1 Predigt am Karfreitag 2005 über Lukas 23, 39-42 Liebe ... - Neues
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<strong>Predigt</strong> <strong>am</strong> <strong>Karfreitag</strong> <strong>2005</strong> <strong>über</strong> <strong>Lukas</strong> <strong>23</strong>, <strong>39</strong>-<strong>42</strong><br />
<strong>Liebe</strong> Gemeinde, der <strong>Karfreitag</strong> mit seiner besonderen Botschaft wird den Menschen<br />
von heute immer fremder. Gottessohn <strong>am</strong> Kreuz - gestorben für die Sünden der Welt -<br />
bis tief in die Christengemeinde hinein - wächst das Unverständnis gegen<strong>über</strong> dem,<br />
was unsere Vorfahren heraushörten - für sich persönlich aus diesem Geschehen:<br />
Christus opfert sein Leben für mich.<br />
Weihnachten ist da scheinbar einfacher - Gott in Gestalt des neugeborenen Kindes - das<br />
1<br />
rührt uns an - so klein, so niedrig macht er sich, uns nah zu kommen, nah zu bleiben - wie ein<br />
Engel, der uns dann geheimnisvoll durchs Leben begleitet ... eine wunderbare Vorstellung, die<br />
sich trifft mit all den anderen modern religiösen Vorstellungen: von einem Gott, der irgendwie<br />
<strong>über</strong>all ist - mir und allen Menschen Würde verleiht - mich schützt auf jeden Fall - ohne<br />
dieses fremdgewordene Reden von Sünde und Schuld.<br />
Was geschieht da auf Golgotha?<br />
Ein Mensch, der von der himmlischen <strong>Liebe</strong> zu den Menschen nicht nur geredet hat - wie so<br />
viele Funktionäre Gottes bis heute - nein, der sie gelebt hat, wird hingerichtet - unschuldig<br />
...<br />
Erschreckt uns das? wo es tagtäglich bis heute geschieht - in den Kriegen und Bürgerkriegen<br />
dieser Welt - in den Folterkellern, die auch die angeblich zivilisierten Mächte nutzen, wenn sie<br />
es für richtig halten - nicht zu reden von den Zehntausenden, die jeden Tag sterben -<br />
unschuldig - weil sie kein Wasser - kein Brot - keine Medik<strong>am</strong>ente bekommen.<br />
Einer, der unschuldig einen qualvollen Tod stirbt, wie so viele vor und nach ihm - das<br />
allein ist leider nichts Besonderes. Wobei wir ja merken, dass wir nicht gern hinsehen -<br />
davon hören - und vielleicht auch nicht dar<strong>über</strong> nachdenken wollen ... Bei aller berechtigter<br />
Kritik an dem letzt-jährigen Film (von Mel Gibson) <strong>über</strong> die „Passion Christi” - mir wurde<br />
auch die schlichte Sehnsucht vieler deutlich: wie schön, wenn wir hier in der Kirche von der<br />
brutalen Welt verschont bleiben ... Wenigstens hier drin ein Stück heile Welt ...Wenn unser
Glaube einfach nur etwas zum Wohlfühlen wäre ... Warum musste dieser Gott sich nur<br />
einlassen auf all das Schreckliche, das uns ohnehin so sehr belastet.<br />
Was geschieht da <strong>am</strong> Kreuz?<br />
2<br />
<strong>Liebe</strong> Gemeinde, wir kommen dem erst auf die Spur, wenn wir mit den Evangelien bekennen:<br />
hier stirbt mehr als ein unschuldiger Mensch - hier stirbt Gottes Sohn. Das ist <strong>am</strong> Kreuz zu<br />
sehen. Dies Kind zu Bethlehem geboren, ward gehors<strong>am</strong> - ja gehors<strong>am</strong> bis zum Tod <strong>am</strong><br />
Kreuz<br />
Und wir stehen mit dabei - wie das Volk - und sehen zu „was können wir schon machen” -<br />
weitergehen, nicht gaffen immerhin oder uns einmischen, wenigsten ab und zu laut sagen,<br />
was wir denken, „nein so kann es nicht gehen” ...<br />
Dass die Mächtigen wider Wissen und Gewissen die Unschuldigen opfern - sie in Käfige<br />
stecken, sie wie Tiere behandeln - dass die Verbrecher frei- kommen, ohne dass jemand<br />
protestiert - dass sie dem Ausländer das Kreuz aufbürden , nur weil es gerade so praktisch<br />
ist ...<br />
dass der Elende nicht nur der Willkür der Kriegsknechte, sondern auch dem Spott der<br />
Allgemeinheit ausgeliefert ist - „geschieht ihm recht - jetzt soll er mal zeigen was er kann ...”<br />
Die Masse fühlt sich sicher - „wehe dir, wenn du der eine bist, der dran ist - den sie fertig<br />
machen - darum schrei lieber mit den Meinungsmachern, dass du nicht auffällst ... „<br />
Mittendrin der gekreuzigte Jesus: "Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie<br />
tun." Was für ein Satz - er gilt all denen, die dabei stehen - keiner der nicht gemeint wäre ...<br />
Römer und Juden - Besatzer und Unterdrückte - Handelnde und Zuschauer - Gegner und<br />
Freunde Jesu ... "Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun."<br />
Hier beginnt das Heil - die Rettung unserer in Gewalt und Elend verstrickten Welt ...<br />
nicht dadurch dass hier Blut fließt, als ob Gott dies nötig hätte ...<br />
Nein schon dadurch dass der, der Gottes Willen tut und dafür stirbt,
Gottes Gerechter vor seinem Tod für uns Menschen betet und eintritt bei seinem Vater<br />
Vergib uns unsere Schuld - ohne Vorbedingung - ohne vorherige Einsicht - ohne<br />
versprochene Umkehr ... Nein Vergebung, oder sagen wir umfassende <strong>Liebe</strong>, wie sie<br />
Jesus gepredigt hat - die selbst noch den Feinden gilt ...<br />
die verblendet bleiben - die nicht begreifen wollen - die ihre Hände in Unschuld waschen<br />
immer wieder - mit Selbstrechtfertigung beschäftigt sind - wie wir alle Tag für Tag ...<br />
„Ich doch nicht, wo ich mich so bemühe - ich doch nicht, wie kann man nur so <strong>über</strong> mich<br />
denken - ich doch nicht, es wird doch keiner ahnen, was ich im geheimen so treibe<br />
<strong>Liebe</strong> Gemeinde, wenn wir uns auf diese umfassende Vergebungs-bitte Jesu <strong>am</strong> Kreuz<br />
einlassen könnten, dann würden wir wohl auch ein neues offenes ehrliches Verhältnis zu<br />
unseren eigenen Unzulänglichkeiten und Begrenztheiten bekommen<br />
3<br />
Nicht dass wir öffentlich als Büßer umherlaufen müssten - das erwartet niemand - aber wohl<br />
selbst mehr und wirklich mit uns im Reinen wären - Abstand nähmen von allen Versuchen,<br />
uns beständig die Hände in Unschuld waschen zu müssen ...<br />
Das Gespräch der beiden, die da rechts und links von Jesus gekreuzigt werden, zeigt uns zwei<br />
Möglichkeiten, mit Jesu gewaltiger Zusage umzugehen<br />
<strong>39</strong> Aber einer der Verbrecher, die <strong>am</strong> Kreuz hingen, lästerte ihn und sprach: Bist du nicht<br />
der Christus? Hilf dir selbst und Uns!<br />
40 Da wies ihn der andere zurecht und sprach: Und du fürchtest dich auch nicht vor Gott,<br />
der du doch in gleicher Verd<strong>am</strong>mnis bist? 41 Wir sind es zwar mit Recht, denn wir<br />
empfangen, was unsre Taten verdienen; dieser aber hat nichts Unrechtes getan.<br />
<strong>42</strong> Und er sprach: Jesus, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst! 43 Und Jesus<br />
sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein.
Der erste spottet - wie die Menge - ich glaube nicht an einen ohnmächtigen Gott - ich will<br />
einen, der seine Macht beweist - der das von Menschen angezettelte Elend zu Ende bringt -<br />
4<br />
oder wenn schon nicht dies, dann doch wenigstens die Katastrophen der Natur, an denen wir<br />
keinen Anteil haben ...<br />
Wo warst du Gott, fragen viele bei uns, wenn sie entscheiden, jetzt hätte er sich so oder so<br />
zu verhalten ... Viele im Leid auf der Südhalbkugel dieser Erde fragen nicht so, sondern<br />
können - wie durch ein Wunder - <strong>am</strong> Glauben festhalten, oft wie Ertrinkende an der letzten<br />
Planke ...<br />
Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott ... vielleicht ist die Haltung des ersten Schächers <strong>am</strong><br />
Kreuz - die Haltung der (vermeindlich) reichen Mehrheit heute ... vielleicht ... Wenn Gott<br />
sich so verhält, wie ich es mir denke, dann bin ich bereit an ihn zu glauben ... mit ihm zu<br />
rechnen ... Dann kann er mich meinetwegen auch retten<br />
Der zweite hat vielleicht zunächst nur Mitleid mit Jesus - aber dann doch wohl auch diese<br />
Ahnung - von der ich <strong>am</strong> Anfang sprach - hier hängt nicht nur irgendein ein Unschuldiger,<br />
nein in diesem Mann aus Nazareth ist nach wie vor Gott <strong>am</strong> Werk, davon gehe ich aus, nicht<br />
von meinem selbstgemachten Gottesbild ... und wenn das so ist, dann läßt er ihn nicht -<br />
nicht im Tod - nein dann führt er ihn, ganz sicher, hindurch, wie alle Gerechten Israels, in<br />
sein himmlisches Reich<br />
Dann denk an mich, Jesus - ist die schlichte Bitte des Sterbenden - dann tritt für mich ein<br />
bei Gott, sagt der Gott fürchtet, weil er um seine Schuld weiß ... weiß, dass zu recht hier<br />
hängt, die Strafe verdient hat ....<br />
Ob Gott ihm dennoch vergibt? Jesu Vergebungswort hat er wohl gehört, aber noch nicht auf<br />
sich bezogen ... Also sagt es ihm der gekreuzigte Heiland aufs neue - und zwar so konkret,<br />
dass es uns den Atem verschlägt: Heute wirst du mit mir im Paradies sein ... Die Vergebung<br />
gilt auch dir - gerade dir ... Gott liebt dich trotz allem, was du getan hast und mit dir<br />
schleppst - er <strong>über</strong>windet das Böse mit Gutem ... und nimmt dich auf in seine <strong>Liebe</strong>
5<br />
Heute wirst du im Paradies sein - in Gottes Nähe - in Abrah<strong>am</strong>s Schoß - im ewigen Frieden -<br />
da wo alles Gewalttätige und Bedrängende dieser Erde keine Rolle mehr spielt - keine Tränen<br />
- kein Schmerz - nicht einmal der Tod ...<br />
Vertraute liebevolle Nähe zum himmlischen Vater - was für eine Erwartung für alle, die<br />
sterben, die die Hoffnung nicht als kindlich-naiv hinter sich gelassen haben Heute wirst du<br />
mit mir im Paradies sein - ein Ort, nein doch eher ein Zustand völliger Geborgenheit ...<br />
eben wie ihn <strong>am</strong> Anfang die ersten Kinder Gottes erleben durften - bevor sie den Apfel aßen<br />
und sich aufmachten lieber selbst zu entscheiden, was gut ist und was böse ...<br />
Der eine, der ganz und gar Gottes Willen leben konnte - Jesus mehr als alle anderen<br />
Gerechten - er hat diese liebevolle Nähe Gottes mit sich in die Welt gebracht -<br />
und stirbt mit ihr für uns alle - den Tod der Vergebung - einen Tod der deutlich macht - ein<br />
für alle mal, wie Gott sich zu seinen Feinden stellt - in <strong>Liebe</strong> - unglaublich - nur so gibt es<br />
Versöhnung und echten Frieden ...<br />
Die Tür zum Paradies ist wieder offen - der Cherub steht nicht mehr dafür -<br />
Gott holt die Seinen zu sich zurück - machtlos - ohnmächtig ?<br />
nein mit seiner Macht, die die Herzen berührt -<br />
uns die Furcht nimmt, die wir im Leben gelernt haben und so gern auf Gott <strong>über</strong>tragen -<br />
uns Vertrauen schenkt, auf einen himmlische <strong>Liebe</strong>, die niemals an ihre Grenzen kommt<br />
Gott schenke uns, dass wir das spüren und darin schon heute zum Frieden finden, der<br />
höher ist als all unsere Vernunft ...