lesen... - Oberhessischer Geschichtsverein GieÃen eV
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Dr. Bockenheimer, der in Gießen und<br />
Linden als Lehrer tätig war und Geograf<br />
ist, hatte neben aufschlussreichem Bildmaterial<br />
auch typische Bergmannsgegenstände<br />
mitgebracht. Er erinnerte<br />
daran, dass die Bergwerksgeschichte von<br />
1843 bis 1976 in Gießen durch den Abbau<br />
von Braunstein und Manganstein erst<br />
möglich wurde.<br />
Der Abbau des teils in der Lindener<br />
und Leihgesterner Mark liegenden Rohstoffes<br />
begann am Oberhof. Dieser und<br />
der Unterhof waren reine Bergbausiedlungen.<br />
Der Referent ordnete die Gießener<br />
Vorgänge in den Kontext der industriellen<br />
Revolution im 19. Jh. ein und<br />
hob hervor, dass die Industrie zunächst<br />
Eisenerz, dann Stahl erzeugte. Die lokale<br />
geologische Situation war durch zahlreiche<br />
Kalkvorkommen geprägt und wies<br />
viele Störungen auf, die den Abbau erschwerten.<br />
Das für die Herstellung von<br />
Chlorkalk wichtige Braunsteinlager hatte<br />
Justus von Liebig untersucht und als<br />
bedeutender als das Ilmenauer eingestuft.<br />
Im chronologischen Überblick weist<br />
das Jahr 1849 bereits 800 Beschäftigte<br />
aus, 1855 wurde die Erzwäsche an der<br />
Heuchelheimer Brücke eingerichtet. 1856<br />
kaufte Ebenezer Waugh Fernie aus Leicester<br />
die Grube und setzte den Schotten<br />
Peter Wilson als Betriebsleiter ein, der<br />
erfahrene Bergleute aus dem Lahn-Dill-<br />
Raum anwarb. Mit ihnen kam Obersteiger<br />
Christoph Appel, von dem auch, wie bei<br />
Fernie und Wilson, Sohn und Enkel in<br />
entsprechender Funktion in Gießen tätig<br />
blieben. 1863 war der Transport des<br />
Erzes mit der Bahn von Gießen nach<br />
Niederlahnstein möglich, da sich der<br />
Schiffstransport als wenig rentabel erwiesen<br />
hatte. 1879 wurden 121 000 Tonnen<br />
produziert, nachdem es 1856 noch 7000<br />
Tonnen waren. In Europa verzehnfachte<br />
sich die Stahlerzeugung von 1880 bis<br />
1910. Bilder von der Anlage, von Grubenpferden<br />
und Loren bis zu den ab 1896<br />
eingesetzten Dampfloks und den modernen<br />
Löffelbaggern kurz vor Ende des<br />
Abbaus machten die Entwicklung deutlich.<br />
Samuel Pascoe zog auf Fernies<br />
Wunsch hin nach Gießen und wurde von<br />
1857 bis 1897 Bergwerksdirektor. Er<br />
prägte die Geschichte des Braunsteinbergbaus<br />
erheblich.<br />
Insgesamt wurden sieben Millionen<br />
Tonnen Erz gefördert, 1915 war das<br />
Bergbaugebiet aufgrund seiner Ausdehnung<br />
laut Aussage des Referenten weltbekannt.<br />
1916 kaufte Friedrich Krupp das<br />
Bergwerk, bis 1976 wurde weiter abgebaut,<br />
dann endete Gießens Bergbaugeschichte.<br />
Im ehemaligen Maschinenhaus<br />
betrieb Pfarrer Scriba mit seiner<br />
Frau von 1949 bis 1959 ein Jugendheim.<br />
Hans-Wolfgang Steffek (hw); erschienen am 12.<br />
Dezember 2009 in der Gießener Allgemeinen<br />
Zeitung<br />
Archäologie ohne Spaten<br />
Vortrag über moderne archäologische Methoden<br />
„Unser Blick in den Boden ist ungewöhnlich,<br />
um nicht zu sagen gewöhnungsbedürftig“,<br />
sagte Norbert Buthmann<br />
und zeigte Bilder, die diesen Blick<br />
dokumentierten. Rechteckige und runde<br />
Strukturen in einer Umgebung aus grauen<br />
Flecken waren zu erkennen und mit den<br />
Erklärungen des Archäologen erschlossen<br />
sich den Zuschauern Grundrisse von<br />
römischen Villen, mittelalterlichen Wachtürmen<br />
und verfallenen Kirchen.<br />
Der Oberhessische <strong>Geschichtsverein</strong><br />
hatte zu einem Vortrag geladen.<br />
„Archäologie ohne Spaten - Geophysikalische<br />
Prospektion zwischen Dünsberg<br />
und Vogelsberg“ hieß das Thema. Nach<br />
der Begrüßung durch den zweiten Vereinsvorsitzenden<br />
Manfred Blechschmidt,<br />
der bereits bei verschiedenen Untersuchungen<br />
mit Buthmann zusammengearbeitet<br />
hat, erläuterte der Forscher verschiedene<br />
Prospektionsmethoden.<br />
Die Geomagnetik nutzt das<br />
Magnetfeld der Erde zur Bodenuntersuchung.<br />
Da die Magnetwellen durch<br />
unterirdische Objekte abgelenkt und<br />
beeinflusst werden, können aus den<br />
erhobenen Daten am Computer Lagekarten<br />
der Funde erstellt werden. Die<br />
Geoelektrik nutzt den elektrischen Widerstand<br />
der im Boden befindlichen<br />
Materialien und erlaubt ebenfalls eine<br />
Kartenzeichnung am Computer. Mit dem<br />
Bodenradar ließe sich sogar ein „Schattenbild“<br />
des Untergrunds schaffen, da mit<br />
dem Radar auch die Lagetiefe des Fundstücks<br />
exakt ermittelbar ist. Die Firma<br />
Posselt und Zickgraf in Marburg, bei der<br />
Buthmann arbeitet, verwendet alle drei<br />
Methoden, da Feuchtigkeit, geologische<br />
Strukturen und Bodenbeschaffenheit die<br />
drei Vorgehensweisen unterschiedlich<br />
stark beeinträchtigen können.<br />
Gemeinsam sei den drei Methoden,<br />
dass die zu untersuchende Fläche komplett<br />
abgegangen wird, wobei die Messgeräte<br />
den Untergrund kartieren. Die Auswertung<br />
und die Vereinigung der Messwerte<br />
zu lesbaren Karten erfolge am<br />
Computer. Neben der Möglichkeit, in<br />
kurzer Zeit große Flächen zu untersuchen,<br />
haben die Methoden den Vorteil,<br />
dass keiner der Funde beschädigt oder gar<br />
zerstört wird bei der Aufzeichnung, was<br />
bei Grabungen unvermeidlich sei.<br />
„Die Grundidee ist, wie bei der Spatenarchäologie,<br />
die Suche nach Kontrasten“,<br />
so Buthmann. Die Methoden erlaubten<br />
die Auffindung und die weitgehend<br />
zerstörungsfreie Untersuchung von<br />
Fundstellen. Als Belege für die Vorteile<br />
der modernen Methoden stellte der Archäologe<br />
Beispiele aus dem Gießener<br />
Raum vor, bei denen mit den Prospektionsmethoden<br />
erstaunliche Ergebnisse<br />
erzielt wurden.<br />
Bei der Untersuchung der Befestigungsanlagen<br />
am Dünsberg sei man auf<br />
ein keltisches Zangentor gestoßen, so<br />
Buthmann. Die Suche nach Resten des<br />
fehlenden Seitenschiffs der Basilika auf<br />
dem Schiffenberg sei zwar gescheitert,<br />
gleichwohl habe man mit dem Bodenradar<br />
Reste der vorkirchlichen Bebauung<br />
entdecken können. In Grünberg sei es<br />
gelungen, dem Stadtmaueransatz am<br />
Diebsturm zu folgen und Hinweise auf<br />
den Verlauf der früheren Stadtmauer zu<br />
finden. Die größte Sensation sei die Entdeckung<br />
des Römerkastells Alteburg in<br />
der Nähe des Klosters Arnsburg gewesen,<br />
so Buthmann. Dort habe ein Zusammenspiel<br />
der drei Methoden erst zum gewünschten<br />
Erfolg geführt.<br />
Mittels der modernen Prospektionsmethoden<br />
sei die Gefahr aufwändiger<br />
Fehlgrabungen nicht mehr gegeben.<br />
Damit ermöglichten die Methoden Forschung<br />
im großen Ziel ohne Zerstörungen.<br />
Klaus J. Frahm (kjf); erschienen am 16. Januar<br />
2010 im Gießener Anzeiger<br />
Eine Erfolgsmeldung kam vom Schiffenberg<br />
Norbert Buthmann sprach beim Oberhessischen <strong>Geschichtsverein</strong> über<br />
geophysikalische Prospektion<br />
Trotz des unfreundlichen Winterwetters<br />
konnte Manfred Blechschmidt am Mittwochabend<br />
im Netanya-Saal des Alten<br />
Schlosses zahlreiche Besucher zu einem<br />
Vortrag des Oberhessischen <strong>Geschichtsverein</strong>s<br />
mit dem Referenten Norbert<br />
Buthmann begrüßen. Buthmann berichtete<br />
über den Einsatz bodenschonender<br />
Verfahren unter dem Thema „Archäologie<br />
ohne Spaten - Geophysikalische Prospektion<br />
zwischen Dünsberg und Vogelsberg“.<br />
Er stellte zunächst klar, dass die<br />
Methoden Geomagnetik, Geoelektrik und<br />
Bodenradar keinen Ersatz für Grabungen<br />
darstellen, sondern diese ergänzen sollten.<br />
Bei der geomagnetischen Prospektion<br />
bildet sich über der Oberfläche das Magnetfeld<br />
des Untergrunds ab. „Anomalien“<br />
werden durch Störkörper hervorgerufen.<br />
Dabei unterstrich Buthmann, dass Geo-<br />
302<br />
MOHG 95 (2010)<br />
MOHG 95 (2010) 303