aufräumen.<br />

Befruchtet Ihre Kunst Ihre Arbeit<br />

und an<strong>der</strong>sherum?<br />

Kampagnen zu entwickeln o<strong>der</strong> auf einer<br />

Bühne zu stehen, fühlt sich manchmal<br />

sehr ähnlich an. Es geht immer darum,<br />

innerhalb kürzester Zeit Aufmerksamkeit<br />

zu erzeugen und dann inhaltlich<br />

zu überzeugen. Das klappt aber<br />

nur, wenn ich überraschend bin, mich<br />

formal von an<strong>der</strong>en abhebe und dabei<br />

trotzdem meine Geschichte verständlich<br />

erzähle. <strong>Die</strong> Herangehensweise ist<br />

insofern gleich. Allerdings habe ich<br />

noch nie etwas über meine Arbeit geschrieben<br />

und habe das auch nicht vor.<br />

Ich kann es gar nicht leiden, wenn<br />

Menschen mir von nichts an<strong>der</strong>em als<br />

von ihrer Arbeit erzählen können. <strong>Die</strong><br />

traurige Wahrheit ist, dass es mich nur<br />

selten interessiert, was du an deinen<br />

Schreibtisch tust, und ich gehe auch<br />

davon aus, dass es sich an<strong>der</strong>sherum<br />

genauso verhält.


036 PAGE 06.13 KREATION Freizeitkunst<br />

ILLUSTRATION<br />

Hobson Chant, Kreativteam aus<br />

Amsterdam, zusammen 76 Jahre alt<br />

Womit verdienen Sie Ihr Geld?<br />

Als Creative Directors und Partner bei<br />

WE ARE Pi in Amsterdam. Wir erschaffen<br />

Markenerlebnisse und Kommunikationskonzepte<br />

für TED und LEGO.<br />

Was machen Sie Kreatives in<br />

Ihrer Freizeit?<br />

Ideen, Illustrationen, Doodles.<br />

Befruchtet Ihre Kunst Ihre Arbeit und<br />

an<strong>der</strong>sherum?<br />

Bei WE ARE Pi ergänzen sich unsere<br />

freien Arbeiten und das Tagesgeschäft<br />

auf optimal Weise und gehen Hand in<br />

Hand. Das freut uns und ist nicht gerade<br />

alltäglich.<br />

FOTOGRAFIE<br />

Alexan<strong>der</strong> Bin<strong>der</strong>, 36, Stuttgart<br />

www.alexan<strong>der</strong>bin<strong>der</strong>.de<br />

Womit verdienen Sie Ihr Geld?<br />

Ich bin strategischer Planer bei Jung<br />

von Matt/Neckar.<br />

Was machen Sie Kreatives in<br />

Ihrer Freizeit?<br />

Mystisch-symbolhafte Fotografie mit<br />

melancholischem Unterton.<br />

Warum sind Sie in Ihrer Freizeit kreativ?<br />

Mir geht es darum, ein bisschen düstere<br />

Romantik in unseren Alltag zurückzubringen.<br />

Befruchtet Ihre Kunst Ihre Arbeit<br />

und an<strong>der</strong>sherum?<br />

Ich trenne beide Welten strikt voneinan<br />

<strong>der</strong>. So kann ich mich gezielt auf jedes<br />

Thema konzentrieren und dessen<br />

Eigenständigkeit bewahren.


PAGE 06.13 037<br />

MUSIK<br />

Jennifer Sanusi, 32, Hamburg<br />

Womit verdienen Sie Ihr Geld?<br />

Ich bin Chefassistentin <strong>der</strong> Geschäftsführung<br />

bei Jung von Matt.<br />

Was machen Sie Kreatives in Ihrer<br />

Freizeit?<br />

Meine Kunst ist die Musik: Ich bin Sängerin<br />

in <strong>der</strong> Band Red Candy. Darum<br />

dreht sich alles: vom Gesangsunterricht<br />

über Proben, Studioaufnahmen, Songwriting<br />

bis zu Auftritten. Da wird gerockt,<br />

denn das ist meine Musik.<br />

Warum sind Sie in Ihrer Freizeit kreativ?<br />

Kreativität ist mein Motor und Musik<br />

die Sprache, in <strong>der</strong> ich mich kreativ am<br />

besten ausdrücken kann. Gleichzeitig<br />

ist es ein wun<strong>der</strong>bares Ventil für meine<br />

Gefühle und Emotionen.<br />

Befruchtet Ihre Kunst Ihre Arbeit und<br />

an<strong>der</strong>sherum?<br />

Beides hat mit Kreativität zu tun – auch<br />

wenn es augenscheinlich nicht so erscheint.<br />

Disziplin und Genauigkeit sind<br />

beim Musikmachen genau so wichtig<br />

wie Spaß und Freude bei <strong>der</strong> Arbeit.<br />

ILLUSTRATION<br />

Daniela Garreton, 29, San Sebastián<br />

www.danigarreton.com<br />

Womit verdienen Sie Ihr Geld?<br />

Als freie Grafikdesignerin. Seit einem<br />

Jahr ist es glücklicherweise so, dass ich<br />

fast Vollzeit als Illustratorin arbeiten<br />

kann. So ist aus meiner Kunst ein richtiger<br />

Beruf geworden. Freie Projekte<br />

ohne Auftrag mache ich aber weiterhin.<br />

Ohne diese kreative Freiheit könnte<br />

ich nicht sein.<br />

Was machen Sie Kreatives in<br />

Ihrer Freizeit?<br />

In meinen freien Illustrationen zeige<br />

ich – sehr nostalgisch angehaucht –,<br />

wie verrückt und beson<strong>der</strong>s die Meere<br />

sind. Ich beschäftige mich mit <strong>der</strong> mysteriösen<br />

Welt <strong>der</strong> Ozeane, denn ich liebe<br />

das Wasser.<br />

Befruchtet Ihre Kunst Ihre Arbeit und<br />

an<strong>der</strong>sherum?<br />

Was man in seiner Freizeit macht, zeigt<br />

die wahre kreative Persönlichkeit und<br />

kehrt das Innerste nach Außen. Al les,<br />

was an Inspiration und Gedanken in<br />

ei nem schlummert, kann man ans Licht<br />

beför<strong>der</strong>n und alles Tun verän <strong>der</strong>n.


038 PAGE 06.13 KREATION <strong>Die</strong> <strong>Agentur</strong> <strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong>


PAGE 06.13 039<br />

Stairway to Heaven<br />

Wie stellen sich die großen Branchenplayer für die <strong>Zukunft</strong> auf? Wir haben traditionsreiche<br />

Design- und Werbeagenturen gefragt, was sie tun, um innovationsfähig zu bleiben<br />

n Hellwach und voller Elan erscheint Kai Röffen zum Gespräch<br />

und lässt uns wissen: Er fastet. Der Geschäftsführer<br />

von thjnk düsseldorf bietet uns einen Schluck seines roten<br />

Gemüsedrinks an und fachsimpelt eine Weile mit Dr. Rüdi ger<br />

Götz, Geschäftsführer von KW43 Branddesign, Division <strong>der</strong><br />

Netzwerkagentur Grey, über die Vorzüge des Entschlackens.<br />

Sich von altem Ballast befreien, Energie zurückgewinnen,<br />

sich neu justieren – das bewegt <strong>der</strong>zeit die gesamte <strong>Agentur</strong>welt.<br />

So sehr, dass sich gleich mehrere Branchengrößen<br />

weigern, PAGE Einblick in ihre bewegten <strong>Agentur</strong>struktu ren<br />

zu gewähren. Effizienz- und Kostendruck sind seit <strong>der</strong> Wirtschaftskrise<br />

gestiegen, aber auch die Komplexität von Kommunikationsprodukten.<br />

Unternehmen stückeln ihre Etats<br />

und verteilen sie auf mehrere <strong>Agentur</strong>en. Man unkt wie<strong>der</strong><br />

mal über das Ende <strong>der</strong> Netzwerkagenturen. Und Amir Kassei<br />

schimpft über die lausigen Sitten in <strong>der</strong> Branche.<br />

Doch es gibt nicht nur schlechte Nachrichten: Kai Röffen<br />

und Rüdiger Götz berichten von einem zunehmend professionellen<br />

<strong>Agentur</strong>screening, das den Aufwand durch Pitches<br />

reduziere. Dabei helfen Pitchberater ebenso wie die Vertrautheit<br />

mit <strong>der</strong> <strong>Agentur</strong>arbeit seitens <strong>der</strong> Auftraggeber. <strong>Die</strong>se<br />

verfügen über eine wachsende Design- und Medienkompetenz,<br />

was eine Kooperation auf Augenhöhe möglich macht.<br />

Dass mit <strong>der</strong> großen Krise <strong>der</strong> Lack <strong>der</strong> Branche abge blättert<br />

ist, empfinden die Protagonisten tendenziell als po si tiv. »Das<br />

Popzeitalter <strong>der</strong> Kreativen ist definitiv vorbei«, sagt Kai Röffen.<br />

Man erhofft sich eine therapeutische Wirkung in Bezug<br />

auf Größenwahn, Ichbezogenheit und die »man ches terkapitalistischen<br />

Zustände«, wie es Rüdiger Götz formuliert<br />

(unser Gespräch mit den beiden finden Sie ab Seite 40).<br />

Dass beson<strong>der</strong>s große <strong>Agentur</strong>en ihr Profil schärfen, beweglicher<br />

werden und ihre Strukturen flexibel managen<br />

müssen, ist schon lange offensichtlich. So unterschiedlich<br />

die Schwerpunkte <strong>der</strong> von uns befragten Design-, Kommunikations-<br />

und Werbeagenturen auch sind, es kristallisieren<br />

sich doch gemeinsame Muster und Ziele heraus. Das ist vor<br />

allem die neue Nähe zum Kunden und zu den Mitarbeitern.<br />

Das virtuelle Büro scheint eine erstaunlich gestrige Idee zu<br />

sein und Homeoffice eher die Ausnahme. Kollaborative Arbeitsmethoden<br />

setzen sich durch. Der persönliche Kontakt,<br />

das Feinstoffliche <strong>der</strong> Kommunikation werden sehr ernst<br />

genommen und Organisationsstrukturen um diese herum<br />

konstruiert: Kunden arbeiten mittlerweile tageweise in den<br />

<strong>Agentur</strong>en und <strong>Agentur</strong>mitarbeiter beim Kunden.<br />

Mit rund 50 Mitarbeitern zählt edenspiekermann nicht<br />

zu den ganz großen Markenagenturen, aber zu denen mit<br />

ei ner langen Geschichte <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung. Gegenwärtig ist<br />

das gesamte Unternehmen im ehemaligen Berliner Tagesspiegel-Gebäude<br />

vom agilen Arbeiten geprägt, das viele<br />

Dis ziplinen effizient zusammenbringt und in kleinen Schritten<br />

Verän<strong>der</strong>ungen sichtbar macht (mehr dazu auf Seite 45).<br />

Den unterschiedlichen Ansprüchen von Spezialisten und<br />

Generalisten unter einem Dach gerecht zu werden gehört<br />

zu den großen Herausfor<strong>der</strong>ungen. Während edenspiekermann<br />

ih re spezialisierten Kreativen individuell im strategischen<br />

Den ken schult, experimentieren an<strong>der</strong>e <strong>Agentur</strong>en<br />

mit ihren Abteilungsstrukturen.<br />

Scholz & Friends zum Beispiel kehrte von den probeweise<br />

eingeführten »orchestrierten Familien«, die nicht mehr<br />

nach Disziplinen organisiert waren, son<strong>der</strong>n in einer Einheit<br />

alle Disziplinen für den Kunden abbildeten, zu disziplinenbezogenen<br />

Units zurück (mehr dazu auf Seite 44). <strong>Die</strong><br />

projektbasierten Teams waren langsamer und brachten<br />

»mehr verwässerte, unscharfe Ideen« hervor, wie Stefanie<br />

Wurst, Geschäftsführerin von Scholz & Friends Berlin und<br />

Vorstand <strong>der</strong> Scholz & Friends Group, berichtet: »<strong>Die</strong> Schnellen<br />

haben sich an das Tempo <strong>der</strong> Langsamen angepasst<br />

und nicht umgekehrt. Wenn man Disziplinen mischt, leidet<br />

außerdem die spezifische Kompetenz. Im gemischten Team<br />

kann sich etwa ein Digitalspezialist nicht mehr mit seinen<br />

Fachkollegen austauschen und befruchten.« <strong>Die</strong> Peter<br />

Scholz & Friends<br />

Berlin hat neue<br />

Räume am Hackeschen<br />

Markt<br />

bezogen. »So ein<br />

neues Haus ist<br />

wie ein neues Klei -<br />

dungs stück;<br />

wir mussten es erst<br />

einmal eintragen<br />

und es uns gemütlich<br />

machen«, sagt<br />

Geschäftsführerin<br />

Stefanie Wurst dazu


040 PAGE 06.13 KREATION <strong>Die</strong> <strong>Agentur</strong> <strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong><br />

Schmidt Group wie<strong>der</strong>um macht das Gegenteil und integriert<br />

die Disziplinen, etwa die Digital-Unit, in projektbasierte<br />

Einheiten – mit <strong>der</strong> Erfahrung, auf diese Weise tiefere<br />

und ganzheitlichere Markenerlebnisse schaffen zu<br />

können (mehr dazu auf Seite 44).<br />

Mit einer transmedialen Kommunikation wird also nicht<br />

nur das Mo<strong>der</strong>ieren zwischen den Denk- und Arbeitsweisen,<br />

son<strong>der</strong>n auch zwischen den Disziplinen und Medien komplexer;<br />

<strong>der</strong> Stellenwert <strong>der</strong>jenigen, die im <strong>Agentur</strong>reigen den<br />

Überblick behalten – Strategen, Berater, Konzeptioner –<br />

wächst. Edenspiekermann will <strong>der</strong> Komplexität jedoch bewusst<br />

ohne solche Schnittstellenjobs Herr werden: Dass die<br />

Designer in diesen Zusatzkompetenzen geschult werden,<br />

passt gut zum wendigen, transparenten Arbeiten <strong>der</strong> Berliner,<br />

die den Kunden auf Augenhöhe einbeziehen.<br />

Viele <strong>Agentur</strong>en schärfen <strong>der</strong>zeit ihre Profile, indem sie<br />

ihre Kernkompetenzen neu strukturieren und formulieren.<br />

Ziel ist es, den immer selbstständigeren und agentur erfahreneren<br />

Auftraggebern Klarheit zu bieten. Darüber hinaus<br />

entstehen <strong>Die</strong>nstleistungen rund um die ursprüngliche Leistung,<br />

die dabei helfen, ein Design- o<strong>der</strong> Kommunikationsprodukt<br />

für die tägliche Anwendung und langfristig funk tio nsfähig<br />

zu machen: Bei edenspiekermann sind das Service<br />

Design und Change Management, bei Peter Schmidt hingegen<br />

<strong>der</strong> Bereich Brand Implementation.<br />

<strong>Die</strong> zunehmend strategische Herangehensweise ermöglicht<br />

es Brandingagenturen, vernachlässigte Kommunikationskanäle<br />

und an<strong>der</strong>e Lücken im Markenerlebnis o<strong>der</strong> Unzufriedenheit<br />

in <strong>der</strong> Belegschaft aufzuspüren. Mit den Werkzeugen<br />

<strong>der</strong> visuellen Kommunikation, dem Hinterfragen und<br />

Sichtbarmachen menschlicher Bedürfnisse, lassen sich Verän<strong>der</strong>ungen<br />

in die Realität überführen. Nicht die Grundlagen<br />

kreativer Produkte haben sich verän<strong>der</strong>t, son<strong>der</strong>n die Frage,<br />

wie <strong>Die</strong>nstleistungen den Platz in <strong>der</strong> Kommunikation finden,<br />

an dem sie am besten wirken können.<br />

<strong>Die</strong> optimale <strong>Agentur</strong>größe und -struktur gibt es mit Sicherheit<br />

nicht. Das Managen von Disziplinen und Innovationsprozessen<br />

ist in großen Strukturen aufwendiger, aber<br />

auch klei ne <strong>Agentur</strong>en arbeiten zunehmend in Form freier<br />

Netzwerke, die organisiert werden wollen. Eine <strong>der</strong> wesentli<br />

chen Herausfor<strong>der</strong>ungen für die <strong>Zukunft</strong> ist es, diese Prozes<br />

se selbst als Gestaltungsaufgabe zu verstehen. »Pro zessex<br />

zellenz wird künftig mehr Bedeutung erhalten – Kreativität<br />

ist nichts wert, wenn sie nicht implementiert werden<br />

kann«, erklärt Rüdiger Götz.<br />

Feueralarm bei Scholz & Friends. Kein Grund zur Panik:<br />

technische Probleme. Mit Geschäftsführerin Stefanie Wurst<br />

durchquere ich das Riesengebäude und trete in den Hauptstadt-Vorfrühling,<br />

wo sich nach und nach die Belegschaft<br />

einfindet und mit matschigen Schneebällen bewirft. Stefanie<br />

Wurst sieht den Wandel im <strong>Agentur</strong>wesen gelassen. Klug<br />

orchestrieren, effizienter arbeiten, digital denken, flexible<br />

Arbeitsstrukturen anbieten, so lautet die Devise – alles nur<br />

eine Frage <strong>der</strong> Organisation.<br />

<strong>Die</strong> Prognosen, welche Inhalte die Kreativwelt in <strong>der</strong><br />

nächsten <strong>Zukunft</strong> beschäftigen werden, überraschen kaum:<br />

digitale Markenführung, Corporate Social Responsibility,<br />

Content Marketing. Und dazu ganz übergreifend <strong>der</strong> Wunsch,<br />

die Kommunikations- und Konsumwelt zu entrümpeln und<br />

mit relevanten Produkten zu verbessern. <strong>Die</strong> Prinzipien <strong>der</strong><br />

Kommunikation selbst, sagt Stefanie Wurst, bleiben ja die<br />

Gleichen: weil sich die Wahrnehmung und die Bedürfnisse<br />

des Menschen nicht än<strong>der</strong>n.<br />

wl<br />

»Das Pop-Zeitalter <strong>der</strong><br />

In Düsseldorf trafen wir Rüdiger Götz von KW43 Branddesign<br />

n Ein Designer und ein Werber, die in<br />

den großen <strong>Agentur</strong>strukturen ge nauso<br />

zu Hause sind wie in kleinen, inhabergeführten<br />

Büros: Kai Röffen ist als<br />

Geschäftsführer von thjnk Düsseldorf<br />

Chef von 30 Mitarbeitern, während<br />

Dr. Rüdiger Götz, Managing Direc tor<br />

Cre ation bei Grey, <strong>der</strong>en Design unit<br />

KW43 Branddesign leitet. Dort sind<br />

eben falls 30 Mit arbeitern tätig. wl<br />

Warum Düsseldorf – und nicht<br />

Hamburg o<strong>der</strong> Berlin?<br />

Kai Röffen: Ich war in Frankfurt, Berlin,<br />

Hamburg – und nun Düsseldorf, das am<br />

meisten unterschätzt wird. <strong>Die</strong> Stadt<br />

hat Probleme, Leute mit den Ham burger<br />

Ambitionen und <strong>der</strong> Berliner Verrücktheit<br />

zu binden. Aber mit seiner<br />

Kultur- und Subkultur-Szene ist es ein<br />

Standort für den zweiten Blick.<br />

Wo würden Sie aus heutiger Sicht Ihren<br />

<strong>Agentur</strong>standort eröffnen?<br />

Götz: Ich würde zwischen Düsseldorf<br />

und Hamburg schwanken. Hamburg,<br />

weil es dort viele Talente gibt. Ich prophezeie<br />

dem Ruhrgebiet jedoch eine


PAGE 06.13 041<br />

Rüdiger Götz (links)<br />

und Kai Röffen<br />

(Mitte) mit PAGE-<br />

Redakteurin<br />

Wiebke Lang<br />

Kreativen ist definitiv vorbei«<br />

wir einen Kunden ohne Pitch gewonnen,<br />

<strong>der</strong> zunächst diese Reise durch<br />

die <strong>Agentur</strong>en unternommen hat, um<br />

anschließend mit zwei Favoriten Mundzu-Mund-Beatmung<br />

zu machen. Wir<br />

haben uns mehrfach bei ihm und bei<br />

uns getroffen, das Team vorgestellt, in<br />

großer Runde diskutiert. Zuletzt lernte<br />

ich den Unternehmer selbst kennen.<br />

Ich musste zu keinem Zeitpunkt mit<br />

dem üblichen Arbeitsprozess überzeugen,<br />

am Ende besiegelte nur ein Handschlag<br />

die Zusammenarbeit. Das erlebe<br />

ich immer häufiger. Dass sich das Screenen<br />

<strong>der</strong> <strong>Agentur</strong>en professionalisiert,<br />

hat aber auch mit <strong>der</strong> Entstehung <strong>der</strong><br />

<strong>Agentur</strong>- und Pitchberatungen zu tun.<br />

Wie erklären Sie sich den Wandel in <strong>der</strong><br />

<strong>Agentur</strong>auswahl?<br />

Götz: Eine neue Generation <strong>der</strong> Marketingverantwortlichen<br />

wächst heran,<br />

die Marketing als weniger glamourös<br />

ansieht. Der ökonomische Druck lässt<br />

die Unternehmen schlechtes <strong>Agentur</strong>management<br />

stärker wahrnehmen.<br />

Da bei wird sichtbar, wie wichtig die<br />

zwischenmenschlichen, feinstoffliund<br />

Kai Röffen von thjnk zum Gespräch über den Wandel <strong>der</strong> Branche und die Aufgaben für die <strong>Zukunft</strong><br />

spannende <strong>Zukunft</strong> – es ist viel attraktiver,<br />

als die Leute hier es sich selber<br />

be wusst machen. Wenn es nicht einen<br />

ge wissen Mangel an guten Design kreativen<br />

gäbe, wäre es ein perfekter Standort,<br />

auch aufgrund <strong>der</strong> zentralen Lage<br />

in Europa. Der Markt hier ist gut und<br />

bietet noch ausreichend Raum für weitere<br />

kreative Strukturen.<br />

Röffen: New York. Nee, ich würde mich<br />

sofort wie<strong>der</strong> für Düsseldorf entscheiden.<br />

Mir hat sich die Frage gestellt, als<br />

ich vor zweieinhalb Jahren gegründet<br />

habe. Hier gibt es so viel Business, internationale<br />

Konzerne und Mittel ständ ler,<br />

die vor Ort betreut werden wollen.<br />

Wie hat sich das Verhältnis zwischen<br />

<strong>Agentur</strong> und Kunden verän<strong>der</strong>t?<br />

Röffen: Bedingt durch die Krise verlangen<br />

Kunden viel mehr von uns. Sie<br />

sparen, lagern Leistungen aus, wollen<br />

viel mehr geführt werden, beziehen<br />

uns stärker in Prozesse ein, for<strong>der</strong>n<br />

sehr viel mehr Kontakt – sie trauen uns<br />

aber auch mehr zu. Unsere Arbeit besteht<br />

verstärkt aus Dirigieren. Dabei<br />

hilft Nähe: Je näher wir an einem Unternehmen<br />

dran sind, desto präziser<br />

erkennen wir Probleme und Chancen.<br />

Götz: Das kann ich bestätigen. Wenn<br />

wir ein Erscheinungsbild für ein kleine<br />

Firma in München entwerfen, ist es<br />

fast schon zu teuer, zwei Mitarbeiter<br />

vorbeizuschicken. Aber wie will man<br />

ein De sign entwickeln, ohne das Team<br />

gesehen zu haben? Wir erleben immer<br />

wie <strong>der</strong>, dass Unternehmen das echte<br />

Kennenlernen nicht als grundlegen den<br />

Teil <strong>der</strong> Leistung verstehen, die auch<br />

be zahlt werden muss. Dabei greifen<br />

wir als Corporate Designer massiv in<br />

die Genetik des Systems ein. Zusätzlich<br />

be obachte ich bei meinen Mitarbeitern,<br />

dass <strong>der</strong> physische Kontakt mit<br />

dem Kunden ihre Professionalität, Moti<br />

va tion und ihr Verantwortungsbewusstsein<br />

steigert. Hierbei geht es um<br />

grundmenschliche Abläufe, persönliche<br />

Beziehungen.<br />

Röffen: Bei uns wollen Auftraggeber<br />

immer öfter persönlich vorbeikommen,<br />

um uns schon vorm Pitch kennenzulernen<br />

– das ist in den letzten fünf Monaten<br />

viermal passiert. Kürzlich haben


042 PAGE 06.13 KREATION <strong>Die</strong> <strong>Agentur</strong> <strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong><br />

chen Aspekte sind. Das erste Mal<br />

habe ich diesen Wandel bewusst bei<br />

meiner ehemaligen <strong>Agentur</strong> Simon &<br />

Goetz festgestellt, im Pitch um den<br />

globalen Dialogetat für einen Automobilhersteller.<br />

Da gab es im Marketing<br />

eine richtige Liste aller schlechten Erfahrungen:<br />

Hier wurde definiert, wie<br />

oft man sich physisch sieht. Betreuende<br />

Geschäftsführer und Teammitglie<strong>der</strong><br />

wurden in dem Vertrag namentlich<br />

ausgewiesen, und bei einem Wechsel<br />

des Führungspersonals nahm das<br />

Unternehmen sich das Recht auf Vertragskündigung<br />

heraus. Es wollte nicht<br />

für ein intransparentes und anonymes<br />

System bezahlen, war nicht beeindruckt<br />

von einer <strong>Agentur</strong> und wollte<br />

keine Stars haben.<br />

Röffen: Das Popzeitalter <strong>der</strong> Kreativen<br />

ist definitiv vorbei. Personen waren<br />

immer die Treiber in <strong>der</strong> Kreativwirtschaft<br />

– wenn Key Player aus <strong>Agentur</strong>en<br />

abwan<strong>der</strong>ten, zogen Kunden oft<br />

mit. Aber heute geht es viel mehr um<br />

Vertrauen.<br />

Früher unterschied man Werbe- und<br />

CI-<strong>Agentur</strong>en – jetzt heißen fast<br />

alle Kommunikationsagentur. Was<br />

bedeutet das für die Praxis?<br />

Götz: Ich weiß nicht, ob sich das wirklich<br />

auflöst. Wir werden als Design-,<br />

nicht als Kommunikationsagentur gebucht.<br />

Unsere Kunden verlangen eine<br />

klar profilierte Kernkompetenz. <strong>Die</strong> Fähigkeit,<br />

die eigene Arbeit mit an<strong>der</strong>en<br />

Disziplinen zu verbinden, setzen Auftraggeber<br />

als Selbstverständlichkeit voraus.<br />

Kun den und <strong>Agentur</strong>en unterschät<br />

zen aber häufig den Aufwand von<br />

wirklich integrierter Kommunikation.<br />

<strong>Die</strong> Prozesshaftigkeit, die Prozessexzellenz<br />

wird künftig noch mehr Bedeu<br />

tung erhalten, denn Kreativität ist<br />

nichts wert, wenn sie nicht implementiert<br />

werden kann.<br />

Röffen: Wir müssen eine neue Kultur<br />

für die komplexer werdenden Kommu<br />

ni kationsprodukte entwickeln. Wer<br />

über nimmt welche Rolle? Wie gehen<br />

wir miteinan<strong>der</strong> um? Wir spielen dasselbe<br />

Fußballspiel, nur nicht mehr mit<br />

11, son<strong>der</strong>n mit 22 Personen. Dabei<br />

muss sich auch ökonomisch nie<strong>der</strong>schlagen,<br />

dass wir Generalisten ebenso<br />

wie Spezialisten einen Rahmen bieten.<br />

Aber das wird nicht passieren,<br />

solange alle in eigenständigen GmbHs<br />

arbeiten. Wir kooperieren mit kleinen<br />

Partneragenturen, die sensationelle digi<br />

tale Produkte entwickeln. Aber wenn<br />

wir sie auffor<strong>der</strong>n, zu einem Pitch mitzukommen,<br />

lohnt sich <strong>der</strong> Aufwand<br />

für sie kaum. Während das bei großen<br />

Playern selbstverständlich ist, weil klar<br />

ist, wer zahlt. Wer welchen Anteil an<br />

<strong>der</strong> kreativen Leistung hat, müsste am<br />

Ende des Tages egal sein. Mein Ideal ist<br />

also: nur ein Kostencenter.<br />

Welche Jobprofile werden dabei<br />

künftig wichtiger?<br />

Röffen: Wir sollten den Bereich Traffic<br />

vollständig neu definieren. Große<br />

Agen turen benötigen Trafficer, die Prozes<br />

se und Strukturen gestalten und<br />

steu ern. Also einen Mitarbeiter, <strong>der</strong> sich<br />

fragt: Wel che Personen, Skills und Prozesse<br />

brau chen wir, um für eine spezifische<br />

Aufgabenstellung zu Innovation<br />

zu gelangen?<br />

Das machen vor allem Designagenturen<br />

doch schon, etwa mit Design Thinking<br />

und im Design Management.<br />

Röffen: Oft kommt das Neue aus dem<br />

Design. <strong>Die</strong> Kommunikation denkt zu<br />

klassisch. Wir verfallen in alte Besitzstände,<br />

lassen zu wenig los. Darum beneide<br />

ich euch Designer manchmal: Ihr<br />

habt die Möglichkeit, das große Ganze<br />

zu hinterfragen.<br />

Was fehlt Ihnen heute zu einer<br />

zukunftsfähigen <strong>Agentur</strong>?<br />

Röffen: Der Spaß in den <strong>Agentur</strong>en<br />

ist verloren gegangen. Das Lebendige,<br />

Offene, die Freiheit. <strong>Die</strong> Branche wirkt<br />

so geschunden! Im Moment scheint alles<br />

ein Problem zu sein.<br />

Götz: Aber das Hecheln resultiert<br />

doch aus einer Lebensdynamik, die eine<br />

per manente Erhöhung <strong>der</strong> Geschwindigkeit<br />

vorsieht.<br />

Röffen: Also mir macht das Spaß.<br />

Götz: Ein Berufseinsteiger wird doch<br />

von 0 auf 150 gezwungen. Wir brauchen<br />

proaktive, weltgewandte Menschen,<br />

die Spaß an <strong>der</strong> Vielfalt haben,<br />

die aber auch Exzellenztiefe bieten.<br />

Viele Designer wollen aber nicht zum<br />

Kunden, son<strong>der</strong>n in Ruhe gelassen<br />

werden. <strong>Die</strong> <strong>Agentur</strong> <strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong><br />

muss viel mehr Mühe in eine professionelle<br />

Talentmanagementkultur investieren.<br />

<strong>Die</strong> wurde in <strong>der</strong> Kreativbranche<br />

meistens mit Bauchgefühl gehandhabt,<br />

und wenn’s nicht klappte,<br />

war das eben nur ein Kavaliersdelikt.<br />

Wirkt die Branche so spaßbefreit,<br />

weil alle verunsichert sind?<br />

Röffen: <strong>Die</strong> Branche bekommt zu<br />

Recht keine guten Leute mehr – wir<br />

müssen ein Umfeld für Begeisterung<br />

schaffen. Das geht aber nicht, wenn<br />

wir mit zwei Leuten produzieren, wofür<br />

früher drei Leute gebraucht wurden.<br />

Leuteschleifen funktioniert nicht<br />

mehr. Wir müssen innovative Arbeitsweisen<br />

finden, um kreativ sein zu können,<br />

und das zudem als Teil unserer<br />

Arbeit verstehen.<br />

Götz: Man kann bei <strong>der</strong> jüngeren Generation<br />

meiner Studenten und Mitarbeiter<br />

eine gewisse Resignation erken<br />

nen – sie haben das Gefühl, viel zu<br />

geben und dafür wenig zurückzubekommen.<br />

Röffen: Das Berufsbild hat in <strong>der</strong> Außenwirkung<br />

keinen Sex mehr – ganz<br />

zu Unrecht.<br />

Götz: Das Gute ist, dass die Kreativwirtschaft<br />

dadurch mehr solche Leute<br />

anzieht, die intrinsisch motiviert und<br />

nicht nur an einem schicken Berufs-<br />

Lifestyle interessiert sind. Aber das<br />

manchesterkapitalistische Bild von Arbeit<br />

ist von gestern – insofern ist eine<br />

Nach wuchsflaute ein guter Weckruf<br />

für die Branche.<br />

»Das manchesterkapitalistische Bild von<br />

Arbeit ist von gestern – insofern ist eine Nachwuchsflaute<br />

ein guter Weckruf für die Branche«


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044 PAGE 06.13 KREATION <strong>Die</strong> <strong>Agentur</strong> <strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong><br />

<strong>Zukunft</strong>sstrategien<br />

Scholz & Friends Berlin<br />

Stefanie Wurst, Vorstand <strong>der</strong> Scholz &<br />

Friends Group und Geschäftsführerin<br />

von Scholz & Friends Berlin<br />

Digitale Innovation dirigieren.<br />

Ob es sich um klassische Handelsmarken<br />

wie Saturn handelt, die online gehen,<br />

o<strong>der</strong> um Plattformen wie trivago,<br />

die es nur online gibt – unsere Aufgabe<br />

als <strong>Agentur</strong> ist es, für unsere Kunden<br />

die Deutungshoheit und Steuerung<br />

von Marken zu behalten. Deshalb gibt<br />

es in all unseren Units digital denkende<br />

Menschen und zudem eine Einheit<br />

von Online-Spezialisten, die sich vor allem<br />

mit Strategie und Analytics beschäftigt.<br />

Wir glie<strong>der</strong>n die Belegschaft<br />

in Units, unter an<strong>der</strong>em für PR, Werbung<br />

und Digital. Das ist wie in einem<br />

Dorf: Alle arbeiten in ihren fachspezifischen<br />

»Familien« und treffen sich auf<br />

dem »Marktplatz«, um sich auszutauschen.<br />

Wenn man Disziplinen mischt,<br />

lei det unserer Erfahrung nach die spezifische<br />

Kompetenz. In einem gemischten<br />

Team kann sich etwa ein Digitalspezialist<br />

nicht mehr mit seinen Fachkollegen<br />

austauschen und befruchten.<br />

Neue Anfor<strong>der</strong>ungen integrieren.<br />

Neben Corporate Social Responsibility<br />

wird das Thema Content Marketing in<br />

unserem Orchester immer wichtiger.<br />

Hier geht es nun darum, Informationen<br />

leicht verständlich aufzubereiten. Dazu<br />

brauchen wir journalistisch den kende<br />

Kreative und Designer, die das Formulieren<br />

und Visualisieren komplexer<br />

Information beherr schen. Generell gewinnen<br />

Employer Branding und anspruchsvolle<br />

Kommunikation im B2B-<br />

Bereich an Bedeutung. In Deutschland<br />

gibt es viele Weltmarktführer wie STIHL<br />

Motorsägen o<strong>der</strong> Würth Befestigungstechnik,<br />

die im Zuge <strong>der</strong> Globalisierung<br />

und des Margendrucks das Thema Marke<br />

für sich entdecken. Zudem erkennen<br />

Regierung, Verbände und Institutionen<br />

ihren steigenden Kommunikationsbedarf<br />

– Beispiel Energiewende.<br />

Für Effizienz sorgen.<br />

Wir haben es mit immer komplexeren<br />

Kampagnen zu tun, die nur mit höherem<br />

Aufwand produziert werden können.<br />

Gleichzeitig nimmt <strong>der</strong> Effizienzund<br />

Kostendruck seitens <strong>der</strong> Unternehmen<br />

zu. Das Einzige, was hilft, ist<br />

<strong>der</strong> ständige Versuch, schnell und zielgenau<br />

zu Ergebnissen und Entscheidungen<br />

zu kommen. Der größte Effizienzkiller<br />

ist, die eigene Unsicherheit in<br />

die <strong>Agentur</strong> hinein zu tragen und unerfahre<br />

ne Leute ohne genaues Briefing<br />

arbei ten zu lassen. Das frühzeitige<br />

Festlegen <strong>der</strong> Leitidee ist <strong>der</strong> größte<br />

Effizienzhebel. Aus diesem Grund<br />

ist es so wichtig, sich schon zu Anfang<br />

mit erfahrenen Leuten zusammen zusetzen<br />

und so lange zu arbeiten, bis es<br />

eine klare Leitidee gibt, die anschließend<br />

in <strong>der</strong> <strong>Agentur</strong> weiterentwickelt<br />

werden kann.<br />

Flexible Arbeitszeitmodelle<br />

ermöglichen.<br />

<strong>Die</strong> »ZEIT« hat mit ihrem Titel »Faul<br />

und schlau« kürzlich das Phänomen<br />

<strong>der</strong> »Generation Y« auf den Punkt gebracht.<br />

Das ist die neue, anspruchsvolle<br />

Mitarbeitergeneration, die Work-<br />

Life-Balance schon im Bewerbungsgespräch<br />

for<strong>der</strong>t. Wir müssen damit<br />

leben, dass die Tendenz zur Selbstaufopferung<br />

in <strong>Agentur</strong>en ausstirbt. Wichtig<br />

ist, dass die Leute mit anpacken,<br />

wenn Not am Mann ist, und dass keiner<br />

seine Kollegen im Stich lässt. <strong>Die</strong>se<br />

mensch liche Qualität erwarten wir<br />

schon. Ich schätze, dass bereits 20 Prozent<br />

unserer Mitarbeiter ein flexibles<br />

Arbeitszeitmodell nutzen. <strong>Die</strong>ser Anteil<br />

wird weiter zunehmen. Das sind<br />

Men schen bei<strong>der</strong> lei Geschlechts, jüngere<br />

Mitarbeiter, die sich nebenbei um<br />

ein Herzensprojekt kümmern, ebenso<br />

wie Füh rungskräfte, die Familie o<strong>der</strong><br />

Hoch schuljobs haben. Das ist zwar ein<br />

wenig aufwendiger in <strong>der</strong> Planung,<br />

aber irgendwie funktioniert es letztlich<br />

doch immer . . .<br />

<strong>Zukunft</strong>sstrategien<br />

Peter Schmidt Group<br />

Gregor Ade, Managing Partner bei<br />

Peter Schmidt Group<br />

Schlank aufstellen.<br />

<strong>Die</strong> Krise 2008/09 hat die Honorarsituation<br />

eklatant verän<strong>der</strong>t: In <strong>der</strong> Marken<br />

kommunikation wurden die Budgets<br />

zusammengekürzt, während die<br />

<strong>Agentur</strong>kosten gleichblieben. Langfristige<br />

Kunden werden seltener, viele vergeben<br />

ihre Etats gestückelt und nach<br />

Dis ziplinen getrennt. Wir müssen uns<br />

also schlanker aufstellen. Wir hatten<br />

schon immer eine schlanke Struktur,<br />

ge rade in <strong>der</strong> Verwaltung. In <strong>der</strong> Krise<br />

haben wir etwa im Einkauf gespart und<br />

auf das Netzwerk zurückgegriffen.<br />

Netzwerk nutzen.<br />

Für uns ist <strong>der</strong> schnelle, unkomplizier te<br />

Kontakt zu Disziplinen, die im eigenen<br />

Haus nicht vertreten sind, ein Vorteil.<br />

Stabilität ist auch für die Zusammenarbeit<br />

hilfreich – ein Netzwerk part ner<br />

ist dann eben doch kein Externer. Auch<br />

kleine <strong>Agentur</strong>en müssen ja mit an<strong>der</strong>en<br />

<strong>Agentur</strong>en o<strong>der</strong> Freelancern kooperieren.<br />

<strong>Die</strong> haben dann nur wenig<br />

Zeit o<strong>der</strong> sind nicht im Thema. Natürlich<br />

gilt: In einer straffen Organisationsund<br />

Kostenstruktur muss man standhalten.<br />

Und die Barrieren zwischen Einzelagenturen<br />

und Disziplinen müssen<br />

weiter ausgeräumt werden.<br />

Kreation und Konzeption stärker<br />

verknüpfen.<br />

Wir müssen als Markenagentur kommunikativer<br />

auftreten, uns mehr <strong>der</strong> klassischen<br />

Kommunikation widmen. Einprägsame<br />

Markenerlebnisse verlangen<br />

die Verknüpfung von Kreation und Konzeption.<br />

Damit die Kreation ihr Profil<br />

behält, braucht es aber nicht nur Generalisten,<br />

son<strong>der</strong>n auch hoch spezialisierte<br />

Schriftgestalter. Es ist wichtig,<br />

diese Spezialisten nicht zu verlieren!<br />

Sich auch die leisten zu können, ist ein<br />

Vorteil großer <strong>Agentur</strong>en.


PAGE 06.13 045<br />

<strong>Zukunft</strong>sstrategien<br />

edenspiekermann Berlin<br />

Pia Betton und Robert Stolle, Partner<br />

bei edenspiekermann Berlin<br />

Selbstbesinnung.<br />

2009 hatten wir eine wirklich schwere<br />

Krise. Absur<strong>der</strong>weise haben wir bis dahin<br />

quasi keine Akquise gemacht. Damals<br />

schauten wir uns bewusst um in<br />

<strong>der</strong> Welt und fragten uns: Was interessiert<br />

uns? Welche Aufgaben würden<br />

wir gern bewältigen? Unterbeschäftigt,<br />

wie wir waren, setzten wir uns in Teams<br />

zusammen und recherchierten zu Themen<br />

wie Outdoor, Essen, Fahrradfahren.<br />

Daraus entstanden Präsen ta tionen,<br />

mit denen wir uns bei po tenziel len<br />

Auftraggebern vorstellten. Eine in teres<br />

sante Zeit, in <strong>der</strong> wir den Grundstein<br />

für viele neue Strukturen gelegt haben.<br />

Kernkompetenzen schärfen.<br />

Vor Kurzem haben wir vier Schwerpunk<br />

te definiert: 1. digitale Produkte<br />

und Services, also die Konzeption, Gestaltung<br />

und Entwicklung digitaler Medien;<br />

2. Brand Development, das steht<br />

für eine ganzheitliche Markenentwicklung;<br />

3. Service Design als sys te ma tische<br />

Anwendung von Design Research<br />

mit Blick auf das Nutzererlebnis quer<br />

über alle Medien hinweg; 4. En ab ling<br />

Change, weil wir erkannt ha ben, dass<br />

unsere Gestaltungsarbeit im mer Verän<strong>der</strong>ung<br />

in den Unternehmen bedeutet.<br />

Dabei setzen wir unsere Kompetenz<br />

ein, Dinge sichtbar, verständlich<br />

und kommunizierbar zu machen.<br />

welcher Stelle für ihn zuständig ist,<br />

auch wenn er in einer Woche parallel<br />

an verschiedenen Projekten arbeitet.<br />

Allerdings haben wir <strong>der</strong> Cloudstruktur<br />

anfangs zu viel Bedeutung beigemessen,<br />

und die Mitarbeiter identifizierten<br />

sich statt mit den Projekten zu<br />

sehr mit ihrer Cloud. Das führte zu<br />

Kon kurrenz zwischen den Gruppen. In<br />

die sem Jahr steuern wir dagegen, indem<br />

wir den Fokus verän<strong>der</strong>t haben:<br />

Jetzt messen wir qualitativ und wirtschaftlich<br />

in den Projekten, und die<br />

Clouds haben ganz klar einen Personalfokus.<br />

Jeden Montag findet ein Cloud-<br />

Meeting für den internen Austausch<br />

statt – ansonsten treffen sich die<br />

Cloud-Teams nicht.<br />

Interdisziplinarität leben.<br />

Der Designprozess hat sich deutlich<br />

ver än<strong>der</strong>t: Heute sitzen Auftraggeber<br />

an einem Tag in <strong>der</strong> Woche hier in <strong>der</strong><br />

Agen tur und führen in agilen Prozessen<br />

einen engen Dialog mit dem gesamten<br />

Team. Wir brauchen Menschen,<br />

die mit denken können. Bei uns können<br />

die meisten Interaction Designer<br />

coden, und umgekehrt haben die meisten<br />

Developer ein Auge für Design.<br />

<strong>Die</strong> Grafikdesigner ler nen Design-Research-Met<br />

ho den ken nen, um sie als<br />

Mittel bei <strong>der</strong> Service- und Markenten<br />

mit einer an<strong>der</strong>en Geisteshaltung<br />

und mit agilen Prozessen wie Scrum. In<br />

den wöchentlichen Meetings spricht<br />

<strong>der</strong> Kunde mit dem ganzen Team – eine<br />

viel authentischere Form <strong>der</strong> Kommunikation.<br />

Dabei ist es sehr wichtig,<br />

dass die Producer ihre Rolle leben, sich<br />

klar verantwortlich fühlen, Entscheidun<br />

gen treffen und dabei Sicherheit<br />

vermitteln. Im Gegensatz zu ande ren<br />

<strong>Agentur</strong>en sind unsere Meetings zielgerichtet<br />

und schlank. Wenn es Konflikte<br />

gibt, werden die schnell geklärt. Bei<br />

uns kann auch je<strong>der</strong> so viel Verantwortung<br />

übernehmen, wie er will; erfahrungsgemäß<br />

übernehmen Menschen<br />

ohnehin nicht mehr, als sie können.<br />

Innovation verankern.<br />

Co-Creation-Workshops haben ihre<br />

Gren zen. Wenn du Menschen fragst,<br />

was sie wollen, wissen sie das selbst<br />

oft nicht. Ist man zu verliebt in die kollaborativen<br />

Methoden, kommt häufig<br />

nur <strong>der</strong> kleinste gemeinsame Nenner<br />

heraus, weil niemand mehr sagt: Ich<br />

habe zwar zwanzig Leute interviewt,<br />

aber ich habe eine tolle Idee, die völlig<br />

an<strong>der</strong>s funktioniert. Irgendwann gilt es,<br />

sich vom Research zu distanzieren –<br />

dann muss die gute Idee da sein. Im<br />

Moment gibt es so viele Creative Labs<br />

und an<strong>der</strong>e Formen von Innovations-<br />

Flexible Strukturen schaffen.<br />

Wir haben lange mit unserer Organisationsstruktur<br />

gekämpft und lernen immer<br />

noch dazu. <strong>Die</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

liegt darin, wechselnde Projektteams<br />

zusammenstellen zu können und zugleich<br />

die Kontinuität in <strong>der</strong> Führung<br />

zu bieten, die Menschen brauchen.<br />

Letz tes Jahr haben wir die Cloudstruktur<br />

eingeführt, eine mo<strong>der</strong>ne Version<br />

<strong>der</strong> Matrixstruktur, mit vier Clouds für<br />

die Personal- und Unternehmensführung,<br />

geleitet von je einem Partner. Daneben<br />

gibt es die Projektstruktur, die<br />

die Producer als Project Owner leiten.<br />

Manchmal ist das ein Kreativer, mal ein<br />

Account-Manager, nicht unbedingt senior,<br />

<strong>der</strong> für Qualität, Wirtschaftlichkeit<br />

und Kundenzufriedenheit sorgt. Fehlen<br />

einem Designer die betriebswirtschaftlichen<br />

Kenntnisse, wird ihm ein<br />

Projektmanager zur Seite gestellt –<br />

aber <strong>der</strong> Designer trägt die Verantwortung.<br />

Je<strong>der</strong> Mitarbeiter weiß, wer an<br />

entwicklung nutzen zu können. Und<br />

unsere Kreativdirektoren müssen auch<br />

Change denken können.<br />

Direkt kommunizieren.<br />

Wir verzichten auf Strategen und ähnliche<br />

Schnittstellenjobs. Derartige Zusatz<br />

positionen schaffen Unklarheit. <strong>Die</strong><br />

Kre ativen, die in engem Kontakt mit<br />

dem Auftraggeber stehen, können die<br />

Projekte am besten führen. In frü he ren<br />

Modellen gab es den Kontakter als Filter<br />

zum Auftraggeber. Aber wir arbei-<br />

Outsourcing, weil man erkannt hat, wie<br />

schwierig es ist, in den eigenen Strukturen<br />

Innovation voranzutreiben. Wir<br />

brauchen prozess- und vorurteilsfreie<br />

Zonen, in denen wir unabhängig denken<br />

können. Aber die Mitarbeiter im<br />

Un ternehmen müssen den Wandel<br />

selber vorantreiben und als ständigen<br />

Prozess verstehen. <strong>Die</strong> neue Herausforde<br />

rung besteht im Change Management.<br />

Verän<strong>der</strong>ungen werden in <strong>Zukunft</strong><br />

agiler und kleinteiliger, aber dauerhaft<br />

vonstatten gehen.<br />

≥ PAGE Online<br />

<strong>Die</strong> vollständigen<br />

Interviews mit den<br />

<strong>Agentur</strong>geschäftsführern<br />

lesen Sie<br />

un ter www.pageonline.de/<br />

agenturwandel


046 PAGE 06.13 KREATION Second Screen<br />

Moccu setzt den<br />

Second-Screen-<br />

Auftritt von »Wetten<br />

dass. . ?« für Browser,<br />

iPad und Smartphone<br />

um. <strong>Die</strong> Zuschauer<br />

können sich so an den<br />

Wetten beteiligen<br />

und über die Show<br />

austauschen<br />

Mehrsehprogramme<br />

Der Second Screen kommt in Bewegung. <strong>Agentur</strong>en, Sen<strong>der</strong> und Start-ups erkennen das Potenzial<br />

des interaktiven Fernsehens und öffnen die Türen für neue TV-Formate und Werbeformen<br />

n Das interaktive Fernsehen kommt<br />

durch die Hintertür. O<strong>der</strong> besser: Es<br />

schleicht sich über das Sofa ein. Denn<br />

während viele Marketingstrategen in<br />

<strong>der</strong> Industrie seit vielen Jahren von <strong>der</strong><br />

Hochzeit von TV und Internet träumen<br />

und weiterhin Smart-TV-Geräte verkaufen<br />

wollen, haben die Zuschauer sich<br />

die Interaktivität längst über Smartphones,<br />

Notebooks und Tablets selbst<br />

geschaffen: Auf ihren Second Screens<br />

holen sie Informationen zu laufenden<br />

Sendungen ein, tauschen sich live auf<br />

Social-Media-Plattformen aus o<strong>der</strong> recherchieren<br />

nach Produkten, die gerade<br />

auf dem First Screen, dem TV-Gerät,<br />

angepriesen werden.<br />

Der <strong>Trend</strong> zum Second Screen ist<br />

da bei ein Selbstläufer, <strong>der</strong> Plattfor men<br />

nutzt, die zunächst mit dem klassischen<br />

Fernsehen wenig zu tun haben:<br />

Parallel zum Programm steigen die Wikipedia-Zugriffe<br />

auf passende Artikel,<br />

wie eine Analyse des Hamburger Bloggers<br />

Martin Rycak zeigt (siehe www.<br />

martinrycak.de ) Der soziale Aspekt –<br />

vornehmlich die Diskussion über das,<br />

was gerade läuft – findet auf Facebook<br />

o<strong>der</strong> mehr noch auf Twitter statt.<br />

Und den Erfolg eines TV-Spots kann<br />

man dann anhand <strong>der</strong> beinahe zeitgleich<br />

durchgeführten Google- o<strong>der</strong><br />

Amazon-Suchen erfassen.<br />

Das große kreative, soziale und ökonomische<br />

Potenzial, das <strong>der</strong> interaktive<br />

Second Screen eröffnet, versuchen<br />

verschiedene Akteure bereits seit einiger<br />

Zeit für sich zu erschließen. Zum<br />

einen sind da GetGlue o<strong>der</strong> Miso aus<br />

den USA, die Start-ups Couchfunk o<strong>der</strong><br />

Zapitano in Deutschland mit ihren<br />

Plattformen, die das gesamte TV-Programm<br />

horizontal abbilden und mit denen<br />

sich <strong>der</strong> User in einzelne Sendungen<br />

einloggen kann. Zum an<strong>der</strong>en gehen<br />

die Sen<strong>der</strong> selbst mit eigenen Apps<br />

und Angeboten an den Start, zumeist<br />

vertikal und zugeschnitten auf bestimmte<br />

Formate. Beson<strong>der</strong>s aktiv sind<br />

die Öffentlich-Rechtlichen, die mit dem<br />

interaktiven Format Tatort+ o<strong>der</strong> den<br />

Apps zu »Wetten, dass. . .?« vor al lem<br />

die Zuschauerbindung im Sinn haben.<br />

Aber auch die Privatsen<strong>der</strong> sind aktiv:<br />

ProSiebenSat.1 testet <strong>der</strong>zeit mit Sat.1<br />

Connect ein formatübergreifendes interaktives<br />

Second-Screen-Angebot.<br />

In den Sendeanstalten beobachtet<br />

man die Entwicklung mit Interesse und<br />

Sorge zugleich – wobei bei ARD und<br />

ZDF das Interesse überwiegt: »Wir können<br />

mit interaktiven Angeboten die


PAGE 06.13 047<br />

Beim Krimi<br />

»<strong>Die</strong> letzte Spur«<br />

konnten die<br />

Zuschauer sich<br />

als Ermittler<br />

betätigen. Moccu<br />

produzierte die<br />

zugehörige Anwendung<br />

für das ZDF.<br />

Zur besseren Übersicht<br />

ließen sich<br />

die Verdächtigen<br />

auf einem Whiteboard<br />

anordnen<br />

Zusammen mit<br />

Couch funk bereite te<br />

Kolle Rebbe für OTTO<br />

ein Gewinnspiel vor,<br />

das mit dem TV-Spot<br />

synchronisiert war.<br />

<strong>Die</strong> Nutzer wurden<br />

über die Couchfunk-<br />

App auf das Gewinnspiel<br />

hingewiesen.<br />

Ein Counter zählte<br />

die Zeit bis zum<br />

TV-Spot run ter<br />

Auf merksamkeit <strong>der</strong> Zuschauer binden<br />

und vertiefen«, sagt Guido Bülow, Distributionsmanager<br />

beim SWR in Mainz.<br />

Hier wurde bereits im Frühjahr 2012<br />

mit Tatort+ ein erster Versuch unternommen,<br />

das Publikum an <strong>der</strong> Tätersuche<br />

teilhaben zu lassen. Im Mai 2013<br />

startet eine weitere interaktive »Tatort«-Folge.<br />

<strong>Die</strong> Zuschauer können dann<br />

im Netz vorermitteln, aber sich auch<br />

parallel zur Ausstrahlung via App austauschen,<br />

die Position <strong>der</strong> Protagonisten<br />

bei Verfolgungsjagden in Stuttgart<br />

»live« nachverfolgen und sich als Detektiv<br />

betätigen. »Das Ziel ist nicht so<br />

sehr die Erhöhung <strong>der</strong> Einschaltquote«,<br />

erklärt Bülow, »son<strong>der</strong>n den ›Tatort‹ zu<br />

verlängern und die Marke zu stärken.«<br />

Auch das ZDF sammelt Erfahrungen<br />

mit dem Second Screen, unter an<strong>der</strong>em<br />

mit <strong>der</strong> interaktiven Begleitung<br />

von »Wetten, dass. . ?« seit Herbst 2012.<br />

Realisiert hat dies die Berliner <strong>Agentur</strong><br />

Moccu. Neben einer Browseranwendung<br />

hat sie zunächst eine App für<br />

Tablets, dann für Smartphones entwickelt,<br />

die gut angenommen wurde.<br />

»Bei <strong>der</strong> Konzeption muss man berücksichtigen,<br />

dass <strong>der</strong> Second Screen bereits<br />

ohne uns stattfindet«, sagt<br />

<strong>Die</strong> aktuelle Kampagne<br />

für den Toyota<br />

Auris verbindet die<br />

TV-Spots über<br />

Shazam mit einer<br />

Microsite: Der<br />

Spot wies auf die<br />

Möglich keit hin,<br />

sich via Shazam<br />

wei ter verlinken zu<br />

las sen. Auf <strong>der</strong> Tag-<br />

Result-Seite von<br />

Shazam gibt es Informationen<br />

zum<br />

Auris bis hin zur<br />

Verein barung<br />

einer Probefahrt


048 PAGE 06.13 KREATION Second Screen<br />

Bezahlt fernsehen:<br />

Über das Punktesystem<br />

von wywy<br />

erhalten Zuschau er<br />

Prämien fürs<br />

Einloggen in Form<br />

von Gutscheinen<br />

Wywy loggt die<br />

Nutzer über die<br />

Audioerkennung<br />

automatisch<br />

ein und kann auch<br />

direkt zu passenden<br />

Produkten führen.<br />

Hier ein erster<br />

Versuch mit <strong>der</strong><br />

TV-Serie »90210«<br />

und einem Onlineshop,<br />

<strong>der</strong> die in <strong>der</strong><br />

Folge getra gene<br />

Klei dung verkauft<br />

Programmzeitschrift<br />

meets Social TV:<br />

Couchfunk bietet<br />

einen einfachen<br />

Einstieg mit einer<br />

interaktiven<br />

Programmzeitschrift,<br />

die gekop -<br />

pelt ist mit einer<br />

Bewer tungs- und<br />

Kommentarfunktion<br />

für den<br />

Austausch mit<br />

an<strong>der</strong>en Zuschauern<br />

Jens Schmidt, Kreativdirektor von<br />

Moccu. »<strong>Die</strong> Zuschauer tauschen sich<br />

bei Twitter o<strong>der</strong> Facebook über die<br />

Sen dung aus. Man muss sie einbinden,<br />

aber auch einen Mehrwert bieten.«<br />

Bei »Wetten, dass. . ?« sind das Backstage-Inhalte,<br />

eine Live-Abstimmung<br />

über die Wetten und die Möglichkeit<br />

zur Teilnahme am Gewinnspiel. Tweets<br />

aus Twitter werden gesammelt und in<br />

<strong>der</strong> Anwendung zusammen mit den<br />

Kommentaren gezeigt, die direkt über<br />

die »Wetten, dass. . ?«-App kommen.<br />

»Bei <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Angebote<br />

muss man bedenken, dass die Nutzer<br />

ihre Aufmerksamkeit auf zwei<br />

Screens verteilen«, sagt Schmidt. »Deshalb<br />

sind die Interaktionsszenarien<br />

einfach. Außerdem hilft es, wenn man<br />

die Interaktionen zeitlich abstimmt:<br />

<strong>Die</strong> Zuschauer agieren eher auf dem<br />

Second Screen, wenn auf dem First<br />

Screen gerade nichts Aufregendes passiert.«<br />

Entsprechend nimmt bei »Wetten,<br />

dass. . ?« die Online-Redaktion die<br />

Synchronisation, also die Einsteue rung<br />

<strong>der</strong> innovativen Inhalte für den Second<br />

Scre en passend zum Geschehen auf<br />

dem First Screen, manuell vor. Eine Automatisierung<br />

wäre bei einer Show, bei<br />

<strong>der</strong> man vorher nicht weiß, wie stark<br />

sie die Sendezeit überzieht, kaum möglich.<br />

Bei an<strong>der</strong>en Sendeformen kön nen<br />

jedoch automatisiert Inhalte für den<br />

Second Screen getriggert werden –<br />

und das sogar ohne Zutun des Sen<strong>der</strong>s.<br />

Für die Werbebranche ist <strong>der</strong> Second<br />

Screen eine ideale Gelegenheit, die<br />

Kom munikation mit den Konsumen ten<br />

zielgerichtet zu erweitern. <strong>Die</strong> Düsseldorfer<br />

<strong>Agentur</strong> Newcast setzt für ihre<br />

aktuelle Kampagne zum Toyota Auris<br />

auf eine Kopplung von TV-Spot und<br />

Shazam. <strong>Die</strong> App ist für nahezu alle<br />

mo bilen Plattformen verfügbar und<br />

nutzt ihre Musikerkennungsengine seit<br />

einigen Monaten auch zur Identifikation<br />

von TV-Inhalten. Läuft <strong>der</strong> Auris-<br />

Spot, erkennt Shazam – sofern die App<br />

aktiv ist – dies automatisch und liefert<br />

auf seiner Tag-Result-Seite eine Übersicht<br />

<strong>der</strong> digitalen Zusatzfeatu res, über<br />

die <strong>der</strong> Nutzer nicht nur zusätzliche<br />

Informationen über das Auto ein holen,<br />

son<strong>der</strong>n auch gleich eine Probefahrt<br />

vereinbaren kann. <strong>Die</strong> Suche nach<br />

dem lo kalen Händler muss er dann<br />

nicht mehr durchführen, da seine Position<br />

ja über das GPS des Smartphones<br />

bekannt ist.<br />

»Wir können Shazam wie einen erweiterten<br />

QR-Code einsetzen und so<br />

die Customer Journey, von <strong>der</strong> ersten<br />

Awareness bis zur Probefahrt, stark


PAGE 06.13 049<br />

abkürzen«, ist Waldemar Lutz überzeugt,<br />

Group head Conception bei Newcast.<br />

»Wir setzen auf die App, weil sie<br />

eine enorme Reichweite von 9,5 Millionen<br />

Nutzern aufweist und eine beson<strong>der</strong>s<br />

einfache Usability hat.« Sie benötigt<br />

wenige Sekunden, um einen Spot<br />

zu identifizieren. Verzögerungen ergeben<br />

sich dadurch, dass <strong>der</strong> User die<br />

App dazu erst starten muss. »Der Spot<br />

sollte daher eine Länge von 30 Sekunden<br />

an aufwärts haben«, meint Lutz.<br />

Den nötigen Wechsel in die App hält<br />

er für kein allzu großes Problem –<br />

und <strong>der</strong> Erfolg <strong>der</strong> Kampagne scheint<br />

ihm recht zu geben. Auch die Tatsache,<br />

dass an<strong>der</strong>e Unternehmen mittlerweile<br />

eben falls auf Shazam setzen, spricht<br />

für den Erfolg des Konzepts.<br />

Langfristig dürfte Shazam noch<br />

wich tiger werden: Denn in den USA hat<br />

Shazam Entertainment ihr Ge schäftsmodell<br />

schon auf den Second Screen<br />

ausgerichtet und begleitet das dortige<br />

Fernsehprogramm mit Zusatz in for mationen<br />

zu den Shows und Events und<br />

bietet eine Plattform für den Austausch<br />

<strong>der</strong> User untereinan<strong>der</strong>. Damit läuft<br />

die Anwendung in vielen US-Haus halten<br />

bereits parallel zum Fernsehkonsum<br />

– <strong>der</strong> nächste Schritt zum Bestellen<br />

eines Produkts ist damit nur wenige<br />

Fingertipps entfernt. Ob sich Shazam<br />

allerdings als Second-Screen-App auf<br />

breiter Front durchsetzen kann, muss<br />

sich zeigen. Denn in den USA sind Get-<br />

Glue und Miso mit Informationen zum<br />

Programm und als Social-TV-Plattform<br />

etabliert und in Deutschland TunedIn,<br />

Couchfunk o<strong>der</strong> jetzt neu auch Zapitano<br />

und wywy.<br />

All diese Second-Screen-<strong>Die</strong>nste agieren<br />

unabhängig von den Sen<strong>der</strong>n und<br />

kämpfen darum, zur Standardanwendung<br />

für den Second Screen zu werden.<br />

Denn eines ist klar: Wer es schafft,<br />

auf dem Sofa dauerpräsent zu sein,<br />

kann vom großen First-Screen-Werbekuchen<br />

ein gutes Stück abbekommen.<br />

Und besser noch: Mit innovativen Konzepten<br />

lassen sich neue Werbeformen<br />

generieren. <strong>Die</strong> Strategien <strong>der</strong> Second-<br />

Screen-Anbieter auf dem Weg zur Leading<br />

App unterscheiden sich deutlich,<br />

auch wenn fast alle auf die Einbindung<br />

von Twitter und teilweise von Facebook<br />

setzen. Nur so lässt sich ausreichend<br />

Kommunika tion über das aktuelle<br />

Programm abbilden. Umgekehrt<br />

können User ihre Kommentare in <strong>der</strong><br />

App auch für die Social-Media-Plattformen<br />

freigeben.<br />

Couchfunk setzt auf einen niedrigschwelligen<br />

Zugang: Man muss sich<br />

nicht in Sendungen einloggen und<br />

kann dennoch Tweets verfolgen o<strong>der</strong><br />

auch TV-Empfehlungen an Freunde<br />

ver senden. Außerdem funktioniert es<br />

wie eine Art konfigurierbare TV-Zeitschrift,<br />

die aktuelle Sendungen listet<br />

o<strong>der</strong> Tipps zum Tagesprogramm für<br />

ver schiedene Sparten gibt. Kürzlich hat<br />

Couchfunk mit <strong>der</strong> Hamburger Werbeagentur<br />

Kolle Rebbe eine Kampagne<br />

mit Gewinnspiel für OTTO umgesetzt.<br />

Im Unterschied zu Toyota und Shazam<br />

werden die Inhalte nicht über den Spot<br />

getriggert, son<strong>der</strong>n Couchfunk bereitet<br />

die User mit Hinweisen in <strong>der</strong> App<br />

und einem Countdown auf das sich<br />

anschließende Gewinn spiel vor. »Man<br />

muss behutsam vorgehen und den<br />

Nut zern ein Angebot machen«, erklärt<br />

Frank Bahrt, Mitgrün<strong>der</strong> von Couchfunk.<br />

»Es macht keinen Sinn, ein Popup<br />

hochfliegen zu lassen und sie zu<br />

überfallen.« Bei Couchfunk konnten<br />

die User die im OTTO-Spot präsentierten<br />

Pro dukte gewinnen. Für Kolle Rebbe<br />

war die Kooperation ein Experiment,<br />

das für sie zufriedenstellend gelaufen<br />

ist. »Mit 10 000 Klicks im Gewinnspiel<br />

und 7000 Teilnehmern war das für einen<br />

ersten Durchlauf recht gut«, meint<br />

Henning Stamm, Leiter Interaktive Medien<br />

bei Kolle Rebbe in Hamburg.<br />

Ein gänzlich an<strong>der</strong>es Konzept verfolgen<br />

die Macher des frisch gestarteten<br />

wywy: Nutzer können mit Checkins<br />

Punkte sammeln und in Gutschei ne<br />

für Amazon o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Onlineshops<br />

umwandeln. Damit dieses »bezahlte<br />

Fernsehen« funktioniert, hat wywy einen<br />

Audiosync ähnlich wie Shazam,<br />

mit dem man sich komfortabel in den<br />

Sendungen einloggt. »Das ist bequem<br />

für den Nutzer«, erklärt Dr. Andreas<br />

Schröter, Grün<strong>der</strong> und Geschäftsführer<br />

von wywy. »Aber wichtiger noch:<br />

Mithilfe des Audiosync können wir ve rifizieren,<br />

ob <strong>der</strong> Nutzer auch tatsächlich<br />

das Programm schaut, in das er<br />

sich eingeloggt hat.« Und: Man kann<br />

Produkte passend zur Sendung in <strong>der</strong><br />

App präsentieren, auch am Werbeblock<br />

vor bei. Wer sich also zum Beispiel die<br />

Neuauflage <strong>der</strong> TV-Serie »90210« anschaut,<br />

wird bei aktivem wywy automatisch<br />

eingeloggt und kann sich nicht<br />

nur am Chat beteiligen, son<strong>der</strong>n bekommt<br />

darüber hinaus die »Outfits<br />

zur Sendung« präsentiert und kann sie<br />

auch direkt bestellen. Hierfür kooperiert<br />

wywy mit dem auf Mode aus<br />

TV-Sendungen spezialisierten Onlineshop<br />

stagefisher.<br />

Für die privaten Sen<strong>der</strong> ist das Umgehen<br />

des Werbeblocks natürlich eine<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung: »Nicht je<strong>der</strong> ist<br />

Second-Screen-<strong>Die</strong>nste<br />

n <strong>Die</strong> meistgenutzte Anwendung bei laufen dem TV-<br />

Gerät ist immer noch Twitter. Aber zahlreiche neue<br />

<strong>Die</strong>nste versuchen, mit speziell angepassten Apps und<br />

Oberflächen zur universellen Second-Screen-Anwendung<br />

zu werden. Um von den hohen Nutzerzahlen<br />

bei Twitter zu profitieren, integrieren fast alle die passenden<br />

Tweets in ihre eigenen Diskussionsforen. Den<br />

Mehrwert für die Nutzer liefern die Second-Screen-<br />

Anbieter in verschiedenen Bereichen und sorgen für<br />

Kom fort mit Audioerkennung, einer interaktiven Programmzeitschrift<br />

o<strong>der</strong> einer Schauspielerdatenbank.<br />

Couchfunk<br />

Couchfunk verbindet einen intelligenten<br />

Programmführer mit <strong>der</strong> Möglichkeit,<br />

sich über das aktuelle TV-Programm auszutauschen.<br />

Ähnlich wie bei Twitter kann man an<strong>der</strong>en Couchfunk-Usern<br />

folgen und <strong>der</strong>en Vorlieben und Kommentare<br />

hervorheben. Couchfunk läuft auf iPhone und<br />

iPad, unter Android und als Web-App im Browser.<br />

GetGlue<br />

Mit Launch 2008 ist GetGlue <strong>der</strong> älteste<br />

Second-Screen-<strong>Die</strong>nst in den USA und<br />

hat nach eigenen Angaben 3 Millionen Nutzer. <strong>Die</strong><br />

App glie<strong>der</strong>t sich in einen Programmführer und<br />

einen Social-TV-Bereich. Sie läuft auf iPad und<br />

iPhone sowie im Browser.<br />

Shazam<br />

Als Musikerkennungs-App gestartet, hat<br />

Shazam seine Audioerkennungstechnologie<br />

auf TV-Sendungen ausgeweitet. In den USA<br />

bildet es bereits eine Vielzahl vor allem <strong>der</strong> Shows<br />

und sportlichen Großevents ab und bietet eine<br />

Plattform für die Kommunikation <strong>der</strong> Nutzer. In Deutschland<br />

kann Shazam <strong>der</strong>zeit nur gezielt Werbespots<br />

erkennen. Es lässt sich auf dem iPhone und<br />

iPad, unter Android, Blackberry und Windows<br />

Phone nutzen.<br />

Tweek<br />

Keine Second-Screen-App, son<strong>der</strong>n eine<br />

interaktive Programmzeitschrift für<br />

iPhone und iPod, <strong>der</strong>en Inhalt sich aus Empfehlungen<br />

von (Facebook-)Freunden zusammensetzt.<br />

wywy<br />

Second-Screen-App mit automatischem<br />

Audio-Log-in und einem Bonussystem.<br />

Über Check-ins und Bewertungen kann <strong>der</strong> User<br />

Punkte sammeln und in Prämien umwandeln. Wywy<br />

gibt es für iPhone und Android-Smartphones.<br />

Zapitano<br />

Das Angebot setzt auf eine große Schauspielerdatenbank<br />

und weitere vertiefende<br />

Informationen zum TV-Programm. <strong>Die</strong> Nutzer<br />

tauschen sich über Sendungen und Stars aus und<br />

können diese bewerten. Zapitano ist als Webanwendung<br />

gestartet, mittlerweile aber auch als App<br />

für iPhone, iPad und Android-Geräte verfügbar.


050 PAGE 06.13 KREATION Second Screen<br />

»Zeit <strong>der</strong> Helden«<br />

ist eine experimentelle<br />

Realtime-<br />

Serie von SWR und<br />

arte, die eine<br />

Woche lang zwei<br />

fiktionale Fami -<br />

lien begleitete. <strong>Die</strong><br />

Second-Screen-<br />

Anwendung<br />

ermöglichte schon<br />

eine Woche vor<br />

dem Start den Einstieg<br />

in die<br />

Lebens welten <strong>der</strong><br />

Charaktere<br />

Neustarter<br />

Zapi tano setzt<br />

auf Stars und<br />

die Bewertung <strong>der</strong><br />

Sendungen und<br />

Schauspieler durch<br />

die Nutzer<br />

begeistert, wenn eine funktio nieren<br />

de Blackbox, wie sie die aktuelle<br />

Form <strong>der</strong> TV-Werbung darstellt, aufgebrochen<br />

wird«, meint Schröter. »Aber<br />

auch bei den Sen<strong>der</strong>n denken viele<br />

Leute nach vorne und wissen, dass man<br />

sich mit interaktiven Werbefor men beschäftigen<br />

muss.«<br />

<strong>Die</strong> <strong>Zukunft</strong> <strong>der</strong> interaktiven Werbung<br />

ist noch ungewiss: We<strong>der</strong> steht fest,<br />

welcher <strong>der</strong> Second-Screen-Anbieter<br />

ausreichend Nutzer an sich binden<br />

wird, um für die Werbewirtschaft interessant<br />

zu sein, noch, ob nicht die Sen<strong>der</strong><br />

selbst zunehmend das Heft in die<br />

Hand nehmen werden, um nicht Teile<br />

ihres Werbeerlöses zu verlieren. Völlig<br />

offen ist auch die Technologie, auf die<br />

sich interaktive TV-Werbeformen und<br />

Social TV stützen werden. Ob <strong>der</strong> Second<br />

Screen lediglich ein temporä -<br />

res Phänomen bleibt o<strong>der</strong> sich län gerfris<br />

tig halten kann, hängt zudem nicht<br />

ausschließlich von <strong>der</strong> technischen<br />

Ent wicklung, son<strong>der</strong>n auch von den<br />

Seh- und Kommuni ka tionsgewohn heiten<br />

des Publikums ab.<br />

Trotz des großen Erfolgs <strong>der</strong> OTTO-<br />

Kam pa gne sieht Stefan Kolle, Krea tiv -<br />

ge schäfts führer von Kolle Rebbe, den<br />

<strong>Trend</strong> zum Second Screen auch kritisch:<br />

»Der permanente Blick auf den iPhone-<br />

Bildschirm, ob zu Hause o<strong>der</strong> in Konferenzen,<br />

för<strong>der</strong>t nicht gerade die Konzentration<br />

auf eine Sache«, stellt er fest.<br />

Er bringt damit ein Unbehagen zum<br />

Ausdruck, dass ihn nicht nur persönlich,<br />

son<strong>der</strong>n auch als Kreativen beschäf<br />

tigt: »Um dies werblich auszudrücken:<br />

<strong>Die</strong> Aware ness im Werbeblock<br />

geht zurück, wenn Leute parallel mit<br />

einem an<strong>der</strong>en Bildschirm interagieren.«<br />

Ganz beson<strong>der</strong>s, weil man selbst<br />

alles Mögliche tut, um die anvisierte<br />

Zielgruppe dazu zu bringen, sich mit<br />

dem interaktiven Angebot, das auf<br />

dem Second Screen präsentiert wird,<br />

auseinan<strong>der</strong>zusetzen.<br />

»Man muss die Zuschauer mit etwas<br />

kö<strong>der</strong>n, das so stark ist, dass sie für<br />

den Rest des Werbeblocks o<strong>der</strong> sogar<br />

drüber hinaus ihre Aufmerksamkeit<br />

auf das eigene Produkt und auf den<br />

Second Screen richten«, meint Stefan<br />

Kolle. Das Gewinnspiel, bei dem es neben<br />

an<strong>der</strong>en Preisen ein iPad zu gewinnen<br />

gab, scheint ein ausreichend starker<br />

Trigger zu sein. Das aber ist ziem lich<br />

ungünstig für alle Spots, die direkt im<br />

Anschluss auf dem First Screen durchlaufen.<br />

Es sieht so aus, als würde <strong>der</strong><br />

Second Screen die gewohn ten Schemata<br />

aller Akteure gründ lich durcheinan<strong>der</strong>würfeln.<br />

ml


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052 PAGE 06.13 KREATION Orientierungssystem<br />

Den Kern erreicht<br />

Sich gut zurechtfinden und dabei noch wohlfühlen – das ist ab<br />

sofort in einem Wiener Parkhaus möglich<br />

n Zum Fürchten sind Tiefgaragen häufig, zum Freuen<br />

selten. Eindeutig in die letzte Kategorie fällt die des Business<br />

Park Vienna, <strong>der</strong> Nana architektur und Typejockeys aus<br />

Wien ein ganz beson<strong>der</strong>es Aussehen verliehen. Sechs Ebenen<br />

umfasst das Parkhaus. Erklärtes Ziel <strong>der</strong> Kreativen war<br />

es, die Etagen deutlich zu unterscheiden, um so Autos und<br />

Fußgänger so klar wie möglich zu leiten. <strong>Die</strong> Lösung ist einfach<br />

und trotzdem ungewöhnlich: Jede Ebene ist einer Erdschicht<br />

zugeordnet. <strong>Die</strong> Einfahrt heißt »<strong>Die</strong> Erdoberfläche«,<br />

das Parkdeck darüber »Das Sonnendeck«. Unter <strong>der</strong> Oberfläche<br />

kommt zunächst »<strong>Die</strong> Mineralschicht«, dann »<strong>Die</strong><br />

raue Kruste«, »Der schützende Mantel« und schließlich die<br />

unterste Ebene: »Dem Kern so nah«. Jede dieser Etagen<br />

präsentiert sich in einer eigenen Farbe – nicht nur im naheliegenden<br />

Grau und Braun, son<strong>der</strong>n auch in leuchtendem<br />

Gelb, Grün, Blau und Lila. Dazu kommen stimmungsvolle<br />

Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> jeweiligen Erdschicht. Am zentralen Treppenhaus,<br />

das zum Shopping-Bereich des Business Parks führt, kommen<br />

die Bildwelten großflächig zum Einsatz und heben<br />

diesen Orientierungspunkt beson<strong>der</strong>s hervor.<br />

Nun soll ein Parkhaus ja nicht nur schön, son<strong>der</strong>n vor<br />

allem funktional sein. Dafür sorgt auch das Leitsystem in<br />

<strong>der</strong> klaren Supria Sans des Berliner Typedesigners Hannes<br />

von Döhren. <strong>Die</strong> Informationen finden sich an den Wänden,<br />

auf dem Boden und ziehen sich auch schon mal um die<br />

Ecken herum – stets so, wie es für die Benutzer am sinnvollsten<br />

ist. »Gelegentlich mussten wir die Supria Sans ein<br />

bisschen filetieren, damit sie als Schablonenschrift, zum<br />

Beispiel auf dem Boden, funktioniert – natürlich mit Zustimmung<br />

von Hannes«, erzählt Anna Fahrmaier von Typejockeys.<br />

<strong>Die</strong> sympathischen, verständlichen Piktogramme<br />

zeichneten die Wiener Designer passend zur Schrift.<br />

Eine wichtige Rolle spielt in dem Gestaltungskonzept<br />

auch das Licht, das nicht nur die Fahrbahn, son<strong>der</strong>n beson<strong>der</strong>s<br />

den Weg am Rand für die Fußgänger beleuchtet, die<br />

sich so deutlich sichtbar und sicher durch die Garage bewegen<br />

können. Schließlich trennen die beiden Grautöne des<br />

Bodenbelags die dunklen Parkplätze von <strong>der</strong> hellen Fahrbahn.<br />

Glücklich waren die Kreativen darüber, dass ihre Entwürfe<br />

fast eins zu eins umgesetzt wurden: »Als wir das erste<br />

Mal durch das fertige Parkhaus gingen, fühlte es sich fast<br />

so an, als würden wir durch unsere Ren<strong>der</strong>ingslaufen«, erzählen<br />

Anna Fahrmaier und Anna Kovacs, Geschäftsführerin<br />

von Nana architektur. Orientierung fällt leicht im Wiener<br />

Business Park. Nur aufgepasst, dass man nicht vor Verzückung<br />

über die schönen Bil<strong>der</strong> und freundlichen Piktogramme<br />

versehentlich gegen die Wand fährt.<br />

ant<br />

Sechs Erdschichten,<br />

sechs Etagen:<br />

Ein klares Farbkonzept<br />

sorgt für<br />

Durchblick. Am<br />

zentralen Treppenhaus<br />

kommen<br />

die Bildwelten<br />

<strong>der</strong> Erdoberflächen<br />

großflächig zum<br />

Einsatz und<br />

heben diesen<br />

Orientierungspunkt<br />

beson<strong>der</strong>s<br />

hervor<br />

Zurechtfinden<br />

leicht gemacht:<br />

dank <strong>der</strong> Schrift,<br />

den Pfeilen und<br />

Piktogrammen<br />

an den Wänden,<br />

auf dem Boden –<br />

und auch schon<br />

mal um Ecken<br />

herum<br />

Zur Abstimmung<br />

mit dem Kunden<br />

dienten Ren<strong>der</strong>ings<br />

wie dieses<br />

(großes Bild<br />

rechts), die dann<br />

fast 1 : 1 umgesetzt<br />

wurden


Foto (rechts): Alexan<strong>der</strong> Haiden<br />

PAGE 06.13 053


054 PAGE 06.13 KREATION<br />

PAPIERWELT<br />

1<br />

Bei Konglomerat<br />

gibt es schöne<br />

Notizbücher und<br />

vieles an<strong>der</strong>e,<br />

was das Herz<br />

von Papierliebha<br />

bern höherschlagen<br />

lässt<br />

Baumwollpapier<br />

und Letter press<br />

sind eine gute<br />

Kom bi nation – das<br />

beweist Gmund<br />

mit einem Mailing<br />

2<br />

1 Handgemachte<br />

Notizbücher<br />

n Stella Richter studiert in Hamburg<br />

Kommunikationsdesign und hat bereits<br />

ihr eigenes Label: Konglomerat<br />

heißt es und beschäftigt sich mit Branding,<br />

Packaging, Illustration, Papier und<br />

Print. In ihrem Onlineshop verkauft sie<br />

handgemachte Notizbücher, die sie aus<br />

alten Büchern fertigt – vorzugsweise<br />

Exemplaren mit schönen Veredelungen<br />

und Illustrationen. Darüber hinaus<br />

bietet Stella Richter alte Schreibwaren<br />

und wun<strong>der</strong>bare botanische Tafeln an.<br />

Künftig will sie auch handbedruckte<br />

Geschenkpapiere und außergewöhnliche<br />

Stiftboxen in ihre Kollektion aufnehmen.<br />

Ihr Vorhaben ist es, Konglomerat<br />

als einen Ort für Schreibwütige,<br />

Kreative, Papierliebhaber und Nostalgiker<br />

zu etablieren.<br />

≥ www.konglomeratdesign.de<br />

2 Mr. Letterpress trifft<br />

Ms. Cotton<br />

n Eine nette Mailingidee ließ sich die<br />

Büttenpapierfabrik Gmund einfallen:<br />

Mr. Letterpress, ein Urahne von Johannes<br />

Gutenberg, verliebt sich in Ms. Cotton,<br />

eine feine Dame aus Gmund am<br />

Tegernsee. In <strong>der</strong> ersten von drei Aussendungen<br />

zeigen handgemalte und<br />

im Buchdruck produzierte Zeichnungen,<br />

wie die beiden zum ersten Mal<br />

aufeinan<strong>der</strong>treffen. Im nächsten Mailing<br />

erhalten die Empfänger Muster in<br />

110, 300, 600 und 900 Gramm, damit<br />

sie den Buchdruck o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Verfahren<br />

auf dem weichen Baumwollpapier<br />

ausprobieren können. In <strong>der</strong> dritten<br />

Aussendung schließlich zeigen Druckmuster<br />

von Armani, Volkswagen und<br />

Audi, wie eindrucksvoll die Verbindung<br />

von Baumwollpapier und Letterpress<br />

sein kann. Rund 1000 Druckereien, Kreativagenturen<br />

und Markenhersteller<br />

in Asien, USA, Australien und Europa<br />

erhalten das Mailing. Wer noch nicht<br />

dabei ist, kann sich auch direkt an<br />

Gmund wenden.<br />

≥ www.gmund.com<br />

Recyclingpapier<br />

für Inkjet<br />

n Arjo Wiggins stellt ein Sortiment von<br />

recycelten Papieren für Tintenstrahl-<br />

Digitaldrucksysteme vor. <strong>Die</strong> Cocoon-<br />

Jet- und Cyclus-Jet-Produkte sollen eine<br />

Kombination von hoher Ausgabequalität<br />

bei voller Verarbeitungsgeschwindigkeit<br />

und verbesserter Farbtiefe bei<br />

geringerem Tintenverbrauch gewährleisten.<br />

Zum Sortiment gehören gestrichene<br />

und ungestrichene Pa pie re in<br />

verschiedenen Weißen und Gram maturen.<br />

Cocoon Jet Silk beispielsweise<br />

ist oberflächenbehandelt, seiden matt<br />

ge strichen und bietet eine hohe Weiße.<br />

Das ungestrichene Cocoon Jet Pro<br />

zeich net sich auch durch einen sehr<br />

hohen Weißegrad aus. Alle Papie re des<br />

Sortiments enthalten zu 100 Prozent<br />

entfärbte Fasern, die aus einem chlorfreien<br />

Aufbereitungsprozess stam men.<br />

≥ www.arjowigginsgraphic.com<br />

Gefaltete Botschaften<br />

n Nach seinem Buch »Von <strong>der</strong> Fläche<br />

zur Form«, das zeigt, wie aus einem<br />

Stück Papier Formen entstehen, legt<br />

Paul Jackson jetzt nach. Im Haupt Verlag<br />

erschien soeben sein neustes Werk<br />

mit dem Titel »Vom Faltobjekt zum Werbeträger.<br />

Schneide- und Falttechniken<br />

im Papierdesign« (128 Seiten. 29,90 Euro,<br />

isbn 978-3-258-60070-3). Der Autor,<br />

seit 1982 als Faltkünstler und -lehrer<br />

tätig, stellt darin rund 40 Papierkonstruktionen<br />

vor, mit denen man von<br />

Kunden besser wahrgenommen wird.<br />

<strong>Die</strong> Projekte reichen vom Flexicube<br />

über Umschläge, CD-Hüllen, Puzzles<br />

und Knobeleien bis zum Faltbuch. Beinahe<br />

alle Objekte sind interaktiv: Sie<br />

lassen sich öffnen, schließen, zusammenfalten,<br />

von innen nach außen stülpen,<br />

in <strong>der</strong> Form verän<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> zusammenbauen.<br />

Auf jeden Fall liefert<br />

die Publikation jede Menge Ideen für<br />

das nächste Kreativmeeting. ant<br />

≥ www.origami-artist.com;<br />

www.haupt.ch


presenting<br />

presenting<br />

METAMORPHOSE IN PERFEKTION<br />

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056<br />

page 06.13<br />

TYPO<br />

»Sister Winter« in Vinter<br />

Frode Bo Helland, Oslo<br />

Artwork: Susann Pönisch<br />

n <strong>Die</strong> Worte »Designed in Norway« lassen unwillkürlich kühle, cleane<br />

Bil<strong>der</strong> im Kopf entstehen. Kein Wun<strong>der</strong>, da das Land den Großteil des<br />

Jahres von schneebedeckten Bergen und eisblauen Fjorden umgeben<br />

ist. »Ich liebe den norwegischen Winter. Er ist so extrem, reicht von<br />

völliger Stille bis zu heftigsten Blizzards«, sagt Frode Bo Helland, <strong>der</strong><br />

seine jüngste Schrift daher einfach Vinter nannte und für sie Sufjan<br />

Stevens »Sister Winter« aussuchte. <strong>Die</strong> serifenlose Displaytype – mehr<br />

Linie als Form – besticht durch ihren klassi schen Rhythmus und ihre<br />

geometrisch-humanistische Struktur. Kreis, Drei- und Viereck laden zu<br />

spielerischen Kompositionen, Überschneidungen und Dekonstruktionen<br />

ein. Auch die Kursive folgt diesem Ansatz: Sie ist gedreht statt<br />

schräg gestellt. Für rund 100 Euro ist Vinter bei Monokrom erhältlich,<br />

<strong>der</strong> gemeinsamen Foundry von Frode Bo Helland und Sindre Bremnes.<br />

≥ www.monokrom.no


page 06.13 057<br />

Vielstimmig<br />

Vierzehn Schriften wurden beim TDC Typeface<br />

Design 2013 ausgezeichnet, neun davon stellen<br />

sich für PAGE musikalisch vor<br />

»They All Laughed« in JAF Bernini Sans<br />

Tim Ahrens, Berlin<br />

n Ein Songtext, <strong>der</strong> genau zu seiner Bernini Sans passt, fiel Tim Ahrens<br />

nicht ein. Schließlich sei sie eine universelle Schrift. »Ich bin aber ein<br />

großer Fan von Ella Fitzgerald und finde, gute Schriften sind oft so, wie<br />

sie singt. <strong>Die</strong>se Kombination aus Würde und verführerischem Charme,<br />

gleichzeitig ein bisschen sexy, aber ernst zu nehmen. Perfekt in <strong>der</strong> Ausführung,<br />

aber ohne spürbare Anstrengung. Mit <strong>der</strong> Bernini Sans<br />

habe ich versucht, ein Äquivalent in <strong>der</strong> Welt <strong>der</strong> Schrift zu gestalten.«<br />

Das Duett mit Louis Armstrong bot sich an, weil je<strong>der</strong> Schnitt <strong>der</strong><br />

Bernini-Familie zwei Fonts enthält: die männliche Bernino Sans und die<br />

feminine Bernina Sans, eine etwas verspieltere Version mit runden<br />

Punkten und zweistöckigem g. Insgesamt umfasst die knapp 400 Euro<br />

teure Familie 25 Schnitte, also 50 Fonts. Durch die feine Gewichtsabstimmung<br />

und ihre offenen Formen sowie die große Auswahl an Fetten<br />

und Breiten ist Bernini Sans für Text und Display gleichermaßen geeignet.<br />

≥ www.justanotherfoundry.com<br />

n Ist das Design original? Ist es nützlich?« Anhand dieser<br />

zwei Fragen stellte Jurymitglied Stephen Coles die knapp 200<br />

beim TDC Typeface Design eingereichten Schriften auf den<br />

Prüfstand. »Allerdings gibt es echte Originalität im Type design<br />

kaum noch, die Grauzone ist groß«, sagt <strong>der</strong> Schriftgestal<br />

ter und Betreiber des Blogs Typographica. »Nehmen Sie<br />

etwa meine Judge’s Choice, die JAF Bernini Sans: Das Design<br />

ist nicht neu, aber die Familie so verdammt nützlich, dass sie<br />

genau das ist, was eine Schrift zuerst sein soll: ein Werkzeug.«<br />

Feste Kriterien, nach denen die Juroren die eingereichten<br />

Fonts beurteilen, gibt es bei dem Contest nicht. Der New<br />

Yorker Type Directors Club vertraut auf <strong>der</strong>en Fähigkeit, exzellente<br />

Schriftgestaltung herauszufiltern. Neben Coles und<br />

Chairman Graham Clifford gehörten dieses Jahr David Berlow<br />

von Font Bureau, J. Abbott Miller von Pentagram New<br />

York und Margaret Calvert, Gestalterin <strong>der</strong> britischen Straßenschil<strong>der</strong>,<br />

<strong>der</strong> Jury an – alle bestens geeignet für diese<br />

Aufgabe. Doch war es auch für sie nicht ganz einfach, die Perlen<br />

zu finden. »Fast alle Einsendungen waren gut gezeich net<br />

und kompetent produziert, aber nur wenige konn ten uns<br />

be geistern«, berichtet Stephen Coles. »Immer wie<strong>der</strong> hörten<br />

wir uns den gleichen Satz sagen: ›Nette Ausführung, aber wo<br />

ist das Konzept?‹ <strong>Die</strong> vierzehn Schriften, die wir prä mier ten,<br />

über zeugten uns dadurch, dass sie eine Bestimmung haben.«<br />

<strong>Die</strong> vierzehn Gewinner kommen aus neun Län<strong>der</strong>n, gleich<br />

vier Awards gingen nach Deutschland, je zwei in die USA und<br />

Kanada und je einer nach England, Brasilien, Argentinien,<br />

Israel, Australien und Norwegen. Wobei diese Zuordnung<br />

ziemlicher Humbug ist. Tom Grace etwa stammt aus Boston<br />

und machte seinen MA Typeface Design an <strong>der</strong> University of<br />

Reading. Da er aber momentan in Heidelberg lebt, wurde <strong>der</strong><br />

Award für seine Iskra Deutschland zugeschlagen. Ähnlich<br />

bei Travis Kochel aus Portland, Oregon: Sein Diagrammfont<br />

FF Chartwell (siehe PAGE 08.12, Seite 54 ff.) erscheint in <strong>der</strong><br />

FontFont­Bibliothek und zählt damit ebenfalls für Deutschland.<br />

<strong>Die</strong> Agmena dagegen, entworfen von dem gebürtigen<br />

Serben Jovica Veljović, <strong>der</strong> seit 1992 in Hamburg lebt, schlägt<br />

für die USA zu Buche, weil Monotype sie verkauft. Ferran<br />

Milan Oliveras schließlich kommt aus Barcelona, arbeitet<br />

aber bei Dalton Maag in London und bescherte so den Englän<strong>der</strong>n<br />

eine Auszeichnung. Typedesign ist heute eben ein internationales<br />

Business. Um die prämierten Fonts in <strong>der</strong> Anwendung<br />

zu zeigen, haben wir die Gewinner gebeten, ihre<br />

Schrift mit einem passenden Song in Szene zu setzen, neun<br />

sind unsere Einladung gefolgt – sehen Sie selbst. ant


058 page 06.13 TYPO TDC Typeface Design 2013<br />

Artwork: Christian Schäfler<br />

»Aber bitte mit Sahne« in Jocham<br />

Hubert Jocham, Lautrach<br />

n Ein Unbekannter ist Hubert Jocham beim TDC nicht. Bereits viermal<br />

bekamen Schriften von ihm die begehrte Auszeichnung. In diesem Jahr<br />

konnte er die Jury mit einem Font überzeugen, <strong>der</strong> eigentlich sein Logo<br />

ist. »Seit ich ein neues Zeichen habe, fragen mich die Leute nach <strong>der</strong><br />

Schrift, auf <strong>der</strong> es basiert«, erzählt <strong>der</strong> Gestalter. »Aber es gab keine<br />

gan ze Schrift, nur die Wortmarke ›Hubert Jocham‹, und ich glaubte auch<br />

nicht, dass sie als kompletter Zeichensatz funktionieren würde.« Trotz -<br />

dem begann er schließlich mit <strong>der</strong> Entwicklung eines Fonts. Nach vielen<br />

Zweifeln und je<strong>der</strong> Menge Versionen war die Jocham schließ lich fertig,<br />

in Regular mit passen<strong>der</strong> Kursive für jeweils knapp 40 Euro. »Ich habe<br />

auch an<strong>der</strong>e Schnitte ausprobiert, aber sie waren alle nicht wirk lich<br />

überzeugend. Deshalb entschied ich mich dafür, es bei Regular und Italic<br />

zu belassen.« Der Scriptfont ist auch in längeren Texten gut zu lesen und<br />

wirkt so richtig schön rund und fluffig – fast wie ein Stück Sah netorte.<br />

≥ www.huberjocham.de<br />

»Within Me« in Iskra<br />

Tom Grace, Heidelberg<br />

n Raffiniert und verspielt sind Musik und Text von »Within Me« <strong>der</strong><br />

Jazzsängerin Gretchen Parlato. Der Rhythmus des Stücks ist fest<br />

und zugleich leicht, damit passt es prima zur serifenlosen Iskra, mit<br />

<strong>der</strong> Tom Grace die Grenzen zwischen dekorativ und nützlich überwinden<br />

will. Um das zu erreichen, stattete <strong>der</strong> aus Boston stammende<br />

Designer sie mit 14 Schnitten von Ultra Thin bis Ultra Bold plus<br />

Kursive aus. <strong>Die</strong> Type hat einen sehr geringen Kontrast und erinnert<br />

gelegentlich an Pinselschriften. »Mein Ziel war vor allem, Iskra<br />

angenehm lesbar zu machen, aber trotzdem einen gewissen Glanz<br />

zu erhalten«, sagt Tom Grace, <strong>der</strong> seit einiger Zeit in Heidelberg<br />

lebt. »Sie eignet sich für Fließtexte, genauso gut aber auch für Branding<br />

und Werbung.« Iskra erscheint bei TypeTogether, <strong>der</strong> Foundry von<br />

Veronika Burian und José Scaglione, und liegt zusätzlich für Kyrillisch<br />

vor. Ein Einzelschnitt für beide Schriftsysteme kostet etwa 80 Euro.<br />

≥ www.type-together.com; www.virgotype.com


page 06.13 059<br />

»25 Minutes To Go« in Blanco<br />

Dave Foster, Sydney<br />

n Rau und robust ist die Blanco, ebenso wie <strong>der</strong> Song »25 Minutes to<br />

go«, <strong>der</strong> berühmt wurde, als Johnny Cash ihn 1968 im kalifornischen<br />

Folsom State Prison sang. Blanco ist Dave Fosters erste Schrift, entstanden<br />

2012 als Abschlussarbeit des Masterkurses Type and Media an<br />

<strong>der</strong> Royal Academy of Art in Den Haag. Gemacht ist sie für lange Texte<br />

in kleinen Größen. Ihr Charakter erinnert an Schriften wie Fleischmann,<br />

Caslon o<strong>der</strong> Plantin. Ein solches Workhorse zu gestalten ist normaler<br />

weise nichts für Anfänger, davon ließ Dave Foster sich aber nicht<br />

beeindrucken. Dass er von Erik van Blokland, Peter Verheul, Paul van<br />

<strong>der</strong> Laan, Peter Bil’ak und Christoph Noordzij viel gelernt hat, beweist<br />

nicht nur die TDC-Auszeichnung. Auch bei <strong>der</strong> Morisawa Type Design<br />

Competition wurde die Type prämiert. Einige Zeit will <strong>der</strong> Australier<br />

noch in den Nie<strong>der</strong>landen bleiben, die Blanco für den Verkauf<br />

fertigstellen und in die ein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Foundry hineinschnuppern.<br />

≥ http://work.davethedesigner.net<br />

»Nightingale« in Karol<br />

Daniel Sabino, São Paulo<br />

n Speziell für den Buchsatz entwarf Daniel Sabino die Karol, die aus<br />

den Schnitten Regular, Semibold, Bold und Black jeweils mit Kursiver<br />

besteht. Ihre von <strong>der</strong> Renaissance inspirierten Proportionen sorgen für<br />

einen angenehmen Lesefluss. Ebenso die voreingestellten Oldstyle-<br />

Ziffern. Aber auch in Displaygrößen macht die Antiqua eine gute Figur,<br />

wie <strong>der</strong> abgebildete Liedtext des brasilianischen Musikers Gilberto<br />

Gil zeigt. Vorbil<strong>der</strong> fand Daniel Sabino in den Arbeiten kalligrafisch orientierter<br />

Schriftkünstler wie Bram de Does, Oldrich Menhart o<strong>der</strong> Rudolf<br />

Koch. Historische Referenzen hin o<strong>der</strong> her, technisch ist die Fontfamilie<br />

auf dem neusten Stand. Je<strong>der</strong> Schnitt enthält über 600 Glyphen, die sich<br />

per OpenType-Funktion einsetzen lassen. Begonnen hat <strong>der</strong> Desi gner<br />

die Arbeit an Karol bereits 2011, im Rahmen eines Projekts im Kurs<br />

»Advanced Typography« an <strong>der</strong> Universitat Autònoma de Barcelona.<br />

Kaufen kann man sie für etwa 60 Euro pro Schnitt bei Type-Ø-Tones.<br />

≥ www.type-o-tones.com; www.blackletra.com


060 page 06.13 TYPO TDC Typeface Design 2013<br />

»Amo dejarte así« in Erotica<br />

Maximiliano Sproviero, Buenos Aires<br />

n Das argentinische Klima scheint die Entstehung üppiger Schnörkelschriften<br />

zu begünstigen. Denken wir nur an die vielen schönen<br />

Exem plare von Alejandro Paul. Und nun die Erotica des erst 25-Jährigen<br />

Maximiliano Sproviero. »Know the forms well before you attempt<br />

to make them« – diesen Rat des Kalligrafen E. A. Lupfer beherzigte<br />

Sproviero und ließ seine Erotica den Regeln <strong>der</strong> historischen Round hand<br />

und Engrosser’s Script folgen, um sie dann ins Extreme fortzu füh ren.<br />

Das Ergebnis sind Buchstaben, die oft eher gezeichnet als geschrie ben<br />

aussehen, mit sehr viel Persönlichkeit und ebenso viel Gefühl – wie<br />

Gustavo Ceratis Lied »Amo dejarte así«. Diverse Ligaturen und Alter -<br />

nativen zu je<strong>der</strong> Glyphe sollen keine Wünsche offenlassen. Ganz fertig<br />

ist <strong>der</strong> Designer mit <strong>der</strong> Erotica nicht, doch will er sie im Laufe des<br />

Jahres zum Verkauf anbieten können. Bis dahin müssen wir uns mit<br />

seinen an<strong>der</strong>en Scripts begnügen, die alle über MyFonts erhältlich sind.<br />

≥ www.liantypes.com.ar


page 06.13 061<br />

»Thank You« in Tegaki<br />

Neil Summerour, Jefferson, Georgia<br />

n Er ist ein rühriger Mensch: Typedesigner, Lettering Artist,<br />

Professor für Graphic Design an <strong>der</strong> University of Georgia, Grün<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Fontlabels Positype und TypeTrust – und Japanfan. Logisch,<br />

dass sich Neil Summerour auch mit <strong>der</strong> japanischen Schrift beschäftigt<br />

und ein kühnes Experiment wagte, nämlich den Beweis anzut<br />

reten, dass eine japanische Spencerian möglich ist. So entwickelte<br />

<strong>der</strong> Designer Tegaki, eine japanische Schrift im Stil <strong>der</strong> amerikanischen<br />

Spencerian Scripts, die im frühen 19. Jahrhun<strong>der</strong>t aufkamen.<br />

Er tauschte Pinsel gegen Stahlfe<strong>der</strong> und verhalf den asiatischer<br />

Zeichenformen zu neuem Leben mit Schwüngen, Schnörkeln, viel<br />

persönlichem Ausdruck und dank OpenType auch mit Ligaturen<br />

und Alternativzeichen. Tegaki wirkt durchaus mo<strong>der</strong>n und visualisiert<br />

so wun<strong>der</strong>bar den Titel »Thank You« des japanischen Trios Funky<br />

Monkey Babys. Kaufen kann man die Schrift bislang lei<strong>der</strong> nicht.<br />

≥ http://neilsummerour.com<br />

»Somebody That I Used To Know« in Agmena<br />

Jovica Veljović, Hamburg<br />

n Ein direktes historisches Vorbild hat die Agmena nicht. Ihr Design<br />

spielt mit Proportionen, Formen und Zwischenräumen; am ehesten<br />

erinnert sie an eine Renaissance-Antiqua. Der Songtext, ein Stück des<br />

belgisch-australischen Singer-Songwriters und Schlagzeugers Gotye,<br />

beweist, dass die klaren, offenen Formen auch in kleinen Graden sehr<br />

gut lesbar sind – was nicht nur für Print, son<strong>der</strong>n auch für den Bildschirm<br />

gilt. Schon immer wollte Jovica Veljović, <strong>der</strong> an <strong>der</strong> Hamburger<br />

Hochschule für Angewandte Wissenschaften Design und Typografie lehrt,<br />

eine reine Buchtype entwerfen, bei <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> Editorial Designer selbst<br />

nicht mehr um Kerning und Zurichtung kümmern muss. Mit <strong>der</strong> Agmena,<br />

die es in Book, Regular, Semibold und Bold plus Kursive gibt, gelang es<br />

Veljović, die Buchstaben im Text zum Perlen zu bringen‚ ohne aufdringlich<br />

zu sein‚ leise und doch souverän und charaktervoll. Sie kostet circa<br />

70 Euro pro Schnitt und ist auch für Kyrillisch und Griechisch erhältlich.<br />

≥ www.linotype.com


062 PAGE 06.13 TYPO<br />

TYPOWELT<br />

1<br />

Scriptfont nicht<br />

nur, aber auch<br />

für den Mengensatz:<br />

Supernova<br />

von Martina Flor<br />

1 Scriptfamilie Supernova<br />

n Gewöhnlich kommen Scriptfonts<br />

vor allem im Displaybereich zum Einsatz.<br />

Martina Flors neue Familie Supernova<br />

jedoch taugt auch für den Mengensatz.<br />

<strong>Die</strong> gebürtige Argentinierin,<br />

die lange in Barcelona und Den Haag<br />

lebte, bevor sie sich in Berlin nie<strong>der</strong>ließ,<br />

stattete Supernova mit fünf Schnitten<br />

von Light bis Black aus, plus einen Poster-Font<br />

mit je<strong>der</strong> Menge Schwungbuchstaben<br />

und Ornamenten. »Scriptfonts<br />

werden fast immer auf ihre emo-<br />

tionalen Attribute reduziert, dabei können<br />

sie durchaus als lesbare Text schrift<br />

daherkommen«, so Martina Flor.<br />

Für rund 90 Euro pro Schnitt o<strong>der</strong><br />

280 Euro für alle sechs kann man Supernova<br />

bei Typotheque kaufen. In<br />

den Kommentaren dort schreibt Ro<strong>der</strong>ick<br />

Robertson, er würde die Schrift<br />

am liebsten auf allen Rechnern in <strong>der</strong><br />

Schule, in <strong>der</strong> er unterrichtet, installieren<br />

– in <strong>der</strong> Hoffnung, das würde seine<br />

Studenten motivieren, selbst leserlicher<br />

von Hand zu schreiben.<br />

≥ www.typotheque.com<br />

2 Ornamentale Kalligrafie<br />

n Kalligrafie interessiert Mareike Ortmeier<br />

schon lange. So setzte sie sich<br />

bereits in ihrer Diplomarbeit »Rhythmus<br />

und Reihung« an <strong>der</strong> Hochschule<br />

Augsburg damit auseinan<strong>der</strong>. Doch ist<br />

es weniger die klassische Kunst des<br />

Schönschreibens, die sie fasziniert, son<strong>der</strong>n<br />

ein experimenteller Umgang damit.<br />

Mittlerweile betreibt Ortmeier das<br />

Designbüro 2Dsein in Magdeburg.<br />

In ihren Arbeiten zeigt die Gestalterin<br />

Interpretationsmöglichkeiten von


PAGE 06.13 063<br />

≥ Weitere interessante Artikel rund um Typografie finden Sie unter www.page-online.de/<br />

emag/typo und Links zu Typefoundrys et cetera unter www.page-online.de/typo-links<br />

2<br />

Der lila Hase ist nur ein Beispiel<br />

für die ornamentale Kalligrafie<br />

von Mareike Ortmeier<br />

von den Designhochschulen fehlt nicht.<br />

Für 9,90 Euro plus Versandkosten kann<br />

man das »TypoJournal« bestellen.<br />

≥ www.fonts.info;<br />

www.typografie.info<br />

Sterne sehen<br />

n Amerikanische Plakate aus <strong>der</strong> Zeit<br />

<strong>der</strong> Holzlettern im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t sind<br />

oft mit Sternen verziert. Viele Schrifthersteller<br />

wie zum Beispiel Morgans &<br />

Wilcox, Tubbs Mfg Co. und natürlich<br />

Hamilton Wood Type hatten eigene Varianten<br />

des fünf zackigen Sternmotivs<br />

in ihren Katalo gen. P22 und das Hamilton<br />

Wood Type Museum bieten jetzt<br />

einen Sternfont an: rund 100 Glyphen,<br />

einzelne Sterne, aber auch Versatzstücke,<br />

mit denen sich Rahmen und<br />

Ban<strong>der</strong>olen gestalten lassen. Für ungefähr<br />

25 Dollar kann man HWT Star<br />

Ornaments bei P22 erwerben.<br />

≥ www.p22.com/ihof/<br />

starornaments.html<br />

Kalligrafie – auf Lein wand, Büttenpapier,<br />

aber auch in digitaler Form. Von<br />

ihr stammt auch eine mo<strong>der</strong>nisierte<br />

Form <strong>der</strong> römischen Unziale, aus <strong>der</strong><br />

sie kalligrafische Ornamente entwickelt.<br />

Sie gibt Kurse zu dem Thema,<br />

fertigt aber auch Produkte mit ornamentalen<br />

Kalligrafien, darunter iPhone-<br />

Hüllen, Kühlschrankmagnete, Wanduhren<br />

o<strong>der</strong> den lila Hase, <strong>der</strong> auch nach<br />

Ostern Freude macht. Kaufen man diese<br />

auf www.zazzle.de/2dsein.<br />

≥ www.2dsein.de<br />

»TypoJournal 4«<br />

n <strong>Die</strong> vierte Ausgabe des von Ralf<br />

Herrmann und Jörg Roßbach herausgegebenen<br />

Magazins dreht sich ums<br />

»Schriftschaffen im deutschsprachi gen<br />

Raum«. Von Gutenbergs Druck mit beweglichen<br />

Bleilettern bis zu den jungen<br />

talentierten Typedesignern <strong>der</strong><br />

Gegenwart – Deutschland, Österreich<br />

und die Schweiz haben im Bereich <strong>der</strong><br />

Druck- und Schriftkunst schon immer<br />

eine wesentliche Rolle gespielt. Herrmann<br />

selbst und verschiedene Autoren<br />

stellen Schriftgestalter und -hersteller,<br />

Museen, Druckereien sowie typografische<br />

Organisationen vor – und<br />

auch eine Auswahl aktueller Arbeiten<br />

3 Serifenlose Prell<br />

n <strong>Die</strong> Idee von Norbert Prell war es,<br />

eine Schrift zu gestalten, die zugleich<br />

ein Selbstporträt ist. So zeichnete er<br />

die Buchstaben seiner Prell sowohl<br />

frech und ein bisschen kokett als auch<br />

konservativ und bedächtig. Das Ergebnis<br />

ist eine klare humanistische Serifenlose<br />

mit klassischen Proportionen<br />

und charakteristischen Kurven, die für<br />

einen hohen Wie<strong>der</strong>erkennungswert<br />

sorgen. <strong>Die</strong> fünf Schnitte Thin, Light,<br />

Regular, Medium und Bold plus Italics<br />

sowie unterschiedliche Alternativbuchstaben<br />

sorgen für vielfältige Einsatzmöglichkeiten.<br />

Prell ist die erste Schrift des ungarischen<br />

Designers, <strong>der</strong> an <strong>der</strong> University<br />

of Fine Arts in Budapest Grafikdesign<br />

studierte und sich 2010 als Erasmus-Student<br />

an <strong>der</strong> Hochschule für<br />

Angewandte Wissenschaften Hamburg<br />

in Typedesign und Kalligrafie vertiefte.<br />

Sie erscheint für ungefähr 55 Euro pro<br />

Schnitt im Gestalten Verlag; die Familie<br />

kostet rund 440 Euro. ant<br />

≥ http://fonts.gestalten.com<br />

Klassische Proportionen,<br />

künstlerische Kurven:<br />

Prell von Norbert Prell<br />

3


P R A X I S<br />

16. SEPTEMBER<br />

InfoGrafik<br />

Visual Storytelling – Workflows & Cases<br />

Aufgrund <strong>der</strong> auf 18 Personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die Anmeldungen in <strong>der</strong> Reihenfolge <strong>der</strong> Eingänge <strong>der</strong> Zahlungen berücksichtigt. <strong>Die</strong> Teilnahmegebühr fällt mit <strong>der</strong> Anmeldung<br />

an. Sie ist sofort nach Erhalt <strong>der</strong> Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne Abzug zu überweisen. Bei Absage <strong>der</strong> Veranstaltung seitens <strong>der</strong> Ebner Verlag GmbH & Co. KG wird die Seminargebühr voll<br />

zurückerstattet. Darüber hinausgehende Ansprüche bestehen nicht. Bei Stornierung <strong>der</strong> Anmeldung gelten folgende Fristen und Gebühren: Ab 14.06.2013 berechnen wir 50 Prozent, ab 19.07.2013 100 Prozent<br />

<strong>der</strong> Teilnahmegebühr. <strong>Die</strong> Vertretung eines angemeldeten Teilnehmers ist je<strong>der</strong>zeit möglich. Es werden nur schriftliche Stornierungen o<strong>der</strong> Namenswechsel akzeptiert. Es gilt <strong>der</strong> Poststempel.<br />

<strong>Die</strong> Agenda<br />

1. Das Wesen <strong>der</strong> Infografik –<br />

Stärken und Schwächen<br />

Wo sind die Grenzen zur Illustration, zur reinen<br />

Visualisierung und zur Kunst? Was kann und<br />

muss eine Infografik leisten, und wie setzt man<br />

diese sinnvoll ein? Was unterscheidet eine<br />

journalistisch geprägte Grafik von einer Visualisierung<br />

in <strong>der</strong> Unternehmenskommunikation?<br />

Was sind die Gefahren und das Potenzial einer<br />

PR-Grafik? Inwieweit können sich Corporate<br />

Infographics an eine bestehende CI anpassen?<br />

2. Vom Briefing über die Recherche zur<br />

Umsetzung – Cases, Prozesse, Strategien<br />

Wie müssen die Basisinformationen für ein<br />

gutes Briefing aufbereitet sein? Wie kommt<br />

man an die relevanten Daten und damit auf<br />

die richtige Idee? Ist weniger mehr o<strong>der</strong><br />

mehr Information hilfreicher? Wie gewinne<br />

ich den Kunden für die Idee? Wie läuft<br />

die Abstimmung mit dem Auftraggeber?<br />

3. Animation, Interaktion, Multichannel –<br />

die Wahl <strong>der</strong> Mittel und ihre Kalkulation<br />

Wie setze ich Infografiken crossmedial ein?<br />

Ist eine statische o<strong>der</strong> eine interaktive,<br />

animierte Grafik besser? Wie gestalte ich<br />

den Workflow, um schon in <strong>der</strong> Entwicklungsphase<br />

den unterschiedlichsten<br />

Nutzungsarten Rechnung zu tragen: als<br />

App, Poster, Magazinseite o<strong>der</strong> PowerPoint-<br />

Template. Wie kalkuliere ich eine Infografik?<br />

Wie verhandle ich die Nutzungsrechte?<br />

Das PAGE Seminar mit Jan Schwochow lässt<br />

genug Zeit für Fragen und Diskussionen und<br />

den Austausch <strong>der</strong> Teilnehmer untereinan<strong>der</strong>.<br />

PAGE // Ebner Verlag GmbH & Co. KG<br />

E-Mail: info@page-online.de<br />

Telefon: +49 40 85183400<br />

www.page-online.de/seminar<br />

Das Seminar<br />

n <strong>Die</strong> Infografik erlebt einen wahren Boom: in Magazinen und Zeitungen<br />

ebenso wie in Geschäftsberichten und Firmenpräsentationen, in Internet und<br />

TV. Damit entwickelt sich ein überaus vielseitiges, grenzüberschreitendes<br />

Tätigkeitsfeld für Grafik- und Kommunikationsdesigner, für Illustratoren und<br />

Fotografen, für Interaction Designer und Animation Artists. Infografiken<br />

können vielschichtige Inhalte rasch veranschaulichen. Doch je schneller und<br />

komplexer die Kommunikation insgesamt wird, umso achtsamer muss <strong>der</strong><br />

Kreative mit <strong>der</strong> Datenaufbereitung umgehen. Mit einer ästhetisch faszinierenden<br />

Visualisierung ist es nicht getan, es geht um Inhalte, Einsichten und<br />

die Macht des Bildes. Und genau hier liegt denn auch für Jan Schwochow die<br />

eigentliche Herausfor<strong>der</strong>ung. Es wird immer schwieriger, gute und verlässliche<br />

Quellen zu finden, um einen Sachverhalt korrekt und unverfälscht wie<strong>der</strong>zuge -<br />

ben. Der Grafik- und Kommunikationsdesigner ist schon lange nicht mehr nur<br />

reiner Gestalter, er ist zugleich Journalist und visueller Geschichtenerzähler.<br />

Jan Schwochow erläutert im PAGE Seminar anhand konkreter Praxisbeispiele,<br />

wie eine Infografik entsteht – von <strong>der</strong> Recherche über die Skizze bis zur Reinzeichnung<br />

und Animation. Er bietet tiefe Einblicke in die Arbeit eines Infografikers<br />

und beleuchtet das Spannungsfeld zwischen reiner Information und<br />

guter Gestaltung – wertvolles Know-how vom Designprofi für Designprofis!<br />

Das Seminar »Infografik« findet am 16. September 2013 im Hotel 25hours,<br />

Hamburg Bahrenfeld, von 9 bis 17:30 Uhr statt. <strong>Die</strong> Teilnahme kostet 648 Euro<br />

(zzgl. gesetzlicher MwSt.). <strong>Die</strong> Gebühr* umfasst die Tagungskosten,<br />

Lunch und Kaffeepausen. <strong>Die</strong> Teilnehmerzahl ist auf 18 Personen begrenzt!<br />

Also schnell anmelden unter www.page-online.de/seminar<br />

Der Referent<br />

n Jan Schwochow (44), Grün<strong>der</strong> und Geschäftsführer <strong>der</strong> Golden Section Graphics<br />

GmbH, gilt als einer <strong>der</strong> renommiertesten Infografiker weltweit und ist als erster<br />

Infografiker Mitglied <strong>der</strong> ADC-Jury. Jan Schwochow und sein Team haben zahlreiche<br />

nationale und internationale Auszeichnungen erhalten, unter an<strong>der</strong>em bei den<br />

Malofiej Awards und den European Design Awards sowie beim ADC. Der Diplom-<br />

Designer blickt auf über 20 Jahre Erfahrung als Infografiker, Designer und Journalist<br />

zurück. So war er unter an<strong>der</strong>em Ressortleiter und Artdirektor <strong>der</strong> Infografik-Abteilung<br />

beim »stern« und als Artdirektor für Infografiken in <strong>der</strong> Entwicklungsgrafik des Verlags<br />

Milchstraße tätig. Zuletzt baute Jan Schwochow bei <strong>der</strong> <strong>Agentur</strong> KircherBurkhardt in<br />

Berlin eine Infografik-Abteilung auf, bevor er 2007 sein eigenes Unternehmen,<br />

die Golden Section Graphics GmbH mit <strong>der</strong>zeit bis zu 15 Mitarbeitern gründete.<br />

Jan Schwochow ist Herausgeber und Chefredakteur des Magazins »In Graphics«.


066 PAGE 06.13<br />

BILD<br />

Vom Nobelvorort zum<br />

Ghetto – per Wortspielerei.<br />

Dass Oliver<br />

Sperls an Street Art<br />

erinnernde Technik gut<br />

zum Thema »Umgekehrte<br />

Gentrifizierung«<br />

passt, demonstriert<br />

das gute Gespür <strong>der</strong><br />

»taz«-Bildredaktion.<br />

Ebenfalls für die »taz«<br />

entstand <strong>der</strong> Entwurf<br />

mit dem Tagger, <strong>der</strong> sich<br />

ins Gesicht sprüht<br />

(ganz rechts) – ein sehr<br />

plastisches Bild für<br />

die destruktive Kraft<br />

einer Jugendgang


PAGE 06.13 067<br />

Bil<strong>der</strong>denken<br />

So entscheidend er ist – meist läuft <strong>der</strong> konzeptionelle Prozess in <strong>der</strong> Illustration<br />

leise, schnell und unprätentiös ab. Wir fragten Zeichner nach den Strategien, mit denen<br />

sie die Vorstellungen des Kunden in eine Bildidee umsetzen<br />

≥ PAGE Online<br />

Weitere Tipps zu<br />

Konzeption und<br />

Workflow verraten<br />

Illustratoren unter<br />

www.page-online.<br />

de/konzeption_<br />

illustration<br />

n Eine Nacht zwischen Briefing und<br />

Deadline – das ist <strong>der</strong> Idealfall«, sagt<br />

Oliver Sperl, freier Illustrator und Kommunikationsdesigner<br />

aus Berlin. »Ich<br />

brauche das Gefühl, ein Open End für<br />

den Notfall zu haben. So kann ich,<br />

wenn eine Idee nicht so schnell kommt,<br />

auch mal eine Nacht durcharbeiten.«<br />

Als visuelle Denker machen Illustratoren<br />

auch selbst wenig Worte um den<br />

Konzeptionsprozess. Der sieht bei Oliver<br />

Sperl etwa so aus: Seine Auftraggeber,<br />

zum Beispiel die Bildredaktion<br />

<strong>der</strong> »taz«, briefen ihn für seinen rauen,<br />

an Street Art erinnernden Stil – am<br />

besten schon mit einem fertigen Artikel.<br />

Dann verlässt Sperl sein Kreuzberger<br />

Büro, um diesen in <strong>der</strong> entspannten<br />

Atmosphäre eines Cafés zu lesen<br />

und dabei Skizzen an den Rand zu<br />

scribbeln. Gibt es noch keinen Text, erklärt<br />

ihm <strong>der</strong> Redakteur den Inhalt.<br />

Sperl schreibt in Stichworten mit und<br />

lässt bereits am Telefon erste Ideen<br />

sprudeln, überträgt sie anschließend<br />

meist in Vorentwürfe und bespricht<br />

sie mit dem Kunden.<br />

»Viele Einfälle entstehen spontan<br />

aus meinem Wissensfundus heraus«,<br />

sagt <strong>der</strong> Illustrator. Klassische Kreativitätstechniken<br />

nutzt er eher intuitiv,<br />

jongliert mit Wörtern und visuellen Metaphern,<br />

mit Überraschung und Gegensätzen.<br />

Kürzlich illustrierte er für die<br />

»taz« einen Artikel über den früheren<br />

Bonner Nobelstadtteil Bad Godesberg,<br />

<strong>der</strong> sich seit dem Wegzug <strong>der</strong> Regierungsbeamten<br />

in einen Problembezirk<br />

verwandelt. Gekonnt spielte Sperl mit<br />

den Erwartungen des Betrachters, indem<br />

er den gediegen anmutenden<br />

Ortszusatz »Bad« als tattooartigen<br />

Schriftzug auf dem Körper eines Unterschichten-Teenies<br />

platzierte, sodass<br />

man ihn eher als englisches bad liest.<br />

»Zunächst bilde ich mir eine eigene<br />

Meinung, eine Art Kommentar zum<br />

Artikel«, erklärt Oliver Sperl, »wobei<br />

eine gute Illustration immer auch unabhängig<br />

vom Text funktionieren sollte.«<br />

Indem er Bekanntes in ungewohnte<br />

Zusammenhänge setzt, löst er auch<br />

mal physische Irritation aus: Zu einer<br />

Geschichte über eine Jugendgang, die<br />

ihre Umwelt und sich untereinan<strong>der</strong><br />

terrorisiert, zeichnete er einen Sprayer,<br />

<strong>der</strong> statt auf Wände sich selbst ins Gesicht<br />

sprüht. Ist die Idee mit dem


068 PAGE 06.13 BILD Konzeption von Illustrationen<br />

Auftraggeber abgestimmt, setzt er<br />

die Skizzen mit Ölfettkreide um. Anschließend<br />

kratzt er mit dem Teppichmesser<br />

Strukturen hinein und bearbeitet<br />

das Bild bei Bedarf digital. Das<br />

Verhältnis zwischen Konzept, manueller<br />

Umsetzung und digitaler Nachbe arbeitung<br />

schätzt <strong>der</strong> Berliner Illustrator<br />

auf 10 zu 40 zu 50 Prozent.<br />

Hinter <strong>der</strong> Leichtigkeit <strong>der</strong> Illustrationen<br />

von Thomas Fuchs verbirgt sich<br />

ein verdichteter Kreationsprozess, zu<br />

dem auch psychologisches Geschick<br />

gehört. »Ein Briefing gibt vor allem<br />

Auskunft darüber, was ein Kunde<br />

nicht will«, konstatiert <strong>der</strong> Berliner Illustrator.<br />

»Da Auftraggeber oft unfertige<br />

Ideen liefern, muss ich zwischen<br />

den Zeilen lesen können.« Ein Beispiel:<br />

Als Bildmotiv zum Thema Social Trading<br />

schlug ein Redakteur vor, den erfolgreichsten<br />

Tra<strong>der</strong> <strong>der</strong> Online-Community<br />

als großes Männchen mit einem<br />

Sack voll Geld darzustellen, dem<br />

viele kleine Männchen hinterherlaufen.<br />

Der Illustrator begann schon im<br />

Gespräch, die Idee vorsichtig zu modellieren.<br />

Er nahm den Begriff des »Investment-Gurus«<br />

auf, den <strong>der</strong> Redakteur<br />

selbst hatte fallen lassen, hakte<br />

hier ein – und setzte dann schließlich<br />

In einer Bildserie zum Managementthema<br />

»Radikal führen« spielt<br />

Thomas Fuchs das altbekannte<br />

Symbol des Smileys durch und setzt<br />

es in ungewohnte Kontexte,<br />

sodass das Grinsegesicht gar nicht<br />

mehr so positiv wirkt


PAGE 06.13 069<br />

Martin Müller alias Herr Müller testet<br />

Tesa: Das Porträt für DJ Iron Curtis ist<br />

<strong>der</strong> Scan einer Klebeband-Maske, den<br />

<strong>der</strong> Illustrator digital bearbeitet hat.<br />

Das abstrakte und zugleich treffende<br />

Bild bewegt sich zwischen analoger<br />

und digital-technoi<strong>der</strong> Anmutung<br />

einen Guru mit seinen ergebenen Anhängern<br />

in Szene.<br />

»Ich versuche, jedes Thema so zu<br />

verstehen, dass ich es einem Fünfjährigen<br />

erklären kann«, meint Thomas<br />

Fuchs. Dazu bricht er die Thesen eines<br />

Textes auf dessen zwei bis drei essenzielle<br />

herunter. »Und wenn es keine<br />

Headline gibt, schreibe ich mir selber<br />

eine.« Der folgende Transfer von <strong>der</strong><br />

Kernaussage eines Textes zum visuellen<br />

Motiv passiert bei dem erfahrenen<br />

Zeichner fast automatisch. Dabei<br />

gilt es, »ein fieserer Kritiker <strong>der</strong> eigenen<br />

Arbeit zu sein als je<strong>der</strong> Kunde«,<br />

so Fuchs. »Zuerst versuche ich das Offensichtliche<br />

zu denken – um es dann<br />

um ein paar Grad weiterzudrehen.«<br />

Das heißt: eine Idee erst einmal durchdeklinieren,<br />

um dann neue Wendungen<br />

zu finden und diese zuletzt auf<br />

das Wesentliche zu reduzieren.<br />

Oft setzt Fuchs mit Klischees und<br />

bekannten Symbolen an, um sie dann<br />

zu verfremden. Eine Illustrationsserie<br />

in einer Wirtschaftszeitschrift, die einen<br />

Artikel über radikale Führungsmethoden<br />

für zukunftsfähige Unternehmen<br />

bebil<strong>der</strong>n sollte, spielt zum<br />

Beispiel das Smiley durch – als Symbol<br />

für einen freundlichen Führungsstil,<br />

<strong>der</strong> durch Härte ergänzt wird. Mal stellen<br />

die lächelnden Mundwinkel des<br />

stark strapazierten Zeichens zugleich<br />

die Teufelshörnchen des Chefs dar,<br />

mal dient das kreisrunde Gesicht als<br />

Oberfläche einer Trommel, die die<br />

Mitarbeiter einer Galeere antreibt. Im<br />

Durchschnitt nimmt die Ideenfindung<br />

bei Fuchs eine halbe Stunde ein, die<br />

Umsetzung etwa drei Stunden – eine<br />

ähnliche Relation wie bei Oliver Sperl.<br />

Technik ist für den Kreativen, <strong>der</strong> seine<br />

Konzepte als Vektorzeichnung o<strong>der</strong><br />

in Acrylfarbe umsetzt, Teil des Konzepts.<br />

»Acryl wirkt haptischer, wärmer,<br />

charmanter, digitale Illustrationen lassen<br />

sich sehr gut für minimalistische<br />

Zeichen einsetzen«, so Thomas Fuchs.<br />

»Je simpler die Idee, desto einfacher<br />

lässt sie sich darstellen.«<br />

In dem Maße, in dem experimentelle<br />

Illustrationstechniken im Editorial Design<br />

immer mehr Zuspruch finden,<br />

wird das Spiel mit <strong>der</strong> Technik selbst<br />

zum konzeptionellen Element. Der Berliner<br />

Designer und Illustrator Martin<br />

Müller alias Herr Müller ist von den<br />

Möglichkeiten fasziniert, die analoge<br />

Collagen aus Papierfetzen und Klebeband<br />

bieten. In diesem Stil setzt er unterschiedlichste<br />

Aufträge um, etwa eine<br />

Bildstrecke über Arbeiten im Alter<br />

für ein Schweizer Wirtschaftsmagazin.<br />

Darin mischen sich die Anzeichen von<br />

Altwerden und Gebrechlichkeit – dritte<br />

Zähne, Rollator, faltige Hände – mit<br />

den Insignien einer dynamisch-effizienten<br />

Arbeitswelt wie Notebooks und<br />

Smartphones. Darüber hinaus irritiert<br />

die Ästhetik zwischen naiver Kin<strong>der</strong>buchoptik<br />

und rauer Haptik. So viel<br />

Reibung darstellen zu können, sei noch<br />

die Ausnahme in <strong>der</strong> Magazinillustration,<br />

meint <strong>der</strong> Zeichner. Seine Technik<br />

baut er ständig aus. »Iron Curtis<br />

brauchte als DJ ein Porträtbild für Presseanlässe,<br />

aber er wollte kein Foto«,<br />

berichtet Müller. »Er fragte mich nach<br />

etwas Düsterem, aber es sollte auch<br />

keine Fotokopie sein. So kam ich darauf,<br />

sein Gesicht mit Tesafilm abzukleben<br />

und die Maske zu scannen.«<br />

Daraus entstand ein technoi<strong>der</strong> Gitternetz-Look,<br />

<strong>der</strong> bestens zur Musik passt.<br />

»Das Klebebandthema ist für mich<br />

noch nicht ganz ausgeschöpft«, so <strong>der</strong><br />

Illustrator. »Ich halte es für sinnvoll, die<br />

eigenen Obsessionen zu verfolgen. Nur<br />

beim Experimentieren entwickelt man<br />

sich weiter.«<br />

Oft entstehen Müllers Bildmotive<br />

über lose Assoziationsketten. Beim Lesen<br />

bleibt er häufig an einem einzigen<br />

Begriff aus dem Artikel, dem Brie-


070 PAGE 06.13 BILD Konzeption von Illustrationen<br />

Kontraste schafft Herr Müller durch Objekte wie Notebook<br />

und Smartphone versus dritte Zähne und Rollator. <strong>Die</strong><br />

sechs Motive für einen Artikel über Arbeiten im Alter setzte<br />

<strong>der</strong> Berliner Illustrator in etwa einer Woche um – im<br />

kommunikativen Pingpong mit dem Wirtschaftsredakteur<br />

fing o<strong>der</strong> seinen Recherchen hängen,<br />

den er dann zu einer Bildidee<br />

ausarbeitet. Er legt Wert darauf, nicht<br />

didaktisch zu werden: »Zeige nicht das,<br />

was offensichtlich ist, son<strong>der</strong>n das,<br />

was du gleich daneben findest. O<strong>der</strong><br />

das Offensichtliche in einer ungewohnten<br />

Technik.« Als er eine Illustration<br />

für das Printmaterial zum Techno-Album<br />

»Party Catani« anfertigen sollte,<br />

brachte ihm DJ Patric Catani eine Art<br />

»Mad Max«-Verschnitt als Inspiration<br />

mit. Der Illustrator versuchte, die Musik<br />

mit <strong>der</strong> Achtziger-Jahre-Ästhetik<br />

des Films, Science-Fiction und Steinzeit,<br />

zu verbinden. Bei <strong>der</strong> Recherche<br />

stieß er immer wie<strong>der</strong> auf den Begriff<br />

»Steinaxt«. Zu abgedroschen, fand er<br />

und verwandelte das Motiv in einen<br />

schamanistischen Zauberstab, <strong>der</strong> mit<br />

On- und Off-Schalter und herauszuckenden<br />

Blitzen auch ein Instrument<br />

aus <strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong> sein könnte und von<br />

einer fellbesetzten Schallplatte umkreist<br />

wird. »Den Betrachter zu for<strong>der</strong>n<br />

und verwirren macht die meisten<br />

Illustrationen wesentlich interessanter«,<br />

so Müller.<br />

Als letztes Glied in <strong>der</strong> Kette kreativer<br />

Arbeitsprozesse müssen Illustratoren<br />

schnell und zuverlässig den Spagat<br />

zwischen künstlerischer Interpretation<br />

und pragmatischer <strong>Die</strong>nstleistung<br />

hinbekommen (siehe Interview<br />

rechts). »Manchmal ist es sinnvoll, einen<br />

Job von vornherein abzusagen«,<br />

sagt Martin Müller. Einmal bekam er<br />

von einem Männermagazin einen Text<br />

voller Geschlechterklischees, den er für<br />

einen ersten Artikelentwurf hielt. »Ich<br />

gab mir Mühe, mit meinen Bildkonzepten<br />

dem Herrenwitz-Niveau zu entkommen.<br />

Doch die Redakteurin konnte<br />

damit nichts anfangen – sie verstand<br />

gar nicht, warum ihre Stereotypen auf<br />

mich sexistisch wirkten.« Der Text entpuppte<br />

sich dann als finaler Artikel.<br />

Das Beispiel mag speziell sein, doch es<br />

zeigt: Starke Illustrationskonzepte im<br />

Editorial Design bieten die Möglichkeit,<br />

Standpunkte hervor zuheben. Und<br />

dies verlangt Redaktio nen und Illustratoren<br />

den Mut zu einer eigenen<br />

Haltung ab.<br />

wl


PAGE 06.13 071<br />

»Illustratoren sind <strong>der</strong> kleinste Fisch<br />

in <strong>der</strong> Nahrungskette – dabei gibt es<br />

große kreative Talente«<br />

n Stefan Kiefer, Senior Graphic Designer<br />

beim Spiegel Verlag, arbeitete 15 Jahre als Illustrator<br />

und freier Artdirektor. Seit 1996 ist<br />

er in <strong>der</strong> »Spiegel«-Titelredaktion, von 2000<br />

bis 2013 war er Ressortleiter. Wir sprachen<br />

über die Zusammenarbeit mit Illustratoren.<br />

Beeinflusst Ihre Ausbildung als Illustrator Ihre<br />

Arbeit beim »Spiegel«?<br />

Stefan Kiefer: Absolut. Als Auftraggeber<br />

muss ich optimale Bedingungen für alle Beteiligten<br />

schaffen, und das kann ich beson<strong>der</strong>s<br />

gut, wenn ich beide Seiten des Flusses<br />

kenne. Ich weiß, wie eng Deadlines sein dürfen<br />

und wann die Grenze erreicht ist, ab <strong>der</strong><br />

kreatives Arbeiten schwierig wird. Illustratoren<br />

sind <strong>der</strong> kleinste Fisch in <strong>der</strong> kreativen<br />

Nahrungskette, noch hinter den Grafikern<br />

und Fotografen. Was ungerecht ist, denn es<br />

gibt große Talente unter ihnen. Ganz selbstverständlich<br />

wird vorausgesetzt, dass Illustratoren<br />

über Nacht o<strong>der</strong> am Wochenende<br />

arbeiten. Der »Spiegel«, mit selten mehr als<br />

zwei, drei Tagen Produktionszeit, ist als Auftraggeber<br />

eher berüchtigt – aber die redaktionellen<br />

Abläufe machen das unumgänglich.<br />

Außerdem haben wir immer sehr konkrete<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen, denn die klare Aussage ist<br />

wahnsinnig wichtig für den »Spiegel«-Titel,<br />

weil das Blatt politisch Stellung nimmt.<br />

Wie entsteht ein gutes Bildkonzept?<br />

<strong>Die</strong> besten Coverideen sind oft diejenigen,<br />

die sofort im Raum stehen, wenn wir im Team<br />

anfangen, über ein neues Thema nachzudenken.<br />

Für das Konzept zu den »Bush-Kriegern«<br />

zum Beispiel, einem sehr erfolgreichen<br />

Cover, haben wir in <strong>der</strong> Titelredaktion nur gefühlte<br />

acht Minuten gebraucht. Es stellt George<br />

W. Bush und fünf seiner Gefolgsleute als Hollywood-Superhelden,<br />

Rambo und Co dar. Titelzeile<br />

und -motiv müssen sich ergänzen. Typo<br />

und selbst die Schriftgröße spielen eine<br />

wichtige Rolle. Wenn ein Thema Gehalt und<br />

eine gute These hat, findet man in <strong>der</strong> Regel<br />

auch zügig eine Bildidee.<br />

Bitte nennen Sie ein Beispiel.<br />

Der Titel »Ewige Liebe«, den wir kurz vor<br />

Weih nachten 2011 brachten. Ein küssendes<br />

Paar geht eigentlich gar nicht für den »Spiegel«<br />

als Nachrichtenmagazin mit Gesellschaftsreflexion.<br />

Und an die ewige Liebe glauben<br />

unsere Leser sowieso nicht. <strong>Die</strong> Distan zie rung<br />

sollte also auch optisch deutlich werden. Deshalb<br />

wählten wir einen Comic-Titel im Retro-<br />

Stil, umgesetzt von Comic-Großmeister Lou<br />

Brooks. <strong>Die</strong> ironische Distanz liefern die zum<br />

Anti-Schwur gekreuzten Finger des Mannes<br />

hinter dem Rücken <strong>der</strong> Frau und das Comic-<br />

Pop-up »Endlich erforscht!«.<br />

Kann man den Erfolg eines Covers planen?<br />

Ob ein Titel gut ankommt, vermittelt das<br />

Bauch gefühl, aber ob er sich gut verkauft,<br />

kann niemand vorher wissen – auch kein Chefredakteur.<br />

Sehr erfolgreich, auch in <strong>der</strong> medialen<br />

Wahrnehmung, war zum Beispiel das Titelbild<br />

»<strong>Die</strong> Scheinheiligen«, in <strong>der</strong> es um den<br />

Missbrauchsskandal in <strong>der</strong> Katholischen Kirche<br />

ging. Das Titelmotiv zeigt einen Priester, <strong>der</strong><br />

sich in den Talar fasst – allerdings statt auf<br />

Brusthöhe, wie man es von Napoleon kennt,<br />

in den Schritt. Ein provokantes Blatt mit entsprechenden<br />

Reaktionen – bis hin zu Abo-<br />

Kündigungen. Sein Profil hat <strong>der</strong> »Spiegel«<br />

damit sicher geschärft.<br />

Haben Sie sich schon mal »ver«-konzipiert?<br />

Schwierig war <strong>der</strong> Finanzkrisen-Titel »Geld regiert<br />

die Welt«, <strong>der</strong> die Wall Street als Marionettentheater<br />

darstellt. <strong>Die</strong> Idee überzeugt<br />

mich heute noch, aber <strong>der</strong> Titel hat sich lei<strong>der</strong><br />

nicht so gut verkauft. Zum einen, weil die Verkäufe<br />

zwei Wochen vor Weihnachten fast immer<br />

in den Keller gehen und das Thema vielleicht<br />

nicht <strong>der</strong> Reißer war, zum an<strong>der</strong>en, weil<br />

das Bild zu kleinteilig war – man hätte es plakativer<br />

abbilden, näher rangehen müssen. Dafür<br />

war <strong>der</strong> Aufwand dann doch ziemlich groß.<br />

Nach welchen Kriterien wählen Sie den Illustrator<br />

für ein Cover aus?<br />

Generell wichtig ist für den »Spiegel« ein eher<br />

realistischer Stil. Dann kommt es darauf an –<br />

bei Porträts vor allem –, absolut treffend in<br />

<strong>der</strong> Ähnlichkeit zu sein. Auch Illustratoren wie<br />

Andrea Ventura o<strong>der</strong> Hanoch Piven, die expressionistisch<br />

und reduziert arbeiten, haben das<br />

drauf. Mit vielen guten Illustratoren können<br />

wir aber lei<strong>der</strong> nicht zusammenarbeiten, weil<br />

ihr abstrakter Stil hierzulande eher nicht verstanden<br />

wird. Suche ich neue Illustratoren,<br />

recherchiere ich erst mal ihre Portfolios – und<br />

zwar in die Tiefe, denn nach den ersten drei,<br />

vier Arbeiten auf einer Website kann man noch<br />

nicht beurteilen, ob die Qualität Standard<br />

o<strong>der</strong> ein Zufallstreffer ist. Ob eine Zeichnung<br />

dann gut wird o<strong>der</strong> nicht, erkenne ich inzwischen<br />

am ersten Scribble.<br />

Wie kann ein Illustrator bei <strong>der</strong> Kooperation<br />

mit dem »Spiegel« punkten?<br />

Mit handwerklichem Können, Tempo und Professionalität.<br />

Das heißt: hohes handwerkliches<br />

Niveau, absolute Zuverlässigkeit und Pragmatismus<br />

– erst lange über einen Auftrag diskutieren<br />

zu müssen, ist bei unserem Zeitdruck<br />

nicht gerade hilfreich. Stimmt das alles, sind<br />

wir extrem treue Auftraggeber.<br />

Mal ehrlich: Arbeiten Sie lieber mit Illustratoren,<br />

die Ihre Vorgaben einfach ausführen,<br />

o<strong>der</strong> mit Künstlern, die Ideen einbringen?<br />

Ich brauche beides – das eine als Pflicht, das<br />

an<strong>der</strong>e als Kür. Aber konzeptionsstarke und<br />

zugleich schnelle Illustratoren wie Christoph<br />

Niemann, Rafal Olbinski, Michael Pleesz o<strong>der</strong><br />

Edel Rodriguez sind eher die Ausnahme.<br />

Was sollten Illustratoren bei <strong>der</strong> Kommunikation<br />

mit Kunden beachten?<br />

Fühlst du dich zeitlich o<strong>der</strong> handwerklich<br />

überfor<strong>der</strong>t: Hab den Mut, abzusagen! Mach<br />

dich lieber rar, als mittelmäßige Ergebnisse<br />

abzuliefern. Das merkt sich je<strong>der</strong> Artdirektor.<br />

Wie hat sich <strong>der</strong> Umgang mit Illustration im<br />

Editorial Design geän<strong>der</strong>t, seit Sie selbst als<br />

Zeichner tätig waren?<br />

Man sieht heute viel seltener großflächig illustrierte<br />

Werbeplakate o<strong>der</strong> Magazindoppelseiten.<br />

Lei<strong>der</strong> ist man auch beim »Spiegel« zaghafter<br />

geworden: Als einziges deutsches Nachrichtenmagazin,<br />

das in <strong>der</strong> Titelbildgestaltung<br />

traditionell auf Illustration setzte, verlegt man<br />

sich jetzt auch mehr auf Fotografie. Aber insgesamt<br />

wächst das Bewusstsein für das Potenzial<br />

von Illustration wie<strong>der</strong>.<br />

Wo liegen die Grenzen vom Illustration im<br />

Editorial Design?<br />

Natürlich gibt es Themen, da verbietet sich Illustration,<br />

etwa bei Naturkatastrophen o<strong>der</strong><br />

dem medialen Jahrhun<strong>der</strong>tereignis 9/11. Zu<br />

Letzterem gab es mit 1,4 Millionen Exempla ren<br />

den meistverkauften »Spiegel«-Titel aller Zeiten,<br />

obwohl wir, an<strong>der</strong>s als die meisten Magazine,<br />

kein Foto <strong>der</strong> gigantischen Explosion benutzt<br />

haben. Wir hielten uns mit einem qualitativ<br />

schlechten Amateurbild bewusst zurück,<br />

aber an Dramatik war unser Motiv nicht zu<br />

überbieten: Es zeigte den Moment vor dem<br />

Einschlag des zweiten Flugzeugs. Der Rest lief<br />

im Kopfkino des Betrachters weiter. Generell<br />

sollte man aktuelle Geschehnisse fotografisch<br />

abbilden – erst aus <strong>der</strong> Distanz, ausgeruht<br />

und reflektiert lassen sie sich als gesellschaftliche<br />

Themen zeichnerisch interpretieren.


072 page 06.13 BILD <strong>Low</strong>-polygon-Ästhetik<br />

Für seinen interaktiven<br />

Film »The<br />

Carp and the Seagull«<br />

nutzte Evan<br />

Boehm WebGL und<br />

three.js ( http://<br />

thecarpandthe<br />

seagull.thecreators<br />

project.com )<br />

Seine minimalistischen<br />

<strong>Polygon</strong>welten<br />

baut Tim Reynolds<br />

in Cinema 4D<br />

und verfeinert sie<br />

dann mit Photoshop<br />

(ganz rechts)<br />

Als Promotion für<br />

das »The Carp and the<br />

Seagull«-Projekt<br />

im »VICE«-Magazin<br />

entstand eine Anzeige.<br />

Dafür erzeugte Evan<br />

Boehm aus Cinema-4D-<br />

Daten dieses Motiv


PAGE 06.13 073<br />

Reiz des Eckigen<br />

Mit wenigen <strong>Polygon</strong>en erbaute Bildwelten faszinieren durch ihre eigenwillige Ästhetik. PAGE zeigt,<br />

wie sich diese illustrativ, mit 3-D-Software o<strong>der</strong> gecodet mit WebGL und three.js umsetzen lässt


074 PAGE 06.13 BILD <strong>Low</strong>-<strong>Polygon</strong>-Ästhetik<br />

Step by Step: Kevin Harald Campean über die Umsetzung seiner <strong>Low</strong>-Poly-Illu in<br />

n Hartnäckig hält sich <strong>der</strong> im letzten<br />

Jahr aufgekommene <strong>Low</strong>-Poly-<strong>Trend</strong> –<br />

als Gegenbewegung zu einer etablierten<br />

3-D-Äs the tik, die mit glatten Oberflächen<br />

und schön geformten Details<br />

möglichst per fekt wirken will. Bei <strong>Low</strong>-<br />

Poly-Illustrationen wird Dreidimensionalität<br />

mit we nigen <strong>Polygon</strong>en angedeutet.<br />

Das ist vergleichbar mit einem<br />

3-D-Modell, das nicht geren<strong>der</strong>t und<br />

entsprechend nicht geglättet wurde.<br />

<strong>Die</strong> reduzierten Formen haben eine<br />

eckige, ro he Anmutung – sind aber in<br />

langer Detailarbeit entstanden. Prominenter<br />

Ver treter die ses visuellen Stils<br />

ist <strong>der</strong> in Amsterdam lebende briti sche<br />

Grafikdesigner Jona than Puckey. Mit<br />

Jürg Lehni entwickelte er bereits 2008<br />

das Illustrator-Plug-in Scripto grapher,<br />

das Bil<strong>der</strong> automatisch in grobe <strong>Polygon</strong><br />

raster umwandelt.<br />

Für <strong>Low</strong>-Poly-Bildwelten braucht es<br />

nicht zwangsläufig eine 3-D-Software –<br />

ähnliche Effekte lassen sich auch mit<br />

Illustrator und Photoshop hervorbringen,<br />

wie Kevin Harald Campean, Designstudent<br />

aus Budapest, am Beispiel<br />

seines Plakats »Wolf in sheep skin« zeigt<br />

(siehe rechts). Digital Artist Tim Reynolds<br />

kreiert seine atmosphäri schen<br />

<strong>Low</strong>-Poly-Bil<strong>der</strong> hingegen haupt sächlich<br />

mit Cinema 4D. Der frühere Ausstellungsdesigner<br />

entwickelte vor etwa<br />

an<strong>der</strong>thalb Jahren seinen Stil und<br />

erschafft seither geheimnisvolle Landschaften<br />

o<strong>der</strong> minimalistische Tierporträts<br />

als kleine <strong>Polygon</strong>szenen: »Meine<br />

Inspiration ist die Natur, die ich eckig<br />

neuinterpretiere«, erklärt Tim Reynolds<br />

( www.turnislefthome.com ).<br />

Für ein freies Werk benötigt Reynolds<br />

heute etwa zwei Stunden, an einer<br />

kommerziellen Arbeit wie »Roadways<br />

Night« (siehe Seite 73) sitzt er um<br />

die sieben, acht Stunden. Ausgangspunkt<br />

ist meist ein einfaches geometrisches<br />

Objekt, etwa eine Kugel. Er beginnt<br />

damit, in Cinema 4D Knotenpunkte<br />

zu generieren und sie spielerisch zu<br />

verschieben. Den Vorgang des Hinzufügens,<br />

Kopierens und Verfremdens wie<strong>der</strong>holt<br />

er immer wie<strong>der</strong> – mit offenem<br />

Ausgang. Entscheidend ist für ihn <strong>der</strong><br />

freie, experimentelle Prozess. Dabei gilt<br />

es immer wie<strong>der</strong>, Wege zu finden, wie<br />

sich bestimmte Bildele men te technisch<br />

umsetzen lassen. »Bei ›Road ways Night‹<br />

etwa ging es darum, die organisch geschwungenen<br />

Straßen durch die Gebirgskette<br />

zu ziehen. Dafür suchte ich<br />

nach einer Lösung im Web. Schließlich<br />

kam ich auf eine Möglichkeit, nämlich<br />

die Straßen in 3-D zu bauen, sie über die<br />

Landschaft zu legen und dann entlang<br />

<strong>der</strong> Bergumrisslinien auszuschnei-<br />

Kevin Harald Campean ( www.<br />

behance.net/HaraldKevin )<br />

macht gerade seine Designabschluss<br />

in Budapest. Sein Plakat<br />

»Wolf in sheep skin« visualisiert<br />

das Thema Cyberbullying<br />

Konturen definieren<br />

1<br />

Als Erstes zeichnete ich mit dem Stift-Werkzeug in Illustrator die Umrisslinien für die halben<br />

Tierköpfe. Auf diese Weise lassen sich später durch Spiegelung perfekt symmetrische<br />

Gesichter erzeugen. Beim Zeichnen dienten mir Fotos als Vorlage. Ich verglich mehrere Bil<strong>der</strong><br />

von Wölfen und Schafen und näherte mich so den Kurven für meine beiden Köpfe an. Zunächst<br />

nutzte ich nur zwei Farben, um die Umrisse von Wolf und Schaf gut unterscheiden zu können.<br />

Gesichter ausarbeiten<br />

und spiegeln<br />

2<br />

Nun machte ich mich daran, die<br />

Gesichter <strong>der</strong> Tiere zu ergänzen.<br />

Dabei begann ich mit den Linien<br />

von den Ankerpunkten im Zentrum<br />

des Gesichts aus. So nahmen die Augen<br />

und Schnauzen langsam Kontur an.<br />

Wichtig ist, dass alle geometrischen Formen<br />

für sich stehen, die Linien aber<br />

miteinan<strong>der</strong> verbunden sind. Anschließend<br />

spiegelte ich die Kopfhälften<br />

und erhielt so jeweils ein ganzes Gesicht.


PAGE 06.13<br />

075<br />

Illustrator und Photoshop<br />

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JETZT 1×<br />

GRATIS<br />

TESTEN<br />

Farben und Körperumriss definieren<br />

3<br />

Mit dem Eyedropper-Werkzeug entnahm ich Farbproben<br />

aus Tierfotos und kolorierte damit die<br />

Formen – jede separat. Dann zeichnete ich, wie<strong>der</strong> mit<br />

den Stift-Werkzeug in Illustrator, den Umriss des Wolfschafs,<br />

ebenfalls beginnend bei den Ankerpunkten <strong>der</strong><br />

Kontur. Um die düstere Atmosphäre zu erzeugen, legte ich<br />

eine neue Ebene an und darauf einen dunklen Hintergrund.<br />

Sättigung vornehmen und<br />

Texturen anlegen<br />

4<br />

Zuletzt lud ich die Vektorgrafiken in Photoshop und optimierte<br />

die Farben per Sättigungs- und Gradationskurven-<br />

Tool. Ich legte eine »schmutzige« Textur mit <strong>der</strong> Füllmethode<br />

»Überlagern« über das Bild. Damit maskierte ich die Bereiche,<br />

die ich farblich verbessern wollte. Ich erzeugte drei Ebenen<br />

mit unterschiedlichen Farben und fügte ihnen eine Maske<br />

hinzu. Mit dem Pinsel-Werkzeug vermischte ich die Farben<br />

aus den drei Ebenen und erhielt so die für den Hintergrund.


076 PAGE 06.13 BILD <strong>Low</strong>-<strong>Polygon</strong>-Ästhetik<br />

den. Das ähnelt sehr dem Pathfin<strong>der</strong>-<br />

Werkzeug in Illustrator. In 3-D-Programmen<br />

heißt dies ›Boolean Operation‹.«<br />

Making-of: Evan Boehm über die Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Polygon</strong>ästhetik von »The Carp<br />

Neben grafischen Lösungen und 3-D-<br />

Modelling gibt es das programmiertechnische<br />

Vorgehen mit WebGL, bei<br />

dem die <strong>Polygon</strong>e allesamt gecodet<br />

werden. Ein Beispiel hierfür ist <strong>der</strong> interaktive<br />

Film »The Carp and the Seagull«,<br />

bei dem die <strong>Low</strong>-Poly-Ästhetik<br />

komplett mithilfe des JavaScript-API<br />

und <strong>der</strong> JavaScript-3-D-Library three.js<br />

entstand (siehe rechts). Das Synthi-<br />

Sounddesign gibt <strong>der</strong> digitalen Adaption<br />

<strong>der</strong> alten japanischen Fabel einen<br />

übersinnlichen Touch. Konzept und<br />

Um setzung stammen von Evan Boehm,<br />

Technology Art Director bei Nexus Interactive<br />

Arts in London.<br />

Ursprünglich wollte Evan Boehm<br />

»The Carp and the Seagull« komplett als<br />

Film mit 3-D-Modellen als Handlungsträgern<br />

erstellen – die Animation sollte<br />

rein über die Kamera und die Verzerrung<br />

<strong>der</strong> Oberflächen erfolgen. »Das<br />

Wichtigste war für mich die <strong>Polygon</strong>ästhetik.<br />

Auch als ich statt <strong>der</strong> traditionellen<br />

Filmstruktur eine interaktive Webseite<br />

entwickelte, waren sie das konzeptuelle<br />

Element, das ich tiefer auslo ten<br />

wollte«, erklärt Evan Boehm. Von Anfang<br />

an waren für ihn die Ästhetik und<br />

die Art <strong>der</strong> Umsetzung ein zentra ler<br />

Bestandteil – auch <strong>der</strong> Geschichte. »Es<br />

geht mir nicht nur um die visuelle Struktur<br />

einer Story, son<strong>der</strong>n auch darum,<br />

was die Werkzeuge, mit denen wir die<br />

Figuren erschaffen, über diese aus sagen.<br />

Was sagt die Wahl <strong>der</strong> Ren<strong>der</strong>tools<br />

über eine Figur aus? Was bedeutet die<br />

Anzahl <strong>der</strong> <strong>Polygon</strong>e und ihre Anordnung<br />

für einen Charakter?«<br />

Von <strong>der</strong> Umsetzung mit WebGL und<br />

three.js berichtet Evan Boehm: »Web-<br />

GL ist <strong>der</strong>zeit die einzig realistische Lö -<br />

sung, um 3-D fürs Web zu ren<strong>der</strong>n, und<br />

three.js ein großartiges Framework.«<br />

Als WebGL herauskam, beschäftigte er<br />

sich erst einmal zwei Monate damit.<br />

Da er wenig Programmiererfahrung<br />

hatte, war er heilfroh über die gute<br />

Do kumentation und die Online-Community,<br />

die ihm bei Fragen immer sehr<br />

schnell half. Bevor es an die schwierigeren<br />

Stellen ging, gelang es ihm aber,<br />

finanzielle Unterstützung aufzutreiben,<br />

da Intel und »VICE« den Film für ihre<br />

Plattform The Creators Project gewinnen<br />

wollten. Somit konnte er auf zwei<br />

Programmierer zurückgreifen, die das<br />

Projekt technisch finalisierten. Soeben<br />

wurde es – wenig überraschend – bei<br />

den 17. Webby Awards in <strong>der</strong> Kategorie<br />

»Online Film & Video« nominiert. vd<br />

Evan Boehm,<br />

Technology Art<br />

Director bei<br />

Nexus Interactive<br />

Arts in London<br />

Erste Version mit C++ erstellen<br />

1<br />

Eine erste Version von »The Carp and the Seagull« entwickelte ich in <strong>der</strong><br />

Programmiersprache C++ während eines Hackathons im New Yorker Eyebeam<br />

Art + Technology Center. Bei den schwierigeren Modulen, etwa dem Meer,<br />

bekam ich Unterstützung von den Entwicklern dort. Zurück in London, wollte<br />

ich meine Idee weitertreiben, die <strong>Polygon</strong>ästhetik als erzählerisches Mittel auszuloten.<br />

Mein Plan war, die Fabel als 7 bis 8 Minuten langen 3-D-Film umzusetzen.<br />

Statische 3-D-Szenen in Cinema 4D entwickeln<br />

2<br />

Für die Animation verwendete ich Cinema 4D, allerdings nicht auf herkömmliche<br />

Weise. Stattdessen hatte ich vor, etwa vierzig individuelle<br />

Szenen statisch anzulegen. <strong>Die</strong> Bewegung sollte dann zum einen durch den<br />

Lauf und das Umkreisen <strong>der</strong> Kamera entstehen, zum an<strong>der</strong>en durch Verzerrung.<br />

Der Sprung zwischen einer 3-D-Szene und ihrer verzerrten Darstellung<br />

erweckt die Illusion einer Bewegung. So erzeugte ich zwei 3-D-Ansichten<br />

des Fischers: eines, wie er sich nach vorne lehnt, um etwas aus dem Wasser zu<br />

holen, ein zweites, in dem er sich nach hinten lehnt, um es herauszuziehen.


PAGE 06.13 077<br />

and the Seagull« ( http://is.gd/carp_seagull ) mit Cinema 4D, WebGL und three.js<br />

Verzerrungen generieren<br />

3<br />

Um mit den Positionen <strong>der</strong> Figur im Raum zu experimentieren,<br />

generierte ich zunächst in Cinema 4D mehrere<br />

Ansichten des Fischers in unterschiedlichen Körperhaltungen,<br />

die ich zu einem einzigen 3-D-Modell zusammensetzte. Über<br />

die Kamerafahrten schaffte ich dann wie vorgesehen eine<br />

Anmutung von Bewegung. Wichtig war dabei, dass die <strong>Polygon</strong>e<br />

immer sichtbar waren. Geren<strong>der</strong>t und eingefärbt wären<br />

sie unsichtbar gewesen und somit kein Stilmerkmal mehr. In<br />

je<strong>der</strong> Szene verän<strong>der</strong>te ich die Anzahl <strong>der</strong> <strong>Polygon</strong>e <strong>der</strong> Figur,<br />

um mit ihnen auch etwas über den Charakter auszusagen.<br />

Storyboard für WebGL-Umsetzung zeichnen<br />

4<br />

Nachdem ich bereits ein Jahr nebenher an dem Projekt<br />

gearbeitet hatte, war ich immer noch erst bei 25 Prozent<br />

<strong>der</strong> Animation. Ich begann WebGL zu lernen, weil mir klar<br />

geworden war, dass sich damit meine Ideen viel besser umsetzen<br />

ließen: Der User kann die Kamera kontrollieren und ich verschiedene<br />

Perspektiven auf die Charaktere hinzufügen. Ich generierte<br />

in WebGL zunächst nur eine Szene von dem Mann im<br />

Boot. Dazu entwickelte ich interaktive Erzählelemente, für die ich<br />

aber Zeichnungen und ein Storyboard benötigte. Beides fertigte<br />

Storyboard-Artist Gabriel Loques für mich an – und zwar für jedes<br />

Kapitel <strong>der</strong> Geschichte. Auch die beiden Programmierer benötigten<br />

Visualisierungen, um zu wissen, was sie tun sollten: welche<br />

Aktionen und welche Charaktere in die Szenen gehörten.<br />

Zusammen mit dem Storyboard erstellten wir zudem Diagramme<br />

für jedes Element des interaktiven Films: eines für den Mann<br />

im Boot und seine Handlungen abhängig von <strong>der</strong> Interaktion des<br />

Users. Genauso fertigten wir Diagramme für das Meer, die<br />

Geistererscheinung, für jeden Fisch im Wasser et cetera an.<br />

3-D-Animatics<br />

generieren<br />

5<br />

Als Nächstes galt es<br />

die Größen <strong>der</strong><br />

Modelle im Raum festzulegen.<br />

Daher generierte<br />

ich einige Beispielszenen<br />

sehr grob in Cinema 4D,<br />

um die Dimensionen in 3-D<br />

ausloten zu können.


078 PAGE 06.13 BILD <strong>Low</strong>-<strong>Polygon</strong>-Ästhetik<br />

> Making-of: Evan Boehm über die Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Polygon</strong>ästhetik in Cinema 4D, WebGL und three.js<br />

Charaktere modellieren<br />

6<br />

Nun machte ich mich zusammen mit den<br />

3-D-Artists Michele Svaeren und Wayne<br />

Kresil an das 3-D-Modelling <strong>der</strong> Figuren in<br />

3ds Max. Das war ein zentraler Schritt, da die<br />

<strong>Polygon</strong>ästhetik als experimentelles erzählerisches<br />

Mittel diente. So beginnt <strong>der</strong> Film<br />

mit nur sehr wenigen <strong>Polygon</strong>en, und je weiter<br />

die Story fortschreitet, desto mehr kommen<br />

dazu. Ebenso wichtig ist <strong>der</strong> Einsatz des<br />

narrativen Raums: Je nachdem, wie <strong>der</strong><br />

User die Welt hin und her dreht und die 3-D-<br />

Objekte aus verschiedenen Perspektiven<br />

betrachtet, erschließen sich ihm unterschiedliche<br />

Aspekte <strong>der</strong> Geschichte. <strong>Die</strong> Animation<br />

<strong>der</strong> 3-D-Modelle übernahm Antoine Bourruel.<br />

Programmierung in<br />

WebGL und three.js<br />

7<br />

WebGL ermöglicht ein grafisches<br />

Interface für JavaScript. Das bedeutet,<br />

wir codeten erst jede Funktion von<br />

Hand. <strong>Die</strong> Programmoberfläche zeigte die<br />

Funktion dann als Sli<strong>der</strong> an, mit dem<br />

ich einzelne Elemente bequem verän<strong>der</strong>n<br />

konnte. So kreierten wir mit WebGL und<br />

<strong>der</strong> JavaScript-3-D-Library three.js eine Testszene<br />

mit allen Funktionen, um etwa das<br />

Wasser zu verzerren, das Gewand des Geists<br />

zu bewegen, die Position des Mannes im<br />

Boot zu verän<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> die Stärke einzustellen,<br />

mit <strong>der</strong> das Boot im Wasser schaukelt. <strong>Die</strong>se<br />

Elemente konnten wir sowohl per Code als<br />

auch über WebGL realisieren – aber nicht die<br />

Figuren. Für diese konvertierten wir die zuvor<br />

gebauten 3-D-Modelle in Textdateien, bei<br />

denen je<strong>der</strong> Knotenpunkt ausgegeben wird.<br />

Dadurch konnte JavaScript die Textdatei<br />

auslesen und in WebGL konvertieren und so<br />

die Punkte und <strong>Polygon</strong>e darstellen. Bei<br />

vielen Aktionen im Film haben wir mit Java-<br />

Script experimentiert, wie es am besten aussieht.<br />

Dabei mussten wir darauf achten, dass<br />

im Browser alles noch schnell genug läuft.<br />

Figuren im Animation<br />

Viewer ausrichten<br />

8<br />

Anstatt alle Charaktere und Elemente<br />

auf die Hauptbühne zu bringen, hatten<br />

wir einen separaten Animation Viewer<br />

gebaut. <strong>Die</strong>ser erlaubte es uns, die Animationen<br />

<strong>der</strong> Modelle einzeln zu betrachten.<br />

Alles in allem – von den Storyboards über<br />

die Umsetzung in 3-D und das Programmie -<br />

ren in WebGL – brauchten wir acht Wochen,<br />

bis »The Carp and the Seagull« ( http://<br />

is.gd/carp_seagull ) online gehen konnte.


ADC<br />

AWARDS SHOW<br />

+<br />

AFTER SHOW<br />

PARTY<br />

16. MAI<br />

MIT BLITZKIDS MVT.<br />

DAS ADC FESTIVAL MIT KONGRESS UND AUSSTELLUNG VOM 16. BIS 18. MAI ADC.DE


080 PAGE 06.13 BILD<br />

BILDWELT<br />

1<br />

1 Illustrative verschoben<br />

2 Beste Digitalkünstler<br />

Danae Diaz ist<br />

beim Young<br />

Illustrators Award<br />

nominiert – hier<br />

eine Arbeit für das<br />

Platten label The<br />

Gym. Artdirektion:<br />

Daniel Brandt<br />

n Weil die Räume <strong>der</strong> Alten Münze<br />

Berlin nun doch nicht zur Verfügung<br />

stehen, wird das Illustratoren-Festival<br />

nicht wie geplant im Juni, son<strong>der</strong>n von<br />

13. bis 15. September stattfinden. <strong>Die</strong><br />

Arbeiten von 190 Artists aus 21 Län<strong>der</strong>n<br />

sind dann im Direktorenhaus – dem<br />

Hauptquartier <strong>der</strong> Illustrative – und in<br />

<strong>der</strong> Villa Elisabeth zu sehen, darunter<br />

die dreißig Nominierungen zum Young<br />

Illustrators Award. Zu diesem erlesenen,<br />

altersmäßig aber unbegrenzten<br />

Kreis gehören aus Deut schland David<br />

von Bassewitz, Anne Mair und Oskar<br />

Rink, die unter Pseudo nym arbeitende<br />

Tochter des Ma lers Arno Rink, die<br />

durch filigrane Papier skulpturen bekannt<br />

wur de. Eben falls dabei: <strong>Die</strong> seit<br />

2008 in Berlin lebende Spanierin Danae<br />

Diaz. Wir zeigen hier eine Arbeit,<br />

die mit Daniel Brandt vom Berliner Plattenlabel<br />

The Gym entstand. Der Körper<br />

stammt von einem Plakat, das Brandt<br />

auf dem Floh markt fand, Diaz malt dazu<br />

immer wie <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Köpfe.<br />

Mit einer eigenen Ausstellung ist Polen<br />

diesmal Gastland, das herausragende<br />

Artists wie Lis Kula, Ola Niepsuj o<strong>der</strong><br />

Daniel Horowitz aufzuweisen hat. Einige<br />

stellen wir in einem größeren Artikel<br />

in <strong>der</strong> nächsten PAGE vor.<br />

≥ www.illustrative.de<br />

n <strong>Die</strong> Idee, erstmals ein Jahrbuch über<br />

CGI-Artists mit dem Schwerpunkt Printwerbung<br />

herauszubringen, entstand<br />

noch zu Lebzeiten von Walter Lürzer.<br />

Jetzt präsentiert Lürzer’s Archive den<br />

416 Seiten starken Wälzer »200 Best Digital<br />

Artists Worldwide 2013/2014«, <strong>der</strong><br />

aus mehr als 1200 Einsendungen zu<br />

dem The ma hervorging (34,50 Euro,<br />

isbn 978-3-902393-18-0).<br />

Deutschland ist – gefolgt von USA<br />

und Großbritannien – mit 35 Digital Artists<br />

am stärksten vertreten. Neben bekannten<br />

Namen wie Günther Philipp,<br />

Au tospezialist Steffen Schrägle, Ima gerefinery,<br />

Mierswa-Kluska, elektroni sche<br />

Aus Asien kommen<br />

beson<strong>der</strong>s<br />

opulente digitale<br />

Kreationen wie<br />

hier von Simon<br />

Ong und David Lok<br />

aus Malaysia für<br />

Ogilvy & Mather<br />

2


PAGE 06.13 081<br />

≥ Mehr zum Thema Fotografie und Illustration unter<br />

www.page-online.de/emag/bild<br />

4<br />

schönheit o<strong>der</strong> recom gibt es auch<br />

Neu es zu entdecken. So ist Benjamin<br />

Wiesse aus Nürnberg dabei, <strong>der</strong> letz tes<br />

Jahr den erstmals vergebenen pho tokina<br />

Best of CGI Award gewann. Hamburg<br />

bleibt CGI-Hochburg, mit tol len<br />

Studios wie sevengreen und POP. Postproduction.<br />

<strong>Die</strong> opulentesten, fan tastischsten<br />

Motive kommen allerdings<br />

nicht aus Deutschland, so beispielswei<br />

se die Arbeiten von Salamagica<br />

aus Chile, Waldemar França aus Brasilien<br />

o<strong>der</strong> dem unglaublichen Surachai<br />

Put hi kulangkura aus Thailand.<br />

≥ www.luerzersarchive.com<br />

3 BFF-Magazin statt<br />

Jahrbuch<br />

n Genau 45 Jahre lang war das BFF-<br />

Jahrbuch eine Instanz in Deutschland.<br />

Bekanntlich präsentiert es nicht nur<br />

die besten Bil<strong>der</strong> von Mitglie<strong>der</strong>n des<br />

Bunds Freischaffen<strong>der</strong> Foto-Designer<br />

e. V., son<strong>der</strong>n auch die Gewinner des<br />

BFF-För<strong>der</strong>preises für Nachwuchstalente.<br />

<strong>Die</strong> letzten vier Jahre gestaltete<br />

Strichpunkt die Jahrbücher – 2012 etwa<br />

in drei Varianten im Look von Fotoschachteln<br />

<strong>der</strong> klassischen Analogmarken<br />

Kodak, Agfa und Ilford, was wie<strong>der</strong><br />

einmal <strong>der</strong> <strong>Agentur</strong> eine Auszeichnung<br />

beim red dot award: communication<br />

design brachte.<br />

Kein Grund, um nicht fortan alles<br />

an<strong>der</strong>s zu machen: Ab sofort erscheint<br />

das Jahrbuch zweimal jährlich in Gestalt<br />

eines Magazins. <strong>Die</strong> erste Nummer<br />

kommt im XXL-Format von 31 mal<br />

47 Zentimetern daher, wobei die Riesendoppelseiten<br />

praktischerweise nur<br />

durch ein Gummi zusammengehalten<br />

werden und sich je<strong>der</strong>zeit herausnehmen<br />

lassen (29 Euro, isbn 978-3-933989-<br />

48-2). <strong>Die</strong>se und die nächste Ausgabe<br />

kommen weiterhin noch aus dem Hause<br />

Strichpunkt, danach sollen dann<br />

wech seln de Gestalter und Gestaltungen<br />

zum Einsatz kommen. Beim extragroßen<br />

For mat soll es aber bleiben –<br />

sicher zur Freude <strong>der</strong> Fotografen. cg<br />

≥ www.bff.de<br />

3<br />

Das Titelfoto<br />

des neuen<br />

BFF-Magazins<br />

schoß Jacques<br />

Schumacher,<br />

darunter Portfolioseite<br />

von<br />

Bernd Opitz<br />

Neues in Kürze<br />

Relaunch bei Strandperle<br />

<strong>Die</strong> Hamburger Firma Strandperle, die sich nicht bloß<br />

als Archiv, son<strong>der</strong>n auch als <strong>Die</strong>nstleister rund um<br />

Bildrecherche, Kalkulation, Lizenzierung o<strong>der</strong> Rechteklärung<br />

versteht, feierte jüngst mit einer großen<br />

Party ihren zehnten Geburtstag – und präsentierte<br />

nicht nur neue Räume im Kontorhausviertel, son<strong>der</strong>n<br />

auch eine neue Website. <strong>Die</strong>se führt den Kunden<br />

schnel ler zum gesuchten Bild, erklärt aber auch die<br />

vielen Serviceleistungen rund um die Stockfotografie.<br />

Auch die Verwaltung <strong>der</strong> gekauften Motive ist einfacher<br />

und übersichtlicher geworden.<br />

≥ www.strandperle.biz<br />

4 Social-Media-Lizenz<br />

Facebook und Co werden immer öfter auch kommerziell<br />

genutzt. Um da in Sachen Bildrechte klare Verhältnisse<br />

zu schaffen, führt die <strong>Agentur</strong> ClipDealer eigens<br />

eine Social-Media-Lizenz ein. Fotos und Vektorgrafiken<br />

kosten etwa 1,50 Euro, Videos 3 Euro.<br />

≥ www.clipdealer.com<br />

Wie<strong>der</strong> gewachsen<br />

Pond5 setzt ihren Expansionskurs fort und übernimmt<br />

die Prager Stockbildagentur Pixmac mit Websites<br />

in siebzehn Sprachen. <strong>Die</strong>se eröffnen einerseits<br />

neue Vertriebswege für das Pond5-Material, das neben<br />

mehreren Millionen Stockvideoclips, Musiktracks,<br />

Soundeffekten, After-Effects-Vorlagen, 3-D-Modellen<br />

auch Fotos und Illustrationen umfasst. <strong>Die</strong> Bil<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> 6000 pixmac-Kontributoren bereichern wie<strong>der</strong>um<br />

das Angebot von Pond5.<br />

≥ www.pond5.com; www.pixmac.de<br />

Schutzrecht auch für Bil<strong>der</strong><br />

Der BVPA kritisiert massiv das jüngst verabschiedete<br />

Gesetz zum Leistungsschutzrecht für Presseverleger,<br />

weil es »die visuellen Teile« von Presseartikeln nicht<br />

»angemessen berücksichtigt«. Zu den Textschnipseln<br />

bekämen Suchmaschinen und News-Aggregatoren<br />

quasi frei Haus ganze Bil<strong>der</strong> geliefert, ohne dass die<br />

Verlage eine Lizenz für das Weiterreichen besäßen.<br />

Mit den Urheberrechten <strong>der</strong> Bildanbieter lasse sich<br />

dies nicht vereinbaren.<br />

≥ www.bvpa.org<br />

Kugelpanoramen bei laif<br />

Von Schloss Sanssouci über die Amazon-Hallen bis<br />

zum Times Square: <strong>Die</strong> Kölner <strong>Agentur</strong> laif will ihr Angebot<br />

an interaktiven Bil<strong>der</strong>n ausbauen und beginnt<br />

mit 360-Grad-Panoramen von Jürgen Schra<strong>der</strong>. Mehr<br />

über dessen Arbeit ist unter www.360cities.net zu erfahren,<br />

bei laif finden sich seine Bil<strong>der</strong> mit den Suchworten<br />

»360« und »Schra<strong>der</strong>«.<br />

≥ www.laif.de


1<br />

Das Erfolgsseminar<br />

»Leitmedium Design« reloaded<br />

Mit neuen Fallbeispielen – als Eintageso<strong>der</strong><br />

Zweitagesseminar buchbar!<br />

GUTES DESIGN<br />

ENTWICKELN<br />

Fallbeispiele & Strategien<br />

PRAXIS<br />

Das Seminar 1 Der Referent Das Seminar 1<br />

n Dass Design ein bedeuten<strong>der</strong> Wirtschaftsfaktor ist, steht außer Frage:<br />

CD/CI-<strong>Agentur</strong>en verzeichnen eine Auftragslage wie schon lange nicht<br />

mehr; klassische Werbeagenturen bauen ihre Design-Units aus; auch kleine<br />

und mittlere Unternehmen entdecken die Notwendigkeit, sich durch einen<br />

professionell gestalteten, ganzheitlichen Auftritt – über alle Medien hinweg –<br />

den nachhaltigen Erfolg im internationalen Wettbewerb zu sichern. Auf<br />

Designer kommen dabei neue Herausfor<strong>der</strong>ungen zu: Immer mehr werden<br />

sie auch zu Beratern für strategische Unternehmenskommunikation. <strong>Die</strong><br />

Entwicklung und Umsetzung eines Markenauftritts ist deshalb kein leichtes<br />

Unterfangen: Es ist ein langfris tiger Prozess, <strong>der</strong> von Gestalter und Auftraggeber<br />

nicht nur gegenseitiges Vertrauen und Kooperationsvermögen erfor<strong>der</strong>t,<br />

son<strong>der</strong>n vom Designer auch die Kunst, Beratung, Konzeption und Umsetzung<br />

zielgerichtet zu verzahnen.<br />

Jochen Rädeker erläutert im PAGE Seminar »Leitmedium Design« anhand eines<br />

prototypischen, gemeinsamen Marken-Workshops und konkreter Praxisbeispiele,<br />

wie Sie einen komplexen Gestaltungsprozess angehen, mit dem Kunden<br />

eine umfassende Branding-Strategie entwickeln und – weit über Styleguides<br />

hinaus – die gesamte Unternehmenskommunikation harmonisieren. Wertvolles<br />

Know-how vom Designprofi für Designprofis in <strong>Agentur</strong> und Unternehmen!<br />

Das Seminar »Leitmedium Design 1« findet am 13. September 2013 im Hotel<br />

Gastwerk, Hamburg, von 9 bis 17:30 Uhr statt. <strong>Die</strong> Teilnahme kostet 648 Euro<br />

(zzgl. gesetzlicher MwSt.). <strong>Die</strong> Gebühr umfasst die Tagungskosten, Lunch<br />

und Kaffeepausen. <strong>Die</strong> Teilnehmerzahl ist auf 18 Personen begrenzt! Also<br />

schnell anmelden unter www.page-online.de/seminar .<br />

Am Folgetag findet Jochen Rädekers Anschluss-Seminar zum Thema Kalkulieren,<br />

Präsentieren, Verkaufen statt. Sie können die Seminare einzeln buchen, sie<br />

bauen nicht direkt aufeinan<strong>der</strong> auf. Wenn Sie aber beide buchen, zahlen Sie nur<br />

1166 Euro (zzgl. gesetzlicher MwSt.) statt 1296 Euro und sparen 130 Euro.<br />

PAGE // Ebner Verlag GmbH & Co. KG // E-Mail: info@page-online.de //<br />

Telefon: +49 40 85183400 // www.page-online.de/seminar<br />

Aufgrund <strong>der</strong> auf 18 Personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die Anmeldungen in <strong>der</strong> Reihenfolge<br />

<strong>der</strong> Eingänge <strong>der</strong> Zahlungen berücksichtigt. <strong>Die</strong> Teilnahmegebühr fällt mit <strong>der</strong> Anmeldung an. Sie ist sofort nach<br />

Erhalt <strong>der</strong> Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne Abzug zu überweisen. Bei Absage <strong>der</strong> Veranstaltung<br />

seitens <strong>der</strong> Ebner Verlag GmbH & Co. KG wird die Seminargebühr voll zurückerstattet. Darüber hinausgehende Ansprüche<br />

bestehen nicht. Bei Stornierung <strong>der</strong> Anmeldung gelten folgende Fristen und Gebühren: Ab 05. 06. 2013 berechnen<br />

wir 50 Prozent, ab 10. 07. 2013 100 Prozent <strong>der</strong> Teilnahmegebühr. Bei Buchung bei<strong>der</strong> Tage können seitens des Teilnehmers<br />

nicht einzelne Tage storniert werden. <strong>Die</strong> Vertretung eines angemeldeten Teilnehmers ist je<strong>der</strong>zeit möglich.<br />

Es werden nur schriftliche Stornierungen o<strong>der</strong> Namenswechsel akzeptiert. Es gilt <strong>der</strong> Poststempel.<br />

n Jochen Rädeker, Mitbegrün<strong>der</strong> und geschäftsführen<strong>der</strong><br />

Gesellschafter von Strichpunkt, ist<br />

Professor für Corporate Identity und Corporate<br />

Design. Er war acht Jahre Vorstandsmitglied des<br />

Art Directors Club Deutschland, davon drei Jahre<br />

als Präsidiumssprecher. Er ist Mitglied im D&AD<br />

London und im Type Directors Club New York.<br />

Seine Designagentur Strichpunkt steht für hochwer<br />

tige Marken- und Unternehmenskommunikation<br />

im Print-, Online- und 3-D-Bereich, hat mehr<br />

als 600 internationale Preise gewonnen und ist<br />

<strong>Die</strong> Agenda<br />

1. Vom Leitbild zur Bildwelt<br />

Was Corporate Identity von Corporate<br />

Design unterscheidet – und warum<br />

das eine für das an<strong>der</strong>e so wichtig ist.<br />

2. Vom Briefing zur Strategie<br />

Wie entwickelt man mit dem Kunden<br />

das optimale Briefing? Wie definiere<br />

ich eine Kommunikationsstrategie?<br />

Der Marken-Workshop als zentraler<br />

Startpunkt in ein erfolgreiches Projekt.<br />

3. Von <strong>der</strong> Strategie zur kreativen Idee<br />

Wie funktional muss, wie kreativ<br />

darf ein gutes Corporate Design sein?<br />

Möglichkeiten und Grenzen des<br />

Kreativprozesses.<br />

4. Vom Leitmedium zur Medienneutralität<br />

Wie werden aus einer großartigen<br />

Idee großartige Medien?<br />

Wege und Umwege zu einem<br />

konsistenten Markenauftritt.<br />

Der PAGE Workshop mit Jochen Rädeker lässt<br />

genug Zeit für Fragen und Diskussionen und<br />

den Austausch <strong>der</strong> Teilnehmer untereinan<strong>der</strong>.


13./14.<br />

SEPTEMBER<br />

Nur noch<br />

wenige Plätze frei!<br />

»Leitmedium Design 2«<br />

am 15. Juni, Hotel 25hours,<br />

Hamburg-Bahrenfeld<br />

Nur als Eintagesseminar<br />

buchbar!<br />

2<br />

Das Erfolgsseminar<br />

»Leitmedium Design« reloaded<br />

Mit neuen Fallbeispielen – als Eintageso<strong>der</strong><br />

Zweitagesseminar buchbar!<br />

PRAXIS<br />

GUTES DESIGN<br />

GUT VERKAUFEN<br />

Kalkulation & Präsentation<br />

Das Seminar 2<br />

seit Jahren in den Top Ten des PAGE Kreativ -<br />

rankings vertreten. Jochen Rädeker verfügt<br />

mit seinen Arbeiten für Unternehmen von<br />

adidas bis WMF, von Beiersdorf über Vorwerk<br />

bis zu Kulturfestivals, Schauspiel und Oper<br />

über einen im mensen Erfahrungsschatz in<br />

Sachen Konzeption und Umsetzung komplexer<br />

Designstra tegien – von <strong>der</strong> Imagebroschüre<br />

bis zur Werbe kampagne, vom Online- bis zum<br />

Mes seauftritt. Er ist Autor zahlreicher Bücher<br />

zum Thema Unternehmenskommunikation.<br />

<strong>Die</strong> Agenda<br />

1. Kunden stören. Kreative nerven<br />

Vom Pitch bis zur <strong>Agentur</strong>auswahl, vom<br />

Briefing bis zum Timing, vom Angebot<br />

bis zur Autorenkorrektur: Workflow, Stolper<br />

fallen, Tipps und Taktik für den gegen -<br />

seiti gen Umgang <strong>der</strong> Projektpartner.<br />

2. Richtig kalkulieren<br />

Stundensätze, Pauschalen, erfolgsabhängige<br />

Honorare, Nutzungsrechte: Welche Kalkulation<br />

ist für welches Projket richtig? Wo liegen Vorund<br />

Nachteile, was bringt Erfolg und Transparenz<br />

für beide Seiten?<br />

3. Richtig anbieten<br />

Aus <strong>der</strong> Praxis für die Praxis: Aufbau,<br />

Pricing und Rahmenbedingungen<br />

überzeugen<strong>der</strong> Angebote anhand<br />

konkreter Kalkulationsbeispiele<br />

4. Überzeugend präsentieren<br />

Pitch und Präsentation: 40 Tipps für<br />

eine erfolgreiche Präsentation.<br />

Der PAGE Workshop mit Jochen Rädeker lässt<br />

genug Zeit für Fragen und Diskussionen und<br />

den Austausch <strong>der</strong> Teilnehmer untereinan<strong>der</strong>.<br />

n Designer wollen nur eins: Top-Arbeit abliefern – über alle Medien hinweg.<br />

Denn das bringt dem Kunden Wettbewerbsvorteile und dem Gestalter<br />

Geld, Ruhm und Ehre. Doch vor <strong>der</strong> allgemeinen Freude steht harte Arbeit:<br />

Wie wird ein Designkonzept kalkuliert? Wie werden Angebote vom<br />

Designer richtig formuliert und vom Kunden richtig bewertet? Wie laufen<br />

Verhandlungen für beide Seiten sinnvoll ab? Ist <strong>der</strong> Job da und die<br />

Idee steht *, kommt die nächste Hürde: Wie kann ich bei internen und<br />

externen Präsentationen überzeugen?<br />

Jochen Rädeker erläutert anhand <strong>der</strong> zehn wichtigsten Erfolgsfaktoren<br />

(und Problemfel<strong>der</strong>) für ein gutes Projekt den optimalen Workflow zwischen<br />

Kreativen und Auftraggebern. Am Beispiel konkreter Kalkulationen aus<br />

unterschiedlichen Aufgabenfel<strong>der</strong>n von Print bis Online und vom kleinen<br />

Projekt bis zum umfassenden Corporate Design zeigt er den Aufbau<br />

eines überzeugenden Angebots und diskutiert mit den Teilnehmern, wie<br />

Designleistungen fair bepreist, überzeugend verkauft und sinnvoll abgerechnet<br />

werden können. Das Seminar schließt mit ausführlichen Praxistipps<br />

für erfolg reiche Präsentationen von Designern bei Kunden wie auch bei<br />

Meetings innerhalb von Unternehmen.<br />

Das Seminar »Leitmedium Design 1« findet am 14. September 2013 im Hotel<br />

Gastwerk, Hamburg, von 9 bis 17:30 Uhr statt. <strong>Die</strong> Teilnahme kostet 648 Euro<br />

(zzgl. gesetzlicher MwSt.). <strong>Die</strong> Gebühr umfasst die Tagungskosten, Lunch<br />

und Kaffeepausen. <strong>Die</strong> Teilnehmerzahl ist auf 18 Personen begrenzt! Also<br />

schnell anmelden unter www.page-online.de/seminar.<br />

* Am Vortag findet Jochen Rädekers Seminar zum Thema Designstrategien<br />

und Konzeption statt. Sie können die Seminare einzeln buchen, sie bauen<br />

nicht direkt aufeinan<strong>der</strong> auf. Wenn Sie aber beide buchen, zahlen Sie nur<br />

1166 Euro (zzgl. gesetzlicher MwSt.) statt 1296 Euro und sparen 130 Euro.<br />

PAGE // Ebner Verlag GmbH & Co. KG // E-Mail: info@page-online.de //<br />

Telefon: +49 40 85183400 // www.page-online.de/seminar<br />

Aufgrund <strong>der</strong> auf 18 Personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die Anmeldungen in <strong>der</strong> Reihenfolge<br />

<strong>der</strong> Eingänge <strong>der</strong> Zahlungen berücksichtigt. <strong>Die</strong> Teilnahmegebühr fällt mit <strong>der</strong> Anmeldung an. Sie ist sofort nach<br />

Erhalt <strong>der</strong> Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne Abzug zu überweisen. Bei Absage <strong>der</strong> Veranstaltung<br />

seitens <strong>der</strong> Ebner Verlag GmbH & Co. KG wird die Seminargebühr voll zurückerstattet. Darüber hinausgehende Ansprüche<br />

bestehen nicht. Bei Stornierung <strong>der</strong> Anmeldung gelten folgende Fristen und Gebühren: Ab 05. 06. 2013 berechnen<br />

wir 50 Prozent, ab 10. 07. 2013 100 Prozent <strong>der</strong> Teilnahmegebühr. Bei Buchung bei<strong>der</strong> Tage können seitens des Teilnehmers<br />

nicht einzelne Tage storniert werden. <strong>Die</strong> Vertretung eines angemeldeten Teilnehmers ist je<strong>der</strong>zeit möglich.<br />

Es werden nur schriftliche Stornierungen o<strong>der</strong> Namenswechsel akzeptiert. Es gilt <strong>der</strong> Poststempel.


084<br />

PAGE 06.13<br />

TECHNIK<br />

Sein Projekt »#oneSecond«<br />

realisierte Philipp Adrian<br />

mit <strong>der</strong> JavaScript-Library<br />

basil.js in <strong>InDesign</strong><br />

(mehr dazu auf Seite 88)


PAGE 06.13 085<br />

n Generative Gestaltung reizt viele<br />

Kreative. Kein Wun<strong>der</strong>: Im Wechselspiel<br />

von komplexen Daten, <strong>der</strong>en grafischer<br />

Umsetzung und Programmierung entstehen<br />

faszinierende neue Bildwelten.<br />

Damit einher geht ein grundlegen<strong>der</strong><br />

Paradigmenwechsel, denn beim codebasierten<br />

Gestalten wird <strong>der</strong> Designer<br />

zum Entwickler seiner eigenen digitalen<br />

Werkzeuge. Allerdings haben viele<br />

davor Scheu o<strong>der</strong> es fehlt ihnen an<br />

Programmierfähigkeiten, um umfangreiche<br />

Projekte umzusetzen.<br />

Genau da setzt die Programmierumgebung<br />

Processing an, die sich an Gestalter,<br />

Künstler und Anwen<strong>der</strong> rich tet,<br />

die sonst wenig mit Code zu tun haben.<br />

O<strong>der</strong> auch das populäre Illustrator-<br />

Plug-in Scriptographer des Designers<br />

Jürg Lehni, das das API des Programms<br />

nutzte, um mittels JavaScript Vektorgra<br />

fiken zu generieren. Mit <strong>der</strong> Veröffentlichung<br />

von CS6 hat Lehni die Arbeit<br />

an Scriptographer eingestellt, führt<br />

es jedoch in ähnlicher Form als Open-<br />

Source-Projekt Paper.js weiter. Nach<br />

dem Vorbild von Processing und in Anlehnung<br />

an Scriptographer entwickelte<br />

ein Team aus Designern und Developern<br />

an <strong>der</strong> Hochschule für Gestaltung<br />

und Kunst in Basel nun das Tool basil.js.<br />

<strong>Die</strong> JavaScript-Library macht es möglicht,<br />

in <strong>InDesign</strong> komplexe Dokumen te<br />

wie Bücher o<strong>der</strong> Datenvisualisierun gen<br />

ge nerativ zu gestalten.<br />

Den Anstoß zur Entwicklung von<br />

ba sil.js gab ein von Ludwig Zeller initiierter<br />

Workshop im Mai 2012: Der Dozent<br />

am Institut für Visuelle Kommu nika<br />

tion <strong>der</strong> HGK Basel hatte den In terac<br />

tion De signer Benedikt Groß eingeladen,<br />

über seine Erfahrungen mit generati<br />

ver Buchgestaltung in <strong>InDesign</strong><br />

zu spre chen. »<strong>Die</strong> Scripting-Möglich kei -<br />

ten, die das Programm bietet, sind<br />

Grenzverschiebungen<br />

<strong>Die</strong> JavaScript-Library basil.js ermöglicht es, auch ohne umfassende Programmierkenntnisse<br />

in <strong>InDesign</strong> Plakate, Datenvisualisierungen und sogar komplexe Buchprojekte <strong>generativ</strong><br />

umzusetzen. PAGE berichtet über die Entwicklung des Tools und zeigt seine Funktionsweise<br />

sowie erste, spannende Ergebnisse


086 PAGE 06.13 TECHNIK <strong>InDesign</strong> <strong>generativ</strong><br />

Scriptographer inspirierte das<br />

basil.js-Team. Während das Illustrator-<br />

Plug-in aber mit einer eigenen Java-<br />

Script-Engine Vektorgrafiken zeichnet,<br />

erstellt basil.js mit <strong>der</strong> <strong>InDesign</strong>-<br />

Engine Layouts und Zeichenelemente<br />

mäch tig, aber auch mächtig kompliziert«,<br />

sagt Ludwig Zeller. Da <strong>der</strong>en<br />

Anwendung für Designer ohne weitreichende<br />

Programmiererfahrung zu<br />

kompliziert ist, schlug Groß vor, eine<br />

JavaScript-Library zu schreiben, mit <strong>der</strong><br />

sich die Bedienung des API vereinfachen<br />

lässt – eine Art Werkzeugkas ten,<br />

mit dem die Studenten arbei ten könnten.<br />

Ludwig Zeller er kann te das Potenzial<br />

<strong>der</strong> Idee und Pro fessor Michael<br />

Renner, Leiter des Instituts für Visuelle<br />

Kommunikation, ermöglichte eine Anschubfinanzierung<br />

des Vor ha bens. Das<br />

war <strong>der</strong> Startschuss für basil.js.<br />

Konzeption von basil.js<br />

Im Juni 2012 konnten Ludwig Zeller und<br />

Benedikt Groß mit <strong>der</strong> Entwicklung von<br />

basil.js beginnen. Der Kon zeption ging<br />

eine eingehende Ana lyse <strong>der</strong> <strong>InDesign</strong>-<br />

Engine voraus. <strong>Die</strong> beiden fragten sich,<br />

welche Funktionen für Designer wertvoll<br />

sind, welche sie verstecken o<strong>der</strong><br />

ausklammern wollten und an welcher<br />

Stel le sie die Möglichkeiten auf interes<br />

san te Weise erweitern könn ten. »In-<br />

Designs Pro gram mierreferenz hat Hun<strong>der</strong>te<br />

von Klas sen und Tausende von<br />

Funk tio nen«, erklärt Zeller. »Wir sind<br />

sie alle durchgegangen, haben die für<br />

Designer relevanten Funk tio nen extrahiert<br />

und dann ihre Code-Schreibweise<br />

umformuliert.«<br />

<strong>Die</strong>se Funktionen gibt <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong><br />

in den Editor des in <strong>der</strong> Creative<br />

Suite enthaltenen ExtendScript Toolkit<br />

ein (siehe Quickstart auf Seite 89). Basil.js<br />

übersetzt die Befehle in die Scripting-Sprache<br />

von <strong>InDesign</strong> und führt<br />

sie aus. Dabei entsteht ein normales<br />

<strong>InDesign</strong>-Dokument mit Text, Bil<strong>der</strong>n<br />

und Grafiken, das sich problemlos bearbeiten<br />

lässt. Der Nutzer kann zudem<br />

auf die Elemente in einem bestehenden<br />

Dokument zugreifen und diese<br />

ver än<strong>der</strong>n. So lassen sich praktisch alle<br />

Möglichkeiten von <strong>InDesign</strong> automatisieren.<br />

Ausgegeben werden normale,<br />

Undo-fähige <strong>InDesign</strong>-Elemen te, die<br />

<strong>der</strong> Gestalter im Unterschied zur Arbeit<br />

mit Processing per Mausklick weiterbearbeiten<br />

kann. Das ermöglicht <strong>generativ</strong>e<br />

Layouts, algorithmische Farbpaletten<br />

o<strong>der</strong> die Verarbeitung von<br />

großen Datenmengen, die aus externen<br />

Quellen stammen.<br />

Entwicklung des Prototyps<br />

<strong>Die</strong> ersten Funktionen entwickelte Benedikt<br />

Groß zusammen mit dem Java-<br />

Script-Entwickler Stefan Lands bek aus<br />

Stuttgart. Das Ergebnis war ein Pro totyp<br />

mit einem im Vergleich zum In-<br />

Design-API stark reduzierten Funktions<br />

umfang. Steuern ließ er sich über<br />

einen Text editor; die in diesen ein gegebenen<br />

und ausgeführten basil.js-<br />

Skripts interagieren mit dem geöffneten<br />

In Design-Dokument.<br />

Da Processing den Entwicklern als<br />

Vorbild diente, lassen sich in basil.js<br />

auch viele Befehle aus dieser Programmierumgebung<br />

ausführen. Grafische<br />

Funktionen wie »rect()« o<strong>der</strong> »ellipse()«,<br />

mit denen <strong>der</strong> Nutzer Grundformen<br />

o<strong>der</strong> -farben einstellt, übernahmen<br />

sie 1:1. Dabei entstehen aber<br />

Objekte, die <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> manuell in<br />

<strong>InDesign</strong> weiterbearbeiten kann. Auch<br />

die Mathematikfunktionen integrierten<br />

die beiden weitestgehend. An<strong>der</strong>e<br />

Features sind dagegen eher <strong>InDesign</strong>spezifisch.<br />

Durch Multi-Getter-Funktionen<br />

wie »words()«, »lines()« o<strong>der</strong> »characters()«<br />

kann man zum Beispiel Listen<br />

von allen Wörtern, Zeichen o<strong>der</strong><br />

Zeilen einer Seite erstellen und <strong>der</strong>en<br />

Aussehen modifizieren. Darüber hi n-<br />

aus führten Benedikt Groß und Stefan<br />

Landsbek Befehle für die wichtigsten<br />

<strong>InDesign</strong>-Elemente wie etwa »layer()«,<br />

»page()« und »guideX()« ein sowie für<br />

die Bemaßung in mm und pt. Der Prototyp<br />

unterstützte bereits alle Textbearbeitungsmöglichkeiten<br />

von <strong>InDesign</strong>.<br />

Ludwig Zeller und Benedikt Groß<br />

erarbeiteten zudem ein eingängiges<br />

Benennungsschema für die basil.js-<br />

Funktionen nach dem Vorbild Processing.<br />

Wo es kein Äquivalent gab, versuchten<br />

sie, neue Befehle mit einem<br />

ähnlichen Coding-Style zu finden. In<br />

diesem Fall wählten sie klare und möglichst<br />

kurze englische Bezeichnungen.<br />

Doch sollten auch ein paar Ideen aus<br />

JavaScript einfließen, zum Beispiel die<br />

multimodale Verwendbarkeit <strong>der</strong> gleichen<br />

Funktionen, um einen Wert zu setzen,<br />

wenn ein Parameter übergeben<br />

wird, beziehungsweise den aktuellen<br />

Wert auszulesen, wenn dieser nicht<br />

mit angegeben wird. Nach frei Monaten<br />

Arbeit übergaben Groß und Landsbek<br />

den Prototyp an Ludwig Zeller und<br />

Ted Davis, die ihn weiter ausbauten,<br />

eine Projekt-Website einrichteten und<br />

Tutorials dazu schrieben.<br />

Weiterentwicklung<br />

anhand des Feedbacks<br />

Nach dem ersten Workshop im Sommer<br />

setzten die Dozenten Ludwig Zeller<br />

und Ted Davis basil.js seit Herbst<br />

2012 auch in mehreren Workshops und<br />

Seminaren am Institut für Visuelle Kommunikation<br />

ein. <strong>Die</strong> Studenten üb ten<br />

den Umgang mit <strong>der</strong> JavaScript-Library<br />

an konkreten Projekten. Dazu erhielten<br />

sie jede Woche eine überarbeitete<br />

Betaversion und konnten durch ihr<br />

Feedback direkt Einfluss auf die weitere<br />

Entwicklung des Frameworks nehmen.<br />

Zeller und Davis korrigierten Bugs,<br />

ergänzten aber auch neue Funktio nen,<br />

die die Studierenden für ihre Projektideen<br />

brauchten, zum Beispiel für die<br />

statistische Analyse von Texten.<br />

In den Veranstaltungen ent stan den<br />

erste, zum Teil umfangreiche Projekte.<br />

So experimentierte Gaëlle Renaudin<br />

mit durch Scrip ting generierten typografischen<br />

Modifikationen (siehe Seite<br />

88), Philipp Adrian katalogisierte und<br />

visualisierte alle innerhalb einer Sekunde<br />

auf Twitter erzeugten Daten (Seite<br />

88), und Bettina Schneebeli wies je-


PAGE 06.13 087<br />

dem Wort eines Essays per Skript automatisch<br />

ei ne auf Amazon.com gefun dene<br />

Produkt-Abbildung zu (siehe unten).<br />

Auf Grund lage des Feedbacks erstellte<br />

das Team Mitte Dezember eine Closed-<br />

Beta-Version, zu <strong>der</strong>en Erprobung es<br />

eine Reihe von Designern einlud.<br />

Das basil.js-Team<br />

von links: Ted<br />

Davis, Benedikt<br />

Groß, Stefan<br />

Landsbek und<br />

Ludwig Zeller<br />

Veröffentlichung von v1.0<br />

Zeller, Groß und Davis setzten die aus<br />

dem Feedback resultierenden Korrekturen<br />

und Ergänzungen am Code um,<br />

erweiterten den Kern des Frameworks<br />

um zusätzliche Funktionen und um<br />

Java Script-Libraries Dritter. Außerdem<br />

unterstützten sie Frank Weiprecht und<br />

Jörg Koch von <strong>der</strong> be:screen GmbH bei<br />

<strong>der</strong> Steigerung <strong>der</strong> Verarbeitungsgeschwindigkeit<br />

von basil.js. Für die <strong>Zukunft</strong><br />

erwägen die Designer, einen Precompiler<br />

hinzuzufügen, um die Performance<br />

weiterhin zu beschleunigen und<br />

die Handhabung zunehmend zu vereinfachen.<br />

<strong>Die</strong> erste öffentliche Version<br />

ist seit dem 28. Februar kostenlos auf<br />

<strong>der</strong> Projektwebsite verfügbar. Dort<br />

kann man des Weiteren Codebeispiele<br />

und Tutorials abrufen.<br />

Basil.js steht unter <strong>der</strong> offenen MIT<br />

License, sodass es über GitHub von<br />

an<strong>der</strong>en Entwicklern ergänzt werden<br />

kann. <strong>Die</strong> kreative Erweiterung <strong>der</strong><br />

Programmgrenzen und Designmethoden<br />

war für das Team ein wichtiges<br />

Kriterium für die Veröffentlichung unter<br />

einer Open-Source-Lizenz. Closed-<br />

Source-Tools wie Adobes Creative Suite<br />

seien vielseitig und intuitiv zu bedienen,<br />

weshalb sie sich unter Gestaltern<br />

etabliert hätten. Doch die Nutzer laufen<br />

dadurch Gefahr, die immer gleiche<br />

Ästhetik zu wie<strong>der</strong>holen, so die Entwickler.<br />

Außerdem sei es kaum möglich,<br />

gestalterische Verfahren entsprechend<br />

<strong>der</strong> individuellen Bedürfnisse<br />

zu erweitern. »Das komplexe Verhalten<br />

eines selbstausführenden formalen<br />

Sys tems wie einer Programmiersprache<br />

bietet sowohl Möglichkeiten<br />

zur Kontrolle als auch Elemente <strong>der</strong><br />

Überraschung«, erklärt Ludwig Zeller.<br />

<strong>Die</strong> kreative Produktion mit teilweise<br />

unerwartetem Ausgang stellt für das<br />

Team ein Quell <strong>der</strong> Inspiration dar.<br />

»Der Philosoph Ludwig Wittgenstein<br />

schrieb 1921: ›<strong>Die</strong> Grenzen meiner Sprache<br />

bedeuten die Grenzen meiner<br />

Welt.‹ Wenn wir die Grundlagen <strong>der</strong><br />

Software, die wir nutzen, nicht verstehen,<br />

haben wir als Gestalter ein Problem«,<br />

meint Benedikt Groß. »Denn<br />

dann sind die Gren zen unseres Verständ<br />

nisses zwangsläufig auch die<br />

Grenzen unserer Ästhetik.« fb<br />

Ersetzen von Text durch Abbildungen aus dem Internet<br />

n Bettina Schneebelis Buchprojekt<br />

»Ending the Depression through Amazon«<br />

übersetzt einen Essay von Bernard<br />

London aus dem Jahr 1932 in die<br />

heutige Warenwelt. <strong>Die</strong>ser schlug vor,<br />

zur Lösung <strong>der</strong> Wirtschaftskrise ein<br />

System »geplanter Obsoleszenz« einzuführen,<br />

das die Bürger verpflichtet,<br />

ihre Güter nach einer bestimmten Zeitspanne<br />

zu entsorgen, um die Produktion<br />

anzukurbeln. Durch Einbindung eines<br />

basil.js-Skripts ersetzte die Gestalterin<br />

alle Worte des Textes – »shoes«,<br />

»homes« o<strong>der</strong> »machines« ebenso wie<br />

»the« o<strong>der</strong> »and« – durch entsprechende<br />

Produktabbildungen von Amazon.<br />

com. <strong>Die</strong>s führt zu einer Anhäufung<br />

von Produkten aller couleur, die dadurch<br />

einen symbolischen Wertverlust<br />

erleiden und somit auf das von London<br />

gefor<strong>der</strong>te Umdenken im Umgang<br />

mit Waren hinweisen und gleichzeitig<br />

Kritik an <strong>der</strong> gegenwärtigen Wegwerfgesellschaft<br />

üben.<br />

Bettina Schneebeli demonstriert die Austauschbarkeit von Produkten, indem sie jedes Wort eines<br />

Essays per Script durch eine dazu auf Amazon.com gefundene Abbildung ersetzen ließ


088 PAGE 06.13 TECHNIK <strong>InDesign</strong> <strong>generativ</strong><br />

Typografische Varianten mittels Programmiercode<br />

n Im Rahmen ihrer Bachelorarbeit<br />

»The Martian Chronicles« im Fachbereich<br />

Visuelle Kommunikation an <strong>der</strong><br />

Hochschule für Gestaltung und Kunst<br />

Basel untersuchte Gaëlle Renaudin<br />

Mög lichkeiten <strong>der</strong> typografischen Variantenbildung<br />

durch Programmierco de.<br />

Mithilfe von basil.js-Skripts integrierte<br />

sie zufällige Parameter in Ray Bradburys<br />

»Mars-Chroniken« aus dem Jahr<br />

1950. So versuchte die Designerin, eine<br />

direkte Verbindung zwischen Programmierung<br />

und <strong>der</strong> Dramaturgie des<br />

Romans herbeizuführen. Ziel war es,<br />

die Stimmung des Science-Fiction-Klassikers<br />

sowohl auf Ebene des Layouts<br />

als auch <strong>der</strong> Materialität des Buches<br />

wie<strong>der</strong>zugeben. Daher druckte Renaudin<br />

auch den Text in weißer Farbe auf<br />

schwarzes Papier, wo die Handlung auf<br />

dem Mars stattfindet, und im Gegensatz<br />

dazu schwarz auf weiß, wo sie auf<br />

<strong>der</strong> Erde spielt, um die Reise zwischen<br />

den zwei Planeten zu spiegeln.<br />

Gaëlle Renaudin nutzte basil.js für typografische Modifikationen, um auf diese Weise die<br />

Stimmung in Ray Bradburys »Mars-Chroniken« abzubilden<br />

Automatisierte Auswertung und Visualisierung externer Daten<br />

n Philipp Adrian konservierte die in<br />

einer Sekunde auf Twitter erzeugten<br />

Daten und visualisierte sie mithilfe von<br />

basil.js in vier Bänden. Auf spielerische<br />

Weise katalogisierte <strong>der</strong> Gestalter mit<br />

»#oneSecond« Tweets von 5522 Menschen<br />

in 42 Sprachen auf über 4500 Seiten<br />

– unter an<strong>der</strong>em nach Sprache,<br />

Zeitzone, Avatar-Typ und dem Datum<br />

<strong>der</strong> Anmeldung bei Twitter. Für die Auswertung<br />

nutzte er 14 Fonts mit über<br />

100 000 verschiedenen Zeichen, um<br />

zum Beispiel die Anzahl <strong>der</strong> Follower,<br />

<strong>der</strong> gefolgten Accounts o<strong>der</strong> eigener<br />

Tweets darzustellen. Adrian betrachtet<br />

das Internet als öffentlichen Raum<br />

mit einer eigenen, codebasierten und<br />

dadurch internationalen Sprache, in<br />

dem Informationen in <strong>der</strong> Schnelligkeit<br />

von Sekunden ausgetauscht werden<br />

und so <strong>der</strong> kulturelle Austausch<br />

über Län <strong>der</strong> gren zen hinweg geför<strong>der</strong>t<br />

wird. Mit seiner Momentaufnahme will<br />

er den Fokus von einem persönlichen<br />

hin zu einem globalen Modell des Internets<br />

verschieben.<br />

Mit »#oneSecond« visualisierte Philipp<br />

Adrian alle innerhalb einer Sekunde<br />

von Twitter prozessierten Daten. Dazu<br />

schrieb er basil.js-Skripte, die zum<br />

Beispiel die Anzahl <strong>der</strong> Follower und<br />

Tweets aller aktiven Nutzer analysieren<br />

und gestalterisch auswerten


PAGE 06.13 089<br />

Quickstart basil.js<br />

n <strong>Die</strong> JavaScript-Library lässt sich unkompliziert installieren, um<br />

dann die ersten Schritte in Richtung <strong>generativ</strong>er Gestaltung in<br />

<strong>InDesign</strong> zu machen. Basil.js unterstützt Adobe CS ab Version 5.<br />

Für unsere Minitutorial nutzen wir <strong>InDesign</strong> CS6 unter OSX 10.8.3<br />

sowie basil.js v1.0. Falls Sie ein an<strong>der</strong>es Betriebssystem o<strong>der</strong> eine<br />

aktuellere Version <strong>der</strong> Adobe Creative Suite verwenden, können<br />

die Bezeichnungen etwas abweichen.<br />

Basil.js installieren<br />

1<br />

Erstellen Sie zunächst in Ihrem »Dokumente«-Fol<strong>der</strong> einen<br />

Ordner namens »basiljs«. Laden Sie dann unter http://basiljs.<br />

ch/downloads das basil.js-Bundle herunter, und verschie ben Sie<br />

den in <strong>der</strong> ZIP-Datei enthaltenen Fol<strong>der</strong> »bundle« nach »basiljs«.<br />

Erstellen Sie einen zweiten Ordner mit <strong>der</strong> Bezeichnung »User«,<br />

in dem Sie später Ihre eigenen Skripts speichern.<br />

Basil.js mit <strong>InDesign</strong> verknüpfen<br />

2<br />

Öffnen Sie <strong>InDesign</strong> und aktivieren Sie das Scripts-Panel unter »Fenster/<br />

Hilfsprogramme/Skripte«. In <strong>der</strong> <strong>InDesign</strong>-Palette sehen Sie die Ordner<br />

»Benutzer« und »Anwendung« für Skripts. Bei einem Rechtsklick auf »Benutzer«<br />

erscheint das Kontextmenü, in dem Sie »Im Fin<strong>der</strong> anzeigen« auswählen. Nun<br />

öffnet sich ein Fin<strong>der</strong>-Fenster mit dem entsprechenden Ordner. Ziehen Sie den<br />

in Schritt 1 erstellten Ordner »basiljs« mit gedrückter Alt- und Befehlstaste in<br />

diesen. Nun ist die basil.js-Library mit <strong>InDesign</strong>s Script-Panel verknüpft, und Sie<br />

können nun in <strong>InDesign</strong> auf alle Inhalte zugreifen.<br />

Skriptbeispiele ansehen<br />

3<br />

Sehen Sie sich den Ordner in <strong>der</strong><br />

<strong>InDesign</strong>-Palette genauer an.<br />

<strong>Die</strong>ser enthält neben <strong>der</strong> Library basil.js<br />

auch einen Ordner mit Beispielen,<br />

mit denen Sie verschiedene Funktionen<br />

von basil.js nachvollziehen können.<br />

Per Doppelklick lassen sich sie sich direkt<br />

aus <strong>InDesign</strong> starten.<br />

Erster Test mit »Hello World«<br />

4<br />

Öffnen Sie das ExtendScript Toolkit <strong>der</strong><br />

Creative Suite, und öffnen Sie im<br />

Editor ein neues Dokument. Speichern Sie<br />

es als »helloworld.jsx« im Ordner »User«.<br />

Geben Sie den Code aus dem Screenshot in<br />

das neue Dokument ein, und starten Sie<br />

das Skript, indem Sie auf den »Play«-Button<br />

in <strong>der</strong> Menüleiste des ExtendScript-Editors<br />

klicken. Et voilá: <strong>Die</strong> Nachricht »Hello<br />

World!« erscheint in einem Textfeld des<br />

geöffneten <strong>InDesign</strong>-Dokuments<br />

und lässt sich dort weiterbearbeiten.<br />

Variationen durchspielen<br />

5<br />

Durch Verän<strong>der</strong>ungen des Codes,<br />

etwa wie hier im Beispiel durch<br />

Definition <strong>der</strong> Schriftart und -größe,<br />

und Hinzufügen weiterer Funktionen<br />

können Sie das gerade erstellte<br />

<strong>InDesign</strong>-Element beliebig verän<strong>der</strong>n.<br />

Weitere Beispiele, Tutorials sowie<br />

mehrere umfangreiche Cheat-Sheets<br />

stehen unter http://basiljs.ch bereit


090 PAGE 06.13<br />

TECHNIK Beschriftungs-Apps<br />

Schnell ins Bild gesetzt<br />

Apps zum Beschriften digitaler Fotos schießen wie Pilze aus dem Boden. Ob man die Bil<strong>der</strong> zur schnellen<br />

Kundenabstimmung betexten, das eigene Gedächtnis unterstützen o<strong>der</strong> einem Motiv eine neue Ästhetik geben<br />

will, Kreative wollen ordentliche Schriften und eine gute Handhabung. Wir stellen fünf brauchbare Apps vor<br />

Photo-Lettering Professionelle Schriften<br />

Das Prinzip ist bei allen Apps<br />

das Gleiche: Entwe<strong>der</strong> fotografiert<br />

man ein Motiv o<strong>der</strong><br />

wählt eines aus seinem Archiv aus und<br />

beschriftet dieses. Ein großer Unterschied<br />

liegt allerdings in den zur Verfü<br />

gung stehenden Fonts. Photo-Lettering,<br />

das House Industries soeben<br />

veröffentlicht hat, hält zwar nur drei<br />

kos tenlose Schriften bereit – Plinc<br />

Swiss, Bubble Gum und House Slant –,<br />

diese sind aber professionell und decken<br />

schon eine recht große Bandbrei-<br />

Plinc Swiss, Bubble Gum und House<br />

Slant sind in Photo-Lettering<br />

kostenlos, für jede weitere Schrift<br />

bezahlt man 89 Cent<br />

te an Stilen ab. Wem das nicht reicht, <strong>der</strong><br />

kann für je 89 Cent aus den vielen an<strong>der</strong>en<br />

Fonts <strong>der</strong> Typedesigner aus Delaware<br />

wählen, darunter Chalet, Neutraface<br />

o<strong>der</strong> die zweifarbige Caslon. Für<br />

alle, die häufiger Fotos betexten wollen,<br />

eine lohnende Investition. Der erzeugte<br />

Text lässt sich mit diversen Effekten<br />

wie Sepia- o<strong>der</strong> Schwarzweißfärbung<br />

versehen und schließlich im Fotoarchiv<br />

auf dem iPhone speichern, per<br />

E-Mail o<strong>der</strong> MMS weiterleiten. Zudem<br />

bietet House Industries an, das Bild als<br />

Postkarte zu drucken und so rich tig<br />

schön analog-altmodisch zu ver sen den.<br />

<strong>Die</strong> kostenlose englischsprachige App<br />

erfor<strong>der</strong>t iOS ab 6.0 und ist optimiert<br />

für iPhone 5.<br />

Bil<strong>der</strong>: Sonja Knecht/edenspiekermann<br />

easyTitler Zahlreiche Features, öde Schriften<br />

Viele gute Gestaltungsmöglichkeiten bietet easyTitler,<br />

aber lei<strong>der</strong> nur sehr mittelmäßige Fonts<br />

Einfach ist diese App wirklich,<br />

sodass man das Tutorial, das<br />

sich unter »About« findet, eigentlich<br />

gar nicht braucht. Auch sonst<br />

erlaubt easyTitler eine ganze Menge:<br />

den Text mit den Fingern zu vergrößern,<br />

zu verkleinern, zu verschieben<br />

o<strong>der</strong> zu drehen. Mittels Tippen auf die<br />

entsprechenden Symbole lässt sich<br />

so gar <strong>der</strong> Buchstaben- und Zeilenabstand<br />

verän<strong>der</strong>n.<br />

Selbstverständlich kann <strong>der</strong> An wen<strong>der</strong><br />

auch die Textfarbe wählen. Ent we<strong>der</strong><br />

nutzt er dafür die vorgegebene<br />

Palette, o<strong>der</strong> er greift mit <strong>der</strong> Pipette<br />

eine Farbe aus dem Foto auf. Verschiedene<br />

Effekte stehen ebenfalls zur Verfügung.<br />

So lässt sich die Deckkraft des<br />

Textes modifizieren o<strong>der</strong> das Ganze<br />

als invertiertes Bild darstellen. Veröffentlichen<br />

kann man sein fertiges Artwork<br />

per E-Mail, Facebook, Twitter und<br />

Flickr. Großer Nachteil <strong>der</strong> von Ubinow<br />

aus London entwickelten App sind<br />

aber die angebotenen Schriften: entwe<strong>der</strong><br />

langweilige Systemtypen o<strong>der</strong><br />

nicht wirklich überzeugende Freefonts<br />

– sehr schade.<br />

<strong>Die</strong> auch in Deutsch erhältliche App erfor<strong>der</strong>t<br />

iOS ab 4.0 und kostet 0,89 Euro.


PAGE 06.13 091<br />

Font-astic Wenig Funktionen für zu viel Geld<br />

Das von melon.lab entwickelte<br />

Font-astic bietet 22 Schriften,<br />

überwiegend Freefonts.<br />

Darunter interessante Exemplare, zum<br />

Beispiel die ganz leichte Mill o<strong>der</strong> die<br />

zackige Brivido, aber auch Klassiker<br />

wie Baskerville, Futura, Gill Sans und<br />

einen Schnitt <strong>der</strong> Zapfino. Etwas gewöh<br />

nungsbedürftig ist, dass man den<br />

Schrift zug über das Menü o<strong>der</strong> sehr<br />

müh sam mit den Fingern vergrößern<br />

muss und nur in 90-Grad-Schritten drehen<br />

kann. Immerhin lässt er sich nicht<br />

nur einfärben, son<strong>der</strong>n auch schattieren.<br />

Trotzdem: Für 1,79 Euro hätte ich<br />

etwas mehr erwartet. Der Nutzer kann<br />

das Bild im Fotoarchiv speichern o<strong>der</strong><br />

direkt auf Facebook hochladen. Das<br />

kürz lich erschienene Update auf 1.2 unterstützt<br />

auch den Instagram-Export.<br />

Wer erst mal schauen möchte, ob er mit<br />

Font-astic gut bedient ist, kann sich kostenlos<br />

die Lite-Version herunterladen.<br />

<strong>Die</strong> englischsprachige App erfor<strong>der</strong>t<br />

iOS ab 6.0 und ist optimiert für iPhone 5.<br />

Kostenpunkt: 1,79 Euro<br />

Bei Font-astic gibt es überwiegend Freefonts, darunter aber ganz nette Typen wie Mill<br />

Bil<strong>der</strong>: <strong>Die</strong> Typonauten<br />

Piction App Gute Schriften, kaum Features<br />

Bild: glückssachen & bürogemeinschaft<br />

<strong>Die</strong> rund zwanzig zur Auswahl<br />

stehenden Fonts stammen<br />

von Typefoundrys wie<br />

The Lost Type Co-op, Fontfabric, Tension<br />

Type o<strong>der</strong> Ten Dollar Fonts und<br />

sind allesamt prima. Umso betrüblicher,<br />

dass die Funktionen von Piction<br />

App äußerst minimalistisch sind. Als<br />

Piction App bietet interessante<br />

Schriften, aber spartanische<br />

Gestaltungsfunktionen<br />

Schrift farbe gibt es nur Schwarz o<strong>der</strong><br />

Weiß, drehen kann man den Text auch<br />

nicht und Effekte sind ebenfalls nicht<br />

vorhanden. <strong>Die</strong> App von Ancient Wisdom<br />

Production ist also vor allem etwas<br />

für Puristen, die wirklich nur schnell ein<br />

Foto betexten wollen, um dieses dann<br />

per E-Mail zu verschicken o<strong>der</strong> in soziale<br />

Netzwerke zu stellen.<br />

<strong>Die</strong> kostenlose englischsprachige App<br />

erfor<strong>der</strong>t iOS ab 6.0 und ist optimiert<br />

für iPhone 5.<br />

Phonto Eigene Schriften verwenden<br />

<strong>Die</strong> von Yusuke Horie entwickelte<br />

Anwendung bietet einen<br />

Riesenvorteil: Man kann<br />

die auf seinem Rechner installierten<br />

Schrif ten nutzen. Wie das geht, ist unter<br />

»Font«, »How to install Fonts« beschrieben<br />

und funktioniert einwandfrei. Außerdem<br />

lässt sich natürlich auch auf<br />

die rund 200 vorinstallierten Schriften<br />

zugreifen. Gestaltungsoptionen gibt es<br />

viele. So kann man eigene Farbpaletten<br />

o<strong>der</strong> auch Muster anlegen. Phonto<br />

bietet auch eine Preview-Funktion, um<br />

das fertige Bild noch mal anzuschauen,<br />

bevor man es über E-Mail, Facebook<br />

o<strong>der</strong> Twitter auf die Allgemeinheit loslässt.<br />

Auch einen direkten Link zu Instagram<br />

gibt es. Bei all diesen Möglichkeiten<br />

kann man in Kauf nehmen, dass<br />

am oberen Rand ein nerviges Werbebanner<br />

vor sich hinflimmert. ant<br />

<strong>Die</strong> 0,89 Euro teure App gibt es in<br />

Eng lisch und Japanisch. Sie erfor<strong>der</strong>t<br />

iOS 5.0 o<strong>der</strong> neuer und ist optimiert für<br />

iPhone 5, steht aber auch für Android<br />

zur Verfügung.<br />

Großes Plus von Phonto: Man<br />

kann eigene Schriften verwenden,<br />

hier Baskerville Italic<br />

Bild: Alexan<strong>der</strong> Tibus


092 PAGE 06.13<br />

TECHNIK Coworking Spaces<br />

Das betahaus in Berlin-Kreuzberg beherbergt auf rund 2500 Quadratmetern bis zu 200 Coworker. Neben dem Open Space gibt es auch Konferenzräume,<br />

eine Etage speziell für Start-ups sowie eine Werkstatt für Maker und DIY-Fans<br />

Das Prinzip<br />

Gemeinschaft<br />

Temporärer Laptopstellplatz, Geburtshelfer für<br />

Kollaboration und Gemeinschaftsprojekte<br />

o<strong>der</strong> gar Arbeitsform <strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong>? PAGE untersucht,<br />

was hinter dem Coworking-Hype steckt<br />

n Ein Bioinformatiker, <strong>der</strong> einer Grafikdesignerin die Zusammensetzung<br />

des menschlichen Genoms erklärt, ein<br />

Start-up-Grün<strong>der</strong>, <strong>der</strong> von den neuesten 3-D-Druckverfahren<br />

berichtet, und eine Mutter auf <strong>der</strong> Suche nach ihrer beruflichen<br />

<strong>Zukunft</strong> – bunte Mischungen wie diese sind nichts<br />

Außergewöhnliches beim Gemeinschaftsfrühstück im Hamburger<br />

betahaus. Einmal pro Woche können sich die Coworker<br />

hier beim betabreakfast kennenlernen und austauschen.<br />

Künftig soll es auch kurze Pitchrunden geben, in denen<br />

sie ihre Geschäfts- o<strong>der</strong> Projektideen vorstellen und<br />

das Feedback <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en einholen können.<br />

Gemeinschaft und Austausch spielen eine zentrale Rolle<br />

im Coworking-Konzept. <strong>Die</strong> betahäuser mit Ursprung in<br />

Berlin haben dabei Vorbildcharakter für viele an<strong>der</strong>e Betreiber<br />

und sorgten 2009 dafür, dass <strong>der</strong> Begriff »Coworking«<br />

in Deutschland populär wurde. Seither hat sich einiges getan.


PAGE 06.13 093<br />

Laut einer Erhebung des Coworking-Magazins »Deskmag«<br />

( www.deskmag.com ) gibt es in Deutschland 230 Coworking<br />

Spaces. Damit belegen wir den zweiten Platz hinter den<br />

USA mit 781 und vor Spanien mit 199 Angeboten. Insgesamt<br />

hat »Deskmag« weltweit circa 2500 Gemeinschaftsbüros<br />

mit etwa 110 000 Mietern gezählt. In den vergan genen<br />

zwölf Monaten haben durchschnittlich 4,5 neue Spaces<br />

pro Werktag eröffnet.<br />

<strong>Die</strong> Gründe für diese Explosion liegen vor allem in <strong>der</strong><br />

steigenden Anzahl von Freiberuflern. »Beson<strong>der</strong>s in südeuropäischen<br />

Län<strong>der</strong>n wie Italien o<strong>der</strong> Spanien ist die Selbstständigkeit<br />

oft die einzige Chance für junge Menschen Geld<br />

zu verdienen. Das spielt dem Coworking in die Hände«, erklärt<br />

Ruben Schmidtmann, CEO des betahaus Hamburg.<br />

Und statt allein im Homeoffice zu arbeiten, entscheiden<br />

sich immer mehr Freelancer für Coworking Spaces. Das ermöglicht<br />

ihnen zum einen die räumliche Trennung von Arbeit<br />

und Privatleben, zum an<strong>der</strong>en einen Ausweg aus <strong>der</strong><br />

Isolation des Einzelkämpfers. »Coworking steht in gewisser<br />

Weise für die Kehrseite <strong>der</strong> Digitalisierung«, sagt Janet Merkel,<br />

wissenschaftliche Mitarbeiterin <strong>der</strong> Forschungsabteilung<br />

Kulturelle Quellen von Neuheit am Wissenschaftszentrum<br />

Berlin. »Es verdeutlicht den Wunsch <strong>der</strong> digitalen Nomaden<br />

nach sozialer und räumlicher Nähe.«<br />

Coworker teilen nicht nur Küche, Stromund<br />

Internetkosten, son<strong>der</strong>n<br />

auch Informationen und Know-how<br />

Gegenüber gängigen Bürogemeinschaften haben Coworking<br />

Spaces den Vorteil, dass das Mietverhältnis wesentlich<br />

flexibler ist. Statt sich langfristig zu binden, können Kreative<br />

sich hier tage-, wochen- o<strong>der</strong> monatsweise einmieten –<br />

und müssen sich um nichts weiter kümmern. <strong>Die</strong>s ist beson<strong>der</strong>s<br />

zu Beginn <strong>der</strong> Selbstständigkeit sinnvoll, wenn die<br />

Auftragslage noch unklar und unbeständig ist. Zu diesen<br />

praktischen Vorteilen kommen die Werte, die Coworking-<br />

Gemeinschaften weltweit prägen: Prinzipien wie Kollaboration,<br />

Offenheit und Nachhaltigkeit. Coworker teilen nicht<br />

nur Raum, Küche, Drucker, Strom- und Internetkosten, son<strong>der</strong>n<br />

auch Informationen und Know-how.<br />

Wie weit die Kollaboration geht, variiert. Sie kann von<br />

gemeinsamen Projekten bis hin zur Start-up-Gründung reichen.<br />

Wichtiger sind für viele Coworker aber die spontanen<br />

Interaktionen und das Lernen voneinan<strong>der</strong>. Mal eben den<br />

Webentwickler gegenüber fragen, ob ein Konzept technisch<br />

realistisch ist, o<strong>der</strong> den Anwalt am Nachbartisch über einen<br />

Vertrag schauen lassen – solche zwanglosen und unverbindlichen<br />

Nachfragen sowie die gegenseitige Hilfsbereitschaft<br />

sind es, die Coworking Spaces auszeichnen. Oft werden<br />

Aufträge untereinan<strong>der</strong> erteilt o<strong>der</strong> Tauschgeschäfte gemacht.<br />

Beson<strong>der</strong>s Webdeveloper und IT-Experten finden<br />

hier häufig neue Auftraggeber. »Wir haben Programmierer,<br />

die allein von den Aufträgen leben können, die sie im betahaus<br />

akquirieren«, sagt Ruben Schmidtmann.<br />

Das Ausmaß an Austausch und Kommunikation unter<br />

den Coworkern hängt zum großen Teil auch von den Betreibern<br />

ab. »Es gibt zwei Typen: solche, die allein den Raum<br />

und die Infrastruktur stellen, und solche, die sehr engagiert<br />

sind und die Vernetzung untereinan<strong>der</strong> aktiv vorantreiben«,<br />

so Janet Merkels Erfahrung. Das fängt schon mit <strong>der</strong> Begrüßung<br />

<strong>der</strong> Neuankömmlinge an: Werden sie den an<strong>der</strong>en<br />

vorgestellt? Gibt es ein Verzeichnis, in dem alle Mieter samt<br />

Tätigkeitsfeld aufgelistet sind? Darüber hinaus gibt es häufig<br />

Aktionen wie gemeinsames Frühstücken, Mittagessen o<strong>der</strong><br />

Biertrinken sowie Events und Workshops.<br />

Das betahaus Hamburg bietet zum Beispiel einen Workshop<br />

zu Verhandlungstraining an und veranstaltet ein Barcamp<br />

zu Fortschritt und Wachstum. Im Berliner betahaus<br />

können Mitglie<strong>der</strong> eine kostenlose Rechtsberatung o<strong>der</strong> einen<br />

Personal Coach in Anspruch nehmen. Während die<br />

Das Hamburger<br />

betahaus residiert<br />

seit 2010 in<br />

<strong>der</strong> Sternschanze.<br />

In diesem Jahr<br />

will es in eine<br />

größere Location<br />

umziehen. Wo<br />

die liegt, ist aber<br />

noch geheim


094 PAGE 06.13 TECHNIK Coworking Spaces<br />

Ausgewähltes<br />

Interior Design<br />

und viel Liebe<br />

zum Detail machen<br />

Places in <strong>der</strong><br />

Innenstadt Hamburgs<br />

beson<strong>der</strong>s<br />

für Kreative<br />

interessant.<br />

Der Fokus liegt<br />

hier auf persönlicher<br />

Arbeitsatmosphäre<br />

mit<br />

Möglichkeit<br />

zum Rückzug<br />

betahaus-Betreiber großen Wert auf Community legen<br />

und ihre Mitglie<strong>der</strong> zur Kommunikation anhalten, bietet zum<br />

Beispiel Places in Hamburg vor allem eine stilvolle Büro umge<br />

bung (siehe oben), entwickelt von den Interior Designern<br />

Achim Schulz und Heino Weber und ihrem Studio punct.object.<br />

Doch auch wenn <strong>der</strong> Schwerpunkt hier nicht auf Gemeinschaftlichkeit<br />

liegt, findet Austausch zwischen den<br />

Mietern statt – vor allem nachmittags im zugehörigen Café.<br />

Arbeiten im Coworking Space steigert die Produktivität<br />

und vergrößert das berufliche Netzwerk<br />

Für die Interaktion untereinan<strong>der</strong> spielt aber auch die Raumgestaltung<br />

eine wichtige Rolle. Meist sitzen mehrere Mie ter in<br />

Open Spaces ohne Abtrennungen zusammen, Lounge-Be-<br />

reiche und Cafés schaffen zusätzliche Möglichkeiten für Austausch.<br />

Fast immer bieten die Coworking Spaces Konferenzräume<br />

für Kundenmeetings, die sich stunden- o<strong>der</strong> tage wei se<br />

mieten lassen, o<strong>der</strong> auch kleine Einzelbüros für konzentrierteres<br />

Arbeiten und Telefonzellen für ungestör te Ge spräche.<br />

Denn ein Nachteil <strong>der</strong> meist offenen Raumgestaltung ist<br />

<strong>der</strong> Geräuschpegel. So gaben in einer »Desk mag«-Umfrage<br />

von Anfang 2012 25 Prozent <strong>der</strong> Teilnehmer an, dass <strong>der</strong> Lärm<br />

sie ablenkt. <strong>Die</strong> Studie ergab allerdings auch, dass dies selten<br />

ein Grund sei, dem Coworking Space den Rücken zu<br />

kehren. <strong>Die</strong> meisten behelfen sich mit Kopfhörern – o<strong>der</strong><br />

sagen einfach Bescheid, wenn sie sich zu sehr gestört fühlen.<br />

Viele Spaces legen Wert auf spielerische Gestaltungselemente.<br />

»Wir probieren ständig Neues aus: seien es Stehschreibtische,<br />

Tischanordnungen o<strong>der</strong> Farbkonzepte«, sagt<br />

Ruben Schmidtmann. Damit ist das betahaus Hamburg nicht


PAGE 06.13<br />

095<br />

allein. »Coworking Spaces sollten sich in einer kons tanten<br />

Betaphase befinden und auf die Bedürfnisse ihrer Nutzer<br />

eingehen«, so Oliver Marlow vom Londoner Designstudio<br />

Tilt nach einem Workshop auf <strong>der</strong> Coworking Europe Conference<br />

im Dezember 2011. Mitspracherecht bei <strong>der</strong> Gestaltung<br />

gebe den Mietern ein Gefühl von Zugehörigkeit und för<strong>der</strong>e<br />

die Verbundenheit mit dem Space, meint Marlow.<br />

Arbeiten im Coworking Space kann sich in vielerlei Hinsicht<br />

auszahlen. Einer Erhebung von »Deskmag« zufolge<br />

steigert es die Produktivität und vergrößert sowohl das berufliche<br />

als auch private Netzwerk. <strong>Die</strong> Psychologiestudentinnen<br />

Julia Andorfer und Cornelia Gerdentisch von <strong>der</strong><br />

Universität Wien untersuchen <strong>der</strong>zeit den Einfluss von Coworking<br />

auf die Einstellung zur Arbeit. Sie gehen davon aus,<br />

dass Coworker langfristig engagierter arbeiten als zu Hause,<br />

da sie soziale Unterstützung bekommen, die sich posi -<br />

tiv auf persönliche Ressourcen wie Selbstbewusstsein und<br />

Selbstmanagement auswirkt. »Wir wollen mit unserer Studie<br />

zeigen, dass Coworking einen Mehrwert für die heutige<br />

Arbeitswelt hat und eine wertvolle Ergänzung zu gängigen<br />

Modellen ist«, so Andorfer.<br />

Für Start-ups sind Coworking Spaces ein hervorragen<strong>der</strong><br />

Nährboden. Viele verstehen sich als Inkubatoren – wenn<br />

auch eher in ideeller als in finanzieller Hinsicht. Im Google<br />

Campus in London zum Beispiel sitzen hauptsächlich Grün<strong>der</strong>,<br />

denen Mentoren von Google, erfolgreiche Unternehmer<br />

und Anwälte beratend zur Seite stehen. »Wir bieten eine<br />

Basis für Gründung und Wachstum von Start-ups, auch<br />

wenn wir uns nicht finanziell daran beteiligen«, erklärt<br />

Ruben Schmidtmann. So haben die Grün<strong>der</strong> von Protonet,<br />

einer smarten Serverlösung, ihre Geschäfte im Hamburger<br />

betahaus aufgenommen und sind erst vor Kurzem in größere<br />

Räumlichkeiten umgezogen. Das betahaus Berlin hat<br />

sogar eine eigene Etage für Start-ups eingerichtet, die<br />

Raum für Teammeetings und vertrauliche Gespräche bietet.<br />

Darüber hinaus haben die Betreiber ein Stipendium<br />

mit För<strong>der</strong>programm auf die Beine gestellt.<br />

Studenten<br />

aufgepasst:<br />

Für euch gibt’s<br />

6 cm umsonst !<br />

Für Unternehmen sind Coworking Spaces als Orte<br />

interessant, an denen Innovationen entstehen<br />

Auch etablierte Unternehmen zeigen vermehrt Interesse<br />

an <strong>der</strong> neuartigen Arbeitsumgebung. So können sich Mitarbeiter<br />

von OTTO je<strong>der</strong>zeit im betahaus Hamburg einmieten.<br />

»Wir erhoffen uns dadurch mehr Kreativität, Innovationskraft<br />

und Ideenvielfalt für unsere Mitarbeiter. Sie erhalten<br />

eine branchenübergreifende Perspektive, sehen spannende<br />

Entwicklungstrends und vermeiden die sogenannte Betriebsblindheit«,<br />

sagt Nicola Heinrich, Leiterin Personalmarketing<br />

& Ausbildung bei OTTO. Zudem brächten die Flexibilität<br />

und die mobile Arbeitsumgebung dem Konzern einen<br />

Imagegewinn als Arbeitgeber. Im Gegenzug sind die OTTO-<br />

Mitarbeiter auch eine Bereicherung für die an<strong>der</strong>en Mieter:<br />

»Sie bringen die Sichtweisen und Erfahrungswerte eines<br />

global agierenden Großkonzerns mit ein«, so Heinrich.<br />

TUI machte mit <strong>der</strong> Arbeit im betahaus so gute Erfahrungen,<br />

dass das Unternehmen mit Modul57 einen eigenen<br />

Coworking Space in Hannover eröffnete (siehe Seite 96).<br />

»<strong>Die</strong> räumliche Trennung und <strong>der</strong> Abstand zur täglichen<br />

Arbeit haben sehr positive Auswirkungen auf die Projektarbeit«,<br />

sagt Fabian Heuer, Consultant Project Excellence<br />

bei TUI. Modul57 ist offen für alle, wobei für TUI beson<strong>der</strong>s<br />

Freelancer und Firmen aus dem Bereich Neue Medien interessant<br />

sind. Der Austausch erfolgt auch hier spontan.<br />

PAGE Studentenabo: Schüler und Studenten lesen günstiger!<br />

Sie erhalten das PAGE Abo Plus zum Studententarif, damit<br />

Sie bereits in <strong>der</strong> Ausbildung mit starken Konzepten und handwerklichem<br />

Können überzeugen können!<br />

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096 PAGE 06.13 TECHNIK Coworking Spaces<br />

Im Modul57, dem<br />

von TUI gestarteten<br />

Coworking<br />

Space in Hannover,<br />

fand dieses<br />

Jahr die offizielle<br />

CeBIT-Pressekonferenz<br />

statt.<br />

<strong>Die</strong> Veranstalter<br />

sahen darin die<br />

passende Umgebung<br />

für das<br />

zentrale Thema<br />

»Shareconomy«<br />

Auf Konferenzen kommen Betreiber aus verschiedenen Län<strong>der</strong>n<br />

zusammen, knüpfen Netzwerke und diskutieren über<br />

die <strong>Zukunft</strong> von Coworking. So entstand das Konzept des<br />

Coworking-Visums, mit dem man bei teilnehmenden Spaces<br />

weltweit einen Platz buchen kann. Aber auch ohne ein solches<br />

Visum bieten Gemeinschaftsbüros überall auf <strong>der</strong> Welt<br />

gute Arbeitsbedingungen für Kreative. Zusätzlich zum Arbeits<br />

platz finden sie dort schnell Anschluss und fühlen sich<br />

idealerweise gleich ein bisschen wie Zuhause.<br />

Coworking Spaces<br />

in Deutschland<br />

findet man über<br />

www.coworking.<br />

de, weltweit über<br />

www.deskwanted.<br />

com. Deren Ausrichtung<br />

lässt sich<br />

meist schon an <strong>der</strong><br />

Selbstbeschreibung<br />

auf <strong>der</strong> Homepage<br />

erkennen.<br />

Viele Spaces bieten<br />

auch einen Probetag<br />

zum Schnupperpreis<br />

an<br />

Für Unternehmen sind die Spaces beson<strong>der</strong>s als Orte interessant,<br />

an denen Innovationen entstehen. »Durch das<br />

Zusammentreffen verschiedener Wissens-, Arbeits- und<br />

Praxiskulturen ergeben sich häufig zufällige Gespräche, die<br />

man so nicht hätte planen können. <strong>Die</strong>se gelten als einer<br />

<strong>der</strong> Haupttreiber für Innovation«, erläutert Janet Merkel.<br />

<strong>Die</strong>ses Innovationsmodell ist für sie einer <strong>der</strong> spannendsten<br />

Aspekte von Coworking, in dem noch viel Potenzial liege.<br />

Auch die wachsende Zahl von Selbstständigen werde<br />

<strong>der</strong> Arbeitsform weiteren Aufschwung geben. Insofern<br />

sind Coworking Spaces durchaus ein Modell für die <strong>Zukunft</strong><br />

<strong>der</strong> Arbeit. Aber eben nur eines von vielen. »<strong>Die</strong> Art <strong>der</strong> Tätigkeiten,<br />

die man dort ausüben kann, ist begrenzt«, meint<br />

Merkel. Daher finden sich in den Gemeinschaftsbüros vor<br />

allem Personen aus den Creative Industries, die beson<strong>der</strong>s<br />

mobil sind und von überall arbeiten können.<br />

Neben den interdisziplinär angelegten Coworking Spaces<br />

gibt es auch spezialisiertere Konzepte wie den Nadelwald in<br />

Berlin, einen »Co-Sewing Space« mit Nähmaschinen am Platz.<br />

An<strong>der</strong>e bieten Ateliers für Fotografen o<strong>der</strong> Werkstätten für<br />

die DIY- und Maker-Szene. Sobald physische Objek te gefertigt<br />

werden, stellt ein Shop eine sinnvolle Erweiterung dar. Spannend<br />

ist zudem die internationale Vernetzung <strong>der</strong> Spaces.<br />

Reich wird man mit <strong>der</strong> Gründung eines<br />

Coworking Space nicht, aber rund 70 Prozent<br />

sind nach zwei Jahren profitabel<br />

Wer jetzt Lust auf Coworking bekommen hat, aber kein geeignetes<br />

Angebot in <strong>der</strong> Nähe findet, kann selbst zum Betreiber<br />

werden. Dazu sollte er vorab das Potenzial für eine<br />

Gründung in seiner Stadt prüfen. Das kann zum Beispiel über<br />

temporäre Coworking-Events passieren, den sogenann ten<br />

Jel lies. Bei »Deskmag« finden künftige Space-Betreiber Informationen<br />

und Tipps von <strong>der</strong> Finanzierung über Raumgestaltung<br />

bis hin zu Community Building. Das betahaus bie tet<br />

zudem eine Art Franchising an: Überzeugt ein lokales Team<br />

die Berliner, unterstützen sie das Projekt mit ihrem Namen,<br />

beraten und beteiligen sich an <strong>der</strong> Finanzierung.<br />

Reich wird man damit aber nicht. »Coworking Spaces<br />

sind nicht auf Gewinnmaximierung ausgerichtet, son<strong>der</strong>n<br />

auf Gemeinschaft«, sagt Ruben Schmidtmann. Für eine Gründung<br />

sind laut »Deskmag« durchschnittlich 46500 Euro nötig.<br />

<strong>Die</strong> meisten investieren eigenes Kapital und subventionieren<br />

das Projekt zumindest am Anfang mit Einnahmen aus ihrem<br />

Zweitjob. Rund 70 Prozent <strong>der</strong> befragten Spaces waren nach<br />

zwei Jahren profitabel. <strong>Die</strong> Zahlungsbereitschaft <strong>der</strong> Mieter<br />

hat eine deutliche Obergrenze – schließlich ist ein zusätzlicher<br />

Arbeitsplatz zum Homeoffice für viele Freiberufler<br />

ein Luxus. »Viel Geld fließt zurück in die Weiterentwicklung<br />

und Verbesserung <strong>der</strong> Spaces«, erklärt Schmidtmann.<br />

Als Betreiber muss man also entsprechend überzeugt sein<br />

vom Prinzip Coworking.<br />

nik


P R A X I S<br />

Disruptive Creativity<br />

<strong>Die</strong> Alchemie kreativen Denkens<br />

Aufgrund <strong>der</strong> auf 18 Personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die Anmeldungen in <strong>der</strong> Reihenfolge <strong>der</strong> Eingänge <strong>der</strong> Zahlungen berücksichtigt. <strong>Die</strong> Teilnahmegebühr fällt mit <strong>der</strong> Anmeldung<br />

an. Sie ist sofort nach Erhalt <strong>der</strong> Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne Abzug zu überweisen. Bei Absage <strong>der</strong> Veranstaltung seitens <strong>der</strong> Ebner Verlag GmbH & Co. KG wird die Seminargebühr voll<br />

zurückerstattet. Darüber hinausgehende Ansprüche bestehen nicht. Bei Stornierung <strong>der</strong> Anmeldung gelten folgende Fristen und Gebühren: Ab 14.06.2013 berechnen wir 50 Prozent, ab 19.07.2013 100 Prozent<br />

<strong>der</strong> Teilnahmegebühr. <strong>Die</strong> Vertretung eines angemeldeten Teilnehmers ist je<strong>der</strong>zeit möglich. Es werden nur schriftliche Stornierungen o<strong>der</strong> Namenswechsel akzeptiert. Es gilt <strong>der</strong> Poststempel.<br />

<strong>Die</strong> Agenda<br />

Von <strong>der</strong> Geißel des Briefings zu<br />

inspirierenden Zielen.<br />

Ziel: <strong>Die</strong> richtigen Fragen stellen, die essenziellen<br />

Ziele punktgenau erfassen, das<br />

Problem durchdringen und in eine inspirierende<br />

Quelle für wirklich Neues verwandeln.<br />

Stumpf gewordene Werbemittel<br />

neu aufladen.<br />

Ziel: Der Sprung in bisher unberührte<br />

Ideenfel<strong>der</strong>, anstatt im Pool <strong>der</strong> üblichen<br />

Standardideen zu fischen. Radikal neue<br />

Ideen für stumpf gewordene Werbemittel<br />

wie etwa Broschüren, POS-Material,<br />

Online-Games, Messen o<strong>der</strong> Banner.<br />

Ein Spielfeld für radikal neue<br />

Kommunikationsideen schaffen.<br />

Ziel: Innovative Werbeformate entwickeln,<br />

indem man lieb gewonnene Denkroutinen,<br />

Normen o<strong>der</strong> einschränkende Regeln spielerisch<br />

durchbricht. Welche überraschend<br />

neuen Werbeformen könnte es 2015 geben?<br />

Kreativtechniken für eine<br />

neue Creative Culture.<br />

Ziel: Verblüffende Kreativmethoden sollen<br />

in Teams eine dauerhafte Creative Culture<br />

etablieren. Ein klarer Kreativprozess zeigt,<br />

wie man Routine und Frust verhin<strong>der</strong>t und<br />

gleichzeitig Zeit und Ressourcen spart.<br />

PAGE // Ebner Verlag GmbH & Co. KG<br />

E-Mail: info@page-online.de<br />

Telefon: +49 40 85183400<br />

www.page-online.de/seminar<br />

Das Seminar<br />

n Produkte und ihre Botschaften zu optimieren, um sie letztlich doch nur austauschbar<br />

zu machen, das war einmal. Produkten eine Aura zu verleihen, das<br />

ist heute: Was den Verbraucher gefühlsmäßig nicht anspricht, das grenzt er aus.<br />

Was sein Interesse nicht weckt, kann er auch nicht wahrnehmen, geschweige<br />

denn begehren. Aber aufmerksamkeitsstarkes Kommunikationsdesign erzeugen<br />

wir nur, wenn wir gegen Regeln verstoßen, von <strong>der</strong> Norm abweichen,<br />

sprich: wenn wir auf Wie<strong>der</strong>holung angelegte Erwartungen durchkreuzen.<br />

Wie also entkommen wir bereits tausendfach gedachten Ideen, bloßen Me-too-<br />

Lösungen o<strong>der</strong> dem Risiko, sich unter Zeit- und Erfolgsdruck lediglich selbst<br />

zu kopieren? »Disruptive Creativity« ist das Sprungbrett zur übernächsten, nicht<br />

nur zur nächsten Idee. Während dieses Trainings erproben Sie mithilfe ungewöhnlicher<br />

Methoden vielfältige Wege zu mutigen und radikal neuen Lösungen.<br />

Mario Pricken gibt Antwort auf die Frage, wie stumpf gewordene Tools aus<br />

Design, Werbung und Marketing innovativ aufgeladen o<strong>der</strong> grundlegend neu<br />

gedacht werden können. Dabei geht es auch um die Chance, eine dauerhafte<br />

Creative Culture anstatt permanenter Beschränkungen im Alltag Ihres Teams<br />

zu etablieren. Zu wie viel Disruptive Creativity sind Sie fähig? Finden Sie<br />

mit Mario Pricken heraus, welche ungewöhnlichen Ideen in Ihnen stecken.<br />

Das eineinhalbtägige Seminar »Disruptive Creativity – <strong>Die</strong> Alchemie kreativen<br />

Denkens« mit Mario Pricken findet statt am 20./21. September 2013<br />

im Hotel Gastwerk, Hamburg. Am Freitag beginnt es um 13 Uhr und endet um<br />

17:30 Uhr, am Samstag dauert es von 9 Uhr bis 17 Uhr. <strong>Die</strong> Teilnahme kostet<br />

1390 Euro (zzgl. gesetzlicher MwSt.). <strong>Die</strong> Teilnahmegebühr umfasst die Tagungskosten,<br />

Lunch und Kaffeepausen. <strong>Die</strong> Teilnehmerzahl ist auf 18 Personen<br />

begrenzt! Also schnell anmelden unter www.page-online.de/seminar.<br />

Der Referent<br />

n Mario Pricken ist einer <strong>der</strong> gefragtesten Profis <strong>der</strong> Creative Industries, wenn es<br />

um neue Kreativitätstechniken, Denkstrategien und effektives Ideenmanagement<br />

geht. Seit Jahren wird er von namhaften Werbeagenturen, Designfirmen, Fernsehstationen<br />

und internationalen Marketingabteilungen als Consultant o<strong>der</strong> Kreativitätstrainer<br />

engagiert. »Adweek«, »AdAsia« o<strong>der</strong> die »Financial Times« sind nur drei<br />

jener Medien, die seine Methoden als überzeugenden neuen Weg zur Professionalisierung<br />

<strong>der</strong> Kreativbranche sehen. Dass sich sein Buch »kribbeln im Kopf« über<br />

100 000 Mal verkauft hat, spricht für sich.


098<br />

PAGE 06.13<br />

TECHNIK<br />

TOOLS & TECHNIK<br />

Adobe Lightroom 5 als Public Beta<br />

n Knapp ein Jahr nach dem offiziellen<br />

Start von Lightroom 4 präsentiert<br />

Adobe bereits eine Public Beta von<br />

Light room 5. Damit erhöht <strong>der</strong> Hersteller<br />

das Tempo bei <strong>der</strong> Aktualisierung<br />

seines Fotoworkflowtools. <strong>Die</strong> Neuerungen<br />

fallen entsprechend mo<strong>der</strong>at<br />

aus: Neu ist das Aufrichten-Werkzeug,<br />

das Linien innerhalb des Bildes selbstständig<br />

erkennt und so perspektivische<br />

Verzerrungen, aber auch opti sche<br />

Verzeichnung automatisch ausgleicht.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e Architekturaufnahmen<br />

und Stadtansichten profitieren von<br />

die ser Funktion. In <strong>der</strong> neuen Version<br />

arbeitet das Aus bessern-Werk zeug wie<br />

ein Pinsel – vorher konnte man nur<br />

kreisrund stempeln.<br />

Interessant ist die Möglichkeit, sogenannte<br />

Smart Previews zu erstellen<br />

und sich so unabhängig von den Original-Fotos<br />

zu machen. Denn diese können<br />

im Netzwerk o<strong>der</strong> auf einer externen<br />

Festplatte liegen, während man<br />

die Bil<strong>der</strong> unterwegs auf seinem Notebook<br />

bearbeitet. Sobald Lightroom 5<br />

wie<strong>der</strong> auf die Original-Bilddaten zugreifen<br />

kann, überträgt es automatisch<br />

die an den Previews durchgeführten<br />

Bearbeitungsschritte.<br />

<strong>Die</strong> an<strong>der</strong>en Verbesserungen betreffen<br />

Details bei <strong>der</strong> Buch- und Diashow-Funktion.<br />

<strong>Die</strong> Public Beta läuft<br />

unter Mac OS und Windows – und das<br />

zeitlich begrenzt bis Ende Juni. Adobe<br />

wollte noch keinen Termin für das Erscheinen<br />

<strong>der</strong> finalen Version nennen,<br />

dieser dürfte jedoch vor Ablauf <strong>der</strong><br />

Betaversion liegen.<br />

≥ http://labs.adobe.com<br />

Lightrooms neues Aufrichten-Tool erkennt selbsttätig<br />

Linien in Fotos und stellt sie gerade. Auf Wunsch werden<br />

die Bil<strong>der</strong> auch automatisch passend beschnitten<br />

Luxus-Lochkamera<br />

n Zurück zu den Anfängen, aber mit möglichst viel Komfort: Mit <strong>der</strong> Harman Titan kann man relativ<br />

unkompliziert großformatige Analogaufnahmen anfertigen. Es gibt die Lochkamera in den Größen<br />

4 mal 5 Zoll und 8 mal 10 Zoll für klassischen Planfilm. Mit einem Stativgewinde, einer Wasserwaage und<br />

einem Zubehörschuh stellt die Titan die Luxusvariante einer Lochkamera dar. Geliefert werden<br />

beide Versionen mit Weitwinkel-Lochblenden (72 und 150 Millimeter), die austauschbar sind. Während<br />

Papier und Film für den ersten Start mitgeliefert werden, muss man eine Planfilmkassette geson -<br />

<strong>der</strong>t beziehen. Beide Titan-Varianten sind im Fotofachhandel erhältlich und kosten etwa 240 Euro<br />

(4 mal 5 Zoll) und circa 420 Euro (8 mal 10 Zoll). Für Planfilmkassetten sollte man rund 50 Euro für<br />

die kleine und 300 Euro für die große einrechnen. Den Vertrieb in Deutschland übernimmt Le Bon Image.<br />

≥ www.bon-image.com


PAGE 06.13 099<br />

1 2<br />

Der XA25 deckt mit<br />

seinem Zoom<br />

einen Brennweitenbereich<br />

von 27 bis<br />

576 Millimetern ab<br />

Profi-Camcor<strong>der</strong> von Canon<br />

n Mit drei neuen HD-Camcor<strong>der</strong>n erweitert<br />

Canon ihr Portfolio für ambitionierte<br />

Videofilmer. Der XA 20 und <strong>der</strong><br />

XA25 sind Teil <strong>der</strong> professionellen X-Serie,<br />

<strong>der</strong> Legria HF G30 ist eher für den<br />

semiprofessionellen Markt konzipiert.<br />

<strong>Die</strong> drei nutzen dieselbe Sensor- und<br />

Prozessortechnik: einen neuartigen 1:2,<br />

84-CMOS-Sensor, <strong>der</strong> nach Angaben<br />

von Canon eine sehr gute <strong>Low</strong>-Light-<br />

Per formance bieten soll. Das optimierte<br />

Bildstabilisatorsystem soll vor allem<br />

bei Auf nahmen im Gehen Schwanken<br />

und Verwackler besser kompensie ren.<br />

<strong>Die</strong> drei Kameras zeichnen im MP4-<br />

o<strong>der</strong> AVCHD-Format mit verschiede-<br />

Der AOC my-<br />

Multi-Play<br />

kann mehrere<br />

Signalquellen<br />

parallel<br />

darstellen<br />

Ultrawide-Displays<br />

n Gleich zwei neue Bildschirme im<br />

21:9-Format sind erschienen: <strong>der</strong> my-<br />

Multi-Play von AOC und <strong>der</strong> Crystal-<br />

Clear 298P4QJEB von Philips, <strong>der</strong> unter<br />

<strong>der</strong> Submarke MMD vertrieben wird.<br />

Das überbreite Format kann in vielen<br />

Fällen zwei Monitore ersetzen und ist<br />

darüber hinaus für die Produktion bewegter<br />

und unbewegter Panoramaformate<br />

ideal. Beide Modelle setzen auf<br />

IPS-Panels, die bis in die Ecken hinein<br />

für eine blickwinkelstabile Farbwie <strong>der</strong>gabe<br />

sorgen sollen. Auch die Auflösung<br />

ist gleich hoch und beträgt 2560 mal<br />

1080 Bildpunkte.<br />

nen Bildraten bis zu 1080/50p auf. Sie<br />

sind jeweils mit zwei SD-Karten-Slots<br />

ausgestattet, sodass sich die Aufnahmen<br />

parallel in unterschiedlichen Formaten<br />

speichern lassen. Das ist von<br />

Vor teil, um eine hochwertige Variante<br />

für die finale Fassung und eine handliche<br />

für die erste Sichtung zu erhalten.<br />

Während alle drei Modelle über<br />

WLAN, HDMI, USB, Mikrofon- und Kopfhöreranschlüsse<br />

verfügen, hat allein<br />

<strong>der</strong> XA25 einen HD-SDI-Ausgang. <strong>Die</strong><br />

drei Camcor<strong>der</strong> sollen ab Juni verfügbar<br />

sein und kosten zwischen 1500 Euro<br />

(Legria HF G30) und 2500 Euro (XA25).<br />

≥ www.canon.de<br />

Der myMulti-Play kann mehrere Signalquellen<br />

simultan darstellen und verfügt<br />

zudem über eine MHL-Anschluss,<br />

sodass Android-Geräte via Kabel ihr<br />

Bild auf dem Monitor ausgeben können.<br />

Zum Lieferumfang gehört auch eine<br />

Software zur besseren Un ter tei lung<br />

<strong>der</strong> Bildschirmfläche beim Rech ner betrieb.<br />

Der Philips-Monitor ist in einer<br />

Professional-Variante erhältlich, die Mikrofon<br />

und Webcam ergänzt. Auch er<br />

zeigt mehrere Videoquellen zugleich<br />

an. Kostenpunkt: jeweils rund 500 Euro.<br />

≥ www.aoc-europe.com;<br />

www.mmd-p.com<br />

Hard- und Software<br />

+++ Mac Pro schneller machen. Sapphire hat eine Mac-<br />

Edition ihrer Grafikkarte Radeon HD 7950 speziell für den<br />

<strong>der</strong>zeit nicht mehr neu erhältlichen Mac Pro vorgestellt.<br />

Der Hersteller verspricht eine Steigerung <strong>der</strong> Grafikperformance<br />

von bis zu 300 Prozent. <strong>Die</strong> Karte ist ab sofort<br />

er hältlich und kostet circa 460 Euro. ≥ www.sapphiere<br />

tech.com +++ Windows mit Flash. Entgegen ersten<br />

Ankündigungen unterstützen jetzt doch Windows 8<br />

und Windows RT per Default die Flash-Technologie von<br />

Adobe. ≥ http//:blogs.msdn.com +++ DesignPad aktualisiert.<br />

1 Quarks iPad-App zum Festhalten von Layoutund<br />

Designideen gibt es in Version 1.5.0. Sie verfügt jetzt<br />

über eine Undo-Funktion und soll es erlauben, Rahmen<br />

zu manipulieren und Bil<strong>der</strong> präziser zu platzieren. Außerdem<br />

kann man Schattenfarben definieren und Textumrandungen<br />

anlegen. <strong>Die</strong> App ist kostenlos, wer Features<br />

zum Teilen <strong>der</strong> Designs und weitere Exportforma te<br />

benötigt, zahlt 8,99 Euro. +++ Nik-Plug-ins billiger. <strong>Die</strong><br />

Nik-Plug-ins für Photoshop, Aperture und Lightroom sind<br />

jetzt deutlich günstiger zu haben. Google hat als neuer<br />

Besitzer <strong>der</strong> intuitiven Bildbearbeitungstechnologie den<br />

Verkaufspreis für das Bundle mit allen Plug-ins, bestehend<br />

aus Viveza, HDR Efex Pro, Color und Silver Efex sowie<br />

Sharpener Pro, von vorher 500 Dollar auf rund 150 Dollar<br />

gesenkt. ≥ www.niksoftware.com +++ Browser-<br />

Testplattform überarbeitet. Microsoft hat mo<strong>der</strong>n.IE,<br />

die Testplattform für Internet Explorer, ins Deutsche übertragen,<br />

überarbeitet und um weitere virtuelle Maschinen<br />

ergänzt. ≥ www.mo<strong>der</strong>n.ie/de-de +++ Kurzdistanz-<br />

Projektoren. 2 Für kleine Seminarräume sind die neuen<br />

Beamer mit Lasertechnologie von LG interessant. Sie<br />

können bei einem Projektionsabstand von 52 Zentimetern<br />

eine Bilddiagonale von etwa 80 Zoll darstellen. <strong>Die</strong><br />

Haltbarkeit <strong>der</strong> Lichtquelle gibt LG mit über 20000 Stunden<br />

an. <strong>Die</strong> beiden ersten Modelle, <strong>der</strong> SA560 und <strong>der</strong><br />

SA565, kosten etwa 1700 und 1900 Euro. ≥ www.lge.com<br />

+++ Neues PDF/X- und Color-Management-Handbuch.<br />

Cleverprinting hat ihre Broschüre zum Umgang mit PDF<br />

und Farbmanagement überarbeitet. Beson<strong>der</strong>es Augenmerk<br />

liegt dabei auf <strong>der</strong> Zusammenarbeit zwischen Gestalter<br />

und Druckdienstleister. Auch dieses Handbuch<br />

ist kostenlos als PDF-Datei downloadbar; die gedruckte<br />

Variante kostet knapp 20 Euro. ≥ www.cleverprinting.de<br />

+++ Thun<strong>der</strong>bolt-Dock von CaDigit. Auch CalDigit kündigt<br />

ein Dock für die fast nur von Apple ver baute Uni versalschnittstelle<br />

an. Zum Preis von etwa 200 Dol lar soll es<br />

USB 3.0, HDMI, LAN und eine weitere Thun<strong>der</strong>bolt-<br />

Schnitt stelle zur Verfügung stellen. Der Erscheinungstermin<br />

stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest. ≥ www.<br />

caldigit.com +++ Profi-Monitor von Lenovo. Ein 30-Zoll-<br />

IPS-Panel mit 2560 mal 1600 Bildpunkten, eine Farbtiefe<br />

von 10 Bit pro Kanal und eine 99-prozentige Ab deckung<br />

des Adobe-RGB-Farbraums zeichnen den Think Vision<br />

LT3053p aus. Der für Grafikarbeiten konzipierte Mo nitor<br />

ist mit einer Lichtschutzhaube ausgestat tet. Im US-Shop<br />

ist er für etwa 1600 Dollar gelistet, in Deut schland soll er<br />

laut Lenovo bald erhältlich sein. ≥ www.lenovo.com ml


100<br />

PAGE Markt<br />

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106<br />

PAGE 06.13<br />

EINBLICKE<br />

Frühling lässt sein blaues Band ... Auch Kreative zieht es jetzt in ihre Gärten – vier gewähren hier Einblick<br />

Hauptstadtoase<br />

plexes in Berlin-Mitte renoviert und<br />

einzugsbereit. Jetzt leben 4 Familien in<br />

dem Areal, 7 Kin<strong>der</strong> bevölkern den Garten,<br />

fast 20 Designer die angrenzen den<br />

Büros von Moniteurs und xplicit bln.<br />

2000 stand hier kein Grashalm, heute<br />

überragen die Birken den Dachfirst<br />

<strong>der</strong> Remisen. <strong>Die</strong> hohen Brandschutzwände<br />

<strong>der</strong> umstehenden Gebäude<br />

sind das Problem hier – erst im März<br />

n Dass das Thema »Kreative und ihre<br />

Gärten« in PAGE Platz findet, zeigt eine<br />

tiefe Sehnsucht <strong>der</strong> meisten in unserer<br />

Branche – in erster Linie nach Unerreichbarkeit.<br />

Mein Garten liegt im<br />

Nor den von Berlin – dort, wo ihn keiner<br />

finden kann. Er hat – auf den Quadratmeter<br />

genau – 4000 Quadratmeter.<br />

Unser Garten ist wild, ungezwungen<br />

und ursprünglich. Bei uns darf wachsen,<br />

was wachsen will und keinen beson<strong>der</strong>s<br />

großen Wert auf Pflege legt.<br />

Denn dafür haben wir keine Zeit. Unser<br />

Garten soll uns pflegen, uns Freude geben<br />

und Ruhe spenden.<br />

Als Städter haben wir schon immer<br />

von einem Refugium auf dem Land geträumt.<br />

Als Städter haben wir es nafällt<br />

die Sonne bis auf den<br />

Boden. Um auch die Nordseite<br />

mit Licht zu versorgen,<br />

hoben wir das Niveau des<br />

Gartens auf <strong>der</strong> unterbelichteten<br />

Seite um bis zu 2,5 Meter<br />

an. Ganze 1000 qm Muttererde<br />

schafften wir dafür<br />

mit Schubkarren in den zweiten<br />

Hinterhof. . . Das brach te<br />

uns näher zum Himmel.<br />

Zu meinem Gärtnerstolz gehören<br />

die 20 Bäume, darunter Quittenbäume,<br />

die im Herbst quietschorangen Gelee<br />

spendieren. Der große Pflaumbaum<br />

rückt drei Pflaumen raus, wenn’s hoch<br />

kommt, dafür blüht er prächtig! Das<br />

Gemüse kommt aus den benachbarten<br />

Bioläden – unser Schattengarten ist<br />

nicht gerade ein Ertrag-Reich!<br />

Wer sich in unseren Hof verirrt,<br />

glaubt häufig kaum, dass wir hier tatsächlich<br />

mitten in <strong>der</strong> Stadt sind. Das<br />

liegt vielleicht mit an den »Baumhaus«<br />

genannten, sonnenbesegelten Holztür<br />

men, die Klettergerüst, Wochenendhaus,<br />

Frühstückslounge, Kaminzimmer<br />

und Raclette-Hütte sind. Hoffentlich<br />

kommt bald die Sonne! Dann können<br />

sich xplicits und Moniteurs wie<strong>der</strong> zum<br />

Mittag an den Biertischen treffen.<br />

Alexan<strong>der</strong> Branczyk, Geschäftsführer<br />

von xplicit bln<br />

Außer Reichweite<br />

n Es fing alles mit den Kin<strong>der</strong>n an. Vorher<br />

hat mich das Thema Garten nicht<br />

die Feuerbohne interessiert. Mit unserer<br />

ersten Tochter verwandelte sich <strong>der</strong><br />

3-Quadratmeter-Balkon in Char lot tenburg<br />

in einen Instantgarten mit Dutzenden<br />

verschiedener Töpfe. Plötz lich<br />

sollte alles um uns herum wachsen. Als<br />

die Kleene 3 Jahre alt war, war dann<br />

unsere Remise im Hof eines Altbaukomtürlich<br />

im Internet gesucht –<br />

und tatsächlich auch gefunden.<br />

Ein Garten mit Häuschen,<br />

<strong>der</strong> vier Jahre lang am<br />

Schwarzen Brett des Rathauses<br />

<strong>der</strong> Gemeinde zum<br />

Verkauf angeboten wurde<br />

und erst mithilfe eines innovativen<br />

Immobilienmaklers<br />

zu ImmobilienScout24 kam.<br />

Gartenarbeit und gestalterische Arbeit<br />

haben eine ganz große Gemeinsamkeit:<br />

Von <strong>der</strong> Idee bis zum Ergebnis,<br />

das man voller Stolz bestaunen<br />

kann, vergehen Wochen, wenn nicht<br />

sogar Monate. Der wichtigste Unterschied:<br />

Beim Garten redet einem <strong>der</strong><br />

Kunde nicht rein.<br />

Bert Peulecke, Geschäftsführer von<br />

thjnk berlin


PAGE 06.13 107<br />

Gestaltete Wildnis<br />

n Letztes Jahr haben wir auf dem Balkon<br />

von Scholz & Volkmer in alten, mit<br />

Textil ausgekleideten Weinkisten einen<br />

Gewürz- und Blumengarten angelegt.<br />

Wer gerade vorbeikam, goss mal die<br />

Pflanzen o<strong>der</strong> zupfte das Unkraut. <strong>Die</strong><br />

Kräu ter verwendeten wir für die gemein<br />

sa men Mittagessen. Dann hörten<br />

wir von dem Forschungsprojekt<br />

»Urban Gardening<br />

2.0« anlässlich des Wissenschaftsjahres<br />

2012 ( http://<br />

urbangardening2.de ) zu <strong>der</strong><br />

Gestaltung eines nachhaltigen<br />

Firmengartens, initiiert<br />

vom Leibniz-Zentrum für<br />

Ag rarlandschaftsforschung<br />

und <strong>der</strong> Humboldt-Universität<br />

zu Berlin.<br />

Wir entwickelten ein Gartenkonzept<br />

für den Campus des alten Klinikkomplexes,<br />

in dem Scholz & Volkmer ihren<br />

Sitz hat, bewarben uns um die För<strong>der</strong>ung<br />

– und gewannen den Hauptpreis.<br />

Geplant sind Blumen- und Gemüsegarten,<br />

viele verschiedene Sitzgelegen-<br />

n Unser Garten ist beinahe<br />

3000 Quadratmeter groß<br />

und liegt am Südrand <strong>der</strong><br />

Uckermark – in einem kleinen<br />

Dorf direkt neben einem<br />

wun<strong>der</strong>baren, uralten<br />

Buchenwald, <strong>der</strong> kürzlich<br />

zum Weltnaturerbe erhoben<br />

wurde. Nach Berlin sind es von hier<br />

aus etwa 70 Kilometer und eine gute<br />

Stunde Autofahrt. Als meine Familie<br />

und ich das Grundstück vor 4 Jahren<br />

samt einem ziemlich heruntergekommenen<br />

Häuschen gekauft haben, war<br />

<strong>der</strong> Garten vollkommen verwil<strong>der</strong>t.<br />

Bisher haben wir keinen richtigen<br />

Gartenplan gemacht. Das soll sich langsam<br />

entwickeln – ein schöner Garten<br />

braucht Zeit. Wir bauen hier alles Mögliche<br />

an: Gemüse, Kräuter, Beeren,<br />

Obst, Blumen, Sträucher, Bäume. Ich<br />

mag das entspannte Neben- und Miteinan<strong>der</strong>,<br />

ein rein formaler Garten langweilt<br />

mich. Ich lese viel über Pflanzen<br />

und Gärten. Wenn ich ein Vorbild beheiten,<br />

ein Grillplatz – eben ein Rückzugsort<br />

auf dem <strong>Agentur</strong>gelände. Außerdem<br />

bekommen die Kleinen aus<br />

dem benachbarten Kin<strong>der</strong>garten ein<br />

eigenes Beet. Spannend wird es zu<br />

überprüfen, ob klimaneutrales Gärtnern<br />

möglich ist, denn wir wollen das<br />

Projekt in den Klimareport unserer<br />

<strong>Agentur</strong> einfließen lassen.<br />

Mein persönlicher Bezug zum Garten<br />

ist auch durch meine Kindheit geprägt,<br />

in <strong>der</strong> ich schon viel im Garten<br />

geholfen habe. Ich liebe Gärten wie<br />

den verwunschenen Philosophenpfad<br />

in Kyoto, in denen es in allen Ecken<br />

etwas zu entdecken gibt – mit einer<br />

gewissen Leichtigkeit und leicht morbide<br />

anmutendem Charme, einer Art<br />

absichtlichem Chaos. Ein Unterschied<br />

zur alltäglichen Arbeit eines Designers<br />

ist, dass sich ein Garten viel weniger<br />

kontrollieren lässt – das ist ja auch das<br />

Schöne daran.<br />

Nanna Beyer, Manager Creating<br />

Shared Value bei Scholz & Volkmer,<br />

Wiesbaden<br />

Eigene Zeit<br />

nennen soll, wäre das <strong>der</strong> Garten von<br />

Karl Foerster in Potsdam. <strong>Die</strong> Anlage<br />

eines Gartens hat sehr viel mit Gestaltung<br />

zu tun - man schafft ja Bil<strong>der</strong> und<br />

Räume mit Pflanzen. Das Schöne und<br />

gleichzeitig enorm Schwierige dabei ist,<br />

dass das Ganze lebt und sich ständig<br />

wandelt. Ohne Erfahrung stößt man da<br />

schnell an Grenzen.<br />

Was das Gärtnern betrifft, bin ich<br />

familiär vorbelastet. Der Wunsch nach<br />

einem eigenen Garten kam aber erst<br />

in meinen Dreißigern auf, die Erfüllung<br />

hat noch mal eine gute Dekade gedauert<br />

. . . Für mich bedeutet Gartenarbeit<br />

die perfekte Entspannung, weil ich dabei<br />

alles an<strong>der</strong>e komplett vergessen<br />

kann. Ich bin dann wirklich »geerdet«.<br />

Und die Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Natur im<br />

Lauf des Jahres und die Entwicklung<br />

des Gartens von Jahr zu Jahr zu beobachten<br />

– ein Vergnügen!<br />

Mathias Remmele, freier Kurator,<br />

Design- und Architekturjournalist,<br />

Berlin


108<br />

PAGE 06.13<br />

KALENDER<br />

KONGRESSE<br />

MESSEN<br />

SEMINARE<br />

05.05.–07.05.<br />

European Newspaper<br />

Congress 2013<br />

Konferenz zu Zeitungsdesign<br />

und -konzeption<br />

Rathaus Wien<br />

≥ www.newspapercongress.eu<br />

08.05.<br />

The Natural With<br />

The Artificial<br />

Ab 19 Uhr sprechen Cohen<br />

van Balen und mischer’-<br />

traxler über »Panoramen<br />

des technologischen<br />

Re-Designs von Natur und<br />

dem Einsatz von natürlichen<br />

Prozessen in <strong>der</strong><br />

Gestaltung«. Am 14. Mai<br />

wird die Veranstaltung<br />

mit Vorträgen von Stefan<br />

Schwabe und Susana<br />

Soares und fortgesetzt<br />

Designtransfer, UdK Berlin<br />

≥ www.designtransfer.<br />

udk-berlin.de<br />

15.05.–17.05.<br />

Google I/O 2013<br />

Entwicklerkonferenz<br />

San Francisco<br />

≥ https://developers.<br />

google.com/events/io<br />

15.05.–16.05.<br />

Digital Marketing &<br />

Media Summit<br />

Event zu Social-Media-<br />

Marketing Hamburg<br />

≥ www.d2m-summit.de<br />

1<br />

16.05.–18.05.<br />

TYPO Berlin 2013<br />

Internationale Designkonferenz<br />

zum Thema<br />

»Touch« HKW, Berlin<br />

≥ http://typotalks.com/<br />

berlin/de<br />

23.05.–24.05.<br />

KarmaKonsum<br />

Konferenz<br />

Kongress und Green-<br />

Camp zum Thema Nachhaltigkeit<br />

IHK Frankfurt<br />

≥ www.karmakonsum.<br />

de/konferenz<br />

27.05.–29.05.<br />

beyond tellerrand<br />

Konferenz & Workshops<br />

zu Webdesign Düsseldorf<br />

≥ http://2013.beyond<br />

tellerrand.com<br />

06.06.–07.06.<br />

Designsymposium<br />

Bei <strong>der</strong> Frage »Was ist<br />

nachhaltige Kommunikation?«<br />

liegt <strong>der</strong> Fokus auf<br />

Informationsgestaltung<br />

Fachhochschule<br />

Vorarlberg, Dornbirn<br />

≥ www.fhv.at<br />

11.06.–12.06.<br />

Umweltkonferenz<br />

Thema: Nachhaltigkeit<br />

in <strong>der</strong> Medienproduktion<br />

Messe Düsseldorf<br />

≥ www.umwelt<br />

konferenz.com<br />

12.06.<br />

cxi_13<br />

Bei <strong>der</strong> CI-Konferenz zählen<br />

unter an<strong>der</strong>em Stan<br />

Hema und edenspiekermann<br />

zu den Sprechern<br />

Fachhochschule Mainz<br />

≥ www.cxikonferenz.org<br />

14.06.<br />

Leitmedium Design 1:<br />

Gutes Design entwickeln<br />

PAGE-Seminar mit Jochen<br />

Rädeker (siehe Seite 82)<br />

Hotel 25hours, Hamburg<br />

≥ www.page-online.de/<br />

seminar<br />

Franco Clivios mo<strong>der</strong>ne Wun<strong>der</strong>kammer zeigt das Gewerbemuseum Winterthur<br />

4<br />

<strong>Die</strong> koreanische Designszene ist in Frankfurt zu Gast<br />

15.06.<br />

Leitmedium Design 2:<br />

Gutes Design<br />

gut verkaufen<br />

PAGE-Seminar mit Jochen<br />

Rädeker (siehe Seite 83)<br />

Hotel 25hours, Hamburg<br />

≥ www.page-online.de/<br />

seminar<br />

28.06.<br />

Ampersand 2013<br />

Webtypografie-<br />

Konferenz Brighton<br />

Dome Corn Exchange<br />

≥ http://2013.amper<br />

sandconf.com<br />

WETTBEWERBE<br />

Kreativawards 2013<br />

Auf PAGE Online finden<br />

Sie eine Übersicht<br />

aktueller Wettbewerbe<br />

≥ www.page-online.de/<br />

wettbewerbe<br />

Bis 12.05.<br />

AppArtAward 2013<br />

Neben dem künstlerischen<br />

Innovationspreis<br />

gibt es die Son<strong>der</strong>preise<br />

Augmented Reality Art<br />

und Crowd Art – je<strong>der</strong><br />

mit 10 000 Euro dotiert.<br />

≥ www.app-artaward.org<br />

Bis 24.05.<br />

PrintStars 2013<br />

Innovationspreis<br />

<strong>der</strong> Deutschen<br />

Druckindustrie<br />

≥ www.printstars.de<br />

Bis 24.05.<br />

red dot award: communication<br />

design 2013<br />

Designer, <strong>Agentur</strong>en und<br />

Auftraggeber können<br />

Arbeiten in Kategorien<br />

von »Posters« bis hin zu<br />

»Social Media« einreichen<br />

≥ http://red-dot.de<br />

Bis 31.05.<br />

Hamburg Animation<br />

Award 2013<br />

Internationaler<br />

Nachwuchspreis für<br />

Animationsdesign<br />

≥ www.hamburganimation-award.de<br />

Bis 31.05.<br />

Fantoche 2013:<br />

Call for Entries<br />

Das Schweizer Animationsfilmfestival<br />

sucht »gewagte Ideen,<br />

neue Bil<strong>der</strong> und überraschende<br />

Geschichten«<br />

≥ www.fantoche.ch<br />

Bis 19.06.<br />

red dot award: design<br />

concept 2013<br />

Neu sind unter an<strong>der</strong>em<br />

die Kategorien »Service«<br />

und »Interaktion«<br />

≥ http://red-dot.de<br />

Bis 30.06.<br />

17. animago Award 2013<br />

Digital Artists können<br />

Arbeiten im Bereich 3-D,<br />

Animation, Effekte und<br />

Gamedesign einreichen<br />

≥ www.animago.com<br />

Bis 05.08.<br />

kurzundschön 2013<br />

Bewegtbildwettbewerb<br />

für junge Kreative<br />

≥ www.kurzundschoen.<br />

khm.de<br />

AUSSTELLUNGEN<br />

FESTIVALS<br />

03.05.–02.06.<br />

Designmonat Graz<br />

Spannendes Programm<br />

aus Ausstellungen, Konferenzen<br />

und Festivals<br />

≥ www.designmonat.at<br />

Von unten: © Franco Clivio; Foto: Hans Hansen Ausschnitt aus dem Plakatson<strong>der</strong>druck zur Ausstellung »No Name Design«; Songzio, Modenschau Fall/Winter 2010, Foto: Songzio


PAGE 06.13 109<br />

≥ Weitere Termine unter www.page-online.de/events . Dort können Sie uns auch Ihre Veranstaltungstermine mitteilen<br />

Von unten: Lars Fiske (www.fiske.no) aus »Merz i Molde« (2007); Foto: »Fressen o<strong>der</strong> Fliegen« © Harun Farocki & Antje Ehmann 2008<br />

05.05.–06.10.<br />

1 No Name Design.<br />

<strong>Die</strong> Wun<strong>der</strong>kammer<br />

von Franco Clivio<br />

Über 900, meist kleine<br />

Gebrauchsobjekte hat<br />

<strong>der</strong> Designer Franco<br />

Clivio, Dozent an <strong>der</strong><br />

Hochschule für Gestaltung<br />

Zürich, gesammelt. Ihn<br />

fasziniert weniger die<br />

gute Form als vielmehr<br />

eine gestalterische<br />

Qualität, die auf <strong>der</strong><br />

Beson<strong>der</strong>heit von Funktion,<br />

Material und Konstruktion<br />

beruht Gewerbemuseum<br />

Winterthur<br />

≥ www.gewerbe<br />

museum.ch<br />

Bis 15.05.<br />

Concept Art, Preproduction<br />

und Design in <strong>der</strong><br />

Unterhaltungsindustrie<br />

Mit 30 Kunstwerken von<br />

15 internationalen Digital<br />

Artists gibt die Schau Einblick<br />

in die Enstehungsprozesse<br />

von Film- und<br />

Gameproduktionen<br />

Design Center Stuttgart<br />

≥ www.design-center.de<br />

16.05.–18.05.<br />

ADC Festival 2013<br />

Neben Awards Show und<br />

Party gibt es eine Ausstellung,<br />

einen Nachwuchstag<br />

und einen Kongress<br />

zum Thema »The Power<br />

of Digital Ideas« Oberhafenquartier,<br />

Hamburg<br />

≥ www.adc.de<br />

16.05.–15.09.<br />

Böse Dinge. Eine<br />

Enzyklopädie des<br />

Ungeschmacks<br />

<strong>Die</strong> Ausstellung des<br />

Berliner Museums <strong>der</strong><br />

Dinge ist zu Gast im<br />

Museum für Kunst und<br />

Gewerbe Hamburg<br />

≥ www.mkg-hamburg.de<br />

22.05.–26.05.<br />

backup_festival 2013<br />

Kurzfilmfestival Weimar<br />

≥ www.backupfestival.de<br />

29.05.–02.06.<br />

2 Comicfestival<br />

München<br />

Ausstellungen, Zeichenkurse<br />

und Comicbörse<br />

an über 15 Standorten<br />

≥ www.comicfestivalmuenchen.de<br />

3<br />

Harun Farocki erkundet in seinen experimentellen Filmen und Installationen narrative Spielregeln<br />

01.06.–24.11.<br />

La Biennale di Venezia<br />

Internationale<br />

Kunstausstellung<br />

≥ www.labiennale.org<br />

05.06.–09.06.<br />

DMY 13<br />

Designfestival Berlin<br />

≥ http://dmy-berlin.<br />

com/de<br />

06.06.–08.06.<br />

OFFF Barcelona<br />

Festival <strong>der</strong> digitalen<br />

Kreativ-Avantgarde<br />

Disseny Hub Barcelona<br />

≥ www.offf.ws/bcn2013/<br />

Bis 09.06.<br />

3 Harun Farocki:<br />

Spiel und Spielregeln<br />

Gezeigt werden Installationen<br />

und Filme des<br />

Medienkünstlers<br />

Edith-Russ-Haus für<br />

Medienkunst, Oldenburg<br />

≥ www.edith-russ-haus.<br />

de/<br />

07.06. – 08.09.<br />

Call for Type<br />

Präsentation <strong>der</strong> Ergebnisse<br />

des gleichnamigen<br />

Wettbewerbs. Dazu gibt<br />

es Vorträge und eine<br />

Tauschmesse für Fonts<br />

Gutenberg-Museum Mainz<br />

≥ www.call-for-type.de/<br />

10.06.–15.06.<br />

Annecy 2013<br />

Animationsfestival<br />

≥ www.annecy.org/<br />

16.06.–22.06.<br />

Cannes Lions International<br />

Festival of Creativity<br />

Palais des Festivals<br />

≥ www.canneslions.com<br />

Bis 23.06.<br />

From Page to Space –<br />

Vom Blatt zum Raum<br />

Falten, reißen, knüllen,<br />

kleben, tackern – das<br />

Medium Papier erfreut<br />

sich auch in <strong>der</strong> Kunst<br />

großer Beliebtheit. Zu<br />

sehen sind Papierobjekte<br />

von 90 internationalen<br />

Künstlern wie Pipilotti<br />

Rist o<strong>der</strong> Paul McCarthy<br />

Kunsthaus Kaufbeuren<br />

≥ www.kunsthauskaufbeuren.de<br />

Bis 28.07.<br />

Albert Watson:<br />

14 Days in Benin<br />

Der weltbekannte Fotograf<br />

bereiste 2011 das<br />

westafrikanische Land<br />

2<br />

und dokumentierte das<br />

Leben <strong>der</strong> Baumwollbauern<br />

Rautenstrauch-<br />

Joest-Museum, Köln<br />

≥ www.museenkoeln.de<br />

Bis 04.08.<br />

Move on Asia. Videokunst<br />

in Asien 2002–2012<br />

Neben Werken anerkannter<br />

Künstler sind Arbeiten<br />

<strong>der</strong> jüngsten Generation<br />

zu sehen ZKM | Medienmuseum,<br />

Karlsruhe<br />

≥ www.zkm.de<br />

Bis 25.08.<br />

4 Korea Power. Design<br />

und Identität<br />

Nach Ende des Koreakriegs<br />

1953 hat Südkorea<br />

eine rasante Mo<strong>der</strong>nisierung<br />

nach westlichem<br />

Vorbild erlebt. Heute<br />

rückt für koreanische<br />

Designer die Suche nach<br />

Identität in den Vor<strong>der</strong>grund<br />

Museum für Angewandte<br />

Kunst Frankfurt<br />

≥ www.museum<br />

angewandtekunst.de<br />

Lars Fiske präsentiert beim Comicfestival München Seiten aus seinem Schwitters-Comic


110<br />

PAGE 06.13<br />

PUBLIKATIONEN<br />

Matthew Cusick nutzt Kartenmaterial<br />

wie ein Maler die Farbpalette –<br />

Claire Brewster macht daraus filigrane<br />

Scherenschnitte<br />

n »Geo Graphic«. Wofür Landkarten<br />

nicht alles gut sein können! <strong>Die</strong>ser Band<br />

präsentiert eine inspirierende Vielfalt<br />

von Anwendungen, wobei er keinerlei<br />

Un terschiede zwischen künstlerischen<br />

und kommerziellen Projekten macht.<br />

Ein paar Beispiele: ins Corporate Design<br />

eines Landschaftsarchitekten eingebundene<br />

Karten; aus bunten Klamotten<br />

drapierte Kontinente; ein Stadt-<br />

plan, bei dem man sich verläuft, aber<br />

doch immer wie<strong>der</strong> zum Ausgangspunkt<br />

zurückfindet; Pflanzenzeichnungen,<br />

bei denen die Wurzeln als Karten<br />

von Flussverläufen dargestellt werden<br />

und die so die innige Verbindung<br />

von Vegetation und Wasser ins Bewusstsein<br />

rufen.<br />

Was auffällt: London haben Designer<br />

und Illustratoren schon in allen erdenklichen<br />

grafischen Formen kartiert.<br />

Mehr solcher ungewöhnlicher Stadtpläne<br />

wünschen wir uns auch für Berlin,<br />

Hamburg, Köln et cetera. Finden<br />

bestimmt bei Einheimischen ebenso<br />

viel Anklang wie bei Touristen.<br />

> Index Book: Geo Graphic.<br />

A Book for Map Lovers. Barcelona<br />

(Index Book) 2013, 192 Seiten.<br />

20 Euro. isbn 978-84-15308-35-5<br />

n »Kawaii«. Weltweit grassiert <strong>der</strong><br />

Ach-wie-niedlich-Virus – und bringt bei<br />

entsprechenden Beiträgen auch auf<br />

PAGE Online immer hohe Klickraten.<br />

Wir wollen nicht den Japanern die ganze<br />

Schuld am globalen verniedlichenden<br />

Designerkitsch zuschreiben, doch<br />

im Land <strong>der</strong> Kirschblüten verbreitete<br />

sich <strong>der</strong> dort kawaii genannte Virus<br />

zuerst und am massivsten.<br />

Lifestyle-Journalistin Manami Okazaki<br />

und Fotograf Geoff Johnson untersuchen<br />

das Phänomen in allen seinen<br />

Facetten – angefangen bei Vorreitern<br />

wie Eico Hanamura, die seit 1959<br />

Mädchen-Mangas zeichnet, über den<br />

seit 1974 ausufernden Hello-Kitty-Kosmos<br />

bis hin zu den Kigurumi-Character-Kostümen,<br />

in denen Japaner nicht<br />

nur Shopping-Malls, son<strong>der</strong>n auch ger -<br />

ne mal Un<strong>der</strong>ground-Clubs besuchen.<br />

Übrigens: Auch die LOLCats haben Vorläufer<br />

in Japan. Sie heißen nameneko<br />

und treten seit den achtziger Jahren<br />

in menschlichen Outfits auf. Aktuelle<br />

Artists wie beispielsweise Chikuwademil,<br />

Yosuke Ueno o<strong>der</strong> Yunko Mizuno<br />

hingegen zeigen, dass hinter <strong>der</strong> niedlichen<br />

Oberfläche auch das Grausen<br />

hausen kann . . .<br />

> Manami Okazaki, Geoff Johnson:<br />

Kawaii. Japan’s Culture of Cute.<br />

München (Prestel) 2013, 224 Seiten.<br />

24,95 Euro. isbn 978-3-7913-4727-1<br />

Süß, o<strong>der</strong>? Coverillustration von<br />

Eico Hanamura aus dem Jahr 1966


PAGE 06.13 111<br />

Lotte Reinigers<br />

»Abenteuer des<br />

Prinzen Achmed«<br />

lief erstmals 1926<br />

n »Lotte Reiniger«. Mit <strong>der</strong> DVD-Reihe<br />

»<strong>Die</strong> Geschichte des deutschen Animationsfilms«<br />

hat absolut Medien aus<br />

Berlin schon Beachtliches für die Aufarbeitung<br />

<strong>der</strong> deutschen Trickfilmhistorie<br />

getan. Jetzt erschien in einer<br />

ARTE Edition ein Film über Scherenschnittkünstlerin<br />

Lotte Reiniger, die mit<br />

»Abenteuer des Prinzen Achmed« den<br />

ersten abendfüllenden Animationsfilm<br />

auf die Leinwand brachte. Vier Jahre<br />

arbeitete sie daran – mit ihrem Mann<br />

Carl Koch, <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Entwicklung des<br />

Multiplan-Tricktischs den Inszenierungen<br />

räumliche Tiefe gab.<br />

<strong>Die</strong> Dokumentation erzählt auch<br />

von Reinigers Inspiration durch das asiatische<br />

Schattentheater o<strong>der</strong> ihren Beiträgen<br />

zu Spielfilmen von Jean Renoir<br />

und Luchino Visconti. Am faszinierendsten<br />

sind aber die Aufnahmen, wo man<br />

sie bei <strong>der</strong> Arbeit sieht – und über die<br />

geradezu märchenhafte Agilität ihrer<br />

Hände staunt.<br />

> Susanne Marschall, Rada Bieberstein,<br />

Kurt Schnei<strong>der</strong>: Lotte Reiniger –<br />

Tanz <strong>der</strong> Schatten. Berlin (ARTE<br />

Edition bei absolut Medien) 2013,<br />

60 Minuten und Extra (DVD).<br />

14,90 Euro. isbn 978-3-8488-3002-2<br />

Begehrtes Sammelobjekt:<br />

Tischradio RT 20, hier im Braun-Archiv<br />

n »<strong>Die</strong>ter Rams«. Liegt es an einer<br />

Zitronenpresse, dass heutige Apple-<br />

Ge räte so schick aussehen? Bekanntlich<br />

ist Chefdesigner Jonathan Ive ein großer<br />

Fan des Ex-Braun-Chefdesigners<br />

<strong>Die</strong>ter Rams. Dessen Arbeit begegnete<br />

ihm erstmals in Gestalt <strong>der</strong> Braun<br />

MPZ2 citromatic, die seine Eltern kauften,<br />

als er noch ein Kind war, und die<br />

nachhaltigen Eindruck auf ihn machte.<br />

Nun brauchen Sie bei Ihren Apple-<br />

Geräten nicht irgendeine Ähnlichkeit<br />

zu einer Zitronenpresse zu suchen. Es<br />

geht vielmehr um die Beziehung zwischen<br />

Nutzer und Gegenstand, die<br />

Rams wegweisend neu definierte. <strong>Die</strong><br />

perfekte Verbindung von Funktionalität<br />

und Schönheit macht sein Werk für<br />

alle interessant, die an solchen Schnittstellen<br />

arbeiten, auch Print- o<strong>der</strong> Webdesigner.<br />

<strong>Die</strong> Biografie wartet mit vielen<br />

exklusiv für diese Publikation entstandenen<br />

Bil<strong>der</strong>n auf: Florian Böhm,<br />

<strong>der</strong> ja schon ein Buch über Konstantin<br />

Grcic vorlegte, fotografierte sowohl<br />

im Braun-Archiv als auch bei <strong>Die</strong>ter<br />

Rams daheim.<br />

cg<br />

> Sophie Lovell: <strong>Die</strong>ter Rams: So wenig<br />

Design wie möglich. Phaidon und Edel<br />

(London und Hamburg) 2013, 400 Seiten.<br />

79,95 Euro. isbn 978-3-8419-0190-3


112 PAGE 06.13 Publikationen<br />

2<br />

1<br />

Neuerscheinungen – kurz vorgestellt<br />

1 Rick Poynor: No More Rules. Graphic Design and Postmo<strong>der</strong>nism.<br />

London (Laurence King) 2013, 192 Seiten. 12,95 Euro. 978-1-78067-103-1.<br />

Brite Rick Poynor ist einer <strong>der</strong> schlauesten Köpfe unter den Designautoren<br />

– Grund genug, dieses Buch von 2003 über den gestalterischen<br />

Umbruch <strong>der</strong> achtziger und neunziger Jahre neu zu veröffentlichen.<br />

2 Chiara Armellini: Löwe o<strong>der</strong> Gürteltier? Schau genau hin, dann<br />

sag ich’s dir. München (Knesebeck) 2013, 62 Seiten. 19,95 Euro. 978-3-<br />

86873-573-4. Wun<strong>der</strong>bares Bil<strong>der</strong>buch für die visuelle Früherziehung ab<br />

vier Jahren. Arnd Zschiesche, Oliver Errichiello: Marke ohne Mythos.<br />

Das erste ehrliche Markenbuch o<strong>der</strong> warum so viele Menschen einen<br />

MINI brauchen. Offenbach (Gabal) 2013, 256 Seiten. 29,90 Euro.<br />

978-3-86936-476-6. Nach ihrer witzigen Attacke auf den Individualitätswahn<br />

in »<strong>Die</strong> Einmaligen« kümmern sich die beiden Markenexperten<br />

um ihr eigentliches Fachgebiet. Mehr unter www.buero-fuer-marken<br />

entwicklung.de . 3 Linda O’Keeffe: Stripes. Design Between the<br />

Lines. London (Thames & Hudson) 2013, 244 Seiten. 29,95 Pfund.<br />

9780500516690. Von Op-Art über Designerstuhl bis Krawatte: Stylistin<br />

und Interior-Design-Expertin Linda O’Keefe lädt zur Reise durch eine<br />

gestreifte Welt ein. Pierre Hansch, Christian Rentschler: Emotion@<br />

Web. Emotionale Websites durch Bewegtbild und Sound-Design.<br />

Heidelberg/Berlin (Springer) 2013, 273 Seiten. 36,99 Euro. 978-3-642-<br />

13992-5. Das Buch selbst kommt komplett unemotional daher, taugt<br />

allerdings als technischer Ratgeber und Nachschlagewerk. Ludovic<br />

Houplain: Logobook. Köln (Taschen) 2013, 776 Seiten. 39,99 Euro. 978-<br />

3-8365-3413-0. Ludovic Houplain vom Pariser Designstudio H5 präsentiert<br />

in dem Wälzer alphabetisch geordnet die 7000 Logos, die er für<br />

den Kurzfilm »Logorama« sammelte. Stephen Woods: Building Touch<br />

Interfaces with HTML5: Develop and Design. Speed up your site<br />

and create amazing user experiences. Berkeley, CA (New Ri<strong>der</strong>s) 2013,<br />

256 Seiten. 39,99 Dollar. 978-0-321-88765-8. Mehr Informationen unter<br />

www.peachpit.com/touchinterfacedd . Michael Erlhoff: Theorie des<br />

Designs. Pa<strong>der</strong>born (Wilhelm Fink) 2013, 225 Seiten. 34,90 Euro. 978-3-<br />

7705-5285-6. Vielseitige Essays des Kölner Professors, nach dem Motto:<br />

»Da alles gestaltet ist, ist eben<br />

auch alles Thema einer Theorie des<br />

Designs.« Marijpol: Eremit. Berlin<br />

(avant-verlag) 2013, 216 Seiten.<br />

19,95 Euro. 978-3-939080-71-8. Der<br />

neueste Comic <strong>der</strong> Künstlerin aus<br />

Hamburg um einen zwiegespaltenen<br />

Einsiedler ist visuell und inhaltlich<br />

ungewöhnlich. cg<br />

3<br />

Was lesen Sie?<br />

Yvonne Kuschel,<br />

Illustratorin und Autorin, Leipzig<br />

www.yvonnekuschel.info<br />

Sie setzen Ihre Lektüren offenbar gern in Skizzenbüchern um. Auf<br />

Ihrem Blog http://i-feel-pretty.posterous.com sind solche Bil<strong>der</strong>geschichten<br />

zu sehen, etwa zu Tolstois »Kreutzersonate« o<strong>der</strong> Anne<br />

Webers aktuellem Roman »Luft und Liebe«.<br />

Yvonne Kuschel: Zeitweilig habe ich morgens immer MDR-Radiolesungen<br />

gehört und gezeichnet. Für mich eine Art Meditation. Angeblich<br />

soll die Konzentration um 25 Prozent steigen, wenn man beim<br />

Zuhören etwas kritzelt.<br />

Sie nennen diese Arbeiten »gezeichnete Hörstücke« o<strong>der</strong> »Literatur in<br />

Kurzform«. Momentan liegt es ja im <strong>Trend</strong>, jedes noch so große Werk<br />

<strong>der</strong> Weltliteratur zu einer Graphic Novel zu verarbeiten.<br />

Ich habe schon drei solche Aufträge abgelehnt, weil ich es problematisch<br />

finde, literarische Vorlagen zu Bil<strong>der</strong>büchern herunterzurechnen.<br />

Der Leser muss Raum für eigene Fantasien haben. Ein berühmter<br />

Schriftsteller soll testamentarisch verfügt haben, dass seine Bücher<br />

nicht illustriert werden dürfen. Ich wüsste zu gerne, wer das war.<br />

Vielleicht weiß es einer unserer Leser – falls ja, bitte melden! Wie sieht<br />

für Sie eine gelungene Illustration aus?<br />

Statt eins zu eins zu illustrieren, ist es immer am spannendsten, eine<br />

zweite Ebene zu finden. Was aber häufig nicht gewollt ist – meist soll<br />

recht deutlich illustriert werden.<br />

Sie machen auch selbst Bücher, wie 2012 den »Beschissatlas« mit<br />

Autorin Ute Scheub mit Zahlen und Fakten zum Thema Ungerechtigkeiten.<br />

Haben Sie neue Projekte?<br />

Ein Buch namens »Busenwun<strong>der</strong>«, in dem ich von mir gezeichneten<br />

Damen Geschichten auf den Leib schrieb, manche erotisch. Als ich<br />

keinen Verleger fand, wollte ich daraus eine App machen. Sie wurde<br />

im App Store aber als pornografisch zurückgewiesen. Dabei war das<br />

nur zum Schmunzeln, sogar Kin<strong>der</strong> konnten es angucken. Da ich mich<br />

über die Ablehnung und vor allem die Begründung geärgert habe,<br />

dachte ich, bei Blumen kann man nichts falsch machen. So entstand<br />

die illustrierte App »Blumenraten mit Frau Kuschel«, die es nun für<br />

iPhone und iPad gibt.<br />

<strong>Die</strong> wirklich reizend ist – und lehrreich.<br />

Ja, denn wenn man die Blume erraten hat, gelangt man zu Wikipedia,<br />

wo man mehr erfährt.


PAGE 06.13 113<br />

PAGE Impressum<br />

Redaktion PAGE<br />

Borselstraße 28/Haus i<br />

22765 Hamburg<br />

Telefon: +49 40 85183-400<br />

Fax: +49 40 85183-449<br />

E-Mail: info@page-online.de<br />

www.page-online.de<br />

Chefredakteurin/Publisher<br />

Dipl.-Des. Gabriele Gün<strong>der</strong>, V.i.S.d.P.<br />

Textchefin<br />

Astrid Umbreit<br />

Redaktion<br />

Franziska Beyer (fb), Nina Kirst (nik);<br />

Anna Weilberg (aw, Redaktion Online)<br />

Freie Mitarbeit: Antje Dohmann (ant),<br />

Dr. Claudia Gerdes (cg), Wiebke Lang (wl),<br />

Rebecca von Hoff (Grafik), Christine<br />

Krawinkel (Art direk tion); Maiken Richter,<br />

Jan Roidner (Text-/Schlussredaktion);<br />

Sabine Danek (sd, Redaktion Online)<br />

Autoren dieser Ausgabe<br />

Christian Büning, Verena Dauerer (vd),<br />

Markus Linden (ml), Jürgen Siebert<br />

Digitale Druckvorlagenherstellung<br />

Alphabeta GmbH, Hamburg<br />

Druck Stürtz GmbH, Würzburg<br />

Verlag<br />

Ebner Verlag GmbH & Co. KG<br />

Karlstraße 41, 89073 Ulm<br />

Geschäftsführung<br />

Gerrit Klein<br />

Martin Metzger (Stellvertreter)<br />

Florian Ebner<br />

Produktionsleitung<br />

Michael Kessler<br />

Vertrieb<br />

Leitung: Sema Torun, Rainer Herbrecht;<br />

Objektmanagerin: Tina Backhaus<br />

PAGE Shop<br />

Sie möchten eine bestimmte Ausgabe,<br />

ein Abo, ein PAGE Typometer, eine<br />

PAGE Schneidematte, ein PAGE eDossier<br />

o<strong>der</strong> Jahrgangs-CDs bestellen? Dann<br />

werden Sie in unserem Shop fündig:<br />

≥ shop.page-online.de<br />

PAGE Abo & Leserservice<br />

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haben Fragen zu Ihrem Abo beziehungsweise<br />

zu einer Bestellung? Dann<br />

wenden Sie sich bitte direkt an:<br />

IPS Datenservice GmbH, PAGE,<br />

Carl-Zeiss-Straße 5, 53340 Meckenheim<br />

E-Mail: page@aboteam.de<br />

Telefon: +49 2225 7085-535<br />

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Das PAGE-Jahresabo kostet 95,30 Euro<br />

(CH: 181,80 Franken, A: 108,50 Euro).<br />

Das PAGE-Plus-Abo, also 12 Ausga ben und<br />

die PAGE-Jahrgangs-CD, kostet 106,40 Euro<br />

(CH: 201 Franken, A: 119,60 Euro). Das Abo<br />

kann immer 6 Wochen vor Ablauf des<br />

Bezugs jahres schriftlich gekündigt werden.<br />

Schüler und Studenten erhalten gegen Vorlage<br />

eines gültigen Auswei ses o<strong>der</strong> einer<br />

gültigen Immatrikulationsbeschei nigung<br />

20 Prozent Rabatt. Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Allianz<br />

deutscher Designer (AGD), des Bundes<br />

Deutscher Grafik-Designer (BDG) und des<br />

designe rinnen forum e. V. erhalten ebenso<br />

20 Prozent Rabatt.<br />

PAGE Mediaberatung<br />

Anzeigenleiter: Alexan<strong>der</strong> Herz<br />

E-Mail: alexan<strong>der</strong>.herz@page-online.de<br />

Telefon: +49 40 85183-480, Fax: -489<br />

Verantwortlich für die Anzeigen<br />

PAGE Online: Igor Sadovnikov<br />

Online-Marketing und -Beratung<br />

E-Mail: sadovnikov@ebnerverlag.de<br />

Telefon: +49 731 1520-176, Fax: -961<br />

PAGE Markt: Andrea Dyck<br />

E-Mail: andrea.dyck@page-online.de<br />

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E-Mail: stellenangebote@wuv.de<br />

Telefon: +49 89 2183-7049, Fax: -7864<br />

PAGE erscheint monatlich. Es gilt Anzeigenpreisliste<br />

Nr. 27, gültig ab 1. 1. 2013.<br />

Anzeigendisposition und -marketing:<br />

Sabine Cordes<br />

E-Mail: sabine.cordes@page-online.de,<br />

dispo@page-online.de<br />

Telefon: +49 40 85183-482, Fax: -483<br />

Son<strong>der</strong>veröffentlichungsservice: <strong>Die</strong><br />

Artikel dieser Ausgabe können für Werbezwecke<br />

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VORSCHAU<br />

PAGE 07.13 erscheint am 5. Juni 2013<br />

Watchlist: Deutsche Kreative<br />

In den 1980ern war es Neville Brody, in den 1990ern David Carson,<br />

<strong>der</strong> zum Leitbild für viele Designer avancierte. Und wer hat das<br />

Zeug, in nächster Zeit die deutsche Kreativbranche wesentlich zu<br />

prägen? PAGE präsentiert zehn deutsche Gestalter, die wir<br />

unbedingt im Auge behalten sollten<br />

Polnische Illustratoren<br />

Polen ist Gastland <strong>der</strong> diesjährigen Illustrative. Wir haben uns vorweg<br />

schon mal bei unseren östlichen Nachbarn umgeschaut und dort eine<br />

blühende, visuell höchst eigenständige Illustratorenszene vorgefunden<br />

3-D-Drucker und -Services<br />

Mit den ersten bezahlbaren 3-D-Druckern erlebt das Do-it-yourself-<br />

Design einen neuen Höhepunkt. PAGE stellt Geräte und innovative<br />

<strong>Die</strong>nstleister vor, die aus 3-D-Daten ein greifbares Modell machen<br />

Papier o<strong>der</strong> Karton<br />

Ist Karton einfach dickeres Papier o<strong>der</strong> eher eine eigene Gattung?<br />

PAGE erklärt Unterschiede und Gemeinsamkeiten und zeigt anhand<br />

von Fallbeispielen, wann welches Material sinnvoll ist<br />

Cannes-Favoriten<br />

Welche Arbeiten haben in diesem Jahr Aussichten auf einen Löwen?<br />

Wir fragen Jurymitglie<strong>der</strong> nach ihren Favoriten<br />

Bild: Regula Bearth, © ZHdK Ola Niepsuj, www.aleksandraniepsuj.blogspot.com<br />

und Daniel Horowitz, www.daniel-horowitz.com


114 PAGE 06.13 Fundstücke von Jürgen Siebert<br />

Wie Fernsehen heute funktioniert<br />

Kühne Kommentare von Jürgen Siebert zu <strong>Trend</strong>s, Ereignissen und<br />

dem ganz normalen Alltagswahnsinn eines Kreativen<br />

<strong>Die</strong>se und weitere<br />

Fundstücke von<br />

Jürgen Siebert fin -<br />

den Sie unter<br />

www.page-online.<br />

de/fundstuecke<br />

n Auch in den USA gehören Telefon<br />

und Fernseher noch zur techni schen<br />

Grundausstattung eines Hotelzimmers.<br />

Seitdem es Smartphones gibt, nutze<br />

ich beides nicht mehr auf Reisen. Viel<br />

wichtiger für mich sind heutzutage eine<br />

Steckdose, ein schnelles und kostenloses<br />

Wi-Fi-Netz und eine Docking-<br />

Station mit leistungsstarken Boxen, um<br />

meine eigene Musik o<strong>der</strong> Internetradio<br />

zu hören o<strong>der</strong> einen Film bei guter Tonqualität<br />

zu sehen.<br />

Das Einschalten das Hotelfernsehers<br />

bestätigt, warum diese Art des<br />

Fernsehens ein nutzloses, heiß gelaufenes<br />

Dinosaurier-Medium geworden<br />

ist. Das fängt mit <strong>der</strong> Bildqualität an,<br />

erstreckt sich über die Menge <strong>der</strong> Kanäle<br />

und endet mit <strong>der</strong> werbefinan-<br />

Zum Hotelzimmer<br />

von heute<br />

gehören eine<br />

Steckdose und<br />

freies Wi-Fi.<br />

Mit im Gepäck<br />

sollte dann noch<br />

eine Docking-<br />

Station mit guten<br />

Boxen sein<br />

zierten Zerstückelung selbst gut gemachter<br />

Reportagen o<strong>der</strong> Filme. Wer<br />

schaut sich solchen Mist noch an? Mit<br />

Sicherheit viel weniger, als Einschaltquoten-Ermittler<br />

(Nielsen), TV-Sen <strong>der</strong><br />

und Werbeindustrie sich gegenseitig<br />

in die Tasche lügen.<br />

Das Verrückte an <strong>der</strong> Ermittlung <strong>der</strong><br />

Einschaltquoten: Noch immer wird sie<br />

in den USA mit Set-Top-Boxen auf TV-<br />

Geräten gemessen. Allerdings schaut<br />

heute kaum noch jemand auf die se Art<br />

fern. Vor allem tun es die anspruchsvollen<br />

Zuschauer nicht mehr. Sie lassen<br />

sich TV-Inhalte über Hulu, Netflix,<br />

Apple TV, Amazon Prime o<strong>der</strong> Roku<br />

auf Smartphones und Tablets servieren,<br />

die alle nicht in die Ermittlung <strong>der</strong><br />

Einschaltquote einfließen. Warum nutzen<br />

die Menschen diese Möglichkei ten?<br />

Weil sie auf das zeitversetzte Anschauen<br />

angewiesen sind, weil sie sich <strong>der</strong><br />

Werbung entziehen möchten und weil<br />

ihre Mobilgeräte bessere Bildschirme<br />

haben als jedes Hotel und je<strong>der</strong> Flieger.<br />

Viele TV-Networks trauen schon<br />

lange nicht mehr den Nielsen-Quoten.<br />

Als die 4. Staffel von »Community« im<br />

Februar bei NBC startete, soll sie eine<br />

Quote von 4 Millionen erreicht haben,<br />

etwa ein Viertel von »Two and a Half<br />

Men« und früher ein Grund, die Serie<br />

sofort einzustellen. Auf Twitter wurde<br />

»Community« (6 Millionen Follower) in<br />

<strong>der</strong> Nacht nach <strong>der</strong> Ausstrahlung jedoch<br />

<strong>Trend</strong>ing Topic weltweit. Fernsehen<br />

funktioniert heute an<strong>der</strong>s.<br />

Wenn eine Episode ausgestrahlt<br />

wurde, ist sie noch lange nicht zu Ende<br />

gesehen. Am nächsten Tag schauen<br />

sie sich Zehntausende auf ihren Rechnern<br />

an. O<strong>der</strong> sie laden sie über iTunes,<br />

wo TV-Folgen kurz nach <strong>der</strong> Ausstrahlung<br />

für 2,99 US-Dollar zu kaufen sind.<br />

Dann twittern die Zuschauer weiter<br />

darüber, was neue Fans generiert. Sie<br />

tragen Kommentare in Blogs ein und<br />

diskutieren auf Facebook über den aktuellen<br />

Cliffhanger. Keine dieser Aktivitäten<br />

wird irgendwo auf <strong>der</strong> Welt von<br />

Quotenmetern erfasst.<br />

<strong>Die</strong>se Mechanismen sind <strong>der</strong> Grund<br />

dafür, dass es momentan in den USA<br />

hervorragende Serien gibt, die ihre<br />

Kosten locker einspielen, beispielsweise<br />

»Mad Men« o<strong>der</strong> »Homeland«. Im<br />

vergangenen Jahr gewannen mehr<br />

Kabelsen<strong>der</strong> einen Emmy als die klassischen<br />

Sen<strong>der</strong>. Weil sich das Fernsehen<br />

mehr und mehr vom TV-Gerät abkoppelt,<br />

gibt es keinen Unterschied<br />

mehr zwischen Kabel- und Antennen-<br />

TV. Qualität ist das einzige Kriterium,<br />

das zählt. Ein Sieg für die Zuschauer<br />

und ein Knieschuss für die Zyniker des<br />

Privatfernsehens, die auch bei uns im<br />

Land immer noch die These vertreten:<br />

Der Zuschauer ist doof, also machen<br />

wir doofes Fernsehen.

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