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Vortrag: Hilfen zur Erziehung im Zwiespalt zwischen kommunalem ...

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<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> <strong>im</strong> <strong>Zwiespalt</strong><br />

<strong>zwischen</strong> <strong>kommunalem</strong><br />

Finanzdruck und steigenden<br />

Anforderungen“<br />

Fachtag Jugendhilfeplanung 20.3.2013<br />

Landkreis Sächs. Schweiz - Osterzgebirge<br />

Ullrich Gintzel 1


Gesellschaftlich Begründung<br />

für qualifizierte Jugendhilfe<br />

• Jugend als Zukunftsträger<br />

• Jugend als gesellschaftliche Ressource<br />

• Demographische Entwicklung<br />

• Teilhabe und Humanität<br />

• Unterstützung als soziale Befriedung<br />

• frühe Hilfe als Ressourcenschonung<br />

• Jugendhilfe als Sozialisationsinstanz<br />

Ullrich Gintzel 2


Sozialleistungen in<br />

Deutschland 2006<br />

Ullrich Gintzel 3


Jugendhilfe ist nur als<br />

Ganzes gut<br />

(Schrapper)<br />

• Kindertagesbetreuung<br />

• Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, erz.<br />

Kinder- und Jugendschutz<br />

• Förderung der <strong>Erziehung</strong> in der Familie<br />

• <strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong>, Eingliederungshilfe,<br />

Hilfe für junge Volljährige<br />

Ullrich Gintzel 4


Rechtliche Begründung für die<br />

Hilfe <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> § 27 SGB VIII<br />

• Eltern haben Anspruch auf HzE,<br />

• „wenn eine dem Wohl des Kindes<br />

oder Jugendlichen entsprechende<br />

<strong>Erziehung</strong> nicht gewährleistet ist und<br />

die Hilfe für seine Entwicklung<br />

geeignet und notwendig ist“<br />

Ullrich Gintzel 5


Mädchen und Jungen mit HzE-<br />

Bedarf - Wandel d. Sozialisation<br />

• Andauernde Armutserfahrungen<br />

• Status unterhalb der sozialen Respektabilität (Dörre)<br />

• Diskontinuität der Lebensverhältnisse<br />

• Isolation der Familie<br />

• Überforderung der Familie<br />

• Erschöpfte Familien – Pych. Erschöpfung<br />

• Psychische Auffälligkeiten - Erkankungen<br />

• Vernachlässigungen (Gewalt)<br />

Ullrich Gintzel 6


Kommunale Verantwortung für<br />

die Jugendhilfe<br />

• Kreise und kreisfreie Städte sind die<br />

Örtlichen Träger der Jugendhilfe<br />

• Un<strong>zur</strong>eichende Finanzausstattung der<br />

kommunalen Ebene<br />

• Un<strong>zur</strong>eichender Einfluss auf die<br />

Einnahmen<br />

• Jugendhilfeplanung als Steuerinstrument<br />

Ullrich Gintzel 7


1.0 %<br />

14.3 %<br />

84.7 %<br />

Ausgaben<br />

Bund 1 %<br />

Länder 14.3 %<br />

Kreise, Städte 84,7 %<br />

Quelle (IJAB 2009)<br />

Ullrich Gintzel 8


8,0%<br />

0,5%<br />

5,9%<br />

26,6%<br />

59,0%<br />

Tageseinrichtungen für Kinder<br />

<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong>, Hilfe für junge Volljährige<br />

Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit<br />

allg. Förderung der <strong>Erziehung</strong> in der Familie<br />

Sonstige<br />

Ausgaben Juhi nach Leistungsart<br />

2007 bundesweit<br />

Anstieg 2002 – 2010 = 29 % i. Ostdt.<br />

Ullrich Gintzel 9


Prekäre Lebenslagen und<br />

Hilfebedarf<br />

• Armut – bundesweit<br />

• 61 % aller Familien in HzE in Transferbezug<br />

• 72 % bei den Alleinerziehenden-Familien<br />

• 48 % Alleinerziehende<br />

• Sachsen (HzE ohne EB)<br />

• 78 % in Transferbezug<br />

• 54 % Alleinerziehenden-Familien<br />

Ullrich Gintzel 10


Gesellschaftliche<br />

Anforderungen an Familien<br />

• Gestiegene Erwartungen an Familie<br />

• Bewältigung von Unsicherheiten<br />

• Bewältigung von Mobilität und Flexibilität<br />

• Familie als Bildungsagentur<br />

• Erhöhung von Anpassungsdruck<br />

• Verstärkte Kontrolle<br />

Ullrich Gintzel 11


Sozioökonomische<br />

Lebenslagen und Fallzahlen<br />

• „Die steigenden Fallzahlen in den<br />

<strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> sind in einer<br />

Verbindung zu den sich ver -<br />

schlechternden sozioökonomischen<br />

Lebenslagen für Familie und den<br />

brüchiger werdenden Familienkonstellationen<br />

zu sehen“<br />

• (Tabel, Fendrich, Pothmann: Komdat 3/11)<br />

Ullrich Gintzel 12


Konkreter Erfahrungshintergrund<br />

• Kinder sind verletzlicher (?)<br />

• Frühe negative Bindungserfahrungen<br />

• Verhaltensentwicklung bei sozialer<br />

Ausgegrenztheit<br />

• Anteil psychisch kranker Eltern n<strong>im</strong>mt zu<br />

• Erschöpfte Eltern – un<strong>zur</strong>eichende<br />

Geborgenheit<br />

• Erleben früher Konkurrenz<br />

Ullrich Gintzel 13


Wesentliche Veränderungen bei<br />

der Hilfegewährung<br />

• (2004 – 2010)<br />

• SPFH – Anstieg HzE unter 5 Std. FL (33-43%)<br />

• SPFH – weniger als ein Jahr (48 – 55 %)<br />

• Vollzeitpflege in Monaten (50 – 40)<br />

• He<strong>im</strong>erziehung in Monaten ( 27 – 20)<br />

• (Quelle: akjstat: Monitor <strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong> <strong>Erziehung</strong> 2012)<br />

• Anstieg Entzug elterliche Sorge um 87 % (2000 –<br />

2011)<br />

• Teilweiser Entzug elt. Sorge um 70 %<br />

Ullrich Gintzel 14


Vernachlässigte Bedarfe<br />

• Psychische Störungen (¼ u 12 Ki in Sachsen i.<br />

Behdl.)<br />

• Kinder psychisch kranker Eltern<br />

• M/J ohne Schulabschluss<br />

• Schulverweigerung<br />

• Auffälligkeit Schulaufnahmeuntersuchung<br />

(12 – 38 %)<br />

Ullrich Gintzel 15


Kosten unwirksamer<br />

<strong>Hilfen</strong><br />

• Falsche und schlechte <strong>Hilfen</strong> schädigen<br />

Mädchen, Jungen und Familien!<br />

• 54,5 % ungeplant beendete He<strong>im</strong>erziehg.<br />

(= 2011 / 1991 = 33,2 %)<br />

• 43,5 % ungepl. beend. HzE Vollzeitpflege<br />

• 37,6 % ungeplant beendete SPFH<br />

• Geschlossene Unterbringung<br />

Ullrich Gintzel 16


Zusammenhang von<br />

Ausstattung ASD - Kosten<br />

• Geringe infrastrukturelle Ressourcennutzung<br />

• Un<strong>zur</strong>eichende Beratung der Familie<br />

• Nicht ausreichend Zeit <strong>zur</strong> Hilfeplanung<br />

• Mängel in der Fortschreibung von <strong>Hilfen</strong><br />

• Nicht ausreichend Zeit <strong>zur</strong> Beteiligung der<br />

AdressatInnen<br />

• Un<strong>zur</strong>eichende Kooperation mit Freier Jugendhilfe<br />

• Mangelhafte systematische Auswertung<br />

• ASD sind gegenwärtig nicht in der Lage ihre Aufgaben<br />

zu erfüllen. (BAG ASD/KSD 10/2012)<br />

Ullrich Gintzel 17


Folgen von Strukturdefiziten<br />

• Mangelnde Beteiligung – häufigeres<br />

Scheitern<br />

• Un<strong>zur</strong>eichende Hilfeplanung – Abbruch<br />

von <strong>Hilfen</strong><br />

• Abbruch von <strong>Hilfen</strong> – Eskalation d. Krise<br />

• Entstandene Kosten führen nicht zu<br />

Krisenbewältigung<br />

Ullrich Gintzel 18


Veränderungen in der<br />

<strong>Erziehung</strong>shilfe<br />

• Erhöhung der Kooperationsanforderungen<br />

(Jugendhilfe – Schule – Bildung – Justiz)<br />

• Differenzierung der Handlungsfelder<br />

• Spezialisierung von Einrichtungen und<br />

Fachkräften<br />

• Wettbewerb und Konkurrenz – Gewerbliche<br />

Träger<br />

• Vernachlässigung von Infrastruktur<br />

Ullrich Gintzel 19


Veränderungen in der HzE II<br />

• Frühe <strong>Hilfen</strong> für Familien (?)<br />

• Vernetzungsanspruch ohne Ressourcen<br />

• Ausstattung der ASD<br />

• Verringerung der Standards bei Angeboten<br />

• Wettbewerb unter Leistungsanbietern<br />

• Spezialisierung und Einzelausschreibung<br />

• Reduzierung von Leistungen (z.B. SPFH, §41)<br />

• Anstieg von Verlegen und Abschieben<br />

• Zunahme von Geschlossener Unterbringung<br />

Ullrich Gintzel 20


Problematische Praxis HzE<br />

• Frühe Kontrolle setzt ein<br />

• <strong>Hilfen</strong> werden stark begrenzt<br />

• Erprobungshaltung statt differenzierter<br />

Hilfeplanung<br />

• <strong>Hilfen</strong> werden aus Kostengründen<br />

abgebrochen<br />

• Abschiebung von Kindern in die KJP<br />

• Tendenz der außerfamiliären Hilfe bei U6<br />

• Tendenz der Übertragung von <strong>Hilfen</strong> an Laien<br />

Ullrich Gintzel 21


(Neue?) Anforderungen an das<br />

Hilfesystem<br />

• Auf-/Ausbau sozialräumlicher, niedrigschwelliger<br />

Angebote für Familien (in Krisen; Beratung)!<br />

• Kompensation von Armutsfolgen<br />

• Ausbau Früher <strong>Hilfen</strong> als Regelangebote<br />

• Inklusive Schulangebote für Kinder in <strong>Erziehung</strong>shilfe<br />

• Mehr ganzheitliche <strong>Hilfen</strong><br />

• Integrierte <strong>Hilfen</strong> auch <strong>im</strong> Sinne von Bündelung<br />

• Neue Kooperations- und Finanzierungssysteme für<br />

kooperative <strong>Hilfen</strong> (Jugendhilfe – Gesundheit - Bildung)<br />

• Unabhängige Rechtshilfe- und Beschwerdestellen<br />

Ullrich Gintzel 22


Faktoren für die<br />

Inanspruchnahme HzE<br />

• Sozialstruktur<br />

• Demographische Entwicklung<br />

• Rechtsgrundlagen<br />

• Komm. Polititische Rahmenbedingungen<br />

• Wahrnehmung und Definitionsprozesse<br />

• Infrastrukturressourcen incl.<br />

Personalausstattung<br />

Ullrich Gintzel 23


Literaturhinweise<br />

• Akjstat: KomDat: Kommentierte Daten der Kinder- und Jugendhilfe. 3/2011;<br />

3/2012<br />

• Drößler, Thomas / Gintzel, Ullrich (Hg.): Vom Eigensinn<br />

sozialpädagogischer Fachlichkeit. Aachen 2006<br />

• Fendrich, Sandra /Pothmann, Jens / Tabel, Agathe: Monitor <strong>Hilfen</strong> <strong>zur</strong><br />

<strong>Erziehung</strong> 2012, Dortmund 2012<br />

• Gintzel, Ullrich /Clausnitzer, Sebastian / Drößler, Thomas / Louise Mummert<br />

/Rudolph, Martin: Kinderarmut und kommunale Handlungsoptionen.<br />

Obladen 2008<br />

• IJAB: Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland. Bonn 2009<br />

• Münder, Johannes / Meysen, Thomas / Trenczek, Thomas (Hg.):<br />

Frankfurter Kommentar zum SGB VIII: Kinder- und Jugendhilfe. Weinhe<strong>im</strong><br />

2009<br />

• Sächsisches Staatsministerium für Soziales: Zweiter und Dritter<br />

Sächsischer Kinder- und Jugendbericht Dresen 2003 und 2008<br />

• Ader, Sabine; Schrapper, Christian: Wie aus Kindern in Schwierigkeiten<br />

"schwierige Fälle" werden. In: Forum <strong>Erziehung</strong>shilfen 1/2002<br />

• Wiesner, Reinhard: SGB VIII. Kinder- und Jugendhilfe. München 2011<br />

Ullrich Gintzel 24

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