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Die Kreuzkröte – Biologie / Ökologie / Lokalpopulation ...

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Foto: P. Schütz<br />

Platzhalter Grafik<br />

(Bild/Foto)<br />

<strong>Die</strong> <strong>Kreuzkröte</strong> -<br />

<strong>Biologie</strong>/<strong>Ökologie</strong><br />

Verbreitung/<br />

<strong>Lokalpopulation</strong>/<br />

CEF-Maßnahmenbeschreib./<br />

Habitatanforderungen/<br />

Aufbau der Arten-Steckbriefe/<br />

2 Beispiele:<br />

Gewässeranlage/<br />

Anlage von Totholz- und<br />

Steinhaufen/<br />

Wirksamkeit - Fazit<br />

<strong>Die</strong> <strong>Kreuzkröte</strong> im Ruhrgebiet<br />

Arno Geiger<br />

Fachbereich Artenschutz, Vogelschutzwarte, Artenzentrum Metelen


P h ä n o l o g i e<br />

<strong>Biologie</strong> / Lebenszyklus / Alttiere<br />

Wanderphase zum Laichgewässer<br />

Laichperiode<br />

(März) April <strong>–</strong> Juli<br />

1-3 zeitlich getrennte Laichphasen mit<br />

Temporalpopulationen<br />

Weibchen: verweilen nur wenige Tage<br />

am Laichgewässer<br />

Fortpflanzungszeit<br />

Wanderphase/Zugzeit zum<br />

Sommerlebensraum<br />

Wanderphase/Zugzeit zum<br />

Winterlebensraum<br />

(Ende März) Mitte April <strong>–</strong> Mitte August<br />

Ende April <strong>–</strong> August (je nach<br />

Zugehörigkeit zu den<br />

Temporalpopulationen)<br />

Mitte September <strong>–</strong> Ende Oktober<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

2


R e p r o d u k t i o n<br />

Anzahl Eier<br />

Ø 3500 Eier/Laichschnur<br />

1000-9000 Eier/Laichschnur<br />

Laichschnur 1-2 m lang<br />

Eiablageplatz<br />

Flachwasserzonen mit 5-10 cm<br />

Wassertiefe<br />

Anzahl Zyklen<br />

1 Laichabgabe pro Weibchen/Jahr<br />

(Mitteleuropa)<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

3


M o b i l i t ä t / A k t i v i t ä t<br />

mobil<br />

Jungtiere:


L e b e n s d a u e r /<br />

G e s c h l e c h t s r e i f e /<br />

E r n ä h r u n g<br />

G e s c h l e c h t e r <strong>–</strong><br />

v e h ä l t n i s s<br />

max. 7-9 Jahre (Freiland, Mitteleuropa)<br />

max. 24-28 Jahre (Gefangenschaft)<br />

Weibchen: < 18 Jahre (England)<br />

Männchen: < 9 Jahre (England)<br />

nach 2 Jahren<br />

ca. 1:1 (Weibchen : Männchen)<br />

evtl. leicht zu Gunsten der Männchen<br />

verschoben<br />

Vermeintlicher Männchenüberschuss an<br />

Laichgewässern ist methodisch bedingt<br />

räuberisch<br />

terrestrische Arthropoden,<br />

insbes. Coleoptera und<br />

Hymenoptera, Mollusken<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

5


P o p u l t i o n s s t r u k t u r<br />

P o p u l a t i o n s d i c h t e<br />

Ü b e r w i n t e r u n g s <strong>–</strong><br />

m o d u s<br />

Ausbildung von<br />

Metapopulationen<br />

beträchtliche<br />

Bestandsschwankungen<br />

mit hohen Aussterbe- und<br />

Neugründungsraten<br />

mehrere 100 - > 1000<br />

Alttiere/Vorkommen<br />

(in geeigneten Habitaten)<br />

ausschließlich terrestrisch<br />

Keine Larvenbildung<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

6


E n t w i c k l u n g s d a u e r/<br />

A u f e n t h a l t s o r t<br />

E r n ä h r u n g /<br />

L a n d g a n g<br />

Larvalentwicklung<br />

3-12 Wochen<br />

stark temperaturabhängig<br />

omnivor<br />

Algen, Pflanzen, organischer Detritus,<br />

Aas, kannibalisch (Laich, frühe<br />

Larvenstadien)<br />

sonnenexponierte<br />

Flachwasserzonen<br />

Ende Mai/Anfang Juni <strong>–</strong> Ende<br />

September<br />

Larven im Oktober und November<br />

kommen nicht mehr zur Entwicklung<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

7


M o r t a l i t ä t<br />

Alttiere: Waldkauz, Rabenvögel, Möven, Marderartige<br />

Laich und Larven: Fische, Libellenlarven, Wasserkäfer<br />

und andere Wasserinsekten, Teich- u. Kammmolch,<br />

arteigene und -fremde Quappen,<br />

temporäre Larvalgewässer oft arm an Prädatoren<br />

Larvenmortalität wg. frühzeitiger Austrockung oft<br />

bis 99%, Jungtiere bis 95%, Alttiere ca. 15%<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

8


W i n t e r l e b e n s r a u m<br />

S o m m e r l e b e n s r a u m<br />

W a n d e r k o r r i d o r e<br />

Biogeografie Lebensraum<br />

grabbare Sandböden,<br />

Böschungen,<br />

Blockschutthalden, Steinhaufen,<br />

Kleinsäugerbauten und Spaltenquartiere<br />

oberhalb der<br />

Hochwasserlinie<br />

trocken-warme Offenlandhabitate<br />

mit sandigen Böden (Flussauen,<br />

Binnen-dünen, Heiden) sowie<br />

Abgrabungs-flächen (Braunkohle,<br />

Locker- u. Festgesteine),<br />

Truppenübungsplätze, Bergehalden<br />

Industriebrachen und<br />

Großbaustellen mit vegetationsarmen,<br />

wärmebegünstigten<br />

Standorten<br />

Offenlandhabitate wie z.B.<br />

Acker- und Brachflächen<br />

werden zügig durchwandert<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

9


F o r t p f l a n z u n g s g e w ä s s er<br />

Gewässertyp<br />

Temperatur<br />

Sediment<br />

Fischbesatz<br />

Vegetationsstruktur<br />

sonnenexponierte oft temporäre Flach- und<br />

Kleingewässer<br />

Überschwemmungstümpel, Pfützen, Lachen,<br />

Heideweiher<br />

bevorzugt thermisch begünstigte Flachgewässer mit<br />

bis zu 35°C<br />

Regenwassergespeiste Flachgewässer sind oft<br />

relativ nährstoffarm<br />

es werden aber auch deutlich nährstoffreichere<br />

Gewässer besiedelt<br />

temporäre Gewässer sind i.d.R. fischfrei<br />

oft vegetationsfrei bzw. <strong>–</strong>arm oder auf<br />

Characeenrasen beschränkt<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

10


C h e m i s m u s d e s G e w ä s s e r s<br />

Allgemein<br />

pH-Wert: (4) 4,5-9,8<br />

Carbonathärte: 0-36 °dH<br />

Salzgehalt: toleriert Salzbelastung bis 0,5%<br />

Ammoniumgehalt: toleriert relativ hohe<br />

Ammoniumkonzentration<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

11


N o r d r h e i n <strong>–</strong> W e s t f a l en<br />

Verbreitung<br />

Verbreitungsschwerpunkte liegen in den Abgrabungsflächen der Niederrheinischen<br />

Bucht, am Niederrhein, im Südwesten der Westfälischen Bucht<br />

sowie in den Ballungsräumen an Rhein und Ruhr. <strong>Die</strong> Mittelgebirgslagen von<br />

Eifel, Süder- und Weserbergland sind bis auf Randvorkommen inzwischen<br />

weitgehend fundfrei<br />

Quelle: Arbeitskreis Amphibien u.<br />

Reptilien in NRW ,Hrsg<br />

Handbuch der Amphibien und<br />

Reptilien NRW 2011<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

12


L o k a l e P o p u l a t i o n<br />

Im Zusammenhang mit dem Störungsverbot lässt sich in Anlehnung an<br />

§ 7 Abs. 2 Nr. 6 BNatSchG als Gruppe von Individuen einer Art definieren,<br />

die eine Fortpflanzung- oder Überdauerungsgemeinschaft bilden und einen<br />

zusammenhängenden Lebensraum gemeinsam bewohnen.<br />

Im Allgemeinen sind Fortpflanzungsinteraktionen oder andere Verhaltensbeziehungen<br />

zwischen diesen Individuen häufiger als zwischen ihnen und<br />

Mitgliedern anderer lokaler Populationen derselben Art.<br />

Quelle: VV-Artenschutz<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

13


FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

14


A r t s p e z i f i s c h e A n g a b e n<br />

Aufbau der Artensteckbriefe /<br />

Maßnahmenbeschreibung<br />

<strong>Die</strong> Artensteckbriefe (Anhang A) enthalten folgende Angaben, die zur Dokumentation der<br />

Eignung / Funktionserfüllung von Artenschutzmaßnahmen, insbesondere als vorgezogene<br />

Ausgleichsmaßnahme (CEF) oder als kompensatorische Maßnahme (FSC) erforderlich sind:<br />

Art und Abgrenzung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätte (vgl. Kap. 3.3)<br />

Angaben zur <strong>Lokalpopulation</strong> (Abgrenzung der <strong>Lokalpopulation</strong> und im Einzelfall zu<br />

potenziellen populationsrelevanten Störungen)<br />

Habitatanforderungen, welche die Funktionserfüllung der spezifischen Maßnahme<br />

wesentlich bestimmen<br />

o wichtige Habitatelemente / Faktoren (bspw. Flächenanteile relevanter Biotoptypen,<br />

Anzahl geeigneter Höhlenbäume, Anteil an Holzstubben, Totholzhaufen, Anzahl<br />

geeigneter Eiablageplätze, Wasserqualität, mikroklimatische Gegebenheiten etc.)<br />

o Räumliche Aspekte / Vernetzung (bspw. Entfernung zum nächsten Vorkommen<br />

und Eignung des Geländes zwischen den Vorkommen, insbesondere bei<br />

Metapopulationen von Bedeutung)<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

15


M a ß n a h m e n s p e z i f i s c h e<br />

A n g a b e n<br />

Allgemeine Maßnahmenbeschreibung<br />

Anforderungen an den Maßnahmenstandort<br />

Anforderungen an Qualität und Menge (Dimensionierung der Maßnahme)<br />

Wiederkehrende Maßnahme zur Funktionssicherung<br />

Weitere zu beachtende Faktoren<br />

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit<br />

Aspekte der Prognosesicherheit (Angaben zur Prognosesicherheit, mit der die Wirksamkeit<br />

der zu ergreifenden Maßnahmen vorhergesagt werden kann (vgl. Kap. 3.5))<br />

Risikomanagement / Monitoring (Angaben zum Risikomanagement / Anforderungen<br />

an ein gegebenenfalls erforderliches Monitoring für die Maßnahmen (vgl. Kap. 3.6))<br />

Bewertung (Eignung als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme)<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

16


F a z i t am E n d e d e s<br />

j e w e i l i g e n S t e c k b r i e f e s<br />

ob vorgezogene Maßnahmen mit hoher Eignung als vorgezogene<br />

Ausgleichsmaßnahmen zur Verfügung stehen<br />

welchen Maßnahmen gegebenenfalls eine Priorität zuzuordnen ist<br />

als artbezogene Gesamtbewertung.<br />

<strong>Die</strong> Artensteckbriefe enthalten außerdem Hinweise darauf, ob Maßnahmen<br />

nur in Kombination mit anderen Maßnahmen wirksam sind (unter Querverweis<br />

auf diese Maßnahmen).<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

17


L a i c h g e w ä s s e r<br />

Habitatanforderungen<br />

Vorwiegend ganztägig sonnenexponierte, flache Klein- oder Kleinstgewässer.<br />

Typisch in NRW sind Gewässerkomplexe aus >20 Kleingewässern. Der größte<br />

Teil der meist als Lachen ausgebildeten Laichhabitate ist mit einer Tiefe von >30 cm<br />

oft nur temporär wasserführend und mit maximal 10% Deckung weitgehend vegetationsfrei.<br />

Maßgeblich ist die schnelle Erwärmung der Gewässer.<br />

Aufgrund der Besiedelung von stets austrocknungsgefährdeten Laichgewässern, besitzt die<br />

<strong>Kreuzkröte</strong> eine variable, meist sehr zügige Larvalentwicklung, die durch hohe Temperaturen<br />

beschleunigt wird.<br />

Quelle: SIMON 1979, FLINDT & HEMMER 1976, SANDER 1996, HEMMER & KADEL 1973, SCHLÜPMANN 1995, KORDGES & WILLIGALLA 2011<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

18


L a i c h g e w ä s s e r<br />

Ausnahmsweise werden auch größere und vegetationsreiche Gewässer besiedelt.<br />

In solchen Fällen handelt es sich um Gewässer, die zumindest partiell über<br />

Flachwasserzonen verfügen, die sich stark erwärmen. Flache Uferzonen als Rufplätze<br />

für die Männchen.<br />

Gelegentlich werden auch flache Betonbecken oder flache Folienteiche genutzt.<br />

Der Chemismus der Laichgewässer ist zweitrangig. <strong>Die</strong> Art toleriert pH-Werte des<br />

Laichgewässers von pH 4,0 - 9,6 , besiedelt selbst Gewässer mit starker Salzbelastung.<br />

Quelle: KORDES & WILLIGALLA 2011, ECKSTEIN 2003, GROSSE & SCHÖPKE 1992, SANDER 1996, BREGULLA 1986, SCHLÜPMANN 1995<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

19


L a n d l e b e n s r ä u m e<br />

Sind vegetationsarm und offen mit grabbaren, sandigen Substraten und trocken-warmem<br />

Mikroklima in direkter Nähe zum Fortpflanzungsgewässer. In NRW werden Abbaustellen<br />

des gesamten Spektrums genutzt; Locker und Festgesteinabgrabungen, Ton-, Mergel-,<br />

Sand-, und Kiesabgrabungen sowie Steinbrüche aller Art, Truppenübungsplätze als auch<br />

Großbaustellen, Deponien, Berghalden und Industriebrachen. Schwere nicht grabbare<br />

Lehmböden werden gemieden.<br />

Ausreichende Anzahl an Tagesverstecken in unmittelbarer Umgebung des Laichgewässers:<br />

Hohlräume im Boden bzw. sandige Böschungen (sonnenexponiert), Fußbereiche von<br />

Abraumhalden und Bahndämmen, in die sich die Tiere selbst eingraben können, sowie<br />

Tagesverstecke unter Steinen, Brettern und Bauschutt sowie in Kleinsäugerbauten.<br />

Quelle: NIEKISCH 1982, SCHLÜPMANN 1984, 1995, GÜNTHER & MEYER 1996, ECKSTEIN 2003, SCHLÜPMANN et al. 2006, KORDGES & WILLIGALLA 2011,<br />

GEIGER et al. 1994, THIELKE 1987<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

20


W i n t e r q u a r t i e r e<br />

Ältere , sonnenexponierte Böschungen mit geringer Vegetation<br />

(eigenständiges Eingraben bis in 100 cm Tiefe), Blockschutthalden,<br />

ältere Steinhaufen, Kleinsäugerbauten und Spaltenquartiere: frostfrei<br />

und oberhalb der Hochwasserlinie.<br />

Quelle: KORDGES & WILLIGALLA 2011<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

21


G e n e r e l l e s<br />

Grundlegendes Merkmal aller <strong>Kreuzkröte</strong>n-Lebensräume ist ihre Dynamik und die<br />

Kurzlebigkeit des von der Art bevorzugten bzw. benötigten Pionierstadiums. Ein<br />

Lebensraum kann durch Hochwasser in der Aue oder menschliche Tätigkeit in<br />

Abgrabungen, auf Industrieflächen oder militärischen Übungsplätzen neu geschaffen<br />

werden, obliegt der natürlichen Sukzession und wird dann erneut an dieser oder<br />

einer benachbarten Stelle neu geschaffen.<br />

Der Betrieb von Abgrabungen, Halden, Deponien und militärischen Übungsplätzen<br />

sowie das Befahren von Flächen mit schweren Fahrzeugen fördert die Art, wenn<br />

auch veränderte Techniken z. B. in der Abgrabungsindustrie schädlich sein können.<br />

Quelle: KREBS & WIDERMUTH 1975, FELDMANN & SCHLÜPMANN 2011, SCHLÜPMANN 1995, SCHLÜPMANN & GEIGER 1999<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

22


V e r n e t z u n g<br />

Ortsveränderungen finden regelmäßig statt. Zur Nahrungssuche wird i.d.R. ein<br />

näherer Umkreis (ca. 100 m Radius) um den Aufenthaltsort genutzt. In einigen<br />

Habitaten verhalten sich die Männchen ortstreu (Aktionsradius wenige 100 m<br />

um die Laichgewässer), während die weiblichen Tiere z. T. Strecken von mehreren<br />

km wandern. Entsprechend wird für Neuanlagen von Habitaten eine Entfernung von<br />

in der Regel nicht mehr als 400 m (Median-Wert) empfohlen.<br />

Lineare Struktur (z. B. Bahntrassen) sind bedeutsam für die Ausbreitung und<br />

Besiedelung neuer Standorte.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Kreuzkröte</strong> weist beträchtliche Bestandsschwankungen mit hohen Aussterbeund<br />

Neugründungsraten auf. Sie ist die diejenige Amphibienart, welche am schnellsten<br />

neu geschaffene Lebensräume besiedeln kann (Pionierart). Über vagabundierende<br />

Individuen kann sie neue Habitate schnell auffinden und für mehrere Jahre besiedeln.<br />

Existenz von Temporalpopulationen mit zeitlich deutlich getrennten Laichschüben.<br />

Quelle: SINSCH 1998, KORDGES & WILLIGALLA 2011, SCHLÜPMANN 1995, MÜNCH 2005, FLINT & HEMMER 1968, SCHRÖER 1993<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

23


Art-ID deutscher wiss. Gruppe Maßn-ID Maßnahme (Kurzbezeichnung) Bewertung<br />

Risikomanagement / Monitoring<br />

Artname Artname (Eignung erforderlich erforderlich (populationsbezogen)<br />

als vorge- (maßnah- bei allen bei landesweit bei umfangrei-<br />

zogene men Vorkommen bedeutsamen chen Maßnah-<br />

Ausgleichs- bezogen) Vorkommen men<br />

maßnahme)<br />

ID 100 <strong>Kreuzkröte</strong> Bufo calamita G1 Anlage von (Still)gewässern sehr hoch X X<br />

ID 100<br />

O4.1.3, O4.4,<br />

Entwicklung von jungen Brachen<br />

X<br />

X<br />

O5.4 / Anlage von vegetationsarmen<br />

Flächen / Strukturen / Steuerung<br />

der Sukzession (in Abbaugebieten<br />

und Industriebrachen)<br />

ID 100 O4.4.3 Anlage von Gesteinsaufschüt- sehr hoch X X<br />

tungen bzw. Totholzhaufen<br />

ID 100 G5 Wiederherstellung / Entwicklung hoch X X<br />

der Überschwemmungsdynamik<br />

in Auenbereichen<br />

ID 100 G6 Gewässerpflege sehr hoch X X X<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

24


A n f o r d e r u n g e n a n d e n<br />

M a ß n a h m e n s t a n d o r t<br />

Anlage von Gesteinsaufschüttungen oder Totholzhaufen (O4.43)<br />

Schaffung von Winterquartieren durch Anlage von Gesteinsaufschüttungen bzw.<br />

Totholzhaufen mit landschaftstypischer Ausstattung / ausreichender Tiefe (Frostfreiheit)<br />

Ausreichende Entfernung zu pot. Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen,<br />

kleinere Abstände sind bei Vorkommen im Siedlungsbereich möglich<br />

Zur Sicherstellung eines zeitnahen Maßnahmenerfolgs sollte die Maßnahmenfläche<br />

nicht weiter als 1000m vom nächsten Vorkommen entfernt sein<br />

Solche Überwinterungsmöglichkeiten sollten möglichst nicht weiter als 250 m von<br />

vorhandenen oder neu anzulegenden Laichgewässern entfernt sein<br />

Mindestausstattung der Maßnahmenfläche mit Pioniergewässern<br />

Bodenverhältnisse sollten möglichst nährstoffarm sein, um eine schnelle Sukzession<br />

des Standortes zu vermeiden<br />

<strong>Die</strong> Gesteinsaufschüttung sollte im Umfeld keiner Beschattung durch Vegetation<br />

unterliegen<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

25


A n f o r d e r u n g e n a n Q u a l i t ä t<br />

u n d M e n g e<br />

<strong>Die</strong> Maßnahme muss die Beeinträchtigung mindestens im Verhältnis 1:1 ausgleichen<br />

(Größe und Qualität)<br />

Generelle Mindestgröße für Überwinterungsquartiere für Amphibien von 8mx4mx1m<br />

(LxBxH). Eine Mindesttiefe der Gesteinsaufschüttung von 70 cm ist erforderlich, um<br />

eine frostfreie Überwinterung zu gewährlisten.<br />

Nur autochthones Gesteinsmaterial verwenden<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

26


A n f o r d e r u n g e n a n Q u a l i t ä t<br />

u n d M e n g e<br />

Der Untergrund sollte eine gute Drainage besitzen<br />

Flach auf Sand aufliegende Steine sind optimale Ruf- und Versteckplätze<br />

Eine Ausbringung von nährstoffarmen Substraten (Sand) auf und in der unmittelbaren<br />

Umgebung der Steinschüttungen verhindert den sofortigen Bewuchs dieser Flächen<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

27


W i e d e r k e h r e n d e M a ß n a h m e<br />

z u r F u n k t i o n s s i c h e r u n g<br />

W e i t e r e z u b e a c h t e n d e<br />

F u n k t i o n e n<br />

Ja / Nein<br />

Offenhaltung durch<br />

die Entfernung von<br />

Gehölzen<br />

Maßnahmenerfolg nur in Verbindung<br />

mit anderen habitatverbessernden<br />

Maßnahmen (Gewässeranlage bzw. <strong>–</strong><br />

pflege, Verbesserung bzw. Schaffung<br />

von Landlebensräumen<br />

Je nach lebensraumtypischer<br />

Ausbildung sollen entweder<br />

Gesteinsschüttungen oder<br />

Totholzhaufen errichtet werden. <strong>Die</strong><br />

Auswahl ist ggf. mit ortskundigen<br />

Experten abzusprechen<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

28


Z e i t l i c h e D a u e r b i s<br />

W i r k s a m k e i t<br />

A s p e k t e d er P r o g n o s e <strong>–</strong><br />

s i c h e r h e i t<br />

<strong>Die</strong> Strukturen sind kurzfristig<br />

herstellbar und wirksam<br />

(1-3 Jahre)<br />

Es liegen umfangreiche Erkenntnisse<br />

zu den artspezifischen Habitatansprüchen<br />

vor<br />

<strong>Die</strong> benötigten Strukturen sind<br />

kurzfristig wirksam<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

29


R i s i k o m a n a g m e n t /<br />

M o n i t o r i n g<br />

Erforderlich(maßnahmenbezogen)<br />

Erforderlich (populationsbezogen)<br />

ja/nein<br />

Bei allen Vorkommen<br />

ja/nein<br />

Bei landesweit bedeutsamen Vorkommen<br />

ja/nein<br />

Bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten<br />

ja/nein<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

30


B e w e r t u n g ( E i g n u n g a l s<br />

v o r g e z o g e n e A u s g l e i c h s <strong>–</strong><br />

m a ß n a h m e<br />

Kenntnistand zur <strong>Ökologie</strong> der Art: x Hoch - Mittel - Gering<br />

Entwickelbarkeit der Strukturen : x Kurzfristig - Mittelfristig - Langfristig<br />

Belege/Plausibilität: x Hoch - Mittel - Gering<br />

Fazit Eignung<br />

sehr hoch<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

31


A n f o r d e r u n g e n a n d e n<br />

M a ß n a h m e n s t a n d o r t<br />

Anlage von (Still)gewässern (G1)<br />

Neuschaffung von sonnenexponierten, temporären Klein- und Kleinstgewässern.<br />

Eine Anlage von Blänken in Weideland der Auen ist gleichfalls wirksam.<br />

Ausreichende Entfernung zu pot. Stör- und Gefahrenquellen ist sicherzustellen,<br />

kleinere Abstände sind bei Vorkommen im Siedlungsbereich möglich<br />

Zur Sicherstellung eines zeitnahen Maßnahmenerfolgs sollte die Maßnahmenfläche<br />

nicht weiter als 400m vom nächsten Vorkommen entfernt sein<br />

Vorzugsweise dynamische geprägte Standorte in Auen, Industriebrachen und<br />

Abgrabungskomplexen<br />

<strong>Die</strong> Gewässer müssen in offenen, gut besonnten Gelände liegen<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

32


A n f o r d e r u n g e n a n d e n<br />

M a ß n a h m e n s t a n d o r t<br />

<strong>Die</strong> Größe des offenen Umfeldes sollte mindestens 4 ha (für ca. 100 adulte Tiere)<br />

betragen<br />

Im unmittelbaren Umfeld sollten keine intensive Landwirtschaft mit Dünger- und<br />

Pestizideinsatz vorhanden sein<br />

Landlebensräume mit ausreichenden Tagesverstecken /grabbares Substrat,<br />

sonnenexponierte Böschungen, Totholz- und Steinhaufen bzw. der Möglichkeit<br />

zum Eingraben müssen in der unmittelbaren Umgebung (


A n f o r d e r u n g e n a n<br />

Q u a l i t ä t u n d M e n g e<br />

<strong>Die</strong> Maßnahme muss die Beeinträchtigung mindestens im Verhältnis 1:1<br />

ausgleichen (Größe und Qualität)<br />

Komplex aus >20 Kleingewässern, insbesondere des Typs obligat temporäre<br />

Lachen, Pfützen und fakultativ temporäre Kleingewässer (Tümpel),<br />

unterschiedlichster Ausprägung. So dass stets wasserführende<br />

Gewässer vorhanden sind<br />

<strong>Die</strong> gesamte Gewässeroberfläche sollte voll besonnt sein<br />

<strong>Die</strong> Gewässer sollten einen Flachwasseranteil (


A n f o r d e r u n g e n a n<br />

Q u a l i t ä t u n d M e n g e<br />

Hoher Anteil an Flachwasserbereichen von 5-10 cm Wassertiefe. <strong>Die</strong>se werden<br />

zur Laichschnurablage und von den Kaulquappen bevorzugt. <strong>Die</strong> sehr zügige<br />

Larvalentwicklung wird durch hohe Temperaturen beschleunigt.<br />

Eine Maximaltiefe von 50 cm darf nicht unterschritten werden, um eine rasche<br />

Erwärmung sicherzustellen<br />

Laichgewässer sollten vegetationsfrei sein bzw. weniger als 10 %<br />

Vegetationsbedeckung erreichen<br />

ph-Werte sollten zw. ph 6 und ph 8 im neutralen Bereich liegen<br />

<strong>Die</strong> Wasserführung muss mindestens 6-8 Wochen im Zeitraum von April bis August<br />

gewährleistet sein. Ein regelmäßiges Austrocknen ist aber normal und<br />

notwendig. Dadurch bedingte Verluste werden ohne weiteres ausgeglichen.<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

35


W i e d e r k e h r e n d e M a ß n a h m e n<br />

z u r F u n k t i o n s s i c h e r u n g<br />

.<br />

Ja / Nein<br />

Im Turnus von 1-3 Jahren Entbuschung bzw. Mahd, um<br />

Sukzession der Gewässer und ihres Umfeldes entgegenzuwirken<br />

und den Pioniercharakter zu erhalten. Zudem sind zusätzliche<br />

Neuschaffungen von Kleinstgewässern von Vorteil, um den<br />

dynamischen Charakter der Primärlebensräume dauerhaft zu<br />

sichern<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

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W e i t e r e z u b e a c h t e n d e<br />

F u n k t i o n e n<br />

. Verzicht auf Bepflanzung, um den Pioniercharakter der Gewässer zu<br />

fördern bzw. zu verlängern<br />

Wenn eine ständige Neuschaffung von Gewässern in der unmittelbaren<br />

Umgebung gesichert ist (z.B. durch laufenden Abbaubetrieb), können ehemals<br />

benutzte Gewässer der natürlichen Entwicklung überlassen bleiben<br />

Kleinste dynamische Gewässer können durch eine Bodenverdichtung durch<br />

Befahren mit Baufahrzeugen geschaffen werden<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

37


W e i t e r e z u b e a c h t e n d e<br />

F u n k t i o n e n<br />

Aufgrund der Abhängigkeit der <strong>Kreuzkröte</strong> von sekundären, anthropogen<br />

geschaffenen Standorten, ist eine dauerhafte Zusammenarbeit mit<br />

Abbauunternehmer ratsam<br />

Geeignete Landlebensräume und Winterquartiere müssen vorhanden bzw.<br />

erreichbar sein<br />

<strong>Die</strong> <strong>Kreuzkröte</strong> ist ein Laichplatzvagabund und ist der erste Lurch der<br />

neugeschaffene Gewässer annimmt<br />

Zeitliche Dauer bis Wirksamkeit<br />

Innerhalb 1-3 Jahren<br />

(Pioniercharakter der Gewässer)<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

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A s p e k t e d e r<br />

P r o g n o s e s i c h e r h e i t<br />

Es liegen umfangreiche Erkenntnisse zu den artspezifischen Habitatansprüchen<br />

vor die benötigten Strukturen sind kurzfristig wirksam<br />

Zahlreiche Untersuchungen belegen die Wirksamkeit dieser Maßnahme.<br />

Zahlreiche Autoren stellen fest, dass neu entstandene Habitate explosionsartig<br />

besiedelt werden. Im Winter gezielt angelegte, wassergefüllte Wagenspuren beim<br />

Steinbruch Ebberg bei Westhofen wurden im Folgejahr sofort angenommen. <strong>Die</strong> Art<br />

mag aufgrund ihrer <strong>Biologie</strong> generell neu geschaffene Lebensräume rasch zu<br />

besiedeln. Das hat erhebliche Bedeutung für den Erfolg von vorgezogenen<br />

Ausgleichsmaßnahmen.<br />

.<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

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R i s i k o m a n a g m e n t /<br />

M o n i t o r i n g<br />

. Erforderlich (maßnahmenbezogen) ja/nein<br />

Erforderlich (populationsbezogen)<br />

Bei allen Vorkommen<br />

ja/nein<br />

Bei landesweit bedeutsamen Vorkommen<br />

ja/nein<br />

Bei umfangreichen Maßnahmenkonzepten<br />

ja/nein<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

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B e w e r t u n g<br />

( E i g n u n g a l s v o r g e z o g e n e<br />

A u s g l e i c h s m a ß n a h m e )<br />

.<br />

Kenntnistand zur <strong>Ökologie</strong> der Art: x Hoch - Mittel -Gering<br />

Entwickelbarkeit der Strukturen : x Kurzfristig - Mittelfristig - Langfristig<br />

Belege/Plausibilität x Hoch - Mittel - Gering<br />

Fazit Eignung<br />

sehr hoch<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

41


.<br />

Herzlichen Dank für ihre Aufmerksamkeit.<br />

www. lanuv.nrw.de<br />

http://www.naturschutzinformationen-nrw.de/artenschutz/de/start<br />

http://www.naturschutz-fachinformationssysteme-nrw.de/ffh-arten/de/start<br />

FB 24 'Artenschutz'<br />

Arno Geiger<br />

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