GOTT SEI DANK, ICH BIN EIN MANN QUALIFIZIEREN ... - oora
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<strong>MANN</strong><br />
ADAM, WO BIST DU?<br />
Wann ist ein Mann ein Mann?<br />
Sandra (29) aus Freudenstadt<br />
// Diese Frage zu beantworten ist gar<br />
nicht so einfach. Man könnte einfache<br />
Eigenschaften auflisten, die wir<br />
Frauen mit einem richtigen Mann verbinden:<br />
stark, treu, humorvoll, ehrlich,<br />
leidenschaftlich, verantwortungsbewusst<br />
... oder dann die christliche<br />
Variante: gottesfürchtig, Leiter der Familie,<br />
ein Mann des Gebets ...<br />
Als ich darüber nachgedacht habe,<br />
was einen Mann zum Mann macht,<br />
ist mir ein schönes Bild eingefallen,<br />
das in der Bibel auch für Jesus benutzt<br />
wird. Hier wird er auf der einen Seite<br />
als Löwe beschrieben und auf der anderen<br />
Seite als Lamm. Mit diesen zwei<br />
Extremen gelingt es mir ganz gut,<br />
meine Erwartungen an einen »richtigen<br />
Mann« in Worte zu fassen. Diese<br />
zwei Seiten beinhalten alles, was<br />
ich mir als Frau, als Ehefrau, als Mutter,<br />
als Freundin oder als Kollegin von<br />
einem Mann wünschen würde. ///<br />
der Realität: Es gibt die, die es schaffen,<br />
dem Vatervorbild (mindestens) gleichzuziehen<br />
– das sind echte Männer. Und es<br />
gibt die, die es nicht schaffen, und wenn,<br />
nur, weil der Vater selbst den Anblick seines<br />
über ihn hinauswachsenden Sohnes<br />
nicht ertragen konnte.<br />
Aber wenn die Jungs reifer werden, fangen<br />
sie an, zu hinterfragen. Und wenn sie<br />
in der Lage sind, Papas selbstgeschaffene<br />
Legenden mit der Realität abzugleichen,<br />
dann hält Papa nicht stand. Denn Papa,<br />
so stellt der verdutzte Pubertierende fest,<br />
ist ein ganz normaler Typ: Warzen an<br />
den Füßen, schütteres Haar, ein mittelmäßiger<br />
Büroangestellter, der nach oben<br />
buckeln und nach unten treten muss,<br />
overworked und underfucked. Das Vaterbild,<br />
was bis dahin die wacklige Restsumme<br />
männlicher Identifikationsoptionen<br />
dargestellt hat, zerbröselt unter den<br />
kritischen Blicken des reifenden Teenies.<br />
Und da Hinterfragen meines Erachtens<br />
ein Anzeichen von Reife ist, sehe<br />
ich mich genötigt, hier eine provokante<br />
Frage zu stellen: Sind es folglich nicht<br />
häufig die (potentiell) Reifen, die zum<br />
Scheitern verurteilt sind, während die,<br />
die gar nicht erst auf die Idee kommen,<br />
allzu erschütternd zu hinterfragen, oft<br />
über genug Kraftreserven verfügen, das<br />
althergebrachte, hohle Männlichkeitsklischee<br />
weiter zu leben? Ist die in christlichen<br />
Kreisen so als Sünde verschriene<br />
Rebellion der Jungs gegen solche Väter<br />
nicht sogar ein Zeichen von Reife; etwas,<br />
worauf man eingehend ansetzen muss,<br />
um nachträglich Entwicklungsmöglichkeiten<br />
anzubieten?<br />
Schule & Co<br />
Weiter in der Geschichte: Was passiert<br />
außerhalb der Familie? Die sekundären<br />
Sozialisationsinstanzen westlicher Kulturkreise<br />
sind koedukativer Natur – sprich,<br />
Jungs und Mädels werden zusammen betreut,<br />
beschult und verpädagogisiert. Hier<br />
haben wir das interessante Phänomen,<br />
dass Jungs den Hauptanteil der Aufmerksamkeit<br />
beanspruchen. Hilflos ist die Reaktion<br />
des Fachpersonals – meist reaktiv<br />
wird Planung und Konzept an dieser Tatsache<br />
ausgerichtet. Die Ausnahme bilden<br />
empörte Mädchenfördererinnen, die von<br />
Bevorzugung der Jungs und Bestätigung<br />
in ihrem dominanten Verhalten sprechen.<br />
Sicher: Die Mädchen werden hierdurch<br />
benachteiligt. Aber die hier stattfindende<br />
Aufmerksamkeit ist ja negativer Natur,<br />
Maßregelung und Ermahnung nämlich,<br />
und negative Aufmerksamkeit ist besser<br />
als keine. Keine würde aber drohen, wenn<br />
man nicht negativ auffällt als Junge: Mit<br />
wenig entwickelter Identität hat man wenig<br />
zu bieten, was Pädagogen gerne fordern,<br />
anstatt es zu fördern.<br />
Pubertät<br />
So schlittert der kleine Bub also bereits in<br />
seinen ersten Jahren in staatlichen Persönlichkeitsvereinheitlichungsinstituten<br />
von<br />
einem unlösbaren Konflikt in den anderen.<br />
Mit all diesem Wirrwarr im Gepäck tritt er<br />
nun das siebte Level seiner Persönlichkeitsentwicklung<br />
an: die Pubertät. Ablösung<br />
von der Familie und Aufbau eigener Lebensentwürfe<br />
stehen nun im Mittelpunkt.<br />
Meist findet dies in Gleichaltrigengruppen<br />
statt; für Jungs oft eine der ersten Möglich-<br />
14 THE RACE 02 /09