Schwerpunktthema: - Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag
Schwerpunktthema: - Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag
Schwerpunktthema: - Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag
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von<br />
<strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong><br />
<strong>im</strong> <strong>Sächsischen</strong> <strong>Landtag</strong><br />
Dokumente und Standpunkte<br />
11-12/2010<br />
Worüber klagen<br />
Bürgermeister?<br />
Wer<br />
spart<br />
unser<br />
Land<br />
kaputt?<br />
Warum bleibt Hartz IV<br />
Armut per Gesetz?<br />
Warum bleibt die<br />
Rundfunkgebühr Topthema?<br />
<strong>Schwerpunktthema</strong>:<br />
Schwarz-Gelb vs. Soziales Sachsen<br />
Weshalb steigt der<br />
Strompreis wirklich?<br />
Wo hält schon bald<br />
kein Bus mehr?<br />
Was wird<br />
aus dem<br />
kulturellen<br />
Reichtum<br />
Sachsens?<br />
Warum bekommen<br />
die Kirchen<br />
so viel Geld?
Das Erste<br />
Inhalt<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
das Internet lässt die Auflage der klassischen<br />
Abo-Zeitungen abstürzen, die Serie<br />
der Enthüllungen von Wikileaks über die Hintergründe<br />
internationaler Regierungs- und<br />
Kriegstaktik treiben führende Nachrichtenmagazine<br />
in die Enge – die Revolution der<br />
Kommunikationstechnologie, deren eigentlicher<br />
Träger das World Wide Web ist, dessen<br />
20. Jahrestag wir <strong>im</strong> kommenden August begehen<br />
können, sprengt nun die gesamte bisherige<br />
Medienlandschaft in die Luft. Auch<br />
wir als <strong>Landtag</strong>sfraktion haben uns diesen<br />
rasanten Entwicklungen zu stellen, wenn wir<br />
am Puls der Zeit bleiben wollen.<br />
Deshalb kann man das PVL wie alle Broschüren<br />
und Faltblätter noch vor Erscheinen<br />
der Druckausgaben online auf der <strong>Fraktion</strong>s-<br />
Homepage lesen – und es gibt inzwischen<br />
virtuelle Flugblätter zu aktuellen Themen:<br />
Unsere neue Serie „LINKS – Logisch!“ bezieht<br />
in max<strong>im</strong>al 1.000 Zeichen Text kurz<br />
und knapp Position und wird überhaupt<br />
nur noch bei Bedarf gedruckt. Neben allen<br />
Pressemitteilungen gehen auch sämtliche<br />
parlamentarische Initiativen sofort online<br />
Parlament von links (pvl) ist das Magazin der <strong>Fraktion</strong><br />
<strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> <strong>im</strong> <strong>Sächsischen</strong> <strong>Landtag</strong>. Pvl erscheint künftig<br />
vier Mal <strong>im</strong> Jahr und ist kostenlos. Abo unter:<br />
Bernhard-von-Lindenau-Platz 1<br />
01067 Dresden<br />
Telefon: 0351/493 5800<br />
Telefax: 0351/493 5460<br />
E-Mail: linksfraktion@slt.sachsen.de<br />
http://www.linksfraktion-sachsen.de<br />
– http://www.linksfraktion-sachsen.de<br />
gehört allein schon vom politischen Nutzwert<br />
her zu den Top-Adressen sächsischer<br />
Landespolitik. Überall und jederzeit abrufbar<br />
– ob am PC, per Laptop, Handy mit Internet-Zugang<br />
oder iPhone.<br />
Zu den neuen Weisheiten unseres Zeitalters<br />
gehört die Feststellung, dass reine<br />
Nachrichten <strong>im</strong>mer mehr an Wert verlieren<br />
– wer täglich bei Google News oder anderen<br />
Plattformen <strong>im</strong> Netz stöbert, findet einen<br />
Großteil von dem, was am nächsten Tag<br />
in der Zeitung steht. Das „Parlament von<br />
links“ bietet genau das, was zurzeit <strong>im</strong> Wert<br />
steigt: Erklärung von Zusammenhängen,<br />
Hintergrund-Analyse, lebensnahe Reportagen,<br />
also alles das, an dem es in der Welt<br />
der schnellen Klicks oft fehlt. Und für diese<br />
Werte lohnt es sich auch in Zukunft, Papier<br />
zu bedrucken, ganz davon abgesehen, dass<br />
sich PVL auf dem Sofa in Papierform <strong>im</strong>mer<br />
noch am bequemsten lesen lässt.<br />
Im neuen Jahr erscheint das PVL ein Mal pro<br />
Quartal (das ist neu) und wird neben den interessierten<br />
Empfängern in aller Welt jeweils<br />
flächendeckend in einer sächsischen Region<br />
an alle Haushalte verteilt (das ist ebenfalls<br />
neu), womit <strong>im</strong>mer ein regionales <strong>Schwerpunktthema</strong><br />
verbunden ist (das ist die dritte<br />
Neuerung). Damit werden die Stärken des<br />
PVL weiter gestärkt und noch viel mehr Menschen<br />
zugänglich gemacht. Außerdem bahnen<br />
sich in der linken Zeitschriften-Szene<br />
Sachsens Veränderungen an, die der <strong>Fraktion</strong><br />
weitere Informationskanäle ermöglichen. So<br />
planen wir in diesem Zusammenhang einen<br />
„Parlaments-Report“, gedruckt wie online.<br />
Lassen Sie sich überraschen. Wir werden<br />
unsere Leser und Leserinnen jedenfalls<br />
auch darüber ständig auf dem Laufenden<br />
halten. Und nun wünsche ich genug Muße<br />
für eine ungestörte Lektüre dieses thematisch<br />
wie <strong>im</strong>mer prall gefüllten Heftes!<br />
Ihr<br />
Marcel Braumann<br />
Impressum:<br />
V.i.S.d.P.: Marcel Braumann<br />
Redaktion: Elke Fahr<br />
Layout: Carola Müller<br />
Auflage: 15.000 Stück<br />
Druck: Druckhaus Dresden GmbH<br />
Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt<br />
die Positionen der <strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> wieder.<br />
Diese Publikation dient der Information und darf in einem<br />
Wahlkampf nicht zur Parteienwerbung eingesetzt werden.<br />
Titelfoto (efa): Mehr als 12.000 Menschen aus ganz Sachsen protestieren<br />
am 3. November dieses Jahres in Dresden vor dem <strong>Sächsischen</strong><br />
<strong>Landtag</strong> gegen die von der Landesregierung geplanten<br />
Kürzungen, vor allem <strong>im</strong> Sozialbereich. Veranstalter war das Bündnis<br />
„Zukunft und Zusammenhalt“, ein Zusammenschluss von Gewerkschaften,<br />
Sozialverbänden, Studierendenvertretungen u.v.a.m.<br />
Seite 24: Cartoon: Harm Bengen/toonpool.com<br />
Das Erste 2<br />
Getrickst und gekürzt –<br />
Sachsen hat den Schaden 3<br />
Dresden – Abu Dhabi – Katar<br />
und zurück 4<br />
Strom-Preistreiberei ist pure Abzocke 5<br />
5 Punkte gegen Armut in Sachsen<br />
Armes Ehremamt –<br />
Es geht ums Ganze 6–7<br />
Kommunen nicht <strong>im</strong> Regen<br />
stehen lassen<br />
Knochenjob Bürgermeister 18–9<br />
Der neue Rundfunkstaatsvertrag 10<br />
Gibt’s da nicht was von Ratiopharm? 11<br />
<strong>Fraktion</strong>s-Denkschmiede 11<br />
Schwarz-Gelb versus<br />
Soziales Sachsen 12–13<br />
Nach dem Marsch ist vor dem Marsch 14<br />
Beamten-Mahnwache gegen<br />
Gehaltskürzungen 14<br />
Lehrerbildung in Sachsen 15<br />
Parlamentarische Initiativen 16<br />
Plakate über eine vieldeutige politische<br />
Landschaft 16<br />
Die Neuordnung der<br />
EU-Strukturpolitik<br />
und ihre Auswirkungen auf Sachsen 17<br />
Operation gelungen,<br />
Patient tot 18–19<br />
20 Jahre <strong>LINKE</strong> Politik in Sachsen 20<br />
Rumba zum Rücktritt vom Rücktritt 20<br />
Braucht Deutschland staatlich<br />
al<strong>im</strong>entierte Religionsgemeinschaften? 21<br />
Serbska Strona 22<br />
Resümee einer parlamentarischen<br />
Landpartie durch die Lausitz 23<br />
Ganz LINKS be<strong>im</strong> Tag der offenen Tür 23<br />
Das Letzte 16<br />
2 pvl 11-12/2010
Getrickst und gekürzt –<br />
Sachsen hat den Schaden<br />
Die schwarz-gelbe sächsische Koalition<br />
geriet be<strong>im</strong> Haushalt-Machen gleich mehrfach<br />
aus der Fassung: Zunächst ging man<br />
von einer Etat-Schrumpfung um 1,7 Milliarden<br />
Euro allein <strong>im</strong> Jahr 2011 aus. Einige<br />
Monate später war dann noch von einer<br />
Abnahme des 2011er Haushaltsvolumens<br />
von 1,2 Milliarden die Rede, ehe erneut<br />
korrigiert wurde: Steuermehreinnahmen<br />
für die beiden nächsten Jahre in Höhe von<br />
500 Millionen Euro.<br />
Die Taktik ist ebenso einfach wie leicht<br />
durchschaubar: Man kündigt exorbitante<br />
Streichungen an, lässt den Protest stoisch<br />
über sich ergehen und spielt sich dann<br />
noch als Wohltäter auf, der verkündet, dass<br />
alles doch nicht ganz so schl<strong>im</strong>m komme.<br />
Wochenlang publizieren die Koalitionsfraktionen<br />
fast <strong>im</strong> Tagestakt Änderungen des<br />
Haushalts, die verglichen mit den großen<br />
Grausamkeiten insbesondere <strong>im</strong> Jugendund<br />
Sozialbereich aber letztlich nur Peanuts<br />
sind. CDU und FDP versuchen so, die<br />
gesamte Schieflage ihrer Haushaltspolitik<br />
in den Hintergrund der öffentlichen Wahrnehmung<br />
zu verdrängen: Der Sozialetat<br />
schrumpft prozentual um die Hälfte mehr<br />
als der Gesamtetat, was in einer Zeit zunehmender<br />
sozialer Spaltung der Gesellschaft<br />
ein handfester Skandal ist.<br />
Schon das Augusthochwasser 2010 ließ<br />
regierungsamtliche Wirklichkeitswahrnehmungsstörungen<br />
des Kabinetts Tillich zutage<br />
treten. Wie schon be<strong>im</strong> Haushalt insgesamt<br />
gelang es der Staatsregierung nicht<br />
mehr, ihr Handeln als Erfolg zu verkaufen:<br />
Dass sich der Freistaat gemessen am Gesamtschaden<br />
betroffener Bürger und Kommunen<br />
nur mit einem Promilleanteil durch<br />
Soforthilfen bei der Schadensbewältigung<br />
eingebracht hat, wurde von den Betroffenen<br />
zu Recht als Verhöhnung empfunden.<br />
Umso mehr, als der gebetsmühlenhafte<br />
Aufruf von Ministerpräsident Tillich<br />
zur Selbsthilfe durch Versicherung schon<br />
– wie von uns vorausgesagt – bei seinem<br />
„Versicherungsgipfel“ durch die Fakten widerlegt<br />
wurde: 17.000 Gebäude in Sachsen<br />
sind derzeit nicht gegen Hochwasserschäden<br />
versicherbar. Unsere Forderung<br />
nach einer gesetzlich geregelten solidarischen<br />
Elementarschadenpflichtversicherung<br />
für alle Gebäudebesitzer bleibt also<br />
aktuell.<br />
Toppen konnte diesen getrübten politischen<br />
Blick nur noch eine Ausstellung des<br />
Bundesamtes für Verfassungsschutz, die<br />
in Dresden Station gemacht hat und bei<br />
der eine Goebbels-Figur Bindeglied zwischen<br />
Nazi-Größen und verantwortlichen<br />
DDR-Politikern war, die unter den Nazis in<br />
Zuchthäusern bzw. <strong>im</strong> KZ gesessen haben.<br />
Nach unserem Protest wurde dieser<br />
Gipfel der Geschmacklosigkeit zwar<br />
geräuschlos beseitigt, aber die jüngste<br />
Affäre um die Verleihung des <strong>Sächsischen</strong><br />
Demokratiepreises hat gezeigt,<br />
dass die demokratische<br />
Kultur<br />
hierzulande erheblichen<br />
Nachholbedarf<br />
hat.<br />
Dass<br />
engagierte<br />
Menschen aus<br />
Projekten, die sich<br />
<strong>im</strong> Alltag gegen<br />
Fremdenfeindlichkeit<br />
und Rassismus<br />
engagieren, alle ihre<br />
Kooperationspartner<br />
mit Hilfe des<br />
Verfassungsschut-<br />
zes auf „Extremismus“<br />
überprüfen lassen<br />
sollen, ist eine<br />
Frechheit. Deshalb<br />
habe ich mit großem<br />
Respekt die Entscheidung<br />
des nativen Kultur- und<br />
Bildungszentrums<br />
(AKuBiZ) aus Pirna aufgenommen, unter<br />
diesen Bedingungen die Entgegennah-<br />
Alter-<br />
me des Preises abzulehnen. Natürlich hatte<br />
ich mich über die Preisverleihung durch<br />
eine unabhängige Jury an diesen Verein<br />
aus der <strong>Sächsischen</strong> Schweiz, wo ich<br />
selbst zu Hause bin, sehr gefreut, da in unserer<br />
Gegend bekanntlich die NPD und<br />
ihre Vorfeldorganisationen in besonders<br />
übler Weise ihr Unwesen treiben. Wer sich<br />
aber zu amtlichen Gesinnungsprüfungen<br />
erpressen lässt, kann nicht für Zivilcourage<br />
eintreten – insofern hat AKuBiZ durch seine<br />
Ablehnung des Preises unter den vom<br />
Regierungsvertreter in der Jury durchgesetzten<br />
Bedingungen seine Preiswürdigkeit<br />
unter Beweis gestellt.<br />
Zwei Jahrzehnte nach Einführung des demokratischen<br />
Systems in Sachsen merken die<br />
Menschen – nicht nur in Stuttgart rund um<br />
einen höchst umstrittenen Bahnhofsneubau<br />
–, dass diese Welt noch längst nicht<br />
die beste aller möglichen ist. Hatte Ministerpräsident<br />
Stanislaw Tillich anlässlich des<br />
Festaktes zu 20 Jahren Neugründung des<br />
<strong>Sächsischen</strong> <strong>Landtag</strong>es noch Bemerkenswertes<br />
über die Bedeutung der Opposition<br />
gesagt, waren seine Abfälligkeiten über<br />
den schwäbischen Bürgerprotest bodenlos,<br />
vor allem aber seine Weigerung, <strong>im</strong> <strong>Landtag</strong><br />
dazu auch Rede und Antwort zu stehen.<br />
Mit Bekenntnissen<br />
wie<br />
„Keine Schulden“,<br />
die wie eine Litanei unabhängig<br />
von allen Gegebenheiten<br />
vorgetragen werden, wird das Land<br />
nicht vorangebracht. Wir hatten klar<br />
gemacht, dass Kredite für den Staat – wie<br />
für Privatleute auch – eine legit<strong>im</strong>e Einnahmequelle<br />
sind, die bei Bedarf – in Krisenzeiten<br />
oder bei größeren Investitionen<br />
– genutzt werden darf. Letztlich kommen<br />
unsere Änderungsvorschläge zum Haushaltsentwurf<br />
der Staatsregierung aber<br />
ohne neue Schulden aus. Stattdessen nutzen<br />
wir u. a. Haushalts-Rücklagen, die genau<br />
für solche Zeiten bereitliegen. So konnten<br />
wir mit 135 Änderungsanträgen zeigen,<br />
wie sozialer Ausgleich, Vorrang für Bildung<br />
und ein Schutzschirm für Kommunen funktionieren<br />
könnten, wenn es in Sachsen andere<br />
Mehrheiten gäbe.<br />
Foto: efa<br />
MdL Dr.<br />
André Hahn<br />
<strong>Fraktion</strong>svorsitzender<br />
pvl 11-12/2010<br />
3
Dresden – Abu Dhabi – Katar<br />
und zurück<br />
Reisebericht von Dr. André Hahn, <strong>Fraktion</strong>svorsitzender<br />
Ein deutscher Unternehmer, seit Jahren <strong>im</strong><br />
arabischen Raum aktiv, erklärte am Rande<br />
eines Gespräches, wenn man ermessen wolle,<br />
welche Entwicklung die Emirate in den<br />
letzten drei Jahrzehnten genommen haben,<br />
dann sollten wir uns vor Augen halten, dass<br />
unsere Gesprächspartner aus Regierung<br />
und Wirtschaft, wenn sie heute z.B. 45 Jahre<br />
alt sind, vor 30 Jahren noch auf dem Kamel<br />
durch die Wüste geritten sind. Und in der<br />
Tat: was sich in den Vereinigten Arabischen<br />
Emiraten und auch anderswo am Persischen<br />
Golf in den zurückliegenden Dekaden infolge<br />
der Milliardengewinne durch Öl und Gas getan<br />
hat, ist schlichtweg atemberaubend und<br />
beeindruckend.<br />
Dass ich dem trist-kalten Herbst in Deutschland<br />
für einige Tage den Rücken kehrte, lag<br />
an einem Novum. 20 Jahre nach der Wiedergründung<br />
des <strong>Sächsischen</strong> <strong>Landtag</strong>s „durfte“<br />
erstmals ein <strong>LINKE</strong>R Abgeordneter den<br />
Ministerpräsidenten (MP) als Mitglied einer<br />
Regierungsdelegation begleiten. Was in<br />
anderen Bundesländern längst normal ist,<br />
war nunmehr auch in der politischen Kultur<br />
Sachsens angekommen. Deshalb also flog<br />
ich mit nach Abu Dhabi und Katar.<br />
Politiker-Reisen sind nicht selten umstritten.<br />
Ich selbst habe zum Beispiel den Regierungstrip<br />
zu den Olympischen Spielen nach Vancouver<br />
wegen deren eher touristischen Ausrichtung<br />
auf Kosten der Steuerzahler massiv<br />
kritisiert – und dazu stehe ich nach wie vor.<br />
Dr. André Hahn auf staatlicher Dienstreise in Abu Dhabi (VAE)<br />
Andererseits ist es in Zeiten globaler Wirtschaftskontakte<br />
und weltweiten Problemen<br />
wie dem Kl<strong>im</strong>awandel geboten, internationale<br />
Kontakte aufrecht zu erhalten oder neu zu<br />
knüpfen. Deshalb ist es grundsätzlich richtig,<br />
dass auch Sachsen sich hieran beteiligt.<br />
Und so war es mit über 50 Vertretern aus<br />
Politik, Wissenschaft und Wirtschaft wohl<br />
die größte offizielle Regierungsdelegation,<br />
die bislang von Dresden aufgebrochen ist.<br />
Neben dem MP und dessen Regierungssprecher<br />
gehörten der Staatskanzleichef, der,<br />
Wirtschafts-Staatsekretär, ein CDU-Abgeordneter<br />
und ich zum „politischen Teil“ der<br />
Delegation. Der Bereich Wissenschaft und<br />
Kunst war u.a. durch den Rektor der TU Dresden,<br />
den Chef des Instituts für Orientalische<br />
Studien an der Uni Leipzig, den Generaldirektor<br />
der Staatlichen Kunstsammlungen,<br />
das Fraunhofer-Institut sowie den Präsidenten<br />
der Architektenkammer des Freistaates<br />
Sachsen vertreten. Die Wirtschaft wurde<br />
u.a. repräsentiert durch den Geschäftsführer<br />
der <strong>Sächsischen</strong> Wirtschaftsförderung,<br />
die Chefs der Industrie- und Handwerkskammern<br />
von Dresden und Chemnitz sowie<br />
durch den Präsidenten der EADS Elbe Flugzeugwerke<br />
in Dresden.<br />
In wechselnder Zusammensetzung absolvierte<br />
die Delegation in Abu Dhabi, Al Ain<br />
und in Katar gut vier Tagen mehr als dreißig<br />
Termine. Gemeinsam mit dem CDU-Kollegen<br />
habe ich an allen Gesprächen des<br />
Foto: privat<br />
Ministerpräsidenten mit den Regierungsvertretern<br />
unserer Gastgeber teilgenommen,<br />
und es war durchaus interessant zu erleben,<br />
wie derartige Treffen ablaufen und welch unterschiedliche<br />
Themen dabei angesprochen<br />
werden. Bei aller grundsätzlichen Kritik an<br />
der Politik von Stanislaw Tillich, an der sich<br />
auch mit dem Golf-Trip nichts geändert hat,<br />
habe ich kein Problem festzustellen, dass<br />
sich der MP in den Emiraten wirklich ernsthaft<br />
darum bemüht hat, sächsischen Erfinderreichtum,<br />
sächsische Handwerkskunst<br />
sowie sächsische Unternehmen anzupreisen<br />
und den Weg für künftige Vertragsabschlüsse<br />
zu ebnen.<br />
Und da ist durchaus einiges möglich: Es wird<br />
Ausstellungen der Kunstsammlungen in Abu<br />
Dhabi und Katar geben, sächsische Architekten<br />
werden bei großen Bauvorhaben ebenso<br />
zum Zuge kommen wie hiesige Baufirmen,<br />
arabische Fluggesellschaften werden<br />
demnächst ihren Frachtverkehr vielleicht<br />
auch über Leipzig abwickeln oder in Dresden<br />
Flugzeuge umbauen lassen. Und wenn Katar<br />
den Bau einer U-Bahn in Doha plant, warum<br />
sollen die Züge dafür nicht auch in Sachsen<br />
hergestellt werden? Schließlich ist auch<br />
die Wasseraufbereitung und -versorgung in<br />
Wüstenstaaten ein wichtiges Feld, auf dem<br />
Sachsen über wertvolles Know-how verfügt.<br />
Öl und Gas haben die meisten Golf-Staaten<br />
reich gemacht. Die Städte explodieren regelrecht<br />
und so mangelt es weder an Projekten<br />
und Aufträgen noch an Geld. Wenn Sachsen<br />
daran partizipieren kann, ist das gut für den<br />
Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen.<br />
Manchmal fragt man sich allerdings, wer<br />
denn die unzähligen neuen Hochhäuser jemals<br />
bewohnen soll oder ob wirklich jemand<br />
ein 8,5 km langes Shopping-Center (natürlich<br />
das größte der Welt…) braucht, das gerade<br />
von einer deutschen Firma in Katar gebaut<br />
wird. Und ob es ökologisch tatsächlich<br />
vertretbar ist, Milliardenbeträge für eine Fußballweltmeisterschaft<br />
und neue Stadien auszugeben,<br />
die aufgrund der großen Hitze mit<br />
riesigen Dächern sowie Kl<strong>im</strong>aanlagen versehen<br />
werden müssen, um sie von 50 auf 24<br />
Grad herunterkühlen zu können. Nachhaltigkeit<br />
sieht sicher anders aus.<br />
Ich war zu ersten Mal <strong>im</strong> arabischen Raum<br />
zu Gast und es war eine überaus interessante<br />
Erfahrung, Länder mit jahrhundertealten<br />
Traditionen kennenzulernen, die sich dennoch<br />
alles andere als fundamentalistisch,<br />
sondern weitgehend weltoffen präsentierten.<br />
Dass wir in machen Bereichen (Demokratie,<br />
Gleichstellung u.ä.) noch Defizite sehen,<br />
ist bekannt, aber ich denke, Abu Dhabi<br />
wie auch Katar sind auf einem guten Weg.<br />
4 pvl 11-12/2010
Strom-Preistreiberei ist pure Abzocke<br />
Macht Öko-Energie den Strom wirklich teuer?<br />
In den letzten zehn Jahren sind die Stromkosten<br />
für private Haushalte um rund 60<br />
Prozent gestiegen. Die nun fürs neue Jahr<br />
angekündigte erneute Preisanstiegswelle<br />
hat es in dieser Form noch nie gegeben:<br />
344 Versorger in Deutschland erhöhen zum<br />
Jahreswechsel die Tarife für 22 Mio. Haushalte.<br />
Die durchschnittliche Preissteigerung<br />
liegt bei sieben Prozent. Der drittgrößte<br />
Energiemonopolist EnBW erhöht seinen<br />
Online-Tarif gar um zwölf Prozent und Vattenfall<br />
verlangt in Berlin und Hamburg rund<br />
zehn Prozent mehr.<br />
Begründet wird das von den Versorgern<br />
mit dem deutlichen Anstieg der ÖKO-Umlage<br />
für erneuerbare Energien um 1,5 Cent<br />
pro Kilowattstunde. Das ist nach Meinung<br />
des Präsidenten der Bundesnetzagentur<br />
Matthias Kurth sachlich nicht gerechtfertigt<br />
und ein bewusstes Täuschungsmanöver<br />
der Energieversorger. Die konventionellen<br />
Energieerzeuger wollen die privaten Verbraucher<br />
gegen den weiteren Ausbau der<br />
erneuerbaren Energien mobilisieren und<br />
deren Akzeptanz untergraben. Dieser Interessenkonflikt<br />
zwischen konventionellen<br />
Energieerzeugern und der Erneuerbaren<br />
Energiebranche wurde zuerst über Klageverfahren<br />
be<strong>im</strong> Verfassungsgericht in Karlsruhe<br />
und be<strong>im</strong> Europäischen Gerichtshof<br />
ausgetragen. Ohne Erfolg für die konventionellen<br />
Energieerzeuger.<br />
Die erneuerbaren Energien wirken sich<br />
preisdämpfend auf die Großhandelspreise<br />
für Strom aus, weil sie sukzessive teure<br />
Kraftwerke aus dem Energiehandel verdrängen.<br />
Dadurch ergäbe sich sogar ein<br />
Spielraum für Preissenkungen in einer Größenordnung<br />
von drei Cent pro Kilowattstunde,<br />
so Kurth. Verschwiegen wird von<br />
den Energieunternehmen, dass die Großhandelspreise<br />
für Strom von 2010 zu 2011<br />
kräftig sinken! Nach Angaben des Internetportals<br />
Verivox sind die Einkaufspreise für<br />
Strom auch schon in den vergangenen zwei<br />
Jahren sogar um rund 20 Prozent gesunken.<br />
Doch dieser Preisrutsch kommt bei den Verbraucherinnen<br />
und Verbrauchern nicht an.<br />
Im Gegenteil, deren Preise sind um durchschnittlich<br />
acht Prozent gestiegen …<br />
Die <strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> machte dies über<br />
einen Antrag in der Novembersitzung des<br />
<strong>Landtag</strong>s öffentlich. Wir wollten den zuständigen<br />
FDP-Wirtschaftsminister Morlok als<br />
Chef des Landeskartellamtes und der Landesregulierungsbehörde<br />
dazu ermuntern,<br />
die Preiserhöhungen sämtlicher in Sachsen<br />
tätige Energieerzeuger durch unabhängige<br />
Kontrolleure prüfen zu lassen. Dazu jedoch<br />
fehlt dem Minister der Wille. Stattdessen<br />
wälzt er die Verantwortung allein auf die<br />
Verbraucherinnen und Verbraucher ab, die<br />
schließlich den Versorger wechseln könnten,<br />
wenn ihnen die Preiserhöhung nicht<br />
passt.<br />
Wir sehen eine der Hauptursachen für die<br />
unverschämte Abzocke der privaten Haushalte<br />
darin, dass die Schröder-Regierung<br />
die gesetzliche Preisgenehmigungspflicht<br />
für Strompreiserhöhungen durch die Landeskartellämter<br />
abgeschafft hat. Seitdem<br />
langen die Energieversorger regelmäßig<br />
und dreist zu. In der Folge können <strong>im</strong>mer<br />
mehr Menschen ihre Stromrechnungen<br />
© Thorben Wengert / PIXELIO<br />
nicht mehr bezahlen und es wird ihnen der<br />
Strom abgedreht. Allein in Leipzig, Dresden<br />
und Chemnitz wurden <strong>im</strong> vergangenen Jahr<br />
9.900 Haushalte von der Stromversorgung<br />
abgeschaltet. Tendenz steigend. Das ist für<br />
<strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> keinesfalls hinnehmbar, gehört<br />
doch die Energieversorgung zum Kernbereich<br />
des grundgesetzlichen Auftrages zur<br />
Daseinsvorsorge. Wir fordern seit Jahren,<br />
die staatliche Preisgenehmigungspflicht<br />
wieder einzuführen. Das aber ist von CDU<br />
und FDP, ja sogar teilweise seitens der SPD<br />
und der Grünen politisch nicht gewollt. Zudem<br />
fordern wir einen Sozialtarif für Strom<br />
mit einer Bonusregelung, wie in Belgien bereits<br />
erfolgreich praktiziert, um einkommensschwache<br />
Bürgerinnen und Bürger zu<br />
entlasten.<br />
Der zweite, tiefer liegende Grund für die<br />
enormen Strompreissteigerungen liegt in<br />
den Monopolstrukturen der Energiewirtschaft<br />
Deutschlands. Die unter Schröder<br />
genehmigten Fusionen von Energieunternehmen<br />
gegen das Veto des Bundeskartellamtes<br />
– in einem Fall sogar mit besonderer<br />
Ministererlaubnis – hat zur „Vermachtung“<br />
der „Marktstrukturen“ geführt. Für 80 Prozent<br />
des Stromhandels existiert faktisch<br />
kein Markt. Die vier großen Konzerne E.ON,<br />
RWE, EnBW und Vattenfall beherrschen ihn.<br />
Auch an der Energiebörse. Deshalb fordert<br />
<strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>, endlich dem Gesetz „Gegen<br />
Wettbewerbsbeschränkungen“ (Kartellrecht)<br />
wieder Geltung zu verschaffen. Das<br />
hätte die Entflechtung der vier Konzerne zur<br />
Konsequenz, was <strong>im</strong> Übrigen auch die EU-<br />
Kommission beabsichtigte. Das aber wurde<br />
von Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs<br />
Präsidenten Sarkozy in Brüssel<br />
erfolgreich verhindert.<br />
Last but not least halten wir es für unabdingbar,<br />
dass die Übertragungsnetze der<br />
öffentlich-rechtlichen Hand übertragen<br />
werden, damit die diskr<strong>im</strong>inierungsfreie<br />
Einspeisung des Stromes von allen Anbietern<br />
garantiert und ein Netzmanagement<br />
<strong>im</strong> Interesse des Gemeinwohls ermöglicht<br />
werden kann. Und wir fordern schnellstens<br />
eine Markttransparenzstelle an der Energiebörse<br />
Leipzig einzurichten, damit künftig<br />
Preismanipulationen sofort verhindert werden<br />
können.<br />
MdL Dr.<br />
Monika Runge<br />
Sprecherin für<br />
Energiepolitik<br />
pvl 11-12/2010<br />
5
5 Punkte gegen Armut in Sachsen<br />
In den vergangenen drei Jahren hat die <strong>Fraktion</strong><br />
<strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> unter Federführung ihres Sozialexperten<br />
Dr. Dietmar Pellmann vier Fachkonferenzen<br />
zum Thema Armut durchgeführt.<br />
In verschiedenen Regionen Sachsens wurden<br />
die unterschiedlichen Facetten von Armut analysiert<br />
und über Fallbeispiele konkretisiert. So<br />
ging es <strong>im</strong> Oktober 2007 in Borna um die generelle<br />
Armutslage in Sachsen, <strong>im</strong> Januar 2009<br />
wurden in Dresden Aspekte der Kinderarmut<br />
untersucht, <strong>im</strong> April des gleichen Jahres stand<br />
in Leipzig die Altersarmut auf der Tagesordnung<br />
und <strong>im</strong> erzgebirgischen Schneeberg wurde<br />
Ende Oktober dieses Jahres der Zusammenhang<br />
von Hartz IV und Armutsentwicklung debattiert.<br />
Ziel aller Konferenzen war, die soziale Situation<br />
in Sachsen zu analysieren, die Staatsregierung<br />
nach Verfassungsauftrag zu kontrollieren<br />
und vor allem alternative Lösungsvorschläge<br />
zur Überwindung von Hartz IV als wichtigste<br />
Voraussetzung für Armutsbekämpfung zu unterbreiten.<br />
Über die vier Konferenzen und drei<br />
Anhörungen zur Großen Anfrage der <strong>LINKE</strong>N zu<br />
„5 Jahre Hartz IV“ wurden bestehende Beziehungen<br />
zu Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden<br />
sowie Arbeitsloseninitiativen vertieft<br />
und neue Partner für den Kampf gegen<br />
Armut gewonnen. Zum Abschluss der letzten<br />
Armutskonferenz der <strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> wurde<br />
folgende Erklärung“ verabschiedet:<br />
Foto: efa<br />
Hartz IV war und ist Armut per Gesetz. Allein<br />
in Sachsen sind nach wie vor mehr<br />
als eine halbe Million Menschen auf diese<br />
Leistung auf Sozialhilfeniveau angewiesen.<br />
Seit Inkrafttreten der Hartz-IV-Regelungen<br />
<strong>im</strong> Januar 2005 ist die offizielle Armutsquote<br />
in Sachsen weiter angestiegen und<br />
liegt heute mit 20 Prozent weit über dem<br />
Bundesdurchschnitt und sogar über dem<br />
Durchschnitt der fünf neuen Bundesländer.<br />
Besonders dramatisch ist, dass inzwischen<br />
mehr als ein Viertel der Kinder und über 40<br />
Prozent der Alleinerziehenden <strong>im</strong> Freistaat<br />
unmittelbar von Armut betroffen sind.<br />
Entgegen der Behauptung der Staatsregierung<br />
und der sie tragenden schwarz-gelben<br />
Koalition ist Sachsen nicht das ostdeutsche<br />
Vorzeigeland für soziale Gerechtigkeit, sondern<br />
vielmehr das Musterland der besonders<br />
restriktiven Umsetzung von Hartz IV,<br />
der Minijobs und des Niedriglohnes. Mehr<br />
als 130.000 Erwerbstätige, darunter 17.000<br />
Selbständige, sind in Sachsen als Aufstocker<br />
auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen.<br />
Nach wie vor hält die Abwanderung<br />
aus Sachsen an, so dass die sächsische Bevölkerung<br />
seit 2005 um weitere 120.000,<br />
vornehmlich junge Menschen zurückgegangen<br />
ist.<br />
Wer Armut wirklich überwinden will, muss<br />
für die Überwindung von Hartz IV eintreten.<br />
Die Anhebung des Regelsatzes um lediglich<br />
5 Euro und der Verzicht auf einen eigenen<br />
Regelsatz für Kinder ist eine Beleidigung für<br />
die Verfassungsrichter und insbesondere<br />
für die von Hartz IV Betroffenen. Als unverzichtbare<br />
Schritte auf diesem Weg fordern<br />
wir von der Staatsregierung und der sie tragenden<br />
Koalition:<br />
1. Ablehnung des von der Bundesregierung<br />
am 20. Oktober verabschiedeten<br />
Änderungsgesetzes zu Hartz IV <strong>im</strong> Bundesrat<br />
und Einbringung eigener Vorschläge<br />
zur sachgerechten Umsetzung des Urteils<br />
des Bundesverfassungsgerichtes vom<br />
9. Februar dieses Jahres. Der Regelsatz<br />
muss auf mindestens 420 Euro angehoben<br />
werden. Darüber hinaus sind Beiträge zur<br />
gesetzlichen Rentenversicherung zu leisten,<br />
um spätere Altersarmut zu verhindern.<br />
2. Initiative zur Einführung eines flächendeckenden<br />
gesetzlichen Mindestlohns, der<br />
über der Armutsgrenze liegt und garantiert,<br />
dass Beschäftigte von ihren Arbeitseinkommen<br />
auch leben können.<br />
3. Einführung eines Landesbeschäftigungsprogramms<br />
zur Schaffung Existenz sichernder<br />
Arbeitsplätze aus Landesmitteln,<br />
anstatt weiterhin auf prekäre Beschäftigung<br />
zu setzen.<br />
4. Aufstockung der finanziellen Mittel für<br />
Verbände und Vereine zumindest auf das<br />
bisherige Niveau. Rücknahme der Vorhaben<br />
der Staatsregierung zur Beschneidung des<br />
vor allem für Hilfebedürftige unverzichtbaren<br />
bürgerschaftlichen Engagements.<br />
5. Rücknahme der drohenden Sozialkürzungen<br />
<strong>im</strong> Doppelhaushalt 2011/2012, um<br />
eine Ausweitung und Zementierung von<br />
Armut zu verhindern.<br />
Unter dem Titel Die Hartz-Lüge hat die <strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> <strong>im</strong> <strong>Sächsischen</strong> <strong>Landtag</strong><br />
eine Broschüre verfasst, die die Positionen der CDU-FDP Regierung in Sachsen<br />
zum angeblichen Erfolgsmodell Harzt IV auf den Prüfstand stellt und durch Fakten<br />
widerlegt.<br />
Hilfe zur Selbsthilfe bietet die Broschüre Hartz IV: Mit Betroffenen <strong>im</strong><br />
Gespräch, welche sich anhand von Praxisbeispielen mit Hartz-IV-Stolperfallen –<br />
von A wie Arbeitsgelegenheit bis Z wie Zusatzbeitrag Krankenkasse – befasst.<br />
Die kostenlosen Hefte können über die <strong>Fraktion</strong>s-Homepage www.linksfraktionsachsen.de<br />
heruntergeladen oder als Broschüre bestellt werden. Anfragen für den<br />
Postversand werden auch über die <strong>im</strong> Impressum angegebene Adresse bearbeitet.<br />
6 pvl 11-12/2010
Armes Ehrenamt – Es geht ums Ganze<br />
Seit Deutschland zur Kenntnis nehmen<br />
musste, dass es allerorten viele Menschen<br />
gibt, die schon lange ohne Arbeit und ohne<br />
Aussicht auf Veränderung sind, und dies<br />
eben NICHT der Markt regelt, wird ein Programm<br />
nach dem anderen aufgelegt, um<br />
Langzeitarbeitslose aus der Statistik zu<br />
kriegen. Immer irgendwie von irgendwem<br />
kofinanziert, fast nie an selber Stelle und<br />
in gleicher Weise zu beantragen, mit <strong>im</strong>mer<br />
unterschiedlichen Laufzeiten und stetig<br />
schrumpfenden Entgeldern bzw. Aufwandsentschädigungen.<br />
Immer aber mit Maßnahme-Trägern,<br />
die zunehmend schier verzweifeln<br />
bei all dem Chaos zwischen ABM,<br />
Aktion 55, Kommunal-Kombi oder der nun<br />
wiederaufgelegten Bürgerarbeit.<br />
In Sachsen war TAURIS, die „jüngste Sau,<br />
die durchs Dorf getrieben“ wurde – und<br />
Ende dieses Jahres zur Schlachtung steht.<br />
Das alarmiert zahlreiche lokale Initiativen,<br />
auch Dresden Tafel-Chefi n Edith Franke<br />
ist entsetzt: „Das Ende von TAURIS bedroht<br />
die Tafeln in Sachsen. Mit der Kappung<br />
dieses Landesprogramms wird der Prozess<br />
der kontinuierlichen Kürzung der Ehrenamtsförderung<br />
fortgesetzt. Der ministerielle<br />
Verweis auf das nun aufgelegte<br />
© Klaus-Uwe Gerhardt / PIXELIO<br />
Sorgt sich um die Zukunft der Tafeln in Sachsen:<br />
Dr. Edith Franke, MdL der <strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> und<br />
Alterspräsidentin des <strong>Sächsischen</strong> <strong>Landtag</strong>s<br />
Folgeprogramm LOS greift<br />
nicht, da darüber erstens<br />
neu konzipierte Projekte<br />
und zweitens keine Personen<br />
gefördert werden. Zudem<br />
ist die LOS-Förderung<br />
auf ein Jahr begrenzt und<br />
muss <strong>im</strong> Wettbewerbverfahren<br />
erstritten werden.“<br />
Foto: efa<br />
1995 hatte Edith Franke in Dresden die erste<br />
ostdeutsche Tafel mit aus der Taufe gehoben.<br />
Heute gibt es sachsenweit 35 davon.<br />
Die knapp 100 Tafel-Ausgabestellen<br />
erreichen ca. 100.000 Bedürftige. Allein<br />
die Dresdner Tafel bewegt <strong>im</strong> Jahr rund<br />
2.500 Tonnen Lebensmittel – damit könnte<br />
man gut 200 Schwerlastzüge füllen! „Was<br />
damals in Ostdeutschland für wenige Obdachlose,<br />
Sozialhilfeempfänger und die ersten<br />
Arbeitslosenhilfe-Empfänger gedacht<br />
war, ist zu einem stetig wachsenden Versorgungssystem<br />
für eine wachsende Anzahl<br />
arm gewordener Normalbürger geworden.<br />
Dass das überhaupt funktioniert, verdanken<br />
wir auch den landesweit 277 Ehrenamtlern,<br />
die – selbst seit Jahren ohne Job – mit<br />
TAURIS überhaupt erst in die Lage versetzt<br />
werden, bei den Tafeln zu helfen“, so Franke.<br />
Bis zu 78 Euro erhalten TAURIS-Nutzer<br />
für max<strong>im</strong>al 56 Arbeitsstunden <strong>im</strong> Monat,<br />
bei vielen geht das Geld schon für die Anfahrt<br />
zur Tafel drauf.<br />
Alles Mahnen lief ins Leere, Sachsen hält<br />
am Aus für Tauris fest – und Franke versucht,<br />
das zu verstehen: „Die Expansion<br />
der Tafeln macht die soziale Spaltung der<br />
Gesellschaft in einer Weise sichtbar, wie es<br />
<strong>im</strong> bisherigen wohlfahrtsstaatlichen Konzept<br />
nicht denkbar war, was sicher nicht jedem<br />
in den Kram passt. Tafeln zeigen Armut<br />
<strong>im</strong> reichen Land, prangern soziale<br />
Ungerechtigkeit an, fordern Hilfe ein und<br />
kritisieren Hartz IV. Mit dem Entstehen von<br />
deutschlandweit mehr als 900 Tafeln entwickelte<br />
sich eine der größten sozialen Bewegungen<br />
unserer Zeit.“ so Franke: „Die<br />
Existenz der Tafeln weist aber auch darauf<br />
hin, dass die Probleme unserer Zeit mit tradierten<br />
Mustern nicht mehr hinreichend zu<br />
lösen sind. Andererseits werden die Tafeln<br />
aber durchaus von Staat und Politik benutzt,<br />
tragen sie doch zum sozialen Frieden<br />
bei und gleichen in gewissem Maße Ungerechtigkeit<br />
aus. Im Umkehrschluss kommt<br />
den Tafeln damit politische Verantwortung<br />
<strong>im</strong> Kampf gegen Armut und Ausgrenzung<br />
zu, also müssten sie entsprechend gefördert<br />
werden.“<br />
Auf Bundes- wie Landesebene führt die<br />
Existenz von Armut offenbar nur dazu,<br />
Hartz-IV-Betroffene weiter zu reglementieren<br />
und den Niedriglohnsektor auszuweiten,<br />
da „wer arbeitet<br />
mehr haben soll, als<br />
wer nicht arbeitet“.<br />
Dass das gesamtgesellschaftliche<br />
Gefahren<br />
birgt, wird ignoriert.<br />
„Es bildet sich<br />
ein gesellschaftlich<br />
abgekoppelter Bevölkerungsteil,<br />
der teils<br />
schon heute durch<br />
den Mangel an Teilhabe über große Defizite<br />
verfügt, <strong>im</strong> Sozialverhalten, bei der Bildung,<br />
bis hin zu Ernährung und Gesundheit“, konstatiert<br />
Edith Franke. Die Abkoppelung Arbeitsloser<br />
beginnt für die Sprecherin für Armutsbekämpfung<br />
der <strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong><br />
bereits bei der verbalen Ansprache: „Langzeitarbeitslose<br />
gelten als Versager, werden<br />
schon verbal entwürdigt und entmündigt.<br />
Man sieht sie in der Hängematte und muss<br />
sie in Arbeit bringen …“.<br />
B. Brecht: Armer Mann und<br />
reicher Mann trafen sich und<br />
sahen sich an. Und der Arme<br />
sagte bleich: Wäre ich nicht<br />
arm, wärst Du nicht reich!<br />
Edith Franke brennt für die Tafeln, weil sie<br />
den Kampf gegen Armut kämpft. Gewonnen<br />
ist der aber erst, wenn es keine Tafeln<br />
mehr braucht. Davon ist Deutschland, ist<br />
Sachsen weiter entfernt denn je. Deshalb<br />
sieht Franke gerade auch für <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> drei<br />
Kernaufgaben: „1. Die Tafeln mit aller Kraft<br />
stützen und somit die Not der Armen lindern<br />
helfen. 2. Bündnispartner gewinnen<br />
und deren Willen fördern, sich einzubringen<br />
und solidarisch zu zeigen. 3. Wege finden,<br />
gesellschaftliche Realitäten aufzuzeigen<br />
und Bereitschaft wecken, Armut auf<br />
gesellschaftlicher wie politischer Ebene zu<br />
bekämpfen.“<br />
efa<br />
pvl 11-12/2010<br />
7
Kommunen nicht <strong>im</strong><br />
Regen stehen lassen!<br />
Großenhainer <strong>LINKE</strong> verweigern die Annahme des Sparpakets!<br />
Einen Monat lang waren wir von der <strong>Fraktion</strong><br />
<strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> <strong>im</strong> Spätherbst in Sachsen<br />
unterwegs, um vor Ort und gemeinsam mit<br />
den Kommunalpolitikerinnen und -politikern<br />
auf die Finanzmisere der Kommunen aufmerksam<br />
zum machen und <strong>LINKE</strong> Alternativen<br />
aufzuzeigen und unsere parlamentarischen<br />
Änderungsvorschläge vorzustellen.<br />
Die insgesamt 51 Veranstaltungen in 44<br />
sächsischen Städten und Gemeinden hatten<br />
wir unter das Motto „Kommunen in Not!<br />
– Schutzschirm für Kommunen“ gestellt.<br />
Der Startschuss fiel Anfang Oktober <strong>im</strong> erzgebirgischen<br />
Schneeberg, in Bad Düben in<br />
Nordsachsen setzten wir den Schlusspunkt<br />
unter unsere Aktionswochen. Dazwischen<br />
lagen zahleiche Gespräche mit Gemeinderäten<br />
und Bürgermeistern und Bürgern, gab<br />
es u.a. Podiumsdiskussionen, Infostände<br />
und eine Kommunalpolitische Konferenz in<br />
Zwickau.<br />
Dass unsere letzte Tourstation in Nordsachsen<br />
lag, war kein Zufall. Der Landkreis,<br />
seit 20 Jahren CDU-geführt, hat massive<br />
Haushaltsprobleme. Im aktuellen Haushalt<br />
klafft ein 25-Mio.-Euro-Loch. Bis 2014<br />
wird dieses Defizit auf über 150 Mio. Euro<br />
angewachsen sein. Eine Folge der politischen<br />
Fehler <strong>im</strong> Zuge der Kreisreform von<br />
2008. Mit Delitzsch und Torgau-Oschatz<br />
waren zwei wirtschaftlich schwache Kreise<br />
„verheiratet“ worden, deren Mitgift aus<br />
Schuldenbergen bestand. Hinzu kommt<br />
eine 21-Mio.-Euro-Bürgschaft für die Sanierung<br />
der gescheiterten Sparkasse Torgau-<br />
Oschatz.<br />
Foto: Harald Kühne<br />
Landkreise, Städte oder Gemeinden, die in<br />
Not geraten sind, brauchen jede Hilfe und<br />
Unterstützung. Deshalb muss die Landesregierung<br />
<strong>im</strong> Falle Nordsachsen umgehend<br />
handeln und dem Landkreis eine einmalige<br />
Bedarfszuweisung nach Paragraph 22 FAG<br />
(Finanzausgleichsgesetz) gewähren! Die<br />
Staatsregierung ist rechtlich und moralisch<br />
dazu verpflichtet, schließlich fällt all das,<br />
was die Kreisgebietsreform von 2008 nach<br />
sich zieht, in ihre Verantwortung.<br />
Die Kommunen sind das Fundament unserer<br />
Gesellschaft. Damit das Fundament<br />
stabil bleibt, muss der Staat investieren.<br />
Seit Jahren werden den Kommunen Sachsens<br />
mehr und mehr Aufgaben übergeholfen,<br />
ohne dass die dafür nötige Finanzausstattung<br />
aufgabengerecht angepasst wird.<br />
Die Landesregierung ist jedoch nach dem<br />
Grundgesetz und der Landesverfassung<br />
verpflichtet, die Landkreise und die Gemeinden<br />
so auszustatten, dass diese ihre<br />
Angelegenheiten in eigener Verantwortung<br />
regeln können.<br />
Bei unserer Tour durch die Kommunen hörten<br />
wir <strong>im</strong>mer wieder, dass es nicht nur einen<br />
„Schutzschirm für Banken“ geben darf,<br />
sondern auch und vor allem für den Bereich,<br />
der die Schwerpunkte der Daseinsvorsorge<br />
für die Menschen bündelt: die<br />
Kommunen. Was die Kommunen unseres<br />
Landes brauchen sind, mehr Einnahmen,<br />
mehr Eigenverantwortung und mehr Mitsprache!<br />
Deshalb fordern wir die Staatsregierung<br />
auf, gemeinsam mit dem <strong>Landtag</strong><br />
und den kommunalen Spitzenverbänden<br />
ein Kommunalfinanzkonzept zu erarbeiten.<br />
Um die kommunalen Einnahmen zu stärken,<br />
brauchen wir auf Bundesebene eine<br />
Gemeindefinanzreform! Dafür muss sich<br />
die Sächsische Staatsregierung stark machen<br />
und sich <strong>im</strong> Bundesrat für eine sozial<br />
gerechte Steuerreform einsetzen.<br />
In etlichen Anträgen hat die Linksfraktion<br />
dem Parlament <strong>im</strong>mer wieder Vorschläge<br />
zur Verbesserung der Finanzsituation der<br />
Kommunen gemacht, viele der insgesamt<br />
135 Anträge, die die <strong>Fraktion</strong> in die Beratungen<br />
zum Landeshaushalt einbrachte, waren<br />
auf die Kommunen ausgerichtet. Darunter<br />
die Forderung, Investitionsbudgets <strong>im</strong> Finanzausgleichsgesetz<br />
einzuführen, nach<br />
denen die kreisfreien Städte und Landkreise<br />
jährlich ein Regionalbudget in Höhe von<br />
90 Mio. Euro zur Unterstützung von Investitionen<br />
in ihre kommunale Infrastruktur erhalten.<br />
Die Verteilung dieser Finanzmittel<br />
auf die Landkreise und kreisfreien Städte<br />
sollten nach deren Einwohnerzahl erfolgen.<br />
Die Landkreise müssen sicherstellen, dass<br />
mindestens zwei Drittel der ihnen hiernach<br />
zustehenden Mittel ihren kreisangehörigen<br />
Gemeinden zur Verwendung zur Verfügung<br />
stehen.<br />
Als weitere Maßnahme zur Stützung der<br />
Kommunen soll eine jährliche Investitionspauschale<br />
für Infrastrukturmaßnahmen in<br />
Höhe von bis zu 75 Mio. Euro ausgereicht<br />
werden. Die Gegenfinanzierung ist durch<br />
die Aussetzung der jährlichen Tilgung zu<br />
leisten. Durch die geplanten Kürzungen <strong>im</strong><br />
investiven Bereich schrumpft die Investitionskraft<br />
der sächsischen Kommunen um<br />
82 Prozent, weshalb diese Pauschale unbedingt<br />
notwendig ist.<br />
Mit der verfassungsmäßigen Verpflichtung<br />
des Freistaates, die kommunale Selbstverwaltung<br />
zu gewährleisten, kann <strong>im</strong> übrigen<br />
nicht nur die Erfüllung von Pflichtaufgaben<br />
gemeint sein, sondern auch die Sicherstellung<br />
eines breiten kulturellen, sozialen und<br />
infrastrukturellen Angebots. Dafür jedoch<br />
braucht es ein Höchstmaß an allgemeinen<br />
Deckungsmitteln sowie pauschalierten Investitionsmitteln<br />
zur Stärkung der kommunalen<br />
Investitionskraft. Konkret fordern wir<br />
für das Kulturraumgesetz <strong>im</strong> kommenden<br />
Jahr 7 Mio. Euro (2012: 7 Mio. €), für den<br />
ÖPNV knapp 51 Mio. Euro (2012: 50,3 Mio.<br />
€), 1 Mio. Euro für Investitionen in die Kitas<br />
(2012: 1 Mio. €), 4,6 Mio. Euro für Sportstätten<br />
(2012: 6,6 Mio. €) und für den Schulhausbau<br />
<strong>im</strong> nächsten Jahr 17,8 Mio. Euro<br />
(2012: 21 Mio. €).<br />
MdL<br />
Marion Junge<br />
Sprecherin für<br />
Kommunalpolitik<br />
8 pvl 11-12/2010
Knochenjob Bürgermeister –<br />
vom Gestalter zum Mangelverwalter<br />
Wie heißt es so schön? Wenn einer eine Reise<br />
tut, dann kann er was erzählen! Was aber,<br />
wenn zwei über drei Monate hinweg eine<br />
komplette Tour machen und dabei 32 Stationen<br />
anfahren? Dann bekommt der Reisebericht<br />
Buchstärke, zumindest, wenn es sich<br />
bei dem Tourmarathon um die „Bürgermeistertour<br />
2010“ der <strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> handelt.<br />
Zwischen Juli und September haben die<br />
<strong>Fraktion</strong>s-Kommunalexpertin Marion Junge<br />
und ich an die Türen von ca. 30 sächsischen<br />
Rathäusern und Gemeindeämtern geklopft,<br />
um uns vor Ort über die Probleme in<br />
den Kommunalverwaltungen zu informieren<br />
und dies für unsere politisch-parlamentarische<br />
Arbeit aufzubereiten. Bei den vielen interessanten<br />
Gesprächen<br />
mit denjenigen<br />
<strong>LINKE</strong>N, die in ihren<br />
Kommunen täglich die<br />
sprichwörtlichen Mühen<br />
der Täler zu meistern<br />
haben, kristallisierten<br />
sich schnell<br />
drei Themen heraus,<br />
die am meisten Kopfzerbrechen<br />
bereiten:<br />
Erstens die kommunale<br />
Finanznot, zweitens<br />
drohende oder bereits vollzogene Schulschließungen<br />
und drittens die Problematik<br />
der Gemeinde-Zusammenschlüsse.<br />
Bei den Kommunalfinanzen wird unisono<br />
beklagt, dass es fast keine kommunale<br />
Selbstverwaltung mehr gibt und man<br />
sich vielfach nur noch als Mangelverwalter<br />
sieht. Das Geld reicht kaum mehr zur Erfüllung<br />
der Pflichtaufgaben, an freiwillige<br />
„Kür“ ist kaum zu denken. Nach Einschätzung<br />
der Kommunalpolitiker/innen hat das<br />
Land Aufgaben in Größenordungen an die<br />
Kommunen delegiert, ohne deren Erfüllung<br />
ausreichend finanziell abzusichern. Zudem<br />
wird befürchtet, dass die Kürzungen <strong>im</strong> Investitions-<br />
und Verwaltungshaushalt mit<br />
aller Kraft durchschlagen werden. Schon<br />
heute können die Kommunen kaum noch<br />
Fördermittel in Anspruch nehmen, da die<br />
übrigens…<br />
… arbeiten derzeit 34 <strong>LINKE</strong> bzw.<br />
mit Unterstützung der <strong>LINKE</strong>N gewählte<br />
oder mit ihr sympathisierende<br />
kommunale Entscheidungsträger<br />
in Sachsen, darunter fünf<br />
Oberbürgermeister/innen, ebenso<br />
viele Beigeordnete, elf Bürgermeister/innen<br />
<strong>im</strong> Haupt- und Ehrenamt<br />
sowie 13 Ortsvorsteher/innen.<br />
dafür erforderlichen Eigenanteile nicht aufzubringen<br />
sind.<br />
Sehr kritisch wird die brutale Schulschließungspolitik<br />
der Staatsregierung gesehen.<br />
Gerade für ländliche Räume hat die Schließung<br />
der Schule <strong>im</strong> Ort existenzielle Folgen,<br />
da damit die Gemeinde gerade für Familien<br />
massiv an Attraktivität verliert. Und: Längere<br />
Schulwege verursachen höhere Transportkosten.<br />
Außerdem bleiben die Nachnutzungskosten<br />
für verwaiste Schulgebäude oft<br />
an den Kommunen hängen. Forderungen, die<br />
mit der Ausdünnung des sächsischen Schulnetzes<br />
einhergehen, sind die nach veränderbaren<br />
Schulbezirksgrenzen bzw. nach der<br />
Abschaffung der Einzugsbereiche für Grundschulen.<br />
Dann könnten<br />
Eltern und Gemeinden<br />
bei der Schulwahl<br />
flexibel auf „fehlende<br />
Schüler“ reagieren, um<br />
die erforderliche Mindestschülerzahl<br />
zu erreichen.<br />
So bleibt die<br />
kleine Schule am Ort<br />
und Eltern müssten<br />
nicht eine teils sinnlos<br />
weit entfernte Schule<br />
„wählen“, die dann<br />
– wenn’s ganz schl<strong>im</strong>m kommt – auch noch<br />
überbelegt ist. Generell sollte den Kommunen<br />
mehr Freiheit <strong>im</strong> Umgang mit den angemeldeten<br />
Schülerzahlen eingeräumt werden,<br />
damit sie einer mittel- und langfristigen<br />
Schulperspektive gerecht werden können.<br />
Keinen einzigen positiven Aspekt konnten<br />
unsere Gesprächspartner den vollzogenen<br />
wie möglicherweise kommenden Gemeindefusionen<br />
abgewinnen. Weder wurde/<br />
wird dadurch die kommunale Finanznot beseitigt,<br />
noch die demokratische Teilhabe<br />
der Bürger/innen erhöht. Ein großes Problem<br />
bei kommunalen Zusammenschlüssen<br />
sind die unterschiedlichen Sätze bei der<br />
Grunderwerbssteuer. Auch wird die gesetzliche<br />
Grundlage für die Zusammenlegungen<br />
vermisst und der vor allem durch die CDU-<br />
Landräte und -Bürgermeister aufgebaute<br />
Druck aufgrund lockender „Hochzeitsprämien“<br />
beklagt.<br />
Neben der Diskussion über fachspezifische<br />
Kommunalprobleme stellten wir aber auch<br />
die Zusammenarbeit der <strong>LINKE</strong>N <strong>Landtag</strong>sfraktion<br />
mit „ihren“ Bürgermeistern, Beigeordneten<br />
und Ortsvorstehern auf den Prüfstand<br />
und diskutierten das Pro und Kontra<br />
kommunaler Verantwortung durch <strong>LINKE</strong><br />
Politiker und Politikerinnen, die als Teil einer<br />
Kommunalverwaltung auch wenig populäre<br />
Entscheidungen zu transportieren haben<br />
und sich mitunter in Kontraposition zur<br />
eigenen <strong>Fraktion</strong> begeben. Hier unterstrich<br />
die „Bürgermeistertour 2010“ erneut, wie<br />
wichtig es ist, die Verbindung zu „unseren“<br />
kommunalen Entscheidungsträgern an 365<br />
Tagen <strong>im</strong> Jahr zu halten und als Ansprechpartner<br />
zur Verfügung zu stehen. Wir werden<br />
künftig einen Regionaltag pro Quartal<br />
durchführen und uns dabei mit den <strong>LINKE</strong>N<br />
Stadtoberhäuptern, Beigeordneten oder<br />
Ortsvorstehern austauschen. Auch das Bürgermeistertreffen,<br />
von der <strong>Fraktion</strong> zwe<strong>im</strong>al<br />
<strong>im</strong> Jahr in der Kommune eines <strong>LINKE</strong>N Gemeindeoberhauptes<br />
organisiert, wird weiterhin<br />
den Rahmen für Schulung und Erfahrungsaustausch<br />
bilden. Außerdem soll sich<br />
<strong>im</strong> <strong>Landtag</strong> ein Kommunalpolitischer Gesprächskreis<br />
etablieren und 2012 werden<br />
wir erneut auf „Bürgermeistertour“ gehen.<br />
Im Nachgang zu unserer Kommunaltour haben<br />
wir bereits einen Antrag zur Sicherung<br />
der Kommunalen Selbstverwaltung in den<br />
<strong>Landtag</strong> eingebracht und mehrere Kleine<br />
Anfragen zu konkreten lokalen Problemen<br />
gestellt. Fortsetzung ist garantiert!<br />
MdL<br />
Andrea Roth<br />
Sprecherin für<br />
direkte Demokratie /<br />
Bürgerbeauftragte<br />
pvl 11-12/2010<br />
9
Unausgegoren und sozial daneben:<br />
Der neue Rundfunkstaatsvertrag<br />
Der Termin zur Unterzeichnung des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrages<br />
durch die Ministerpräsidenten<br />
der 16 Bundesländer fällt<br />
so ziemlich genau in die letzte Plenartagung<br />
des <strong>Sächsischen</strong> <strong>Landtag</strong>s Mitte Dezember,<br />
weshalb es kaum überraschen kann, dass<br />
das Thema auch dort auf der Tagesordnung<br />
steht: Die <strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> fordert MP Tillich<br />
auf, dem Vertragswerk nicht zuzust<strong>im</strong>men<br />
und begründet dies in ihrem Antrag<br />
(Drucksache 5/4278) ausführlich.<br />
Das neue Finanzierungsmodell für den öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunk ist weder unbürokratisch<br />
noch <strong>im</strong> Sinne des Datenschutzes<br />
abgesichert und schon gar nicht gerecht.<br />
Schon heute gilt dieser Änderungsstaatsvertrag<br />
aufgrund grober handwerklicher Fehler<br />
als heißer Kandidat für das Bundesverfassungsgericht.<br />
Dabei unterstützen wir die<br />
Abschaffung der längst überholten Gebührenerhebung<br />
nach Gerätebesitz und die beabsichtigte<br />
Abschaffung der Bespitzelung durch<br />
die Gebührenjäger der GEZ. Auch ist es richtig,<br />
das Ganze künftig korrekt als Beitrag zu<br />
klassifizieren, den man für die Existenz des öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunks zu leisten hat.<br />
Es geht hier aber nicht nur um Gebührenzahlungen,<br />
die alle Menschen betreffen. Es geht<br />
auch um die Erhebung und Verwendung sensibler<br />
Daten. Was für uns den Rundfunkänderungsstaatsvertrag<br />
nicht zust<strong>im</strong>mungsfähig<br />
macht, sind vor allen die groben Gemeinheiten,<br />
die er enthält. So ist es nicht nachvollziehbar,<br />
weshalb Menschen, die bisher – sei<br />
es aufgrund niedrigen Einkommens oder einer<br />
Behinderung – von der Gebühr befreit<br />
waren, künftig in vollem Umfang belastet<br />
werden sollen.<br />
Anstatt das Naheliegende zu tun, und den<br />
Rundfunkbeitrag von allen steuerpflichtigen<br />
Erwachsenen in einer angemessenen Höhe<br />
zu erheben, soll es nun eine in mehrfacher<br />
Hinsicht problematische Haushalts- und<br />
Betriebsstättenabgabe geben. „Haushalt“<br />
klingt zwar schön einfach, ist es aber nicht.<br />
Pragmatisch bedient man sich der Formel:<br />
Haushalt = Wohnung. Dabei ist es schon in<br />
einem Mietshaus recht einfach, aus zwei<br />
Wohnungen eine zu machen. Noch größer<br />
sind die Gestaltungsmöglichkeiten in einem<br />
Mehrgenerationen-Einfamilienhaus. Andererseits<br />
wird sich mancher, der aus beruflichen<br />
Gründen eine kleine Nebenwohnung<br />
am Arbeitsort braucht, jetzt wundern, dass<br />
er zwe<strong>im</strong>al den vollen Rundfunkbeitrag entrichten<br />
soll.<br />
Man folgt einer Logik, die genauso unzeitgemäß<br />
ist wie die Geräteabgabe. Als Leitbild<br />
gilt die Vorstellung, dass sich alle Bewohner<br />
der Wohnung abends in der guten Stube<br />
um den Fernseher versammeln, um gemeinsam<br />
den Abendfilm zu sehen. Wie weiland<br />
bei Alfred Tetzlaff – Ein Herz und eine Seele<br />
– und ein Fernseher … War das vor vierzig<br />
Jahren vielleicht noch zutreffend, ist es heute<br />
nur noch Nostalgie. Rundfunk-, Fernsehund<br />
Mult<strong>im</strong>edianutzung hat weder etwas<br />
mit Wohnungsbesitz, noch mit gemeldetem<br />
Wohnsitz oder der Haushalts- und Familienstruktur<br />
zu tun. Man ersetzt also eine Reglung<br />
aus den 50ern durch eine Reglung, die<br />
in den 80er Jahren gerade noch gepasst hätte,<br />
und heute gar nicht mehr geht.<br />
Der unsinnige Ansatz verursacht zudem weitere<br />
Probleme. So muss künftig jede Person<br />
einem Haushalt bzw. einer Wohnung<br />
© Sigrid Rossmann/PIXELIO; Fantastista©Fotolia.de; Collage: efa<br />
zugeordnet werden, die Adresse reicht da<br />
nicht mehr aus. Dazu wiederum muss eine<br />
große Datenmenge erhoben und dann natürlich<br />
auch gegen Missbrauch gesichert<br />
werden. Die Datenschützer laufen bereits<br />
Sturm! Und nicht nur wir hätten es einfacher<br />
und praktikabler gefunden, bei jedem<br />
Steuerpflichtigen einen personengebundenen<br />
Betrag vom Finanzamt mit einziehen<br />
zu lassen. Keine zusätzliche Behörde.<br />
Keine überflüssige Datenerhebung und<br />
ein einkommensabhängiger solidarischer<br />
Rundfunkbeitrag.<br />
Höchst kritikwürdig ist die geplante Betriebsstättenabgabe<br />
für Unternehmen. Diesbezüglich<br />
häuft sich bei uns die Post, denn<br />
hier werden willkürliche Kriterien angelegt.<br />
Sowohl die degressive Staffelung nach Mitarbeiterzahlen,<br />
als auch der höchst unpräzise<br />
Betriebsstättenbegriff und die Einbeziehung<br />
von Betriebsfahrzeugen in die<br />
Ermittlung der Beitragshöhe sind nur dazu<br />
geeignet, einzelne Branchen oder Betriebsformen<br />
oder Betriebsgrößen völlig willkürlich<br />
zu bevorzugen oder zu benachteiligen.<br />
Je nachdem, ob sie mehrere Betriebsstätten<br />
brauchen oder nicht, ob sie eine Fahrzeugflotte<br />
brauchen oder nicht. Und natürlich benachteiligt<br />
die degressive Staffung gerade<br />
die kleineren Unternehmen. Im Grunde haben<br />
wir es hier mit unsystematischen Überbleibseln<br />
der alten Geräteabgabe in der neuen<br />
Form der Betriebsstättenabgabe zu tun.<br />
Nach einer Musterrechnung der IHK Chemnitz<br />
steigt die Gebühr z.B. für einen Getränkegroßhandel<br />
mit drei Betriebstätten, insgesamt<br />
210 Beschäftigten und 78 Fahrzeugen<br />
von heute 97,92 auf satte 665,01 Euro. Für<br />
ein Transportunternehmen mit 78 Beschäftigten<br />
in einer Betriebstätte und 30 Kfz<br />
steigt die Gebühr von heute 155,33 Euro<br />
auf 263,61 Euro und der Lebensmitteleinzelhändler<br />
mit drei Betriebsstätten, 42 Beschäftigten<br />
und zwei Autos zahlt künftig<br />
knapp 60 statt heute 17,98 Euro. Wohlgemerkt<br />
<strong>im</strong> Monat!<br />
Gerecht und modern geht anders! Der Rundfunkänderungsstaatsvertrag<br />
in der vorliegenden<br />
Form ist ungeeignet: Er bedarf<br />
grundsätzlicher Änderungen!<br />
MdL<br />
Falk Neubert<br />
Sprecher für<br />
Medienpolitik<br />
10 pvl 11-12/2010
Gibt’s da nicht was von Ratiopharm?<br />
AWD-Beschäftigte demonstrieren am 3. November 2010 <strong>im</strong> Rahmen der Kundgebung gegen Sozialabbau<br />
für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze vor dem <strong>Sächsischen</strong> <strong>Landtag</strong> in Dresden.<br />
Ob die „Ratiopharm-Zwillinge“ aus der Werbung<br />
schon mal was von AWD (Arzne<strong>im</strong>ittelwerk<br />
Dresden) am Standort Radebeul gehört<br />
haben? Wohl kaum, liegt die AWD.parma<br />
GmbH doch tief <strong>im</strong> Osten. Dennoch gibt es<br />
was Verbindendes: Beide, Ratiopharm und<br />
AWD, gehören zum israelischen Pharma-Riesen<br />
TEVA, die AWD seit 2009, Ratiopharm<br />
seit Frühjahr 2010. Das alles wäre kaum der<br />
Rede wert, betriebe der milliardenschwere<br />
Mutterkonzern nicht eine befremdliche „Familienplanung“:<br />
Bis Ende 2011 will Teva seine<br />
„Tochter“ in Radebeul schließen und sein<br />
Deutschlandgeschäft am Ratiopharm-Standort<br />
Ulm bzw. in Berlin konzentrieren.<br />
Dagegen regt sich Widerstand, nicht nur bei<br />
den von Jobverlust bedrohten knapp 300<br />
AWD-Beschäftigten. Unter dem Motto „135<br />
Jahre Arzne<strong>im</strong>ittel aus Dresden – wir bleiben<br />
hier!“ machen die Radebeuler seit Monaten<br />
mobil: Über 6.000 Menschen haben schon<br />
Foto: efa<br />
für den Erhalt des Werkes unterschrieben,<br />
unter „www.awd-wirbleibenhier.de“ sind die<br />
Standortverfechter <strong>im</strong> World Wide Web präsent.<br />
Am Rande des CDU-Parteitags in Bautzen<br />
verschafften sich die AWDler lautstark<br />
Gehör, ebenso wie Anfang November inmitten<br />
der Massendemo vorm <strong>Sächsischen</strong><br />
<strong>Landtag</strong>. Zuvor schon hatte der Betriebsrat<br />
die <strong>Landtag</strong>sfraktionen zum Vor-Ort-Termin<br />
eingeladen. Das Angebot angenommen hatte<br />
jedoch nur <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>, deren Wirtschaftsexperte<br />
Karl-Friedrich Zais dann dafür sorgte,<br />
dass die Staatsregierung <strong>im</strong> Wirtschaftsauschuss<br />
zur Zukunft des sächsischen Traditionsbetriebes<br />
Stellung nehmen musste. Fast<br />
zeitgleich unterzeichneten die Ausschuss-<br />
Obleute der <strong>Fraktion</strong>en von CDU, SPD, LIN-<br />
KE, GRÜNE und FDP in fast historischem<br />
Schulterschluss einen gemeinsamen Brief an<br />
die TEVA-Geschäftsführung und machten sich<br />
darin eindringlich für die Erhaltung des hochprofitablen<br />
sächsischen Betriebes stark.<br />
Ob’s hilft, wird sich erst noch zeigen müssen.<br />
Zurückhaltung ist auch angesichts der Tatsache<br />
angebracht, dass Ministerpräsident Tillich<br />
den weltweit größten Generika-Hersteller<br />
TEVA erst <strong>im</strong> Juli dieses Jahres <strong>im</strong> Rahmen<br />
seiner Israel-Reise besucht hatte. Mit ihm<br />
war auch Radebeuls Stadtoberhaupt Bert<br />
Wendsche zur AWD-Mutter gereist – und ist<br />
jetzt stocksauer, denn <strong>im</strong> sommerlichen Jerusalem<br />
war mitnichten von Schließung die<br />
Rede. Dementsprechend überrascht war<br />
auch der AWD-Betriebsrat, der lange in dem<br />
Glauben gelassen wurde, der Standort Radebeul<br />
sei nicht in Gefahr. „Dann aber kippte<br />
die St<strong>im</strong>mung und aus uns nicht ersichtlichen<br />
Gründen wurde plötzlich der Standort<br />
Berlin favorisiert. Begründet wurde das bis<br />
heute nicht“, so die Chefin des AWD-Betriebsrates<br />
Karin Roßberg. Die darauf erzwungenen<br />
Gespräche mit Vertretern der<br />
Konzernführung änderten daran nichts, als<br />
Verhandlungsgegenstand waren ausschließlich<br />
Interessenausgleich und Sozialplan vorgesehen.<br />
„Wir mussten zur Kenntnis nehmen,<br />
dass die Standortfrage nicht mehr zur Debatte<br />
stand“, so Roßberg.<br />
Die Radebeuler arbeiten inzwischen an einem<br />
Alternativkonzept zur Beschäftigungssicherung<br />
vor Ort und außerhalb der TEVA und<br />
hoffen, bei dessen Umsetzung auf größtmögliche<br />
politische Unterstützung: „Das<br />
wurde uns mehrfach zugesagt“, so Karin<br />
Roßberg. Seitens der <strong>LINKE</strong>N kann sie sich<br />
dessen jedenfalls sicher sein: „Wir wollen,<br />
dass es in Radebeul weitergeht. Über unsere<br />
Aktivitäten <strong>im</strong> Wirtschaftsausschuss<br />
sowie direkt über den Ministerpräsidenten<br />
konnten wir <strong>im</strong>merhin schon dazu beitragen,<br />
dass die Belegschaft gegenwärtig zumindest<br />
neue Hoffnung schöpfen kann“, hält MdL<br />
Karl-Friedrich Zais fest: „Ich versichere den<br />
AWD-Beschäftigten, auch bei dem schwierigeren<br />
Teil der Umsetzung des neuen Konzeptes<br />
2011 politisch alle Unterstützung zu<br />
geben.“<br />
efa<br />
<strong>Fraktion</strong>s-Denkschmiede heißt jetzt DENKwerk_LINKS<br />
Leipziger Vorschlag überzeugte<br />
In der pvl-Sommerausgabe schickten wir einen<br />
Hilferuf übers Sachsenland, um bei der<br />
Namenssuche für unsere gerade aufgelegte<br />
<strong>LINKE</strong> Denkwerkstatt nicht nur „<strong>im</strong> eigenen<br />
Saft“ schmoren zu müssen. Griffig und eindeutig<br />
sollte er sein, der Name für unsere<br />
Gedankenschmiede, zu der wir künftig regelmäßig<br />
und in größeren Abständen einladen<br />
wollen, um ohne Gedankenschranken<br />
über gesellschaftliche Entwicklungen<br />
und <strong>LINKE</strong> Ideen zur Gestaltung der Zukunft<br />
nachzudenken.<br />
Die pvl-Leserinnen und -Leser zu befragen,<br />
war goldrichtig! Sämtliche Namensvorschläge,<br />
die uns seit August ins Haus flatterten,<br />
waren kreativ und treffend. Deshalb<br />
musste eine Mehrheitsentscheidung her,<br />
und die wiederum fiel eindeutig aus: Unter<br />
dem Namen DENKwerk_LINKS wird künftig<br />
auf hohem Niveau diskutiert, gestritten<br />
und nach vorn gedacht! Rüdiger Tauer aus<br />
Leipzig hatte mit <strong>im</strong>merhin sechs Namensideen<br />
nicht nur die meisten Vorschläge auf<br />
die Reise geschickt, sondern mit DENKwerk<br />
LINKS auch den<br />
überzeugendsten<br />
ersonnen. Wie versprochen,<br />
wird der Namensgeber nun Ehrengast<br />
be<strong>im</strong> ersten DENKwerk_LINKS in der<br />
Landeshauptstadt sein, und das voraussichtlich<br />
wieder auf dem Theater-Kahn auf der<br />
Elbe am Dresdner Terrassenufer. Herzlichen<br />
Dank und herzlichen Glückwunsch!<br />
pvl 11-12/2010<br />
11
Schwarz-Gelb versu<br />
Foto: AK<br />
Wenn die letzte pvl-Ausgabe dieses Jahres in<br />
den Druck geht, steht die entscheidende Plenartagung<br />
zum Landes-Doppelhaushalt 2011/12<br />
noch bevor. Wenn Sie, liebe Leserinnen und<br />
Leser, ihr pvl dann in den Händen halten, wird<br />
der größte Sparhaushalt des Freistaats samt<br />
der ihm innewohnenden sozialen Grausamkeiten<br />
beschlossen sein und den Landespetitionsausschuss<br />
und den Gerichten künftig<br />
viel Arbeit bescheren. Schon heute steht fest,<br />
dass der Haushalt zumindest in Teilen, wie bei<br />
der Kulturförderung und dem Öffentlichen Personennahverkehr<br />
(siehe unten stehende Beiträge)<br />
offenbar gegen geltendes Recht verstößt.<br />
Schwarz-Gelb will keine Schulden machen<br />
und in den beiden kommenden Jahren 2,6<br />
Mrd. Euro weniger ausgeben. Dafür wird der<br />
Landeshaushalt zusammengestrichen, wobei<br />
die Verteilung der Lasten äußerst ungerecht<br />
daherkommt. Mit einem Etat-Minus von fast<br />
13 Prozent muss der Bereich Soziales überdurchschnittlich<br />
bluten, ohne dass sich die<br />
zuständige CDU-Ministerin Clauß auch nur<br />
einmal dagegen positioniert hätte. Die fatalen<br />
Folgen werden vor allem Verbände, Vereine<br />
und Initiativen der Kinder- und Jugendarbeit<br />
zu tragen haben, einige werden den Hieb der<br />
Sparaxt nicht überleben, andere ihre Angebote<br />
drastisch zusammenstreichen müssen.<br />
Das erst vor einem Jahr mit stolz geschwellter<br />
Brust eingeführte kostenlose Vorschuljahr<br />
wird sang- und klanglos wieder abgeschafft.<br />
Die dringend verbesserungswürdige<br />
Kinder-Erzieher-Relation in Kitas, von Stanislaw<br />
Tillich (dem mit Abstand bestbezahlten<br />
Ministerpräsidenten <strong>im</strong> Osten) kurz nach seinem<br />
Amtsantritt vollmundig versprochen,<br />
rückt in weite Ferne. Mit dem sturen Festhalten<br />
an den Personalabbauplänen bei der Polizei<br />
setzt die CDU-FDP Koalition die Sicherheit<br />
Kulturförderung in Sachsen: wenige Gewinner & viele Verlierer<br />
Sachsen versteht sich als Kulturstaat.<br />
Zu Recht: Kultur steht nicht nur als Staatsziel<br />
in der Landesverfassung, sondern zählt<br />
zu den Kernkompetenzen des Freistaates.<br />
Allerdings fragen sich nicht nur zahlreiche<br />
Kulturakteure zwischen Torgau und Zittau<br />
nach den Beratungen zum Doppelhaushalt<br />
2011/2012, wie gefährdet das Kulturland<br />
Sachsen derzeit ist. Es ist ja schon bedrohlich<br />
genug, dass sich die sächsischen Kulturausgaben<br />
nach offiziellen Angaben der<br />
Staatsregierung in einem kontinuierlichen<br />
Sinkflug befinden und nur noch knapp zwei<br />
Prozent der Gesamtausgaben betragen. Von<br />
geradezu dramatischer Wirkung ist aber die<br />
nunmehr geplante Aushöhlung des <strong>Sächsischen</strong><br />
Kulturraumgesetzes durch Schwarz-<br />
Gelb. Mit der Teilfinanzierung der Landesbühnen<br />
Radebeul in Höhe von 3,7 Mio. Euro<br />
aus Kulturraummitteln begeht die Koalition<br />
den kulturpolitischen Sündenfall und legt die<br />
Axt an dieses bundesweit einmalige<br />
Instrumentarium<br />
der soli darischen<br />
Kultur-<br />
finanzierung, das ja erst 2008 vom <strong>Landtag</strong><br />
einmütig entfristet worden war. Dieser verfassungsrechtlich<br />
bedenkliche Akt geht zu<br />
Lasten aller Kulturräume <strong>im</strong> Land, trifft aber<br />
Leipzig mit einer Kürzung von über einer Million<br />
Euro mit besonderer Härte. Es ist in diesem<br />
Kontext übrigens mehr als grotesk, ja<br />
geradezu bizarr, dass ausgerechnet ein linker<br />
Kulturbürgermeister in der Messestadt<br />
den mit diesen Kürzungen verknüpften parteipolitischen<br />
Ränkespielen zum Opfer fallen<br />
und abgewählt werden soll.<br />
Neben der Demontage des Kulturraumgesetzes,<br />
mit der es geradezu zwangsläufig<br />
zum Kulturabbau <strong>im</strong> gesamten Land kommen<br />
wird, gibt es weitere Verlierer <strong>im</strong> neuen<br />
Doppelhaushalt. Dazu zählen die 25<br />
öffentlich geförderten Musikschulen, die<br />
rund vier Prozent weniger Zuschüsse erhalten<br />
sollen, obwohl deren Schülerzahlen<br />
gegen den demografischen<br />
Trend in den letzten<br />
Jahren auf über<br />
43.000 angestiegen<br />
sind.<br />
Kürzungen müssen darüber hinaus die Kunsthochschulen<br />
und die Bibliotheken hinnehmen.<br />
Über eine Etaterhöhung hingegen darf sich<br />
neben den beiden kulturellen Leuchttürmen<br />
in der Landeshauptstadt – Semperoper und<br />
Staatliche Kunstsammlungen – auch das<br />
Sächsische Industriemuseum freuen, das in<br />
der Vergangenheit zu einem Tod auf Raten verurteilt<br />
schien. Im Bereich der Industriekultur,<br />
die das Erscheinungsbild Sachsens bekanntlich<br />
erheblich prägt, steht aber keinesfalls alles<br />
zum Besten. Noch weigert sich die Staatsregierung<br />
hartnäckig, das Welterbe-Projekt<br />
Montanregion Erzgebirge aus Landesmitteln<br />
zu fördern, obwohl sie 1998 die Bewerbung<br />
initiierte und 2011 die entscheidenden Weichen<br />
gestellt werden. Nach dem Desaster<br />
bei der Waldschlösschenbrücke droht hier ein<br />
erneutes Versagen der CDU. Mit ihrem Antrag,<br />
eine eigene Titelgruppe zur Unterstützung<br />
dieses wichtigen landespolitischen Vorhabens<br />
in den Haushalt einzuführen, hat die<br />
<strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> wie mit 13 anderen Änderungsanträgen<br />
<strong>im</strong> Bereich Kunst und Kultur<br />
genau diese kulturpolitischen Fehlsteuerungen<br />
der Koalition thematisiert und den Widerstand<br />
gegen Kultur-Kürzungen unterstützt.<br />
Sachsens Doppelhaushalt bedroht die Kulturvielfalt <strong>im</strong> Land<br />
Foto: AK<br />
MdL Dr.<br />
Volker Külow<br />
Sprecher für<br />
Kulturpolitik<br />
12 pvl 11-12/2010
s Soziales Sachsen<br />
in Sachsen aufs Spiel und mit den Kürzungen<br />
be<strong>im</strong> Ehrenamt und den Freiwilligendiensten<br />
geraten ganze Sozialstrukturen ins Rutschen.<br />
Die erfreulicherweise doch wieder höheren<br />
Steuermehreinnahmen versickern dagegen<br />
<strong>im</strong> Absicherungsfonds für die verzockte Landesbank<br />
und in diverse Rücklagen. Ach ja,<br />
und für eine neue Dachmarke zur Imagepflege<br />
des Freistaats braucht es in den nächsten<br />
beiden Jahren auch noch ca. fünf Mio. Euro …<br />
Die <strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> will die Gerechtigkeitslücke<br />
<strong>im</strong> Landesetat durch die Umschichtung<br />
von einer Milliarde Euro schließen<br />
und hat dazu 135 Änderungsanträge<br />
in die Haushaltsberatungen eingebracht.<br />
Hauptpunkte <strong>im</strong> Paket der <strong>LINKE</strong>N Änderungsvorschläge<br />
sind der Erhalt des sozialen<br />
Ausgleichs, der gesamte Bereich Bildung<br />
und ein Schutzschirm für Kommunen.<br />
Was sich <strong>im</strong> Detail dahinter verbirgt ist, unter<br />
www.linksfraktionsachen.de nachzulesen. Obwohl<br />
<strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> unterm Strich nicht mehr Geld<br />
ausgegeben hätte als die Koalition, wurden<br />
sämtliche <strong>LINKE</strong> Vorschläge zur Heilung des<br />
Sparhaushalts in den Fachausschüssen mit<br />
schwarz-gelber St<strong>im</strong>menmehrheit abgelehnt.<br />
Was Sachsens Bürgerinnen und Bürger davon<br />
halten, haben sie in den letzten Monaten<br />
eindrucksvoll bewiesen. Organisiert<br />
<strong>im</strong> landesweiten Bündnis „Zukunft & Zusammenhalt“<br />
– von der CDU als „Bündnis<br />
der Besitzstandswahrer“ besch<strong>im</strong>pft –<br />
machten sie ihrer Wut über Schwarz-Gelb<br />
z.B. am 3. November vorm <strong>Landtag</strong>sgebäude<br />
in Dresden Luft. Mehr als 12.000 Männer,<br />
Frauen und Kinder aus den unterschiedlichsten<br />
Bereichen, wie Kultur, Feuerwehr, Polizei,<br />
Bildung oder Gesundheitswesen waren hier<br />
aufmarschiert, um klar zumachen: „Nicht mit<br />
uns!“ und: „Wir kommen wieder!“ efa<br />
Foto: AK<br />
Schwarz-Gelb kappt ÖPNV-Förderung – Und sie wissen, was sie tun!<br />
Fahrpreiserhöhungen, Einschnitte <strong>im</strong> Service,<br />
Ausdünnen von Linien und Takten oder<br />
die Kappung kompletter Strecken <strong>im</strong> straßen-<br />
oder schienengebundenen Nahverkehr;<br />
dazu keine neuen oder umweltfreundlicheren<br />
Busse, Bahnen und Waggons:<br />
So sieht er aus, der „bunte Strauß“ möglicher<br />
Folgen der mit dem Doppelhaushalt<br />
2011/12 geplanten Kürzungen der schwarzgelben<br />
Regierungskoalition <strong>im</strong> ÖPNV-System<br />
des Freistaats.<br />
Logisch, für uns <strong>LINKE</strong> ist der öffentliche<br />
Personennahverkehr Teil der öffentlichen<br />
Daseinsvorsorge. Aber auch <strong>im</strong> so genannten<br />
Regionalisierungsgesetz (RegG) und <strong>im</strong><br />
Gesetz des Freistaates über den ÖPNV ist er<br />
so definiert. Unter FDP-Staatsminister Morlok,<br />
für den ÖPNV <strong>im</strong> Freistaat zuständig,<br />
verkümmert dieser Teil der Daseinsvorsorge<br />
nun ganz jämmerlich. Ziel des peinlichsten<br />
Ministers der sächsischen Regierungsriege<br />
ist, den Freistaat in den kommenden Jahren<br />
zum Geberland <strong>im</strong> Länderfinanzausgleich<br />
zu machen. Da wundert es wenig, dass er –<br />
wollte man dem Gemunkel<br />
aus der<br />
Koalition Glauben<br />
schenken<br />
– statt der jetzt<br />
festgesetz-<br />
ten 6,5- und<br />
8,5-prozen-<br />
tigen<br />
Streichung<br />
für 2011<br />
und 2012 pro<br />
Jahr sogar ganze<br />
15 Prozent<br />
aus seinem Ressort<br />
Wirtschaft,<br />
Arbeit und Verkehr herauspressen wollte!<br />
Ganz und gar realitätsvergessen fabulierte<br />
er von Reserven der zuständigen ÖPNV-<br />
Nahverkehrszweckverbände. Konkret darauf<br />
angesprochen, blieb es dann aber doch<br />
bei Allgemeinplätzen in der Argumentation.<br />
Ergo: Er kann keine wirklichen Reserven benennen<br />
– was eben auch wieder nicht verwundert,<br />
weil es keine gibt.<br />
Fakt ist, dass die schwarz-gelben Mittelkürzer<br />
den ÖPNV in Sachsen auf Substanzverzehr<br />
umstellen wollen. Dafür entziehen<br />
sie ihm in den beiden kommenden Jahren<br />
knapp 120 Mio. Euro an Investitionsmitteln.<br />
Pro Jahr kommen dann auch noch 43<br />
Mio. Euro hinzu, die den Betriebsmittelzuschüssen<br />
zugunsten der Landesaufgabe<br />
Schüler- und Auszubildendenverkehr genommen<br />
werden. Davon fließen pro Jahr<br />
knapp 50 Mio. Euro in die Abfinanzierung<br />
der Mehrkosten des Leipziger City-Tunnels,<br />
und zwar bis weit über 2012 hinaus. Dabei<br />
geht es hier keineswegs um Pro und Contra<br />
zum City-Tunnel, sondern darum, dass die<br />
Finanzierung der<br />
Mehrkosten nicht<br />
zu Lasten der Da-<br />
seinsvorsorge-<br />
Aufgabe Nahverkehr<br />
gehen darf.<br />
Der böse Witz<br />
am Ende des<br />
Ganzen könnte<br />
allerdings sein,<br />
dass - wie der<br />
Zweckverband<br />
für den Nahverkehrsraum<br />
Leipzig<br />
befürchtet<br />
Foto: efa<br />
— aufgrund der Kürzungen von heute gar<br />
kein Nahverkehrszug und keine S-Bahn<br />
durch den fertig gestellten City-Tunnel von<br />
morgen mehr fahren wird, weil es sie dann<br />
schlichtweg gar nicht mehr gibt.<br />
Das wiederum könnte Auto-Minister Morlok<br />
sehr zupass kommen, denn auf diesem<br />
Weg ließen sich FDP-gelbe Träume besser<br />
umsetzen und ein Paradigmenwechsel anschieben.<br />
Ein Paradigmenwechsel, der Straßenbau<br />
bevorzugt und mit Giga- oder Long-<br />
Linern (Lang-LKW) noch mehr Güterverkehr<br />
auf die Straße lotsen will und der mit der<br />
Änderung des Personenbeförderungsgesetzes<br />
zur Öffnung für mehr Busfernverkehr<br />
die direkte Konkurrenz zum Bahn-Fernverkehr<br />
bewusst als Ausdruck marktliberaler<br />
Klientelpolitik organisiert hat. ÖPNV-Nutzer<br />
werden all dies doppelt bezahlen: Mit Fahrplan-<br />
und Streckennetzausdünnung, Abbestellung<br />
von Verkehrsdienstleistungen, „mit<br />
alternde“ Fahrzeuge – und nicht zuletzt<br />
deutliche Fahrpreisanhebungen. Adressat<br />
für Ihre Beschwerden und Proteste: FDP<br />
und CDU <strong>im</strong> <strong>Sächsischen</strong> <strong>Landtag</strong>. Denn<br />
sie wissen, was sie tun!<br />
MdL Enrico Stange<br />
Sprecher für<br />
Verkehrspolitik<br />
pvl 11-12/2010<br />
13
Nach dem Marsch ist vor dem Marsch ist nach dem …<br />
Für Sachsens Landeshauptstadt ist der<br />
13. Februar ein problematisches Datum.<br />
Seit Anfang der 90er Jahre wird dieser Tag,<br />
der für viele Dresdnerinnen und Dresdner<br />
mit traumatischen Erinnerungen an die<br />
Bombardierung ihrer Stadt <strong>im</strong> Jahr 1945<br />
verknüpft ist, durch Neonazis instrumentalisiert.<br />
Ebenso lange stellen sich Jahr für<br />
Jahr couragierte Menschen der geschichtsrevisionistischen<br />
Umdeutung entgegen.<br />
Dresden 2010: <strong>LINKE</strong> MdL aus Sachsen, Thüringen und Hessen am<br />
13. Februar am Neustädter Bahnhof<br />
In diesem Jahr 2010 konnte der Aufmarsch<br />
der Jungen Landsmannschaft Ostpreußen<br />
erstmals komplett verhindert werden. Ein<br />
Erfolg des professionell arbeitenden Bündnisses<br />
„Dresden Nazifrei“, in dem auch die<br />
<strong>LINKE</strong> engagiert ist. Während sich um die Altstadtseite<br />
symbolisch ein Ring aus Menschen<br />
schloss, stellten, setzten und legten sich auf<br />
der anderen Elbseite tausende Menschen<br />
den Nazis wortwörtlich in den Weg. Darunter<br />
Vertreter/innen von Parteien,<br />
Gewerkschaften,<br />
Foto: efa<br />
Jugendverbänden oder<br />
lokalen Initiativen und<br />
überraschend viele Bürgerinnen<br />
und Bürger.<br />
Die <strong>LINKE</strong>N <strong>Landtag</strong>sfraktionen<br />
aus Sachsen,<br />
Thüringen und Hessen<br />
hielten ihre gemeinsame<br />
achtstündige <strong>Fraktion</strong>ssitzung<br />
unter freiem H<strong>im</strong>mel<br />
und in sichtweite des<br />
Nazi-Sammelpunkts am<br />
Neustädter Bahnhof ab<br />
(pvl berichtete).<br />
Der Erfolg vom Februar<br />
2010 war hart erarbeitet.<br />
Schon <strong>im</strong> Vorfeld hatte die<br />
Dresdner Staatsanwaltschaft<br />
großen Druck auf<br />
das Bündnis ausgeübt und bis heute werden<br />
Mobilisierer des Protestes strafrechtlich verfolgt.<br />
Positiver Nebeneffekt: Die politische<br />
Auseinandersetzung über die Legit<strong>im</strong>ität<br />
von Naziaufmärschen und zivilem Ungehorsam<br />
werden endlich öffentlich geführt.<br />
Seit Herbst laufen die Vorbereitungen dafür,<br />
an den Erfolg von 2010 anzuknüpfen. Im November<br />
gab das Bündnis „Dresden Nazifrei“<br />
mit der Aktion „Noch 100 Tage“ den Startschuss<br />
zur bundesweiten Mobilisierung, Arbeitsgruppen<br />
wurden eingesetzt, ein Aufruf<br />
veröffentlicht (www.dresden-nazifrei.com)<br />
und ein Infobüro in Dresden eröffnet. Dort,<br />
am Bischofsplatz kann man sich umfassend<br />
informieren und auch erfahren, wie man<br />
sich am besten einbringen kann.<br />
Nach derzeitigem Kenntnisstand plant die<br />
„Junge Landsmannschaft Ostdeutschland“<br />
2011 sogar zwei Aufmärsche, einen am<br />
13. und einen am 19. Februar. Wir von der<br />
<strong>LINKE</strong>N werden uns mit dem Bündnis<br />
„Dresden Nazifrei“ selbstverständlich wieder<br />
am öffentlichen Bekenntnis für Demokratie<br />
und Toleranz, gegen Neonazismus<br />
und Gewalt beteiligen.<br />
Annekatrin Klepsch, MdL aus Dresden,<br />
Sarah Buddeberg, linksjugend Dresden<br />
Beamten-Mahnwache gegen Gehaltskürzungen<br />
Fünf Tage lang harrten sie rund um die Uhr<br />
und bei klirrender Kälte <strong>im</strong> Zelt vor dem<br />
<strong>Sächsischen</strong> <strong>Landtag</strong> in Dresden aus. Die<br />
Vertreter des <strong>Sächsischen</strong> Beamtenbundes<br />
(sbb) wollten mit ihrer Mahnwache darauf<br />
aufmerksam machen, dass Schwarz-Gelb ihnen<br />
die bislang rechtlich garantierten Sonderzahlungen<br />
(Weihnachtsgeld) streichen<br />
und damit de facto ihre Gehälter kürzen will.<br />
Der sbb vertritt in Sachsen <strong>im</strong>merhin 35<br />
verschiedene Berufsfelder, darunter die der<br />
Lehrer, Polizisten, Forstleute, Justizbeamte<br />
oder auch der Lebensmittelkontrolleure.<br />
Die <strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> LNKE lehnt die Streichung<br />
der so genannten Sonderzahlung ab und hatte<br />
dazu bereits <strong>im</strong> August einen Antrag eingebracht.<br />
Im Rahmen der Änderungsanträge<br />
der <strong>Fraktion</strong> zum Haushaltbegleitgesetz<br />
wurde die Rücknahme der Streichpläne<br />
erneut gefordert, was die Vertreter von<br />
Schwarz-Gelb <strong>im</strong> Haushalts- und Finanzausschuss<br />
freilich ablehnten. „Die Streichung<br />
der Sonderzahlung bedeutet nichts<br />
anderes, als eine faktische und spürbare<br />
Kürzung des Familieneinkommens von Polizisten<br />
oder Justizbediensteten. Eine Einkommenssenkung,<br />
die sich die Abgeordneten<br />
von CDU und FDP selbst niemals antun<br />
würden – jedenfalls haben sie am Index zur<br />
Berechnung der Einkommensentwicklung<br />
der Abgeordneten so lange herumgebastelt,<br />
dass ihnen ein vergleichbares Schicksal erspart<br />
bleibt. Deshalb tragen die Beamten ihren<br />
Protest auch zu Recht vors Parlament,<br />
weil es die Abgeordneten in der Hand haben,<br />
die einseitige Kürzung der Jahreseinkommen<br />
der Beamten zurückzunehmen“, so der Vorsitzende<br />
der <strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> Dr. André<br />
Hahn, der der sbb-Mahnwache einen Besuch<br />
abstattete und neben Glühwein und Lebkuchen<br />
auch die solidarischen Grüße seiner<br />
<strong>Fraktion</strong> überbrachte. <br />
efa<br />
Dr. André Hahn (2.v.li.) bei der sbb-Mahnwache vorm <strong>Sächsischen</strong> <strong>Landtag</strong>. Über wärmenden Glühwein<br />
und die Unterstützung freuten sich Jan Prignitz (stellv. Landesvorsitzender sbb, li.), Andrea Pilz<br />
und Elke Schatan von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, LV Sachsen (1.u.2.v.re.) und Lebensmittelkontrolleur<br />
Maik Maschke (3.v.re.)<br />
14 pvl 11-12/2010
Lehrerbildung in Sachsen:<br />
Kein Schritt nach vorn und drei zurück<br />
Sachsen sei Bildungsland, rühmt sich die<br />
CDU/FDP-Regierungskoalition allenthalben.<br />
Wo denn? Und wie lange noch? Möchte man<br />
ihnen beherzt zurufen, wohl wissend, dass<br />
es eh nichts nützt. Reform, nennt Schwarz-<br />
Gelb die jetzige Änderung zur Änderung zur<br />
Änderung bei der Lehrerausbildung. Etikettenschwindel,<br />
nennen wir das.<br />
Angehende Pädagogen sollen mehr von der<br />
Praxis mitkriegen und nicht mehr so lange<br />
studieren. Ab dem Wintersemester 2011/12<br />
kehrt also das Staatsexamen zurück und<br />
das Lehrerstudium ist wieder in Grund- und<br />
Hauptstudium untergliedert. Die Regelstudienzeit<br />
für künftige Grundschullehrerinnen<br />
und -lehrer wird um ein Jahr auf acht und<br />
bei Mittelschullehrern auf neun Semester<br />
verkürzt. Das Referendariat soll ebenfalls<br />
um die Hälfte verkürzt werden und die Ausbildung<br />
wird nicht mehr nur in Leipzig konzentriert.<br />
Wie so oft erfuhren die Volksvertreter<br />
davon erst aus der Zeitung bzw. über<br />
Pressemitteilungen aus dem Kultus- bzw.<br />
Wissenschaftsministerium.<br />
Mit der Absage an Bachelor- und Masterstudiengänge<br />
für künftige Lehrer unterläuft<br />
der Freistaat den Bologna-Prozess. Mit<br />
der Verkürzung der Regelstudienzeit verringert<br />
sich die Zeit zur Wissensaneignung<br />
und damit der Qualität der Lehrerbildung.<br />
Mit der (begrüßenswerten!) Wiederaufnahme<br />
der Lehrerausbildung in Dresden widerspricht<br />
sich die Koalition selbst und macht<br />
das ohnehin schon vorhandene Chaos in<br />
dem Bereich perfekt. Ganz zu schweigen<br />
von der anhaltenden Verunsicherung der<br />
Studierenden.<br />
CDU-Kultusminister Wöller nennt die<br />
„Lehrerreform“ eine strategische Entscheidung<br />
und zur langfristigen Sicherung des<br />
Lehrerbedarfs unumgänglich. Dem muss<br />
heftig widersprochen werden. Denn diese<br />
Reform wird dazu führen, angehende Lehrer<br />
aus dem Land zu treiben. Dafür gibt es<br />
mehrere Gründe. Zum einen sieht sich, wer<br />
hierzulande Lehrer werden will, einer permanenten<br />
Hü-und-Hott-Politik gegenüber.<br />
Sicherheit schaffende Kontinuität gibt es<br />
nicht. Der geplante Sonderweg in der Ausbildung<br />
für Grundschullehrer führt zudem<br />
dazu, dass sächsische Absolventinnen und<br />
Absolventen anschließend außerhalb des<br />
Freistaats nicht beschäftigt werden könnten,<br />
da ihr Abschluss nicht mit dem anderer<br />
Bundesländern kompatibel ist.<br />
Was macht die Verkürzung der Ausbildung<br />
<strong>im</strong> Grundschulbereich für Schwarz-Gelb so<br />
attraktiv? Erstens soll bei der Ausbildung<br />
Geld gespart werden. Zweitens lassen sich<br />
damit diejenigen, die jetzt ihr Grundschulstudium<br />
beginnen, zwingen, in Sachsen zu<br />
bleiben. Man will wohl verhindern, dass<br />
das eintritt, was heute bei angehenden Mittelschullehrern<br />
bereits Realität ist: Ganze<br />
acht davon haben nach ihrem Bachelor<br />
mit dem Masterstudium begonnen. Die anderen<br />
flüchteten in andere Bundesländer,<br />
weil man nach einer Mittelschullehrer-Ausbildung<br />
in Sachsen in anderen Bundesländern<br />
kaum eine Chance hat. Und drittens,<br />
wie die Lehrergewerkschaft GEW vermutet,<br />
egalisiert die aktuelle Ausbildung die<br />
Lehrer an Grund-, Mittelschule und Gymnasium,<br />
was eine Angleichung ihrer Gehälter<br />
rechtfertigen würde. Grundschullehrer<br />
könnten demnach das gleiche Gehalt verlangen<br />
wie heutige Gymnasiallehrer. Sinkt<br />
aber die Studiendauer, lässt sich der Lohnunterschied<br />
rechtfertigen. Alles ziemlich<br />
jämmerlich für einen PISA-Krösus.<br />
Hintergrund der Malaise ist, dass es bis<br />
heute – wie von der <strong>LINKE</strong>N seit Jahre gefordert<br />
– kein belastbares Personalentwicklungskonzept<br />
für den Bildungsbereich gibt.<br />
Stattdessen wird ständig wiederholt, dass<br />
es dafür keine Notwendigkeit gebe, da es<br />
an den Schulen doch pr<strong>im</strong>a liefe. Da frage<br />
ich mich, woher die Staatsregierung ihre Informationen<br />
bezieht, denn das wahre Leben<br />
sieht wahrlich anders aus. Da wird Lehrpersonal<br />
von Mittelschulen und Gymnasien in<br />
Größenordnungen an Grundschulen abgeordnet<br />
bzw. versetzt, um dort den Unterricht<br />
abzusichern! Da steht dann der ausgebildete<br />
Gymnasiallehrer vor den Kleinen und<br />
hält Anfangsunterricht. Aus meiner Sicht<br />
ist das eine Katastrophe. Nicht nur für den<br />
sachfremd eingesetzten Gymnasiallehrer,<br />
© Thomas Kölsch / PIXELIO<br />
sondern auch für die Kinder, die das Lernen<br />
gerade erst lernen. Und in Sachsen<br />
geht man inzwischen noch weiter! Seit kurzem<br />
gibt es die erste Lehramtsstudentin,<br />
die als Lehrkraft in einer Grundschule eingestellt<br />
wurde. Das erste Staatsexamen in<br />
der Tasche, ohne den Hauch einer Aussicht<br />
auf eine Referendariatsstelle und fest entschlossen,<br />
<strong>im</strong> Freistaat zu bleiben. So groß<br />
also ist die tatsächliche Not <strong>im</strong> Bildungsland<br />
Sachsen.<br />
Die <strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> fordert eine Lehrerausbildung,<br />
die sich am tatsächlichen Bedarf<br />
orientiert, und zwar personell wie inhaltlich.<br />
Wir brauchen eine Ausbildung, die<br />
Integration fördert. Wir brauchen eine Ausbildung,<br />
die Diagnostik wesentlich umfangreicher<br />
durchführt, und mehr Wert auf Methodik<br />
legt. Wir fordern, dass endlich ein<br />
fundiertes Personalentwicklungskonzept<br />
vorgelegt und ein zeitgemäßes Lehrerbildungsgesetz<br />
erarbeitet wird. Und: Lehrer<br />
müssen so ausgebildet werden, dass<br />
ihre Abschlüsse bundesweit anerkannt<br />
werden.<br />
MdL<br />
Cornelia Falken<br />
Sprecherin für<br />
Schulpolitik<br />
pvl 11-12/2010<br />
15
Katalog 19.10.2010 10:10 Uhr Seite 1<br />
Parlamentarische <strong>LINKE</strong> Initiativen<br />
September bis Anfang Dezember 2010<br />
Gesetzentwurf<br />
Drs 5/4013 Gesetz zur Neuordnung des<br />
Gaststättenrechts in Sachsen<br />
Drs 5/4309 Gesetz zur Gewährleistung eines<br />
wirksamen Schutzes des kommunalen<br />
Baumbestandes durch die sächsischen Gemeinden<br />
– Sächsisches Baumschutzgesetz<br />
(SächsBaumSchG)<br />
Große Anfragen<br />
Drs 5/3781 Stand der Herstellung der tatsächlichen<br />
Einheit Deutschlands <strong>im</strong> 20. Jahr<br />
des Einigungsvertrages aus Sicht der Verhältnisse<br />
<strong>im</strong> Freistaat Sachsen<br />
Drs 5/4109 Die Zukunft des Öffentlichen<br />
Dienstes in Sachsen<br />
Drs 5/4321 Zur sozialen Lage und gesundheitlichen<br />
Betreuung von an HIV/AIDS-<br />
Erkrankten <strong>im</strong> Freistaat Sachsen<br />
Anträge<br />
Drs 5/3741 Gravierende Benachteiligung<br />
der <strong>im</strong> Prozess der Hochschulerneuerung berufenen<br />
Professorinnen und Professoren neuen<br />
Rechts in der Altersversorgung beenden<br />
Drs 5/3742 Situation der Erzieherinnen und<br />
Erzieher in sächsischen Kindertageseinrichtungen<br />
Drs 5/3743 Maßnahmen zur Verbesserung<br />
der derzeitigen Situation <strong>im</strong> Bereich des<br />
Tierschutzes und der Tierhe<strong>im</strong>e in Sachsen<br />
ergreifen!<br />
Drs 5/3745 Monopolpreise bei Strom und<br />
Gas u.a. durch verschärfte staatliche Kontrollen<br />
verhindern und Einrichtung einer Marktüberwachungsstelle<br />
für den Energiehandel<br />
an der Energiebörse Leipzig<br />
Drs 5/3784 Stand der Erarbeitung von<br />
Grundsätzen für freiwillige Zusammenschlüsse<br />
von Gemeinden <strong>im</strong> Freistaat Sachsen<br />
Drs 5/4005 <strong>LINKE</strong>, SPD<br />
Keine Haushaltskonsolidierung auf Kosten<br />
wichtiger Zukunftsinvestitionen und sozialer<br />
Infrastruktur in Sachsen<br />
Drs 5/4009 GKV-Finanzierungsgesetz<br />
ablehnen, solidarische Bürgerinnen- und<br />
Bürgerversicherung einführen!<br />
Drs 5/4033 Analysebericht der Staatsregierung<br />
über die gesundheitliche Situation<br />
<strong>im</strong> Freistaat Sachsen<br />
Drs 5/4034 Langfristige Perspektive für<br />
das Lehramtsstudium in Sachsen<br />
Drs 5/4111 Maßnahmen der Staatsregierung<br />
zur rechtzeitigen Abwendung absehbarer<br />
Abfallgebührensteigerungen <strong>im</strong> Gebiet<br />
des Regionalen Abfallverbandes Oberlausitz-Niederschlesien<br />
(RAVON)<br />
Drs 5/4221 Keine Einleitung einer erneuten<br />
Personal- und Strukturreform bei der sächsischen<br />
Landespolizei ohne Einbeziehung des<br />
<strong>Sächsischen</strong> <strong>Landtag</strong>es<br />
Drs 5/4241 <strong>LINKE</strong>, GRÜNE, SPD<br />
Hochwasserschutz und -vorsorge an Gewässern<br />
II. Ordnung verbessern!<br />
Drs 5/4277 Zukunftsweisende Ausgestaltung<br />
der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik<br />
(GAP) nach 2013<br />
Drs 5/4278 Verabschiedung des neuen<br />
Rundfunkbeitragsstaatsvertrages aufschieben<br />
– Datenschutz und Sozialverträglichkeit<br />
bei der Neuregelung der Rundfunkfi nanzierung<br />
sichern!<br />
Drs 5/4318 Sächsischer Weiterbildungsbericht<br />
Drs 5/4320 Einführung einer solidarischen<br />
Bürgerversicherung<br />
Dringlicher Antrag<br />
Drs 5/3754 Existenzmin<strong>im</strong>um sichern und<br />
Armut bekämpfen – SGB II-Regelleistungen<br />
jetzt deutlich anheben!<br />
Drs = Drucksache<br />
PLAKATE ÜBER EINE VIELDEUTIGE POLITISCHE LANDSCHAFT<br />
Seit November schmücken sie die Flure<br />
des Sitzes der <strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> <strong>im</strong> <strong>Sächsischen</strong><br />
<strong>Landtag</strong>: 60 Plakate, geschaffen<br />
vom Dresdner Grafikkünstler Klaus<br />
Schmidt. Wobei die Schau mitnichten eine<br />
Plakatausstellung heutiger Lesart ist, weder<br />
werden einem „Preisknüller“ um die<br />
Ohren gehauen, noch brüllt wer, er sei doch<br />
nicht blöd. Schmidts Plakate setzten deutlich<br />
andere Akzente, seine Werke sind politische<br />
Kunst, hinterfragen gesellschaftspolitische<br />
Vorgänge und verbildlichen deren<br />
Ursache und Wirkung. Was Klaus Schmidt<br />
erschuf, ist eine ebenso fein- wie scharfsinnige<br />
Analyse deutscher Befindlichkeiten<br />
und der Versuch der Korrektur eines einseitigen<br />
Deutschlandbildes.<br />
„Klaus Schmidt untern<strong>im</strong>mt mit seinen<br />
Plakaten den Versuch, vor allem Deformierungen<br />
in Politik, Wirtschaft, Finanzwesen,<br />
Sport, (Un-) Kultur, Unterhaltung<br />
und anderen Bereichen bloßzustellen: die<br />
Janusköpfigkeit, den Opportunismus, die<br />
egoistische Habgier, die bewusste Desinformation,<br />
die Bigotterie und nicht zuletzt<br />
auch die rigide Kommerzialisierung.“<br />
So beschrieb <strong>Fraktion</strong>svorsitzender<br />
Dr. André Hahn die Plakat-Kunst Schmidts<br />
bei der Eröffnung der Ausstellung in Dresden.<br />
Einträge <strong>im</strong> Gästebuch geben ihm<br />
Recht: „Der kritische politische Blick ist<br />
wichtig gegen die Plattheiten der Medien,“<br />
ist da zu lesen, und: „Eine mutige Ausstellung,<br />
die sehr beeindruckt.“<br />
efa<br />
Die Wanderausstellung<br />
PLAKATE ÜBER EINE<br />
VIELDEUTIGE POLITISCHE LANDSCHAFT<br />
kann – auch in Teilen – kostenfrei ab Januar 2011<br />
ausgeliehen werden.<br />
Mehr Infos und Bildbeispiele zur Ausstellung gibt<br />
es unter www.linksfraktionsachsen.de<br />
(Untermenü: Wanderausstellungen).<br />
Interessenten wenden sich an:<br />
Dr. Armin Krause, <strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> <strong>im</strong> <strong>Sächsischen</strong> <strong>Landtag</strong>,<br />
Telefonkontakt über die zentrale Einwahl: 0351-403 5800<br />
Anfragen per e-Mail über linksfraktion@slt.sachsen.de<br />
Anfragen per Post über die <strong>im</strong> Impressum angegebene Adresse<br />
Foto: efa<br />
16 pvl 11-12/2010
Die Neuordnung der EU-Strukturpolitik<br />
und ihre Auswirkungen auf Sachsen<br />
Zurzeit wird in der EU die seit 1986 vertraglich<br />
vereinbarte Struktur- und Regionalpolitik<br />
einschließlich der gemeinsamen Agrarpolitik<br />
neu verhandelt. Mit Programmen zur<br />
Kohäsionspolitik* hat die EU zwischen 1988<br />
und 2004 insgesamt 500 Mrd. Euro ausgereicht.<br />
Allein nach Sachsen fließen bis<br />
2013 ca. 15 Mrd. Euro, die zur Entwicklung<br />
von Wirtschaft, Technologie, Arbeit, Bildung<br />
Landwirtschaft und des ländlichen Raumes<br />
eingesetzt werden. Auch diese Investition<br />
hat ihren Anteil daran, dass Sachsen bei<br />
86,1 Prozent des durchschnittlichen Bruttoinlandsproduktes<br />
(BIP) angelangt ist. Dennoch<br />
gibt es nach wie vor Entwicklungsdefizite.<br />
Aus dem „Prognose-Atlas 2010“ geht<br />
hervor, dass die wirtschaftlich schwächsten<br />
Regionen noch <strong>im</strong>mer in Ostdeutschland liegen.<br />
Nur Jena, Dresden und Potsdam gelten<br />
als Regionen mit Zukunftschancen.<br />
Neben einer stärkeren Ausdifferenzierung<br />
der Entwicklung <strong>im</strong> Westen ist der Unterschied<br />
zwischen den 271 EU-Regionen größer<br />
als der innerhalb der BRD. Sechs EU-<br />
Mitgliedsstaaten liegen mit ihrem BIP unter<br />
einem Drittel des durchschnittlichen Europäischen<br />
BIP. <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> <strong>im</strong> EU-Parlament unterstützt<br />
es daher, dass arme Mitgliedsstaaten<br />
mehr gefördert werden sollen. Aber wir<br />
fordern auch, dass künftig alle EU-Regionen<br />
in den Genuss der Regional- und Strukturförderung<br />
kommen, da es auch in reichen Staaten<br />
stark zukunftsgefährdete Regionen gibt.<br />
Mit dem Auslaufen des Solidarpaktes kommen<br />
z.B. auf Ostdeutschland finanzielle Defizite<br />
zu. Wir verlangen, dass der auszustellende<br />
EU-Haushalt 2014–20 bezüglich der<br />
* Kohäsion (von lat. cohaerere „zusammenhängen“)<br />
steht in der Politik für den Zusammenhalt<br />
zwischen einzelnen Staaten<br />
und Regionen.<br />
© Gerd Altmann / PIXELIO<br />
Kohäsionsmittel für Wachstum und Beschäftigung<br />
angemessen ausgestattet wird, dass<br />
auch für die Erhaltung und Bewirtschaftung<br />
natürlicher Ressourcen ausreichende Mittel<br />
eingestellt werden. Von der Haushaltsfrage<br />
wird wesentlich abhängen, inwieweit die EU<br />
als ausgleichendes Instrument zwischen den<br />
Mitgliedsstaaten tätig werden kann.<br />
Die EU-Mitgliedsstaaten müssen die Ziele<br />
ihrer zukünftigen Förderung klar best<strong>im</strong>men<br />
und Prioritäten setzen. Technologie-, Forschungs-,<br />
Bildungs-, und Beschäftigungsförderung,<br />
Umweltschutz, Energie, aber auch<br />
die Förderung sozialer Zwecke müssen dabei<br />
<strong>im</strong> Vordergrund stehen. Mit dem Vertrag<br />
von Lissabon stehen die Bundesländer in<br />
Mitverantwortung für die Entscheidungen <strong>im</strong><br />
Europäischen Parlament. Sachsen wäre gut<br />
beraten, einen eigenständigen Europaausschuss<br />
einzurichten, der die politischen Leitlinien<br />
für die europapolitische Mitverantwortung<br />
Sachsens erarbeitet und begleitet.<br />
Nicht nur Ostdeutschland, auch andere Regionen,<br />
die die 75-Prozent-Hürde des EU-<br />
BIP übersprungen haben und deshalb nicht<br />
mehr die Ziel-1-Förderung erhalten werden,<br />
müssen weiter gefördert werden. Wir wollen,<br />
dass Übergangsregelungen geschaffen<br />
werden, damit die Strukturförderung nicht<br />
abrupt wegbricht. Neben der Bemessung<br />
nach dem Pro-Kopf-BIP sollten auch demografische<br />
und geografische Faktoren mit heran<br />
gezogen werden. Angesichts der Armut<br />
in vielen Mitgliedsstaaten muss auch mehr<br />
Wert auf Armutsbekämpfung gelegt werden.<br />
Dafür wäre der Europäische Sozialfonds<br />
auszubauen.<br />
Die künftig verstärkte Förderung städtischer<br />
Gebiete darf nicht zu Lasten des ländlichen<br />
Raumes gehen. Deren Förderung muss<br />
nicht nur beibehalten, sondern weiter ausgebaut<br />
werden. Neben der Landwirtschaft<br />
in den ärmeren Ländern müssen Kultur-,<br />
Kl<strong>im</strong>aschutz- und Umweltleistungen honoriert<br />
werden. Wir von der <strong>LINKE</strong>N schlagen<br />
vor, eine Umwelt- und eine Arbeitsprämie<br />
(nach Beschäftigungsgrad) einzuführen. Unter<br />
Einbeziehung der Positionen aller <strong>LINKE</strong>R<br />
<strong>Landtag</strong>sfraktionen werden wir in den kommenden<br />
Wochen eine Stellungnahme zum<br />
5. Kohäsionsbericht erarbeiten und unsere<br />
Schlussfolgerungen zusammenfassen.<br />
MdEP<br />
Dr. Cornelia Ernst<br />
Europaabgeordnete<br />
aus Sachsen<br />
Vor der eigenen Haustür kehren<br />
Der Entwurf für Sachsens neuen Doppelhaushalt<br />
lässt erkennen, dass die Staatsregierung<br />
Landesmittel durch EU-Mittel ersetzt.<br />
Schon vor zwei Jahren ruhten die<br />
Hoffnungen auf der „Veredlung“ von EU-Mitteln<br />
durch revolvierende Fonds. Noch haben<br />
diese keine Wirkung entfaltet. Was aber<br />
passiert, wenn <strong>im</strong> Doppelhaushalt 2013/14<br />
das Gros der gewohnten Strukturfondsmittel<br />
ausbleibt? Laut mittelfristiger Finanzplanung<br />
schrumpfen diese bis 2014 von derzeit<br />
knapp 800 Mio. auf 170 Mio. Euro.<br />
Sachsens Ministerium für Justiz und Europa<br />
hat dazu „Sächsische Anregungen<br />
zur Ausgestaltung der Kohäsionspolitik<br />
ab 2014“ vorgelegt. Auch der Sächsische<br />
Städte- und Gemeinde- und der<br />
Landkreistag machen sich Gedanken über<br />
die Zukunft der Strukturfondspolitik. Die<br />
kommunalen Spitzenverbände fordern<br />
neben dem sogenannten Gleitzonen modell<br />
auch die Einführung einer Demografiekomponente.<br />
Und sie warnen davor, dass<br />
die Mittel der Kohäsionspolitik zum Abfangen<br />
von Versäumnissen anderer Politikbereiche<br />
missbraucht werden könnten.<br />
Zu den Hausaufgaben Sachsens gehört,<br />
zunächst die Förderperiode 2000–2006<br />
abzurechnen. Und die Strukturprobleme<br />
Ostdeutschlands zu klären, und zwar innerhalb<br />
Deutschlands und nicht über die EU.<br />
MdL<br />
Verena Meiwald<br />
Expertin für<br />
Förderpolitik<br />
pvl 11-12/2010<br />
17
Operation gelungen, Patient tot<br />
Mit Jahresbeginn 2011 kommt das „Gesetz von Arbeitnehmern zu zahlenden Sonder-<br />
zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen beitrag von 0,9 Prozent. Nach der Bei-<br />
Finanzierung der Gesetzlichen Krankenkassen“<br />
über uns. Glaubt man<br />
2011 werden also ab dem darauf-<br />
der Bundesregierung, ist dieses<br />
folgenden Jahr die Zusatzbeiträge<br />
Gesetzeswerk zur Umsetzung ei-<br />
massiv steigen.<br />
ner Finanzreform <strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />
transparent, stabil und ge-<br />
Die Anhebung des Beitragssatzes<br />
recht und somit der ganz große<br />
um 0,6 Punkte erhöht natürlich die<br />
tragssatzerhöhung zum 1. Januar<br />
Wurf. Pvl sprach dazu mit der<br />
Abzüge vom Lohn. Zusammen<br />
Sprecherin für Gesundheitspolitik<br />
der <strong>Sächsischen</strong> Land-<br />
Erhöhung des Beitragssatzes<br />
mit der gesetzlich verankerten<br />
tags-<strong>LINKE</strong>N, MdL Kerstin<br />
zur Arbeitslosenversicherung<br />
Lauterbach.<br />
MdL Kerstin Lauterbach<br />
um 0,2 Punkte auf drei Prozent<br />
machen die Sozialbeiträge, die<br />
Was genau kommt in Sachen Gesundheitswesen<br />
ab 2011 auf uns zu? Was Hälfte finanziert werden, ab Jahresanfang<br />
von Arbeitgebern und Arbeitnehmern je zur<br />
ändert sich am System?<br />
2012 dann 39,45 Prozent des Bruttoeinkommens<br />
aus (Rentenversicherung 19,9 Prozent,<br />
Das ist eine ganze Menge - und nichts davon<br />
ist wirklich gut. Die Reform ist keine Arbeitnehmer wird es noch teurer! Sie füh-<br />
Pflegeversicherung 1,95 Prozent). Für die<br />
und ist der erste Schritt in die Privatisierung<br />
der gesetzlichen Krankenversicherung, Sozialbeiträgen ab. Kinderlose Arbeitnehren<br />
dann weit über 20 Prozent des Lohns an<br />
sie baut die Brücke zur Einführung der Kopfpauschale.<br />
Und das sind die „Brückenbau-<br />
Pflegeversicherung. Das also hat Schwarzmer<br />
zahlen zudem 0,25 Punkte mehr in der<br />
elemente“ <strong>im</strong> Einzelnen:<br />
Gelb gemeint, als sie mit „mehr Netto vom<br />
Brutto“ in den Wahlkampf zogen …<br />
Der Beitragssatz zur Gesetzlichen Krankenversicherung<br />
(GKV) steigt 2011 von 14,9<br />
Prozent auf 15,5 Prozent. Die Anhebung<br />
um 0,6 Punkte, die etwa sechs Milliarden<br />
Euro einbringt, tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer<br />
letztmals gemeinsam. Der Anteil<br />
der Arbeitgeber wird dann auf 7,3 Prozent<br />
festgeschrieben. Es bleibt bei dem nur<br />
© Gerd Altmann / PIXELIO<br />
Die Krankenkassen können mit der „Reform“<br />
einen Zusatzbeitrag in unbegrenzter<br />
Höhe verlangen, den die Versicherten alleine<br />
bezahlen müssen. Bisher ist dieser Beitrag<br />
bei 37,50 Euro <strong>im</strong> Monat oder einem<br />
Prozent des beitragspflichtigen Einkommens<br />
gedeckelt. Damit Versicherte nicht<br />
überfordert werden, mussten sie bisher<br />
höchstens zwei Prozent ihres Einkommens<br />
als Zusatzbeitrag zahlen.<br />
In den Krankenhäusern soll für Leistungen,<br />
die über die vertraglich vereinbarte<br />
Leistungen hinausgehen, ein Abschlag<br />
von 30 Prozent eingeführt werden. Das soll<br />
eine Einsparung in Höhe von 350 Mio. Euro<br />
bringen. Außerdem werden die Krankenhausausgaben<br />
an die Lohnentwicklung gekoppelt.<br />
Dadurch sollen 150 Millionen Euro<br />
weniger ausgegeben werden.<br />
Die Verwaltungskosten der Krankenkassen<br />
dürfen in den kommenden beiden Jahren<br />
<strong>im</strong> Vergleich zu 2010 nicht steigen.<br />
Dadurch sollen rund 300 Millionen Euro gespart<br />
werden.<br />
Bei Ärztehonoraren gilt folgendes: Bei der<br />
ambulanten Versorgung sollen 350 Mio.<br />
Euro gekürzt werden, da zu erwartende<br />
Kostensteigerungen gestrichen werden. Bei<br />
Hausärzten soll es ebenfalls eine Deckelung<br />
der Honorare geben, die 500 Millionen<br />
Euro oder mehr ausmachen sollen.<br />
Bei der Pharmaindustrie sollen zwei Milliarden<br />
Euro eingespart werden. Bei neuen<br />
innovativen Arzneien muss ein Zusatznutzen<br />
nachgewiesen werden. Die Preise<br />
müssen die Unternehmen mit dem GKV-<br />
Spitzenverband aushandeln und nicht wie<br />
bisher selbst festlegen. Zudem wird die<br />
Handelsspanne für den Pharmagroßhandel<br />
gekürzt. Zusätzlich hat der Bundestag<br />
unlängst eine Erhöhung des Zwangsrabatts<br />
auf verschreibungspflichtige Medikamente<br />
und ein Preismoratorium bis 2013<br />
beschlossen.<br />
Private Krankenversicherung (PKV): Die<br />
Bindungsfrist in der GKV von drei Jahren soll<br />
abgeschafft und ein Wechsel zwischen den<br />
Tarifen flexibilisiert werden. Wer das entsprechende<br />
Einkommen hat, darf bereits<br />
nach einem Jahr in die PKV wechseln.<br />
Nach den Worten von FDP-Bundesgesundheitsminister<br />
Rösler werden ab 2011 Leistungserbringer,<br />
Steuer- und Beitragszahler<br />
zur Deckung des erwarteten Defizits der<br />
Krankenversicherung von neun Milliarden<br />
Euro herangezogen, die Patienten jedoch<br />
bleiben verschont. „Die einzige Gruppe,<br />
die wir nicht belasten, sind die tatsächlich<br />
Kranken“, so Rösler wörtlich. Nun frage ich<br />
mich, wie das damit zusammenpasst, dass<br />
er nunmehr das Modell der Vorkasse propagiert.<br />
Das sähe dann so aus, dass Mitglieder<br />
der gesetzlichen Krankenkassen be<strong>im</strong><br />
Arztbesuch als erstes die Scheine auf die<br />
Empfangstheke der Praxis legen bzw. das<br />
Geld an den Arzt überweisen, um es dann<br />
Wochen später von seiner Kasse zurück<br />
überwiesen zu bekommen. Ein Prozedere<br />
also, wie es bei Privatpatienten üblich ist.<br />
Die Möglichkeit, bei der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
einen Tarif mit Vorkasse zu<br />
wählen, gibt es übrigens bereits seit 2004.<br />
Dieser wird aus gutem Grund bislang von<br />
nur 0,2 Prozent der gesetzlich Versicherten<br />
genutzt.<br />
Seit Jahrzehnten wird in Deutschland<br />
am Gesundheitssystem herumlaboriert.<br />
Weshalb ist das so und warum scheint<br />
es nicht zu gelingen, das System <strong>im</strong><br />
Sinne der Versicherten zu verändern?<br />
Die Gesundheitsausgaben haben sich in<br />
den letzten zehn Jahren fast verdoppelt.<br />
Ein Ende ist nicht in Sicht. Bisherige Gesundheitsreformen<br />
waren <strong>im</strong>mer nur auf<br />
Kostendämpfung ausgerichtet. Wir haben<br />
in Deutschland ca.160 Krankenkassen, in<br />
Sachsen arbeiten ca. 30. Wir können uns<br />
eine Beitragsbemessungsgrenze leisten.<br />
Das heißt, nicht alle zahlen entsprechend<br />
ihres Einkommens in eine Kasse ein. Und<br />
wir leisten uns viel zu viele private und gesetzliche<br />
Krankenkassen. Die Finanzierung<br />
des Gesundheitssystems muss auf solide<br />
Füße gestellt werden. Ein weiteres Problem<br />
18 pvl 11-12/2010
© Chris Beck / PIXELIO<br />
ist die Lobbyarbeit. Pharmaindustrie, Private<br />
Krankenversicherer und Arbeitgeberverbände<br />
geben sich <strong>im</strong> Bundesgesundheitsministerium<br />
die Klinke in die Hand. Sie<br />
werden erhört. Hat schon einer je Hartz IV<br />
Betroffene erhört?<br />
Umfragen zufolge lehnen 80 Prozent<br />
der Bevölkerung die aktuelle Gesundheitsreform<br />
ab, weshalb wird sie dennoch<br />
durchgezogen?<br />
Die Gesundheitswirtschaft hat sich in<br />
den letzten Jahren zu einem riesigen Wirtschaftszweig<br />
entwickelt. Hier sind 4,2 Millionen<br />
Menschen beschäftigt. Es ist viel viel<br />
Geld <strong>im</strong> System. Wenn Gesundheit zur Ware<br />
wird, wird jede weitere Gesundheitsreform<br />
<strong>im</strong>mer wieder zu Gunsten von Lobbyistenverbänden<br />
ausfallen. Auch wenn 80 Prozent<br />
der Bevölkerung diese und viele Reformen<br />
vorher schon abgelehnt haben, haben<br />
diese doch nicht die Lobby, das System zu<br />
ändern. Das kann nur Politik.<br />
Wie sieht nach Ansicht der <strong>LINKE</strong>N eine<br />
wirklich „gesunde Krankenversicherung“<br />
aus und besteht überhaupt noch<br />
Hoffnung auf „Genesung“?<br />
Die „Reform“ ist unsozial und schlecht für<br />
die 80 Millionen gesetzlich Versicherten,<br />
denn sie führt in eine Drei-Klassen-Medizin<br />
mit privilegierten Privatversicherten, Kassenpatienten<br />
mit Vorkassentarif und ganz<br />
am Ende der Skala ganz normalen Kassenpatienten,<br />
denen das Geld zur Vorfinanzierung<br />
ihrer Behandlung fehlt. Und das ist<br />
nicht grundgesetzkonform!<br />
Ich habe die Hoffnung auf „Genesung“ dennoch<br />
nicht aufgegeben, denn <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> hat<br />
mit der solidarischen Bürger/innenversicherung<br />
ein Angebot einer „gesunden Krankenversicherung“<br />
anzubieten. Dazu gehört:<br />
1. Alle Menschen, die in Deutschland leben,<br />
zahlen in eine Kasse ein, sie werden<br />
Mitglied der solidarischen Bürger/innenversicherung.<br />
2. Alle, auch die privat Versicherten<br />
zahlen entsprechend ihres Einkommens<br />
in die Versicherung ein. 3. Die<br />
Beitragsbemessungsgrenze wird abgeschafft.<br />
4. Alle Einkommensarten werden<br />
einbezogen und besteuert, also Löhne, Honorare,<br />
Mieten, Pachten oder Kapitalerträge.<br />
Das heißt: Wer wenig hat, zahlt auch<br />
wenig und wer mehr zur Verfügung hat, der<br />
zahlt auch mehr. Das ist transparent, das<br />
ist fair und das ist gerecht.<br />
PS.: Unser <strong>im</strong>mer lächelnder Gesundheitsminister<br />
plant bereits die nächste Grausamkeit<br />
– die Reform der Pflegeversicherung. Damit<br />
wird dann auch dem letzten gesetzlich Versicherten<br />
<strong>im</strong> Lande das Lächeln vergehen …<br />
Überblick über all das „Werkeln“ am<br />
Gesundheitssystem nebst diverser<br />
„Nebenwirkungen“:<br />
1977 wird mit dem Kostendämpfungsgesetz<br />
die erste größere Gesundheitsreform eingeläutet.<br />
1983 steigen die Zuzahlungsbeträge<br />
für Versicherte und die bisher befreiten<br />
Rentner müssen nun einen einkommensunabhängigen<br />
Beitrag leisten. 1988 erklärt die<br />
Gesellschaft für deutsche Sprache das Wort<br />
„Gesundheitsreform“ zum Unwort des Jahres!<br />
1989 wird die Eigenbeteiligung bei Arzne<strong>im</strong>itteln,<br />
be<strong>im</strong> Krankenhausaufenthalt und bei<br />
Zahnersatz eingeführt; Bagatellmedikamente<br />
werden aus dem Leistungskatalog gestrichen<br />
Gesundheit in der Sackgasse?<br />
Welche Lösungen sind möglich?<br />
Parlamentarische Initiativen und Presseerklärungen der<br />
<strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> <strong>im</strong> <strong>Sächsischen</strong> <strong>Landtag</strong><br />
Oktober 2009 bis September 2010<br />
<br />
1<br />
und für Arzne<strong>im</strong>ittel werden Festbeträge eingeführt,<br />
sodass die Kassen nur noch einen<br />
festgelegten Höchstbetrag und der Patient<br />
die Differenz bezahlt. 1993 kommt das „GKV-<br />
Strukturgesetz“ und damit die erste Budgetierung.<br />
Die Selbstbeteiligung steigt und die<br />
Einführung einer Positivliste scheitert. 1997<br />
sorgt das „GKV-Neuordnungsgesetz“ dafür,<br />
dass Patienten wieder „stärker beteiligt“<br />
werden und jüngere Patienten geringere<br />
Zuschüsse für Zahnersatz erhalten. 1999<br />
schreibt das „Solidaritätsstärkungsgesetz“<br />
die Budgetierung für Arzthonorare, Krankenhaus<br />
und Arzne<strong>im</strong>ittel fest. 2004 kommt mit<br />
dem „Gesetz zur Modernisierung der GKV“<br />
die Praxisgebühr in Höhe von zehn Euro <strong>im</strong><br />
Quartal und die Erstattungsmöglichkeiten für<br />
verschreibungsfreie Medikamente entfallen.<br />
Die Selbstbeteiligung für Arzne<strong>im</strong>ittel und<br />
Heilmittel steigt auf zehn Prozent bis max<strong>im</strong>al<br />
zehn Euro. 2005 wird die Paritätische Finanzierung<br />
beendet: Arbeitgeber und Arbeitnehmer<br />
zahlten den Versicherungsbetrag bisher<br />
je zur Hälfte. Ab jetzt müssen Versicherte<br />
0,9 Prozent Sonderbeitrag zahlen. 2009 werden<br />
der Gesundheitsfonds als Geldsammelstelle<br />
und ein bundesweit einheitlicher Beitragssatz<br />
eingeführt. Die GKV erhalten eine<br />
Pauschale pro Versicherte. Jede/r Bürger/<br />
in ist verpflichtet, eine Krankenversicherung<br />
abzuschließen.<br />
In der Broschüre „Gesundheit in der<br />
Sackgasse? Welche Lösungen sind<br />
möglich?“ fasst die <strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> <strong>im</strong><br />
<strong>Sächsischen</strong> <strong>Landtag</strong> das Gros ihrer zwischen<br />
September 2009 und Oktober 2010<br />
eingebrachten Parlamentarischen Initiativen<br />
zur Reform des Gesundheitssystems<br />
zusammen. Das kostenlose 30 Seiten starke<br />
Heft kann über die <strong>Fraktion</strong>s-Homepage<br />
www.linksfraktionsachsen.de heruntergeladen<br />
oder als Broschüre bestellt werden.<br />
Anfragen für den Postversand werden auch<br />
über die <strong>im</strong> Impressum angegebene Adresse<br />
bearbeitet.<br />
pvl 11-12/2010<br />
19
20 Jahre <strong>LINKE</strong> Politik für Sachsen<br />
Foto: efa<br />
Das Sonderheft mit Bildern, Dokumenten und<br />
historischen Plakaten zu „20 Jahre <strong>LINKE</strong> Politik <strong>im</strong><br />
<strong>Landtag</strong>“ – vorgestellt durch Dr. Andé Hahn – ging<br />
weg wie die sprichwörtlich „warmen Semmeln“.<br />
Gemeinsam mit zahlreichen Gästen erinnerte<br />
die <strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> am 26.<br />
Oktober 2010 in Dresden an die Konstituierung<br />
der <strong>Fraktion</strong> vor 20 Jahren.<br />
Der Einladung zur Festveranstaltung unter<br />
dem Titel „20 Jahre <strong>LINKE</strong> Politik <strong>im</strong><br />
<strong>Landtag</strong>“ waren ehemalige <strong>Landtag</strong>sabgeordnete,<br />
Freunde und Wegbegleiter<br />
sowie Kolleginnen und Kollegen der<br />
parlamentarisch-politischen Arbeit gefolgt.<br />
Darunter der langjährige <strong>Landtag</strong>spräsident<br />
Erich Iltgen, der <strong>Fraktion</strong>svorsitzende<br />
der SPD-<strong>Fraktion</strong> Martin Dulig,<br />
Dr. Karl-Heinz Gerstenberg (Parlamentarischer<br />
Geschäftsführer) und Johannes<br />
Lichdi (rechtspolitischer Sprecher) von<br />
der <strong>Fraktion</strong> BÜNDNIS 90/<strong>DIE</strong> GRÜNEN<br />
sowie der frühere amtierende <strong>Landtag</strong>sdirektor<br />
Wolf-Hartmut Reckzeh.<br />
<strong>Fraktion</strong>svorsitzender Dr. André Hahn<br />
spannte in seiner Eröffnungsrede den Bogen<br />
von der Gründung der <strong>Fraktion</strong> bis<br />
zum aktuellen Parlamentsalltag. Klaus<br />
Bartl, erster Vorsitzender der <strong>Fraktion</strong> und<br />
bis heute <strong>Landtag</strong>sabgeordneter der LIN-<br />
KEN amüsierte das Auditorium u. a. mit<br />
Anekdoten aus den ersten Wochen und<br />
Monaten der damals noch gänzlich unbekannten<br />
demokratischen Parlamentsarbeit.<br />
Peter Porsch, der der <strong>Fraktion</strong> von<br />
der zweiten bis zur vierten Legislatur vorstand,<br />
widmete sich in seiner Rede auch<br />
den Veränderungen der politischen Landschaft<br />
und der sich daraus ergebenden<br />
Anforderungen an die Politik. Erich Iltgen,<br />
der mit 19 Amtsjahren vermutlich längstgediente<br />
<strong>Landtag</strong>spräsident Deutschlands<br />
ließ in seinem Grußwort die ersten Schritte<br />
zur Gründung des Freistaats Sachsen<br />
Revue passieren.<br />
Ein Broschüren-Sonderdruck, eine Foto-Diashow,<br />
Musik und ein kleines Buffet<br />
rundeten die Festveranstaltung zu „20<br />
Jahre <strong>LINKE</strong> Politik <strong>im</strong> <strong>Landtag</strong>“ ab und gaben<br />
den passenden Rahmen für zahlreiche<br />
Gespräche über den Weg der Linken Liste<br />
über die PDS bis zur <strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong><br />
des Jahres 2010.<br />
Rumba zum Rücktritt vom Rücktritt<br />
Eigentlich wollte er aufhören. Zu beschwerlich<br />
war es geworden, die Verpflichtungen<br />
als <strong>Landtag</strong>svizepräsident, als Abgeordneter,<br />
als VdK-Berater und Mitstreiter zahlreicher<br />
Gremien und Initiativen mit dem Anspruch<br />
als Leistungssportler unter einen<br />
Hut zu bringen. Dennoch rollte Horst Weh-<br />
ner Anfang November in Hannover bei der<br />
Weltmeisterschaft <strong>im</strong> Rollstuhltanzsport<br />
mit aufs Parkett und stellte sich der Konkurrenz<br />
aus 23 Ländern. „Ja, wider Erwarten<br />
war ich mittendrin“, schmunzelt Wehner<br />
über den in mehrfacher Hinsicht etwas<br />
anderen Wettkampf, denn offiziell nominiert<br />
war er für die WM zunächst nicht.<br />
Dazu hätte er an den Deutschen Meister-<br />
schaften teilnehmen müssen. Hat er aber<br />
nicht. Den 1. Mai 2010 verbrachte er stattdessen<br />
in Zwickau – inmitten derer, die dort<br />
eindrucksvoll gegen einen Naziaufmarsch<br />
protestierten.<br />
Neben der fehlenden Nominierung war dem<br />
Rollstuhlsportler aber aufgrund gesundheitlicher<br />
Probleme zuvor bereits die Tanz-<br />
partnerin abhanden gekommen, sodass der<br />
verkündete Abschied vom Tanzsport folgerichtig<br />
schien. Dann aber stellte ihm sein<br />
Chemnitzer Sportclub Olivia Thiele vor: 18<br />
Jahre jung, tanzverrückt und mit einer gehörigen<br />
Portion Tanzsport-Erfahrung gesegnet.<br />
Keine fünf Monaten später empfahl der Bun-<br />
destrainer das scheinbar ungleiche Paar zur<br />
Nachnominierung für die WM. Voraus ge-<br />
gangen waren ein Sichtungstraining und die<br />
Russischen Meisterschaften <strong>im</strong> September<br />
in Petersburg, bei der das Kombipaar<br />
Wehner/Thiele bei den lateinamerikanischen<br />
Tänzen die beste<br />
Leistung<br />
<strong>im</strong> deutschen Team<br />
gezeigt hatte.<br />
Foto: privat<br />
MdL Horst Wehner, Rollstuhltänzer aus Leidenschaft<br />
„Ich habe mich sehr über die Nominie-<br />
rungsempfehlung gefreut“, so Wehner,<br />
dem wohl auch klar war, dass seine vier<br />
Deutschen Meistertitel aufgrund der Umstände<br />
hier mehr Bürde denn Antrieb sein<br />
könnten.<br />
Zwischen dem Novemberplenum des<br />
<strong>Sächsischen</strong> <strong>Landtag</strong>s und der WM in Hannover<br />
lag genau ein Tag. An Extra-Training<br />
oder ausreichend Schlaf war also nicht zu<br />
denken. „Wenn ich tanze, blende ich das<br />
aus“, beschreibt Wehner die Faszination<br />
Rollstuhltanz: „Olivia und ich haben<br />
großen Spaß daran, <strong>im</strong> Tanz Geschichten<br />
zu erzählen.“ Das haben<br />
offenbar auch die WM-Wertungsrichter<br />
bemerkt, die das Kombi-Paar vom TSC<br />
Synchron Chemnitz in der Disziplin Latein<br />
als bestes deutsches Paar sahen. Folgt für<br />
Horst Wehner nun also der Rücktritt vom<br />
Rücktritt? Immerhin ist es nicht ausgeschlossen,<br />
dass Rollstuhltanzen sogar<br />
paralympische Disziplin werden könnte.<br />
„Das wäre das Größe!“, ist ner begeistert. Aufhören ist also erst<br />
Wehmal<br />
kein Thema mehr. Dafür n<strong>im</strong>mt<br />
Wehner angriffslustig die Deutschen<br />
Meisterschaften <strong>im</strong> kommenden Jahr<br />
ins Visier und konstatiert, dass<br />
„ihm das Rollstuhl-Tanzen doch<br />
mehr gibt, als es Zeit zu rauben<br />
vermag.“<br />
efa<br />
20 pvl 11-12/2010
Braucht Deutschland staatlich<br />
al<strong>im</strong>entierte Religionsgemeinschaften?<br />
In Bund und Ländern setzen Finanzminister<br />
den Rotstift an, um die Verschuldung öffentlicher<br />
Haushalte zu reduzieren. In diesem<br />
Zusammenhang stachen einigen Politikern<br />
aus SPD, FDP und von den Grünen die hohen<br />
und ständig wachsenden Millionenbeträge<br />
ins Auge, die der Staat Jahr für Jahr<br />
an die Kirchen zahlt. Allein 2010 sind das<br />
insgesamt 460 Mio. Euro. Vor diesem Hintergrund<br />
plädieren – nicht zum ersten Mal<br />
– namhafte Politiker der drei genannten<br />
Parteien dafür, das Verhältnis von Staat und<br />
Kirche neu zu gestalten. Auch <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong><br />
sieht durchaus die Notwendigkeit der Neubest<strong>im</strong>mung<br />
dieses Verhältnisses, hält sich<br />
aber aufgrund der Tatsache, dass die SED<br />
zwischen 1949 und 1989 viele Gläubige benachteiligt<br />
und unterdrückt hat, in der Diskussion<br />
bisher eher zurück.<br />
Die Kirchen reagieren auf die Forderung<br />
nach Beendigung ihrer privilegierten Stellung<br />
in der Gesellschaft der Bundesrepublik,<br />
indem sie jene, die sie stellen, stereotyp<br />
mit dem Stigma der Kirchenfeindschaft<br />
belegt. Aber selbst bei der CDU, die traditionell<br />
als stabile Stütze des engen Staat-<br />
Kirche-Verhältnisses gilt, gibt es St<strong>im</strong>men,<br />
die sich für einen allmählichen Abbau der<br />
Privilegierung – etwa <strong>im</strong> Bereich kirchlicher<br />
Schulen – stark machen. In Sachsen lud der<br />
evangelische Landesbischof alle Parlamentarier,<br />
soweit sie nicht nur protestantisch<br />
fühlen, sondern auch noch Kirchensteuern<br />
zahlen, zum Gespräch ein, um die Notwendigkeit<br />
der Staatsleistungen zu erörtern. Da<br />
diese Staatsleistungen aber vom Steueraufkommen<br />
aller Bürger abgehen und nicht<br />
nur von den knapp 20 Prozent, die Kirchensteuern<br />
zahlen, hätte er besser daran getan,<br />
sämtliche Volksvertreter einzuladen.<br />
Die Begründung für den Griff ins Steuersäckel<br />
zur Kirchenfinanzierung reicht weit in<br />
die deutsche Geschichte zurück. Mit dem<br />
Reichsdeputationshauptschluss von 1803<br />
wurde die mittelalterliche Tradition geistlicher<br />
Fürstentümer beendet und deren Besitz<br />
den entschädigungsberechtigten Fürsten,<br />
die Territorien auf dem linken Rheinufer<br />
an das revolutionäre Frankreich hatten abgeben<br />
müssen, übereignet. Auch Stifte, Abteien<br />
und Klöster wurden den neuen Landesherrn<br />
zur so genannten „Säkularisation“<br />
zur Verfügung gestellt. Im Gegenzug wurden<br />
die Fürsten, die von der Säkularisation profitiert<br />
hatten, verpflichtet, der enteigneten<br />
Kirche „Dotationen“ zu zahlen. Aus Gründen<br />
der Parität und mit dem Ende der protestantischen<br />
Staatskirche 1918 erhielten schließlich<br />
beide Kirchen solche „Dotationen“.<br />
Durch Verträge – Konkordate (katholisch)<br />
und Staatskirchenverträge (evangelisch)<br />
– bekamen diese Vereinbarungen einen<br />
rechtsverbindlichen Charakter.<br />
Eine Ablösung dieser Regelung, wie sie<br />
von verschiedener Seite angeregt wird,<br />
wäre in der Tat sinnvoll, denn seit 1803<br />
hat Deutschland nicht nur fünf verschiedene<br />
Staatsformen erlebt, sondern die deutsche<br />
Gesellschaft hat sich auch grundlegend<br />
gewandelt. Heute ist gut ein Drittel<br />
der Bevölkerung konfessionslos, und auch<br />
unter denen, die Kirchensteuern zahlen,<br />
gibt es nur wenige Prozent praktizierende<br />
Christen. Die meisten sehen in ihrer Mitgliedschaft<br />
eine Art religiöses Versicherungssystem:<br />
Man kann nicht mit letzter Sicherheit<br />
sagen, dass es keinen Gott gibt,<br />
und wenn ich zahle, bin ich auf der sicheren<br />
Seite. Aber warum soll das gute Drittel<br />
der deutschen Bevölkerung, das sich klar<br />
entschieden hat, keiner Kirchen anzugehören,<br />
mit seinen Steuern kirchliche Aktivitäten<br />
subventionieren?<br />
In neuen Arbeiten zum Staatskirchenrecht<br />
– eine Unterdisziplin des Faches Rechtswissenschaft<br />
und zumeist auf Seiten kirchlicher<br />
Interessen – findet man kaum mehr<br />
den Reichsdeputationshauptschluss von<br />
1803, den Begriff „Dotation“ oder Staatsleistungen.<br />
Vielmehr ist von „staatlicher Förderung<br />
der Kirchen“ die Rede, und es wird<br />
behauptet, „dass kirchliches Handeln mittelbar<br />
staatlichen Zwecken dient“ (V. Wick),<br />
mithin also allen zugute kommt. Auf dieser<br />
Linie hat auch Sachsens Staatsminister<br />
Beermann argumentiert. Und hier muss<br />
der öffentliche Diskurs beginnen, denn mit<br />
Recht meint FDP-Generalsekretär Lindner,<br />
dass – wenn überhaupt – eine deutsche<br />
Leitkultur nicht auf religiösen, sondern auf<br />
republikanischen Werten aufbauen muss.<br />
Die BRD braucht zu ihrer Identitätsbildung<br />
keine staatlich geförderte Religion.<br />
Vielmehr sollte der demokratische Verfassungsstaat<br />
sich nicht in den freien Wettbewerb<br />
der Überzeugungssysteme einmischen,<br />
indem er die Aktivitäten best<strong>im</strong>mter<br />
Gruppierungen nachhaltig finanziell fördert.<br />
Eine Religionsgemeinschaft, die sich auf<br />
ihre eigene Kraft besinnen muss, wird von<br />
einer klaren Trennung von Staat und Kirche<br />
nur profitieren und wirklich unabhängig<br />
handeln können. Ansonsten wird sie zunehmend<br />
am Tropf der CDU hängen und kirchennahen<br />
CDU-Politikern nach dem Mund<br />
reden müssen.<br />
Literaturtipps:<br />
» Carsten Frerk, Finanzen und Vermögen<br />
der Kirchen in Deutschland, Aschaffenburg<br />
2004.<br />
» Gerhard Besier, Finanzierung kirchlicher<br />
Bildung, in: Heiner Barz (Hg.), Handbuch<br />
Bildungsfinanzierung, Wiesbaden 2010,<br />
S. 287–303.<br />
» Volker Wick, Die Trennung von Staat und<br />
Kirche, Tübingen 2007.<br />
MdL Prof.<br />
Gerhard Besier<br />
Linkspolitiker,<br />
Historiker und<br />
evangelischer<br />
Theologe<br />
Foto: © TigerL<strong>im</strong>e, Viktor-Mildenberger / PIXELIO<br />
pvl 11-12/2010<br />
21
serbska strona<br />
Politiske<br />
pućowanje<br />
po Łužicy<br />
Mjez Serbami po puću być – hdźežkuli<br />
a hdyžkuli so to hodźi – měł być<br />
prěnjorjadny nadawk serbskeho<br />
zapósłanca. Serbski teren so njekryje<br />
z moj<strong>im</strong> wólbnym wokrjesom.Tuž ničo<br />
njezbywa hač to jedne činić a to druhe<br />
njewostajić.<br />
We wólbnym boju běch sej wotnajał traktor,<br />
pobych na „trak-tourje“, z lěpšinu, zo<br />
ćehnje to kedźbnosć ludźi (a medijow) na<br />
so, ze špakom, zo so cyła tura časowje<br />
dliji.<br />
Tuž nětko hinak: Być na politiskej turje<br />
po kraju, mjenowana „partija po kraju“,<br />
po wsach, dwurěčnych kaž tež tajk<strong>im</strong>i,<br />
kiž scyła ze serbsk<strong>im</strong>i prašenjemi činić<br />
n<strong>im</strong>aja. Tola na wšěch stacijach so wukopa:<br />
načate problemy su tak abo znak<br />
wšoregionalne.<br />
W Malešecach, na prěnjej staciji, sydnjechmy<br />
so z małopředewzaćelemi<br />
hromadźe. Malešanska kónčina je krajina<br />
hatow a rybarstwa. Igor Kaltšmidt je<br />
jedyn z powołanskich rybarjow Łužicy.<br />
Rybarjenje njeje turistiska atrakcija, ně,<br />
to je twjerde, napinace, wužadace dźěło.<br />
Byrnjež Łužica jako region plahowanja<br />
karpow znata była, ma domjace rybarstwo<br />
přećiwo sylnej konkurency wobstać.<br />
Rybarstwo a ratarstwo - wažnej to stołpaj<br />
regiona. W Radworju hlada agrodrustwo<br />
za tym, kak móže so ratarske předewzaće<br />
modernizować a wokolnym wsam hospodarsce<br />
k pomocy być. Modernizacija pak<br />
njeje, ručež so wo wulkohródź jedna, bjez<br />
problemow — ani w zawodźe samym, ani<br />
w poměrje ratarskeho předewzaća k wobydlerstwu.<br />
A runje prawa wobydlerjow<br />
maja so škitać.<br />
Hač Malešecy, Radwor abo dalše stacije:<br />
Wšudźe hraješe kubłanje na wsy,<br />
w pěstowarjach abo šuli, rólu. Witajpěstowarnja<br />
w Malešecach je jedna<br />
z najstaršich a najznaćišich, dźěła<br />
wuspěšnje do zjawnosće a so jako<br />
wožiwjacy faktor wjesneho žiwjenja wopokazuje.<br />
Srjedźnu šulu maja we wsy<br />
(rědka to wěc na wsy) a chcedźa ju<br />
renowěrować. Saněrowanje swój čas<br />
trjeba. Njetrjebawšo? Z wjesnjanostu<br />
Matthiasom Seidelom, křesćansk<strong>im</strong> demokratom,<br />
sym do konstruktiwneje<br />
rozmołwy přišoł kaž tež z Radworsk<strong>im</strong> kolegu<br />
Wincencom Baberšku, kotryž měješe<br />
Wopyt w rybarsk<strong>im</strong> zawodźe Igora Kaltšmidta w Malešanskich hatach. Malešecy su prěnja stacija<br />
partije po kraju byli, kotraž wjedźeše Hajka Kozela do končin mjez Załomjom w juhu a serbsk<strong>im</strong>i<br />
končinami sewjernje Budyšina hač ke Klóšterskej wodźe. Skupinka hosćićelow a přewodźerjow turneje<br />
w rozmołwje z Igorom Kaltšmidtom (cyle nalěwo) a Hajkom Kozelom (druhi wot lěwa)<br />
tohorunja swoje mjerzanja dla nuzneho<br />
přetwara šule.<br />
Štóž jako zapósłanc opozicije do Pančic-<br />
Kukowa jědźe, njejědźe na snědań abo<br />
wječer z tam bydlacym saksk<strong>im</strong> ministersk<strong>im</strong><br />
prezidentom Stanisławom Tilichom,<br />
ale sćěhuje skerje mjenje abo<br />
bóle słyšomnej zadwělowanosći, zo je<br />
po sławnej serbskej srjedźnej šuli. Bój<br />
inicitiwy ničo wunjesł njeje, ani zasakłe<br />
zasadźenje frakcije Lěwicy we wokrjesnym<br />
sejmiku a w saksk<strong>im</strong> krajnym sejmje.<br />
Pančičenjo njejsu jeno swoju srjedźnu<br />
šulu přisadźili, ale tež iluzije, zo serbski<br />
knježerstwowy šef j<strong>im</strong> něšto na dobro a<br />
serbstwu na wužitk čini.<br />
W bliskich Worklecach je srjedźna šula<br />
tohorunja wohrožena. 8. lětnik tam wokomiknje<br />
njewobsteji. Sydnychmy so z Corneliu<br />
Falken, našej kubłanskej ekspertku,<br />
a dalš<strong>im</strong>i ze starš<strong>im</strong>i hromadźe, wědźo,<br />
zo zawrjenje serbskeje šule na kóncu<br />
woznamjenja zhubjeny čwak serbstwa.<br />
Scyła: W serbskej kónčinje so problemy<br />
kopja, njerěčo ani wo wulkich planach k<br />
změnje strukturow a profilow serbskich<br />
zarjadnišćow.<br />
Spomóžne zhromadne žiwjenje Serbow<br />
a Němcow je n<strong>im</strong>o toho dale a<br />
wohroženiše. Husto zjawnosć wot prawicarskich<br />
parolow a njeskutkow woči<br />
wotwobroća. Hdyž sy po Serbach jako<br />
zapósłanc po puću, so starosćiwje na tebje<br />
wobroća. Što ma to rěkać, što za tym<br />
tči? so ludźo prašeja. Hač wobškodźenje<br />
swjatych křižow abo zjawne hanjenje<br />
Serbow — podawki maja so chutnje<br />
brać. Tak so w SN, poćahujo so na moje<br />
naprašowanje w krajnym sejmje, konstatuje:<br />
„Na wšelake antiserbske parole<br />
na sportnišćach we a zwonka Łužicy su<br />
so mnozy serbscy sportowcy ... bohužel<br />
Foto: SK<br />
dawno zwučili ... Nětko dyrbješe so<br />
sakske krajne knježerstwo prěni króć<br />
scyła z antiserbsk<strong>im</strong>i wukročenjemi na<br />
sportnišćach zaběrać.“ Knježerstwo na<br />
to pokaza, zo tež přichodnje fanowe projekty<br />
spěchuje, kotrež přećiwo tajk<strong>im</strong> zjawam<br />
postupuja.<br />
Hornja Łužica njeje runjewon z industriju<br />
a wjetš<strong>im</strong>i předewzaćemi žohnowana.<br />
Tradicionalne firmy su so pomjeńšili a<br />
přeprofilowali. Dokelž leža blisko mjezy k<br />
Čěskej a Pólskej, so prašeja, hač je zhromadne<br />
dźěło z firmami za hranicu móžne.<br />
Stare prajidmo “Konkurenca wožiwja<br />
wobchod“ měło a móhło rěkać: Zhromadnje<br />
smy sylniši. To hraješe na najjužnišej<br />
staciji wuprawy, w Załomju, w firmje Jokey<br />
Plastik, něhdy pod mjenom Formaplast<br />
po wšěm kraju znatej, rólu, wosebje<br />
hladajo na prašenje, kak z čěsk<strong>im</strong>i<br />
firmami hromadźe dźěłać a so njedać<br />
wot wjetšich firmow z wikow wutłóčić.<br />
Byrnjež to na prěni pohlad ničo z Serbami<br />
činić njeměło, saha to do jich hospodarskeho<br />
žiwjenja a sčini region powabliwiši,<br />
za přichad ludźi a za zadźěwanje wotchadej<br />
ludźi.<br />
Hajko Kozel znowa čłon<br />
załožboweje rady<br />
Do rady Załožby za serbski lud bu znowa<br />
zapósłanc krajneho sejma (Lěwica) Hajko<br />
Kozel woleny. W dobje 2011 do 2015<br />
słuša wón k štyrjom hornjoserbsk<strong>im</strong> rjadnym<br />
čłonam załožbeje rady, kotrychž<br />
je Zwjazkowe předsydstwo Domowiny<br />
wuzwoliło. Do wólbow bě zapósłanc swoju<br />
wolu zwuraznił, tomu přinošować, zo<br />
tworja so rozsudy pod pr<strong>im</strong>atom efektiwneho<br />
hajenja serbskeje rěče a kultury a<br />
nic pod pr<strong>im</strong>atom lutowanja a šmórnjenja<br />
srědkow.<br />
22 pvl 11-12/2010
Resümee einer parlamentarischen<br />
Landpartie durch die Lausitz<br />
Sorbische Seite<br />
Der sorbische Abgeordnete der <strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong><br />
<strong>LINKE</strong> Heiko Kosel tuckerte vor der letzten<br />
<strong>Landtag</strong>swahl mit einem Miet-Traktor übers<br />
Land. Das war zwar Aufsehen erregend,<br />
aber nicht übermäßig schnell, und so wählte<br />
der Politiker für seine diesjährige Landpartie<br />
durch die Lausitz doch lieber das Auto…<br />
In Malschwitz informierte sich Kosel u.a.<br />
über den dort ansässigen, ältesten und erfolgreich<br />
arbeitenden Witaj-Kindergarten sowie<br />
über die Probleme der lokalen Kleinunternehmer.<br />
Einer von ihnen ist Berufsfischer<br />
Igor Kaltschmidt, von dem Kosel erfuhr, dass<br />
sich die Bewirtschafter der Malschwitzer Teiche<br />
gegen starke Konkurrenz behaupten<br />
müssen. In Radibor informierte sich Kosel<br />
über die Modernisierungspläne der Agrargenossenschaft,<br />
die einerseits <strong>im</strong> wirtschaftlichen<br />
Interesse der umliegenden Dörfer liegen,<br />
andererseits aber wie meist, wenn es<br />
um Großstallanlagen geht, Probleme mit der<br />
Bevölkerung heraufbeschwören.<br />
Nahezu überall auf Kosels „Landpartie“<br />
spielte das Thema Bildung eine wichtige<br />
Rolle. In Malschwitz ist man froh, noch eine<br />
eigene Mittelschule zu haben und will diese<br />
nun renovieren. Wie Malschwitzs Bürgermeister<br />
Matthias Seidel muss sich sein<br />
Radiborer Amtskollege Vinzenz Baberschke<br />
mit Widrigkeiten be<strong>im</strong> nötigen Umbau<br />
der Schule herumschlagen. In Panschwitz-<br />
Kuckau wiederum, wo Sachsens Ministerpräsident<br />
Stanislaw Tillich zuhause ist,<br />
greift der Frust ob der Schließung der berühmten<br />
sorbischen Mittelschule um sich.<br />
In Räckelwitz hingegen gibt es zwar noch<br />
eine Mittelschule, ihre Existenz ist jedoch<br />
bedroht. An der Gesprächsrunde mit den<br />
Eltern vor Ort nahm auch die bildungspolitische<br />
Sprecherin der Linksfraktion Cornelia<br />
Falken teil.<br />
Ein anderes Diskussionsthema auf Heiko<br />
Kosels Informationstour waren rechtsextreme<br />
Umtriebe, die das Zusammenleben<br />
von Sorben und Deutschen bedrohen und<br />
deren Auswüchse u.a. bei der wiederholten<br />
Schändung von Kruzifixen sichtbar wer-<br />
den. Die sorbische Zeitung Serbske Nowiny<br />
berichtete u.a. über eine Kleine Anfrage<br />
Kosels zu antisorbischen Parolen auf den<br />
Sportplätzen und konstatierte, dass sich<br />
viele sorbische Sportler leider längst daran<br />
gewöhnt hätten. Hier besteht dringender<br />
Handlungsbedarf!<br />
Ein anderes Thema waren die für die Wirtschaft<br />
und das gesellschaftliche Kl<strong>im</strong>a förderlichen,<br />
grenzübergreifenden unternehmerischen<br />
Kooperationsprojekte. Die Firma<br />
Jokey Plastik (ehem. Formaplast) in Sohland,<br />
der südlichsten Station von Kosels<br />
Tour, macht z.B. „gemeinsame Sache“ mit<br />
mehreren tschechischen Firmen. Ihr Motto:<br />
„Gemeinsam sind wir stärker“.<br />
übrigens…<br />
… wurde MdL Heiko Kosel erneut in den<br />
Rat der Stiftung für das sorbische Volk gewählt,<br />
wo er als einer von vier ordentlichen<br />
obersorbischen Ratsmitgliedern künftig wie<br />
bisher mit zu Entscheidungen beitragen<br />
will, die dem Pr<strong>im</strong>at einer effektiven Förderung<br />
der sorbischen Sprache und Kultur fol-<br />
gen – und nicht dem Pr<strong>im</strong>at des Einsparens<br />
und der Mittelkürzungen.<br />
Ganz LINKS be<strong>im</strong> Tag der<br />
offenen Tür <strong>im</strong> <strong>Landtag</strong><br />
Auch in diesem Jahr strömten<br />
wieder am Tag der offenen Tür<br />
am 3. Oktober Tausende Besucher<br />
durch das <strong>Landtag</strong>sgebäude<br />
und schauten natürlich auch <strong>im</strong><br />
Saal 3 bei den <strong>LINKE</strong>N rein. Traditionell<br />
– wie seit langem, auch<br />
<strong>im</strong> 20. Jahr des Bestehens des<br />
<strong>Sächsischen</strong> <strong>Landtag</strong>es – waren<br />
die berühmten Fett- und Käsecremebemmchen<br />
unsere <strong>Fraktion</strong><br />
DER Renner und nach nicht<br />
mal drei Stunden komplett weggeputzt<br />
... Fast 30 Brote und 20<br />
große Baguettes hatten wir zuvor<br />
bestrichen und belegt. Und nicht<br />
nur die jungen Besucher griffen<br />
ebenso gern zum leckeren Eis<br />
aus Neumanns Eisbar.<br />
Nur bei der <strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong><br />
wurden die Talkrunden mit Abgeordneten<br />
aus der <strong>Landtag</strong>sfraktion<br />
– auch das ist bei uns Tradition<br />
– musikalisch umrahmt.<br />
Kleine Sängerinnen vom Chor „Sonnenschein“ musizieren mit<br />
dem <strong>Fraktion</strong>svorsitzenden der <strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> André Hahn.<br />
Foto: AK<br />
Stürmisch-warmherzigen<br />
Beifall<br />
gab es diesmal für<br />
die Mädchen und Jungen<br />
des Chores „Sonnenschein“<br />
aus dem Deutsch-<br />
Russischen Zentrum Leipzig.<br />
Manche Besucher konnten<br />
sogar mitsingen. Texte, wie der<br />
von der „Kleinen weißen Friedenstaube“<br />
oder „Immer lebe<br />
die Sonne“ waren mitunter noch<br />
recht präsent.<br />
Kaum ein Besucher verließ „unseren“<br />
Saal ohne einen roten oder<br />
den h<strong>im</strong>melblauen, mit der Friedenstaube<br />
geschmückten Luftballon.<br />
Ohne Pause drehte sich<br />
das Glücksrad, bei dem es unter<br />
anderem auch unsere <strong>Fraktion</strong>s-<br />
Sonderzeitung zu gewinne gab.<br />
Thema: 20 Jahre <strong>LINKE</strong> <strong>im</strong> <strong>Landtag</strong>.<br />
Ja, auch wir hatten Grund<br />
zum Feiern!<br />
BaWe<br />
pvl 11-12/2010 23
Das pvl-Team, die Abgeordneten und Mitarbeiter<br />
der <strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> <strong>im</strong> <strong>Sächsischen</strong><br />
<strong>Landtag</strong> sowie der Verein Leben mit Tieren,<br />
vertreten durch oben abgebildetes Katzenkind,<br />
wünschen ein besinnliches Weihnachtsfest<br />
und uns allen für 2011, dass es nicht ganz so<br />
schl<strong>im</strong>m kommt, wie Schwarz-Gelb es plant…<br />
Waagerecht: 1. Grundgesetz/Staatsordnung,<br />
in den letzten 20 Jahren wurden einige<br />
Gesetzentwürfe der Sächs. Staatsregierung,<br />
die dieses Gesetzeswerk unterliefen, durch Initiativen<br />
der <strong>LINKE</strong>N/Opposition vom Verfassungsgericht<br />
zu Fall gebracht, 9. zu keiner Zeit,<br />
11. durch großen Karnevalsumzug bekannte<br />
nordsächs. Stadt an der Mulde, 14. Dativ von<br />
du, 15. Reifeprüfung (Kzw.), in Sachsen nach<br />
zwölf Schuljahren zu erreichen, 18. Gesamtwerk<br />
eines Künstlers, 22. latein. Vorsilbe: vor,<br />
23. Abk.: Republique Francaise, 24. Vorname<br />
des Vorsitzenden der <strong>Fraktion</strong> <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong> <strong>im</strong><br />
Sächs. <strong>Landtag</strong> (… Hahn), 25. dt. Philosoph<br />
(Karl †1883), 27. Höhenangabe, Maßpunkt<br />
auf einer Karte, 30. vertrauliche Anrede, 31.<br />
e. Sprengstoff (Abk.), 34. Luftverkehrsanlage,<br />
z.B. in Leipzig, deren Nutzung als Drehscheibe<br />
für US-Truppentransporte, u.a. in den Irak<br />
fragwürdig ist, 35. Judosport: Verteidiger, 37.<br />
Instrument zur „Beschäftigung“ Langzeitarbeitsloser<br />
– für Betroffene oft entwürdigend;<br />
sollte durch gesetzlich geförderte Arbeit ersetzt<br />
werden<br />
Senkrecht: 2. mittelsächs. Ort bei Mittweida,<br />
3. Entdeckung von etwas Verlorenem,<br />
4. Fährte/Abdruck <strong>im</strong> Schnee, 5. Mitteleuropäer,<br />
Magyar, 6. chem. Zeichen: Nickel,<br />
7. besonders begabter Mensch, 8. irreführende<br />
Bezeichnung für die von der schwarzgelben<br />
Regierung verabschiedeten Änderungen,<br />
die oft eine Umverteilung von unten<br />
nach oben, Lobbypolitik oder aber einfach den<br />
Griff in die „Taschen“ der Mehrheit der Bevölkerung<br />
darstellen, 13. e. Hauptpolitikfeld der<br />
<strong>LINKE</strong>N, 16. Vorname des Sohnes der Comic-<br />
Familie S<strong>im</strong>pson, 19. schmaler Wanderweg,<br />
20. Erfinder des Saxophons (†1894), 22.<br />
Donauzufluss, 26. laut ansprechen, 28. Oper<br />
von Monteverdi (†1643), 29. beste Schulnote,<br />
31. Ballettröckchen, 32. Vorname Lingens<br />
(†1978), 33. Erzgebirgsstadt, hier befindet<br />
sich das Bürgerbüro des <strong>LINKE</strong>N <strong>Landtag</strong>sabgeordneten<br />
Rico Gebhardt, 36. Kfz-Z. Kiel.<br />
Mitmachen und drei prall gefüllte<br />
Präsentkörbe gewinnen! So geht’s:<br />
1. das Jahresendrätsel knacken,<br />
2. oben stehende Wortgruppe<br />
vervollständigen und …<br />
3. wissen, worauf die Linksfraktion<br />
<strong>im</strong> <strong>Sächsischen</strong> <strong>Landtag</strong> stolz ist,<br />
Lösung:<br />
4. Lösung aufschreiben (KW: „Rätsel“)<br />
und an die Impressum (S. 2) angegebene<br />
Adresse schicken,<br />
5. auf Fortuna hoffen und Daumen drücken!<br />
Einsendeschluss ist der 31. Januar 2011.<br />
Alle Gewinner werden schriftlich benachrichtigt.<br />
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
12 10 6 27 37 19 28 21 17 32 38 36<br />
20 JAHRE FÜR SACHSEN!<br />
pvl 11-12/2010