Dialoganalyse Klausur Oberstufe Text (grn) - Kubiss.de
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<strong>Klausur</strong><br />
aus <strong>de</strong>m Deutschen Di, 20. Dez 2011<br />
Iphigenie:<br />
Allein mein eigen Herz ist nicht befriedigt.<br />
Pyla<strong>de</strong>s:<br />
Zu strenge Fordrung ist verborgner Stolz.<br />
Material zur Aufgabe<br />
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Vierter Aufzug, Vierter Auftritt<br />
…<br />
Pyla<strong>de</strong>s:<br />
…<br />
Was sinnest du? Auf einmal überschwebt<br />
Ein stiller Trauerzug die freie Stirne.<br />
Iphigenie:<br />
Verzeih! Wie leichte Wolken vor <strong>de</strong>r Sonne,<br />
So zieht mir vor <strong>de</strong>r Seele leichte Sorge<br />
Und Bangigkeit vorüber.<br />
Pyla<strong>de</strong>s:<br />
Fürchte nicht!<br />
Betrüglich schloß die Furcht mit <strong>de</strong>r Gefahr<br />
Ein enges Bündnis: bei<strong>de</strong> sind Gesellen.<br />
Iphigenie:<br />
Die Sorge nenn ich e<strong>de</strong>l, die mich warnt,<br />
Den König, <strong>de</strong>r mein zweiter Vater ward,<br />
Nicht tückisch zu betrügen, zu berauben.<br />
Pyla<strong>de</strong>s:<br />
Der <strong>de</strong>inen Bru<strong>de</strong>r schlachtet, <strong>de</strong>m entfliehst du.<br />
Iphigenie:<br />
Es ist <strong>de</strong>rselbe, <strong>de</strong>r mir Gutes tat.<br />
Pyla<strong>de</strong>s:<br />
Das ist nicht Undank, was die Not gebeut.<br />
Iphigenie:<br />
Es bleibt wohl Undank; nur die Not entschuldigt.<br />
Pyla<strong>de</strong>s:<br />
Vor Göttern und vor Menschen dich gewiß.<br />
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Iphigenie:<br />
Ich untersuche nicht, ich fühle nur.<br />
Pyla<strong>de</strong>s:<br />
Fühlst du dich recht, so mußt du dich verehren.<br />
Iphigenie:<br />
Ganz unbefleckt genießt sich nur das Herz.<br />
Pyla<strong>de</strong>s:<br />
So hast du dich im Tempel wohl bewahrt;<br />
Das Leben lehrt uns, weniger mit uns<br />
Und an<strong>de</strong>rn strenge sein; du lernst es auch.<br />
So wun<strong>de</strong>rbar ist dies Geschlecht gebil<strong>de</strong>t,<br />
So vielfach ist's verschlungen und verknüpft,<br />
Daß keiner in sich selbst noch mit <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>rn<br />
Sich rein und unverworren halten kann.<br />
Auch sind wir nicht bestellt, uns selbst zu richten;<br />
Zu wan<strong>de</strong>ln und auf seinen Weg zu sehen,<br />
Ist eines Menschen erste, nächste Pflicht:<br />
Denn selten schätzt er recht, was er getan,<br />
Und was er tut, weiß er fast nie zu schätzen.<br />
Iphigenie:<br />
Fast überredst du mich zu <strong>de</strong>iner Meinung.<br />
Pyla<strong>de</strong>s:<br />
Braucht's Überredung, wo die Wahl versagt ist?<br />
Den Bru<strong>de</strong>r, dich und einen Freund zu retten,<br />
Ist nur ein Weg, fragt sich's, ob wir ihn gehn?<br />
Iphigenie:<br />
O laß mich zau<strong>de</strong>rn! <strong>de</strong>nn du tätest selbst<br />
Ein solches Unrecht keinem Mann gelassen,<br />
Dem du für Wohltat dich verpflichtet hieltest.<br />
Pyla<strong>de</strong>s:<br />
Wenn wir zugrun<strong>de</strong> gehen, wartet <strong>de</strong>in<br />
Ein härtrer Vorwurf, <strong>de</strong>r Verzweiflung trägt.<br />
Man sieht, du bist nicht an Verlust gewohnt,<br />
Da du, <strong>de</strong>m großen Übel zu entgehen,<br />
Ein falsches Wort nicht einmal opfern willst.<br />
Iphigenie:<br />
O trüg ich doch ein männlich Herz in mir,
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Das, wenn es einen kühnen Vorsatz hegt,<br />
Vor je<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rn Stimme sich verschließt!<br />
Pyla<strong>de</strong>s:<br />
Du weigerst dich umsonst; die ehrne Hand<br />
Der Not gebietet, und ihr ernster Wink<br />
Ist oberstes Gesetz, <strong>de</strong>m Götter selbst<br />
Sich unterwerfen müssen. Schweigend herrscht<br />
Des ew'gen Schicksals unberatne Schwester.<br />
Was sie dir auferlegt, das trage: tu,<br />
Was sie gebeut. Das andre weißt du. Bald<br />
Komm ich zurück, aus <strong>de</strong>iner heil'gen Hand<br />
Der Rettung schönes Siegel zu empfangen.<br />
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Fünfter Auftritt<br />
Iphigenie a!ein:<br />
…<br />
Kaum wird in meinen Armen mir ein Bru<strong>de</strong>r<br />
Vom grimm'gen Übel wun<strong>de</strong>rvoll und schnell<br />
Geheilt, kaum naht ein lang erflehtes Schiff,<br />
Mich in <strong>de</strong>n Port <strong>de</strong>r Vaterwelt zu leiten,<br />
So legt die taube Not ein doppelt Laster<br />
Mit ehrner Hand mir auf: das heilige,<br />
Mir anvertraute, viel verehrte Bild<br />
Zu rauben und <strong>de</strong>n Mann zu hintergehn,<br />
Dem ich mein Leben und mein Schicksal danke.<br />
O daß in meinem Busen nicht zuletzt<br />
Ein Wi<strong>de</strong>rwille keime! <strong>de</strong>r Titanen,<br />
Der alten Götter tiefer Haß auf euch,<br />
Olympier, nicht auch die zarte Brust<br />
Mit Geierklauen fasse! Rettet mich<br />
Und rettet euer Bild in meiner Seele!<br />
…