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WAHRNEHMUNGSBERICHT<br />

DER KAMMER DER WIRTSCHAFTSTREUHÄNDER<br />

ZU<br />

STEUERGESETZGEBUNG UND STEUERADMINISTRATION IN ÖSTERREICH<br />

Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder legt erstmals einen Wahrnehmungsbericht zu<br />

Steuergesetzgebung und Steueradministration in Österreich vor. Der Bericht bezieht sich auf<br />

Wahrnehmungen in Zusammenhang mit Legistik, Vollziehung und Gerichtsbarkeit von Mitte<br />

2011 bis Mitte 2013.<br />

Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist in die Steuergesetzgebung durch den gesetzlichen<br />

Auftrag zur Gesetzesbegutachtung eingebunden und Reibungspunkte in der Vollziehung<br />

können durch die regelmäßigen Aussprachen im Kontaktkomitee mit dem Bundesministerium<br />

für Finanzen meist ausgeräumt werden.<br />

Die Anregungen und Vorschläge der Wirtschaftstreuhänder stoßen auf Interesse und finden<br />

bei den verantwortlichen Stellen Gehör. Der Bericht versteht sich dementsprechend nicht als<br />

Sammlung von Kritikpunkten sondern als Gesamtschau zur gemeinsamen Weiterentwicklung<br />

und Verbesserung von Steuergesetzgebung und Steueradministration, um eine zeit- und<br />

verfahrensökonomische Erledigung von Bürgeranliegen zu erreichen.<br />

Gesetzgebung<br />

Vereinfachung des Steuerrechts<br />

Trotz aller Bemühungen um die Vereinfachung befindet sich das österreichische Steuersystem<br />

an der Grenze zur Administrierbarkeit. Die jüngsten Neuerungen zur Besteuerung von<br />

Kapitalvermögen und Immobilienerträgen haben die Komplexität noch deutlich erhöht. Die neue<br />

Einkommensteuer auf Immobilienerträge ist dermaßen ausgestaltet, dass es Beratungsstellen<br />

im BMF für Rechtsanwälte und Notare bedarf, damit diese die Selbstberechnung durchführen<br />

können.<br />

Gemeinsames Ziel für Finanzverwaltung und Berater sollte es sein, die Komplexität des<br />

Steuerrechts auf ein vertretbares Ausmaß zurückzuführen.<br />

Jahressteuergesetze<br />

Anstelle von zwei oder gar drei Abgabenänderungsgesetzen pro Jahr sollten alle steuerlichen<br />

Änderungen eines Jahres in einem Jahressteuergesetz zusammengefasst werden, das erst<br />

gegen Ende eines Kalenderjahres den Gesetzgebungsprozess durchläuft.<br />

P R E S S E M II T T E II L U N G<br />

Seite 1


Begutachtungsfristen<br />

Die durchschnittliche Begutachtungsfrist für vom Bundesministerium für Finanzen verschickte<br />

Gesetzesentwürfe beträgt rund einen Monat. In Einzelfällen wird diese Frist deutlich<br />

unterschritten. Beim Budgetbegleitgesetz standen beispielsweise nur fünf Tage zur Verfügung,<br />

was eine sinnvolle Arbeit unmöglich macht.<br />

Vollziehung<br />

Mehrergebnisse bei Betriebsprüfungen<br />

Zahlreiche Meldungen aus dem Berufstand weisen darauf hin, dass bei Betriebsprüfungen<br />

weniger die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung als ein schnelles Mehrergebnis im Vordergrund<br />

steht. Eine Ursache des Problems scheint zu sein, dass das so erzielte Mehrergebnis des<br />

Betriebsprüfers für die interne Erfolgsbeurteilung erhalten bleibt, auch wenn die 2. Instanz seine<br />

Feststellungen aufhebt.<br />

Umsatzsteuer-Identifikationsnummern (UID)<br />

Bei der Vergabe von UID-Nummern kommt es zu Wartefristen von acht Wochen und mehr. Bei<br />

aller Notwendigkeit der Kontrolle beispielsweise zur Verhinderung von Karussell-Betrug sind<br />

solche Wartefristen nicht zumutbar, weil die Aufnahme des geordneten Geschäftsbetriebs ohne<br />

UID-Nummer kaum möglich ist.<br />

Konzentration der Finanzämter<br />

Die Zusammenlegung des Großteils der Wiener Finanzämter und die Umstellung auf das<br />

"papierlose Finanzamt" ist grundsätzlich zu begrüßen. In der Praxis sind die Schwierigkeiten<br />

mit der telefonischen Erreichbarkeit und mit dem Orientierungssystem noch nicht ausgeräumt.<br />

Außerdem wäre zu überlegen, ob die Zusammenfassung der Finanzämter zu weniger und<br />

größeren Einheiten nicht sinnvoll sein könnte.<br />

FinanzOnline<br />

Mit FinanzOnline arbeitet die österreichische Finanzverwaltung auf einem technisch sehr hohen<br />

Niveau und kann europaweit einen der höchsten Standards ausweisen. Die Einstellung des<br />

Versands von Zahlscheinen für die Quartalsvorauszahlungen zu Jahresbeginn wurde nach<br />

zahlreichen Beschwerden revidiert. Der Versand soll ab dem 3. Quartal wieder reibungslos<br />

funktionieren.<br />

P R E S S E M II T T E II L U N G<br />

Seite 2


Schnellverfahren statt Finanzstrafverfahren<br />

Die Einführung eines vereinfachten Verfahrens für Nachforderungen aus der Betriebsprüfung<br />

im Finanzstrafgesetz ist zu begrüßen. Dabei geht es um einen 10-prozentigen Zuschlag zum<br />

verkürzten Betrag, mit dem ein Verfahren vermieden und Rechtsfrieden hergestellt wird. Leider<br />

wird in der Praxis diese Möglichkeit oft durch die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens<br />

unterlaufen.<br />

Gerichtsbarkeit<br />

Bundesfinanzgericht statt UFS<br />

Bisher stand gegen Entscheidungen der Finanzverwaltung der Rechtsweg an den<br />

Unabhängigen Finanzsenat und danach an die Höchstgerichte (Verwaltungsgerichtshof und<br />

Verfassungsgerichtshof) offen, ab 2014 übernimmt das Bundesfinanzgericht die Aufgaben des<br />

Unabhängigen Finanzsenats.<br />

Die hohe fachliche Kompetenz der Mitglieder des Unabhängigen Finanzsenats wird vom<br />

Berufstand sehr geschätzt. Bedenklich im Berichtszeitraum waren einige Entscheidungen des<br />

Unabhängigen Finanzsenats, die der herrschenden Verwaltungspraxis und der Fachliteratur<br />

widersprechen, und teilweise vom Verwaltungsgerichtshof korrigiert worden sind. Das führt in<br />

der Praxis zu großen Verunsicherungen.<br />

Zu lange Verfahren<br />

Laut den Tätigkeitsberichten von Unabhängigen Finanzsenat und Verwaltungsgerichtshof für<br />

2011 betrug die durchschnittliche Erledigungsdauer beim Unabhängigen Finanzsenat 19<br />

Monate und beim Verwaltungsgerichtshof 23 Monate, so dass sich eine gesamte<br />

Verfahrensdauer bis zur finalen Entscheidung durch das Höchstgericht von 42 Monaten ergibt.<br />

Dies erscheint der Kammer bei allem Verständnis für die Bemühungen um ein ordentliches<br />

Verfahren verbesserungsbedürftig.<br />

Als bedenkliche Begrenzung des Rechtsschutzes sieht die Kammer das seit 1. Juli 2012<br />

geltende neue Ablehnungsrecht des Verwaltungsgerichtshofes von Beschwerden gegen<br />

Entscheidungen des Unabhängigen Finanzsenats, wenn diese nicht von der Lösung einer<br />

Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängen. Mit dem neuen Revisionsverfahren<br />

beim Bundesfinanzgericht ab 1.1.2014 wird dieses Ablehnungsrecht formal entfallen.<br />

Revisionsverfahren beim Bundesfinanzgericht<br />

Die Kammer sieht die ab 1.1.2014 geltende neue Entscheidungskompetenz des<br />

Bundesfinanzgerichts über die Zulässigkeit einer Revision an den VwGH urteilen zu können<br />

kritisch. Es ist bedenklich, wenn ein Gericht über die Zulässigkeit der Revision gegen sein<br />

eigenes Erkenntnis selbst zu entscheiden hat<br />

P R E S S E M II T T E II L U N G<br />

Seite 3


Finanzpolizei<br />

Ein wesentlicher Teil des Wahrnehmungsberichtes betrifft die vor zweieinhalb Jahren neu<br />

geschaffene Finanzpolizei. Mit Wirkung vom 1. Juli 2013 ist die Finanzpolizei eine bundesweite<br />

Organisationseinheit.<br />

Verfassungsrechtliche Bedenken<br />

Hinsichtlich der umfangreichen Rechte der Finanzpolizei bestehen bei der KWT<br />

verfassungsrechtliche Bedenken. Dies resultiert einerseits auf einer möglichen Einstufung<br />

dieser Organisationseinheit als Wachkörper, die noch dazu Behördenfunktion im Bereich des<br />

Abgabenrechts ausüben kann.<br />

Teilweise wird stark in die Persönlichkeitsrechte eingegriffen. Insbesondere das<br />

Betretungsrecht, das an keine wesentlichen rechtlichen Voraussetzungen geknüpft ist, wird<br />

dabei als sehr weitreichend und überzogen angesehen. Eine vorherige richterliche<br />

Genehmigung ist nicht vorgesehen. Wird der Zutritt zu den Räumlichkeiten nicht gestattet,<br />

können sowohl Zwangsstrafen bis EUR 5.000 als auch Geldstrafen bis EUR 5.000 verhängt<br />

werden.<br />

Gemäß Ausländerbeschäftigungsgesetz kommen den Organen der Abgabenbehörden bei der<br />

Kontrolle nach illegal Beschäftigten sogar Befugnisse der Organe des öffentlichen<br />

Sicherheitsdienstes (Festnahme) zu. Liegt Grund zur Annahme vor, dass Ausländer illegal<br />

beschäftigt werden und sich nicht rechtmäßig im Inland aufhalten, so kann die Finanzpolizei die<br />

betreffenden Personen festnehmen und hat sie unverzüglich der Fremdenpolizeibehörde oder<br />

der nächstgelegenen Sicherheitsdienststelle zu übergeben.<br />

Vertrauensbasis gefährdet<br />

Unbestritten ist, dass Kontrolleinsätze durch Organe der Finanzverwaltung zur Sicherung der<br />

Rechtmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung und zur Verhinderung von<br />

Abgabenhinterziehungen grundsätzlich notwendig und sinnvoll sind. Diese<br />

Finanzpolizeieinsätze haben aber innerhalb der rechtlichen Vorgaben und im Rahmen einer<br />

verhältnismäßigen Vorgangsweise zu erfolgen. Über die Jahre hinweg ist ein großes Vertrauen<br />

zwischen Finanzverwaltung, KWT und Steuerpflichtigen (Stichwort Fair Play) aufgebaut<br />

worden. Es ist zu befürchten, dass diese Vertrauensbasis durch die Einsätze der Finanzpolizei<br />

sukzessive beeinträchtigt werden und als negatives Image auf die Finanzverwaltung ausstrahlt.<br />

Organisationshandbuch<br />

Als ein Problem wird in diesem Zusammenhang von der KWT das Fehlen eines<br />

Organisationshandbuches eingestuft, welches mit 1.7.2013 noch dringlicher wird. Die<br />

Rechtsgrundlagen für die Einsätze der Finanzpolizei sind in unterschiedlichen<br />

Materiengesetzen geregelt und daher auch schwer zu überblicken. Darüber hinaus kann die<br />

Finanzpolizei jedoch auch Aufgaben von den Abgabenbehörden per Auftrag übertragen<br />

bekommen. De facto führt dies dazu, dass für den Normunterworfenen die Aufgaben der<br />

Finanzpolizei und der Finanzämter völlig verschwimmen. Erschwerend kommt dazu, dass der<br />

Seite 4<br />

P R E S S E M II T T E II L U N G


Finanzpolizei in den unterschiedlichen Aufgaben auch noch unterschiedliche Befugnisse<br />

zustehen. Dies scheint nicht nur für die von den Überprüfungen Betroffenen, sondern auch für<br />

die handelnden Organe selbst schwierig zu handhaben sein.<br />

Umfrage zu Beschwerden<br />

Diese Analyse wird durch eine Umfrage unterstützt, mit der die KWT zu Jahresbeginn 2013 die<br />

konkreten Erfahrungen der Steuerberatern mit der Finanzpolizei abgefragt hat. Die Berichte<br />

sind in der großen Mehrheit sehr negativ.<br />

Die mit Abstand häufigsten Vorwürfe der Steuerberater und ihrer Klienten sind:<br />

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<br />

überfallsartige Vorgangsweise<br />

Druck und Einschüchterung<br />

unverhältnismäßige Durchführung der Amtshandlung<br />

keine Rücksichtnahme auf den laufenden Geschäftsbetrieb<br />

unterlassene oder mangelhafte Aufklärung über den zu überprüfenden Sachverhalt<br />

unterlassene oder mangelhafte Aufklärung über Rechte<br />

fehlende oder mangelhafte Protokollierung<br />

Das Verhalten der Finanzpolizei wird in vielen Wahrnehmungen sogar als "rechtsstaatlich<br />

bedenklich" eingestuft.<br />

Verhandlungen ohne Ergebnis<br />

Verhandlungen mit den Verantwortlichen für die Finanzpolizei im Bundesministerium für<br />

Finanzen haben bisher keine Verbesserung der Situation gebracht. Die kritisierten<br />

Vorkommnisse werden trotz der Häufung als angesichts der Vielzahl an Einsätzen<br />

vernachlässigbare Einzelfälle oder als Übertreibung der Betroffenen abgetan, die sich aus der<br />

mangelnden Erfahrung mit einer neu geschaffenen und aufgrund ihrer Aufgaben naturgemäß<br />

unangenehmen Polizeieinheit erklären. Die Kammer hat die Sicht der Kollegenschaft und die<br />

Bedenken hinsichtlich Rechtsstaatlichkeit und Auswirkungen auf das Vertrauensverhältnis<br />

zwischen Behörde und Bürger in einem Brief an Frau Bundesminister Dr. Fekter vom 5. März<br />

2013 dargelegt und um einen Gesprächstermin ersucht. Der Brief blieb bis heute<br />

unbeantwortet.<br />

Das Finanzministerium schlägt vor, in gemeinsamen Informationsveranstaltungen über die<br />

Rechte der Finanzpolizei aufzuklären und über die Beschwerdemöglichkeit bei Überschreitung<br />

der Kompetenzen zu informieren. Jeder Beschwerde im konkreten Einzelfall werde<br />

nachgegangen. Diese Lösungsvorschläge reichen aber nicht aus. Die Vielzahl der<br />

Beschwerden lassen die Erklärung es gehe um Kompetenzüberschreitungen in Einzelfällen<br />

nicht zu.<br />

P R E S S E M II T T E II L U N G<br />

Seite 5


Lösungsmöglichkeiten<br />

Nach Meinung der KWT sind die Problemfelder gemeinsam zu definieren und für jedes<br />

Problemfeld sind Lösungen auszuarbeiten. Zu diesen Problemfeldern gehören jedenfalls:<br />

Klärung der verfassungsmäßigen Bedenken<br />

Angemessener Rechtsschutz<br />

Vorlage des Organisationshandbuchs<br />

Unterscheidung unterschiedlicher Rechtsmaterien vor Ort. (Es ist nicht nötig die<br />

Überprüfung der Kassenrichtlinie per unangekündigtem Polizeieinsatz durchzuführen.<br />

Dazu reicht eine Terminvereinbarung.)<br />

Unverhältnismäßigkeit bei Betretungsrechten und Strafdrohung bei Verweigerung.<br />

Ausbildung der Beamten hinsichtlich Tonalität und Auftreten.<br />

P R E S S E M II T T E II L U N G<br />

Seite 6

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