Rotkohl - Liebfrauenschule Vechta
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Versuch 1: <strong>Rotkohl</strong> oder Blaukraut ? Die Farbe des <strong>Rotkohl</strong>farbstoffes in Abhängigkeit<br />
vom pH-Wert<br />
Durchführung: <strong>Rotkohl</strong>blätter werden in kleine Streifen geschnitten und einige Minuten<br />
ausgekocht. Anschließend wird die stark gefärbte Lösung durch ein Tuch filtriert. Der<br />
erhaltene <strong>Rotkohl</strong>extrakt wird für alle folgenden Versuche eingesetzt.<br />
In acht Reagenzgläser werden je 3 Milliliter <strong>Rotkohl</strong>saft gegeben. Anschließend wird bis zur<br />
Hälfte mit Wasser aufgefüllt. Dann geben wir in die Reagenzgläser:<br />
a) farblosen Essig (pH = 3,0)<br />
b) frisch gepressten Zitronensaft (pH = 2,4)<br />
c) frisch gepressten Apfelsaft (pH = 4,53)<br />
d) Geschirrspülmittel (pH = 6,7)<br />
e) Weißwein (pH = 3,48)<br />
f) Backpulver (pH = 7,3)<br />
g) Vollwaschmittel (pH = 10,6)<br />
h) Pulver für die Geschirrspülmaschine (pH = 8,9)<br />
Danach werden die Reagenzgläser mit Stopfen verschlossen und geschüttelt. Nach einigen<br />
Minuten werden sie fotografiert. Die pH-Werte werden mit einem pH-Meter gemessen (s.o.).<br />
Abb. 1: <strong>Rotkohl</strong>extrakt mit Haushaltschemikalien: von links nach rechts Lösungen a - h (siehe oben)<br />
Beobachtung: In Abhängigkeit vom pH-Wert treten unterschiedliche Farben auf. Der<br />
<strong>Rotkohl</strong>saft ist bei niedrigen pH-Werten (in Säuren) rot, bei höheren pH-Werten (in Laugen)<br />
lila, blau, grün und schließlich gelb.<br />
Ergebnis: Der <strong>Rotkohl</strong>farbstoff ändert seine Farbe in Abhängigkeit vom pH-Wert.<br />
<strong>Rotkohl</strong>farbstoff ist ein pH-Indikator. Die Lösungen in den Reagernzgläsern a,b,c, e sind<br />
Säuren, die Lösungen d ist schwach sauer, Lösung f leicht alkalisch. Die Lösungen g und h<br />
sind Laugen.<br />
2
Zusatzversuch: <strong>Rotkohl</strong>extrakt wird in Pufferlösungen mit unterschiedlichen pH-Werten<br />
gegeben: Zu den pH-Werten der Pufferlösungen siehe Bildunterschrift. Wir wollen dadurch<br />
klare Lösungen für eine photometrische Untersuchung erhalten.<br />
Abb. 2: <strong>Rotkohl</strong>extrakt in Lösungen mit den pH-Werten 1, 2, 4, 7, 9, 11<br />
(von links nach rechts)<br />
Beobachtung: Bei pH = 1 und pH = 2 ist die Lösung rot, bei pH = 4 pink, bei pH = 7 lila, bei<br />
pH = 9 blau, bei pH = 11 grün. Nach längerem Stehen verfärbt sich die grüne Lösung bei pH<br />
= 11 gelb.<br />
Ergebnis: Die Farbveränderungen sind bei den Pufferlösungen und den<br />
Haushaltschemikalien ähnlich. Das bestätigt unsere Deutung, dass die Farbe des<br />
<strong>Rotkohl</strong>farbstoffes vom pH-Wert abhängt. Die Grünfärbung entsteht, weil gelbe neben blauen<br />
Farbstoffen vorliegen. Nach einiger Zeit wandelt sich der blaue Farbstoff völlig in den gelben<br />
um.<br />
Fotometrie: Mit einem Fotometer werden Absorptionsspektren der Farbstofflösungen in den<br />
Pufferlösungen mit unterschiedlichen pH-Werten aufgenommen: Die Lösung bei pH = 11 ist<br />
zum Zeitpunkt der Untersuchung bereits gelb.<br />
2,5<br />
E [ ]<br />
2<br />
1,5<br />
1<br />
pH 1<br />
pH 2<br />
pH 4<br />
pH 7<br />
pH 9<br />
pH 11<br />
0,5<br />
0<br />
400 500 600 700 800<br />
Wellenlänge [nm]<br />
Abb. 3: Absorptionsspektren bei unterschiedlichen pH-Werten<br />
3
Ergebnis: Das Absorptionsverhalten des <strong>Rotkohl</strong>farbstoffes ändert sich mit dem pH-Wert.<br />
Der rote Farbstoff absorbiert vor allem bei etwa 500 nm. Die Absorption des pinken<br />
Farbstoffes liegt etwas höher (530 nm). Der lila und der blaue Farbstoff absorbieren um 600<br />
nm. Der gelbe Farbstoff absorbiert v.a. bei 400 nm.<br />
Sichtbar wird jeweils die Komplementärfarbe der absorbierten Farbe.<br />
Weiter führende Informationen zu den bisher beschriebenen Experimenten:<br />
In <strong>Rotkohl</strong> ist der Farbstoff Cyanin enthalten. Das Molekül besteht aus Cyanidin, das mit<br />
zwei Zuckermolekülen verknüpft ist. Dieser Farbstoff besitzt bei unterschiedlichen pH-<br />
Werten unterschiedliche Strukturen. Bei hohen pH-Werten wandelt sich der blaue Farbstoff<br />
langsam in einen gelben um.<br />
Bild<br />
In vielen Blütenblättern und roten Früchten sind ähnliche Farbstoffe enthalten.<br />
Tabelle<br />
Abb. 4: Struktur des Cyanidinmoleküls bei unterschiedlichen pH-Werten<br />
4
Versuch 2: <strong>Rotkohl</strong> unter Spannung<br />
Durchführung: Ein gefaltetes Papiertaschentuch wird in zwei Hälften geschnitten. Danach<br />
wird das eine mit rot gefärbtem <strong>Rotkohl</strong>saft (angesäuert mit Speiseessig) und das andere in<br />
frisch ausgekochtem <strong>Rotkohl</strong>saft (lila) getränkt. Es werden je zwei Kupferelektroden parallel<br />
auf das Papier gelegt. Dann werden diese an eine Gleichspannungsquelle bei etwa 4,5 Volt für<br />
ca. 10 Minuten angeschlossen.<br />
+ - + - + -<br />
Abb 5 a: Rotes Taschentuch<br />
während des Versuchs<br />
Abb 5 b: Blaues<br />
Taschentuch während des<br />
Versuchs<br />
Abb 5 c: Blaues<br />
Taschentuch nach dem<br />
Versuch (getrocknet)<br />
Beobachtung: Bei dem Versuch tritt nach einigen Minuten am Pluspol jeweils eine<br />
Blaufärbung auf. Diese ist bei der angesäuerten Lösung ausgeprägter. Am Minuspol verfärbt<br />
sich der Farbstoff jeweils grün. Der Bereich des Minuspols verfärbt sich nach einigen Stunden<br />
bei dem Ansatz, in dem der nicht angesäuerte <strong>Rotkohl</strong>extrakt verwendet wurde, gelb.<br />
Deutung: Die Blaufärbung deutet darauf hin, dass am Pluspol jeweils das Farbstoff-Anion<br />
angereichert wird oder entsteht. Am Minuspol bildet sich die gelbe Form des Farbstoffes.<br />
Diese tritt bei hohen pH-Werten auf. Bei der Elektrolyse werden am Minuspol Protonen<br />
verbraucht. Deshalb steigt dort der pH-Wert:<br />
2 H + + 2e - ➙ H 2<br />
Zunächst überlagert sich die gelbe Farbe noch mit der des blauen Farbstoffes. Die Umgebung<br />
des Minuspols färbt sich zuerst grün. Nach längerer Zeit wandeln sich alle Farbstoffe in der<br />
Nähe des Minuspols in die gelbe Form um.<br />
5
Versuch 3: Ionenwanderung:<br />
Durchführung: Mit Essig angesäuerter <strong>Rotkohl</strong>saft wird in den mittleren Schenkel eines<br />
dreischenkligen U-Rohres gefüllt. In den äußeren Schenkeln befindet sich Essig. In die<br />
äußeren Schenkel werden Grafitelektroden getaucht. eine Gleichspannung von 20 V wird<br />
angelegt.<br />
+ -<br />
Abb. 6: Ionenwanderung<br />
Beobachtung: Der rote Farbstoff wandert in Richtung Minuspol.<br />
Deutung: Bei den Molekülen des roten Farbstoffes handelt es sich um Kationen. Dieses<br />
Deutung wird durch Abb. 4 bestätigt.<br />
Ergänzung: Die gelbe Lösung bei hohen pH-Werten wird ebenfalls untersucht. Es tritt keine<br />
Ionenwanderung auf. Die Moleküle des gelben Farbstoffes tragen keine Ladung.<br />
Abb 7: Gelbe Form des Farbstoffes (Chalcon)<br />
6
Versuch 4: Komplexbildung:<br />
Durchführung: <strong>Rotkohl</strong>extrakt wird in einer Pufferlösung mit dem pH-Wert 5,7 gelöst. Die<br />
Lösung wird auf vier Reagenzgläser verteilt. Man gibt in Reagenzglas 2 eine Spatelspitze<br />
Magnesiumchlorid, in Reagenzglas 3 Eisen-III-chlorid und zu Reagenzglas 4<br />
Kaliumaluminiumsulfat.<br />
Abb. 8: <strong>Rotkohl</strong>extrakt bei pH = 5,7 von links nach rechts: ohne Zusatz,<br />
mit Magnesiumchlorid, mit Eisen-III-chlorid, mit Kaliumaluminiumsulfat<br />
Beobachtung: In Reagenzglas 2 tritt keine Verfärbung auf, der Inhalt von Reagenzglas 3<br />
färbt sich violett, der von Reagenzglas 4 blau.<br />
Deutung: Anthocyane bilden mit einigen Metallionen Komplexverbindungen. Dabei treten<br />
Farbänderungen auf. Hier bildet Cyanidin Komplexe mit Fe 3+ - und Al 3+ -Ionen.<br />
Zusatzinformation: Gärtner nutzen diese Reaktion aus, wenn sie bei Hortensien dem<br />
Gießwasser Eisen- oder Aluminiumsalze zufügen und so Blaufärbung der Blüten erreichen.<br />
Abb. 9: Komplexbildung des Cyanidins mit Aluminiumionen<br />
7
Versuch 5: Chromatographie:<br />
Durchführung: In die Mitte von Rundfiltern wird jeweils mit dem <strong>Rotkohl</strong>extrakt ein etwa<br />
0,5 cm breiter Farbklecks aufgetragen. Dann wird verschiedene Laufmittel tropfenweise<br />
langsam in die Mitte des Farbkleckses gegeben, so dass dieser langsam verläuft. Da im<br />
Unterricht in unserer Klasse viele Arbeitsgruppen tätig sind, werden viele verschiedene<br />
Lösungsmittelgemische (aus Wasser, Ethanol, Aceton, Natronlauge und Weinsäure) getestet<br />
Abb. 10: Ergebnisse der Chromatographieversuche<br />
Beobachtung: Mit einigen Lösungsmitteln kann man deutlich zwei Farbzonen unterscheiden.<br />
Die besten Trennergebnisse erhalten wir mit Weinsäurelösung der Konzentration 0.01 mol/l.<br />
Abb. 11: Ergebnis der Chromatographie mit Weinsäurelösung<br />
Deutung: <strong>Rotkohl</strong>saft enthält (vermutlich) zwei Anthocyane.<br />
Eine Zufallsentdeckung: Beim Bestrahlen der<br />
Chromatogramme stellten wir fest, dass der<br />
gelbe Farbstoff hell leuchtete. Dieses<br />
Phänomen heißt Fluoreszenz.<br />
Abb. 12: Fluoreszenz des gelben Farbstoffes<br />
(vgl. mit Bild 10 unten rechts)<br />
Versuch 6: Mikroskopie<br />
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Durchführung: Von Unterseite eines <strong>Rotkohl</strong>blattes wird mit einer Rasierklinge eine dünne<br />
Schicht abgetrennt und auf einen Objektträger in einen Tropfen Wasser gegeben. Ein<br />
Deckgläschen wird aufgelegt. Das mikroskopische Bild wird mit einer Digitalkamera<br />
fotografiert.<br />
Abb. 13: <strong>Rotkohl</strong>zellen unter dem Mikroskop<br />
(Vergrößerung ca. 800fach)<br />
Beobachtung: Die Zellen erscheinen im Mikroskop nahezu vollständig rot gefärbt. In der<br />
Abbildung 13 ist außerdem eine Spaltöffnung zu erkennen - eine typische Blattstruktur.<br />
Deutung: <strong>Rotkohl</strong>farbstoffe befinden sich in den Vakuolen der Zellen. Das ist typisch für<br />
wasserlösliche Farbstoffe. Die Vakuolen nehmen nahezu den gesamten Zellinnenraum ein.<br />
Versuch 7: Anthocyane bei anderen Pflanzen:<br />
9
Durchführung: In unserer Klasse werden Arbeitsgruppen gebildet. Jede dieser Gruppen<br />
mörsert rote oder blaue Blütenblätter verschiedener Pflanzen mit Wasser und etwas Seesand.<br />
Anschließend wird filtriert. Die Filtrate werden auf jeweils drei Reagenzgläser verteilt. In<br />
eines der Reagenzgläser (auf allen Abbildungen das linke) wird verdünnte Salzsäure, in ein<br />
anderes (jeweils das rechte) Natronlauge gegeben. In das mittlere Reagenzglas kommt etwas<br />
Pufferlösung (pH = 7).<br />
Beobachtung: In (fast) allen Fällen erhalten wir gleichartige Farben. Die sauren Lösungen<br />
sind - wie beim <strong>Rotkohl</strong> - jeweils rot, die alkalischen grün oder gelb. Nach einiger Zeit<br />
verfärbten sich alle alkalischen Lösungen gelb.<br />
Abb 14: Auswahl von Versuchsergebnissen unserer Klasse<br />
10
Deutung: In vielen rot oder blau gefärbten Blütenblättern befinden sich ähnliche Farbstoffe.<br />
Diese Farbstoffe bezeichnet man als Anthocyane. Sie unterscheiden sich nur durch wenige<br />
Seitenketten oder durch die Zucker, mit denen sie verknüpft sind. Wegen ihrer strukturellen<br />
Ähnlichkeit verhalten sich die Farbstoffe auch chemisch ähnlich.<br />
Abb 15: Strukturformeln und Vorkommen von Anthocyanen (Die meisten uns bekannten<br />
Literaturstellen gehen davon aus, dass Cyanidin und nicht Petunidin das Haupt-Anthocyan des<br />
<strong>Rotkohl</strong>s ist). Tabelle aus PdN-ChS 7/49 Jg. 2000<br />
Literaturangaben:<br />
Verwendet wurden v.a.<br />
[ 1] Haas,Ll: Anthocyane - faszinierende Statiomnen in gekoppelten Biosynthesewegen; in: PdN-ChiS<br />
7/49. Jg. 2000<br />
[ 2] Korhammer, H., Pfeifer,P.: Experimente mit Anthocyanen - eine Grundlage für Schülerübungen<br />
in: NiU-Chemie 10 /1999 Nr. 52<br />
[ 3] verschiedene Internetseiten<br />
Die Abb. 4, 7, 9, 15 stammen aus [ 1]<br />
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