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Integrationsjournal November 2013 - Lehrerweb

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I-JOURNAL <strong>November</strong> <strong>2013</strong><br />

Eine Ära geht zu Ende ...<br />

Regierungsrat Richard Felsleitner hat sich entschieden mit Ende <strong>November</strong> <strong>2013</strong> seine berufliche Tätigkeit<br />

im Stadtschulrat für Wien zu beenden.<br />

Mit ihm geht eine langjährige erfolgreiche Ära im sonderpädagogischen Bereich des Wiener Schulwesens<br />

zu Ende. Ich bin überzeugt, dass neben der Darstellung des beruflichen Werdeganges des scheidenden<br />

Inspektors auch zahlreiche Interpretationen zur pädagogischen Bedeutung seines Wirkens zu hören und<br />

zu lesen sein werden.<br />

Nahezu zwanzig Jahre hatte ich das Vergnügen Seite an Seite mit Richard Felsleitner zu arbeiten und ich<br />

möchte in diesem Artikel die menschlichen Aspekte, die sich in all den Jahren für mich immer wieder ganz<br />

deutlich abzeichneten, aus meiner Sicht darstellen.<br />

Bei allen Fällen, die mein lieber Kollege und Freund Richard Felsleitner behandelte und die wir erfreulicherweise<br />

häufig auch gemeinsam lösten, brachte er immer wieder differenzierte Sichtweisen ein. Zu aller erst<br />

stand für ihn immer die Frage im Zentrum, was die angedachte Lösung für das betroffene Kind bzw. die<br />

betroffenen Kinder und ihre Eltern an Auswirkung bringen würde, aber auch die Folgen für die LehrerInnen<br />

wurden von ihm immer mitbedacht.<br />

Umfassenden Überlegungen wurden von ihm sowohl in Einzelfällen als auch hinsichtlich grundlegender<br />

gesetzlicher Bestimmungen angestellt.<br />

Dieser primär kindzentrierte Ansatz zeichnete Kollegen Felsleitner aus und führte immer wieder zu Kontrapositionen<br />

zu anderen sogenannten Fachleuten, die deutlich organisatorische, finanzielle und andere<br />

formale Argumente in den Vordergrund schoben.<br />

Hier ist der Punkt, wo unbedingt erwähnt werden muss, dass Richard in zahlreichen Fällen ungemein fantasievolle,<br />

aber stets kindzentrierte Lösungen kreierte, die häufig nur mehr dem Schlagwort „sich in Rufweite<br />

des Gesetzes zu befinden” entsprachen. Dass solche Lösungen immer wieder zu sorgenerfüllten Zwischenrufen<br />

der Rechtsabteilung, der Personalabteilung und Abteilungen des Stadtschulrates bzw. diverser<br />

Ministerien führten, muss hier nicht mehr besonders festgehalten werden.<br />

Wer, so wie ich, das Vergnügen hatte, ihn in konkreten Begegnungen mit Kindern und Eltern zu erleben, der<br />

weiß, wie gut und diplomatisch er einerseits auf Kinder eingehen konnte andererseits bei Bedarf aber auch<br />

sehr klar und kompromisslos mit Eltern umging. Er zeigte sowohl Kindern als auch Eltern und Erziehungsberechtigten<br />

sehr deutlich, wo Grenzen gesetzt und eingehalten werden müssen.<br />

In vielen Fällen vereinbarten wir eine „Doppelconference”, wobei vorher festgelegt wurde, wer die Rolle<br />

des „guten” und wer die Rolle des „bösen” Inspektors übernehmen würde und wir erzielten mit dieser Vorgangsweise<br />

immer wieder frappante Erfolge. Das Modell der Doppelconference wurde von uns auch in den<br />

Bereich von Referaten zu (sonder-)pädagogischen Themen erfolgreich übernommen und wir „tingelten” mit<br />

unserer pädagogischen Show zum Wiener Modell der Integration durch viele österreichische und deutsche<br />

Bundesländer, aber auch durch die Schweiz.<br />

Ich muss aber im Zusammenhang mit dieser hohen persönlichen Qualität Richards hier auch eine Besonderheit<br />

in seiner Art zu arbeiten anmerken, die mir immer wieder Sorge bereitete. Er war in Konfliktsituationen<br />

eigentlich zu jeder Tages- und Nachtzeit erreichbar und dann auch bereit, sich wirklich lange und ausführlich<br />

mit dem jeweiligen Fall und den involvierten Menschen zu beschäftigen. Dieser außerordentliche<br />

klientenzentrierte Ansatz brachte ihn in den vielen Jahren seiner beruflichen Tätigkeit immer wieder an die<br />

Grenzen seiner sowieso weit über dem Durchschnitt liegenden Leistungsfähigkeit.<br />

Er verstand es sehr gut, in Bereichen außerhalb seines Berufs neue Kräfte zu tanken. Jeder, der ihn auf<br />

einem seiner exquisiten Fahrräder anbrausen sah, konnte erleben, dass Richard eine, für einen Regierungsrat<br />

sichtlich außergewöhnliche Art der Fortbewegung liebt.<br />

Sein hohes Fachwissen auf künstlerischem Gebiet beeindruckte immer wieder Insider, sowohl im Bereich<br />

der Oper und der klassischen Musik als auch beim Jazz, ganz zu schweigen von Theater und Film bis hin<br />

zum Kabarett.<br />

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