02.05.2014 Aufrufe

Wissensmanagement und organisationales Lernen im Netzwerk der ...

Wissensmanagement und organisationales Lernen im Netzwerk der ...

Wissensmanagement und organisationales Lernen im Netzwerk der ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong><br />

<strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Soziale <strong>Netzwerk</strong>analyse am Beispiel <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz<br />

Ein Forschungsprojekt <strong>der</strong><br />

ARGE “Wege zur Civil Society in Österreich"<br />

<strong>der</strong> Österreichischen Forschungsgemeinschaft<br />

Endbericht<br />

Jänner 2007<br />

Ein Forschungsprojekt von<br />

- Institut für Wissenschaftstheorie, Universität Wien -<br />

- FAS.research, Wien -<br />

- Salzburger Armutskonferenz -<br />

erstellt von DSA Dr. Martin Schaurhofer


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Inhalt<br />

Einleitung ...............................................................................................................................................3<br />

1. Die Armutskonferenz als soziale <strong>Netzwerk</strong>bewegung ...............................................................7<br />

1.1. Definitionen von sozialen <strong>Netzwerk</strong>bewegungen................................................................7<br />

1.2. Exkurs: Politische Entscheidungsfindung ................................................................................11<br />

1.3. Einfluss auf politische Entscheidungsprozesse durch soziale <strong>Netzwerk</strong>bewegungen...14<br />

1.4. Ausgewählte Aufgaben von sozialen <strong>Netzwerk</strong>bewegungen.............................................18<br />

2. Wissen <strong>und</strong> <strong>Wissensmanagement</strong> .................................................................................................21<br />

2.1. Was ist Wissen?...........................................................................................................................21<br />

2.2. Was ist <strong>Wissensmanagement</strong>?..................................................................................................24<br />

2.3. Wissensprozess wahrnehmen – Wissen erwerben.............................................................30<br />

2.4. Wissensprozess zuordnen – Wissen entwickeln.................................................................31<br />

2.5. Wissensprozess erinnern, vergegenwärtigen, erwarten – Wissen bewahren...............32<br />

2.6. Wissensprozess handeln – Wissen (ver-)teilen....................................................................33<br />

2.7. Was ist <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> einer Wissensgemeinschaft ?...............34<br />

3. Empirische Untersuchung................................................................................................................37<br />

4. Die Salzburger Armutskonferenz ..................................................................................................39<br />

4.1. Beteiligte Organisationen...........................................................................................................40<br />

5. <strong>Netzwerk</strong>analyse ...............................................................................................................................42<br />

5.1. <strong>Netzwerk</strong> in Bezug auf Wissen ................................................................................................42<br />

5.2. <strong>Netzwerk</strong> in Bezug auf ökonomische Ressourcen...............................................................44<br />

5.3. <strong>Netzwerk</strong> in Bezug auf politischen Einfluss ...........................................................................45<br />

5.4. <strong>Netzwerk</strong> in Bezug auf Bewusstseinsbildung <strong>und</strong> Salzburger Armutskonferenz...........47<br />

5.5. <strong>Netzwerk</strong> in Bezug auf neue Wissensträger .........................................................................49<br />

5.6. <strong>Netzwerk</strong> in Bezug auf neue ökonomische Ressourcen ....................................................51<br />

5.7. <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> häufigen Zusammenarbeit ..............................................................................53<br />

6. Organisation des <strong>Netzwerk</strong>es........................................................................................................55<br />

7. Zivilgesellschaft als Wissensspeicher ............................................................................................60<br />

Kommunikationsprozesse <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong>......................................................................................64<br />

8. Verschiedenheit in <strong>der</strong> Armutskonferenz....................................................................................66<br />

9. Zusammenfassende Diskussion......................................................................................................67<br />

10. Empfehlungen .....................................................................................................................................76<br />

Literatur...............................................................................................................................................78<br />

Endbericht Seite 2


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Einleitung<br />

Armut in Österreich<br />

Aus einer Zusammenschau <strong>der</strong> aktuellsten Zahlen zu Armut <strong>und</strong> sozialer<br />

Ausgrenzung (Moser, Mauerlechner, 2005) ergeben sich folgende Zahlen: Als<br />

statistische „Armutsgefährdungsschwelle“ gilt ein Monatseinkommen von EUR<br />

785 (12-mal). Diese Zahl ergibt sich aus <strong>der</strong> Errechnung von 60% des so<br />

genannten Pro-Kopf-Medianeinkommens, das nach Beschluss des Europäischen<br />

Rates von Laeken (2001) EU-weit die Armutsschwelle bildet. Für die<br />

Errechnung des unter <strong>der</strong> Armutsschwelle liegenden Familieneinkommens, wird<br />

„gewichtet“, da davon ausgegangen wird, das mit <strong>im</strong> Haushalt lebende<br />

Personen relativ weniger Einkommen benötigen. Gewichtungsfaktoren sind für<br />

den ersten Erwachsenen 1, für jede weitere Person ab 14 Jahren <strong>im</strong> Haushalt<br />

0,5 <strong>und</strong> für jedes Kind 0,3. Der aktuellste österreichische Sozialbericht (2003)<br />

weist folgende Zahlen als Armutsgefährdungsgrenze für Österreich aus:<br />

Einpersonenhaushalt 848 € monatlich netto (12x jährlich)<br />

Zweipersonenhaushalt 1.272 €<br />

Alleinerzieherin + 1 Kind 1.102 €<br />

Zwei Erwachsene + 1 Kind 1.526 €<br />

Zwei Erwachsene + 2 Kin<strong>der</strong> 1.781 €<br />

Zwei Erwachsene + 3 Kin<strong>der</strong> 2.035 €.<br />

R<strong>und</strong> 1.044.000 Personen leben in Österreich in Haushalten <strong>der</strong>en Einkommen<br />

unter diesen Schwellenwerten liegt. Viele haben weit weniger als 848 € <strong>im</strong><br />

Monat zur Verfügung. Ihr Verfügbares Einkommen liegt <strong>im</strong> Durchschnitt um fast<br />

1/ 5 unter dieser Schwelle. So sind in Österreich 467.000 Menschen von<br />

„verfestigter Armut“ betroffen.<br />

Armut in Salzburg (Presseaussendung Mai 2006)<br />

Die aktuelle Armutserhebung <strong>der</strong> Statistik Austria weist eine Armutsgefährdungsquote<br />

für Salzburg von 15,9 % aus. Die Schwankungsbreite<br />

allerdings sehr groß.<br />

Österreichweit bleibt die Armutsgefährdung mit 12,8 % ungefähr auf dem<br />

Niveau <strong>der</strong> letzten Erhebung (13,2 %). Erstmals ausgewiesen wurden allerdings<br />

Zahlen für die B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>. Robert Buggler, Sprecher <strong>der</strong> Salzburger<br />

Armutskonferenz: „Wenn auch die Schwankungsbreite <strong>der</strong> B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>ergebnisse<br />

eine sehr große ist, so befindet sich Salzburg mit 15,9 % o<strong>der</strong> 82.000<br />

Personen <strong>im</strong> traurigen Spitzenfeld, auch bei den statistischen Mindestwerten.<br />

Nur Wien <strong>und</strong> Vorarlberg weisen ähnlich hohe Werte auf!“<br />

Armutsgefährdung liegt vor, wenn eine best<strong>im</strong>mte Einkommensgrenze<br />

unterschritten wird. Die Gefährdungsschwelle für das Erhebungsjahr 2004 liegt<br />

Endbericht Seite 3


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

für eine Einzelperson bei € 848,- netto. Tatsächlich haben Armutsgefährdete<br />

aber weniger in <strong>der</strong> Tasche, nämlich durchschnittlich nur € 680,-. Von akuter<br />

Armut betroffen sind nach wie vor 6 % <strong>der</strong> Salzburger Bevölkerung. Dies<br />

bedeutet für Salzburg mehr als 30.000 Personen. Akute Armut liegt vor, wenn zu<br />

den finanziellen Einschränkungen noch weitere Belastungen hinzukommen, so<br />

z. B. ges<strong>und</strong>heitliche Einschränkungen, Probleme mit <strong>der</strong> Wohnung, Ernährung<br />

o<strong>der</strong> Kleidung.<br />

Stark betroffen sind MigrantInnen <strong>und</strong> Eingebürgerte (28 bzw. 23 %), mehr<br />

Frauen als Männer (14 % / 11 %), Alleinerziehende ohne Erwerbseinkommen (24<br />

%), Großfamilien (23 %), Pensionistinnen (24 %), gering Gebildete (18 %),<br />

Langzeitarbeitslose. Die Gründe für die die hohe Armutsgefährdung in Salzburg<br />

sind: Geringere Einkommen, hoher Dienstleistungsanteil, working poor, hohe<br />

Wohnkosten, mehrfach benachteiligte Bezirke, hoher Anteil an MigrantInnen,<br />

vor allem in <strong>der</strong> Landeshauptstadt, aber auch geringere Sozialleistungen wie<br />

die Sozialhilfe.<br />

Über die Rolle <strong>der</strong> Armutsnetzwerke<br />

Für die Armutsbekämpfung in Österreich <strong>und</strong> <strong>im</strong> Land Salzburg haben sich zwei<br />

<strong>Netzwerk</strong>e gegründet. Sie erlangen als zivilgesellschaftliche <strong>Netzwerk</strong>e verstärkt<br />

Bedeutung. Be<strong>im</strong> vorliegenden Forschungsvorhaben steht nicht eine einzelne<br />

zivilgesellschaftliche Organisation mit ihren Beson<strong>der</strong>heiten <strong>im</strong> Mittelpunkt des<br />

Interesses, son<strong>der</strong>n das <strong>Netzwerk</strong> einer österreichischen zivilgesellschaftlichen<br />

Vereinigung; nämlich <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz. Dabei wird davon<br />

ausgegangen, dass ein <strong>Netzwerk</strong>, das sich aus einer Vielzahl von<br />

Organisationen mit unterschiedlichen Organisationsstrukturen zusammensetzt,<br />

als Ganzes mehr ist als die Summe seiner einzelnen Teile. Aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong><br />

sozialen <strong>Netzwerk</strong>analyse gelten die Organisationen <strong>der</strong> Zivilgesellschaft als<br />

Organe <strong>der</strong> Willensbildung. Als Interessenvertretung ist es ihre pr<strong>im</strong>äre Aufgabe,<br />

den Willen ihrer Mitglie<strong>der</strong> <strong>und</strong> KlientInnen zu formulieren <strong>und</strong> zu vertreten.<br />

Interessen können jedoch – insbeson<strong>der</strong>e in einem <strong>im</strong>mer mehr durch<br />

Mechanismen des Lobbyismus gekennzeichneten Umfeld – nur dann vertreten<br />

werden, wenn die zivilgesellschaftlichen Organisationen über ausreichend<br />

Durchsetzungs-, Kampagnenfähigkeit <strong>und</strong> Glaubwürdigkeit verfügen.<br />

Diese drei Elemente können u.a. opt<strong>im</strong>iert werden, wenn ein Austausch <strong>und</strong><br />

eine Kooperation mit an<strong>der</strong>en Organisationen stattfinden <strong>und</strong> somit die<br />

Zivilgesellschaft als <strong>Netzwerk</strong> zum Tragen kommt. Zivilgesellschaftliche<br />

Einrichtungen wie die Armutskonferenz sind demgemäß sowohl Partner bei <strong>der</strong><br />

Aushandlung neuer sozialstaatlicher Sicherungsmodelle als auch Korrektiv<br />

staatlicher Interventionen, <strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong> demokratischen Ordnung. Im Sinn<br />

eines diskurstheoretischen Ansatzes (vgl. Habermas, 1998) können durch<br />

zivilgesellschaftliche Partizipation Lücken <strong>der</strong> sozialen Integration geschlossen<br />

werden. So schafft zivilgesellschaftliches Engagement Platz für das<br />

Thematisieren <strong>und</strong> Aushandeln von gesellschaftlichen Problemen.<br />

Endbericht Seite 4


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Die Zivilgesellschaft hat gerade in Bezug auf die Armutsbekämpfung ein<br />

erfolgreiches Modell des Community Buildings <strong>und</strong> <strong>der</strong> Interessensvertretung<br />

entwickelt. Zahlreiche NGOs, die <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Dienstleistung tätig sind, haben<br />

sich zusammengeschlossen, zur gemeinsamen Interessensartikulation.<br />

Die erste österreichische Armutskonferenz fand <strong>im</strong> November 1995 in Salzburg<br />

statt. Ziel war es damals das tabuisierte Thema <strong>der</strong> Armut einer breiten<br />

Öffentlichkeit bewusst zu machen. Im Gr<strong>und</strong>e wurde be<strong>im</strong> Eröffnungsvortrag<br />

von Friedhelm Hengsbach darauf hingewiesen, dass es bei <strong>der</strong> Thematisierung<br />

um Armut <strong>und</strong> soziale Ausgrenzung um einen neuen Gesellschaftsvertrag geht.<br />

So befindet sich das Thema <strong>der</strong> Armutsbekämpfung mitten <strong>im</strong> zivilgesellschaftlichen<br />

Diskurs um eine soziale Gesellschaft. Es zeigte sich in den<br />

Ursprüngen <strong>der</strong> Armutskonferenz, dass das Thema <strong>der</strong> Armut öffentlich sichtbar<br />

gemacht werden sollte <strong>und</strong> <strong>im</strong> Laufe <strong>der</strong> Zeit widmeten sich Armutskonferenzen<br />

mehr <strong>und</strong> mehr dem Thema <strong>der</strong> Absicherung soziale Standards <strong>im</strong><br />

Wohlfahrtsstaat.<br />

Angesichts <strong>der</strong> Enttäuschungen hinsichtlich <strong>der</strong> Lösungskompetenz <strong>der</strong> Politik<br />

werden neue Formen <strong>und</strong> Akteure von Gesellschaftsgestaltung gesucht <strong>und</strong><br />

zivilgesellschaftliche Organisationen <strong>und</strong> Soziale <strong>Netzwerk</strong>bewegungen<br />

werden verstärkt als Hoffnungsträger für die Lösung gesellschaftlicher<br />

Steuerungsprobleme thematisiert. Im Falle <strong>der</strong> Armutsbekämpfung hat sich seit<br />

Mitte <strong>der</strong> 90er Jahre ein zentraler Akteur entwickelt; die österreichische<br />

Armutskonferenz. Im Jahre 2001 fand die Gründung <strong>der</strong> Salzburger<br />

Armutskonferenz statt. Dieses Forschungsvorhaben hat sich zum Ziel gesetzt,<br />

den Wissensfluss <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz zu erheben.<br />

Damit soll ein Beitrag zur weiteren Analyse <strong>der</strong> Ressource Wissen in <strong>der</strong><br />

Zivilgesellschaft geleistet werden.<br />

Im ersten Kapitel wird die Armutskonferenz als Akteur einer sozialen<br />

<strong>Netzwerk</strong>bewegung theoretisch beleuchtet. Dabei werden Definitionen<br />

sozialer Bewegungen vorgestellt <strong>und</strong> die politische Entscheidungsfindung <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong>en Einflussnahme betrachtet. So ist eine soziale <strong>Netzwerk</strong>bewegung ein<br />

politischer, vermitteln<strong>der</strong> Akteur, <strong>der</strong> “empowerment betreibt“, Attribution<br />

hinterfragt <strong>und</strong> schließlich soziale Phantasien <strong>und</strong> soziale Erfindungen<br />

entwickelt. Die Armutskonferenz ist ein hervorragendes Beispiel dafür.<br />

Im zweiten Kapitel wird ein innovatives Modell des <strong>Wissensmanagement</strong><br />

entwickelt, dass auf einem konstruktivistischen Zugang fußt. Damit soll die<br />

Gr<strong>und</strong>lage für folgende empirische Untersuchungen des Wissensflusses <strong>im</strong><br />

<strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz gelegt werden.<br />

Soziale <strong>Netzwerk</strong>analyse legt die soziale Infrastruktur <strong>der</strong> Kommunikation<br />

innerhalb einer Organisation <strong>und</strong> zwischen Organisationen frei: Je besser die<br />

Kontakte sind, die ein Akteur hat, umso leichter fällt es, Wissen, Güter <strong>und</strong><br />

Dienstleistungen zu mobilisieren sowie die eigenen Botschaften „unter die<br />

Endbericht Seite 5


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Leute“ zu bringen. Basierend auf den Ergebnissen <strong>der</strong> sozialen <strong>Netzwerk</strong>analyse<br />

können spezielle Strategien, Maßnahmen <strong>und</strong> Taktiken abgeleitet werden. Es ist<br />

wichtig, dass dieses mo<strong>der</strong>ne Instrument auch in die Erforschung von<br />

dezentralen <strong>und</strong> emergenten <strong>Netzwerk</strong>en wie <strong>der</strong> Zivilgesellschaft Einzug hält,<br />

darum widmen sich das dritte, vierte <strong>und</strong> fünfte Kapitel <strong>der</strong> Empirie <strong>und</strong> dem<br />

sozialen <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz.<br />

Kapitel 6 beschreibt die Organisation <strong>und</strong> den Aufbau des <strong>Netzwerk</strong>es <strong>der</strong><br />

Salzburger Armutskonferenz, um einen detaillierteren Einblick in die Arbeit des<br />

<strong>Netzwerk</strong>koordinators zu ermöglichen.<br />

Das siebente Kapitel behandelt das Thema des zivilgesellschaftlichen<br />

Wissensspeichers <strong>und</strong> anhand des <strong>im</strong> Theorieteil entwickelten<br />

Wissensmanagamentmodells werden Wissensflüsse innerhalb <strong>der</strong> Salzburger<br />

Armutskonferenz beleuchtet.<br />

Das achte Kapitel behandelt die Kommunikationsstrukturen innerhalb des<br />

<strong>Netzwerk</strong>s <strong>und</strong> zeigt die notwendigen Ressourcen für einen effizienten<br />

Kommunikationsfluss in einem zivilgesellschaftlichen <strong>Netzwerk</strong> auf.<br />

Im letzten Kapitel wird <strong>der</strong> Frage nachgegangen, ob sich hinter den Stellungen<br />

<strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> tieferliegende Zusammenhänge gibt, ob etwa inhaltlich gleiche<br />

NGOs ähnliche Stellungen <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> einnehmen.<br />

Der unmittelbare Effekt dieses Forschungsprojektes besteht darin, dass neues<br />

Wissen für den zivilgesellschaftlichen Zusammenschluss des Salzburger<br />

Armutsnetzwerkes geschaffen wird. Dadurch kann eine Sensibilisierung für das<br />

<strong>Wissensmanagement</strong> in <strong>der</strong> eigenen Organisation stattfinden.<br />

Durch die Sensibilisierung für das Thema <strong>Wissensmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong><br />

sowie durch die <strong>Netzwerk</strong>visualisierungen kann die eigene Position <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong><br />

reflektiert werden <strong>und</strong> gegebenenfalls nach neuen Ideen <strong>und</strong> neuem Wissen<br />

gesucht werden.<br />

Durch Verän<strong>der</strong>ungen von Positionen <strong>im</strong> Sozialen <strong>Netzwerk</strong> kann es auch zu<br />

langfristigeren Effekten kommen, indem sich das <strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> die<br />

Kommunikation zu an<strong>der</strong>en <strong>Netzwerk</strong>en o<strong>der</strong>/<strong>und</strong> EntscheidungsträgerInnen<br />

weiterentwickeln. Dadurch kann die Armutsbekämpfung effizienter werden.<br />

DSA Dr. Martin Schaurhofer<br />

Endbericht Seite 6


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

1. Die Armutskonferenz als soziale <strong>Netzwerk</strong>bewegung<br />

1.1. Definitionen von sozialen <strong>Netzwerk</strong>bewegungen<br />

In diesem Kapitel werden die Definitionen <strong>und</strong> Charakteristika von sozialen<br />

<strong>Netzwerk</strong>bewegungen dargestellt, um eine dementsprechende Verortung <strong>der</strong><br />

Armutskonferenz vornehmen zu können. Soziale Bewegungen bilden durch die<br />

Verbindung vieler kleiner sozialer Einheiten ein <strong>Netzwerk</strong>, eine soziale <strong>Netzwerk</strong>bewegung.<br />

Soziale <strong>Netzwerk</strong>e sind <strong>Netzwerk</strong>e, die gegebene Interaktionsgeflechte<br />

(z.B. Bekanntschaftsnetzwerk) abbilden <strong>und</strong> sind ein Zusammenschluss<br />

von Menschen, die durch das <strong>Netzwerk</strong> einen Vorteil erfahren o<strong>der</strong><br />

erhoffen.<br />

Entsprechend <strong>der</strong> Definition des Begriffs sozialer <strong>Netzwerk</strong>bewegung lassen sich<br />

nach Görg (1992) mehrere Anfor<strong>der</strong>ungen an diesen festhalten. Zum einen ist<br />

die Definition des Bewegungsbegriffs <strong>und</strong> die Best<strong>im</strong>mung <strong>der</strong> sozialen<br />

Problemlage, <strong>der</strong>er sich die Bewegung ann<strong>im</strong>mt, von Bedeutung, um soziale<br />

Bewegungen definieren zu können. Zum an<strong>der</strong>en ist die Form des öffentlichen<br />

Auftretens <strong>der</strong> Bewegung für eine Definitionsbest<strong>im</strong>mung wesentlich.<br />

Allerdings ergibt sich <strong>der</strong> Eindruck, dass <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> sozialen <strong>Netzwerk</strong>bewegung<br />

<strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen Charakteristika relativ klar definiert<br />

sind, <strong>und</strong> das Definitionsproblem scheint erst bei <strong>der</strong> Zuordnung <strong>und</strong><br />

Unterscheidung von sozialen Bewegungen zu entstehen.<br />

“ Soziale Bewegung ist ein mobilisieren<strong>der</strong> kollektiver Akteur, <strong>der</strong> mit einer<br />

gewissen Kontinuität auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage hoher symbolischer Integration<br />

<strong>und</strong> geringer Rollenspezifikation mittels variabler Organisations- <strong>und</strong><br />

Aktionsformen das Ziel verfolgt, gr<strong>und</strong>legen<strong>der</strong>en sozialen Wandel<br />

herbeizuführen, zu verhin<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> rückgängig zu machen.“ Raschke<br />

(1985, S.77)<br />

Aus dieser sehr komplexen <strong>und</strong> ausführlichen Definition lassen sich bereits die<br />

typischen Merkmale einer sozialen Bewegung herauslesen, die weiter unten<br />

noch genauer erläutert werden. Dennoch möchte ich hier die Zielbest<strong>im</strong>mung<br />

des sozialen Wandels hervorstreichen, die sich nach <strong>der</strong> Richtung <strong>der</strong><br />

gewünschten Verän<strong>der</strong>ung definiert. Einige soziale Bewegungen, wie die<br />

Umweltbewegung haben zum Ziel, eine neue Richtung des sozialen Wandels<br />

durchzusetzen, <strong>im</strong> Unterschied zu Bewegungen, die versuchen, die<br />

momentane gesellschaftliche Situation beizubehalten <strong>und</strong> gegenüber<br />

Verän<strong>der</strong>ungen abzusichern. Diese Definition ist bei <strong>der</strong> Typologisierung von<br />

großer Bedeutung. Nach Gerdes (1995, in Nohlen, 1995) sind zu berücksichtigende<br />

Merkmale von sozialen Bewegungen als <strong>Netzwerk</strong>e<br />

• die eher geringe organisatorische Strukturierung,<br />

• die unterschiedlichen Handlungsorientierungen,<br />

• die Unkalkulierbarkeit <strong>der</strong> politischen Oppositionsfunktion <strong>und</strong><br />

• die Freiwilligkeit <strong>der</strong> Teilnahme.<br />

Endbericht Seite 7


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Auch bei dieser Definition finden wir wie bei Raschke (1985) den geringen<br />

Organisationsgrad, variable Handlungsorientierungen <strong>und</strong> die politische<br />

Oppositionsfunktion als Merkmal <strong>der</strong> Zuordnung. Die Freiwilligkeit <strong>der</strong> Teilnahme<br />

wird von Gerdes (1995) als eigenes Definitionsmerkmal angegeben, könnte<br />

jedoch auch als Versuch erklärt werden, die Mobilisierung durch soziale<br />

Bewegungen zu beschreiben.<br />

Zusätzlich bringt Rucht (1994) explizit mit seiner Definition von sozialer<br />

Bewegung als “mobilisiertes <strong>Netzwerk</strong> von Gruppen“ den Gedanken <strong>der</strong><br />

Vernetzung in die Diskussion. Demnach definiert er soziale <strong>Netzwerk</strong>bewegung<br />

wie folgt:<br />

“ Eine soziale (<strong>Netzwerk</strong>-)bewegung ist ein auf gewisse Dauer gestelltes<br />

<strong>und</strong> durch kollektive Identität abgestütztes Handlungssystem mobilisierter<br />

<strong>Netzwerk</strong>e <strong>und</strong> Organisationen, welche sozialen Wandel mit Mitteln des<br />

Protests - notfalls bis hin zur Gewaltanwendung - herbeiführen, verhin<strong>der</strong>n<br />

o<strong>der</strong> rückgängig machen wollen.“ Rucht (1994, S. 76)<br />

Neben dem <strong>Netzwerk</strong> sozialer Bewegung kristallisiert sich ebenso <strong>der</strong> soziale<br />

Wandel gesellschaftlicher Ordnung <strong>und</strong> Wertvorstellungen als zentraler Punkt<br />

<strong>der</strong> Definition “sozialer Netzwerbewegungen“ heraus. Diese sind oft durch den<br />

Versuch gekennzeichnet, einen auf eigenen Entwürfen beruhenden<br />

gesellschaftlichen Wandel hervorzubringen. Dadurch unterscheiden sie sich<br />

wie<strong>der</strong>um von Bewegungen, die zwar auch protestieren, allerdings in letzter<br />

Konsequenz eine gesellschaftliche Ordnung vertreten, die auf <strong>der</strong> traditionellen<br />

Ordnung beruht. Rucht (1994) führt unter an<strong>der</strong>em die Bauernbewegung des<br />

frühen Mittelalters als Beispiel an, die er als traditionale Bewegung mit<br />

politischer Stoßrichtung bezeichnet <strong>und</strong> die daher keine soziale Bewegung ist.<br />

Demnach soll <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> sozialen Bewegung für Bewegungen angewendet<br />

werden, die eine eigenständige Vorstellung über neue Gesellschaftsformen<br />

besitzen, wie die ursprüngliche ArbeiterInnenbewegung, die eine neue<br />

gesellschaftliche Ordnung <strong>und</strong> Umstrukturierung einfor<strong>der</strong>te.<br />

Ein weiteres Charakteristikum von sozialen <strong>Netzwerk</strong>bewegungen ist das<br />

Thematisieren einer Problemlage, die öffentlich aufgezeigt werden soll. So geht<br />

Nowak (1988) von dem gr<strong>und</strong>sätzlichen Bild aus, dass zwar soziale Probleme in<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft existieren, aber nicht von dieser als solche wahrgenommen<br />

werden. Erst wenn sich eine Gruppe von Personen - eine BürgerInneninitiative<br />

beispielsweise - dieses Problems ann<strong>im</strong>mt <strong>und</strong> es an die Öffentlichkeit<br />

transportiert, wird dieses Problem politikfähig. So könnte man sagen, dass die<br />

Thematisierung <strong>der</strong> Armut in Österreich, wie die österreichische<br />

Armutskonferenz zeigt, ein Beginn einer sozialen Problembewegung, einer<br />

sogenannten “Armutsbewegung“ ist. Somit wären soziale Probleme in ihrer<br />

gesellschaftlichen Existenz erst ab dem Zeitpunkt des öffentlichen<br />

Wahrnehmens manifest, <strong>und</strong> man n<strong>im</strong>mt sich dieses Problems an. Soziale<br />

<strong>Netzwerk</strong>-bewegungen sind demnach sehr stark durch soziale Problemlagen<br />

definiert, man kann auch von sozialen Problembewegungen sprechen.<br />

Endbericht Seite 8


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Zusammenfassend gibt Nowak (1988) die sehr unterschiedlichen<br />

Charakteristika <strong>der</strong> sozialen <strong>Netzwerk</strong>bewegungen wie folgt an:<br />

* Soziale <strong>Netzwerk</strong>bewegungen suchen laufend nach Unterstützung durch<br />

an<strong>der</strong>e, mit dem Ziel, sich weiterhin bewegen zu können. (Mobilität)<br />

* Durch kontinuierliche Aktivitäten macht die Organisation auf sich aufmerksam<br />

<strong>und</strong> stellt weiterhin ihren Bewegungscharakter unter Beweis. (Kontinuität)<br />

* Sie bilden ihren Gruppenzusammenhalt durch ein stark ausgeprägtes<br />

Gruppengefühl. (Hohe symbolische Integration)<br />

* In vielen sozialen <strong>Netzwerk</strong>bewegungen zeigt sich anfangs ein geringer Grad<br />

an Ausdifferenzierung <strong>und</strong> an Festlegung best<strong>im</strong>mter Rollen. (Geringe<br />

Rollenspezifikation)<br />

* Sie sind sehr flexibel <strong>und</strong> variabel bei <strong>der</strong> Wahl <strong>und</strong> Durchführung ihrer<br />

formalen Organisation <strong>und</strong> ihrer Aktionen. (Variable Organisations- <strong>und</strong><br />

Aktionsformen)<br />

* Soziale <strong>Netzwerk</strong>bewegungen streben einen sozialen Wandel in <strong>der</strong><br />

Gesellschaft an. Das heißt, sie wollen die Gesellschaft als Ganzes o<strong>der</strong><br />

zumindest Teilbereiche des gesellschaftlichen Zusammenlebens än<strong>der</strong>n.<br />

(Ziele)<br />

Endbericht Seite 9


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Abbildung: Dynamisches, sechsfaches Typologisierungsschema für soziale<br />

<strong>Netzwerk</strong>bewegungen<br />

Ziel des gesellschaftlichen Wandels<br />

promo<strong>der</strong>n (nach RUCHT, 1994)<br />

Mobilität<br />

hoch<br />

Kontinuität<br />

hoch<br />

Rollenspezifikation<br />

niedrig<br />

symbolische Integration<br />

hoch<br />

Organisations- <strong>und</strong><br />

Aktionsformen<br />

variable<br />

Aus diesen Merkmalen lässt sich bereits ein relativ klares Bild an<br />

Unterscheidungsvariablen innerhalb von sozialen <strong>Netzwerk</strong>bewegungen <strong>und</strong><br />

von diesen zu politischen Parteien <strong>und</strong> Institutionen aufzeigen. Soziale<br />

<strong>Netzwerk</strong>bewegungen erreichen unter an<strong>der</strong>em auch durch strukturierte,<br />

langfristig geplante <strong>und</strong> zielorientierte Verhaltensweisen die Durchsetzung ihrer<br />

Interessen <strong>und</strong> die För<strong>der</strong>ung des Problembewusstseins in <strong>der</strong> Öffentlichkeit,<br />

wie am Beispiel <strong>der</strong> Österreichischen Armutskonferenz ersichtlich wird. Der<br />

Unterschied zu Parteien besteht darin, dass soziale <strong>Netzwerk</strong>bewegungen zwar<br />

auch “organisierte Bewegungsteile“ besitzen können, aber prinzipiell nicht in<br />

formale Organisationen aufgehen (Raschke, 1985; Nohlen, 1995). Das heißt, sie<br />

können zwar über Entscheidungsstrukturen <strong>und</strong> etablierte Kommunikationswege<br />

verfügen, allerdings brauchen sie nicht unbedingt klare Kriterien <strong>der</strong><br />

Mitgliedschaft, verbindliche Regeln <strong>der</strong> Kompetenzaufteilung <strong>und</strong> - als<br />

wesentlichstes Differenzierungsmerkmal - scharfe Grenzen zur Umwelt<br />

Somit sind soziale <strong>Netzwerk</strong>bewegungen durch informelle Strukturen ohne ein<br />

ausgewähltes organisatorisches Zentrum geprägt. Sie sind als ein sich<br />

ausbreitendes <strong>Netzwerk</strong> zu sehen, das von außen oft schwer zu durchblicken<br />

ist. Wenn sich aus sozialen <strong>Netzwerk</strong>bewegungen Organisationen bilden, die<br />

die Ideale <strong>der</strong> Bewegung umsetzen wollen, so bezeichnet man diese als social<br />

movement organisations, die wie<strong>der</strong>um zu einer gesamtem social movement<br />

industry zusammengeschlossen werden können. Schließlich bilden die social<br />

movement industries aller Bereiche den social movement sector einer<br />

Gesellschaft (Mc Carthy <strong>und</strong> Zald, 1977; Sztompka, 1993). Durch diese<br />

Unterscheidung wird die Abgrenzung von sozialen <strong>Netzwerk</strong>bewegungen zu<br />

<strong>der</strong>en Organisationen beson<strong>der</strong>s hervorgehoben, <strong>und</strong> <strong>der</strong> Unterschied<br />

Endbericht Seite 10


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

zwischen dem Mobilisierungsgedanken <strong>der</strong> Bewegung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Durchführung<br />

dieser Idee durch die Organisationen bildet sich heraus.<br />

Nach Mauss (1975) durchlaufen soziale Bewegungen gr<strong>und</strong>sätzlich fünf<br />

Entwicklungsstufen, die hier schematisch dargestellt werden. Anfangs steht die<br />

Unzufriedenheit <strong>und</strong> das Erkennen von Problemlagen. Dies führt zu einer<br />

Vereinigung, zur Zieldefinition <strong>und</strong> Ausarbeitung von Vorgehensweisen. In <strong>der</strong><br />

dritten Stufe wird <strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong> Institutionalisierung durch Organisation <strong>und</strong><br />

Koordination von Aktivitäten <strong>der</strong> Dialog mit <strong>der</strong> Öffentlichkeit <strong>und</strong><br />

EntscheidungsträgerInnen gesucht. Nach dem Erreichen von Zielen beginnen<br />

sich meist Interessen zu differenzieren, <strong>und</strong> damit einhergehend n<strong>im</strong>mt die<br />

Teilnahme an <strong>der</strong> Bewegung ab, <strong>und</strong> oftmals entsteht eine Fragmentierung <strong>der</strong><br />

Bewegung.<br />

1.2. Exkurs: Politische Entscheidungsfindung<br />

In politischen Prozessen ist die Entscheidungssituation mancherorts schlecht<br />

definiert, da die Entscheidungsprämissen als dynamisch <strong>und</strong> wandelbar<br />

anzusehen sind.<br />

Ebenso treten neue Prämissen in den Entscheidungsprozeß ein <strong>und</strong> müssen<br />

berücksichtigt werden. Politische Entscheidungsprozesse stellen ein<br />

dynamisches Feld dar, das von den beteiligten Akteuren, ihren<br />

Machtressourcen, ihren Möglichkeiten, ihre Macht einzusetzen sowie von<br />

an<strong>der</strong>en unabhängigen Faktoren wie Gesetzen <strong>und</strong> allgemein gültigen<br />

Wertvorstellungen abhängt. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wird in diesem Kapitel näher<br />

auf Charakteristika von komplexen Situationen, auf entscheidungstheoretische<br />

Modelle in <strong>der</strong> Politik <strong>und</strong> auf Heuristiken als psychologische Erklärungsansätze<br />

von politischen Entscheidungen eingegangen, um eine Gr<strong>und</strong>lage zu haben,<br />

auf <strong>der</strong> <strong>Wissensmanagement</strong> <strong>im</strong> politischen <strong>und</strong> sozialen <strong>Netzwerk</strong>en, die vor<br />

komplexen Entscheidungen stehen, beruht.<br />

Dörner (1995) unterscheidet Entscheidungssituationen, "Probleme“ bei ihm<br />

genannt, die die menschliche Verarbeitungskapazität überfor<strong>der</strong>n, von<br />

Aufgaben, die durch ein größeres Maß an Lösungskompetenz <strong>im</strong><br />

Entscheidungsprozeß gekennzeichnet sind. Zusammengefasst gibt er folgende<br />

sechs Charakteristika <strong>der</strong> Wechselwirkung von Mensch <strong>und</strong> komplexen<br />

Entscheidungssituationen an:<br />

• Überdosierung von Maßnahmen unter Zeitdruck<br />

• Unfähigkeit zum nichtlinearen Denken in Kausalnetzen<br />

• Unfähigkeit, Neben- <strong>und</strong> Fernwirkungen rechtzeitig zu erkennen<br />

• Unfähigkeit, exponentielle Abläufe zu verstehen<br />

• Tendenz zu isolierenden Ursache - Wirkungsdenken<br />

• Filterung von Informationen<br />

Endbericht Seite 11


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Betrachtet man nun die Ausgangssituationen, in denen sich Menschen <strong>im</strong><br />

politischen Feld sehr oft vor einer Entscheidung befinden, so erkennt man eine<br />

große Anzahl an Parallelen zu den sechs Kriterien, <strong>und</strong> es stellt sich die Frage,<br />

welche Wege gegangen werden können, um dieses Dilemma zu bewältigen.<br />

Politische Entscheidungsfindungen unter dem Blickwinkel <strong>der</strong> Entscheidungstheorien<br />

zeigen sehr interessante <strong>und</strong> unterschiedliche Aspekte auf <strong>und</strong> sind<br />

nach Braybrooke <strong>und</strong> Linblom (1979) als schrittweise <strong>und</strong> inkrementelle<br />

Prozesse des “muddling through“ zu sehen, da meist die Entscheidungsfindungen<br />

von <strong>der</strong>artiger Komplexität sind, dass rationale Strategien zur<br />

Problemlösung sehr schwierig sind. Auch Kirchler (1995, S.40) überträgt die<br />

Charakteristik politischer Entscheidungsfindung in ein sehr anschauliches Bild:<br />

“In <strong>der</strong> Politik läßt sich Entscheidungsfindung als inkrementeller Prozeß<br />

beschreiben <strong>und</strong> mit einem Spaziergang durch ein Sumpfgebiet<br />

vergleichen, mit <strong>der</strong> Gefahr, dass <strong>der</strong> nächste Schritt den “Tod“ bringen<br />

könnte. “<br />

Es werden kleine Schritte getätigt, die stets auch die Möglichkeiten des<br />

Rückzugs bieten. Wenn <strong>der</strong> Boden trägt, somit die Konsequenzen positiv sind,<br />

so wird auch <strong>der</strong> nächste Schritt in dieselbe Richtung getan. Die<br />

verschiedenen Alternativen werden erst <strong>im</strong> kleinen erprobt, um sie vorerst auf<br />

ihre Verlässlichkeit zu testen <strong>und</strong> um sich anschließend bewusst für eine<br />

Richtung zu entscheiden. Und so muss man ebenso wie Tversky <strong>und</strong><br />

Kahnemann (1974) zum Urteil kommen, dass gerade in politischen<br />

Entscheidungssituationen das Bild des rationalen homo oeconomicus versagt.<br />

Politische Entscheidungen werden meist durch den Austausch von mehreren<br />

<strong>und</strong> nicht durch eine einzige Person getroffen. Zwar kann jedes Individuum für<br />

sich rational agieren, in <strong>der</strong> Gruppe kommt es dann allerdings zu<br />

Überzeugungs- <strong>und</strong> Ablehnungsstrategien, wodurch das rationale Modell seine<br />

ausschließliche Berechtigung verliert (Majone, 1989). Studien belegen, dass<br />

politische Akteure in Entscheidungssituationen nicht ausschließlich als rationale<br />

Wesen agieren, son<strong>der</strong>n vielmehr ihr Handeln erst <strong>im</strong> nachhinein “rationalisiert“<br />

wird, da sich Entscheidungsprozesse intuitiv heuristisch bewegen.<br />

Wenn Entscheidungen unter Zeitdruck <strong>und</strong> ebenfalls unter dem Druck großer<br />

Verantwortungsübernahme erfolgen, können die besten ExpertInnen <strong>und</strong><br />

PolitkerInnen zu Laien werden <strong>und</strong> “aus dem Bauch heraus handeln“ wie<br />

Kirchler (1995) zusammenfasst.<br />

Nach Prittwitz (1994) kann man das rationale Entscheidungsmodell in die<br />

Gesamtheit des sogenannten „Policy Zyklus“ einglie<strong>der</strong>n. Entscheidungen<br />

werden demnach als Voraussetzung für den Programmvollzug getroffen, als<br />

die opt<strong>im</strong>ale Option aus den Handlungsoptionen.<br />

Endbericht Seite 12


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Abbildung: Policy - Zyklus nach Prittwitz (1994, S. 57)<br />

Problemwahrnehmung<br />

Vorabschätzung von<br />

Handlungsalternativen<br />

Handlungskorrektur; <strong>Lernen</strong><br />

Programmbildung;<br />

Entscheidung<br />

Wirkungskontrolle<br />

Programmvollzug<br />

Gerade aus diesem sehr anschaulichen - idealtypischen - Modell erkennen wir,<br />

dass Entscheidungen als Auswahl von Handlungsalternativen in einen<br />

Gesamtkreislauf eingebettet sind, <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Problemwahrnehmung bis hin<br />

zum politischen <strong>Lernen</strong> reicht. Durch dieses Modell wird <strong>der</strong> Ablaufsprozess sehr<br />

gut sichtbar <strong>und</strong> möglicherweise beeinflussbar. Zum an<strong>der</strong>en kann dieser Zyklus<br />

aber den Eindruck erwecken, dass das Problemlösungsverhalten größtenteils<br />

auf rationalen Kriterien beruht. Howlett <strong>und</strong> Ramesh (1995, S. 12) kritisieren sehr<br />

vehement, dass die beeinflussende <strong>und</strong> ursächliche Darstellung <strong>der</strong><br />

Phasenentwicklung fehlt:<br />

“ Third, and perhaps most <strong>im</strong>portantly, the model lacks any notion of<br />

causation. It offers no pointers as to what or who drives a policy form one<br />

stage to another, a matter of crucial interest to scholars working on the<br />

subject.“<br />

Wenn in Entscheidungssituationen Informationsdefizite herrschen o<strong>der</strong> die<br />

Situation sich durch einen hohen Komplexitätsgrad auszeichnet, so treten meist<br />

kognitive Entscheidungshilfen - Heuristiken - auf. Heuristiken bieten einige<br />

Vorteile, da sie Urteilsprozesse erleichtern, allerdings bergen sie auch meist<br />

Gefahren <strong>der</strong> Fehleinschätzung <strong>und</strong> inadäquaten Entscheidung in sich. Im<br />

folgenden sei <strong>der</strong> Zusammenhang von Heuristiken mit politischen<br />

Entscheidungsfindungen aufgezeigt (Bower, 1981; Tversky <strong>und</strong> Kahnemann,<br />

1974; Kirchler, 1995).<br />

• Verfügbarkeitsheuristik: Bei <strong>der</strong> Schätzung von Häufigkeiten o<strong>der</strong> Auftrittswahrscheinlichkeiten<br />

werden oft Urteile aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Leichtigkeit <strong>der</strong><br />

Abrufbarkeit von Informationen aus dem Gedächtnis getroffen. So werden<br />

politische Sachverhalte, die <strong>der</strong> aktuellen Tagespolitik zuzurechnen sind,<br />

eher zur Entscheidungshilfe zu Rate gezogen als Themen <strong>und</strong> Sachverhalte,<br />

die selten in <strong>der</strong> Öffentlichkeit in Erscheinung treten.<br />

Endbericht Seite 13


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

• Repräsentativitätsheuristik: Darunter ist <strong>der</strong> geschätzte Grad <strong>der</strong><br />

Übereinst<strong>im</strong>mung o<strong>der</strong> Ähnlichkeit zwischen einer Stichprobe <strong>und</strong> einer<br />

Gr<strong>und</strong>gesamtheit zu verstehen. Menschen neigen dazu, bei Urteilen über<br />

Stichproben die Merkmale <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>gesamtheit zu vergessen. Oftmals wird<br />

<strong>der</strong> Zufall nicht berücksichtigt, <strong>und</strong> es entstehen Wahrnehmungsverzerrungen,<br />

die schließlich in Vorurteile übergehen können. So wird auch<br />

die Repräsentativitätsheuristik als ein Gr<strong>und</strong>faktor politischer Vorurteile<br />

betrachtet (Tversky <strong>und</strong> Kahnemann, 1974).<br />

• Verankerungsheuristik: Menschen beginnen ihre Häufigkeits- <strong>und</strong><br />

Wahrscheinlichkeits-einschätzungen mit einem Ausgangswert, <strong>der</strong> meist<br />

durch die Problemformulierung o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Umstände vorgegeben o<strong>der</strong><br />

selbst geschaffen ist. Dieses Prinzip findet sich ebenfalls sehr stark in <strong>der</strong><br />

politischen Entscheidungsfindung wie<strong>der</strong>, wie Bower (1981) meint. Durch<br />

subjektive Erlebnisse <strong>und</strong> Erinnerungen werden Voraussetzungen geschaffen,<br />

die schließlich zur Entscheidungsanalyse herangezogen werden.<br />

1.3. Einfluss auf politische Entscheidungsprozesse durch soziale<br />

<strong>Netzwerk</strong>bewegungen<br />

Das Geflecht von unterschiedlichen Wegen des politischen Einflusses macht es<br />

sehr schwierig, ein klar differenziertes Bild von Strategien für die Richtung von<br />

Einflussmöglichkeiten sozialer Bewegungen zu geben. Dennoch soll in diesem<br />

Kapitel <strong>im</strong> Anschluss an die Klärung des Begriffes <strong>der</strong> Einflussnahme anhand des<br />

politologischen Dreiecks <strong>und</strong> des policy cycles untersucht werden, welche<br />

Rolle sozialen Bewegungen als Träger von politischen Entscheidungsprozessen<br />

zukommt.<br />

Macht, <strong>im</strong> Sinne von, den an<strong>der</strong>en dazu bewegen etwas zu tun, was er sonst<br />

nicht tun würde (Weber, 1919), unterscheidet sich von Einflussnahme<br />

hauptsächlich durch das Ausmaß <strong>der</strong> direkten Umsetzung des eigenen<br />

Interesses. Einflussnahme ist als ein sogenannter “sanfter Weg“ <strong>der</strong><br />

Machtausübung zu sehen. Eine sehr allgemeine <strong>und</strong> gut anschauliche<br />

Begriffsdefinition von Einflussnahme, die auf verschiedene Einflusssituationen<br />

zutrifft <strong>und</strong> empirisch gut abgesichert ist, stammt aus <strong>der</strong> Verbindung von<br />

Psychologie <strong>und</strong> Physik. Latane (1981) geht in seiner sozialen Einflußtheorie<br />

(social - <strong>im</strong>pact - theory) von zwei gr<strong>und</strong>legenden Einflussfaktoren aus; von <strong>der</strong><br />

Stärke <strong>der</strong> Einflussquelle <strong>und</strong> <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Einflussquelle zur Zielperson.<br />

Zusätzlich ist aber auch die Anzahl <strong>der</strong> Einflussquellen von Bedeutung.<br />

Demzufolge ist <strong>der</strong> Einfluss um so größer, je stärker <strong>und</strong> je näher zum Ziel die<br />

Einflussquellen sind <strong>und</strong> mehr an Zahl. Umgelegt auf soziale <strong>Netzwerk</strong>bewegungen<br />

heißt das, dass die Definition des Einflussziels von großer<br />

Bedeutung ist, denn erst durch das Festlegen des Einflusszieles kann sich eine<br />

soziale <strong>Netzwerk</strong>bewegung als Einflussquelle herausbilden. Kritisch an <strong>der</strong> social<br />

- <strong>im</strong>pact - theory sei anzumerken, dass die Beeinflussbarkeit des Einfluss-<br />

Endbericht Seite 14


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

empfängers nicht berücksichtigt wird. Nach dieser Theorie hängt <strong>der</strong> gesamte<br />

Einfluss ausschließlich von <strong>der</strong> Position <strong>und</strong> <strong>der</strong> Stärke <strong>der</strong> Einflussquelle ab.<br />

Im politischen Prozess allerdings ist die Stärke <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> artikulierten<br />

Interessen auch von <strong>der</strong> Aufnahmebereitschaft <strong>der</strong> Adressaten abhängig.<br />

Um dieses Kapitel in einen breiteren Rahmen stellen zu können, sei vorerst auf<br />

den Begriff des politologischen Dreiecks eingegangen (Prittwitz, 1994). Die<br />

Analyse von Politik umfaßt drei politologische D<strong>im</strong>ensionen, die voneinan<strong>der</strong><br />

abgrenzbar sind. Die D<strong>im</strong>ension des politischen Prozesses (politics) umreißt die<br />

politischen Abläufe, die durch das Handeln von politischen Akteuren in den<br />

sogenannten Arenen <strong>der</strong> Politik gekennzeichnet sind. Die zweite D<strong>im</strong>ension ist<br />

die des öffentlichen Handelns (policy). Das heißt, dass das an <strong>der</strong><br />

Gemeinschaft orientierte Handeln zur Umsetzung von Interessen <strong>und</strong> Aufgaben<br />

nach ausgewählten Kriterien untersucht wird. Das dritte Eck des politologischen<br />

Modells wird als D<strong>im</strong>ension des politisch - institutionellen Systems (polity)<br />

verstanden. Öffentliche Einrichtungen sowie staatliche Verfassungen finden<br />

sich hier als Forschungsobjekt wie<strong>der</strong>.<br />

Hinsichtlich <strong>der</strong> ersten D<strong>im</strong>ension des konflikthaften Prozesses in den politischen<br />

Arenen heißt Einflussnahme für soziale <strong>Netzwerk</strong>bewegungen auch<br />

Einstellungsän<strong>der</strong>ung durch gezielte Informations- <strong>und</strong> Überzeugungsarbeit von<br />

an<strong>der</strong>en politischen Akteuren. Baumgartner <strong>und</strong> Jones (1991) sprechen <strong>im</strong><br />

Zusammenhang mit <strong>der</strong> politischen Umsetzung von Themen, dass PolitikerInnen<br />

bereits <strong>im</strong> Moment <strong>der</strong> Entscheidung Wege suchen, wie sie ihre Entscheidung<br />

umsetzen werden können. Gerade das strategische Einwirken auf Heuristiken ist<br />

von wesentlicher Bedeutung, so geben strategisch gut geführte soziale<br />

<strong>Netzwerk</strong>bewegungen Wege <strong>der</strong> Realisierung ihrer Themen bereits vor,<br />

allerdings müssen sie sich vorher ihren Weg in die politische Arena mühevoll<br />

erkämpfen, da sie meist für eine gr<strong>und</strong>sätzliche Än<strong>der</strong>ung vorhandener<br />

Politiken stehen, <strong>und</strong> von den bereits etablierten AkteurInnen am Zutritt<br />

gehin<strong>der</strong>t werden können. Gerade hier ist das Kreativitäts- <strong>und</strong><br />

Aktionspotential von sozialen <strong>Netzwerk</strong>bewegungen gefragt, um Menschen<br />

<strong>und</strong> Politik zu beeinflussen. Die Gruppen von Menschen, die unterschiedliche<br />

Erwartungspositionen einnehmen, sollten speziell angesprochen werden.<br />

Watts (1987) unterteilt in 6 Gruppen: aktives Mitglied (activist), potentielles<br />

Mitglied (supporter), SympthatisantInnen (sympathizer), indifferent (indifferent),<br />

KritikerInnen (critics) <strong>und</strong> GegnerInnen (opponents). Durch eine gezielte<br />

Informationsarbeit ist es möglich, zumindest die Zahl <strong>der</strong> SympathisantInnen zu<br />

erhöhen <strong>und</strong> dadurch mehr politisches Gewicht zu bekommen. Zu dieser<br />

Auffassung gelangen auch Mc Carthy <strong>und</strong> Zald (1977), die davon ausgehen,<br />

dass <strong>der</strong> Erfolg in <strong>der</strong> Mobilisierung durch Überzeugung liegt. Neue Themen, die<br />

viele Menschen betreffen, haben nach diesen Autoren das größte<br />

Mobilisierungspotential, somit das größte „Politpotential“. An dieser Stelle darf<br />

das Modell <strong>der</strong> Einstellungsän<strong>der</strong>ung von Fishbein <strong>und</strong> Ajzen (1974) nicht außer<br />

Acht gelassen werden, denn es gibt übersichtlich den möglichen Zugang von<br />

Endbericht Seite 15


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

sozialen Bewegungen zu diesen Gruppen von Personen an. Dieses Modell<br />

berücksichtigt sozialpsychologische Erkenntnisse <strong>und</strong> zeigt die direkten<br />

Beziehungen zwischen <strong>der</strong> Einstellung zum Verhalten, <strong>der</strong> subjektiven Norm <strong>der</strong><br />

sozialen Umgebung, <strong>der</strong> Verhaltenskontrolle zu Verhaltensintention <strong>und</strong><br />

tatsächlichem Verhalten auf. Im Falle <strong>der</strong> verhaltensintendierten Einflussnahme<br />

durch soziale <strong>Netzwerk</strong>bewegungen geht aus diesem Modell hervor, dass<br />

soziale Vergleichsprozesse mit dem direkten sozialen Umfeld <strong>und</strong> das<br />

Empfinden <strong>der</strong> Kontrolle über die Situation eine Gr<strong>und</strong>voraussetzung für<br />

erfolgreiche Einstellungsän<strong>der</strong>ung ist.<br />

Das politische Einflusspotential, das von sehr wesentlicher Bedeutung für den<br />

Prozess des öffentlichen Handelns ist, läßt sich mit Prittwitz (1994) in Droh,-<br />

Anreiz,- <strong>und</strong> Orientierungspotentiale unterscheiden. Diese Potentiale zu lenken<br />

<strong>und</strong> zu kontrollieren, ist ein äußerst relevanter Einflussfaktor <strong>im</strong> öffentlichen<br />

Handeln sein. Soziale <strong>Netzwerk</strong>bewegungen, die gerade am Anfang stehen,<br />

sind meist aufgr<strong>und</strong> ihrer Ressourcenknappheit in Bezug auf Information, Zeit,<br />

Geld <strong>und</strong> individuellen Akteuren zu schwach, politisch öffentliche<br />

Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Es gelingt kaum, positive Inhalte zu<br />

transportieren, vielmehr wird das Störpotential, durch das man sich öffentlich<br />

artikulieren kann, eingesetzt. Dadurch bildet sich sehr rasch ein öffentliches<br />

Drohpotential heraus. Schließlich sollte die soziale Bewegung, um ihr<br />

Fortbestehen zu sichern, Anreizpotentiale entwickeln, um einen politischen<br />

Austauschprozess anregen zu können (Tarrow, 1994). Durch das meist sehr<br />

hohe Maß an Betroffenen erreichen soziale Bewegungen sehr viel Wissen über<br />

soziale Probleme, das sie in einen Austauschprozess einbringen können.<br />

Gerade darin ist auch eine Notwendigkeit ihrer Existenz zu sehen.<br />

Soziale Bewegungen als <strong>Netzwerk</strong>e <strong>im</strong> policy cycle:<br />

Soziale Bewegungen bilden durch die Verbindung vieler kleiner sozialer<br />

Einheiten ein <strong>Netzwerk</strong>. Hinsichtlich <strong>der</strong> D<strong>im</strong>ension des politisch - institutionellen<br />

Systems lassen sich <strong>Netzwerk</strong>e als Typus einer Institution finden. Policy<br />

<strong>Netzwerk</strong>e sind nach Prittwitz (1994, S. 93) “... Beziehungsnetze politischer<br />

Akteure, die auf politische Willensbildungsprozesse in einem Problem- bzw.<br />

Politikfeld bezogen sind.“ Typisch an diesen <strong>Netzwerk</strong>en ist die hohe<br />

Kommunikationsdichte, die Souveränität <strong>der</strong> Beteiligten <strong>und</strong> <strong>der</strong> geringe<br />

Formalisierungsgrad.<br />

Diese <strong>Netzwerk</strong>e haben als soziale Bewegungen auch informelle<br />

Einflußmöglichkeiten (Mauss, 1975). Die formelle Beeinflussung von Institutionen<br />

<strong>im</strong> politischen Bereich dürfte als die schwierigste Form <strong>der</strong> Einflussnahme zu<br />

sehen sein, da ein sehr großes Machtpotential notwendig ist <strong>und</strong> meist<br />

gr<strong>und</strong>sätzliche Verän<strong>der</strong>ungen damit verb<strong>und</strong>en sind, die auf<br />

gesellschaftlichen Wi<strong>der</strong>stand stoßen.<br />

An<strong>der</strong>erseits hängt <strong>der</strong> politische Einfluss von sozialen Bewegungen <strong>im</strong><br />

institutionellen Bereich auch von gr<strong>und</strong>sätzlicher Gesetzgebung ab. So kann<br />

Endbericht Seite 16


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

bei <strong>der</strong> politischen Entscheidungsfindung von vornherein die Einflußnahme von<br />

BürgerInnenbeteiligungen berücksichtigt werden, <strong>und</strong> dadurch auf einer<br />

politisch institutionalisierten Ebene sozialen <strong>Netzwerk</strong>bewegungen mehr<br />

politisches Gewicht gegeben werden.<br />

Betrachten wir nun den Policy Zyklus, <strong>der</strong> aus Problemwahrnehmung <strong>und</strong><br />

Definition, aus <strong>der</strong> Thematisierung <strong>und</strong> Abschätzung von Handlungsprogrammen,<br />

<strong>der</strong> Entscheidung, <strong>der</strong> Umsetzung von Handlungsprogrammen, <strong>der</strong><br />

Evaluation <strong>und</strong> dem abschließenden politischen <strong>Lernen</strong> besteht, so stellt sich<br />

die Frage, wo soziale <strong>Netzwerk</strong>bewegungen ihren Platz darin finden können.<br />

Soziale <strong>Netzwerk</strong>bewegungen haben als Ziel auf soziale Problemlagen<br />

aufmerksam zu machen, dementsprechend sind sie sicherlich für die Art <strong>der</strong><br />

öffentlichen Wahrnehmung des Problems mitverantwortlich. Die öffentliche<br />

Problemwahrnehmung ist durch drei Ebenen best<strong>im</strong>mt: Massenmedien,<br />

ExpertInnenöffentlichkeit <strong>und</strong> Alltagskommunikation (Mauss, 1975; Prittwitz,<br />

1994; Tarrow, 1994). Gelingt es sozialen <strong>Netzwerk</strong>bewegungen auf all diesen<br />

Ebenen die Aufmerksamkeit auf das zu vermittelnde Problem zu lenken, so ist<br />

<strong>und</strong> war <strong>der</strong> politische Einfluss bereits sehr groß. Allerdings ist <strong>der</strong> Weg dahin oft<br />

sehr mühevoll, da in <strong>der</strong> politischen Arena Positionen abgesichert werden<br />

wollen, die oftmals vehement durch soziale <strong>Netzwerk</strong>bewegungen hinterfragt<br />

werden. In den meisten Fällen ist die Problemwahrnehmung <strong>und</strong> Themenstellung<br />

ein Prozess <strong>der</strong> Hierarchieausübung, <strong>der</strong> von oben nach unten<br />

gesteuert ist, wie Howlett <strong>und</strong> Ramesh (1995) berichten. Allerdings zeigen sie<br />

auch die Möglichkeiten des bottom up Prozesses auf, <strong>der</strong> gerade für soziale<br />

Problembewegungen von Bedeutung ist, wonach soziale Bewegungen<br />

ebenfalls regierungsrelevante Themen aufzeigen können.<br />

Hilgartner <strong>und</strong> Bosk (1988) zeigen, dass die Arenen des öffentlichen Diskurses, zu<br />

denen sie Medien, profit- <strong>und</strong> non profit- Organisationen, Regierung,<br />

PolitikerInnen, LobbyistInnen <strong>und</strong> die Öffentlichkeit <strong>im</strong> Sinne aller an<strong>der</strong>er<br />

zählen, über gewisse “carrying capacity“ verfügen, mit <strong>der</strong> sie Themen sozialer<br />

Bewegungen behandeln können. So richtet sich bei <strong>der</strong> Zeitung diese<br />

Kapazität nach den Spalten <strong>und</strong> <strong>im</strong> Parlament nach <strong>der</strong> zeitlichen<br />

Beschränkung <strong>der</strong> Sitzungen. Soziale Bewegungen müssen daher sehr gezielt<br />

intervenieren, um ein soziales Problem öffentlich zu machen. Um eine<br />

öffentliche Darstellung umsetzen zu können, sollten soziale Probleme zum einen<br />

einen hohen Neuigkeitswert haben <strong>und</strong> zum an<strong>der</strong>en für eine breite<br />

Öffentlichkeit von Bedeutung sein. Wesentlich für die Themensetzung sind<br />

einerseits die ursprüngliche Initiative <strong>der</strong> Debatte <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits die<br />

öffentliche Unterstützung. Bei sozialen Bewegungen als bottom up Prozeß<br />

handelt es sich um eine outside initiation Strategie, wenn großes öffentliches<br />

Interesses vorhanden ist, o<strong>der</strong> bei einer spezifischen Einflußnahme auf eine<br />

spezielle Gruppe ohne öffentliche Expansion um den Prozeß <strong>der</strong> inside initiation<br />

Strategie, wie Cobb, Ross <strong>und</strong> Ross (1976) diesbezüglich differenzieren. Diese<br />

Autoren entwickelten ein vierphasiges Modell, durch das öffentliche Themen<br />

(public agenda) zu formalen Themen (institutional agenda) verän<strong>der</strong>t werden.<br />

Endbericht Seite 17


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Zuerst werden die Themen ins Leben gerufen (Initiation), anschließend daran<br />

werden mögliche Lösungen ausgearbeitet (Specification). Schließlich wird<br />

Unterstützung für die Idee durch Mobilisierung (Mobilisation) gesucht, am Ende<br />

steht dann die Umwandlung in ein formales Thema (Entrance), dessen sich die<br />

Regierung, ExpertInnen <strong>und</strong> die Gesellschaft <strong>im</strong> Allgemeinen anzunehmen<br />

haben.<br />

Dieser Prozeß veranschaulicht sehr gut die Einflußnahme von sozialen<br />

Bewegungen in <strong>der</strong> Phase <strong>der</strong> Problemwahrnehmung, <strong>und</strong> je größer die<br />

Betroffenheit, die Einheitlichkeit <strong>und</strong> die vorhandenen Ressourcen, mit denen<br />

das Thema an die Öffentlichkeit getragen wird, desto schneller wird das Thema<br />

formalisiert werden. Interessanterweise findet sich auch hier wie<strong>der</strong> das<br />

Anbieten von Lösungen <strong>und</strong> Handlungsalternativen als Notwendigkeit <strong>der</strong><br />

Entscheidungsfindung.<br />

Durch das Anbieten von Handlungsoptionen gelangen soziale Bewegungen <strong>im</strong><br />

policy Zyklus einen Schritt näher zur Stufe <strong>der</strong> Entscheidung. Je besser <strong>und</strong><br />

klarer strukturiert sie Handlungsoptionen als Entscheidungsgr<strong>und</strong>lage anbieten<br />

können, desto eher werden sie ExpertInnenstatus zugesprochen bekommen,<br />

um schließlich bei <strong>der</strong> Entscheidung mitwirken zu können. Weiters ist noch zu<br />

berücksichtigen, dass bei Problemen, die eher technischer als sozialer Natur<br />

sind, meist einzelne Kreise von ExpertInnen zu Rate gezogen werden, während<br />

hingegen bei ethischen <strong>und</strong> sozialen Fragen die Meinungen vieler eingeholt<br />

werden, wodurch soziale Bewegungen mehr Einflussmöglichkeiten besitzen<br />

(Howlett <strong>und</strong> Ramesh, 1995; Cobb, Ross <strong>und</strong> Ross, 1976).<br />

1.4. Ausgewählte Aufgaben von sozialen <strong>Netzwerk</strong>bewegungen<br />

Soziale <strong>Netzwerk</strong>bewegungen erfüllen eine Vielzahl an Aufgaben sowohl für<br />

die Gesellschaft als auch für das Individuum. Es hängt von <strong>der</strong> Sichtweise ab,<br />

welche Aufgaben man <strong>im</strong> einzelnen sozialen Bewegungen zuschreibt. In<br />

diesem Kapitel sollen thesenhaft einige Aufgaben <strong>im</strong> Allgemeinen näher<br />

betrachtet werden. Kurz gefasst: Soziale Bewegungen sind ein politischer,<br />

vermitteln<strong>der</strong> Akteur, <strong>der</strong> “empowerment betreibt“, Attribution hinterfragt <strong>und</strong><br />

schließlich soziale Phantasien <strong>und</strong> soziale Erfindungen entwickelt.<br />

Politischer, vermitteln<strong>der</strong> Akteur:<br />

Soziale <strong>Netzwerk</strong>bewegungen stellen einen wichtigen politischen Akteur dar.<br />

Die politische Macht <strong>im</strong> Sinne <strong>der</strong> politischen Umsetzung <strong>der</strong> Idee ergibt sich<br />

auch aus <strong>der</strong> Mitte- <strong>und</strong> Vermittlerposition dieser Bewegungen. Zum einen<br />

bilden sie ein breites Spektrum an persönlichen Erfahrungen vieler Menschen,<br />

zum an<strong>der</strong>en sind sie ein Sprachrohr in <strong>der</strong> Öffentlichkeit. Rucht (1994, S.80)<br />

sieht soziale Bewegungen auf <strong>der</strong> Mesoebene angesiedelt. Er begründet dies<br />

durch die Notwendigkeit <strong>der</strong> Identifikation des Individuums in <strong>der</strong> Gruppe auf<br />

<strong>der</strong> Mikroebene <strong>und</strong> ebenso durch die Zieldefinition von sozialen Bewegungen<br />

auf <strong>der</strong> Makroebene, nämlich dem gesellschaftlichen Wandel:<br />

Endbericht Seite 18


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

“ Sie sind sowohl relativ authentische Verkörperungen <strong>der</strong> Motive <strong>und</strong><br />

Befindlichkeiten ihrer Anhänger als auch zumindest fallweise - strategisch<br />

operierende Handlungssysteme mit Interventionsabsichten auf <strong>der</strong><br />

Makroebene.“<br />

Diese Positionierung von sozialen Bewegungen finde ich <strong>der</strong> Realität<br />

entsprechend, <strong>und</strong> sie zeigt ein Charakteristikum von sozialen Bewegungen als<br />

<strong>Netzwerk</strong> auf. An<strong>der</strong>erseits birgt gerade die authentische Verkörperung <strong>der</strong><br />

Motive <strong>der</strong> AnhängerInnen sehr wohl auch Gefahren in sich.<br />

So kann eine Bewegung “zum Stillstand kommen“, wenn sich die Motivlagen<br />

<strong>der</strong> Personen auseinan<strong>der</strong>entwickeln. Cobb, Ross <strong>und</strong> Ross (1976, S. 131) sehen<br />

ganz klar eine große Gefahr in <strong>der</strong> Entflechtung <strong>der</strong> Bewegung durch zu<br />

schnelles Wachstum:<br />

“ One of the most weaknesses of organisations seeking to expand an<br />

issue is that their campaigns “convince the convinced“, rather than<br />

bringing new groups who have no opinion on the issue or who see no<br />

connection between the issue and their own concerns.“<br />

Eine weitere Aufgabe ist das Setzen von Themen <strong>und</strong> das Aufzeigen von<br />

Handlungsalternativen, wie in den vorherigen Kapiteln bereits sehr ausführlich<br />

beschrieben.<br />

Empowerment:<br />

Sozialen <strong>Netzwerk</strong>bewegungen kommt ein großer Pool an Erfahrungen, Wissen<br />

<strong>und</strong> an<strong>der</strong>en breit verteilten Ressourcen zu. In diesem Zusammenhang prägte<br />

Julian Rappaport (1981) den Begriff des “Empowerments“. Er geht davon aus,<br />

dass Menschen prinzipiell in <strong>der</strong> Lage sind, sich ihren Schwierigkeiten <strong>und</strong><br />

Problemen zu stellen, sofern gesellschaftspolitische Handlungsräume zur<br />

Verfügung stehen. Anstelle einer “StellvertreterInnenpolitik“ werden<br />

BürgerInnen ermutigt, ihre alternativen Ideen selbst umzusetzen. Der Begriff<br />

empowerment beinhaltet zwei gr<strong>und</strong>legende Charakteristika: Zum einen das<br />

subjektive Erleben von Einflussnahme <strong>und</strong> Kontrolle über das eigene Schicksal<br />

(psychological empowerment), zum an<strong>der</strong>en die reale Mitbest<strong>im</strong>mung in<br />

gesellschaftlichen Belangen (political empowerment). Durch die bewusste<br />

politische För<strong>der</strong>ung von Handlungsmöglichkeiten durch Selbstorganisation<br />

könnten einige soziale Probleme aufgefangen werden, allerdings müssten,<br />

meiner Meinung nach, auch ExpertInnen ihre Kompetenzen <strong>und</strong> Ressourcen<br />

weitergeben. Lobnig (1992, S. 283) beschreibt sehr klar den Konflikt, <strong>der</strong> bei <strong>der</strong><br />

Schaffung von Selbsthilfegruppen entsteht:<br />

“Vor allem die patriarchale Rolle von Professionellen als Wissende, als<br />

Experten des Problems konfligiert mit einer an Gleichberechtigung,<br />

Selbstreflexion <strong>und</strong> Kooperation orientierten Haltung.“<br />

Endbericht Seite 19


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Hinterfragen von Attribution:<br />

Nach wievor sind viele Menschen <strong>der</strong> Überzeugung, dass das Auftreten von<br />

Problemlagen größtenteils auf persönliches Fehlverhalten rückführbar sei. Die<br />

Verantwortung für das Herstellen <strong>und</strong> Behalten sozialer Lebensqualität wird<br />

individualisiert (Tajfel, 1978). Dadurch ergeben sich auch einige Gefahren, weil<br />

nicht berücksichtigt wird, dass sich persönliche Probleme auch auf<br />

gesellschaftliche Ursachen zurückführen lassen. Die von sozialen Problemlagen<br />

Betroffenen seien selbst für <strong>der</strong>en Schicksal verantwortlich; gleich ob es<br />

Obdachlosigkeit, Suchtverhalten o<strong>der</strong> Arbeitslosigkeit ist. Der Glaube an die<br />

eigene persönliche Fähigkeit, sozialökonomische Lebensbedingungen aktiv<br />

<strong>und</strong> kontrolliert beeinflussen zu können, wird so zu einer Mischung von<br />

Selbstüberschätzung <strong>und</strong> selbstgerechten Fatalismus (Nowak, 1988). Soziale<br />

Problemlagen werden dadurch nicht als soziales Phänomen, son<strong>der</strong>n als<br />

Ausdruck eines individuellen Fehlverhaltens gesehen. Umgekehrt wird nach <strong>der</strong><br />

Theorie <strong>der</strong> Attributionen erklärt, dass Betroffene dazu neigen, Probleme <strong>der</strong><br />

Gemeinschaft extern zu attribuieren, das heißt als fremdverschuldet<br />

betrachten <strong>und</strong> sie ihre Verantwortung bezüglich sozialer Probleme nicht<br />

wahrnehmen wollen (Tajfel, 1978). Durch die Darstellung von sozialen<br />

Problemen in <strong>der</strong> Öffentlichkeit entsteht daher vielfach <strong>der</strong> Effekt, dass<br />

Menschen ihre Attributionen gr<strong>und</strong>sätzlich hinterfragen o<strong>der</strong> sogar än<strong>der</strong>n.<br />

Anregung von sozialen Phantasien <strong>und</strong> sozialen Erfindungen:<br />

Jungk <strong>und</strong> Müllert (1981) schreiben über Zukunftswerkstätten: “Je<strong>der</strong> kann die<br />

Zukunft aktiv mitgestalten. Wer sich gegen Kernkraftwerke, Massensiedlungen,<br />

Fernstraßen, Flugplätze, Automatisierung, Einkaufszentren, Lebensmittelfabriken,<br />

Verdatung, Überwachung des Privatlebens <strong>und</strong> wachsende Rüstung<br />

zur Wehr setzt, wird als Nestbeschmutzer <strong>und</strong> Feind verketzert.<br />

Sein Wi<strong>der</strong>stand hat nur geringe Bremswirkung. Deshalb müssen sich alle, die<br />

mit dem, was die Mächtigen machen, nicht einverstanden sind, zu Bürgerinitiativen<br />

zusammenschließen.“ In diesem Plädoyer für den Mut zur<br />

Verän<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> den Glauben an die politische Mitbest<strong>im</strong>mung jedes<br />

einzelnen zeigen die Autoren sehr klar den Willen zur politischen<br />

Mitbest<strong>im</strong>mung auf.<br />

In <strong>der</strong> Anregung von sozialen Phantasien <strong>und</strong> dem dynamischen Prozess <strong>der</strong><br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung mit bestehenden Problemlagen durch Betroffene<br />

entstehen zukünftige Visionen, die durch eine BürgerInneninitiativbewegung<br />

getragen werden können. Soziale Bewegungen sollen nach Jungk <strong>und</strong> Müllert<br />

(1981) soziale Erfindungen nach außen tragen. Unter sozialen Erfindungen wird<br />

das innovative Ergebnis von Prozessen, die sich in kreativer Form mit<br />

gesellschaftlichen Problemen auseinan<strong>der</strong>setzen, verstanden. Gerade hier<br />

kann ein sehr großes Potential liegen, soziale Bewegungen zu för<strong>der</strong>n, um das<br />

Bild einer kreativen <strong>und</strong> mitbest<strong>im</strong>menden zivilen Gesellschaft zu sträken. Eine<br />

zivilgesellschaftliche Öffentlichkeit hat gr<strong>und</strong>sätzlich drei Aufgaben zu erfüllen<br />

(Walzer, 1995): Signalfunktion <strong>im</strong> Sinne <strong>der</strong> Wahrnehmung gesellschaftlicher<br />

Probleme, die Thematisierung dieser Probleme <strong>und</strong> die anschließende Kontrolle<br />

Endbericht Seite 20


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

<strong>der</strong> Behandlung dieser Probleme. Aus dieser Aufgabenzuteilung ist <strong>der</strong><br />

Nahebezug von sozialen Bewegungen zu einer BürgerInnengesellschaft klar<br />

ersichtlich. Michael Walzer (1995) prägte unter an<strong>der</strong>em den Begriff <strong>der</strong> civil<br />

society aus kommunitaristischer Sicht <strong>und</strong> kritisierte an den westlichen<br />

Demokratien die Vernachlässigung sozialer <strong>Netzwerk</strong>e, die doch gerade einen<br />

zivilen Umgang miteinan<strong>der</strong> hervorbringen können. Er betrachtet die<br />

BürgerInnengesellschaft als einen Handlungsraum von Handlungsräumen, <strong>der</strong><br />

durch Vernetzung charakterisiert ist. Menschen sollen <strong>im</strong> Rahmen einer<br />

pluralistischen Demokratie gemeinsam ihr Zusammenleben gestalten, <strong>und</strong><br />

schließlich for<strong>der</strong>t eine BürgerInnengesellschaft den Staat auf, Mitbest<strong>im</strong>mungsmöglichkeiten<br />

anzubieten <strong>und</strong> dadurch seine Macht aufzuteilen. In zivilen<br />

Gesellschaften werden neue Formen des staatlichen Handelns möglich <strong>und</strong><br />

die Gesellschaft kann als ein Projekt von Projekten gesehen werden. Als ein<br />

solches Projekt kann die Idee <strong>der</strong> Zukunftswerkstätten gesehen werden.<br />

2. Wissen <strong>und</strong> <strong>Wissensmanagement</strong><br />

2.1. Was ist Wissen?<br />

Wissen kann nach vielen Kategorisierungen definiert werden; man denke<br />

beispielsweise an die gängigen Unterscheidungen zwischen <strong>im</strong>pliziten –<br />

expliziten Wissen, prozeduralen – deklarativen, individuellen – kollektiven Wissen<br />

(vgl. Mandl, 1996; Nonaka <strong>und</strong> Takeuchi, 1997, North, 2002).<br />

Ad <strong>im</strong>plizites – explizites Wissen: Für Michael Polanyi (1967) ist Wissen ein Begriff<br />

des Verstehens. Er meint mit Wissen den Prozess des Erkennens. Implizites Wissen<br />

wird als eine spezifische Art des Denkens, des Bewusstseins verstanden. Er<br />

verwendet dafür den Begriff des `tacit knowledge´; sozusagen als ein<br />

unbewußtes Wissen. Explizites Wissen ist sprachlich artikulierbar <strong>und</strong> kann durch<br />

Weitergabe auch vom pr<strong>im</strong>ären Wissensträger entkoppelt werden (vgl.<br />

Reinmann-Rothmeier et. al. 2001). Implizites <strong>und</strong> explizites Wissen sind<br />

untrennbar miteinan<strong>der</strong> verknüpft <strong>und</strong> bedingen sich wechselseitig. Nonaka<br />

<strong>und</strong> Takeuchi (1997) gehen ebenfalls von <strong>der</strong> Annahme aus, dass Wissen<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>im</strong>plizit ist. Das heißt Wissen ist pr<strong>im</strong>är personengeb<strong>und</strong>en,<br />

kontextspezifisch <strong>und</strong> kann gegebenenfalls formalisiert <strong>und</strong> mitgeteilt werden<br />

kann. Wird Wissen entäußert, so wird es durch den Akt <strong>der</strong> Explikation zu<br />

expliziten Wissen.<br />

Ad prozedurales – deklaratives Wissen: Das prozedurale Wissen enthält<br />

`Produktionsregeln´ (vgl. An<strong>der</strong>son, 1985), die Aussagen über wenn-dann-<br />

Beziehungen treffen. Der wenn-Aspekt enthält Ziele <strong>und</strong> notwendige<br />

Bedingungen, damit die dann-Komponenten angewandt werden können. Als<br />

deklaratives Wissen werden die Beschreibungen von Begriffen, Objekten,<br />

Fakten o<strong>der</strong> Situationen verstanden.<br />

Endbericht Seite 21


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Ad individuelles – kollektives Wissen: Individuelles Wissen ist das Wissen eines<br />

einzelnen. Kollektives Wissen als die Wissensbasis einer Unternehmung setzt sich<br />

etwa in Regeln o<strong>der</strong> Technologien fest.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzliche Aufgabe von <strong>Wissensmanagement</strong> ist es, Rahmenbedingungen<br />

herzustellen für den Transfer von individuellen Wissen <strong>und</strong><br />

kollektiven Wissen, <strong>und</strong> von <strong>im</strong>pliziten <strong>und</strong> expliziten Wissen (vgl. Nonaka <strong>und</strong><br />

Takeuchi, 1997).<br />

Wissen kann entwe<strong>der</strong> als Objekt o<strong>der</strong> als Prozess verstanden werden. North<br />

(2002, 46) gibt dafür als Beispiel an, dass wenn, ein Verkaufsmitarbeiter bloß die<br />

Quantität <strong>der</strong> K<strong>und</strong>en des Unternehmens wissen will, dieses benötigte Wissen<br />

eher als Objekt zu bezeichnen ist, wenn jedoch vorhandenes Wissen besser<br />

verfügbar gemacht werden soll, dann entspricht dieses Wissen eher einem<br />

Prozess. Diese Konzeptionen von Wissen können situativ angepasst werden. So<br />

stellen auch von Krogh <strong>und</strong> Roos (1996) verschiedene epistemologische<br />

Ansätze dem <strong>Wissensmanagement</strong> in Organisationen gegenüber. Dabei wird<br />

für die Gestaltung eines wissensorientierten Unternehmens die Prozesshaftigkeit<br />

von Wissen hervorgehoben. Eine dementsprechende selbstbezogene<br />

Epistemologie, wie sie sich aus konstruktivistischen Positionen ableiten lässt,<br />

hebt hervor, dass Wissen ein individueller, lebensgeschichtlich abhängiger<br />

Prozess ist. Das Wissen <strong>der</strong> einen Person ist <strong>im</strong> Gr<strong>und</strong>e für die an<strong>der</strong>e Person<br />

bloß „Zeichen <strong>und</strong> Daten“. Erst durch das Klären <strong>und</strong> Akzeptieren<br />

gemeinsamer Erfahrungs-hintergründe wird individuelles Wissen auf eine<br />

gemeinsame Wissensbasis gestellt. Dementsprechend ist es die Aufgabe von<br />

Maßnahmen des operativen <strong>Wissensmanagement</strong>s adäquate Rahmenbedingungen<br />

für Kommunikation zu schaffen.<br />

Der in dieser Arbeit zugr<strong>und</strong>egelegte Definitionsansatz von Wissen betrachtet<br />

Wissen als Prozess, <strong>der</strong> Erklärungen enthält.<br />

Demnach stellt Wissen Erklärungen dar, die Fragen nach den Ursachen für<br />

Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> beobachteten Welt beantworten. „Wissen zu<br />

konstruieren“, heißt, Ursache-Wirkungszusammenhänge – als Erklärungen über<br />

die Umwelt – zu erzeugen <strong>und</strong> diese als solche zu akzeptieren. Maturana (1996,<br />

24) meint in diesem Zusammenhang: „Erklärungen treffen Aussagen über<br />

Vorgänge o<strong>der</strong> Mechanismen, aus denen die zu erklärenden Erfahrungen<br />

resultieren können. Demnach bedeutet Erklären, fragen nach dem `Warum?´<br />

mit Prozessen o<strong>der</strong> Abläufen zu beantworten, die am Werk sein müßten, um die<br />

betreffende Erfahrung zu machen.“ Erklärungen bedingen Konstruktionsprozesse<br />

des Wahrnehmens, Erinnerns, Erwartens, Vergleichens <strong>und</strong> Handelns.<br />

Wissen baut auf Information, wie Heinz von Foerster (1999; 1972, 32) meinte:<br />

“Information is, of course, the process by which knowledge is acquired, and<br />

knowledge is the processes that integrate past and present experiences to<br />

form new activities, either as nervous activity internally perceived as thought<br />

and will, or externally perceivable as speech and movement.” Aus<br />

konstruktivistischer Perspektive ist Information keine Substanz, die getauscht<br />

Endbericht Seite 22


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

wird. Information ist ein Prozess eines Informationserarbeitenden Lebewesens,<br />

durch den einem Umweltausschnitt Bedeutung zugewiesen wird. Als<br />

Umweltausschnitte können dabei die soziale Interaktion außerhalb des<br />

Beobachters o<strong>der</strong> ebenso seine eigenen kognitiven Modelle dieser Interaktion<br />

fungieren. Einem Wahrnehmungsausschnitt eine Bedeutung zuzuschreiben,<br />

bedeutet, ihm einen Platz vor einem bestehenden Hintergr<strong>und</strong> zuzuweisen. Das<br />

heißt, Information entwickelt sich aus bestehenden Bedeutungsstrukturen. Was<br />

neu <strong>und</strong> interessant ist, gilt pr<strong>im</strong>är für uns <strong>und</strong> in Relation zu unserem<br />

bestehendem Wissen (Siebert, 1999). Die beobachtete Welt besteht aus<br />

Zeichen als `Ausgangsmaterial für Information´, von denen man quasi als<br />

`neutrale Elemente´ umgeben ist. Information ist ein individueller ordnen<strong>der</strong><br />

Prozess, <strong>der</strong> subjektiv aufgebaut wird <strong>und</strong> diese Zeichen <strong>und</strong> Daten `in-Form<br />

bringt´. Information ist <strong>im</strong>mer ein aktiver Prozess <strong>der</strong> Bedeutungszuschreibung,<br />

etwa in dem Daten in einen Zusammenhang mit bestehenden Informations<strong>und</strong><br />

Wissensbeständen gebracht sowie zusammengefasst <strong>und</strong> kategorisiert<br />

werden.<br />

In weiterer Folge kann Wissen als „<strong>der</strong> Prozess <strong>der</strong> zweckdienlichen Vernetzung<br />

von Information“ verstanden werden (North, 2002, 38). So entsteht Wissen als<br />

das Ergebnis <strong>der</strong> weiteren Verarbeitung von Informationen durch einen<br />

Beobachter.<br />

Beobachter <strong>und</strong> Beobachtetes sind in einer konstruktivistischen Betrachtungsweise<br />

untrennbar miteinan<strong>der</strong> verwoben. Zu beobachten heißt, zu unterscheiden<br />

<strong>und</strong> eine Seite davon zu benennen (Luhmann, 1990).<br />

Eine zentrale Ableitung aus diesen Zugänge zur Definition von Wissen als Prozess<br />

ist, dass Information <strong>und</strong> Wissen nicht einfach so weitergereicht werden<br />

können. Weitergegeben wird <strong>der</strong> Träger von Daten (z.B. Tonschwingungen,<br />

Zeitungen, Lichtfrequenzen, ...), <strong>der</strong> substantielle Formen annehmen kann.<br />

Demnach ist Information nicht das Signal, das übertragen wird, son<strong>der</strong>n die<br />

Bedeutung, die ein Empfänger diesem Signal zuschreibt. Ein <strong>und</strong> dasselbe<br />

Zeichen kann ganz unterschiedliche Bedeutungen haben. Ebenso umgekehrt<br />

kann dieselbe Bedeutung durch verschiedene Zeichen repräsentiert werden.<br />

Die Bedeutung eines Signals hängt nicht von <strong>der</strong> Beschaffenheit des Signals<br />

ab, son<strong>der</strong>n von den Bedingungen, unter denen das Signal be<strong>im</strong> Empfänger<br />

aufgenommen wird. So etwa kann eine mathematische Formel überhaupt<br />

keine Bedeutung bis sehr viel Bedeutung erhalten, je nachdem welche<br />

Bedeutung man ihr individuell zuschreibt. Der Informationsgehalt einer<br />

Nachricht best<strong>im</strong>mt sich nicht durch die Auftrittswahrscheinlichkeit eines Signals<br />

wie es ursprünglich in <strong>der</strong> Informationstheorie von Shannon hieß, son<strong>der</strong>n durch<br />

das Vorwissen, das mit diesem wahrgenommenen Signal in Verbindung<br />

gebracht wird (Roth 1996, 107).<br />

Zwei gr<strong>und</strong>legende Prinzipien sind <strong>im</strong> Zusammenhang mit `Informations-erarbeitung´<br />

bei kognitiven Prozessen zu erwähnen (Foerster, 1993, 311). Das<br />

Selektionsprinzip beschreibt, dass <strong>der</strong> Mensch Bedeutungszuschreibungen für<br />

Endbericht Seite 23


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

ein wahrgenommenes Signal sucht. Er wählt dabei jene Merkmale aus <strong>der</strong> Fülle<br />

<strong>der</strong> wahrgenommenen Signale, aus denen er am besten schlussfolgern kann.<br />

Mit einfachen Worten: Das was sich bewährt hat, danach wird auch weiterhin<br />

gesucht. Das Prinzip <strong>der</strong> Priorität <strong>der</strong> Selbstreferenz besagt, dass <strong>der</strong> Mensch<br />

die aufgebauten Informationen in Bezug auf <strong>der</strong>en bestmöglichen Gebrauch<br />

für seine eigenen Zwecke bewertet nach seinem eigenen Wissen. Alles was<br />

wahrgenommen wird, wird entsprechend dem eigenen Zustand wahrgenommen.<br />

Dabei hat er sein Vorwissen <strong>und</strong> die daraus gewonnen<br />

Präferenzregeln zur Verfügung. Die dabei stattfindenden Konstruktionsprozesse<br />

laufen durch eine operative Geschlossenheit des lebenden Systems<br />

selbstreferentiell ab (vgl. Maturana, 1996; Varela, 1996). Das heißt, das System<br />

operiert mit seinen eigenen Zuständen <strong>und</strong> Operationslogiken bzw. Schemata.<br />

Zusammengefasst ist Information jener Prozess <strong>der</strong> Bedeutungszuschreibung,<br />

<strong>der</strong> durch eine Wechselwirkung zwischen einem wahrnehmenden System <strong>und</strong><br />

wahrgenommenen Objekten entsteht. In Folge entwickelt sich Wissen aus <strong>der</strong><br />

Bedeutungszuschreibung von Bedeutungszuschreibungen, als Information von<br />

Informationen. Nach Davenport <strong>und</strong> Prusak (1998) basiert Wissen auf<br />

Informationen, die durch verschiedene Prozesse umgewandelt werden. Durch<br />

den Vergleich von Informationen, durch die Einschätzung <strong>der</strong> Auswirkungen,<br />

durch das in Bezug setzen zu an<strong>der</strong>en bestehenden Wissenselementen <strong>und</strong> zur<br />

sozialen Umgebung entsteht Wissen.<br />

Das Erfassen <strong>der</strong> Welt ist demnach kein einfaches Abbilden, son<strong>der</strong>n ist ein<br />

zirkulärer Steuerungsakt eines wahrnehmenden Systems, <strong>der</strong> auf vergangenen<br />

Verhaltensakten (phylogenetisch <strong>und</strong> ontogenetisch entwickelt) <strong>und</strong><br />

Erklärungen beruht.<br />

2.2. Was ist <strong>Wissensmanagement</strong>?<br />

Im Allgemeinen zielen <strong>Wissensmanagement</strong>-Aktivitäten auf die Verän<strong>der</strong>ung<br />

von Wissensprozessen in Organisationen <strong>und</strong> <strong>Netzwerk</strong>en ab (vgl. Bukowitz <strong>und</strong><br />

Williams, 1999; Davenport & Prusak, 1998).<br />

<strong>Wissensmanagement</strong> ist ein Methodenrepertoire, um die bestehende<br />

Wissensbasis einer Organisation o<strong>der</strong> einer Unternehmung zu festigen <strong>und</strong><br />

ebenso zu entwickeln. Dadurch sollen Anfor<strong>der</strong>ungen, den Zielen <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Wissensbasis entsprechend, bewältigt werden können. Aber die<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen sollen nicht nur bewältigt werden, es soll ebenso ein Zuwachs<br />

an Wissen entstehen <strong>und</strong> dementsprechend gelernt werden. Reinmann-<br />

Rothmeier et. al. (2001, 18) beschreiben in diesem Zusammenhang<br />

<strong>Wissensmanagement</strong> als ein Bündel an Strategien <strong>und</strong> Methoden zur<br />

Schaffung einer „intelligenten“, das heißt lernenden Organisation. Dabei setzt<br />

sich die organisationale Wissensbasis aus den individuellen <strong>und</strong> kollektiven<br />

Wissensbeständen <strong>und</strong> aus den Datenbeständen, auf die zurückgegriffen<br />

Endbericht Seite 24


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

werden kann, zusammen (Probst, Raub & Romhardt, 1999, 46).<br />

Dementsprechend können sich wissensorientierte Interventionsstrategien auf<br />

die einzelnen Personen, die Unternehmung, die Interaktionsformen <strong>und</strong> die<br />

informationstechnischen Systeme beziehen. Die kleinste lebende Einheit eines<br />

<strong>Wissensmanagement</strong>prozesses ist das Individuum. <strong>Wissensmanagement</strong> kann<br />

in drei Handlungsfel<strong>der</strong> unterteilt werden (North, 2002, 41): Strategisches<br />

<strong>Wissensmanagement</strong> bezieht sich auf die Frage, welche Kompetenzen <strong>und</strong><br />

welches Wissen wird gebraucht, um ein Ziel zu erreichen. Dementsprechend ist<br />

es auch in zivilgesellschaftlichen Empowermentprozessen notwendig, die<br />

gemeinsamen Interessen <strong>und</strong> konkrete Ziele zu definieren. Das Besprechen <strong>der</strong><br />

verschiedenen Interessenslagen, das Erkennen <strong>und</strong> Verbildlichen von<br />

gemeinsamen Zielen, das Festlegen von Erfolgsindikatoren <strong>und</strong> schließlich die<br />

Veröffentlichung <strong>der</strong> Gruppenziele sind erste Schritte, um Ziele zu definieren.<br />

Zweitens bedarf es <strong>der</strong> Erkenntnis, welches Wissen <strong>und</strong> welche Kompetenzen<br />

benötigt werden, um dieses Ziel zu erreichen.<br />

Drittens widmet sich das operative <strong>Wissensmanagement</strong> <strong>der</strong> Vernetzung von<br />

Informationen, Wissen <strong>und</strong> Kompetenzen. Operatives <strong>Wissensmanagement</strong> hat<br />

die Aufgabe, Rahmen-bedingungen zu schaffen, die wie<strong>der</strong>um Anreize für das<br />

Generieren, Entwickeln, Bewahren <strong>und</strong> (Ver-)teilen von Wissen darstellen.<br />

Hier gilt es <strong>im</strong> Beson<strong>der</strong>en auf die Explikation von Wissen <strong>und</strong> den Wissenstransfer<br />

von kollektivem zu individuellem Wissen zu achten. Dabei kann <strong>im</strong><br />

Allgemeinen <strong>der</strong> Wissenstransfer innerhalb einer Gruppe <strong>und</strong> <strong>der</strong> Wissenstransfer<br />

mit relevanten Umwelten differenziert werden. Bei beiden bedarf es vor<br />

allem wirksamer Anreize für den gemeinsamen Austausch. Innerhalb <strong>der</strong><br />

Sozialen <strong>Netzwerk</strong>bewegungen können positive Anreizeffekte vor allem durch<br />

das Klären <strong>der</strong> Frage, was jedes Gruppenmitglied für den Gruppenprozess<br />

beitragen kann, entstehen. Unterschiede in <strong>der</strong> Gruppe können reflektiert<br />

werden, auch mithilfe von externen Coaches; die Gruppenarbeit kann<br />

verbildlicht werden, <strong>und</strong> durch das Ausprobieren neuer sozialer Rollen kann ein<br />

weiterer Anreiz für die Arbeit in <strong>der</strong> Gruppen entstehen. Vor allem die<br />

Erkenntnis, dass das eigene Wissen wertgeschätzt wird, ist oft sehr för<strong>der</strong>lich für<br />

den freiwilligen Zusammenschluss mit an<strong>der</strong>en. Für den Austausch mit<br />

relevanten Umwelten – gerade auch in zivilgesellschaftlichen Empowermentprozess<br />

– ist vor allem das Entwickeln <strong>und</strong> Verteilen von eigenen Medien<br />

am `Marktplatz <strong>der</strong> Aufmerksamkeiten´ relevant. Dadurch können die eigenen<br />

Anliegen <strong>und</strong> Selbstdarstellungen entsprechend transportiert werden.<br />

Als Gr<strong>und</strong>lage von allen <strong>Wissensmanagement</strong>aktivitäten wird das Informations<strong>und</strong><br />

Datenmanagement betrachtet. Durch das Bewahren <strong>und</strong> Repräsentieren<br />

bisheriger Wissenszusammenhänge wird <strong>Wissensmanagement</strong> ermöglicht.<br />

Wobei <strong>der</strong> Zugriff auf die jeweiligen Datensammlungen stark motivations- <strong>und</strong><br />

erwartungsabhängig ist. Gerade in sozialen <strong>Netzwerk</strong>bewegungen, die pr<strong>im</strong>är<br />

soziale Verän<strong>der</strong>ungen erreichen wollen, ist die Wissensbewahrung eine<br />

notwendige Gr<strong>und</strong>lage für das Erkennen von sozialen Entwicklungen.<br />

Endbericht Seite 25


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Auch das Wahrnehmen von Verän<strong>der</strong>ungen in die gewünschte Richtung hat<br />

einen stark motivationsför<strong>der</strong>nden Charakter. Dazu ist es beispielsweise sinnvoll,<br />

laufend Aufzeichnungen über die Entwicklung <strong>der</strong> Situation, über Gespräche<br />

mit MultiplikatorInnen zu machen o<strong>der</strong> etwa Gruppentreffen zu protokollieren.<br />

Auch das Anlegen eines Dokumentenarchives, in dem relevante Bücher,<br />

Zeitungen, Expertise <strong>und</strong> ähnliches gesammelt werden, hat sich als sehr<br />

hilfreiches Instrument des Datenmanagements erwiesen.<br />

Nach North (2002, 54) ist die allgemeine Aufgabe von <strong>Wissensmanagement</strong>,<br />

wissensför<strong>der</strong>nde Rahmenbedingungen zu gestalten, die sowohl individuelle<br />

<strong>und</strong> organisationale Lernprozesse anreizen als auch die Verfügbarkeit von<br />

Wissen garantieren. Dabei wird die Verfügbarkeit von Wissen durch die Art des<br />

zu transferierenden Wissens, durch den Wissensanbieter, durch den Wissensnachfrager<br />

<strong>und</strong> durch den Kontext, in dem <strong>der</strong> Transfer passiert, best<strong>im</strong>mt.<br />

Nonaka <strong>und</strong> Takeuchi (1997) beschreiben, wie bei diesen Transferprozessen<br />

<strong>im</strong>plizites zu explizitem Wissen gewandelt wird <strong>und</strong> umgekehrt. Sie benennen<br />

vier Umwandlungsmöglichkeiten:<br />

- Sozialisation (von <strong>im</strong>plizitem zu <strong>im</strong>plizitem Wissen): Dabei eignet sich ein<br />

Individuum <strong>im</strong>plizites Wissen an. Sozialisation ist jener Erfahrungsaustausch,<br />

<strong>der</strong> durch Beobachtung, Nachahmung <strong>und</strong> Praxis entsteht. Sprache spielt<br />

dabei eine untergeordnete Rolle.<br />

- Externalisation (von <strong>im</strong>plizitem zu explizitem Wissen): Persönliches Wissen wird<br />

in kommunizierbares Wissen transferiert. Über den Einsatz von Sprache,<br />

Metaphorik <strong>und</strong> Modellen wird Wissen präsentiert.<br />

- Kombination (von explizitem zu explizitem Wissen): Expliziertes Wissen wird<br />

von an<strong>der</strong>en typologisiert.<br />

- Internalisation (von explizitem zu <strong>im</strong>plizitem Wissen): Durch die Anwendung<br />

<strong>und</strong> Verinnerlichung von expliziten Wissen entwickelt sich persönliche<br />

Erfahrung als <strong>im</strong>plizites Wissen.<br />

Diese vier gr<strong>und</strong>legenden Phasenbeschreibungen in <strong>Wissensmanagement</strong>prozessen<br />

sind mittlerweile ein sehr verbreitetes Modell, das <strong>im</strong> Allgemeinen als<br />

Wissensspirale dargestellt wird. Ein sehr gängiges <strong>Wissensmanagement</strong>-Modell<br />

für Organisationen <strong>im</strong> deutschsprachigen Raum, wie das von Probst, Raub <strong>und</strong><br />

Romhardt (1999, 53) beschriebene Modell <strong>der</strong> Bausteine des <strong>Wissensmanagement</strong>s,<br />

stellt <strong>Wissensmanagement</strong> als jenen Managementprozess dar,<br />

durch den Wissen in Organisationen in Bewegung gebracht wird. Als die<br />

Kernprozesse des <strong>Wissensmanagement</strong>s werden vorgestellt: Wissensidentifikation,<br />

Wissenserwerb, Wissensentwicklung, Wissens(ver)teilung, Wissensnutzung<br />

<strong>und</strong> Wissensbewahrung. Indem Wissensziele best<strong>im</strong>mt werden <strong>und</strong> eine<br />

Wissensbewertung durchgeführt wird, schließt sich <strong>der</strong> Managementkreislauf.<br />

Ein üblicher Prozess des <strong>Wissensmanagement</strong>s in Organisationen startet mit <strong>der</strong><br />

Definition von Wissenszielen. Durch Wissensziele wird festgelegt, auf welcher<br />

Ebene, welche Kompetenzen benötigt werden. Normative Wissensziele (knowwhy)<br />

beziehen sich auf die Schaffung einer wissensbewussten Unternehmenskultur,<br />

strategische Wissensziele (know-what) beziehen sich auf den zukünftigen<br />

Endbericht Seite 26


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Kompetenzbedarf eines Unternehmens. Operative Wissensziele (know-how)<br />

umschreiben den organisatorischen Zugang zur Realisierung des <strong>Wissensmanagement</strong>s<br />

(North, 2002, 187). Der nächste Schritt ist die Identifikation von<br />

Wissen, in dem organisationsinterne <strong>und</strong> -externe Wissensquellen lokalisiert <strong>und</strong><br />

hinsichtlich ihrer Relevanz für die Bearbeitung <strong>der</strong> gestellten Aufgaben<br />

bewertet werden. Das identifizierte Wissen wird in kommunizierbare Formen<br />

gebracht. Im nächsten Schritt <strong>der</strong> Wissens(ver)teilung werden Wissensbedürfnisse<br />

innerhalb <strong>und</strong> außerhalb <strong>der</strong> Organisation definiert <strong>und</strong> mit den<br />

Wissensquellen verknüpft.<br />

Durch Austausch von Wissen wird Wissensbewahrung möglich, die<br />

gewährleistet dass als relevant eingestuftes Wissen <strong>und</strong> Erfahrungen aus <strong>der</strong><br />

Anwendung für spätere Situationsbewältigungen zur Verfügung stehen. Die<br />

Wissensanwendung setzt Wissen in Organisationsprozessen zur Lösung <strong>und</strong><br />

Bearbeitung von Aufgaben ein.<br />

Durch die Wissensbewertung werden normative, strategische <strong>und</strong> operative<br />

Wissensziele <strong>und</strong> bewertete Ergebnisse <strong>der</strong> Organisationsaktivitäten regelmäßig<br />

verglichen. Probst, Raub <strong>und</strong> Romhardt (1999, 59) heben in ihrem Modell<br />

Wissensprozesse als ausschließlich integrierendes Glie<strong>der</strong>ungsprinzip hervor. Die<br />

weite Verbreitung dieses Bausteinmodells mag dreifach begründet sein.<br />

Managementprozesse können mittels des Bausteinmodells einfach strukturiert<br />

werden <strong>und</strong> bieten Ansätze für Interventionen. Darüber hinaus liefert das<br />

Bausteinmodell einen erprobten Raster für die Ursachensuche bei Wissensproblemen.<br />

Für die Konzeption einer Wissensorientierten Führung in <strong>der</strong> Zivilgesellschaft, die<br />

weniger auf einzelnen Bausteinen des <strong>Wissensmanagement</strong>s begründet ist,<br />

son<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> Gesamtkonzeption eine neue Sicht auf ein Projekt hervorhebt, ist<br />

das Wissensmarktmodell von North (2002) zu erwähnen. Ebenso wie bei<br />

Davenport <strong>und</strong> Prusak (1998) wird ein marktorientierter Ansatz hervorgehoben.<br />

Der Wissensmarkt entsteht durch das Zusammenwirken <strong>und</strong> den Austausch von<br />

Wissensanbietern <strong>und</strong> Wissensnachfragern. Dabei braucht eine adäquate<br />

Wissensgenerierung <strong>und</strong> Wissensnutzung drei Bedingungen <strong>im</strong> Unternehmen.<br />

Erstens gilt es, bei den Rahmenbedingungen Werte <strong>und</strong> Bedeutung des<br />

Wissens <strong>im</strong> Leitbild zu verankern, erwünschtes Führungskräfteverhalten zu<br />

beschreiben <strong>und</strong> das Ist-Verhalten daran zu messen, die Rollen <strong>und</strong><br />

Kompetenzen <strong>der</strong> Mitarbeiter zu beschreiben <strong>und</strong> zu entwickeln, <strong>im</strong><br />

Beurteilungs- <strong>und</strong> Vergütungssystem Kooperation <strong>und</strong> Gesamterfolg des<br />

Projektes zu honorieren. Zweitens sind für den Wissensmarkt Austauschregeln<br />

festzulegen, in dem anspruchsvolle, kooperationsför<strong>der</strong>nde Ziele gesetzt<br />

werden <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Erfüllung gemessen wird; in dem Akteure des Wissensmarktes<br />

definiert <strong>und</strong> etabliert werden; in dem Spielregeln erklärt <strong>und</strong> wirksam<br />

werden. Die dritte Bedingungskategorie für das <strong>Wissensmanagement</strong> bezieht<br />

sich auf Instrumente <strong>und</strong> Prozesse des Integrierens von <strong>Wissensmanagement</strong> in<br />

die alltäglichen Arbeitsabläufe, das Implementieren von Medien <strong>und</strong> Organisationsstrukturen<br />

<strong>und</strong> den Aufbau von Informationstechnischer Infrastruktur.<br />

Endbericht Seite 27


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Im Unterschied zu den vorgestellten Bausteinmodellen von Probst, Raub <strong>und</strong><br />

Romhardt (1999) <strong>und</strong> dem Wissensmarkt Konzept von North (2002) zeichnet<br />

sich das von Reinmann-Rothmeier <strong>und</strong> Mandl (2000) entwickelte Münchner<br />

Modell des <strong>Wissensmanagement</strong>s durch einen stark pädagogisch-psychologischen<br />

Zugang aus.<br />

Dabei soll vor allem <strong>der</strong> Prozesshaftigkeit von Wissen verstärkt Rechnung<br />

getragen werden. Demnach wird Wissen als eine ständige Fließbewegung<br />

zwischen `gefrorenem´ Informationswissen, das meist gut strukturiert, explizit<br />

<strong>und</strong> gespeichert ist, <strong>und</strong> `gasförmigen´ <strong>im</strong>pliziten Handlungswissen differenziert.<br />

Das Münchner Modell hebt vier Wissensprozesse <strong>im</strong> beson<strong>der</strong>en hervor:<br />

Generierung, Repräsentation, Kommunikation <strong>und</strong> Nutzung von Wissen. Die<br />

Generierung von Wissen bezieht sich auf das Erhalten <strong>der</strong> Wissensquelle, in<br />

dem quasi <strong>der</strong> Rohstoff Information zu Wissen verarbeitet wird. Im Unterschied<br />

dazu beschreibt die Repräsentation von Wissen die Konservierung, quasi das<br />

Einfrieren von Wissen, um gegebenenfalls `aufgetaut´ zu werden. Prozesse <strong>der</strong><br />

Kommunikation teilen <strong>und</strong> halten Wissen in Bewegung. Schließlich bezieht sich<br />

die Nutzung von Wissen auf das Aufsteigen <strong>und</strong> weitere Kondensieren von<br />

Wissen. Erwähnenswert be<strong>im</strong> Münchner Modell ist vor allem die konstruktivistische<br />

Konzeption des Steuerns, die in <strong>der</strong> Organisationsentwicklung zu einer<br />

lernenden Organisation (Senge, 1999) führt. Vor allem die individuelle <strong>und</strong><br />

auch die organisationale Lernbereitschaft <strong>und</strong> Lernfähigkeit wird dabei stark<br />

hervorgehoben. Im Idealfall greifen diese beiden Lernzyklen ineinan<strong>der</strong>, <strong>und</strong><br />

die Wissensbasis aller Beteiligten verbreitert sich. Diese idealtypisch skizzierten<br />

<strong>Wissensmanagement</strong>prozesse in Organisationen finden in den unterschiedlichsten<br />

Applikationen Anwendung. Meines Erachtens berücksichtigen die<br />

vorgestellten <strong>Wissensmanagement</strong>modelle die operative Geschlossenheit von<br />

Wissensprozessen zu wenig. Zwar werden die einzelnen Wissensprozesse sehr<br />

ausführlich beschrieben <strong>und</strong> das Methodenrepertoire ist mittlerweile breit<br />

gefächert, aber die zirkulären Wechselwirkungen zwischen den einzelnen<br />

Wissensprozessen werden zu wenig hervorgehoben.<br />

Dies wird bei den drei vorgestellten <strong>Wissensmanagement</strong> Modellen vor allem<br />

durch den psychologisch – konstruktivistischen Ansatz von Reinmann-Rothmeier<br />

<strong>und</strong> Mandl (2000) unterstrichen.<br />

Die Kybernetik von Wissen besteht darin, dass Wissensprozesse in sich<br />

geschlossene Kreisläufe sind, die untrennbar miteinan<strong>der</strong> in Verbindung stehen.<br />

Eine kognitionswissenschaftlich orientierte Betrachtungsweise von <strong>Wissensmanagement</strong><br />

hebt die Vorstellung <strong>der</strong> Zirkularität <strong>und</strong> <strong>der</strong> operativen<br />

Geschlossenheit von Wissensprozessen hervor.<br />

Das zweifach geschlossene <strong>Wissensmanagement</strong>-Modell<br />

Heinz von Foerster gilt als ein Mitbegrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kybernetik <strong>und</strong> des<br />

Konstruktivismus. Seine Erkenntnisse über Kognition <strong>und</strong> die Entstehung von<br />

Wissen können für die Konzeption eines kognitionsorientierten <strong>Wissensmanagement</strong>-Modells<br />

nutzbringend sein, das als Weiterentwicklung <strong>der</strong> oben<br />

beschriebenen Modelle zu verstehen ist.<br />

Endbericht Seite 28


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Eine Hauptintention in <strong>der</strong> Arbeit von Heinz von Foerster war es, rekursive<br />

Prozesse zu studieren <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Auswirkungen auf Kognition sowie<br />

epistemologische Ableitungen zu entdecken. Eine wesentliche Erkenntnis war,<br />

dass Kognition aus rückbezüglichen Prozessen entsteht. Auf diese Art kann<br />

durch die stetig fortsetzende Integration von sensorischen Eindrücken mit<br />

Verhalten eine stabile Vorstellung von Welt entwickelt werden.<br />

Für die Verbildlichung dieser kognitiven, operativ geschlossenen Abläufe<br />

entwickelte Heinz von Foerster das Konzept eines kognitiven Mosaikteilchens<br />

(Foerster, 1969, 45; Foerster, 1973, 44). Ein solches kognitives Element stellt den<br />

Min<strong>im</strong>alfall eines kognitiven Prozesses dar. Damit kann verbildlicht werden, wie<br />

Kognition als zyklischer Funktionskreislauf <strong>und</strong> als zentraler Teil <strong>der</strong> Informations<strong>und</strong><br />

Wissenserarbeitung abläuft.<br />

Gr<strong>und</strong>prozesse dabei sind: wahrnehmen, zuordnen, erinnern, erwarten <strong>und</strong><br />

handeln. Diese Gr<strong>und</strong>prozesse <strong>der</strong> Kognition können zu einem allgemeinen<br />

<strong>Wissensmanagement</strong>-Modell abstrahiert werden: Wahrnehmen auf einer<br />

kognitiven Ebene entspricht dem Erwerben von Wissen. Zuordnen von<br />

Bedeutungen korreliert mit dem Entwickeln von Wissen. Erinnern kann als<br />

Prozess <strong>der</strong> Vergegenwärtigung von bewahrtem Wissen verstanden werden.<br />

Der kognitive Prozess des Erwartens kann als Ergebnis von Wissensentwicklungen<br />

beschrieben werden. Schließlich entspricht Handeln dem<br />

Verteilen von Wissen.<br />

Die Prozesse von Wissen erwerben, Wissen entwickeln, Wissen bewahren <strong>und</strong><br />

Wissen (ver-)teilen sind untrennbar miteinan<strong>der</strong> verb<strong>und</strong>en innerhalb eines<br />

kognitiven Systems:<br />

Abb.: Das zweifach geschlossene <strong>Wissensmanagement</strong>-Modell<br />

In diesem <strong>Wissensmanagement</strong>-Modell ist die untrennbare Verbindung <strong>der</strong> vier<br />

Wissensprozesse von zentraler Bedeutung. Wissenserwerb <strong>und</strong> Wissens(ver-)<br />

teilung sind abhängig voneinan<strong>der</strong>.<br />

Endbericht Seite 29


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Sie können mit den sensorischen <strong>und</strong> motorischen Oberflächen in einem<br />

kognitiven System verglichen werden. Im Kreislauf <strong>der</strong> Wissensentwicklung zeigt<br />

sich die zentrale Bedeutung <strong>der</strong> Vergegenwärtigung von vergangenen<br />

Wissensinhalten. In <strong>der</strong> Betrachtung dieses <strong>Wissensmanagement</strong>-Modells – bei<br />

menschlicher Kognition o<strong>der</strong> ebenso bei Wissenssystemen in Organisationen –<br />

lassen sich vier Ableitungen vollziehen:<br />

1. Alle Wissensprozesse sind untrennbar miteinan<strong>der</strong> verb<strong>und</strong>en.<br />

Verän<strong>der</strong>ungen in einem Prozess haben Einfluss auf alle an<strong>der</strong>en Prozesse.<br />

2. In lebenden Systemen gibt es keinen Anfang <strong>und</strong> kein Ende von<br />

Wissensprozessen.<br />

3. Gedächtnis – als Repräsentation getätigten Verhaltens <strong>und</strong> kognitiver<br />

Zuordnungen – hat einen dominanten <strong>und</strong> direkten Einfluss auf alle Prozesse<br />

<strong>im</strong> Wissenssystem.<br />

4. Verän<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> <strong>Lernen</strong> in Wissenssystemen bedeutet, Wissen zu<br />

entwickeln durch die Verän<strong>der</strong>ung des modus operandi, <strong>der</strong> Art,<br />

Wahrnehmungen, Erinnerungen <strong>und</strong> Erwartungen zuzuordnen.<br />

Dieses zweifach geschlossene Modell verbildlicht <strong>Wissensmanagement</strong> in<br />

<strong>Netzwerk</strong>en. Es beruht auf Gr<strong>und</strong>prozessen <strong>der</strong> Kognition <strong>und</strong> will eine Brücke<br />

zwischen kognitiv-individuellem <strong>und</strong> organisationalem <strong>Wissensmanagement</strong><br />

bauen. Es kann als Strukturierungsprinzip <strong>und</strong> ebenso als deskriptives Modell für<br />

<strong>Wissensmanagement</strong>prozesse angewandt werden.<br />

2.3. Wissensprozess wahrnehmen – Wissen erwerben<br />

Wahrnehmen ist ein Erkenntnisprozess, <strong>der</strong> auf physiologischen <strong>und</strong> kognitiven<br />

Ass<strong>im</strong>ilationen beruht. Wahrnehmen – als physiologische Ass<strong>im</strong>ilation –<br />

bedeutet, Integration <strong>der</strong> äußeren Stoffe <strong>und</strong> Energien in die Struktur <strong>und</strong> das<br />

Funktionieren des Organismus. In seiner kognitiven Komponente umschreibt<br />

Ass<strong>im</strong>ilation die Annäherung an bestehende begriffliche Strukturen <strong>und</strong><br />

Operationen (Piaget,1974, 222). Dadurch entstehen Deutungen <strong>und</strong><br />

Bedeutungen. Die mit dem Reiz verb<strong>und</strong>enen Bedeutungen sind keine<br />

objektiven Zustände <strong>der</strong> Außenwelt, son<strong>der</strong>n sind subjektiv zugeschriebene<br />

Deutungen, die innerhalb des Lebewesens erzeugt werden. So bezieht das<br />

Lebewesen das wahrgenommene Signal auf sich selbst <strong>und</strong> seine eigene<br />

Bedeutungsstruktur.<br />

Die neurobiologische Quelle <strong>der</strong> Wahrnehmung ist ein Umwandlungsprozess,<br />

bei dem die Sinneszellen ihre Eindrücke in die Sprache des Gehirns, nämlich in<br />

Aktionspotentiale <strong>der</strong> Neuronen übersetzen. Die Komplexität <strong>der</strong> Umwelt wird<br />

umgewandelt, um durch das Gehirn wie<strong>der</strong> neu <strong>und</strong> mit subjektiver Bedeutung<br />

Endbericht Seite 30


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

aufgeladen zu werden. Diese Sprache des Gehirns ist neutral, <strong>und</strong> die<br />

folgenden Instanzen des Gehirns können erst durch eine spätere <strong>und</strong><br />

vernetzende Lokalisierung <strong>der</strong> Neuronenaktivitäten die Umwelt als Wirklichkeit<br />

neu konstruieren <strong>und</strong> interpretieren. Auf diese Art <strong>und</strong> Weise ist je<strong>der</strong><br />

Ausgangspunkt von Wissen <strong>der</strong> eigene Wissenserwerb <strong>und</strong> damit die eigene<br />

Interpretation von Umwelt. Roth (1996, 87) meint dazu: „Die Geschehnisse in<br />

<strong>der</strong> Umwelt müssen nicht „richtig“ (in den Augen <strong>der</strong> menschlichen<br />

Beobachter) erkannt, son<strong>der</strong>n angemessen erfaßt werden, d.h. in dem Maße,<br />

in dem sie das Überleben einschließlich des sozialen Überlebens sichern“. Die<br />

Umwelt in ihrer Allumfasstheit zu erfassen, ist für das alltägliche Bestehen eines<br />

Lebewesen nicht notwendig, wenn nicht sogar kontraproduktiv aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Fülle an möglichen Eindrücken. Die Welt braucht nur in dem Maße erfasst<br />

werden, indem Merkmale <strong>und</strong> Prozesse <strong>der</strong> Welt für einen Organismus als<br />

überlebensrelevant eingestuft werden (Roth, 1996, 85).<br />

Das heißt, Wahrnehmen <strong>und</strong> Wissen erwerben ist ein aktives <strong>und</strong> selektives sichin-Beziehung-<br />

setzen eines beobachtenden Systems zu seiner Umwelt. Im<br />

Jargon des <strong>Wissensmanagement</strong>s wird Umwelt als ein Wissensmarkt definiert<br />

(vgl. North, 2002), auf dem Wissensnachfrager Wissen erwerben wollen. Auf<br />

Wissensmärkten besteht allerdings in <strong>der</strong> Regel sehr wenig Markttransparenz<br />

<strong>und</strong> die angebotenen Produkte sind schwer miteinan<strong>der</strong> vergleichbar, um nur<br />

zwei Beson<strong>der</strong>heiten dieses Marktes zu nennen, wie sie von Probst, Raub <strong>und</strong><br />

Romhardt (1999, 150) beschrieben werden. Von diesen Autoren wird be<strong>im</strong><br />

Wissenserwerb ganz allgemein auch zwischen Investitionen in die Zukunft<br />

(Potentiale) <strong>und</strong> Investitionen in die Gegenwart (direkt verwertbares Wissen)<br />

unterschieden.<br />

2.4. Wissensprozess zuordnen – Wissen entwickeln<br />

Das erworbene Wissen wird an dahinterliegende `Erarbeitungseinheiten´<br />

weitergeleitet. Diese zentralen Bausteine <strong>im</strong> Wissensprozess verbinden<br />

Bedeutungen, in dem sie diese vergleichen <strong>und</strong> ordnen. Dadurch entwickeln<br />

sich Zusammenhänge. Heinz von Foerster (1993, 320) erklärt die gr<strong>und</strong>legende<br />

Funktion dieser Erarbeitungseinheit als „`Hypothese´, die aus vorausgegangenen<br />

Fällen zukünftige Handlungen vorhersagt.“<br />

Man kann sich diese Zuordnungsfunktion auch als die Art <strong>und</strong> Weise, wie<br />

Zusammenhänge hergestellt werden, vorstellen; als eine Art, wie neuronale<br />

Assoziationsketten in Verbindung gebracht werden. Diese Zuordnungsfunktionen<br />

sind Schemata, die sich als viabel erwiesen haben. In <strong>der</strong><br />

Variabilität dieser Schemata liegt die prinzipielle Unvorhersehbarkeit leben<strong>der</strong><br />

Systeme begründet. Denn die Zuordnungsfunktion ist <strong>im</strong> Prinzip beliebig.<br />

Allerdings kann, <strong>im</strong> Wechselspiel <strong>der</strong> Interaktion, die Entfaltung des kreativen<br />

<strong>und</strong> spontanen Möglichkeitsraumes <strong>der</strong> Zuordnungsfunktionen durch<br />

Sozialisation, durch individuelle Lernprozesse <strong>und</strong> durch restriktive Rahmenbedingungen<br />

eingeengt werden.<br />

Endbericht Seite 31


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Unter best<strong>im</strong>mten Rahmenbedingungen werden gewisse Zuordnungsfunktionen<br />

wahrscheinlicher, da sie sich öfter bewähren als an<strong>der</strong>e. Die<br />

Zuordnungsfunktion muss aber für die Herstellung von Zusammenhängen<br />

verän<strong>der</strong>bar bleiben, damit gegebenenfalls neue <strong>und</strong> passende Reaktionsweisen<br />

flexibel erzeugt werden können.<br />

Meistens werden verbindende Zuordnungen sehr schnell akzeptiert.<br />

Paradoxien, wie etwa be<strong>im</strong> Staunen, be<strong>im</strong> Witz, be<strong>im</strong> Erschrecken verwirren,<br />

da <strong>der</strong> Ordnungsprozess nicht in <strong>der</strong> gewohnten Art <strong>und</strong> Weise gelingt. Es<br />

entsteht das Gefühl, irgendetwas sei offen, ohne genau sagen zu können, was<br />

es ist. Man sucht kreativ auf bisher wenig begangenen kognitiven Wegen nach<br />

Antworten, die das Neue mit dem Alten verbinden. Und nicht nur das. Die<br />

neuen Antworten müssen auch das alte weiterhin erklären können. Schließlich<br />

wächst das Wissen durch das Auflösen interner Fragen <strong>und</strong> Paradoxien mittels<br />

selbständiger kreativer Suche. Dabei sind weniger die Antworten das Kreative,<br />

son<strong>der</strong>n die kognitiven eigenschöpferischen Wege zu diesen Antworten.<br />

Vorhandene Wissenselemente, die bisher unverb<strong>und</strong>en waren, werden in<br />

einem best<strong>im</strong>mten Punkt gleichsam explosionsartig miteinan<strong>der</strong> verb<strong>und</strong>en,<br />

was dann als zünden<strong>der</strong> Einfall bezeichnet wird. So ist jede Wissensentwicklung<br />

ein kreativer individueller o<strong>der</strong> kollektiver Akt. Durch das unterschiedliche<br />

Zuordnen von Bedeutungen entsteht Wissen mit einem mehr o<strong>der</strong> weniger<br />

hohen Neuigkeitsgrad, das die bisherige Wissensbasis verfestigt <strong>und</strong>/o<strong>der</strong><br />

erweitern kann. Zusätzlich zeichnet sich die Wissensentwicklung durch die<br />

Generierung von Metawissen (subjektives Wissen über das Wissen) aus.<br />

Darunter versteht man, „ ... das Wissen eines Menschen, über das Funktionieren<br />

seines eigenen kognitiven Systems ..“ , wie Weinert <strong>und</strong> Waldmann (1988, 163)<br />

feststellen. Prozesse, die Metawissen generieren, ermöglichen Wissen zu<br />

identifizieren, Wissensziele zu definieren <strong>und</strong> Wissen zu bewerten.<br />

2.5. Wissensprozess erinnern, vergegenwärtigen, erwarten – Wissen<br />

bewahren<br />

Durch das Gedächtnis werden frühere Verhaltensweisen vergegenwärtigt. Das<br />

führt zur eigenen, historischen Kontinuität <strong>im</strong> Verhalten, indem bisherige<br />

Erfahrungen in abstrahierter Form berücksichtigt werden können.<br />

Erst durch Erinnern können wir Zukunft in unserer Vorstellung planen <strong>und</strong> die<br />

vorherigen Zuordnungen <strong>und</strong> Verhaltensweisen in einen vorausschauenden<br />

Prozess des Erwartens berücksichtigen.<br />

Als Ort <strong>der</strong> Wissensbewahrung wird dem Gedächtnis beson<strong>der</strong>e Bedeutung<br />

beigemessen. Roth (1996, 263) meint in diesem Zusammenhang: „In das<br />

Gedächtnis geht das Begreifen <strong>der</strong> Welt durch Handeln, die erlebte Koinzidenz<br />

<strong>und</strong> Folgerichtigkeit von Ereignissen als `Erfahrung´ ein (einschließlich<br />

stammesgeschichtlicher Erfahrung). Das Gedächtnis ist damit unser wichtigstes<br />

`Sinnesorgan´. Es ist zugleich aber, wie wir mehrfach gehört haben, nur ein<br />

Endbericht Seite 32


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Glied <strong>im</strong> Kreisprozess von Wahrnehmung, Gedächtnis, Aufmerksamkeit,<br />

Handeln <strong>und</strong> Bewerten.“ Durch Gedächtnisleistung können wir anhand<br />

weniger Eindrücke feststellen, wo wir sind. Etwa, wenn wir nachts blind in<br />

unserer Wohnung gehen, <strong>und</strong> uns anhand weniger Koordinaten orientieren. Wir<br />

haben räumliche <strong>und</strong> zeitliche Zusammenhänge zwischen Eindrücken bereits<br />

hergestellt <strong>und</strong> gehen davon aus, dass diese stabil bleiben. Wir orientieren uns<br />

aus unserem Gedächtnis als inneres Sinnesorgan heraus. Sind einmal<br />

Zusammenhänge als fix definiert, so benötigt das kognitive System sehr wenig<br />

Wahrnehmungen, um eine kognitiv vollständige Wahrnehmungssituation zu<br />

erzeugen <strong>und</strong> Orientierung zu ermöglichen. Man bezeichnet dies auch als<br />

Fähigkeit zur Komplettierung (Roth, 1996, 267). In <strong>der</strong> hier vertretenen Definition<br />

von Gedächtnis findet dabei keinerlei Speicherung von Repräsentationen statt<br />

(Foerster, 1993, 320), abgesehen von denen, die aktuell durch eine<br />

Erfahrungsschleife laufen.<br />

Jede Repräsentation wird als eine fortlaufende Kette von früheren Erfahrungen<br />

<strong>und</strong> Verhaltensweisen <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> neu definiert bzw. erf<strong>und</strong>en. Demnach<br />

werden Bedeutungen keineswegs <strong>im</strong> kognitiven System gespeichert, son<strong>der</strong>n<br />

bei „passen<strong>der</strong>“ Gelegenheit neu erzeugt (Aufschnaiter, 2001, 251).<br />

2.6. Wissensprozess handeln – Wissen (ver-)teilen<br />

Das (Ver-)teilen von Wissen entspricht dem motorischen Teil in<br />

psychobiologischen Systemen. Dabei wird Wissen in Form von Handlungen<br />

expliziert. Anschließend werden die wahrgenommenen Eindrücke (Wissen<br />

erwerben) mit Repräsentationen <strong>der</strong> vergangenen Handlungen in Verbindung<br />

gebracht (Wissen entwickeln). Es entsteht ein Kreislauf zwischen Wissen (ver-<br />

)teilen <strong>und</strong> Wissen erwerben, <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>um mit <strong>der</strong> Wissensentwicklung <strong>und</strong><br />

Wissensbewahrung verb<strong>und</strong>en ist. Dadurch kann Wissen hinsichtlich seiner<br />

Viabilität bewertet werden: Durch das Agieren <strong>und</strong> (Ver-)teilen von Wissen<br />

werden Rückmeldungen <strong>und</strong> Verständigungsprozesse ermöglicht.<br />

Wissens(ver-)teilung hat einen machtrelevanten Aspekt. Wer Wissen (ver-)teilt,<br />

(ver-) teilt auch Interaktionsmöglichkeiten <strong>und</strong> schafft Möglichkeiten für weitere<br />

Wissensgenerierung. Wissens(ver-)teilung ermöglicht o<strong>der</strong> verunmöglicht eine<br />

erfolgreiche Wissensnutzung (vgl. Probst, Raub <strong>und</strong> Romhardt, 1999). Wer<br />

Wissen verteilt, kann neues Wissen über altes Wissen erwerben.<br />

Wissens(ver-)teilung als gezieltes Einsetzen von Wissen - etwa <strong>im</strong> Rahmen von<br />

Erwartungsprüfungen - ermöglicht aber auch entwickeltes Wissen auf seine<br />

Viabilität zu prüfen.<br />

Will man Wissens(ver-)teilung so gezielt einsetzen, dass man best<strong>im</strong>mte<br />

Wissensnachfrager erreicht, so ist es sinnvoll, Wissen so zu explizieren, dass es<br />

vielfältige Anschlussmöglichkeiten für das Wissen an<strong>der</strong>er gibt. Zweitens ist es<br />

für eine zielgerichtete Wissens(ver-)teilung notwendig, den Bedarf an Wissen<br />

<strong>und</strong> Ressourcen verschiedener Akteure zu beobachten.<br />

Endbericht Seite 33


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Umgelegt auf zivilgesellschaftliche <strong>Netzwerk</strong>e kann versucht werden,<br />

Wissensbedürfnisse innerhalb <strong>und</strong> außerhalb <strong>der</strong> Gruppe abzudecken. Dazu<br />

braucht es vor <strong>der</strong> Wissens(ver-)teilung eine gr<strong>und</strong>legende Wissensentwicklung<br />

zu vor allem zwei Fragen: Wer braucht welches Wissen? Welches Wissen kann<br />

für wen von Nutzen sein?<br />

Im allgemeinen bedarf <strong>Wissensmanagement</strong> <strong>der</strong> Fähigkeit, Gedanken zu<br />

produzieren <strong>und</strong> weiterzubearbeiten bzw. an kommunikativen Diskursen<br />

verschiedenster Art mit erwünschten Anschlusserfolgen teilzunehmen (Schmidt,<br />

1994, 77). <strong>Wissensmanagement</strong> kann den Blick auf Interventionsfel<strong>der</strong> eröffnen.<br />

Durch <strong>Wissensmanagement</strong> wird <strong>der</strong> Umgang mit <strong>der</strong> Ressource Wissen<br />

erleichtert. Ebenso kann verständlich werden,<br />

„ ... welche (Bewältigungs-)Ressourcen bei Personen <strong>und</strong> Systemen vorhanden<br />

sind, welche ausgetauscht werden, welche brachliegen, verweigert werden<br />

o<strong>der</strong> nur bedingt vorhanden sind.“, wie Miller (2001, 200) meint.<br />

2.7. Was ist <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> einer<br />

Wissensgemeinschaft ?<br />

In dieser Arbeit wird neben dem <strong>Wissensmanagement</strong> auch das organisationale<br />

<strong>Lernen</strong> in <strong>Netzwerk</strong>en hervorgehoben. Organisationen haben <strong>im</strong>mer<br />

schon Wissen benötigt <strong>und</strong> verwendet für ihre Handlungen <strong>und</strong> Entscheidungen.<br />

Neu ist aber die explizite Erkenntnis, dass Wissen <strong>und</strong> <strong>Lernen</strong> in einer<br />

Organisation Vermögenswerte darstellen <strong>und</strong> die Nutzung des Wissens<br />

hinsichtlich Management <strong>und</strong> Investitionen dieselbe Sorgfalt verlangt wie<br />

an<strong>der</strong>e Vermögenswerte. Es wird als notwendig erachtet, das Max<strong>im</strong>um aus<br />

dem organisationalen Wissen herauszuholen, da Wissen einen Wettbewerbsvorteil<br />

darstellen kann. Das dementsprechende organisationale <strong>Lernen</strong> in<br />

einem <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> Zivilgesellschaft soll in dieser Studie untersucht werden.<br />

Organisationales <strong>Lernen</strong> geschieht dann, wenn Organisationsmitglie<strong>der</strong> eine<br />

Situation als problematisch erleben <strong>und</strong> sie <strong>im</strong> Namen <strong>der</strong> Organisation<br />

untersuchen.<br />

In einer erlebten Nichtübereinst<strong>im</strong>mung zwischen erwarteten <strong>und</strong> tatsächlichen<br />

Aktionsergebnissen reflektieren sie Organisationsabläufe <strong>und</strong> daraus<br />

resultierendes Wissen. Um organisational zu werden, muss das <strong>Lernen</strong>, das sich<br />

aus <strong>der</strong> Untersuchung in <strong>der</strong> Organisation ergibt, in den Bil<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Organisation<br />

verankert werden, die wie<strong>der</strong>um in den Köpfen ihrer Mitglie<strong>der</strong> <strong>und</strong>/o<strong>der</strong><br />

den erkenntnistheoretischen Artefakten (den Diagrammen, Speichern <strong>und</strong><br />

Programmen) existieren, die <strong>im</strong> organisationalen Umfeld angesiedelt sind.<br />

Der Fokus dieser Forschungsarbeit ist das <strong>Wissensmanagement</strong> von<br />

<strong>Netzwerk</strong>en. Aus <strong>der</strong> Perspektive des <strong>Wissensmanagement</strong>s sind <strong>Netzwerk</strong>e<br />

Wissensgemeinschaften (`communities of practice´): Auf freiwilliger Basis<br />

schließen sich Menschen mit an<strong>der</strong>en zusammen, um in einer konkreten,<br />

betroffen machenden Situationen gemeinsam zu lernen.<br />

Endbericht Seite 34


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

In Unternehmen sind Wissensgemeinschaften (`communities of practice´)<br />

informelle, bereichsübergreifende Personengruppen- o<strong>der</strong> <strong>Netzwerk</strong>e (vgl.<br />

North, 2002; Reinmann-Rothmeier et. al. 2001; Wenger, 1998). Die Mitarbeiter-<br />

Innen nehmen freiwillig <strong>und</strong> über einen längeren Zeitraum aufgr<strong>und</strong> ihrer<br />

gemeinsamen Interessenslagen daran teil. Die Ziele einer solchen Wissensgemeinschaft<br />

werden durch die Gemeinschaft selbst ausgehandelt. Die<br />

Prozesse in diesen Wissensgemeinschaften sind durch Eigenverantwortung,<br />

Selbstorganisation <strong>und</strong> Lernbereitschaft getragen. All diese Charakteristika von<br />

Wissensgemeinschaften treffen auch auf zivilgesellschaftliche <strong>Netzwerk</strong>e zu:<br />

Lernbereitschaft<br />

Selbstorganisation<br />

Eigenverantwortung<br />

Benötigt:<br />

<strong>Netzwerk</strong>e Wissensgemeinschaft Unternehmen<br />

Charakteristika:<br />

Freiwillige Teilnahme<br />

Ziele selbst best<strong>im</strong>mt<br />

Informeller Zusammenschluss<br />

Abb.: <strong>Lernen</strong>de Wissensgemeinschaften als <strong>Wissensmanagement</strong> Tool<br />

Wissensgemeinschaften sind vor allem für die Generierung <strong>und</strong> Weitergabe<br />

von Wissen beson<strong>der</strong>s geeignet, da sie gleichsam Knotenpunkte auf den<br />

Wissensmärkten sind. Es besteht ein offener, freiwilliger Austausch von<br />

Erfahrungen. „Der größte Nutzen von Communities of practice besteht für die<br />

Organisation darin, dass sie sowohl eine Wissens- <strong>und</strong> Lernkultur sowie eine<br />

Kommunikations- <strong>und</strong> Kooperationskultur för<strong>der</strong>t, die die Effekte von <strong>Wissensmanagement</strong>-Maßnahmen<br />

erheblich erhöhen können.“, wie Reinmann-<br />

Rothmeier et. al. (2001, 92) zum Nutzen solcher Wissensgemeinschaften<br />

meinen. So sehr Wissensgemeinschaften ein gewünschtes Instrument in<br />

Unternehmen sind, so schwer lassen sie sich durch die Führungsebene<br />

verordnen. Sie entstehen bottom-up auf Initiative <strong>der</strong> MitarbeiterInnen. Sie<br />

brauchen vor allem die Eigenverantwortung, Engagement <strong>und</strong> die<br />

Bereitschaft, Wissen weiterzugeben <strong>und</strong> weiterzuentwickeln. Für dieses<br />

Instrument des <strong>Wissensmanagement</strong>s ist vor allem eine intrinsische<br />

Motivationslage relevant.<br />

Endbericht Seite 35


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Das heißt, Menschen lernen aus ihrem eigenen Interesse heraus <strong>und</strong> nicht, weil<br />

sie sich pr<strong>im</strong>är eine externe Belohnung durch ihr Lernverhalten erwarten.<br />

Gerade diese motivationalen Voraussetzungen sind bei Empowermentgruppen<br />

<strong>im</strong> Beson<strong>der</strong>en gegeben. Die hohe Bereitschaft zum Engagement<br />

entsteht durch die eigene Betroffenheit <strong>und</strong> durch die Erkenntnis, dass<br />

gemeinsam mit an<strong>der</strong>en die Situation eher bewältigt werden kann. Dieses<br />

situative <strong>Lernen</strong> wird als <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> Gruppenprozess verstanden. Situationen aus<br />

dem Alltag werden gemeinsam erlebt <strong>und</strong> darüber reflektiert, wie man mit<br />

diesen umgehen kann. Das <strong>Lernen</strong> setzt konkret an den jeweiligen<br />

Alltagserfahrungen an.<br />

Das Konzept des situativen <strong>Lernen</strong>s nach Lave <strong>und</strong> Wenger (1999, 34) will eine<br />

Brücke zwischen Konzeptionen des <strong>Lernen</strong>s als pr<strong>im</strong>är kognitive<br />

Verän<strong>der</strong>ungsprozesse <strong>und</strong> Konzeptionen von <strong>Lernen</strong> in sozialer Praxis<br />

schlagen. Dabei wird <strong>Lernen</strong> nicht als Prozess <strong>der</strong> Internalisierung von Welt<br />

verstanden. Denn durch diese Sicht entsteht allzu leicht eine Dichotomisierung<br />

<strong>und</strong> letztlich eine Entkoppelung zwischen dem Beobachter <strong>und</strong> dem<br />

Beobachteten. Vielmehr lässt sich <strong>Lernen</strong> auch als Ausdruck sozialer Praxis die<br />

<strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> vergegenwärtigt wird, verstehen. Das heißt, <strong>der</strong> <strong>Lernen</strong>de erwirbt<br />

sein Wissen eingebettet in soziale Zusammenhänge <strong>und</strong> Situationen. Nach<br />

Lave <strong>und</strong> Wenger (1999) sollen Lernumgebungen so gestaltet sein, dass sie<br />

eine `legit<strong>im</strong>ierte, periphere Partizipation´ ermöglichen. Darunter verstehen sie<br />

eine begründete Verantwortungsübernahme innerhalb einer praktizierenden<br />

Gemeinschaft. Beispielsweise können Lehrlinge aktiv in die Gemeinschaft <strong>der</strong><br />

Gesellen <strong>und</strong> Meister mitaufgenommen werden, um in Situationen konkret <strong>und</strong><br />

durch selbstbest<strong>im</strong>mte Verantwortungsübernahme teilzunehmen.<br />

Nach Mandl (1996, 8) wird Wissen sowohl durch ein wahrnehmendes Subjekt<br />

konstruiert <strong>und</strong> ebenso auch in <strong>der</strong> Gemeinschaft ausgehandelt. So ist Wissen<br />

<strong>im</strong>mer kontextgeb<strong>und</strong>en. Es gilt bei <strong>der</strong> Analyse von Lernprozessen Person,<br />

Wissen, Handeln <strong>und</strong> die Situation gleichwertig zu berücksichtigen.<br />

Das heißt, <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> – unter soziokulturellen Gesichtspunkten<br />

betrachtet – beinhaltet <strong>im</strong>mer auch einen Bezug zu einer sozialen<br />

Gemeinschaft, <strong>der</strong> durch den Lernprozess verän<strong>der</strong>t wird. Und nicht nur <strong>der</strong><br />

individuelle Bezug zur Gemeinschaft än<strong>der</strong>t sich, son<strong>der</strong>n die Gemeinschaft als<br />

solche, auch die kollektive Wissensbasis än<strong>der</strong>t sich durch die individuellen<br />

Lernprozesse. Gerade in Wissensgemeinschaften wird diese Wechselwirkung<br />

zwischen individuellen <strong>und</strong> kollektiven Lern- <strong>und</strong> Verän<strong>der</strong>ungsprozessen<br />

beson<strong>der</strong>s deutlich. In Wissensgemeinschaften, die auf situatives <strong>Lernen</strong><br />

ausgerichtet sind, kann die individuelle Wissensentwicklung in verschiedenen<br />

Positionen erfolgen, wie Lave <strong>und</strong> Wenger (1999) hervorheben. So etwa<br />

können Personen, die gerade den Zutritt zu <strong>der</strong> Gemeinschaften finden, sehr<br />

relevantes Wissen über die Außenwirkung <strong>der</strong> Gruppe einbringen.<br />

Wissensgemeinschaften erkennen die Sinnhaftigkeit, verschiedene Rollen <strong>und</strong><br />

Funktionen innerhalb <strong>der</strong> Gruppe einzunehmen, um in <strong>der</strong> sozio-kulturellen<br />

Endbericht Seite 36


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Praxis daraus zu lernen. Gerade <strong>Netzwerk</strong>e, die in <strong>der</strong> Regel unterschiedlich<br />

intensive Kontakte zu an<strong>der</strong>en suchen, können die unterschiedlichen<br />

Teilnahmen <strong>und</strong> Sichtweisen an ihrem Gruppengeschehen nutzen.<br />

Zusammenfassend:<br />

Zivilgesellschaftliche <strong>Netzwerk</strong>e agieren auf Wissensmärkten: Solche<br />

Resonanzräume für den Wissenserwerb können auch als Wissensmärkte (vgl.<br />

North, 2002) beschrieben werden. Durch das Erkennen <strong>und</strong> gezielte Entwickeln<br />

eines Wissensmarktes können Anbieter <strong>und</strong> Nachfrager von Wissen in Kontakt<br />

gebracht werden, um ihr Wissen zu tauschen <strong>und</strong> neues Wissen zu generieren.<br />

Dazu sind vor allem dreierlei Bedingungen beson<strong>der</strong>s notwendig: erstens zu<br />

wissen, wer hat welches Wissen <strong>und</strong> zweitens Kontaktwege zwischen Anbietern<br />

<strong>und</strong> Nachfragern bereitzustellen. Die dritte Bedingung ist das Interesse am<br />

Austausch. Dazu meint North (2002, 7): „Für den Erfolg des nachfolgenden<br />

Wissensaustauschs o<strong>der</strong> <strong>der</strong> gemeinsamen Wissensentwicklung ist ein<br />

gemeinsames Interesse von Anbieter <strong>und</strong> Nachfrager ausschlaggebend.“<br />

Gelingt <strong>der</strong> Wissensaustausch, so hat dies mehrere Vorteile (vgl. Kollmann et<br />

al., 2003): Es ist möglich, detailliertere Situationsbeschreibungen aus <strong>der</strong> Sicht<br />

von emotional Betroffenen zu berücksichtigen. Die Formulierung von entscheidungsrelevanten<br />

Fragestellungen fußt auf einer breiteren Einschätzung,<br />

Lösungsansätze <strong>und</strong> mögliche Hin<strong>der</strong>nisse können aus unterschiedlichen<br />

Perspektiven analysiert werden.<br />

3. Empirische Untersuchung<br />

Auch wenn die Vielfalt <strong>der</strong> Methoden <strong>der</strong> qualitativen Sozialforschung mittlerweile<br />

außerordentlich groß ist, so verbindet sie doch eine Gr<strong>und</strong>einstellung: Die<br />

bewusste Einbeziehung des Forschenden als konstitutives Element des Erkenntnisprozesses<br />

ist eine gemeinsame <strong>und</strong> herausreichende Eigenschaft aller<br />

Ansätze qualitativer Sozialforschung (Kardoff, 1995). Das heißt, <strong>der</strong> Anspruch,<br />

Realität objektiv zu erkennen, ohne Beeinflussung durch den Betrachtenden,<br />

wird aufgegeben – zugunsten einer interaktionistischen Vorstellung. Qualitative<br />

Sozialforschung bekennt sich zu einem Weltzugang durch subjektive<br />

Deutungen als interpretative Erkenntnisprozesse. Demnach beruht alle<br />

Erkenntnis auf bisherigen Erfahrungen, Zuordnungen <strong>und</strong> Erwartungen.<br />

Wissenschaftliche Erkenntnis <strong>im</strong> speziellen entsteht dort, wo mittels strukturierter<br />

Analyse Zuordnungsprozesse <strong>und</strong> Bedeutungsgehalte rekonstruiert werden.<br />

Ein zentraler Vorteil, <strong>der</strong> sich aus diesem Zugang ergibt, ist, dass ForscherInnen<br />

nicht mehr um Wahrheit kämpfen brauchen, son<strong>der</strong>n verstärkt Verantwortung<br />

für ihre eigenen Erfahrungen übernehmen. Darüber hinaus kann die Tiefe des<br />

Erkenntnisgewinns durch mehrmalige Zyklen <strong>der</strong> Beobachtung – Analyse –<br />

Thesenbildung – Beobachtung gesteuert werden.<br />

Endbericht Seite 37


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Drei Prinzipien qualitativer Sozialforschung (vgl. Mayring, 1995) will ich<br />

hervorheben: Variabilität bei <strong>der</strong> Datenerhebung: Vor allem eine Offenheit<br />

gegenüber dem untersuchten Forschungsfeld zeichnet qualitative Sozialforschung<br />

aus. Aus möglichst heterogenen Forschungszugängen soll Datenmaterial<br />

erhoben werden. Dabei ist die räumliche <strong>und</strong> zeitliche Distanz<br />

zwischen den ForscherInnen <strong>und</strong> ihrem Beforschten sehr gering.<br />

Analyse auf latente Strukturen: Die Theorie des symbolischen Interaktionismus<br />

(vgl. Mead, 1975) n<strong>im</strong>mt gr<strong>und</strong>legend an, dass durch Interaktion <strong>und</strong> laufende<br />

Reflexion stabile Verhaltensmuster emergieren, die sich etwa als Identitätskonzepte,<br />

Sprachen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Sinnstrukturen ausdrücken. Vor diesem<br />

Hintergr<strong>und</strong> will Sozialforschung durch das systematische `Ent-decken´ <strong>und</strong><br />

Analysieren von Sprache <strong>und</strong> Verhalten, die Dynamik <strong>und</strong> den strukturellen<br />

Sinngehalt von Interaktionen nachvollziehbar machen.<br />

Laufende Reflexion: In <strong>der</strong> qualitativen Sozialforschung wird auf einen Kreislauf<br />

Hypothesenbildung – Prüfung – Hypothesenbildung – Prüfung usw. beson<strong>der</strong>er<br />

Wert gelegt. Im Bestreben, alltagsweltliche Ausdruckformen zu erforschen,<br />

vollzieht <strong>der</strong>/die SozialforscherIn mehrmalige Prozesse des Wie<strong>der</strong>holens <strong>und</strong><br />

Vergleichens von Beobachtungen <strong>und</strong> Hypothesen. Damit soll schließlich ein<br />

hinreichen<strong>der</strong> Grad an Theoriesättigung erreicht werden. So wurden neben<br />

einem dutzend qualitativer ExpertInneninterviews <strong>im</strong> Frühsommer 2006 mehrere<br />

soziale <strong>Netzwerk</strong>analysen (von FAS. Research, Wien) durchgeführt. Die<br />

ExpertInneninterviews wurden <strong>im</strong> vorliegenden Forschungsvorhaben auf<br />

Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> sozialen <strong>Netzwerk</strong>analyse durchgeführt. Das bedeutet, dass die<br />

soziale <strong>Netzwerk</strong>analyse eine erste Orientierung bot <strong>und</strong> dass die daraus<br />

resultierenden Ergebnisse den Rahmen für die einzelnen Interviews bildeten.<br />

Dabei interessierten vor allem individuelle sowie gesellschaftspolitische<br />

D<strong>im</strong>ensionen des <strong>Wissensmanagement</strong>s in <strong>der</strong> Zivilgesellschaft.<br />

Soziale <strong>Netzwerk</strong>analyse bietet nicht nur Kriterien, wie es sein soll, son<strong>der</strong>n stellt<br />

gleich ein ganzes Paket an Evaluierungsinstrumenten zu Verfügung, womit<br />

auch bestehende <strong>Netzwerk</strong>e hinsichtlich ihrer Stärken <strong>und</strong> Schwächen beurteilt<br />

werden können. Wie in einem Schienen- o<strong>der</strong> Straßennetz sind in sozialen<br />

<strong>Netzwerk</strong>en jene Verkehrsknotenpunkte von größter strategischer Bedeutung,<br />

in denen viele „Verkehrswege“ zusammenlaufen (sogenannte Drehkreuze<br />

o<strong>der</strong> „Hubs“).<br />

Für jede erfolgreiche Planung von Kampagnen o<strong>der</strong> auch für Maßnahmen des<br />

Kommunikations- <strong>und</strong> <strong>Wissensmanagement</strong>s ist es daher wichtig zu wissen,<br />

welche Akteure (Projekte, Organisationen) <strong>und</strong> Personen die Drehkreuze <strong>der</strong><br />

internen <strong>und</strong> externen Kommunikation <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> Zivilgesellschaft sind.<br />

Kennt man die Drehkreuze, so wissen die Organisationen <strong>der</strong> Zivilgesellschaft,<br />

an wen man herantreten muss, damit die Informationen dort landen, wo sie<br />

landen sollen. Eine vollkommen neue Form <strong>der</strong> Planung <strong>und</strong> Gestaltung von<br />

innerorganisatorischen Prozessen wird möglich. Woran erkennt man Schlüsselakteure?<br />

Wie findet man die Hauptverkehrswege <strong>und</strong> Verkehrsknotenpunkte?<br />

Endbericht Seite 38


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Insgesamt werden 4 unterschiedliche Kriterien für die Beurteilung <strong>der</strong> Zentralität<br />

<strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> herangezogen.<br />

Erreichbarkeit<br />

Einfluss<br />

Kontrolle<br />

Aktivität<br />

Abbildung: Die vier D<strong>im</strong>ensionen <strong>der</strong> Zentralität in <strong>Netzwerk</strong>en (Katzmair &<br />

Neurath, 2004)<br />

Aktivität: Zentral sind jene, die die meisten Kontakte haben („focus of activity“).<br />

Erreichbarkeit: Zentral sind jene, die am schnellsten erreichbar sind (<strong>im</strong><br />

„geografischen“ Sinn).<br />

Kontrolle: Zentral sind jene, die die größte Kontrolle über den<br />

Kommunikationsfluss haben: Türsteher („Gatekeeper“) <strong>und</strong> Flaschenhälse<br />

(„Bottle-necks“)<br />

Einfluss: Zentral sind jene, die einflussreiche Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Bekannte haben.<br />

4. Die Salzburger Armutskonferenz<br />

Das Österreichische <strong>Netzwerk</strong> gegen Armut <strong>und</strong> Soziale Ausgrenzung ist ein<br />

zentraler Player in <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft. Durch die kontinuierliche<br />

Arbeit in den letzten Jahren ist es gelungen, die Themenführerschaft <strong>im</strong><br />

Bereich <strong>der</strong> Armut <strong>und</strong> Armutsbekämpfung zu übernehmen. Im B<strong>und</strong>esland<br />

Salzburg existiert seit 2001das Salzburger <strong>Netzwerk</strong> gegen Armut <strong>und</strong> soziale<br />

Ausgrenzung. Dieses <strong>Netzwerk</strong> von 30 Organisationen <strong>und</strong> Personen zeichnet<br />

sich dadurch aus, dass es seit seiner Gründung hauptamtlich betreut wird von<br />

einem Koordinator, <strong>der</strong> zum Großteil vom Land Salzburg finanziert wird. Damit<br />

zeigt sich das beson<strong>der</strong>e Interesse zwischen staatlicher <strong>und</strong> zivilgesellschaftlicher<br />

Armutsbekämpfung.<br />

Endbericht Seite 39


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

4.1. Beteiligte Organisationen<br />

Mitgliedsorganisationen<br />

1. Arbeiterkammer Salzburg Rechts- <strong>und</strong> Sozialpolitik Franz Thaurer<br />

2. Caritas Salzburg BL Soziale Arbeit Gerhard Feichtner<br />

3. Frauenhilfe Salzburg Ulrike Huber<br />

4. Frauentreffpunkt Susanne Astner<br />

5. Helping hands Sybille Wierer<br />

6. Initiative Psychiatrie Positiv Sigrid Fechter<br />

7. Katholische Aktion Abt. Kirche <strong>und</strong> Arbeitswelt Franz Borstner<br />

8. Katholische Aktion Salzburg Geschäftsführung Josef Mautner<br />

9. Katholische Aktion Kath. Frauenbewegung Erika Dirnberger<br />

10. KOKO GesmbH Geschäftsführung Ricky Veichtlbauer<br />

11. <strong>Netzwerk</strong> Frauenarmut Frauenbüro <strong>der</strong> Stadt Salzburg Alexandra Schmidt<br />

Büro f. Frauenfragen &<br />

Karin<br />

Trattnig<br />

<strong>Netzwerk</strong> Frauenarmut<br />

Gleichbehandlung<br />

12. Neumarkter Bürgerservice Leitung Monika B<strong>und</strong>t<br />

13. Neustart Leo Schilcher<br />

14. OBDS Landesgruppe Salzburg Hans-Peter Radauer<br />

15. Pongauer Arbeitsprojekt Geschäftsführung Silvia Geistlinger<br />

16. Sachwalterschaft Salzburg Bereichsleitung Salzburg Norbert Krammer<br />

17. Schuldnerberatung Salzburg Inge Honisch<br />

18. Verein für Alleinerziehende Mütter <strong>und</strong> Väter Geschäftsführung Astrid Lüttich<br />

19. PerConsult Volkshilfe Österreich Silvia Lechner<br />

PerConsult Volkshilfe Österreich Anita Barth<br />

20. Laube GmbH WeGe : Betreutes Wohnen Edeltraud Fehringer<br />

21. WFWPI Elisabeth Riedl<br />

22. Männerwelten Geschäftsführung Thomas Lehmert<br />

23. Soziale Arbeit GmbH Sarah Untner<br />

24. Grau & Schlau Vereinsobmann Christian Rauch<br />

Personen als Mitglie<strong>der</strong><br />

25. Privatinitiative Emmi-Siglinde Pucher<br />

26. Attac Salzburg, Friedensbüro Fritz Keller<br />

27. 2. Leben / Lokale Agenda 21 Salzburg Hadwig Soyoye<br />

28. Land Salzburg Familienreferat Herbert Huka-Siller<br />

Plattform Sozialökonomische Betriebe <strong>und</strong><br />

29.<br />

Kurseinrichtungen Geschäftsführung Gertraud Pühringer<br />

30. Christian Doppler Klinik Son<strong>der</strong>auftrag für Suizidprävention Monika Moser-Premm<br />

Koordinationsteam<br />

1. Arbeiterkammer Salzburg Rechts- <strong>und</strong> Sozialpolitik Franz Thaurer (PR)<br />

2. Caritas Salzburg Gerhard Feichtner (Personal)<br />

3. Katholische Aktion Salzburg Josef Mautner (Lobbying)<br />

Endbericht Seite 40


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

4. Neustart Leo Schilcher (Budget)<br />

5. Schuldnerberatung Salzburg Inge Honisch (Sprecherin)<br />

6. Verein für Alleinerziehende Geschäftsführung Astrid Lüttich (int. Organisation)<br />

7. WFWPI Elisabeth Riedl (Lobbying)<br />

8. Salzburger Armutskonferenz Projektbüro Robert Buggler<br />

Astner (interne<br />

9. Frauentreffpunkt Susanne<br />

Organisation)<br />

Koordinationsbüro<br />

Salzburger Armutskonferenz, Projektbüro Robert Buggler<br />

Organigramm <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz:<br />

30 Organisationen <strong>und</strong> Personen<br />

Koordinationsteam:<br />

AK, Caritas, Frauentreffpunkt Schuldnerberatung,<br />

Verein Neustart, Verein für Alleinerziehende, Frau Riedl,<br />

Katholische Aktion<br />

Koordinator<br />

Endbericht Seite 41


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

5. <strong>Netzwerk</strong>analyse<br />

Es hat sich gezeigt, dass es ein <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz nicht<br />

gibt, son<strong>der</strong>n je nach Fragestellung die <strong>Netzwerk</strong>formation unterschiedlich<br />

aussieht. Die <strong>Netzwerk</strong>analysen wurden von FAS.research, Wien durchgeführt.<br />

5.1. <strong>Netzwerk</strong> in Bezug auf Wissen<br />

Alle Mitglie<strong>der</strong> <strong>im</strong> Dezember 2006 <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz wurden<br />

befragt. Sie sollten 5 Personen aufzählen, von denen sie glaubten, dass sie<br />

aufgr<strong>und</strong> ihres Wissens für den Erfolg von Projekten zur Bekämpfung von Armut<br />

<strong>und</strong> sozialer Ausgrenzung in Salzburg beson<strong>der</strong>s wichtig sind. Die Frage lautete:<br />

Wer weiß beson<strong>der</strong>s gut Bescheid darüber, wie es Menschen in Armut geht, in<br />

welchen sozialen Verhältnissen sie leben <strong>und</strong> was getan werden muss, damit<br />

sich ihre soziale Situation verbessert?<br />

Endbericht Seite 42


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Das Wissensnetzwerk ist ein stark zentralisiertes <strong>Netzwerk</strong>. Es zeigt sich, dass dem<br />

Koordinator, Robert Buggler am meisten Wissen zugeschrieben wird, gefolgt<br />

von <strong>der</strong> zweiten Sprecherin des Salzburger Armutsnetzwerkes Inge Honisch<br />

(Schuldnerberatung Salzburg). Renate Böhm (AK) war bis vor zwei Jahren<br />

Mitglied <strong>im</strong> Koordinationsteam <strong>und</strong> maßgeblich verantwortlich für die Erstellung<br />

des Salzburger Armutsberichtes. Insgesamt lässt sich sagen, dass dem<br />

Koordinationsteam <strong>der</strong> Armutskonferenz sehr viel Wissen zugeschrieben wird.<br />

Dies ist ein Indiz für die Wissensgemeinschaft, die diese Gruppe bereits bildet.<br />

Endbericht Seite 43


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

5.2. <strong>Netzwerk</strong> in Bezug auf ökonomische Ressourcen<br />

Hier lautete die Frage: Zählen Sie bitte die Personen auf, von denen Sie<br />

glauben, dass sie aufgr<strong>und</strong> ihrer Vergabemöglichkeiten von ökonomischen<br />

Ressourcen für den Erfolg von Projekten zur Bekämpfung von Armut <strong>und</strong><br />

sozialer Ausgrenzung in Salzburg beson<strong>der</strong>s wichtig sind: Wer entscheidet über<br />

die Finanzierung von entsprechenden Projekten?<br />

Endbericht Seite 44


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Auch hier liegt ein zentralistisches <strong>Netzwerk</strong> vor. In Bezug auf die Vergabe<br />

ökonomischer Ressourcen zeigt sich, das dem zuständigen Landesrat am<br />

meisten Einfluss zugeschrieben wird, gefolgt vom Leiter <strong>der</strong> zuständigen<br />

Sozialabteilung <strong>im</strong> Land, <strong>und</strong> dem Stadtrat für Soziales in Salzburg <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Landeshauptfrau. Erst an neunter Stelle wird ein Vertreter <strong>der</strong> Zivilgesellschaft,<br />

nämlich <strong>der</strong> Caritas Direktor Salzburg genannt.<br />

Das heißt, das <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> Ökonomischen Ressourcen ist ein zentralistisches,<br />

das hauptsächlich von VertreterInnen aus Politik <strong>und</strong> Verwaltung dominiert<br />

wird.<br />

5.3. <strong>Netzwerk</strong> in Bezug auf politischen Einfluss<br />

Die Frage lautete: Zählen Sie bitte die Personen auf, von denen Sie glauben,<br />

dass sie aufgr<strong>und</strong> ihres politischen Einflusses für den Erfolg von Projekten zur<br />

Bekämpfung von Armut <strong>und</strong> sozialer Ausgrenzung in Salzburg beson<strong>der</strong>s<br />

wichtig sind: Wer sind die wichtigsten politischen EntscheidungsträgerInnen <strong>im</strong><br />

Bereich <strong>der</strong> Armutsbekämpfung?<br />

Endbericht Seite 45


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Zwei Personen treten bei diesem zentralistischen <strong>Netzwerk</strong> des politischen<br />

Einflusses beson<strong>der</strong>s hervor. Das sind die Landeshauptfrau Gabi Burgstaller <strong>und</strong><br />

Endbericht Seite 46


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Zwei Personen treten bei diesem zentralistischen <strong>Netzwerk</strong> des politischen<br />

Einflusses beson<strong>der</strong>s hervor. Das sind die Landeshauptfrau Gabi Burgstaller <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> zuständige Landesrat für Soziales Erwin Buchinger. Auch dem Bürgermeister<br />

<strong>der</strong> Stadt Salzburg Heinz Schaden, sowie <strong>der</strong> Landesrätin für Familie <strong>und</strong> dem<br />

Landesrat für Finanzen wird maßgeblicher Einfluss zugeschrieben.<br />

5.4. <strong>Netzwerk</strong> in Bezug auf Bewusstseinsbildung <strong>und</strong> Salzburger<br />

Armutskonferenz<br />

Frage: Zählen Sie bitte die Personen auf, von denen Sie glauben, dass sie in<br />

Zukunft mehr zur Bewusstseinsbildung zum Thema Armut in Salzburg in <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit beitragen sollten: Wer können Werbeträger für die Salzburger<br />

Armutskonferenz sein?<br />

Endbericht Seite 47


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Hier zeigt sich, dass es mehrere Zentren gibt, <strong>und</strong> verschiedene Gruppen für die<br />

Bewusstseinsbildung als wichtig erachtet werden. Es zeigt sich ein Cluster <strong>der</strong><br />

Zivilgesellschaft mit dem Koordinator <strong>der</strong> Armutskonferenz Robert Buggler, dem<br />

Erzbischof von Salzburg Alois Kothgasser <strong>und</strong> dem Caritas Direktor Hans<br />

Kreuze<strong>der</strong>. Ein zweiter Cluster ist von politischer Natur: Hier finden sich <strong>der</strong> AK<br />

Präsident Siegfried Pichler, die Landeshauptfrau, <strong>der</strong> zuständige Soziallandesrat<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Direktor <strong>der</strong> Wirtschaftskammer Wolfgang Gmachl wie<strong>der</strong>.<br />

Endbericht Seite 48


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

5.5. <strong>Netzwerk</strong> in Bezug auf neue Wissensträger<br />

Die Frage war: Zählen Sie bitte die Personen auf, die nicht in <strong>der</strong> Salzburger<br />

Armutskonferenz aktiv sind, die jedoch über wichtiges Wissen zur Bekämpfung<br />

von Armut <strong>und</strong> sozialer Ausgrenzung in Salzburg verfügen: Wer kann sein Wissen<br />

innovativ einbringen?<br />

Endbericht Seite 49


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Personen, denen viel Wissen zugeschrieben wird, die aber nicht Mitglied <strong>der</strong><br />

Salzburger Armustkonferenz sind, werden als potentielle WissensträgerInnen<br />

bezeichnet. Hier findet sich vor allem Verwaltung <strong>und</strong> Wissenschaft an den<br />

ersten Positionen. Herbert Prucher ist Leiter <strong>der</strong> Sozialabteilung des Landes, mit<br />

dem es einen regelmäßigen Dialog seitens <strong>der</strong> Armutskonferenz gibt, ebenso<br />

mit Renate Szegedi Staufer von <strong>der</strong> Sozialabteilung <strong>der</strong> Stadt Salzburg. Seitens<br />

<strong>der</strong> Wissenschaft wird Prof. Walter Pfeil von <strong>der</strong> juridischen Fakultät empfohlen,<br />

<strong>der</strong> den Entwurf für ein Salzburger Sozialhilfegesetz erstellte.<br />

Endbericht Seite 50


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

5.6. <strong>Netzwerk</strong> in Bezug auf neue ökonomische Ressourcen<br />

Hier lautete die Fragestellung: Zählen Sie bitte die Personen auf, die nicht in <strong>der</strong><br />

Salzburger Armutskonferenz aktiv sind, die jedoch über wichtige ökonomische<br />

Ressourcen zur Bekämpfung von Armut <strong>und</strong> sozialer Ausgrenzung in Salzburg<br />

verfügen: Wer sollte sich mehr finanziell einbringen?<br />

Endbericht Seite 51


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Bei dieser Fragestellung hat sich ein breit gestreutes <strong>Netzwerk</strong> als Antwort<br />

gezeigt. Mit Julius Schmalz <strong>und</strong> Wolfgang Gmachl wurden Vertreter <strong>der</strong><br />

Wirstschaftskammer als zentrale Figuren genannt, gefolgt vom zuständigen<br />

Soziallandesrat Erwin Buchinger <strong>und</strong> vom Großindustriellen Dietmar Mateschitz<br />

(Red Bull). Es zeigt sich, dass vor allem die Wirtschaftskammer ein player ist, <strong>der</strong><br />

noch verstärkt in die Arbeit <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz einbezogen<br />

werden könnte.<br />

Endbericht Seite 52


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

5.7. <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> häufigen Zusammenarbeit<br />

Fragestellung: Zählen Sie bitte die Personen auf, mit denen Sie <strong>im</strong> letzten Jahr<br />

beson<strong>der</strong>s viel zusammengearbeitet haben, um die eigene Arbeit <strong>im</strong> Kampf<br />

gegen die Armut erfolgreich machen zu können:<br />

Endbericht Seite 53


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Dieses <strong>Netzwerk</strong> bildet die Zusammenhänge <strong>der</strong> häufigsten Zusammenarbeiten<br />

ab. Es zeigt sich, dass die zentrale Ansprechperson <strong>der</strong> Koordinator <strong>der</strong> Salzburger<br />

Armutskonferenz, Robert Buggler ist. Weiters ist vor allem das Koordinationsteam<br />

stark miteinan<strong>der</strong> verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> hat zahlreiche Verästelungen zu den an<strong>der</strong>en<br />

Mitglie<strong>der</strong>n, wie etwa Pepo Mautner (Katholische Aktion), Leo Schilcher<br />

(Neustart), Norbert Krammer o<strong>der</strong> Inge Honisch (Schuldnerberatung). Beson<strong>der</strong>s ist<br />

zu erwähnen, dass mit Frau Renate Szegedi Staufer (Abteilung Soziales <strong>der</strong> Stadt<br />

Salzburg) sehr viel von unterschiedlichen Seiten zusammengearbeitet wird, sie<br />

allerdings nicht Mitglied <strong>der</strong> Armutskonferenz ist. Ebenso zeigt sich, dass die<br />

VertreterInnen von Frauenorganisationen eng miteinan<strong>der</strong> zusammenarbeiten.<br />

Endbericht Seite 54


6. Organisation des <strong>Netzwerk</strong>es<br />

Wie bildet sich das <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> Armutskonferenz als Teil Zivilgesellschaft ab?<br />

Der Mitglie<strong>der</strong>status innerhalb <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz ist sehr<br />

unterschiedlich, So etwa gibt es Mitglie<strong>der</strong>, die nicht sehr aktiv sind, dann<br />

wie<strong>der</strong>um gibt es sehr aktive Mitglie<strong>der</strong>, wie etwa die des Koordinationsteams.<br />

Die Österreichweite Armutskonferenz geht in Richtung Vereinsstruktur,<br />

auch weil dies von <strong>der</strong> EU geför<strong>der</strong>t wird <strong>und</strong> es dazu Rahmenbedingungen<br />

braucht. In Salzburg steht man auf dem Standpunkt, dass<br />

Zivilgesellschaft auf Freiwilligkeit <strong>und</strong> flachen Strukturen beruhen sollte.<br />

Wie gründete <strong>und</strong> verbreitete es sich?<br />

Im Wesentlichen ist die Gründung des <strong>Netzwerk</strong>es auf die Initiative von<br />

vier Personen zurückzuführen. Nachdem von <strong>der</strong> Österreichischen Armutskonferenz<br />

<strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> Aktionswochen gegen Armut <strong>und</strong> soziale<br />

Ausgrenzung durchgeführt worden waren <strong>und</strong> sich Salzburg <strong>im</strong> Jahr 2000<br />

beteiligt hatte, haben sich diese vier Personen zu einer Nachbesprechung<br />

zusammengesetzt zur Gründung eines <strong>Netzwerk</strong>es in Salzburg. Ursachen<br />

dafür waren, dass die Österreichische Armutskonferenz <strong>im</strong>mer in Salzburg<br />

stattfindet <strong>und</strong> zweitens, dass ein Bedarf eines solchen <strong>Netzwerk</strong> erkannt<br />

wurde. Die vier Personen waren Renate Böhm (Arbeiterkammer Salzburg),<br />

Franz Neumayr (Caritas Salzburg), Ernst Fürlinger (Bildungshaus St. Virgil)<br />

<strong>und</strong> Pepo Mautner (Katholische Aktion). In politischen Gesprächen ist es<br />

gelungen, eine Finanzierung für eine Personalstelle für ein Jahr (finanziert<br />

vom AMS <strong>und</strong> Land Salzburg) <strong>und</strong> die Finanzierung des Armutsberichtes<br />

über die Arbeiterkammer zu ermöglichen. Schließlich wurde das Projekt<br />

verlängert bis zum heutigen Tage.<br />

Das heißt, die Gründung war Personengeb<strong>und</strong>en, die in etablierten<br />

Organisationen verankert waren, <strong>und</strong> die auch mit <strong>der</strong> Österreichischen<br />

Armutskonferenz in Verbindung standen.<br />

Im Herbst 2000 fand die Ausschreibung für die Stelle zum Koordinator statt,<br />

die Anfang 2001 durch den jetzigen Koordinator Robert Buggler besetzt<br />

wurde.<br />

Die Verbreitung des <strong>Netzwerk</strong>es fand dadurch statt, dass <strong>im</strong> Jahr 2000<br />

Informationstreffen mit sozialen Einrichtungen stattfanden, wobei breit, in<br />

alle Richtungen, eingeladen wurde von den vier Gründungspersonen.<br />

Der Koordinator hat dann zu Beginn 2001 nochmals eingeladen <strong>und</strong><br />

informiert. Die tatsächliche Gründung fand bei <strong>der</strong> ersten regionalen<br />

Armutskonferenz am 15. Mai 2001 statt. Damals waren 21 Einrichtungen<br />

anwesend, heute besteht das <strong>Netzwerk</strong> aus 24 Einrichtungen <strong>und</strong> 6<br />

Einzelpersonen, die aus relevanten Einrichtungen kommen. Heute<br />

verbreitet sich das <strong>Netzwerk</strong> eher gering. Dennoch kommen Einrichtungen<br />

aktiv auf die Armutskonferenz zu, um Mitglied zu werden o<strong>der</strong> um<br />

sich selbst besser zu vernetzen <strong>im</strong> Sozialbereich.


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Was sind die Stärken des <strong>Netzwerk</strong>es?<br />

Eine Vielzahl von zum Teil auch sehr kleinen Initiativen haben sich<br />

zusammen-geschlossen; um Kräfte zu bündeln, Informationen auszutauschen,<br />

gemeinsam Lobbying zu betreiben für Gruppen, die sonst kaum<br />

Lobbies haben.<br />

Die größte Stärke ist eben <strong>der</strong> <strong>Netzwerk</strong>charakter. Die Armutskonferenz ist<br />

keine Institution, die ihre eigene Logik <strong>und</strong> ihre eigenen institutionellen<br />

Interessen verfolgen muss, son<strong>der</strong>n kann sich themenzentriert entwickeln.<br />

Es gibt durch die Mitglie<strong>der</strong> ein sehr breites Spektrum an Erfahrungswerten,<br />

schließlich ist Armutsbekämpfung eine Querschnittsmaterie <strong>und</strong> betrifft die<br />

verschiedensten Bereiche sozialer Arbeit <strong>und</strong> umfasst alle Politikbereiche.<br />

Das heißt, die Salzburger Armutskonferenz hat eine starke Basisorientierung<br />

mit hohem Erfahrungspotential.<br />

Die organisatorischen Stärken liegen sicherlich darin, dass es einen engagierten<br />

Koordinator <strong>der</strong> Armutskonferenz gibt, <strong>der</strong> 30 St<strong>und</strong>en beschäftigt<br />

ist. Auch das Koordinationsteam ist eine Stärke. Damit können Aktionen<br />

nach außen (Armuts-konferenzen, Pressekonferenzen, an<strong>der</strong>e Veranstaltungen,...)<br />

gemeinsam geplant werden. Ein <strong>Netzwerk</strong> das nicht so breit<br />

organisiert ist, kann das nicht in diesem Ausmaß leisten. Die vorhandenen<br />

Ressourcen in Form <strong>der</strong> Position <strong>und</strong> Stelle des Koordinators ist eine<br />

Beson<strong>der</strong>heit, denn dadurch können Projekte über einen längeren<br />

Zeitraum verfolgt werden. In diesem Sinne besteht auch eine Verbindlichkeit,<br />

dass „etwas passiert“. Es gibt seit Frühling dieses Jahres eine angepasste<br />

Organisations-struktur, die die Arbeit sehr erleichtert, in dem es<br />

klare Verantwortlichkeiten für Öffentlichkeitsarbeit, für interne Koordination<br />

<strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> usw. gibt.<br />

Im allgemeinen gilt es eine gute Mischung zu finden zwischen dem<br />

Bekenntnis zum <strong>Netzwerk</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> freiwilligen Beteiligung.<br />

Was sind die Schwächen des <strong>Netzwerk</strong>es?<br />

Das Wissen über Budgetpolitik <strong>und</strong> Budgeterstellung in B<strong>und</strong>, Land <strong>und</strong><br />

Gemeinden wird als eher gering ausgeprägt betrachtet, <strong>und</strong> die<br />

Generierung dieses Wissens stellt eine konkrete Zukunftsaufgabe dar.<br />

Weiters hat die Armutsbekämpfung de facto kein Sachbudget.<br />

Die Schwachpunkte, aus denen bereits gelernt wurde, war <strong>der</strong> Klärungsbedarf,<br />

was das Koordinationsteam ist, <strong>und</strong> weiters, dass die Kommunikation<br />

zu den Mitglie<strong>der</strong>n gestärkt werden sollte, etwa durch gemeinsame<br />

Planungstage, die seltener, aber intensiver stattfinden sollten. Die Plenartreffen,<br />

die alle drei Monate stattfanden, waren quantitativ zuviel <strong>und</strong><br />

konnten vor allem die Beteiligung <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>, die nicht <strong>im</strong><br />

Koordinationsteam vertreten sind, nicht realisieren.<br />

Endbericht Seite 56


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Auf diese organisatorischen Schwächen hat man reagiert, in dem man <strong>im</strong><br />

Frühjahr 2006 an einem gemeinsamen Wochenende gemeinsam mit<br />

einem Organisationsentwickler die Struktur durchleuchtete. Dabei wurden<br />

Planungstage eingeführt, die einmal <strong>im</strong> Jahr stattfinden zur Klärung <strong>und</strong><br />

Planung des weiteren inhaltlichen Verlaufs <strong>der</strong> Armutskonferenz. Darüber<br />

hinaus wurden die Rollen <strong>und</strong> Verantwortlichkeiten <strong>im</strong> Koordinationsteam<br />

geklärt, um den hauptamtlichen Koordinator stärker zu unterstützen <strong>und</strong><br />

zu entlasten.<br />

Aus Sicht mehrerer befragter ExpertInnen, ließe sich die Kommunikation<br />

dadurch noch verbessern, dass die Kommunikation wie<strong>der</strong> vermehrt zur 2-<br />

Weg-Kommunikation wird. Das heißt, dass verstärkt die Mitglie<strong>der</strong> des<br />

<strong>Netzwerk</strong>es den Kooridnator über ihre Anliegen informieren. Die<br />

Kommunikation zwischen den <strong>Netzwerk</strong>mitglie<strong>der</strong>n könnte verstärkt<br />

werden, da ein <strong>Netzwerk</strong> auch von <strong>der</strong> Diversität <strong>und</strong> Intensität <strong>der</strong><br />

kommunikativen Beteiligungsformen lebt.<br />

Das Lobbying passiert zum Teil mit den Betroffenen, aber die Betroffenen<br />

treten schlecht o<strong>der</strong> kaum wahrnehmbar in Erscheinung. Das heißt, man<br />

sollte noch stärker die von Armut Betroffenen einbinden.<br />

Wie funktioniert die Kooperation mit staatlichen Akteuren?<br />

„Kooperation braucht <strong>im</strong>mer zwei Partner, wenn <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Partner sagt,<br />

das ist ganz nett was ihr macht, aber in Wahrheit haben wir ganz an<strong>der</strong>e<br />

Vorhaben <strong>und</strong> Schwerpunktsetzungen, dann ist es schwer eine<br />

nachhaltige Kooperation zustande zu bringen.“(Interview 7)<br />

Es wird versucht bei allen Veranstaltungen alle Akteure gleichwertig<br />

einzubinden. Vor allem mit dem Sozialressort <strong>im</strong> Land wird eng<br />

zusammengearbeitet, da auch von dort die Finanzierung kommt.<br />

Zukünftig will man mehr mit <strong>und</strong> in den Gemeinden zum Thema Armut <strong>und</strong><br />

Armutsbekämpfung arbeiten.<br />

Es gibt den Versuch, staatliche Stellen <strong>und</strong> Parteien zu informieren - mittels<br />

thematischen Schwerpunktsetzungen. In <strong>der</strong> letzten Zeit gibt es aber auch<br />

die umgekehrte Richtung, dass Politik <strong>und</strong> Verwaltung soziale <strong>Netzwerk</strong>e<br />

mehr wahrnehmen. Denn das Fachwissen, das in den <strong>Netzwerk</strong>en existiert<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> organisatorische Rückhalt in den <strong>Netzwerk</strong>en ist bemerkenswert.<br />

In <strong>der</strong> politischen Auseinan<strong>der</strong>setzung wurden diese <strong>Netzwerk</strong>e als<br />

Ressource bislang kaum genutzt. Dies än<strong>der</strong>t sich nun langsam, denn die<br />

Armutskonferenz wird schon mehr gehört <strong>und</strong> eingeb<strong>und</strong>en in Prozesse,<br />

wie zum Beispiel bei <strong>der</strong> Erstellung des Sozialleitbildes des Landes Salzburg,<br />

weiters gibt es Einladungen in den Landtag als Experte zum Thema<br />

Sozialverträglichkeitsprüfung gehört zu werden.<br />

Kooperation mit <strong>der</strong> Wirtschaftskammer gibt es in punktuellen Ansätzen<br />

(z.B. Podiumsdiskussion), allerdings wird die Kooperation aufgr<strong>und</strong><br />

beschränkter Ressourcen als nicht nachhaltig genug eingeschätzt.<br />

Endbericht Seite 57


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

In <strong>der</strong> Vergangenheit zeigten politische Akteure wenig Interesse an <strong>der</strong><br />

Arbeit <strong>der</strong> Armutskonferenz. Dies hat sich allerdings verän<strong>der</strong>t, in dem die<br />

Kooperations-bereitschaft von politischer Seite zugenommen hat. Der<br />

„Dialog“ fand früher zum Teil so statt, dass eine For<strong>der</strong>ung aus dem Wissen<br />

um Armut erhoben wurde, die dann aber von Seiten <strong>der</strong> Verwaltung<br />

kaum aufgegriffen wurde. Auf dieser Ebene war die Kommunikation noch<br />

sehr ausbaufähig.<br />

Zum Beispiel, indem Maßnahmen <strong>und</strong> Verordnungen, die politisch<br />

umgesetzt werden sollen, zuvor mit den Akteuren <strong>der</strong> Armutskonferenz<br />

diskutiert werden. Dies findet nun auch statt. Hier zeigt sich eine<br />

Verän<strong>der</strong>ung durch den jetzigen Soziallandesrat aufgr<strong>und</strong> seiner hohen<br />

Gesprächsbereitschaft.<br />

Das <strong>Netzwerk</strong> hat sich eine ExpertInnenposition erarbeitet, <strong>und</strong> die Politik<br />

weiß mehr <strong>und</strong> mehr, dass auf einer sehr breiten Ebene Erfahrungswissen<br />

gesammelt wird.<br />

Der tatsächliche Einfluss, bei <strong>der</strong> politischen Umsetzung von<br />

sozialpolitischen Beschlüssen, wird aber als marginal eingeschätzt. Bei<br />

einer Zukunftswerkstätte voriges Jahren hat man dementsprechend den<br />

Beschluss gefasst, die Budgetbildung von B<strong>und</strong>, Land <strong>und</strong> Gemeinden zu<br />

verfolgen, da dies für soziale Projekte das hauptsächliche Gegenargument<br />

war <strong>und</strong> ist.<br />

Eine an<strong>der</strong>e Ebene, von <strong>der</strong> man sich Erfolg erwartet, ist die verstärkte<br />

Kooperation mit Gemeinden, um etwa auf <strong>der</strong> regionalen<br />

Gemeindeebene Armut verstärkt zum Thema zu machen.<br />

In Bezug auf die Kooperation mit <strong>der</strong> Verwaltung geht es eher in Richtung<br />

Wissensaustausch, da die EntscheidungsträgerInnen eher auf <strong>der</strong><br />

politischen Ebene sind. Der Armutskonferenz ist es aber wichtig, in<br />

laufen<strong>der</strong> Kooperation mit <strong>der</strong> Verwaltung zu sein. Es geht vor allem um<br />

ein gutes <strong>und</strong> kooperatives Gesprächskl<strong>im</strong>a. Wenn es allerdings um<br />

Entscheidungen geht, so wendet sich die Armutskonferenz an politische<br />

EntscheidungsträgerInnen. Das Gesprächskl<strong>im</strong>a mit <strong>der</strong> Verwaltung war<br />

nicht <strong>im</strong>mer gut, wobei man ständig versucht, es zu verbessern, in dem<br />

man in Kommunikation bleibt. Es geht dabei um Informationsaustausch,<br />

wenn man sich ein bis zwe<strong>im</strong>al pro Jahr mit hohen Verwaltungsbeamten<br />

trifft.<br />

Was sind erwünschte Kooperationen?<br />

Es wird gewünscht, dass Akteure wie die Wirtschaftskammer mehr<br />

involviert sind in das Thema. Die Armutskonferenz verlangt, dass die<br />

UnternehmerInnen gerechte Löhne zahlen <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Interessensvertretung<br />

sich auch um des Themas <strong>der</strong> Armut ann<strong>im</strong>mt.<br />

Endbericht Seite 58


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Weiters ist die Unterstützung an<strong>der</strong>er <strong>Netzwerk</strong>e be<strong>im</strong> Aufbau ein Thema.<br />

Zum Beispiel gibt es in den Bezirken Tennengau <strong>und</strong> Flachgau eine<br />

Veranstaltungsreihe zum Thema „Armutsfalle Familie“, die die Armutskonferenz<br />

gemeinsam mit dem Forum Familie organisiert. Diese Treffen<br />

gibt es schon seit drei Jahren <strong>und</strong> entwickeln sich nun zu einem weiteren<br />

<strong>Netzwerk</strong>, bei dem die Armutskonferenz ihr Know How einbringt.<br />

Wie geht Politik mit dem <strong>Netzwerk</strong> um?<br />

Die Veranstaltungen <strong>der</strong> regionalen Armutskonferenzen werden zwecks<br />

Wissenserwerbs auch von VertreterInnen aus Politik <strong>und</strong> Verwaltung<br />

besucht. Diese Besuche dienen auch dazu, gegenseitiges Kennenlernen<br />

<strong>und</strong> Vertrauen zu schaffen. So gab es heuer zwei Fachenqueten zu den<br />

Themen Arbeitslosenvertretung <strong>und</strong> Wohnungsnot, bei denen die<br />

Armutskonferenz Mitveranstalter war. Dies sind geschlossene Veranstaltungen<br />

für ein Fachpublikum. Diese Veranstaltungen waren sehr<br />

prominent besucht, die Armutskonferenz wird dadurch als wichtiger<br />

Experte wahrgenommen: So etwa wurde das Forum Wohnungslosenhilfe<br />

eingeladen, ein Konzept für eine Wohnungslosenunterkunft zu erstellen.<br />

Wie n<strong>im</strong>mt sich die Armutskonferenz selbst wahr?<br />

Innerhalb <strong>der</strong> Armutskonferenz gibt es mehrere Projektteams zu den<br />

Themen Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot <strong>und</strong> Obdachlosigkeit, Kin<strong>der</strong>armut,<br />

Gemeindeprävention, Kampagnen für die Öffentlichkeitsarbeit. Diese<br />

werden als kompetente Austauschgremien wahrgenommen.<br />

Es gab einen sehr guten Austausch <strong>im</strong> Rahmen eines Organisationsentwicklungs-prozesses.<br />

So wurde dabei klar, dass hauptsächlich <strong>der</strong><br />

Koordinator wahrgenommen wird, weil <strong>der</strong> n<strong>im</strong>mt direkt Kontakt mit den<br />

einzelnen <strong>Netzwerk</strong>mitglie<strong>der</strong>n auf <strong>und</strong> versendet die verschiedenen<br />

Daten. Das Koordinationsteam war eine vage Größe, da wusste man<br />

nicht genau „was die eigentlich machen“.<br />

Jetzt wurde das genauer definiert: Es gibt eine Sprecherin, die gleichzeitig<br />

auch für Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, für Finanzen, ebenso für<br />

Lobbying Arbeit, für Interne Kommunikation <strong>und</strong> für Personalfragen<br />

wurden die Zuständigkeiten geklärt.<br />

Seit dem Organisationsentwicklungsprozess wird die Armutskonferenz<br />

verstärkt als Lobbyorganisation für die eigenen Anliegen wahrgenommen.<br />

Endbericht Seite 59


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

7. Zivilgesellschaft als Wissensspeicher<br />

Welches Wissen in Bezug auf Armutsbekämpfung wird von welchen NGOs<br />

benötigt?<br />

Allgemeines Wissen, das alle betroffenen NGOs benötigen, ist: Ursachen<br />

von Armut, Erkennen von Zusammenhängen zwischen den Ursachen;<br />

Möglichkeiten, Akteure zusammenzubringen <strong>und</strong> Wissen auszutauschen;<br />

wie man mit politischen EntscheidungsträgerInnen verhandelt; wie man<br />

sie von den eigenen Vorhaben überzeugt; Soforthilfe <strong>und</strong> Anspruchsvoraussetzungen.<br />

Der weitere Bedarf an Wissen ist unterschiedlich, weil die<br />

NGOs <strong>im</strong> Armutsnetzwerk unterschiedliche Zielsetzungen haben. Die<br />

NGOs als klassische Sozialeinrichtungen haben ein Interesse, Wissen, Know<br />

How, Bedürfnisse, die aus ihrer Erfahrung kommen, an die Sozialpolitik<br />

heranzutragen. Dabei wird die Armutskonferenz als Brücke verwendet, um<br />

For<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> Bedürfnisse aus dem Erfahrungswissen weiterzugeben.<br />

Das Wissen über Hintergründe wie etwa die Armutszahlen ist nicht das,<br />

was sie in ihrer täglichen Arbeit brauchen. Viele NGOs wissen darüber<br />

allerdings auch Bescheid, da sie sich <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> befinden.<br />

Welchen Stellenwert wird Wissen in <strong>der</strong> Arbeit von NGOs zugeschrieben?<br />

NGOs haben sehr viel klientelspezifisches Wissen. Dementsprechend<br />

haben Wissen <strong>und</strong> Wissenstransfer einen hohen Stellenwert, wenn es<br />

unmittelbar <strong>im</strong> jeweiligen Arbeitsfeld angewandt werden kann. Einen<br />

geringeren Stellenwert hat gr<strong>und</strong>sätzliches Wissen, welches man nicht<br />

unmittelbar für den eigenen Arbeitsbereich anwenden kann. Allerdings<br />

braucht man dieses Wissen über Armut auch um argumentieren zu<br />

können, um For<strong>der</strong>ungen stellen zu können, um sozialpolitisch arbeiten zu<br />

können.<br />

<strong>Wissensmanagement</strong> hat aber einen nicht sehr hohen Stellenwert in <strong>der</strong><br />

Arbeit <strong>der</strong> NGOs. Es geht <strong>im</strong>mer eher um Sozialmanagement als um<br />

<strong>Wissensmanagement</strong>. So steht die Frage, „wie kann ich meinen Betrieb<br />

managen?“ <strong>im</strong> Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>. Wenn Wissen etwa für einen Projektantrag<br />

o<strong>der</strong> für einen Subventionsantrag dient, dann wird Wissen auch dazu<br />

benutzt. Allerdings gibt es scheinbar keine eigenen Betriebsziele in<br />

Richtung <strong>Wissensmanagement</strong>. Das kann letztlich dazu führen, dass das<br />

Wissen über Sozialpolitik sogar abn<strong>im</strong>mt, hingegen Wissen über Controlling<br />

<strong>und</strong> Rechnungswesen zun<strong>im</strong>mt.<br />

Wie passiert das <strong>Lernen</strong> innerhalb des <strong>Netzwerk</strong>es?<br />

Ein Erfolgsfaktor für das <strong>Lernen</strong> ist das Erkennen von eigenem Nutzen.<br />

<strong>Lernen</strong> passiert durch das Entstehen <strong>und</strong> Ausnutzen von Synergien in <strong>der</strong><br />

praktischen Arbeit, wenn Menschen etwa von mehreren NGOS betreut<br />

werden. Dabei passiert das <strong>Lernen</strong> hauptsächlich durch Informationsaustausch<br />

über KlientInnen.<br />

Endbericht Seite 60


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Ebenso durch Veranstaltungen wie <strong>der</strong> Armutskonferenz bei denen man<br />

sich trifft, wie zum Beispiel bei <strong>der</strong> Veranstaltung zur sozialen Mindestsicherung<br />

vor drei Jahren in Salzburg, bei <strong>der</strong> auch ein externer Experte<br />

von <strong>der</strong> Universität dazu eingeladen wurde.<br />

Das <strong>Lernen</strong> findet gerade durch die <strong>Netzwerk</strong>funktion <strong>und</strong> durch den<br />

persönlichen Austausch statt. Das <strong>Lernen</strong> hat eine recht hohe Intensität<br />

mit einer hohen <strong>und</strong> professionellen Form des Wissensaustausches. Durch<br />

das Beisein bei Vorträgen wird sehr viel Wissen erworben ebenso durch<br />

das Lesen von Fachliteratur. Auf den Diskussionsveranstaltungen etwa trifft<br />

man <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> dieselben themen-interessierten Menschen, <strong>im</strong> Falle<br />

<strong>der</strong> Armutskonferenz ein Personenkreis von 20- 50 Menschen.<br />

Ob durch die Verteilung <strong>der</strong> Informationen durch den Koordinator lernen<br />

passiert, ist zu wenig abschätzbar, jedenfalls ist dies für das einzelne<br />

Mitglied <strong>der</strong> Armutskonferenz eine angebotene Möglichkeit.<br />

Der heuer <strong>im</strong> Frühjahr durchgeführte Organisationsentwicklungsprozess<br />

verhalf dazu, gemeinsam zu lernen <strong>und</strong> daraus folgend entstand ein<br />

gemeinsamer Planungstag, bei dem auch wechselseitig Wissen<br />

ausgetauscht wurde. Institutionell geht es in die Richtung, dass es einen<br />

Planungstag <strong>im</strong> Jahr gibt <strong>und</strong> alle zwei Jahre einen kleinen Organisationsentwicklungsprozess.<br />

Wie passiert <strong>Wissensmanagement</strong> innerhalb <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz?<br />

Was <strong>Wissensmanagement</strong> ist, ist aber <strong>der</strong>zeit den Mitglie<strong>der</strong>n noch nicht<br />

klar. Es gab bisher noch wenig bis keine Auseinan<strong>der</strong>setzung mit dieser<br />

Fragestellung. Das bisherige <strong>Wissensmanagement</strong> ist das Erstellen von<br />

Tätigkeitsberichten.<br />

Sehr stark projektorientiert wird überlegt, wie man sich das nötige Wissen<br />

aneignen kann, um das jeweilige Projekt durchzuführen; wie man die<br />

Wissenselemente, die man an Zielgruppen heranbringen will, aufbereiten<br />

<strong>und</strong> vermitteln kann.<br />

Das Koordinationsteam ist eine lebendige Wissensgemeinschaft, die sehr<br />

viele Vernetzung zu den an<strong>der</strong>en Mitglie<strong>der</strong>n hat. Vor allem die Vielfalt<br />

<strong>der</strong> darin vertretenen Einrichtungen <strong>und</strong> das damit verb<strong>und</strong>ene<br />

Klientelwissen ist sicher eine Stärke dieser Wissensgemeinschaft..<br />

Im Folgenden wird anhand des <strong>im</strong> Theorieteil entwickelten<br />

<strong>Wissensmanagement</strong> Modells auf die unterschiedlichen Wissensprozesse<br />

eingegangen:<br />

Endbericht Seite 61


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Wie wird Wissen erworben?<br />

Der Koordinator holt sich Informationseinzelteile <strong>und</strong> setzt diese<br />

zusammen, die Einrichtungen holen sich aus dem Gesamten wie<strong>der</strong>um<br />

Einzelteile heraus. Der Koordinator versucht über Einzelthemen hinaus ein<br />

Gesamtbild zu komplettieren. Die Einrichtungen versuchen, aus dem<br />

Gesamtbild ganz spezifisch für sich Erkenntniswissen zu gewinnen. Der<br />

Koordinator erwirbt sein Wissen auch von außen über Studien <strong>und</strong><br />

Armutserhebungen, auch in Kooperation mit <strong>der</strong> Österreichischen<br />

Armutskonferenz. Der Koordinator holt sich Wissen aktiv, filtert es <strong>und</strong><br />

verteilt es dann weiter an die Mitglie<strong>der</strong> des <strong>Netzwerk</strong>es.<br />

Weiters wird Wissen stark anlass- <strong>und</strong> projektbezogen erworben: Zum<br />

Beispiel <strong>im</strong> Zusammenhang mit <strong>der</strong> 2. regionalen Konferenz, bei <strong>der</strong> das<br />

Schwerpunktthema Partizipation war, wurde <strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong><br />

Projektvorbereitung viel Wissen <strong>im</strong> Koordinationsteam erworben.<br />

Wie wird Wissen in <strong>der</strong> Armutskonferenz entwickelt?<br />

Wissen sammeln ist <strong>der</strong> erste Schritt zur Wissensentwicklung. Neues Wissen<br />

wird eher spontan – nicht geplant entwickelt. Es gibt keinen Plan wie man<br />

Wissen weiterentwickelt. Es gibt aber die Möglichkeit, Gelegenheit zu<br />

schaffen <strong>und</strong> anzubieten für die Wissensentwicklung. Als Beispiel: Be<strong>im</strong><br />

Integrationsleitbild <strong>der</strong> Stadt Salzburg hat eine gemeinsame<br />

Wissensentwicklung vor allem in den Arbeitsgruppen stattgef<strong>und</strong>en.<br />

Diese Arbeitsgruppen wurden bedarfsorientiert <strong>und</strong> themenbezogen<br />

entwickelt. Es waren TeilnehmerInnen aus Politik, Verwaltung,<br />

MigrantInnenvereinen <strong>und</strong> Kulturinitiativen bis hin zur Polizei vertreten. So<br />

gab es einen intensiven Austausch von Erfahrungen. Wechselseitiges<br />

Verstehen entstand durch das Austauschen <strong>der</strong> jeweiligen Bedürfnisse<br />

<strong>und</strong> Handlungszwänge.<br />

Wissen wird auch adaptiv entwickelt durch Recherche, wie es zum<br />

Beispiel bei <strong>der</strong> Österreichischen Armutskonferenz permanent passiert.<br />

Endbericht Seite 62


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Wie wird Wissen ausgetauscht?<br />

Das Koordinationsteam trifft sich 6-8 Mal <strong>im</strong> Jahr. Im Koordinationsteam<br />

passiert Wissensaustausch über von Armut Betroffene in einem eher<br />

beschränkten Ausmaß, da sehr viele Organisations- <strong>und</strong> Handlungsaufgaben<br />

vorhanden sind. Mitglie<strong>der</strong> des Koordinationsteams gehen regelmäßig<br />

zu PolitikerInnen <strong>und</strong> hohen Verwaltungs-mitarbeiterInnen, um<br />

Wissen über Armut <strong>und</strong> Armutsbekämpfung in Salzburg weiterzutragen.<br />

Diese EntscheidungsträgerInnen haben schon ein best<strong>im</strong>mtes Wissen zu<br />

Armut allerdings gibt es Bereiche, wo sie mehr Wissen brauchen. Gleichzeitig<br />

wird eingefor<strong>der</strong>t, dass die Armutskonferenz weiterhin unterstützt<br />

wird.<br />

PolitikerInnen lernen gerade auf den Diskussionsveranstaltungen nicht nur<br />

neue Zahlen kennen, son<strong>der</strong>n erfahren auch viel über Strukturverän<strong>der</strong>ungsvorschläge<br />

<strong>und</strong> ganz konkrete Maßnahmen. Sehr oft stößt man<br />

dabei allerdings an die Grenzen <strong>der</strong> Budgetknappheit.<br />

Wie wird Wissen bewahrt?<br />

Die Wissensbewahrung ist sehr stark personenzentriert, also hauptsächlich<br />

in <strong>der</strong> Person des Koordinators <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz zu finden;<br />

<strong>und</strong> fachspezifisch in den einzelnen Arbeitsgruppen <strong>und</strong> in den einzelnen<br />

Einrichtungen. Schließlich gibt es verschriftlichtes Wissen in Form von<br />

Dokumentationen über Veranstaltungen <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Ergebnisse.<br />

Die umfangreichste Materialsammlung zum Thema Armut findet sich be<strong>im</strong><br />

Koordinator <strong>und</strong> in <strong>der</strong> sozialpolitischen Abteilung <strong>der</strong> Arbeiterkammer<br />

<strong>und</strong> auch hierbei sehr personenabhängig.<br />

Wissen wird auch bewahrt, in dem es in Bewegung bleibt, so etwa durch<br />

die laufenden Veranstaltungen zu verschiedenen Themen, <strong>und</strong> indem<br />

das Thema durch die Pressearbeit aufrechterhalten wird. Dabei versucht<br />

die Armutskonferenz stärker in Richtung Aktionismus zu gehen, <strong>der</strong> Armut<br />

etwas plakativer macht, um dieses Wissen in <strong>der</strong> Öffentlichkeit zu<br />

bewahren.<br />

Unter welchen Umständen wird Wissen weitergegeben?<br />

Es wird von einigen befragten ExpertInnen anerkannt, dass die Einrichtungen<br />

nicht alle Informationen an den Koordinator weiterleiten, da sie<br />

auch eigene Interessen haben. So etwa hat große NGOs das Interesse<br />

manche Daten <strong>und</strong> Ergebnisse selbst <strong>der</strong> interessierten Öffentlichkeit zu<br />

vermitteln.<br />

Bei <strong>der</strong> Armutskonferenz werden Presseausendung, Landtagsbeschlüsse,<br />

Offene Briefe, Stellungnahmen an alle Mitglie<strong>der</strong> ausgeschickt. Weiteres<br />

liegt in <strong>der</strong> Einschätzung des Koordinators.<br />

Wissen bleibt ungenutzt innerhalb von großen Einrichtungen mit verschiedenen<br />

Außenstellen, hier würde eine Beschäftigung mit Wissensmanage-<br />

Endbericht Seite 63


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

ment sehr wohl behilflich sein (z.B. Caritas Zentrale <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Außenstellen).<br />

Bei Veranstaltungen findet <strong>der</strong> Austausch auch statt, zum Kräfte bündeln,<br />

zum Gruppen vernetzen. Aktionswochen sind eine gute Erweiterung<br />

dieser Veranstaltungen.<br />

Wenn man Menschen von außen gewinnen will, braucht es vermehrt<br />

Aktionswochen. So wichtig <strong>der</strong> Austausch intern ist, aber man muss sich<br />

Schneeballeffekt-mäßig auch nach außen bewegen, meint ein Interviewpartner,<br />

um Wissen nicht selbst zirkulär „stranden“ zu lassen.<br />

Abgesehen davon ist technische Infrastruktur notwendig, um Wissen rasch<br />

weiterzugeben <strong>und</strong> vorher entsprechend aufzubereiten. Die emails <strong>der</strong><br />

Salzburger Armutskonferenz gehen kritisch bewertend mit Informationen<br />

um, wie ein Interviewpartner darstellt; sind also wesentlich für die<br />

Bewusstseinsbildung, aber es braucht dafür ein Namen <strong>und</strong> ein standing,<br />

damit die emails gelesen werden. Ebenso braucht es einen nahen<br />

unmittelbaren Bezug zum Arbeitsfeld desjenigen, <strong>der</strong> angesprochen<br />

werden soll. Man weiß, dass von best<strong>im</strong>mten Personen „in <strong>der</strong> Szene“<br />

gezielt Meinungsbildung zum Thema Armut betrieben wird. Das sind<br />

wichtige Faktoren für die Weitergabe von Wissen.<br />

Wenn es Anlassbezogen wichtig ist, eine Lobby zu bilden, zum Beispiel bei<br />

Budgetproblemen, ist wechselseitiger Wissens- <strong>und</strong> Informationsaustausch<br />

ganz wichtig. Viele NGOs haben einjährige Leistungsverträge <strong>und</strong> wenn<br />

es darum geht Position zu beziehen, so wird <strong>der</strong> Wissensaustausch sehr<br />

hochgehalten. Denn Wissensaustausch ist auch nicht <strong>im</strong>mer gewünscht,<br />

je stärker eine Lobby wird, desto erfolgreicher agiert sie auch. Manchmal<br />

wird versucht seitens <strong>der</strong> Subventionsgeber NGOs untereinan<strong>der</strong> auszuspielen,<br />

dann versucht man vielleicht aus Angst vor Budgetkürzungen<br />

Zahlen nicht unbedingt weiterzugeben.<br />

Kommunikationsprozesse <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong><br />

Was braucht ein <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> Zivilgesellschaft zur Kommunikation nach innen?<br />

Sowohl für die Kommunikation nach innen als auch für die Öffentlichkeitsarbeit<br />

nach außen braucht es eine klar definierte Zielgruppe, eine klar definierte<br />

Rollenverteilung: Wer sagt was zu welchem Zeitpunkt <strong>und</strong> warum<br />

<strong>und</strong> wie? Zusätzlich braucht es aber auch Freiheit, um selbstständige<br />

Kommunikation zu ermöglichen. „Wo Armutskonferenz draufsteht, muß<br />

das zumindest <strong>der</strong> Koordinator gelesen haben“, meinte ein Interviewpartner.<br />

Es braucht ein klares Ziel für die interne Kommunikation, welches Bild in <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit abgegeben werden soll, dies ist <strong>im</strong> Falle <strong>der</strong> Armutskonferenz<br />

eine Expertenrolle zum Thema Armut uns soziale Ausgrenzung.<br />

Endbericht Seite 64


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Die interne Datenweitergabe erfolgt vorwiegend elektronisch via eines<br />

internen Newsletters alle zwei Monate <strong>und</strong> durch regelmäßige persönliche<br />

Treffen. Das Internet ist nicht mehr wegzudenken, wobei die Flut an<br />

Informationen auch überfor<strong>der</strong>t. Dadurch dass es einen hauptamtlichen<br />

Koordinator gibt, fühlt man sich eher angesprochen <strong>und</strong> liest die<br />

Informationen eher. Es braucht zudem persönliche Treffen mit einer guten<br />

Struktur. Ein <strong>Netzwerk</strong> braucht in <strong>der</strong> Anfangsphase an<strong>der</strong>e Kommunikationsstrukturen<br />

als in einer Konsolidierungsphase o<strong>der</strong> in einer späteren<br />

Phase, wo dieses bereits sehr stark etabliert ist. Es ist wichtig, Professionalisierungsschritte<br />

zu unternehmen, aber gleichzeitig den <strong>Netzwerk</strong>charakter<br />

nicht aufzugeben; das heißt Funktionen- <strong>und</strong> Rollenzuschreibungen<br />

in einem Koordinationsteam vorzunehmen <strong>und</strong> Verantwortung<br />

den Mitglie<strong>der</strong>n des <strong>Netzwerk</strong>s zu geben. Das Spezifikum ist dabei <strong>im</strong>mer<br />

die flache Hierarchie auch in <strong>der</strong> internen Kommunikation. Bei einer allzu<br />

starken Institutionalisierung würden eben doch die „Großen“ best<strong>im</strong>men,<br />

wo es lang geht, wird befürchtet.<br />

Ein <strong>Netzwerk</strong> lebt davon, dass es möglichst breit angelegt ist, <strong>und</strong> dass<br />

viele Organisationen <strong>und</strong> die Szene in ihrer Vielfalt vertreten ist. Der Beitritt<br />

zu einem <strong>Netzwerk</strong> erfolgt sehr nie<strong>der</strong>schwellig.<br />

Was braucht ein <strong>Netzwerk</strong> für eine Kommunikation nach außen?<br />

Eine best<strong>im</strong>mte Wahrnehmungsschwelle muss stets überschritten werden,<br />

die schon relativ hoch ist für eine NGO. Um Mitspieler in <strong>der</strong> sozialpolitischen<br />

Szene zu werden, braucht es die Ausdauer über mehrere Jahre hinweg<br />

Botschaften <strong>und</strong> Projekte zu transportieren. Und es benötigt einen<br />

bezahlten Mitarbeiter, um gewisse Ressourcen zur Verfügung zu haben. Es<br />

braucht bei jedem zivilgesellschaftlichen <strong>Netzwerk</strong> professionelle SprecherInnen,<br />

die relativ rasch auf politische Diskussionen reagieren können,<br />

wenn zum Beispiel Sozialbudgetkürzungen drohen. Da in vielen <strong>Netzwerk</strong>en<br />

ehrenamtlich gearbeitet wird, fällt die Reaktionszeit etwas lange aus.<br />

In einer Mediengesellschaft braucht es medienwirksame Personen, wie<br />

etwa <strong>der</strong> Caritas Präsident Franz Küberl. Hier gilt es jemanden zu finden,<br />

<strong>der</strong> bei einer Medienkampagne wirkungsvoll zur Seite steht.<br />

Es braucht Öffentlichkeitsarbeit, um <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> medial vertreten zu<br />

sein. Wenn die Armutskonferenz das Gefühl hat, dass es ein Thema gibt,<br />

bei dem sie etwas dazu beitragen kann, so meldet sich <strong>der</strong> Koordinator<br />

nach außen zu Wort, um das Thema Armut präsent zu halten <strong>und</strong> um<br />

<strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> Fakten <strong>und</strong> Zahlen aufzuzeigen. Ebenso gilt es viele<br />

Veranstaltungen zu organisieren, um <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> <strong>im</strong> Blickfeld <strong>der</strong><br />

Menschen zu sein. Die Kommunikation nach außen funktioniert sehr gut. Es<br />

besteht eine klare Kompetenzverteilung be<strong>im</strong> Außenauftritt. Es braucht<br />

wie bei je<strong>der</strong> Öffentlichkeitsarbeit, einen Plan, von dem Bild, das man<br />

abgeben will <strong>und</strong> so gilt es, Kontakte <strong>und</strong> Vertrauen bei den Medien<br />

aufzubauen. Eine „halböffentliche“ Information ergeht aber auch an<br />

Parteien, an PolitikerInnen <strong>und</strong> an Verwaltungsbeamte.<br />

Endbericht Seite 65


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Was lernt die Armutskonferenz von Kommunikationsprozessen mit <strong>der</strong> Politik <strong>und</strong><br />

Verwaltung?<br />

Die Armutskonferenz hat schnell die Grenzen kennen gelernt <strong>und</strong> auch,<br />

wo es echtes Interesse gibt <strong>und</strong> wo nicht. Armut ist nicht gut verkaufbar,<br />

ist noch <strong>im</strong>mer sehr stigmatisiert. Man hat den obdachlosen, betrunkenen<br />

Mann <strong>im</strong> Kopf, weil die sichtbarer sind als die obdachlosen Frauen. Das<br />

lässt sich einer Wählerschaft aber schlecht verkaufen. „Wir lernen, dass wir<br />

Armutsbekämpfung so aufbereiten müssen, dass es die PolitikerInnen gut<br />

verkaufen können: AlleinerzieherInnen, MindestrentnerInnen lassen sich<br />

besser verkaufen als Obdachlose. So trauen sich PolitikerInnen eher über<br />

das Thema drüber, weg von <strong>der</strong> stigmatisierten Gruppe <strong>der</strong> Armut hin zu<br />

einer großen Gruppe von Betroffenen, wo man Armut nicht am ersten<br />

Blick sieht.“, meint ein Interviewpartner.<br />

Die positive Lernerfahrung ist, dass man als ExpertInnengruppe zum<br />

Thema Armut gesehen wird. Es ist gelingen, ein player innerhalb des<br />

Gefüges zu werden.<br />

8. Verschiedenheit in <strong>der</strong> Armutskonferenz<br />

Woraus ergeben sich <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> die Positionen <strong>der</strong> Organisationen mit<br />

verschiedenen Zielgruppen <strong>und</strong> Aufgabenstellungen?<br />

Es war eine Ausgangshypothese, dass Einrichtungen, die sich einem<br />

best<strong>im</strong>mten Klientel widmen, auch eine best<strong>im</strong>mte Position <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong><br />

haben. Es hat sich gezeigt, dass die Unterschiede zwischen den Organisationen<br />

<strong>und</strong> ihren Positionen <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> eher personengeb<strong>und</strong>en sind<br />

<strong>und</strong> weniger zielgruppenspezifisch in <strong>der</strong> Arbeit; <strong>und</strong> weiters, ob sich etwa<br />

<strong>der</strong>/die Geschäftsführer/in für das Thema interessiert o<strong>der</strong> nicht. Es gibt<br />

einen latenten Interessenskonflikt zwischen den etablierten, klassischen<br />

Sozialeinrichtungen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en NGOs, die etwa selbstorganisiert sind<br />

<strong>und</strong>/o<strong>der</strong> Ehrenamtsarbeit machen, die an<strong>der</strong>e Zugänge haben. Dann<br />

gibt es den Unterschied zwischen großen <strong>und</strong> kleinen Organisationen.<br />

Organisationen mit dem Schwerpunkt MigrantInnen sind nicht vertreten,<br />

da es eine Arbeitsteilung gibt, zwischen <strong>der</strong> Armutskonferenz <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Plattform für Menschenrechte.<br />

Die Zielgruppe Frauen ist durch das Frauenarmutsnetzwerk vertreten, das<br />

formal Mitglied ist. NGOs haben jeweils einen Blickwinkel auf ihr Klientel<br />

<strong>und</strong> bringen damit wichtige Schwerpunkte <strong>und</strong> Wissen ein. Das Thema<br />

„Frauen“ zieht sich durch die Arbeit <strong>der</strong> Armutskonferenz durch, sicherlich<br />

auch durch die starke Präsenz des eigenen Frauenarmutsnetzwerkes. Das<br />

Frauenarmutsnetzwerk hat allerdings keine hauptamtliche Mitarbeiterin.<br />

Eingeladen wird von den Frauenbüros von Stadt <strong>und</strong> Land Salzburg, aber<br />

es gibt keine Pressekonferenzen <strong>und</strong> keine Aktionen. Die Intention bei <strong>der</strong><br />

Gründung war, sich selbst als ExpertInnen zu schulen <strong>und</strong> verschiedene<br />

ExpertInnen zur Wissensvermehrung einzuladen. In <strong>der</strong> politischen Arbeit<br />

hat man das System des „Nachtelefonierens“ eingeführt: Gemachte<br />

Versprechungen werden nach einer gewissen Zeit überprüft.<br />

Endbericht Seite 66


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

9. Zusammenfassende Diskussion<br />

Im Folgenden werden relevante Ergebnisse <strong>der</strong> Theoriearbeit nochmals<br />

präsentiert <strong>und</strong> mit den empirischen Ergebnissen zusammengeführt:<br />

Angesichts <strong>der</strong> Enttäuschungen hinsichtlich <strong>der</strong> Lösungskompetenz von Politik<br />

werden neue Formen <strong>und</strong> Akteure von Gesellschaftsgestaltung gesucht <strong>und</strong><br />

zivilgesellschaftliche Organisationen <strong>und</strong> <strong>Netzwerk</strong>e werden verstärkt als<br />

Hoffnungsträger für die Lösung gesellschaftlicher Steuerungsprobleme thematisiert.<br />

So zeigte sich, dass in Salzburg vor allem durch das Anbieten von<br />

Handlungsoptionen das <strong>Netzwerk</strong> einen Schritt näher zur Stufe <strong>der</strong> Entscheidung<br />

gelangt. Je besser <strong>und</strong> klarer strukturiert sie Handlungsoptionen als<br />

Entscheidungsgr<strong>und</strong>lage anbieten können, desto eher erhalten sie ExpertInnenstatus<br />

<strong>und</strong> können in einem policy cycle Einfluss üben.<br />

Eine zivilgesellschaftliche Öffentlichkeit hat drei Aufgaben zu erfüllen (Walzer,<br />

1995): Signalfunktion <strong>im</strong> Sinne <strong>der</strong> Wahrnehmung gesellschaftlicher Probleme,<br />

die Thematisierung dieser Probleme <strong>und</strong> die anschließende Kontrolle <strong>der</strong><br />

Behandlung dieser Probleme. Am Beispiel <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz zeigt<br />

sich, dass diese Aufgaben auch <strong>im</strong> Sinne des Staates kooperativ gelöst werden<br />

können: Hier wird staatlicherseits das <strong>Wissensmanagement</strong> innerhalb <strong>der</strong><br />

zivilgesellschaftlichen <strong>Netzwerk</strong>bewegung <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz<br />

geför<strong>der</strong>t – mit großem Erfolg wie von allen Seiten bestätigt wurde.<br />

Die Salzburger Armutskonferenz in <strong>der</strong> Zivilgesellschaft<br />

Die Salzburger Armutskonferenz ist eine soziale <strong>Netzwerk</strong>bewegung. Sie hat sich<br />

2001 gegründet <strong>und</strong> ist seit damals kontinuierlich gewachsen. Heute zählt sie 30<br />

Mitglie<strong>der</strong> als Organisationen <strong>und</strong> Einzelpersonen. Charakteristisch an sozialen<br />

<strong>Netzwerk</strong>bewegungen sind:<br />

* Soziale <strong>Netzwerk</strong>bewegungen suchen laufend nach Unterstützung durch<br />

an<strong>der</strong>e, mit dem Ziel, sich weiterhin bewegen zu können. (Mobilität)<br />

* Durch kontinuierliche Aktivitäten macht die Organisation auf sich aufmerksam<br />

<strong>und</strong> stellt weiterhin ihren Bewegungscharakter unter Beweis. (Kontinuität)<br />

* Sie bilden ihren Gruppenzusammenhalt durch ein stark ausgeprägtes<br />

Gruppengefühl. (Hohe symbolische Integration)<br />

* In vielen sozialen <strong>Netzwerk</strong>bewegungen zeigt sich anfangs ein geringer Grad<br />

an Ausdifferenzierung <strong>und</strong> an Festlegung best<strong>im</strong>mter Rollen. (Geringe<br />

Rollenspezifikation)<br />

* Sie sind sehr flexibel <strong>und</strong> variabel bei <strong>der</strong> Wahl <strong>und</strong> Durchführung ihrer<br />

formalen Organisation <strong>und</strong> ihrer Aktionen. (Variable Organisations- <strong>und</strong><br />

Aktionsformen)<br />

* Soziale <strong>Netzwerk</strong>bewegungen streben einen sozialen Wandel in <strong>der</strong><br />

Gesellschaft an. Das heißt, sie wollen die Gesellschaft als Ganzes o<strong>der</strong><br />

zumindest Teilbereiche des gesellschaftlichen Zusammenlebens än<strong>der</strong>n.<br />

(Ziele)<br />

Endbericht Seite 67


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Am Beispiel <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz zeigt sich, dass ein wichtiges <strong>und</strong><br />

von allen Mitglie<strong>der</strong>n anerkanntes Ziel die bei zu behaltende Mobilität ist. Aus<br />

diesem Gr<strong>und</strong> wurde lange Zeit kein Verein gegründet, denn dies würde zu<br />

einer verstärkten Institutionalisierung führen. Das <strong>Netzwerk</strong> profitiert vor allem<br />

durch die kontinuierliche Arbeit des Koordinators <strong>und</strong> stellt so den Charakter<br />

einer NGO unter Beweis. Mitglied bei <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz zu sein ist<br />

für NGOs gefragt. Sie treten ein in einen Prozess des Wissenserwerbs <strong>und</strong><br />

Wissensaustausches. Die geringe Rollenspezifikation, die hauptsächlich aus dem<br />

Koordinator, dem Koordinationsteam <strong>und</strong> den Mitglie<strong>der</strong>n bestand hat zu eine<br />

teilweisen Überfor<strong>der</strong>ung des Arbeitsmodells geführt. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wurde<br />

in einem Organisationsentwicklungsprozess <strong>im</strong> Frühling 2006 eine neue Struktur<br />

geschaffen, in dem zum Beispiel eine zusätzliche Sprecherin des <strong>Netzwerk</strong>es<br />

gewählt wurde, <strong>und</strong> Verantwortliche für den Bereich Finanzen <strong>und</strong> Personal<br />

gewählt wurden.<br />

Das allgemeine Ziel <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz ist auf Soziale Ausgrenzung<br />

durch Armut aufmerksam zu machen <strong>und</strong> Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong><br />

Armutsbekämpfung zu erwirken.<br />

Nach Prittwitz (1994) kann man ein rationales Politikentscheidungsmodell in die<br />

Gesamtheit des sogenannten Policy Zyklus einglie<strong>der</strong>n. Entscheidungen werden<br />

demnach als Voraussetzung für den Programmvollzug getroffen als die opt<strong>im</strong>ale<br />

Option aus den Handlungsoptionen.<br />

Problemwahrnehmung<br />

Vorabschätzung von<br />

Handlungsalternativen<br />

Handlungskorrektur; <strong>Lernen</strong><br />

Wirkungskontrolle<br />

Programmvollzug<br />

Programmbildung;<br />

Entscheidung<br />

Abbildung: Policy - Zyklus nach Prittwitz (1994, S. 57)<br />

Gerade aus diesem sehr anschaulichen - idealtypischen - Modell erkennen wir,<br />

dass Entscheidungen als Auswahl von Handlungsalternativen in einen<br />

Gesamtkreislauf eingebettet sind, <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Problemwahrnehmung bis hin<br />

zum politischen <strong>Lernen</strong> reicht. Durch dieses normative Modell wird <strong>der</strong><br />

Ablaufsprozess sehr gut sichtbar <strong>und</strong> möglicherweise beeinflussbar.<br />

Endbericht Seite 68


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Es hat sich gezeigt, dass die Salzburger Armutskonferenz vor allem <strong>im</strong> Bereich<br />

<strong>der</strong> Problemwahrnehmung durch ihr öffentliches Auftreten viel Einfluss hat. Die<br />

öffentliche Problemwahrnehmung ist dabei durch drei Ebenen best<strong>im</strong>mt:<br />

Massenmedien, ExpertInnen-öffentlichkeit <strong>und</strong> Alltagskommunikation (Mauss,<br />

1975; Prittwitz, 1994; Tarrow, 1994). Gelingt es sozialen <strong>Netzwerk</strong>bewegungen wie<br />

<strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz auf all diesen Ebenen Aufmerksamkeit auf das<br />

zu vermittelnde Problem zu lenken, so ist <strong>und</strong> war <strong>der</strong> politische Einfluss bereits<br />

sehr groß. Der Einfluss auf die unterschiedlichen Institutionen <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />

soll zukünftig noch ausgebaut werden durch verstärkte Öffentlichkeitsarbeit <strong>und</strong><br />

Aktionismus. Ein mittlerer Einfluss besteht bei <strong>der</strong> Vorabschätzung von<br />

Handlungsalternativen, wenn etwa <strong>der</strong> Koordinator zu Sitzungen des Landtages<br />

als Experte eingeladen wird. Hinsichtlich <strong>der</strong> Programmbildung <strong>und</strong> des<br />

Programmvollzugs wird <strong>der</strong> geringste Einfluss auf die politischen Arenen<br />

gesehen. Die Wirkungskontrolle ist wie<strong>der</strong>um sehr stark ausgeprägt, da dabei<br />

die konkreten Maßnahmen auf ihre Effizienz untersucht werden <strong>und</strong> dies auch<br />

an<strong>der</strong>en politischen Akteuren rückgemeldet wird.<br />

Hinsichtlich des Mobilisierungsmanagements zeigt sich ein sehr professionelles<br />

Bild. Die Gruppen von Menschen, die in verschiedenen Positionen zu ihnen<br />

stehen, sollen speziell angesprochen werden. Watts (1987) unterteilt in 6<br />

Gruppen: aktives Mitglied (activist), potentielles Mitglied (supporter),<br />

SympthatisantInnen (sympathizer), indifferent (indifferent), KritikerInnen (critics)<br />

<strong>und</strong> GegnerInnen (opponents). Durch eine gezielte Informationsarbeit ist es<br />

möglich, zumindest die Zahl <strong>der</strong> SympathisantInnen zu erhöhen <strong>und</strong> dadurch<br />

mehr politisches Gewicht zu bekommen. Der Erfolg einer sozialen<br />

<strong>Netzwerk</strong>bewegung liegt also in <strong>der</strong> Mobilisierung durch Überzeugung. Neue<br />

Themen, die viele Menschen betreffen, haben das größte Mobilisierungspotential.<br />

Armut ist ein solches Thema <strong>und</strong> aus diesem Gr<strong>und</strong> dürfte auch das<br />

gute gesellschaftliche standing, wie von externen, befragten ExpertInnen<br />

bezeugt, zurückzuführen sein.<br />

Zivilgesellschaftliche Einrichtungen wie die Armutskonferenz sind sowohl Partner<br />

bei <strong>der</strong> Aushandlung neuer sozialstaatlicher Sicherungsmodelle als auch<br />

Korrektiv staatlicher Interventionen, <strong>im</strong> Rahmen <strong>der</strong> demokratischen Ordnung.<br />

Durch zivilgesellschaftliche Partizipation können Lücken <strong>der</strong> sozialen Integration<br />

geschlossen werden.<br />

So schafft zivilgesellschaftliches Engagement Platz für das Thematisieren <strong>und</strong><br />

Aushandeln von gesellschaftlichen Problemen. Die Salzburger Armutskonferenz<br />

erfüllt Aufgaben als Interessensvertretung in dem sie versucht, Öffentlichkeiten<br />

zu beeinflussen, sie fungiert als Community Buil<strong>der</strong>, in dem sie mehr als 30<br />

Personen <strong>und</strong> Organisationen zu einem Thema einlädt <strong>und</strong> ihre Interessen<br />

bündelt <strong>und</strong> für Gemeinschaft sorgt. Sie ist eine Dienstleistungsagentur mit dem<br />

Ziel, ihren Mitglie<strong>der</strong>n möglichst schnell <strong>und</strong> präzise Wissen zu Armut <strong>und</strong><br />

Armutsbekämpfung zukommen zu lassen.<br />

Endbericht Seite 69


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Wissen als persönlicher Weltzugang<br />

Das Erfassen <strong>der</strong> Welt ist kein einfaches Abbilden, son<strong>der</strong>n ist ein zirkulärer<br />

Steuerungsakt eines wahrnehmenden Systems, <strong>der</strong> auf vergangenen<br />

Verhaltensakten (phylogenetisch <strong>und</strong> ontogenetisch entwickelt) <strong>und</strong><br />

Erklärungen beruht. In weiterer Folge kann Wissen als „<strong>der</strong> Prozess <strong>der</strong><br />

zweckdienlichen Vernetzung von Information“ verstanden werden (North, 2002,<br />

38). Das heißt, Wissen baut auf Informationen auf <strong>und</strong> Informationen sind all jene<br />

Prozesse <strong>der</strong> Bedeutungszuschreibung, die durch eine Wechselwirkung zwischen<br />

einem wahrnehmenden System <strong>und</strong> wahrgenommenen Objekten entsteht. In<br />

Folge entwickelt sich Wissen aus einer Bedeutungszuschreibung.<br />

Zwei gr<strong>und</strong>legende Prinzipien sind <strong>im</strong> Zusammenhang mit `Informations-erarbeitung´<br />

bei kognitiven Prozessen zu erwähnen (Foerster, 1993, 311). Das<br />

Selektionsprinzip beschreibt, dass <strong>der</strong> Mensch Bedeutungszuschreibungen für<br />

ein wahrgenommenes Signal sucht. Er wählt dabei jene Merkmale aus <strong>der</strong> Fülle<br />

<strong>der</strong> wahrgenommenen Signale, aus denen er am besten schlussfolgern kann.<br />

Mit einfachen Worten: Das was sich bewährt hat, danach wird auch weiterhin<br />

gesucht. Das Prinzip <strong>der</strong> Priorität <strong>der</strong> Selbstreferenz besagt, dass <strong>der</strong> Mensch die<br />

aufgebauten Informationen in Bezug auf <strong>der</strong>en bestmöglichen Gebrauch für<br />

seine eigenen Zwecke bewertet nach seinem eigenen Wissen.<br />

Alles was wahrgenommen wird, wird entsprechend dem eigenen Zustand<br />

wahrgenommen. Dabei hat er sein Vorwissen <strong>und</strong> die daraus gewonnen<br />

Präferenzregeln zur Verfügung.<br />

Dies sind <strong>im</strong> speziellen für die Öffentlichkeitsarbeit wichtige Prinzipien, da sie den<br />

wichtigen theoretischen Hintergr<strong>und</strong> liefern: Es ist sehr sinnvoll bei den<br />

Erfahrungswerten anzusetzen, die Menschen bereits besitzen. Das heißt, sie<br />

konkret nach ihren eigenen persönlichen Erfahrungen von Armut <strong>und</strong> damit<br />

verb<strong>und</strong>ener sozialer Ausgrenzung zu befragen, um so Bewusstseinsbildung bei<br />

Nichtbetroffenen zu schaffen.<br />

Aufgabe <strong>der</strong> Armutskonferenz ist es also, <strong>im</strong>plizites Wissen zu explizitem Wissen,<br />

<strong>und</strong> damit aushandelbar zu machen sowie individuelles <strong>und</strong> kollektives Wissen<br />

zu verbinden.<br />

<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> die Salzburger Armutskonferenz<br />

Gr<strong>und</strong>sätzliche Aufgabe von <strong>Wissensmanagement</strong> ist es, Rahmenbedingungen<br />

für den Transfer zwischen individuellem Wissen <strong>und</strong> kollektiven Wissen, zwischen<br />

<strong>im</strong>pliziten <strong>und</strong> expliziten Wissen herzustellen (vgl. Nonaka <strong>und</strong> Takeuchi, 1997).<br />

Dementsprechend ist es die Aufgabe von Maßnahmen des operativen<br />

<strong>Wissensmanagement</strong>s adäquate Rahmenbedingungen für Kommunikation zu<br />

schaffen.<br />

Als Gr<strong>und</strong>lage von allen <strong>Wissensmanagement</strong>aktivitäten wird das Informations<strong>und</strong><br />

Datenmanagement betrachtet. Durch das Bewahren <strong>und</strong> Repräsentieren<br />

bisheriger Wissenszusammenhänge wird <strong>Wissensmanagement</strong> ermöglicht. Hier<br />

Endbericht Seite 70


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

zeigt sich <strong>der</strong>zeit bei <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz, dass es kein einheitliches<br />

<strong>Wissensmanagement</strong> gibt. Daten werden individuell je nach Bedarf<br />

abgespeichert ohne <strong>im</strong> speziellen auf die Ziele <strong>der</strong> Organisation des <strong>Netzwerk</strong>es<br />

Rücksicht zu nehmen. Wie <strong>im</strong> Theorieteil dargestellt, ist die allgemeine Aufgabe<br />

von <strong>Wissensmanagement</strong>, wissensför<strong>der</strong>nde Rahmenbedingungen zu gestalten.<br />

Dabei wird die Verfügbarkeit von Wissen durch die Art des zu transferierenden<br />

Wissens, durch den Wissensanbieter, durch den Wissensnachfrager <strong>und</strong> durch<br />

den Kontext, in dem <strong>der</strong> Transfer passiert, best<strong>im</strong>mt.<br />

Ein üblicher Prozess des <strong>Wissensmanagement</strong>s in Organisationen startet mit <strong>der</strong><br />

Definition von Wissenszielen. Durch Wissensziele wird festgelegt, auf welcher<br />

Ebene, welche Kompetenzen benötigt werden.<br />

Normative Wissensziele (know-why) beziehen sich auf die Schaffung einer<br />

wissensbewussten Unternehmenskultur, strategische Wissensziele (know-what)<br />

beziehen sich auf den zukünftigen Kompetenzbedarf eines Unternehmens.<br />

Operative Wissensziele (know-how) umschreiben den organisatorischen Zugang<br />

zur Realisierung des <strong>Wissensmanagement</strong>s. In Bezug auf die Salzburger<br />

Amutskonferenz zeigt sich, dass eine Reflexion über Wissensziele nur vereinzelt<br />

stattfindet, <strong>und</strong> vor allem operative Wissensziele sich am „alltäglichen Geschäft“<br />

orientieren.<br />

Der Wissensmarkt <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz entsteht durch das<br />

Zusammenwirken <strong>und</strong> den Austausch von Wissensanbietern <strong>und</strong> Wissensnachfragern.<br />

Dabei braucht eine adäquate Wissensgenerierung <strong>und</strong> Wissensnutzung<br />

drei Bedingungen <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong>. Erstens gilt es, bei den Rahmenbedingungen<br />

Werte <strong>und</strong> Bedeutung des Wissens <strong>im</strong> Leitbild des <strong>Netzwerk</strong>es zu verankern, die<br />

Rollen <strong>und</strong> Kompetenzen <strong>der</strong> einzelnen Mitglie<strong>der</strong> zu beschreiben <strong>und</strong> zu<br />

entwickeln. Dies ist auch bereits <strong>im</strong> Organisationsentwicklungsprozess gelungen.<br />

Zweitens sind für den Wissensmarkt Austauschregeln festzulegen, in dem<br />

anspruchsvolle, kooperations-för<strong>der</strong>nde Ziele gesetzt werden <strong>und</strong> <strong>der</strong>en<br />

Erfüllung gemessen wird; in dem Akteure des Wissensmarktes definiert <strong>und</strong><br />

etabliert werden; in dem Spielregeln erklärt <strong>und</strong> wirksam werden.<br />

Die dritte Bedingungskategorie für das <strong>Wissensmanagement</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong><br />

bezieht sich auf Instrumente <strong>und</strong> Prozesse des Integrierens von <strong>Wissensmanagement</strong><br />

in die alltäglichen Arbeitsabläufe, das Implementieren von Medien <strong>und</strong><br />

Organisationsstrukturen <strong>und</strong> den Aufbau von Informationstechnischer<br />

Infrastruktur.<br />

Die Kybernetik von Wissen besteht darin, dass Wissensprozesse in sich<br />

geschlossene Kreisläufe sind, die untrennbar miteinan<strong>der</strong> in Verbindung stehen.<br />

Eine kognitionswissenschaftlich orientierte Betrachtungsweise von <strong>Wissensmanagement</strong><br />

hebt die Vorstellung <strong>der</strong> Zirkularität <strong>und</strong> <strong>der</strong> operativen<br />

Geschlossenheit von Wissensprozessen hervor. Die Prozesse Wissen erwerben,<br />

Endbericht Seite 71


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Wissen entwickeln, Wissen bewahren <strong>und</strong> Wissen (ver-) teilen sind untrennbar<br />

miteinan<strong>der</strong> verb<strong>und</strong>en innerhalb eines kognitiven <strong>und</strong> sozialen Systems:<br />

Abbildung: Wissen <strong>im</strong> Kreislauf<br />

Wissen erwerben ist ein aktives <strong>und</strong> selektives in Beziehung setzen eines<br />

beobachtenden Systems mit seinem Wissensmarkt. Auf Wissensmärkten besteht<br />

allerdings in <strong>der</strong> Regel sehr wenig Markttransparenz <strong>und</strong> die angebotenen<br />

Produkte sind schwer miteinan<strong>der</strong> vergleichbar, um nur zwei Beson<strong>der</strong>heiten<br />

dieses Marktes zu nennen, wie sie von Probst, Raub <strong>und</strong> Romhardt (1999)<br />

beschrieben werden.<br />

Der strukturelle Wissenserwerb <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz geschieht<br />

vorwiegend durch den Koordinator <strong>und</strong> vereinzelt durch engagierte Mitglie<strong>der</strong><br />

des <strong>Netzwerk</strong>es. Der Koordinator holt sich Informationseinzelteile <strong>und</strong> setzt diese<br />

zusammen <strong>und</strong> die Einrichtungen holen sich aus dem Gesamten wie<strong>der</strong>um<br />

Einzelteile heraus.<br />

Wissensentwicklung ist ein kreativer individueller o<strong>der</strong> kollektiver Akt. Durch das<br />

unterschiedliche Zuordnen von Bedeutungen entsteht Wissen mit einem mehr<br />

o<strong>der</strong> weniger hohen Neuigkeitsgrad, das die bisherige Wissensbasis verfestigt<br />

<strong>und</strong>/o<strong>der</strong> erweitern kann.<br />

Die Wissensentwicklung <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz geschieht etwa durch<br />

eine gute Diskussion bei einer Fachenquete. Neues Wissen wird eher spontan –<br />

nicht geplant entwickelt. Es gibt keinen Plan, wie man Wissen weiterentwickelt.<br />

Wissensrepräsentation wird als Form <strong>der</strong> Wissensbewahrung hervorgehoben.<br />

Dabei wird Wissensbewahrung als jener Prozess verstanden, durch den Wissen<br />

permanent aktualisiert wird.<br />

Schwindet die Aktualisierung von Wissensinhalten, so gehen auch die dementsprechenden<br />

Repräsentationsmöglichkeiten verloren. Aus diesem Gr<strong>und</strong> setzen<br />

Wissens-managementstrategien in <strong>der</strong> Kette Mensch – Organisation –<br />

Endbericht Seite 72


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

technische Unterstützung unter an<strong>der</strong>em auf MitarbeiterInnenbindung o<strong>der</strong> auf<br />

die Explikation von Fähigkeiten zur Entwicklung einer gemeinsamen<br />

organisationalen Wissensbasis, die etwa in Form elektronischer Zeichen bewahrt<br />

wird. Eine gemeinsame Wissensbasis für die Salzburger Armutskonferenz existiert<br />

nicht. Daten werden dezentral von vielen verschiedenen Personen gespeichert,<br />

ohne dass es einen allgemeinen Überblick gibt, wer welche Daten gespeichert<br />

hat. Dies hat auch Auswirkungen auf die Wissensverteilung.<br />

Wissens(ver-)teilung hat auch einen machtrelevanten Aspekt. Wer Wissen (ver-<br />

)teilt, (ver-) teilt auch Interaktionsmöglichkeiten <strong>und</strong> schafft Möglichkeiten für<br />

weitere Wissensgenerierung. Wer Wissen verteilt, kann neues Wissen über altes<br />

Wissen erwerben. Umgelegt auf zivilgesellschaftliche <strong>Netzwerk</strong>e kann versucht<br />

werden, Wissensbedürfnisse innerhalb <strong>und</strong> außerhalb <strong>der</strong> Gruppe abzudecken.<br />

Dazu braucht es vor <strong>der</strong> Wissens(ver-)teilung eine gr<strong>und</strong>legende Wissensentwicklung<br />

zu vor allem zwei Fragen: Wer braucht welches Wissen? Welches<br />

Wissen kann für wen von Nutzen sein? Diese Frage wurde bisher noch nicht<br />

explizit in <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz gestellt. Es fehlt eine strukturierte<br />

Datenbank zum Thema Armut <strong>und</strong> Armutsbekämpfung.<br />

Wissensgemeinschaften <strong>und</strong> Organisationales <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong><br />

Der Fokus dieser Forschungsarbeit ist das <strong>Wissensmanagement</strong> von einem<br />

zivilgesellschaftlichen <strong>Netzwerk</strong>. Aus <strong>der</strong> Perspektive des <strong>Wissensmanagement</strong>s<br />

sind <strong>Netzwerk</strong>e Wissensgemeinschaften (`communities of practice´). Auf<br />

freiwilliger Basis schließen sich Menschen mit an<strong>der</strong>en zusammen, um in einer<br />

konkreten, betroffen machenden Situationen gemeinsam zu lernen. In<br />

Unternehmen sind Wissensgemeinschaften (`communities of practice´)<br />

informelle, bereichsübergreifende Personengruppen- o<strong>der</strong> <strong>Netzwerk</strong>e (vgl.<br />

North, 2002; Reinmann-Rothmeier et. al. 2001; Wenger, 1998).<br />

Eine solche „community of practice“ in <strong>der</strong> „community of practice“ des<br />

<strong>Netzwerk</strong>es ist etwa das Koordinationsteam <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz. Hier<br />

treffen sich 9 Personen in regelmäßigen Abständen,, um auf informeller Basis das<br />

Thema Armut <strong>und</strong> Soziale Ausgrenzung in Salzburg voranzubringen.<br />

Sie zeichnen sich durch hohes Fachwissen, Diversität in ihren alltäglichen<br />

Aufgabengebieten <strong>und</strong> einen fre<strong>und</strong>schaftlichen Umgang untereinan<strong>der</strong> aus.<br />

In dieser Wissensgemeinschaft passiert hauptsächlich das organisationale<br />

<strong>Lernen</strong>, das auch durch Protokollierungen abgesichert ist.<br />

Die hohe Bereitschaft zum Engagement entsteht durch die eigene Betroffenheit<br />

<strong>und</strong> durch die Erkenntnis, dass gemeinsam mit an<strong>der</strong>en die Situation eher<br />

bewältigt werden kann. Dieses situative <strong>und</strong> organisationale <strong>Lernen</strong> wird dabei<br />

als <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> Gruppenprozess verstanden. Situationen aus dem Alltag werden<br />

gemeinsam erlebt <strong>und</strong> darüber reflektiert, wie man mit diesen besser umgehen<br />

kann. Das <strong>Lernen</strong> setzt konkret an den jeweiligen Alltagserfahrungen an.<br />

Endbericht Seite 73


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Organisation des <strong>Netzwerk</strong>es<br />

Im Wesentlichen ist die Gründung des <strong>Netzwerk</strong>es auf die Initiative von vier<br />

Personen zurückzuführen <strong>im</strong> Jahr 2000. Eine Vielzahl von zum Teil auch sehr<br />

kleinen Initiativen haben sich zusammengeschlossen; es werden Kräfte<br />

gebündelt, Informationen werden ausgetauscht, gemeinsam wird Lobbying<br />

betrieben für Gruppen, die sonst kaum Lobbies haben. Die wichtigste Stärke ist<br />

<strong>der</strong> <strong>Netzwerk</strong>charakter, in dem sich die Armutskonferenz themenzentriert<br />

entwickeln kann. Eine weitere organisatorische Stärken ist <strong>der</strong> sehr engagierte<br />

Koordinator <strong>der</strong> Armutskonferenz gibt, <strong>der</strong> 30 St<strong>und</strong>en beschäftigt ist. Innovation<br />

von <strong>Netzwerk</strong>en passiert sehr oft an <strong>der</strong> Peripherie, denn dort diff<strong>und</strong>iert das<br />

Wissen. Im Falle <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz mit <strong>der</strong> zentralen Rolle des<br />

Koordinators <strong>und</strong> des Koordinationsteams wird sehr viel Wissen geschaffen.<br />

Die Schwachpunkte aus denen gelernt wurde, war <strong>der</strong> Klärungsbedarf, was das<br />

Koordinationsteam ist. Weiters ist die Bündelung des <strong>Netzwerk</strong>es zwar gelungen,<br />

es sollten aber noch mehr die Betroffenen eingeb<strong>und</strong>en werden, wie manche<br />

ExpertInnen meinten.<br />

Die Kooperation mit staatlichen Akteuren hat sich positiv entwickelt. Die<br />

Armutskonferenz wird als kompetentes ExpertInnengremium wahrgenommen.<br />

Die regionalen Armutskonferenzen werden zwecks Wissenserwerb auch von<br />

VertreterInnen aus Politik <strong>und</strong> Verwaltung besucht. Diese Besuche dienen auch<br />

dazu, gegenseitiges Kennenlernen <strong>und</strong> Vertrauen zu schaffen.<br />

Zudem treffen sich VertreterInnen <strong>der</strong> Armutskonferenz jährlich mit<br />

Spitzenbeamten des Sozialressorts zum Wissensaustausch.<br />

Generell ist Politik gut beraten, sich mit Initiativen wie <strong>der</strong> Armutskonferenz<br />

stärker auseinan<strong>der</strong>zusetzen <strong>und</strong> ihr Wissen in Anspruch zu nehmen <strong>und</strong> ihre<br />

Vorschläge, die aus dem ExpertInnenwissen kommen, zu berücksichtigen.<br />

Zivilgesellschaft als Wissensspeicher<br />

Als Gr<strong>und</strong>lage von allen <strong>Wissensmanagement</strong>aktivitäten wird das Informations<strong>und</strong><br />

Datenmanagement betrachtet. Gerade in sozialen <strong>Netzwerk</strong>bewegungen,<br />

die pr<strong>im</strong>är soziale Verän<strong>der</strong>ungen erreichen wollen, ist die Wissensbewahrung<br />

eine notwendige Gr<strong>und</strong>lage für das Erkennen von sozialen Entwicklungen.<br />

Wobei <strong>der</strong> Zugriff auf die jeweiligen Datensammlungen stark motivations- <strong>und</strong><br />

erwartungsabhängig ist.<br />

Es besteht die interne Meinung, dass Wissen innerhalb <strong>der</strong> Armutskonferenz nicht<br />

verloren gehen kann, aber „man nicht am Thema dranbleibt“. Damit geht auch<br />

die politische Strategie verloren. Durch Themenverantwortlichkeit könnte man<br />

es schaffen, dass Themen nicht „verloren gehen“.<br />

Der Bedarf an Wissen ist unterschiedlich, weil die NGOs <strong>im</strong> Armutsnetzwerk<br />

unterschiedliche Zielsetzungen haben. Die NGOs als klassische<br />

Sozialeinrichtungen haben Interesse, Wissen, Know How, Bedürfnisse, die aus<br />

Endbericht Seite 74


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

ihrer Erfahrung kommen, an die Sozialpolitik heranzutragen. Dabei wird die<br />

Armutskonferenz als Brücke verwendet, um For<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> Bedürfnisse aus<br />

dem Erfahrungswissen weiterzugeben. Strategien des <strong>Wissensmanagement</strong>s<br />

haben keinen sehr hohen Stellenwert in <strong>der</strong> Arbeit <strong>der</strong> NGOs.<br />

NGOs haben sehr viel klientelspezifisches Wissen. Dementsprechend haben<br />

Wissen <strong>und</strong> Wissenstransfer einen hohen Stellenwert, wenn es unmittelbar <strong>im</strong><br />

jeweiligen Arbeitsfeld angewandt werden kann.<br />

Einen geringeren Stellenwert hat gr<strong>und</strong>sätzliches Wissen, welches nicht<br />

unmittelbar für den eigenen Arbeitsbereich Anwendung findet. Aber auch<br />

wenn die Ausprägung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Bedarf an Wissen unterschiedlich sind, so bedarf<br />

es einer gemeinsamen Armuts-Datenbank zur Vernetzung <strong>und</strong> als Planungs-<br />

Ausgangspunkt.<br />

Der heuer <strong>im</strong> Frühjahr stattgef<strong>und</strong>ene Organisationsentwicklungsprozess verhalf<br />

dazu, gemeinsam zu <strong>Lernen</strong> <strong>und</strong> daraus folgend entstand ein gemeinsamer<br />

Planungstag. Institutionell geht es in die Richtung, dass es einen Planungstag <strong>im</strong><br />

Jahr gibt <strong>und</strong> alle zwei Jahre ein kleiner Organisationsentwicklungsprozess<br />

stattfindet.<br />

Kommunikationsprozesse <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong><br />

Ein <strong>Netzwerk</strong> lebt davon, dass es möglichst groß ist <strong>und</strong> dass viele<br />

Organisationen <strong>und</strong> „die Szene“ in ihrer Vielfalt vertreten ist. Der Beitritt zu einem<br />

<strong>Netzwerk</strong> erfolgt relativ nie<strong>der</strong>schwellig.<br />

Es braucht ein klares Ziel, welches Bild in <strong>der</strong> Öffentlichkeit abgegeben werden<br />

soll, dies ist <strong>im</strong> Falle <strong>der</strong> Armutskonferenz die Rolle <strong>der</strong> ExpertInnen, die<br />

entsprechendes Wissen zur Verfügung stellen.<br />

Sowohl für die Kommunikation nach innen als auch für die Öffentlichkeitsarbeit<br />

braucht es aber auch eine klar definierte Zielgruppe, eine klar definierte<br />

Rollenverteilung: „Wer sagt was zu welchem Zeitpunkt <strong>und</strong> warum <strong>und</strong> wie?“<br />

20 % <strong>der</strong> Arbeitszeit des Koordinators sind Kommunikation außerhalb des<br />

<strong>Netzwerk</strong>es, diesen stehen 30 % <strong>der</strong> Kommunikation innerhalb des <strong>Netzwerk</strong>es<br />

gegenüber. Die restliche Zeit verteilt sich auf persönlichen Wissenserwerb <strong>und</strong><br />

Wissensbewahrung <strong>und</strong> Organisation als Einzelarbeit <strong>im</strong> Büro.<br />

Die Kommunikation nach außen funktioniert sehr gut. Es besteht eine klare<br />

Kompetenzverteilung be<strong>im</strong> Außenauftritt.<br />

Um Mitspieler in <strong>der</strong> sozialpolitischen Szene zu werden, braucht es die Ausdauer<br />

über mehrere Jahre hinweg Botschaften <strong>und</strong> Projekte zu transportieren. Und es<br />

benötigt eine/n bezahlte/n Mitarbeiter/in, um gewisse Ressourcen zur<br />

Verfügung zu haben. Das heißt, die Salzburger Armutskonferenz hat eine starke<br />

Basisorientierung mit hohem Erfahrungspotential <strong>im</strong> Zentrum.<br />

Endbericht Seite 75


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Verschiedenheit in <strong>der</strong> Armutskonferenz<br />

In folgende vielfältige Landschaftsbil<strong>der</strong> kleideten einige Interviewpartner ihren<br />

Eindruck von <strong>der</strong> Salzburger Armutskonferenz:<br />

„Oase in <strong>der</strong> Wüste; Wüste ist vielleicht zu dramatisch aber vielleicht trockene<br />

ausgedorrte Gegend, wo es ein paar grüne Flecken gibt <strong>und</strong> ein paar<br />

Gewässerchen weggehen <strong>und</strong> <strong>der</strong> grüne Bereich wird tendenziell ein bisschen<br />

größer, aber sehr langsam.“<br />

„Ein leicht bewaldetes Hügelgelände, wo man manchmal, wenn man zwischen<br />

zwei Hügelnl steht <strong>und</strong> vor einer Baumgruppe nicht sehr weit sieht.<br />

Wenn man auf einen Hügel steigt <strong>und</strong> sich einen Überblick verschafft kann das<br />

Bild durchaus sehr übersichtlich <strong>und</strong> klar sein.“<br />

„Die Landschaft ist sehr abwechslungsreich <strong>und</strong> bunt.“<br />

„Ich habe schon den Sisyphus vor Augen, <strong>der</strong> durch die Berglandschaft<br />

wan<strong>der</strong>t. Wir gehen den Berg hinauf <strong>und</strong> hinunter. So gehen wir mit Gipfeln, mit<br />

Abstiegen <strong>und</strong> mit Aufstiegen <strong>und</strong> mit Berghütten zur rast <strong>und</strong> zum Krafttanken.“<br />

„Gebirgstal, wo manche vorne stehen, die gut sichtbar sind, manche in <strong>der</strong><br />

Mitte <strong>und</strong> manche stehen hinten <strong>im</strong> Verborgenen. Manche kommen neu dazu<br />

o<strong>der</strong> wechseln ihre Positionen.“<br />

10. Empfehlungen<br />

6. Organisationsentwicklungstag zu<br />

<strong>Wissensmanagement</strong><br />

7. Aktionswochen machen<br />

8. Dialog mit wichtigen Personen in <strong>der</strong><br />

Verwaltung weiterhin pflegen<br />

Empfehlungen<br />

1. Reflexion <strong>der</strong> eigenen<br />

Wissensstärken<br />

2. Wissensmarkt untersuchen<br />

3. Wissensziele formulieren<br />

9. Prominente FürsprecherInnen auf<br />

Zeit für Aktionen finden<br />

4. Wissenskarten entwickeln anhand<br />

<strong>der</strong> sozialen <strong>Netzwerk</strong>skarten<br />

10. Potentielles <strong>Netzwerk</strong><br />

berücksichtigen<br />

5. Datenbank erstellen<br />

1. Reflexion <strong>der</strong> eigenen Wissensstärken<br />

Formen des Metawissens entstehen durch kognitive Reflexionsakte. Dabei wird<br />

aus den `eigenen Bahnen des Denkens ausgestiegen´, um aus einer `kognitiven<br />

Außenperspektive´ die laufenden Wissensprozesse zu beobachten. Reflexion<br />

kann als „Denken über das Denken“ definiert werden:<br />

Endbericht Seite 76


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

„ Reflexion ist aber nicht ein (Nach-) Denken über einen Inhalt, son<strong>der</strong>n ein<br />

Nachdenken über das Nachdenken (bzw. über gemachte Erfahrungen). Dies<br />

führt zu einer neuen Qualität <strong>der</strong> Reflexion über das eigene Handeln, macht die<br />

eigene Position bewußt <strong>und</strong> schafft die Voraussetzung für Rückmeldung <strong>und</strong><br />

Weiterentwicklung.“ wie auch Baumgartner <strong>und</strong> Welke (2001, 286) meinen.<br />

2. Wissensmarkt untersuchen<br />

Die eigenen Aktivitäten als Wissensmarkt zu betrachten <strong>und</strong> sich zu fragen, „Wer<br />

bietet Wissen an?“ <strong>und</strong> „Wer fragt nach Wissen?“. Durch die verschiedenen<br />

Zielsetzungen kann Wissen auf seine vergangene, aktuelle <strong>und</strong> zukünftige<br />

Brauchbarkeit kontextuell bewertet werden, in wie weit dieses Wissen sich als<br />

nützlich erweist. Als Ergebnis dieser Wissensbewertung kann konkret nach<br />

weiterem benötigten Wissen gesucht werden. So etwa könnten die Mitglie<strong>der</strong><br />

befragt werden, welche Informationen für sie von Interesse sind.<br />

3. Wissensziele formulieren<br />

Auch Wissen, das Wissensziele beschreibt, ist Ausdruckform einer spezifischen<br />

Wissensentwicklung von Metawissen. Wissensziele geben dem <strong>Wissensmanagement</strong><br />

eine best<strong>im</strong>mte Richtung, indem sie festlegen, was von wem <strong>und</strong> wozu<br />

gewusst werden soll (vgl. North, 2002; Probst, Raub <strong>und</strong> Romhardt, 1999).<br />

Normative Wissensziele sind gleichzusetzen mit einer Vision des <strong>Wissensmanagement</strong>s,<br />

die durch strategische Wissensziele als zukünftige Kompetenzentwicklung<br />

unterstützt werden. Schließlich werden operative Wissensziele als konkrete<br />

Implementierungsmaßnahmen entwickelt. Im konkreten Fall könnten normative<br />

Wissensziele (know-why), strategische Wissensziele (know-what) <strong>und</strong> operative<br />

Wissensziele (know-how) definiert werden.<br />

4. Wissenskarten entwickeln mit Hilfe <strong>der</strong> sozialen <strong>Netzwerk</strong>skarten<br />

Im Rahmen von <strong>Wissensmanagement</strong>aktivitäten ist es notwendig, intern o<strong>der</strong><br />

extern vorhandenes Wissen zu identifizieren, um die Voraussetzung für den<br />

gezielten Wissenserwerb zu gewährleisten.<br />

Dadurch kann wie<strong>der</strong>um Wissen gezielt erworben, entwickelt, bewahrt <strong>und</strong><br />

(ver)teilt werden. Zur Steigerung <strong>der</strong> dabei notwendigen Wissenstransparenz<br />

sind Wissenskarten ein hilfreiches Instrumentarium. Wissenskarten sind graphische<br />

Verzeichnisse von Wissensträgern, Wissensbeständen, Wissensquellen,<br />

Wissensstrukturen o<strong>der</strong> Wissensanwendungen (vgl. Eppler, 1997), durch die mehr<br />

Transparenz in den `Wissensdschungel´ gebracht werden soll.<br />

5. Datenbank erstellen<br />

Es fehlt eine strukturierte Datenbank zum Thema Armut <strong>und</strong> Armutsbekämpfung.<br />

Datenbanken als Ausdruck <strong>der</strong> Wissensbewahrung sind aber eine wesentliche<br />

Gr<strong>und</strong>lage für das Entwickeln von gemeinsamen Wissen. Daher könnte die<br />

Entwicklung einer solchen Datenbank für das gesamte <strong>Netzwerk</strong> <strong>und</strong> dessen<br />

<strong>Wissensmanagement</strong> von Nutzen sein.<br />

Endbericht Seite 77


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

6. Organisationsentwicklungstag zu <strong>Wissensmanagement</strong><br />

Durch den Organisationsentwicklungsprozess <strong>im</strong> Frühjahr 2006 ist eine Wissensvermittlung<br />

zwischen den Mitglie<strong>der</strong>n des Koordinationsteams <strong>und</strong> den an<strong>der</strong>en<br />

Mitglie<strong>der</strong>n des <strong>Netzwerk</strong>s passiert. Durch einen „Tag des <strong>Wissensmanagement</strong>s“<br />

könnten auch an<strong>der</strong>e offene Wissensfragen geklärt werden.<br />

7. Aktionswochen veranstalten<br />

Die öffentliche Problemwahrnehmung ist durch drei Ebenen best<strong>im</strong>mt:<br />

Massenmedien, ExpertInnenöffentlichkeit <strong>und</strong> Alltagskommunikation. Gelingt es<br />

sozialen <strong>Netzwerk</strong>bewegungen auf all diesen Ebenen die Aufmerksamkeit auf<br />

das zu vermittelnde Problem zu lenken, so ist auch <strong>der</strong> politische Einfluss bereits<br />

sehr groß. Vermehrte Aktionswochen wären dafür ein probates Mittel.<br />

8. Dialog mit wichtigen Personen in <strong>der</strong> Verwaltung weiterhin pflegen<br />

Gerade <strong>der</strong> Wissensaustausch mit <strong>der</strong> Verwaltung - als Tor zur Politik – sollte<br />

weiter betrieben werden, um auf den verschiedenen Ebenen politischen<br />

Handelns den bestehenden Einfluss auszubauen bzw. zu erweitern.<br />

9. Prominente FürsprecherInnen auf Zeit für Aktionen finden<br />

Viele NGOs <strong>im</strong> sozialen Bereich haben die Methode gewählt, dass sie<br />

prominente FürsprecherInnen auf Zeit für best<strong>im</strong>mte Aktionen gewinnen. Damit<br />

konnte die öffentliche Aufmerksamkeit stets gesteigert werden.<br />

10. Potentielles <strong>Netzwerk</strong> berücksichtigen<br />

Bei den sozialen <strong>Netzwerk</strong>analysen hat sich gezeigt, dass es doch einige<br />

Personen <strong>im</strong> Bereich Wissenschaft, Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung gibt, die von<br />

Nutzen für die Salzburger Armutskonferenz sein könnten. Hier könnte man sich<br />

überlegen, ob eine Weiterentwicklung des <strong>Netzwerk</strong>es auch in Richtung<br />

<strong>Wissensmanagement</strong> neue Perspektiven eröffnet, um weitere Mitglie<strong>der</strong> <strong>und</strong><br />

Kooperationspartner zu finden.<br />

Literatur<br />

An<strong>der</strong>son, J.R. (1985). Cognitive psychology and its <strong>im</strong>plications. New York:<br />

Freeman.<br />

Aufschnaiter, S. v. (2001). Wissensentwicklung <strong>und</strong> lernen am Beispiel<br />

Physikunterricht. In J. Meixner, K. Müller (Hrsg.), Konstruktivistische Schulpraxis:<br />

Beispiele für den Unterricht,<br />

249-271. Neuwied: Luchterhand.<br />

Baumgartner, F. & Jones, B. (1991). Agenda Dynamics and Policy Subsystems.<br />

The Journal of Politics, Vol. 53 (4), 1044 - 1073.<br />

Endbericht Seite 78


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Braybrooke, D. & Linblom, C. E. (1979). A Strategy of Decisions. Glencoe: Free<br />

Press.<br />

Brix, E., (1998). Civil Society in Österreich. Reihe Civil Society <strong>der</strong> Österreichischen<br />

Forschungsgemeinschaft. Wien: Passagen Verlag.<br />

Böhm, I., Faltermaier T., Flick, U. & Jacob, M.K. (Hrsg.). (1992).<br />

Gemeindepsychologisches Handeln. Ein Werkstattbuch. Freiburg: Lambertus.<br />

Bower, G.H. (1981). Mood and memory. American Psychologist, 36, 129 - 148.<br />

Bukow, W.-D. & Ottersbach, M. (Hg.). (1999). Die Zivilgesellschaft in <strong>der</strong><br />

Zerreißprobe. Wie reagieren Gesellschaft <strong>und</strong> Wissenschaft auf die postmo<strong>der</strong>ne<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung? Schriften für interkulturelle Studien (1).<br />

Bukowitz, W. R.; Williams, R.L. (1999). The knowledge management fieldbook,<br />

London: Financial T<strong>im</strong>es/Prentice Hall.<br />

Cobb, R., Ross, J.K. & Ross, M.H. (1976). Agenda Building as a Comparative<br />

Political Process, American Political Science Review 70, 1, 126 - 138.<br />

Davenport, T.H.; Prusak, L. (1998). Working knowledge. How organisations<br />

manage what they know. Boston, Harvard: Business School Press.<br />

Dörner, D. (1995). Die Logik des Mißlingens. Strategisches Denken in komplexen<br />

Situationen. Reinbek: Rowohlt Verlag.<br />

Fishbein, M. & Ajzen, I. (1974). Attitudes towards objects as predictors of single<br />

and multiple behavioral criteria. Psychological Review, Vol. 81, 59 - 74.<br />

Foerster, H. v. (1969). “What is Memory that it may hindsight and foresight as<br />

well?” In S. Bogoch (Hrsg.), Proceedings of the third international conference:<br />

The future of the brain sciences, 19-64, New York: Press.<br />

Foerster, H. v. (1973). “On Constructing a Reality”. In W. F. E. Preiser, (eds.),<br />

Environmental Design Research (2), 35-46, Stroudsburg: Dowden, Illutchinson &<br />

Ross.<br />

Foerster, H. v. (1993). Wissen <strong>und</strong> Gewissen. Versuch einer Brücke. Frankfurt:<br />

Suhrkamp Taschenbuch Verlag.<br />

Foerster, H. v. (1999). Sicht <strong>und</strong> Einsicht. Versuche zu einer operativen<br />

Erkenntnistheorie. Heidelberg: Carl-Auer-Systeme Verlag.<br />

Görg, C. (1992). Neue soziale Bewegungen <strong>und</strong> Kritische Theorie: eine<br />

Aufarbeitung gesellschaftstheoretischer Erklärungsansätze. Wiesbaden:<br />

Deutscher Universitätsverlag.<br />

Endbericht Seite 79


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Habermas, J. (1998). Die postnationale Konstellation, Politische Essays, Frankfurt:<br />

Suhrkamp Verlag.<br />

Hilgartner, S. & BOSK, C.L. (1988). The Rise and Fall of Social Problems: A Public<br />

Arenas Model. American Journal of Sociology; Vol. 94, 53 - 78.<br />

Howlett, M. & RAMESH, M. (1995). Studying public policy: policy cycles and<br />

policy subsystems. Toronto: Oxford University Press.<br />

Jungk, R. & Müllert. N. R. (1981). Zukunftswerkstätten. Mit Phantasie gegen<br />

Routine <strong>und</strong> Resignation. Hamburg: Hoffmann <strong>und</strong> Campe Verlag.<br />

Kardoff, U. (1995). Qualitative Sozialforschung. Versuch einer<br />

Standortbest<strong>im</strong>mung. In U. Flick; E. v. Kardoff; H. Keupp; L. V. Rosenstiel; S. Wolff<br />

(Hrsg.), Handbuch Qualitative Sozialforschung. Gr<strong>und</strong>lagen, Konzepte,<br />

Methoden <strong>und</strong> Anwendungen, 3-8. München: Beltz.<br />

Katzmair, H. & Neurath, W. (2004). Networks of Innovation - Evaluation and<br />

Monetoring Technology Programs based on Social Network Analysis. Newsletter,<br />

Plattform für Forschungs- <strong>und</strong> Technologieevaluierung (20).<br />

Kirchler, E. M. (1995). Wirtschaftspsychologie: Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong><br />

Anwendungsfel<strong>der</strong> <strong>der</strong> Ökonomischen Psychologie. Göttingen: Hogrefe Verlag.<br />

Klein, A. (2001). Der Diskurs <strong>der</strong> Zivilgesellschaft. Politische Hintergründe <strong>und</strong><br />

demokratietheoretische Folgerungen. Opladen: Leske u. Budrich.<br />

Kollmann et al. (2003). Partizipation. Ein Reiseführer für Grenzüberschreitungen in<br />

Wissenschaft <strong>und</strong> Planung. München-Wien: Profil.<br />

Lamnek, S. (1995). Qualitative Sozialforschung. Methoden <strong>und</strong> Techniken.<br />

Weinhe<strong>im</strong>: Beltz Psychologie Verlags Union.<br />

Latane, B. (1981). The psychology of social <strong>im</strong>pact. American Psychologist, 36,<br />

343 - 356.<br />

Lave, J.; Wenger, E. (1999). Situated learning. Legit<strong>im</strong>ate peripheral<br />

participation. Cambridge: Cambridge University Press.<br />

Lobnig, H. (1992). “Empowerment“ als Gratwan<strong>der</strong>ung: Die Anleitung einer<br />

Selbsthilfegruppe psychiatrischer PatientInnen. In I. Böhm, T. Faltermaier, U. Flick<br />

& M. .K. Jacob (Hrsg.). (1992). Gemeindepsychologisches Handeln. Ein<br />

Werkstattbuch, S. 277 - 289. Freiburg: Lambertus.<br />

Luhmann, N. (1990). Die Wissenschaft <strong>der</strong> Gesellschaft. Frankfurt: Suhrkamp.<br />

Mauss, A.L. (1975). Social Problems as Social Movements. New York: Lippincott.<br />

Endbericht Seite 80


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Majone, G. (1989). Evidence, argument and persuasion in the policy process.<br />

New Haven: Yale University Press.<br />

Mandl, H. (1996). Eröffnungsvortrag: Wissen <strong>und</strong> Handeln: Eine theoretische<br />

Standortbest<strong>im</strong>mung. In H. Mandl (Hrsg.), Bericht über den 40. Kongress <strong>der</strong><br />

Deutschen Gesellschaft für Psychologie in München 1996, 3-13. Göttingen:<br />

Hogrefe.<br />

Maturana, H. (1996). Was ist erkennen? Die Welt entsteht <strong>im</strong> Auge des<br />

Betrachters. München: Wilhelm Goldmann Verlag.<br />

Mayring, P. (1995). Psychologie. In U. Flick; E. v. Kardoff; H. Keupp; L. V.<br />

Rosenstiel; S. Wolff (Hrsg.), Handbuch Qualitative Sozialforschung. Gr<strong>und</strong>lagen,<br />

Konzepte, Methoden <strong>und</strong> Anwendungen, 32-35. München: Beltz.<br />

Mc Carthy, J. & Zald, M. (1977). Ressource Mobilization and Social Movements:<br />

A Partial Theory. American Journal of Sociology, Vol. 82, 1212 - 1241.<br />

Mead, G.H. (1975). Geist, Identität <strong>und</strong> Gesellschaft. München: Suhrkamp.<br />

Miller, T. (2001). Systemtheorie <strong>und</strong> Soziale Arbeit. Entwurf einer<br />

Handlungstheorie. Stuttgart: Lucius & Lucius.<br />

Moser, M & J. Mauerlechner( 2005). Eine Zusammenschau <strong>der</strong> aktuellesten<br />

Zahlen zu Armut <strong>und</strong> sozialer Ausgrenzung. www.armutskonferenz.at, 20.12.2005<br />

Nohlen, D. (Hrsg.). (1995). Wörterbuch Staat <strong>und</strong> Politik. München: Serie Piper.<br />

North, K. (2002). Wissensorientierte Unternehmensführung. Wertschöpfung durch<br />

Wissen. Wiesbaden: Gabler.<br />

Nonaka, H.; Takeuchi, I. (1997). Die Organisation des Wissens: Wie japanische<br />

Unternehmen eine brachliegende Ressource nutzbar machen. Frankfurt/New<br />

York: Campus.<br />

Nowak, J. (1988). Soziale Probleme <strong>und</strong> soziale Bewegungen: eine<br />

praxisorientierte Einführung. Weinhe<strong>im</strong>: Beltz Verlag.<br />

Piaget, J. (1974). Biologie <strong>und</strong> Erkenntnis. Über die Beziehungen zwischen<br />

organischen Regulationen <strong>und</strong> kognitiven Prozessen. Frankfurt: Fischer Verlag.<br />

Prittwitz, V. v. (1994). Politikanalyse. Opladen: Leske <strong>und</strong> Budrich.<br />

Probst, G.; Raub, S. & Romhardt, K. (1999). Wissen managen: Wie Unternehmen<br />

ihre wertvollste Ressource opt<strong>im</strong>al nutzen. Frankfurt: FAZ.<br />

Polanyi, M. (1967). The Tacit D<strong>im</strong>ension. New York: Doubleday Anchor.<br />

Endbericht Seite 81


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Rappaport, J. (1981). In praise of paradox: A social policy of empowerment<br />

over prevention. American Journal of Community Psychology, Vol. 9, 1-15.<br />

Raschke, J. (1985). Soziale Bewegungen. Ein historisch-systematischer Gr<strong>und</strong>riß.<br />

Frankfurt / New York: Campus Verlag.<br />

Raschke, J. (1987). Zum Begriff <strong>der</strong> sozialen Bewegung. In R. Roth & D. Rucht<br />

(Hrsg.). Neue soziale Bewegungen in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik Deuschland, 19 - 30.<br />

Frankfurt: Campus Verlag.<br />

Reinmann-Rothmeier, G.; Mandl, H. (2000). Ein pädagogisch-psychologischer<br />

Ansatz zum <strong>Wissensmanagement</strong>. Ein Wi<strong>der</strong>spruch in sich. io management, 11,<br />

68-75.<br />

Reinmann-Rothmeier, G.; Mandl, H.; Erlach, C. & Neubauer, A. (2001).<br />

<strong>Wissensmanagement</strong> lernen. Ein Leitfaden zur Gestaltung von Workshops <strong>und</strong><br />

zum Selbstlernen. Weinhe<strong>im</strong> - Basel: Beltz.<br />

Roth, G. (1996). Das Gehirn <strong>und</strong> seine Wirklichkeit. Frankfurt: Suhrkamp.<br />

Rucht, D. (1994). Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>und</strong> neue soziale Bewegungen. Frankfurt:<br />

Campus Verlag.<br />

Schmidt, S. J. (1994). Kognitive Autonomie <strong>und</strong> soziale Orientierung:<br />

Konstruktivistische Bemerkungen zum Zusammenhang von Kognition,<br />

Kommunikation, Medien <strong>und</strong> Kultur. Frankfurt: Suhrkamp.<br />

Senge, P. M. (1999). Die fünfte Disziplin: Kunst <strong>und</strong> Praxis <strong>der</strong> lernenden<br />

Organisation. Stuttgart: Klett-Cotta.<br />

Siebert, H. (1999). Pädagogischer Konstruktivismus. Eine Bilanz <strong>der</strong><br />

Konstruktivismusdiskussion für die Bildungspraxis. Kriftel: Luchterhand.<br />

S<strong>im</strong>sa, R. (2001). Gesellschaftliche Funktion <strong>und</strong> Einflussformen von Nonprofit-<br />

Organisationen. Frankfurt am Main: Peter Lang Verlag.<br />

Sztompka, P. (1993). The Sociolgy of Social Change. Oxford: Blackwell.<br />

Tajfel, H. (1978). Differentiation Between Social Groups: Studies in Psychology of<br />

Intergroup Relations. London: Academic Press.<br />

Tarrow, S. (1994). Struggle, Politics and reform: collective action, social<br />

movements and cycles of protest. Cornell University: WSP. Psychological Review,<br />

Vol. 79, 281 - 299.<br />

Tversky, A. & Kahnemann, D. (1974). Judgement <strong>und</strong>er uncertainty: heuristics<br />

and biases. Science, Vol. 185, 1124 - 1131.<br />

Endbericht Seite 82


<strong>Wissensmanagement</strong> <strong>und</strong> <strong>organisationales</strong> <strong>Lernen</strong> <strong>im</strong> <strong>Netzwerk</strong> <strong>der</strong> österreichischen Zivilgesellschaft<br />

Varela, F. (1996). Autonomie <strong>und</strong> Autopoesie. In S.J. Schmidt (Hrsg.), Der Diskurs<br />

des Radikalen Konstruktivismus, 119-132. Frankfurt: Suhrkamp<br />

Walzer, M. (1995). Was heißt zivile Gesellschaft ? In B. van den Brink & W. van<br />

Reijen (Hrsg.). Bürgergesellschaft, Recht <strong>und</strong> Demokratie, 44 - 73. Frankfurt:<br />

Suhrkamp.<br />

Watts, N. S. (1987). Mobilisierungspotential <strong>und</strong> soziale Bewegungen. In R. Roth &<br />

D. Rucht (Hrsg.). Neue soziale Bewegungen in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik Deuschland,<br />

47 - 68. Frankfurt: Campus Verlag.<br />

Wasserman, S. & Faust, K. (1999). Social Network Analysis. Cambridge: University<br />

Press.<br />

Weber, M. (1919). Politik als Beruf. In H. Münkler (Hrsg.). Politisches Denken <strong>im</strong> 20.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert, 22 - 35. München: Serie Piper.<br />

Weinert, F.E.; Waldmann, M.R. (1988). Wissensentwicklung <strong>und</strong> Wissenserwerb. In<br />

H. Mandl; H. Spada (Hrsg.), Wissenspsychologie, 161-199. München-Weinhe<strong>im</strong>:<br />

Psychologie Verlags Union.<br />

Wenger, E. (1998). Communities of Practice: Learning, meaning and identity.<br />

Cambridge: Cambridge University Press.<br />

Endbericht Seite 83

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!