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Neujahrtsmatinee 2010 der DFG und DPG - Deutsch-Französische ...

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<strong>Neujahrtsmatinee</strong> <strong>2010</strong> <strong>der</strong> <strong>DFG</strong> <strong>und</strong> <strong>DPG</strong><br />

17. Januar <strong>2010</strong><br />

Einführung von <strong>DFG</strong>‐Präsident Dr. Wolfgang Linckelmann<br />

Liebe Mitglie<strong>der</strong> <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e <strong>der</strong> <strong>Deutsch</strong>‐<strong>Französische</strong>n Gesellschaft <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Deutsch</strong>‐<br />

Polnischen Gesellschaft, chers amis !<br />

Mit Frau Köhlert, <strong>der</strong> Vorsitzenden <strong>der</strong> <strong>Deutsch</strong>‐Polnischen Gesellschaft heiße ich Sie<br />

herzlich zu unserer gemeinsamen musikalisch‐literarischen Neujahrsmatinee willkommen.<br />

Wir freuen uns, dass Sie so zahlreich unserer Einladung gefolgt sind. Begrüßen Sie mit mir<br />

unsere Ehrengäste, die polnische Generalkonsulin, Frau Jolanta Róża Kozłowska <strong>und</strong><br />

Herrn Landrat Frithjof Kühn mit seiner Gattin sowie Frau Marlene Lenz, die Vorsitzende<br />

<strong>der</strong> Europa‐Union Bonn. Wir freuen uns, dass Sie zu uns gekommen sind.<br />

Herzliche Grüße möchte ich Ihnen übermitteln von <strong>der</strong> Vorsitzenden unseres Beirates Frau<br />

Ruth Hieronymi, die es sehr bedauert nicht kommen zu können, weil sie heute Morgen<br />

den sog. „Mäuseorden“ erhält, eine Tradition des Eurotheaters Central, <strong>der</strong> Springmaus<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Deutsch</strong>en Welle gemeinsam mit dem Festausschuss Bonner Karneval. Ich denke<br />

wir können Sie zu dieser originellen Auszeichnung nur beglückwünschen ebenso wie zur<br />

kürzlichen Wahl als Vorsitzende des WDR‐R<strong>und</strong>funkrats.<br />

Und noch einen weiteren Glückwunsch können wir heute aussprechen <strong>und</strong> zwar an den<br />

polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk, dem gestern <strong>der</strong> Aachener Karlspreis für<br />

seine Verdienste um Freiheit Demokratie <strong>und</strong> Verständigung mit den europäischen<br />

Nachbarn zuerkannt worden ist.<br />

Unsere Matinee dient <strong>der</strong> Hommage an Fre<strong>der</strong>yk Chopin <strong>und</strong> seine literarischen<br />

Zeitgefährten Adam Mickiewicz, Victor Hugo <strong>und</strong> Heinrich Heine. 160 Jahre vor <strong>der</strong><br />

politisch geprägten deutsch‐französisch‐polnischen Zusammenarbeit im sog. Weimarer<br />

Dreieck (weil sie von den drei Außenministern an diesem Ort begründet wurde) gab es<br />

eine inspirierende kulturelle Dreiecksbeziehung nicht zuletzt zwischen den Genannten im<br />

Paris <strong>der</strong> dreißiger <strong>und</strong> vierziger Jahre des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts, wo Chopin, Mickiewicz <strong>und</strong><br />

Heine Zuflucht gef<strong>und</strong>en hatten. Hieran möchten wir erinnern <strong>und</strong> ich danke Ihnen, liebe<br />

Frau Köhlert, dass Sie den Gedanken, den 200 Geburtstag des großen polnischen<br />

Komponisten gemeinsam mit uns auf diese Weise zu begehen, begeistert aufgegriffen<br />

haben.<br />

Meine sehr geehrten Damen <strong>und</strong> Herrn,<br />

Erinnern wir uns an das Leben von Fre<strong>der</strong>yk Chopin, <strong>der</strong> aus einem französisch‐polnischen<br />

Elternhaus stammt. 1810 wurde er in Zelazowa‐Wola bei Warschau geboren, sein Vater<br />

war Sprachlehrer <strong>und</strong> stammte aus Lothringen, seine Mutter stammte aus einem<br />

verarmten polnischen Adelsgeschlecht. Von ihr erhielt er auch den ersten<br />

Klavierunterricht. Seine weitere Ausbildung verdankt er dem Warschauer Geiger <strong>und</strong>


Theaterkapellmeister Franz Xaver Elsner. Bereits mit 9 Jahren erregte Chopin als<br />

musikalisches Wun<strong>der</strong>kind Aufsehen. Mit 19 Jahren veröffentlicht er seine ersten<br />

Kompositionen. Auf einer Konzertreise, die ihn 1830 über Frankreich, Italien nach Wien<br />

führte, erfuhr er 1831 von dem gescheiterten Novemberaufstand in Polen <strong>und</strong> entschloss<br />

sich für ein Leben in Freiheit in Paris . Dort wurde er schnell zum gefeierten Pianisten <strong>und</strong><br />

Komponisten <strong>und</strong> zum Liebling <strong>der</strong> Pariser Salons.<br />

Im gleichen Jahr zog es auch Heinrich Heine nach Paris – man könnte sagen: halb zog es<br />

ihn, halb trieb es ihn. Die Zensur in Preußen, die Anfeindungen wegen seiner jüdischen<br />

Herkunft, das französische Freiheitsversprechen <strong>und</strong> die Blüte <strong>der</strong> französischen Literatur.<br />

Als Korrespondent <strong>der</strong> Augsburger „Allgemeinen Zeitung berichtete er über seine<br />

Erfahrungen in Paris <strong>und</strong> verstand sich früh als Mittler zwischen Frankreich <strong>und</strong><br />

<strong>Deutsch</strong>land. Bis zu seinem Tode 1856, also über 20 Jahre wirkt er in Paris. Seine Werke<br />

erscheinen z.T. in Französisch <strong>und</strong> <strong>Deutsch</strong>. Lange Zeit war Heine in Frankreich besser<br />

bekannt <strong>und</strong> angesehen, als in <strong>Deutsch</strong>land. Die französische Regierung gewährte ihm<br />

zeitweise sogar eine Pension.<br />

Er wurde ein Fre<strong>und</strong> von Chopin, den er den Raphael des Fortepianos nannte. Er schrieb<br />

über ihn: „die Natur gab ihm eine zierliche, schlanke, etwas schmächtige Gestalt, das<br />

edelste Herz <strong>und</strong> das Genie. Ja dem Chopin muss man Genie zusprechen, in <strong>der</strong> vollen<br />

Bedeutung des Wortes; er ist nicht bloß Virtuose, er ist auch Poet, er kann uns die Poesie,<br />

die in seiner Seele lebt, zur Anschauung bringen, er ist Tondichter <strong>und</strong> nichts gleicht dem<br />

Genuss, den er uns verschafft, wenn er am Klavier sitzt <strong>und</strong> improvisiert.“<br />

1832 suchte auch Adam Mickiewicz in Paris Zuflucht, <strong>der</strong> große polnische Nationaldichter,<br />

von dem wir in <strong>Deutsch</strong>land noch zu wenig wissen. Zu ihm daher etwas ausführlicher:<br />

Er wurde 1798 in Zaosie (heute Weißrussland) geboren <strong>und</strong> lebte in seiner Jugend<br />

überwiegend auf dem Lande. Sein Vater erzog ihn mit seinen Brü<strong>der</strong>n zu glühenden<br />

Patrioten. Er studierte an <strong>der</strong> Universität von Wilnius Literatur, Sprachen <strong>und</strong> Geschichte<br />

<strong>und</strong> wurde Mitbegrün<strong>der</strong> einer geheimen wissenschaftlichen <strong>und</strong> patriotischen<br />

Vereinigung, <strong>der</strong> Philomaten.<br />

Nach Abschluss <strong>der</strong> Studien wirkte er zunächst als Lehrer an einer Schule in Kaunas <strong>und</strong><br />

schrieb nebenher Gedichte <strong>und</strong> Balladen. Mit 24 Jahren veröffentlicht er seinen ersten<br />

Gedichtband. Seine Ode an die Jugend galt als Manifest <strong>der</strong> polnischen Jugend <strong>und</strong> als<br />

Fanal für den Freiheitskampf <strong>der</strong> Völker.<br />

Ein Jahr später wird er mit Fre<strong>und</strong>en aus dem Philomatenb<strong>und</strong> verhaftet <strong>und</strong> nach einem<br />

Prozess wegen illegaler politischer Tätigkeit nach Zentralrussland verbannt. Einige Zeit<br />

später lernt er in Moskau Alexan<strong>der</strong> Puschkin kennen <strong>und</strong> bewun<strong>der</strong>n. 1829 konnte er mit<br />

Hilfe russischer Fre<strong>und</strong>e nach Westeuropa ausreisen <strong>und</strong> hielt sich fast zwei Jahre in<br />

<strong>Deutsch</strong>land auf, wo er an den Universitäten Berlin, Dresden <strong>und</strong> Bonn Vorlesungen von<br />

Hegel, Thieck <strong>und</strong> Schlegel hörte. In dieser Zeit besuchte er auch Goethe in Weimer zu<br />

dessen 80. Geburtstag, <strong>der</strong> seinen jungen polnischen Gast als den „größten Dichter seiner<br />

Generation bezeichnet“.<br />

Im Dezember 1830 erreichte ihn in Rom die Nachricht vom Novemberaufstand in Polen.<br />

Unverzüglich brach er auf, um sich am Kampf zu beteiligen, doch musste er unterwegs<br />

erfahren, dass <strong>der</strong> Aufstand bereits brutal nie<strong>der</strong>geschlagen worden war. So zog es auch<br />

ihn nach Paris. 1840 – 45 lehrte er als erster Auslän<strong>der</strong> slawische Sprachen <strong>und</strong> Literatur<br />

am College de France. Seine Vorlesungen hatten unter Studenten <strong>und</strong> Intellektuellen<br />

großen Zulauf. Zu den begeisterten Zuhörern gehörten auch Fre<strong>der</strong>yk Chopin <strong>und</strong> George<br />

Sand sowie Victor Hugo. Für Victor Hugo war A. Mickiewicz le clairon de l‘avenir , das


Signalhorn, „das die Zukunft ankündigt, eine Zukunft, in <strong>der</strong> sich die Völker die Hände<br />

reichen über die Grenzen hinweg, die sie nicht mehr trennen. „<br />

Victor Hugo, 1802 in Besancon geboren, also 4 Jahre jünger als Adam Mickiewicz hatte<br />

sich in Frankreich an die Spitze <strong>der</strong> romantischen Schule gestellt. Das Vorwort zum<br />

Schauspiel „Hernani“, 1830 veröffentlicht, gilt als eine <strong>der</strong> entscheidenden<br />

Programmschriften <strong>der</strong> französischen Romantik. Es wird mit Blick auf die Lyrik ergänzt<br />

durch die Einleitung zur Gedichtsammlung „Les feuilles d’automne“ (Herbstblätter), die<br />

1831 erschien. Au milieu d’un si orageux conflit –schreibt er hier ‐ c’est folie de publier un<br />

volume de pauvres vers désinteressés.“ Gerade angesichts <strong>der</strong> Unruhe <strong>und</strong> Verwerfungen<br />

in Europa soll Dichtung Humanität vermitteln, das einfache Leben anschaulich machen.<br />

Doch wie es schon im Urteil zu Adam Mickiewicz anklingt <strong>und</strong> wir später hören werden, ist<br />

Victor Hugo nicht nur <strong>der</strong> romantische Dichter, son<strong>der</strong>n wird auch mit seinen<br />

prophetischen Aussagen nicht zuletzt zur Verbindung zwischen Frankreich <strong>und</strong><br />

<strong>Deutsch</strong>land <strong>und</strong> zum vereinigten Europa auch zu einer politischen Autorität bis dahin,<br />

dass er am Ende selbst ins Exil gehen muss.<br />

Die Auswahl <strong>der</strong> Gedichte <strong>und</strong> Texte haben wir den Vortragenden zu verdanken:<br />

Sylvie Tyralla‐Noel, Herrmann Müller‐Solger <strong>und</strong> Jerzy Wojciech Gościniak.<br />

Die ersteren engagierte Mitglie<strong>der</strong> unseres Vorstandes <strong>und</strong> <strong>der</strong> letztere ein gebürtiger<br />

Pole <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Deutsch</strong>‐Polnischen Gesellschaft.<br />

Seit zwei Jahrzehnten lebt Wojciech Gościniak in <strong>Deutsch</strong>land, ursprünglich Pferdewirt ist<br />

er <strong>der</strong> Poesie in beson<strong>der</strong>er Weise verb<strong>und</strong>en hat er doch eigene Gedichte<br />

herausgegeben, die er auch gelegentlich bei Veranstaltungen vorträgt. Ihnen Dreien einen<br />

ganz herzlichen Dank für die Vorbereitung <strong>und</strong> Gestaltung des literarischen Teils <strong>der</strong><br />

Matinee!<br />

Für die wie immer ausgezeichnete Organisation danke ich in Ihrer aller Namen Klausdieter<br />

Hübschmann, unserem hochverdientem Generalsekretär.<br />

Nun würde es reizvoll sein, auf die Gedichte <strong>und</strong> Texte im Einzelnen einzugehen, die sich<br />

um die Themen Liebe <strong>und</strong> Zeitgeschehen ranken o<strong>der</strong> im dritten Teil uns vertraute Verse<br />

in Erinnerung rufen <strong>und</strong> dabei den einzelnen Facetten <strong>der</strong> Romantik nachzuspüren. Doch<br />

ich fürchte, meine Einführung wird dann zu lang <strong>und</strong> verzichte daher darauf, auch wenn<br />

dies die Vortragenden vielleicht bedauern werden, insbeson<strong>der</strong>e Herr Müller‐Solger, dem<br />

ich viele Hinweise hierzu verdanke.<br />

Meine Damen <strong>und</strong> Herren, wir haben uns entschlossen, wie es in unseren<br />

Veranstaltungen üblich ist, die Texte in <strong>der</strong> Originalsprache vorzutragen. Wir haben für Sie<br />

jedoch Übersetzungen in die deutsche Sprache vorbereitet. Sie finden das Programm in<br />

den ausgeteilten Blättern vollständig dargestellt. Auf einen Abdruck <strong>der</strong> Texte von Heine<br />

haben wir allerdings verzichtet. Es wird also nötig sein, in den drei Blöcken zwischen den<br />

Stücken von Chopin sich zu konzentrieren, um insbeson<strong>der</strong>e die übersetzten Texte gut zu<br />

erfassen. Sie können sie aber auch später nachlesen. Ich glaube, es lohnt sich.<br />

Bevor wir uns nun an <strong>der</strong> Musik von Fre<strong>der</strong>yk Chopin erfreuen können, möchte ich Ihnen<br />

unseren Pianisten Sławomir Olszamowski vorstellen, den wir dank Frau Köhlert für unsere<br />

Matinee gewinnen konnten.<br />

Sławomir Olszamoski, ist in Wroclaw/Breslau geboren <strong>und</strong> liebt die Musik Chopins. Mit<br />

Chopin verbindet ihn auch die Tatsache, dass er in gleicher Weise Komponist wie Pianist<br />

ist. Auf <strong>der</strong> Musikhochschule in Kattowitz hat er nicht nur Klavier, son<strong>der</strong>n bei Gorecki<br />

auch Komposition studiert.


Seine Werke, überwiegend für Orchester <strong>und</strong> Kammerensembles, sind mehrmals<br />

preisgekrönt <strong>und</strong> auf internationalen Festivals aufgeführt worden. Als Pianist gibt er sich<br />

eher bescheiden, wenn er sagt: „Ich will das geschätzte Publikum mit <strong>der</strong> wun<strong>der</strong>baren<br />

Musik von Fre<strong>der</strong>yk Chopin verführen, nicht mit meinem Spiel“. Er hat uns mit <strong>der</strong> Ballade<br />

g‐moll zu Beginn <strong>und</strong> dem Scherzo b‐moll zum Ende zwei wun<strong>der</strong>bare Juwelen aus dem<br />

Kranz <strong>der</strong> Chopin’schen Klaviermusik ausgewählt <strong>und</strong> an <strong>der</strong> Nocturne e‐moll wie <strong>der</strong><br />

Mazurka in cis‐moll zwischen den Literaturblöcken werden wir auch unsere Freude haben.<br />

Seien Sie uns herzlich willkommen Sławomir Olszamowski, wir freuen uns auf ihre<br />

Verführung.<br />

Uns allen wünsche ich eine bereichernde Matinee, an die wir uns als kulturellen Auftakt<br />

des Jahres <strong>2010</strong> noch gern <strong>und</strong> lange erinnern können.<br />

Dr. Wolfgang Linckelmann

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