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THE RACE eBook 27 - oora

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<strong>THE</strong> <strong>RACE</strong><br />

QUALIFIZIEREN. INSPIRIEREN. MOBILISIEREN.<br />

Gemeinde: Revolution<br />

oder Resignation<br />

Das Ende der traditionellen<br />

Gemeindeformen?<br />

// Seite 58<br />

LEBENSKONZEPTE<br />

WIE GESTALTE ICH MEIN LEBEN?<br />

Auf dem Weg in die<br />

Apokalypse<br />

Glauben in heftigen Zeiten<br />

// Seite 48<br />

8. Jahrgang • 1/2007 • Nr. <strong>27</strong> (März)<br />

7 EUR/10 SFr (Einzelpreis)<br />

BESTELLFORMULAR<br />

LETZTE SEITE<br />

Interview mit Delirious?<br />

Bassist Jon Thatcher im<br />

Gespräch zehn Jahre nach<br />

dem Song »History Maker«<br />

// Seite 28


4<br />

<strong>THE</strong> <strong>RACE</strong> 01/ 07<br />

INHALT<br />

SCHWERPUNKT: LEBENSKONZEPTE //<br />

07 WIE KLEINHEIT ZU WAHRER GRÖSSE FÜHRT<br />

In der Ellbogengesellschaft siegt der Stärkste und die Schnellen fressen die Langsamen. Einen Unterschied machen?<br />

Leichter gesagt als getan. Ein Lebensbericht, der herausfordert und ermutigt. // HANS-DIETER GRAMM<br />

09 MACH DOCH WAS DU WILLST • Über das Lebenskonzept Selbstständigkeit<br />

Die eigenen Regeln haben, den eigenen Tagesablauf leben und das eigene Geld verdienen? Richtig coole Aussichten.<br />

Ob eine Selbstständigkeit wirklich dein Ding ist, das läßt sich anhand dieses Artikels prüfen. // CLAUDIA FOSSHAG<br />

12 UMGANG MIT LEBENSKRISEN • Wenn das Lebenskonzept scheitert<br />

Die Autorin nimmt uns mit in ihre Gedanken und Gefühle einer Zeit, in der sie ihre Tochter verlor<br />

und Gott neu verstand. // UTE HAUSER<br />

15 IM BANN DER BASTELBIOGRAFIE • Eine kritische Betrachtung<br />

Du hast heute eine riesige Freiheit dein Leben zu gestalten. Aber kann man das wirklich Freiheit nennen<br />

oder muss man hier nicht eher von einem Zwang sprechen? // DAVID CORONEL<br />

18 HAARGENAU ALS MANN UND FRAU<br />

Du wirst nicht als Mann oder Frau geboren, sondern dahingehend erzogen! Ein folgenschwerer Anschlag auf die<br />

Schöpfungsordnung, der unsere Gesellschaft schleichend verändert. // DR. DOMINIK KLENK<br />

22 SECOND LIFE • Ein zweites Leben in einer perfekten Welt?<br />

Eine Karriere als Popstar? Einen Körper, der die Frauen begeistert? Es ist (fast) alles möglich in der<br />

vermeintlich perfekten Welt von ›Second Life‹. // SEBASTIAN ENGLERT<br />

QUERGEDACHT //<br />

25 FANCY A FLIGHT? • Pelze im Schafswolf, Teil 7<br />

Kolumne. Was Fliegen und Leben wirklich bedeutet. // AXEL BRANDHORST<br />

28 DELIRIOUS? IM INTERVIEW • Mit Bassist Jon Thatcher<br />

Interview. Jon Thatcher, der Bassist von Delirious?, spricht darüber, was es wirklich bedeutet<br />

ein Historymaker zu sein. Exklusiv! // DANIEL KNAUFT<br />

32 CHRIST-SEIN ODER CHRIST-TUN • Von Gnade zu Gnade, Teil 8<br />

Jüngerschaft. Gott sieht in erster Linie auf das, was wir sind und nicht auf das, was wir tun.<br />

Wenn wir wissen wer wir sind, folgt das richtige Tun automatisch. // MARKUS SCHMIDT<br />

36 RADIKAL LEBEN IN BERLIN<br />

Kolumne. Die Autorin denkt darüber nach, wie Menschen im Dritten Reich auf verschiedene Weise<br />

einen Unterschied gemacht haben. // KERSTIN HACK<br />

38 VORBILD SEIN • Erfolgreiche Leiterschaft, Teil 3<br />

Leiterschaft. Die Vorbildfunktion eines Leiters. Über einen Führungsaspekt ohne den eigentlich<br />

alles Leiten keinen Sinn macht. // ALJA RENK


42 PRALINEN, ERFOLG UND ANDERE SÜSSE SACHEN<br />

Kolumne. Wie können Pralinen uns dabei helfen auf Kurs zu bleiben? // SIBILLE TSCHANZ<br />

44 ICH BIN STOLZ AUF MEINE ELTERN<br />

Jüngerschaft. Eine zutiefst biblische Begründung, gefolgt von einer zutiefst persönlichen Bedienungsanleitung,<br />

anwendbar selbst auf schwierige Fälle. // MARCUS ROSE<br />

47 DIE PERLE<br />

Lyrik. Über Perlen, die aus der Reihe tanzen. // FRANZISKA ARNOLD<br />

48 AUF DEM WEG IN DIE APOKALYPSE • Mehrwert. Glaube in heftigen Zeiten<br />

Gesellschaft. Überall hört man, dass die christliche Botschaft wieder auf offene Türen trifft. Das sieht der Autor<br />

anders und warnt entschieden davor, die gegenwärtige Situation schönzureden. // DR. MARKUS SPIEKER<br />

52 KLETTERRESTAURANT • Mein Freund Gott und ich<br />

Kolumne. Mickey Wiese unterhält sich mit seinem Freund Gott darüber, wie wichtig unsere Beziehungen<br />

untereinander sind. // MICKEY WIESE<br />

JAHRES<strong>THE</strong>MA: GEMEINDE-LOS //<br />

55 EIN ECHTES ZUHAUSE • Ist gemeindelos eine Alternative?<br />

Das Abenteuer Gemeinde entpuppt sich für manche Gläubige als eine frustrierende und ernüchternde Erfahrung.<br />

Kann ich nicht auch ohne eine Gemeinde meinen Weg gehen? // DANIEL JACOBI<br />

58 GEMEINDE – REVOLUTION ODER RESIGNATION • Das Ende der traditionellen Gemeindeformen?<br />

Die deutsche Gesellschaft wandelt sich, die Gemeinden hingegen bleiben standhaft. Standhaft? Verpassen sie dabei<br />

nicht den Anschluss? Wie will die Gemeinde zukünftige Generationen überhaupt noch erreichen? // DR. TOBIAS FAIX<br />

62 HISTORY MAKER REVISITED<br />

Nachgefragt bei drei jungen Erwachsenen, die ihr Leben so ganz unterschiedlich gestalten und doch<br />

den gleichen Jesus kennen – zehn Jahre nach »History Maker«. // DANIEL KNAUFT<br />

DETAILS //<br />

03 EDITORIAL<br />

<strong>27</strong> DAS REDAKTIONSTEAM • Wer wir sind und so<br />

35 LENA<br />

66 IMPRESSUM<br />

INHALT<br />

<strong>THE</strong> <strong>RACE</strong> - ONLINE . DE<br />

5


LEBENSKONZEPTE<br />

22<br />

SECOND LIFE<br />

EIN ZWEITES LEBEN IN EINER PERFEKTEN WELT?<br />

TEXT: SEBASTIAN ENGLERT<br />

// Das ist es also – Second Life. Nachdem<br />

ich beim ersten Versuch wegen Serverüberlastung<br />

nach einer Stunde noch<br />

keinen neuen Körper bekommen hatte,<br />

funktioniert es jetzt beim zweiten Versuch<br />

auf Anhieb. Henning Soderberg – so<br />

heißt meine selbsterwählte Identität – bekommt<br />

von mir zunächst ein eigenes Aussehen<br />

und Outfit zugeteilt. Anschließend<br />

absolviere ich einen Einführungsparcours<br />

auf der ›Orientierungsinsel‹ und mache<br />

mich bereit für eine Entdeckungsreise in<br />

ein neues unbekanntes Land, wie einst<br />

die ersten Pioniere in Amerika. Was mich<br />

erwartet? Ein Leben in Freiheit, ohne<br />

Krankheit und Tod, ohne Hunger und<br />

Schmerzen und nebenbei die Aussicht auf<br />

Reichtum und Erfolg – das sind zumindest<br />

die wohlklingenden Verheißungen...<br />

Meine ersten Impressionen sind eindrucksvoll<br />

und zeigen mir ein breites<br />

Spektrum an Umgebungen und Gestalten.<br />

Ich treffe einerseits auf Menschen, die<br />

in der Mehrzahl eine Nummer zu schön<br />

<strong>THE</strong> <strong>RACE</strong> 01/ 07<br />

geraten sind und andererseits auf Wesen,<br />

wie man sie nur aus Büchern und Filmen<br />

kennt. Florierende Marktplätze und Vergnügungszentren<br />

sind zur Genüge vorhanden,<br />

aber auch entlegene romantische<br />

Inseln gibt es zu entdecken. Nicht überall<br />

bin ich willkommen – schnell wird mir<br />

klar, dass hier nicht alles perfekt ist – aber<br />

dennoch wirkt diese Welt zunächst faszinierend<br />

auf mich.<br />

Second Life ist im Gegensatz zu anderen<br />

virtuellen Onlinegames eine Welt,<br />

die größtenteils von ihren Teilnehmern<br />

selbst erfunden und konstruiert wird,<br />

denn bis auf Himmel und Erde hat ihr<br />

der kalifornische Hersteller ›Linden Lab‹<br />

wenig mitgegeben. Mittels einfacher Programmierwerkzeuge<br />

kann man alles Erdenkliche<br />

erfinden und erstellen, wobei<br />

anschließend jeder die Urheberrechte auf<br />

seine Kreationen behält. Auf diese Art<br />

und Weise entsteht in kürzester Zeit eine<br />

enorm große und vielfältige Welt. Mit<br />

Regeln und Gesetzen halten sich die Hersteller<br />

ansonsten jedoch sehr zurück, es<br />

gibt zwar die so genannten ›Big Six‹, eine<br />

Auflistung von humanistisch angelegten<br />

Grundwerten, deren Einhaltung ist aber<br />

schwer kontrollierbar.<br />

Eine weitere und neue Dimension bekommt<br />

Second Life außerdem aufgrund<br />

der Möglichkeit echte US-Dollars in fiktive<br />

Linden-Dollars ein- und wieder zurückzutauschen.<br />

So kann jeder Bewohner<br />

durch Verkauf von Waren Linden-Dollars<br />

erhalten und diese dann später in reales<br />

Geld umtauschen. So kommt es, dass viele<br />

Nutzer im Spiel in Landbesitz investieren<br />

und eigene Läden bauen, um damit<br />

wiederum Geld zu erwirtschaften. Mittlerweile<br />

haben selbst große reale Unternehmen<br />

aus der Wirtschaft diesen neuen<br />

Markt entdeckt und sind virtuell ebenfalls<br />

präsent.<br />

Da viel Wert auf Individualität und Äußerlichkeit<br />

gelegt wird, zählt ausgefallener,<br />

schöner, reicher. Wer diesem Trend nicht<br />

folgt, hat automatisch schlechtere Karten<br />

in dieser Welt, sei es bei der anvisierten


Karriere als Popstar<br />

oder nur bei der Partner-<br />

und Freundessuche.<br />

Beziehungen<br />

sind in Second Life<br />

ein zentrales Thema<br />

und durch die Chatfunktion<br />

problemlos<br />

möglich. Um Kontakte<br />

halten zu können,<br />

hat Linden Lab<br />

eine Suchfunktion<br />

integriert, durch die<br />

gewonnene Freunde<br />

auf einer Karte jederzeit<br />

angezeigt und<br />

gefunden werden<br />

können. Durch die<br />

Tatsache jedoch, dass<br />

die Nutzer anonym bleiben, herrscht hier<br />

eine große Offenheit und Freizügigkeit.<br />

Nicht selten kommt es vor, dass sich aus<br />

einem Flirt mehr ergibt. Es ist sogar möglich,<br />

Sex miteinander zu haben – Kinder<br />

bekommt man hier allerdings keine.<br />

Solange das Einkommen stimmt...<br />

Die hohen Benutzerzahlen von fast 3 Millionen<br />

Anmeldungen belegen, dass das<br />

Konzept von Linden Lab funktioniert.<br />

Wöchentlich kommen momentan ca.<br />

100.000 neue Nutzer dazu, so dass es fast<br />

schon eine berechtigte Frage ist, ob man<br />

in Zukunft sein Geld auch online in einer<br />

solchen virtuellen Welt verdienen kann.<br />

Nun, so verrückt es auch klingen mag, es<br />

gibt sie schon, die Menschen, die auf diese<br />

Art und Weise ihren Lebensunterhalt<br />

verdienen, und das nicht nur geringfügig.<br />

Anshe Chung beispielsweise, die im<br />

echten Leben Ailin Gräf heißt, wurde mit<br />

Grundstücksgeschäften im letzten Jahr<br />

zur Dollar-Millionärin und besitzt derzeit<br />

mehr als zehn Prozent der Landmasse.<br />

Aus diesem Erfolg heraus gründete sie<br />

eine ›reale‹ Firma, die sich voll auf diesen<br />

neuen Markt spezialisiert hat.<br />

Allerdings fordert ein Leben im Netz auch<br />

einen hohen Preis, vor allem viel Zeit.<br />

Wer richtig Geld verdienen will, verbringt<br />

nicht selten acht und mehr Stunden täg-<br />

lich vor dem Bildschirm und kann nebenher<br />

nur erschwert einer normalen Arbeit<br />

nachgehen. Darüber hinaus entstehen<br />

nicht selten ›real life‹ Probleme in Freundschaften<br />

und Beziehungen. Die Tatsache,<br />

dass die Verschmelzung von realem Leben<br />

und Fiktion noch nie so nah beieinander<br />

lagen, kann dazu führen, dass die Nutzer<br />

Erwartungen und Erfahrungen, die sie in<br />

der Online-Welt machen, einfach auf das<br />

reale Leben übertragen – das funktioniert<br />

jedoch leider nicht.<br />

Die andere Freiheit<br />

Gleich zu Beginn meines Daseins in Second<br />

Life wurde ich damit konfrontiert,<br />

wie andere Nutzer den Kontakt zu meiner<br />

Identität Henning Soderberg suchten.<br />

Nachdem ich in einer Situation rea-<br />

Vergleich der Metaversen<br />

Second Life<br />

www.secondlife.com<br />

Bewohner: 4.<strong>27</strong> Millionen (03/07)<br />

Publikation: 2003<br />

Entropia Universe<br />

www.entropiauniverse.com<br />

Bewohner: 0.56 Millionen (03/07)<br />

Publikation: 2003<br />

Während Entropia Universe seit Oktober 2006 lediglich<br />

um 10% gewachsen ist, haben sich die Bewohnerzahlen<br />

in Second Life in dem gleichen Zeitraum<br />

von 1 Million Benutzer mehr als vervierfacht.<br />

LEBENSKONZEPTE<br />

lisierte, dass ich mich schon unmittelbar<br />

in einem Flirt befand, klingelten bei mir<br />

die Alarmglocken meines Gewissens auf<br />

Stufe rot und sofort schossen mir Fragen<br />

durch den Kopf: Was mache ich eigentlich<br />

hier und warum mache ich eigentlich<br />

was? Zugegeben, der Gedanke von Freiheit,<br />

tun und lassen zu können was ei-<br />

Nicht selten kommt es vor, dass<br />

sich aus einem Flirt mehr ergibt.<br />

nem beliebt, mag sehr reizvoll sein – auch<br />

für mich. Aber ist es nicht so, dass diese<br />

Freiheit ein Spiegelbild unseres Charakters<br />

und unserer Persönlichkeit ist? Wenn<br />

Menschen in einer virtuellen Welt Dinge<br />

ausprobieren, die sie in der Realität so nie<br />

ausführen würden, dann zeigt es doch,<br />

dass viele letztendlich unerfüllte Wünsche<br />

und Sehnsüchte haben und mit sich<br />

selbst oder ihrer realen Lebenssituation<br />

nicht zufrieden sind. Der Wunsch nach<br />

Liebe und Annahme, nach Reichtum und<br />

Schönheit ist sicher in jedem von uns vorhanden;<br />

nur ob diese Bedürfnisse dann in<br />

einer von Menschen erschaffenen, annähernd<br />

idealen Welt ohne körperliche Defizite<br />

gestillt werden können, bleibt trotzdem<br />

mehr als fraglich. Ich für meinen<br />

Teil bin auf jeden Fall froh, wieder zurück<br />

in die Realität eintauchen zu können und<br />

lasse sowohl Henning Soderberg als auch<br />

Second Life hinter mir – ganz ohne das<br />

Gefühl etwas zu verpassen. ///<br />

SEBASTIAN ENGLERT (21) kommt<br />

aus Altensteig und absolviert momentan<br />

eine Ausbildung zum Berufsmusiker<br />

und Schlagzeuglehrer. Neben seinen<br />

musikalischen Aktivitäten legt er großen<br />

Wert auf tiefe Freundschaften. Ihm<br />

ist es wichtig, dass die Menschen, mit<br />

denen er zu tun hat, Jesus Christus erfahren,<br />

ihre Talente entdecken und herausfinden,<br />

wozu sie geschaffen sind.<br />

<strong>THE</strong> <strong>RACE</strong> - ONLINE . DE<br />

23


36<br />

QUERGEDACHT<br />

RADIKAL LEBEN IN BERLIN<br />

TEXT: KERSTIN HACK // KOLUMNE<br />

// Vollbremsung. An offenen Kirchentüren<br />

kann ich einfach nicht vorbeigehen. Hinter<br />

den Mauern alter Dorfkirchen verbirgt<br />

sich in der Regel die eine oder andere Entdeckung.<br />

So auch bei der Dorfkirche in<br />

Dahlem. Das »Dorf« ist mittlerweile längst<br />

von der Großstadt Berlin verschluckt worden,<br />

die Uni ist in unmittelbarer Nach-<br />

barschaft, mit der U-Bahn erreicht man<br />

die Innenstadt in weniger als 20 Minuten.<br />

Aber ein alter Gutshof aus märkischem<br />

Sandstein, umgeben von Feldern, und die<br />

kleine, alte Dorfkirche mit ihren trutzigen<br />

Mauern erinnern noch an die dörfliche<br />

Vergangenheit des Stadtteils.<br />

Gleich nach dem Friedhofseingang bleibe<br />

ich stehen. Das erste Grab, das mir in die<br />

Augen sticht, ist von Gollwitzer, Theologe<br />

im Widerstand im Dritten Reich, später<br />

<strong>THE</strong> <strong>RACE</strong> 01/ 07<br />

»Studentenpfarrer« der 68er Bewegung.<br />

Der hier? Ich bin erstaunt, merke, dass<br />

meine Geschichtskenntnis doch einige<br />

Lücken aufweist.<br />

Ein paar Meter weiter der Grabstein von<br />

Martin Hirsch, Richter am Bundesverfassungsgericht.<br />

Ein Grabstein auf einem<br />

christlichen Friedhof – ohne Bibelwort,<br />

Die Bewertungs-Schablonen, die mir meine christliche<br />

Sozialisation mitgegeben hat, passen nicht mehr.<br />

aber mit einem Zitat von Rosa Luxemburg:<br />

»Freiheit ist immer nur die Freiheit<br />

des anders Denkenden«. Hätte das Jesus<br />

auch so gesagt? Ich ahne, dass mich hier<br />

einige Überraschungen erwarten.<br />

Ich gehe in die alte Kirche, deren Wand<br />

ein rostiges, aus Eisenschrott zusammengefügtes<br />

Kreuz ziert... Moderne Kunst,<br />

die ungewohnt grob und rau den Schmerz<br />

des Kreuzes besser zum Ausdruck bringt<br />

als manche »glatten“ vertrauten Darstel-<br />

lungen. »Das hat der Künstler eigentlich<br />

für die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche<br />

– was für ein grauenhafter Name – gemacht.<br />

Aber als es fertig war, wollte der<br />

Gemeinderat es nicht haben. Es war ihnen<br />

zu rau. So haben wir es bekommen.<br />

Hierher passt es.« Der Mann, der Aufsicht<br />

führt, ist in Erzähl-Laune. Er sieht mich<br />

beim Sprechen kaum an, erzählt aber<br />

voller Begeisterung von seiner Kirche,<br />

von der Kanzel, auf der Bibeltexte stehen<br />

– zum ›Volk‹ hin tröstende Worte, zu den<br />

Herrschenden hin, die auf gesondertem<br />

Chorgestühl saßen, mahnende Worte.<br />

In dieser Kirche wurde gemahnt. Von<br />

Martin Niemöller, einem der führenden<br />

Köpfe der Bekennenden Kirche im Dritten<br />

Reich, der nicht nur die Ungerechtigkeiten<br />

der Nazis gegenüber der Kirche,<br />

sondern auch ihre Rassenpolitik anprangerte.<br />

Niemöller half Juden mit gefälschten<br />

Taufpapieren zum Überleben. Der<br />

Aufseher erzählt mir: »Da draußen liegt<br />

auch seine Sekretärin. Die hat die ganzen<br />

Papiere gefälscht, das musste ja auch


jemand machen. Sie ist dann mit einer<br />

Pistole im Handtäschchen zu den Leuten<br />

gegangen, um sie auszuliefern. Sie war ´ne<br />

echt scharfe Frau«.<br />

Und weil er gerade Zeit hat, geht er mit<br />

mir vor die Kirche zu den Grabsteinen,<br />

die die Kirche umgeben. Da liegt Gertrud<br />

Staewen begraben, eine Frau, die mit ihrem<br />

Mut vielen Menschen das Leben rettete.<br />

Neben ihr liegt Rudi Dutschke begraben.<br />

Mein Begleiter erklärt: »Dutschke<br />

ging bei Gollwitzers ein und aus. Gollwitzer<br />

war keiner der Professoren, die von<br />

Montag bis Freitag Vorlesung machten<br />

und dann verschwunden sind. Er und seine<br />

Frau hatten ein offenes Haus, in dem<br />

jeder willkommen war. Die jungen Leute<br />

suchten ja nach Antworten. Das konnte<br />

der Kommunismus allein nicht befriedigen<br />

– dafür waren die Genossen im Osten<br />

auch einfach zu dumm. Deswegen hatte<br />

Gollwitzer für sie so eine Anziehungskraft.<br />

Für Dutschke war er wie ein Vater.<br />

Als er verletzt worden war, pflegten<br />

ihn Gollwitzers über lange Zeit hinweg.<br />

Dutschkes Frau war ja auch Theologin.<br />

Und seinen Sohn hat er nach dem wildesten<br />

aller Propheten im Alten Testament,<br />

Hosea, genannt. Als Dutschke unerwartet<br />

starb, war hier auf dem Friedhof kein<br />

Platz mehr frei. Da sagte Niemöller: ›Er<br />

kann mein Grab haben. Ich habe ja Verwandtschaft<br />

in Westdeutschland, die werden<br />

für mich schon einen Platz finden,<br />

wenn ich sterbe.‹ So kommt es, dass Rudi<br />

Dutschke neben der Sekretärin von Martin<br />

Niemöller begraben liegt.«<br />

KERSTIN HACK ist Autorin, Referentin,<br />

Verlegerin und Coach. Sie lebt in Berlin<br />

und versucht, die Christen aufzumischen,<br />

diese Stadt zu prägen und zu gestalten.<br />

Derzeit schreibt sie jeden Monat<br />

ein »Pixi-Heft« für Erwachsene zu Themen<br />

des Glaubens und des Lebens.<br />

www.kerstin.down-to-earth.de » Blog<br />

www.down-to-earth.de » Verlag<br />

Es bewegt mich, hier auf engem Raum<br />

Menschen zu ›begegnen‹, die ich nur aus<br />

Geschichtsbüchern kannte und deren Leben<br />

auf ganz eigenartige Weise miteinander<br />

verzahnt ist. Der Pfarrer aus der Bekennenden<br />

Kirche, der sein Grab einem<br />

Mann gibt, dessen radikaler Kampf für<br />

Gerechtigkeit viele ›gute Menschen‹ dazu<br />

brachte, ihn als Störenfried ihrer bravbürgerlichen<br />

Gesellschaft abzustempeln<br />

– ohne ihm zugehört zu haben. Ein Studentenpfarrer,<br />

der vielen Frommen viel zu<br />

links war, dessen gelebtes Leben und seine<br />

gelebte Liebe und sein Willkommen dem<br />

Mann aus Nazareth sicher ähnlicher war<br />

als die Rechtgläubigkeit vieler Kritiker.<br />

Eine Frau, für die Nachfolge Jesu bedeutete,<br />

mit gefälschten Dokumenten und einer<br />

Pistole in der Tasche das Leben von<br />

Die FACTS nochmal...<br />

• endet nach drei Ausgaben<br />

• kostet nicht mehr als ein normales Abo<br />

• Geschenk-Karte gibt’s GRATIS dazu<br />

• Der CLOU: keine leeren Hände bei der Party!<br />

QUERGEDACHT<br />

Menschen zu retten, die von einem mörderischen<br />

System bedroht waren.<br />

Die Bewertungs-Schablonen, die mir meine<br />

christliche Sozialisation mitgegeben<br />

hat, passen nicht mehr. Hier haben Menschen<br />

radikal gelebt, ganz unterschiedlich.<br />

Die Stimme des Aufsehers unterbricht<br />

mich in meinen Gedanken: »Hier in der<br />

Nähe wohnt ein Politiker. Seine Frau vergisst<br />

manchmal, ihr Handy vor dem Gottesdienst<br />

auszuschalten.«<br />

Wie tragisch. Ich wünsche mir, dass mein<br />

Leben durch mehr als durch ›Ruhestörung<br />

im Gottesdienstablauf‹ verstörend ist. Ich<br />

wünsche mir, überall da verstörend zu<br />

sein, wo Leben bedroht und verhindert<br />

wird. Nicht wie Niemöller, Staewen, Gollwitzers<br />

und Dutschke ... sondern auf meine<br />

Art und Weise. Kerstin lebendig. ///<br />

Hi, ich bin Ole.<br />

Hab gehört, dass Lena Dir von meiner Idee<br />

mit dem Geburtstags-Abo erzählt hat (siehe<br />

Seite 35). Übrigens, die Karte für Lena<br />

habe ich nochmal ausgedruckt und denen<br />

vom <strong>THE</strong> <strong>RACE</strong> Team geschickt. Immer<br />

wenn Du jetzt bei Kathrin ein Geburtstags-<br />

Abo für jemanden bestellst, bekommst Du<br />

gleich die Karte und das erste Heft mit der<br />

Rechnung zugeschickt, damit Du bei der<br />

Party nicht mit leeren Händen dastehst.<br />

Die anderen beiden Hefte kriegt dann das<br />

Geburtstagskind direkt von Kathrin.<br />

Also viel Spaß beim WEITERschenken!<br />

P.S.: Bestellen ist ganz einfach: Schick eine Email mit Betreff<br />

»Geburtstags-Abo« an bestellung@therace-online.de.<br />

Wichtig ist, dass Du den Namen, die Adresse und den Geburtstag<br />

von Dir und dem Geburtstagskind so aufschreibst,<br />

dass sie wissen, wer beschenkt werden soll. (Telefon und<br />

Email von Euch beiden wären hilfreich für die Verwaltung.)<br />

<strong>THE</strong> <strong>RACE</strong> - ONLINE . DE<br />

37


38<br />

QUERGEDACHT<br />

VORBILD SEIN<br />

ERFOLGREICHE LEITERSCHAFT • TEIL 3<br />

TEXT: ALJA RENK // LEITERSCHAFT<br />

// In diesem Teil zum Thema ›Erfolgreiche<br />

Leiterschaft‹ werden wir uns damit<br />

auseinandersetzten, welche Bedeutung<br />

die Vorbildfunktion eines Leiters hat. Der<br />

Apostel Petrus ermahnt in seinem ersten<br />

Brief die Ältesten und gibt ihnen eine klare<br />

Anweisung, wie sie ihre Leiterschaft<br />

ausüben sollen: »Hütet die Herde Gottes,<br />

die bei euch ist, nicht aus Zwang, sondern<br />

freiwillig, Gott gemäß, auch nicht aus<br />

schändlicher Gewinnsucht, sondern bereitwillig,<br />

nicht als die, die über ihren Bereich<br />

herrschen, sondern indem ihr Vorbilder der<br />

Herde werdet!« (1. Petrus 5, 2-3).<br />

In diesen Versen ist unschwer zu erkennen,<br />

dass Leiterschaft etwas damit zu<br />

tun hat, ein Vorbild für die Menschen zu<br />

sein, die in unserer Obhut sind. Somit haben<br />

wir hier einen weiteren bedeutenden<br />

Schlüssel für erfolgreiche Leiterschaft.<br />

<strong>THE</strong> <strong>RACE</strong> 01/ 07<br />

Die Menschen, die unserer Leitung anvertraut<br />

sind, werden kaum etwas tun, was<br />

wir nicht auch selbst tun, da sie normalerweise<br />

mehr dem folgen, was sie sehen, als<br />

dem, was sie hören. Unser Charakter beispielsweise<br />

wird durch unsere Taten und<br />

durch unser Handeln sichtbar. Das heißt,<br />

keine oder schlechte Taten zeugen von<br />

keinem oder schlechtem Charakter.<br />

Grundsätzlich ist es so, dass Menschen einem<br />

potentiellen Leiter auf Grund seiner<br />

Kommunikationsfähigkeit oder auch auf<br />

Grund seiner äußeren Erscheinung häufig<br />

einen Vertrauensvorschuss geben. Dieser<br />

muss dann jedoch im Laufe der Zeit gerechtfertigt<br />

werden, sonst werden die Menschen<br />

diesem Leiter nicht weiter nachfolgen.<br />

Das liegt daran, dass Vertrauen nicht<br />

einfach so von alleine entsteht, sondern<br />

letztendlich verdient werden muss.<br />

Was wir sagen, muss also mit dem übereinstimmen,<br />

was wir tun, und unseren<br />

Worten müssen unbedingt auch Taten<br />

folgen, sonst werden wir niemals authentisch<br />

erscheinen. Wir müssen verlässlich<br />

und vertrauenswürdig sein, sonst verlieren<br />

wir das Vertrauen derer, die wir leiten<br />

sollen. Dies würde unter Umständen<br />

dazu führen, dass wir nur noch durch<br />

›Amtsautorität‹ leiten. Zudem würden die<br />

Menschen die Motivation uns zu folgen<br />

verlieren und nur noch das tun, was sie<br />

tun müssen. Die Folge wäre dann eine zunehmende<br />

Ineffektivität der Mitarbeiter<br />

bzw. der Menschen, die wir führen. Die<br />

Ziele, die gesteckt wurden, könnten wir<br />

nicht erreichen.<br />

Besonders bedeutend in der Vorbildfunktion<br />

des Leiters ist, wie dieser seine Beziehung<br />

zu Gott lebt. Unser Hunger und unsere<br />

Leidenschaft, unsere Hingabe, Motivation<br />

und einfach unsere Liebe zu Gott werden<br />

immer zur Nachahmung anreizen. Ebenso<br />

spornt unsere Bereitschaft zum Dienst andere<br />

an, oder unsere Liebe und unser Gehorsam<br />

dem Wort Gottes gegenüber.<br />

Nun wollen wir uns jedoch ausführlicher<br />

mit unserem Charakter beschäftigen, der<br />

von außerordentlicher Bedeutung für unser<br />

Vorbildsein ist. Es ist unerlässlich, dass<br />

wir ständig an unserem Charakter arbeiten<br />

und uns von Gott verändern lassen.<br />

Wir müssen verstehen, dass es sich hierbei<br />

um einen Prozess handelt, den wir, solange<br />

wir leben, am Laufen halten müssen.<br />

Wenn wir in der Veränderung unseres<br />

Charakters etwas erreicht haben und<br />

dann nachlässig werden, können wir das<br />

Erreichte auch schnell wieder verlieren.<br />

Die Bedeutung des Wortes ›Charakter‹<br />

Das Wort Charakter stammt aus dem<br />

Griechischen und bezeichnete ursprünglich<br />

den Prägestempel einer Münze oder<br />

eines Siegels sowie das Geprägte selbst.<br />

Im übertragenen Sinn kennzeichnet der<br />

Charakter die Erkennungsmerkmale einer<br />

Person, die Gesamtheit ihrer seelischen<br />

Eigenschaften und Wesenszüge. Er beinhaltet<br />

auch die innere Haltung, die sittliche<br />

Grundeinstellung und die moralische<br />

Integrität eines Menschen.


Die Frucht des Geistes<br />

Im Folgenden wollen wir uns die Frucht<br />

des Geistes, deren verschiedene Formen in<br />

Galater 5, 22-23 aufgelistet sind, genauer<br />

anschauen. Die Frucht des Geistes bildet<br />

einen grundlegenden Katalog an Charaktereigenschaften,<br />

die Gott in unserem Leben<br />

immer mehr sehen möchte.<br />

Liebe Das höchste Ziel geistlicher Leiterschaft<br />

ist die Liebe. Alles, was wir nicht<br />

aus der Liebe heraus tun, hat letztlich vor<br />

Gott keinen Wert und nützt weder uns<br />

noch den Menschen, die wir leiten, etwas<br />

(siehe 1. Korinther 13, 1-3). Das Wort,<br />

das hier im griechischen Urtext verwendet<br />

wird, ist ›Agape‹ und meint eine selbstlose<br />

Hingabe an den anderen. Genauer wird<br />

die Bedeutung der Liebe in 1. Korinther<br />

13, 4-8 erklärt: »Die Liebe ist langmütig,<br />

die Liebe ist gütig, sie neidet nicht, die Liebe<br />

tut nicht groß, sie bläht sich nicht auf, sie<br />

benimmt sich nicht unanständig, sie sucht<br />

nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern,<br />

sie rechnet Böses nicht zu, sie freut sich nicht<br />

über die Ungerechtigkeit; sondern sie freut<br />

sich mit der Wahrheit, sie erträgt alles, sie<br />

glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles.<br />

Die Liebe vergeht niemals …« Wenn wir<br />

Leiterschaft aus dieser Liebe heraus leben,<br />

können wir eigentlich nichts mehr falsch<br />

machen. Deshalb ist die Liebe auch die<br />

grundlegendste und wichtigste Charaktereigenschaft<br />

eines guten Leiters.<br />

Zu einem großen Teil – neben dem persönlichen<br />

Vorbild – findet geistliche Leiterschaft<br />

in der Lehre und im Ermutigen<br />

und Ermahnen statt. Hier können wir<br />

Menschen göttliche Richtungsweisung<br />

geben und sie positiv beeinflussen. In diesem<br />

Zusammenhang macht Paulus die<br />

Bedeutung der Liebe in 1. Timotheus 1,<br />

5 noch einmal deutlich: »Das Endziel der<br />

Weisung aber ist Liebe aus reinem Herzen<br />

und gutem Gewissen und ungeheucheltem<br />

Glauben«.<br />

Freude Bei dieser Frucht des Geistes<br />

handelt es sich um eine bleibende Freude,<br />

die nicht abhängig ist von Umständen<br />

oder Situationen. Sie mündet aus einem<br />

starken Bewusstsein und einer unerschüt-<br />

terlichen Überzeugung, dass Jesus die<br />

Herrschaft hat und uns alle Dinge zum<br />

Besten dienen müssen (siehe Römer 8,<br />

28). Es ist eine Freude, die sogar im Leid<br />

bestehen bleibt, wie es auch bei Jesus war,<br />

»der um der vor ihm liegenden Freude willen<br />

die Schande nicht achtete und das Kreuz<br />

erduldete …« (Hebräer 12, 2).<br />

Friede Friede ist eine tiefe Gelassenheit<br />

und Ruhe, die auch unter schwierigsten<br />

Bedingungen bestehen bleibt. Dieser<br />

Friede, den nur Gott geben kann, übersteigt<br />

alle menschliche Vernunft und hat<br />

die Kraft, unsere Herzen und Gedanken<br />

zu bewahren, wie es Paulus deutlich<br />

macht: »Seid um nichts besorgt, sondern in<br />

allem sollen durch Gebet und Flehen mit<br />

Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden;<br />

und der Friede Gottes, der allen<br />

Verstand übersteigt, wird eure Herzen und<br />

eure Gedanken bewahren in Christus Jesus«<br />

(Philipper 4, 7). Diese Worte von Paulus<br />

zeigen uns einen Weg, wie wir im Frieden<br />

Gottes wachsen können. Eines der wichtigsten<br />

Prinzipien, die ich gelernt habe<br />

um im Frieden Gottes zu leben, ist, meine<br />

Sorgen auf ihn zu werfen (siehe 1. Petrus<br />

5, 6-7). Ich praktiziere dies immer wieder,<br />

indem ich einfach mit Gott spazieren<br />

gehe. Dies scheint ebenso der Herr ganz<br />

besonders zu mögen, da er wohl auch mit<br />

Adam ›in der Kühle des Tages‹ durch den<br />

Garten Eden ging und Zeit mit ihm verbrachte.<br />

Wenn ich also mit dem Herrn<br />

spazieren gehe, werfe ich einfach alle Sorgen,<br />

Ängste, Nöte und Anliegen auf ihn,<br />

gebe ihm alles ab und suche Geborgenheit<br />

in seiner Nähe. Dies ist eine sehr effektive<br />

Möglichkeit, um den Frieden Gottes zu<br />

empfangen; dieser ist so wichtig, da wir<br />

als Leiter regelrecht gelähmt werden und<br />

an Vorschubkraft verlieren, wenn wir Unruhe<br />

und Sorgen mit uns herumtragen.<br />

Zudem ruft uns der Verfasser des Hebräerbriefes<br />

auch dazu auf, dem Frieden mit<br />

allen nachzujagen (siehe Hebräer 12, 14).<br />

Wir können jedoch nur dann im Frieden<br />

mit anderen Menschen leben, wenn wir<br />

selbst den Frieden Gottes empfangen haben<br />

und er in unseren Herzen regiert.<br />

Geduld Unter Geduld verstehen wir unter<br />

anderem die Fähigkeit warten zu können<br />

und die Bereitschaft mit unerfüllten<br />

Wünschen und Sehnsüchten leben, bzw.<br />

sie zeitweilig zurückstellen zu können.<br />

Geduld kann jedoch auch bedeuten Provokationen<br />

zu ertragen ohne Rachegedanken<br />

zu hegen. Jemand ist auch dann<br />

geduldig, wenn er Schwierigkeiten, Unrecht<br />

und Leiden mit Gelassenheit und<br />

Standhaftigkeit erträgt.<br />

Jesus ähnlicher zu werden ist eine unserer höchsten<br />

Berufungen.<br />

QUERGEDACHT<br />

In der Leiterschaft ist es auch ganz besonders<br />

bedeutsam, dass die von uns geführten<br />

Menschen wissen müssen, dass sie Fehler<br />

machen dürfen. Gerade hier muss ein<br />

Leiter geduldig sein und daran denken,<br />

dass Menschen besonders gut durch Fehler<br />

lernen können. Auch Jesus gab seinen<br />

Jüngern die Freiheit zu versagen. Als er die<br />

Zwölf – oder ein anderes Mal die 70 – aussandte<br />

um zu predigen und Zeichen und<br />

Wunder zu tun, war es keine Frage, dass<br />

er es selbst viel besser gekonnt hätte. Selbst<br />

die größten Führungspersönlichkeiten, Erfinder<br />

oder Menschen, die die Geschichte<br />

positiv veränderten, haben irgendwann<br />

einmal dürftig angefangen. Wir brauchen<br />

also sowohl für uns selbst als auch für die,<br />

die wir leiten, viel Geduld.<br />

Freundlichkeit Unter Freundlichkeit<br />

können wir ein tätiges Wohlwollen und<br />

ein wertschätzendes, liebevolles Verhalten<br />

verstehen. In Psalm 90, 17 lesen wir: »Die<br />

Freundlichkeit des Herrn, unseres Gottes, sei<br />

über uns und festige über uns das Werk unserer<br />

Hände!«. Aus diesem Vers geht hervor,<br />

dass die Freundlichkeit Gottes Erfolg für<br />

unser Tun bringt. Dies liegt nicht zuletzt<br />

daran, dass diese Freundlichkeit, die von<br />

<strong>THE</strong> <strong>RACE</strong> - ONLINE . DE<br />

39


40<br />

QUERGEDACHT VORBILD SEIN<br />

Gott ausgeht, eine Atmosphäre schafft,<br />

in der man sich einfach wohl und sicher<br />

fühlt. Eine solche Atmosphäre bildet die<br />

perfekte Umgebung, um sich zu entfalten<br />

und zu entwickeln. Infolgedessen ist die<br />

Freundlichkeit auch für uns als Leiter eine<br />

so wichtige Charaktereigenschaft, da die<br />

Menschen, die wir führen, sich dann frei<br />

fühlen, sich zu entfalten und Dinge auszuprobieren.<br />

Somit kann unsere Freundlichkeit<br />

das Tun unserer Mitarbeiter segnen<br />

und ihnen Erfolg bringen.<br />

Güte Güte ist sowohl eine innere Aufrichtigkeit<br />

als auch eine Handlungsweise,<br />

die dem Nächsten auch dann Gutes erweist,<br />

wenn er es nicht verdient hat. Als<br />

Leiter begegnen uns ständig Situationen,<br />

in denen Menschen uns gegenüber undankbar<br />

sind, obwohl wir unsere Hingabe,<br />

Zeit und Kraft in sie hineininvestiert<br />

haben. Hier ist es unerlässlich, dass wir<br />

lernen, diesen Menschen trotzdem zu dienen<br />

und ihnen weiterhin Gutes zu tun.<br />

Wie alle anderen Früchte des Geistes ist<br />

somit auch die Güte eine Eigenschaft dessen,<br />

wie Gott mit uns umgeht.<br />

Treue Ein Leiter, der Treue zeigt, wird<br />

immer Vertrauen in Menschen wecken<br />

und als verlässlich angesehen werden.<br />

Treue heißt, nicht zu fliehen oder aufzugeben,<br />

auch wenn die anvertrauten Menschen<br />

all unser Tun als selbstverständlich<br />

ansehen, oder uns darin sogar angreifen.<br />

Gott hat mit uns einen Bund geschlossen,<br />

den er nicht aufgibt oder auflöst, selbst<br />

wenn wir untreu sind oder ihm den Rücken<br />

zukehren. Ein solches Dranbleiben<br />

ist auch für solche, die in Leiterschaft stehen,<br />

wichtig.<br />

Sanftmut Sanftmut ist prinzipiell das<br />

Gegenteil von Rebellion und bezieht sich<br />

<strong>THE</strong> <strong>RACE</strong> 01/ 07<br />

im Allgemeinen auf unsere Reaktion auf<br />

das Handeln anderer uns gegenüber. Ein<br />

sanftmütiges Pferd lässt sich beispielsweise<br />

sehr einfach lenken, da es nicht rebellisch<br />

oder widerspenstig ist, sondern auf<br />

die Anweisungen des Reiters bereitwillig<br />

reagiert. Genauso verhält es sich, wenn wir<br />

vor Gott eine sanftmütige Haltung einnehmen.<br />

Hier bedeutet dies einfach, ihm<br />

gegenüber gehorsam zu sein. Noch schwieriger<br />

ist es für uns oftmals sanftmütig auf<br />

das Verhalten von Mitmenschen zu reagieren.<br />

Hier sind wir aufgefordert nachzugeben,<br />

uns korrigieren zu lassen und anderen<br />

Menschen gegenüber milde zu sein.<br />

Selbstbeherrschung Das griechische<br />

Wort für Selbstbeherrschung kann auch<br />

als Keuschheit oder Enthaltsamkeit übersetzt<br />

werden. Dies bezieht sich jedoch<br />

nicht nur auf einen reinen und heiligen<br />

Umgang mit der Sexualität, sondern geht<br />

darüber hinaus und betrifft auch andere<br />

Lebensbereiche.<br />

Weitere Charaktereigenschaften<br />

Selbstverständlich gibt es noch viele weitere<br />

Charaktereigenschaften, nach denen<br />

ein Leiter streben sollten. Da wären Demut,<br />

Integrität, Mut und eine positive,<br />

optimistische Grundeinstellung mit einem<br />

Blick nach vorne genannt.<br />

In Titus 1, 7-9 finden wir außerdem beachtenswerte<br />

Eigenschaften, die Paulus als<br />

Voraussetzung für den Ältestendienst anführt:<br />

»Denn der Aufseher muss untadelig<br />

sein, als Gottes Verwalter, nicht eigenmächtig,<br />

nicht jähzornig, nicht dem Wein ergeben,<br />

nicht ein Schläger, nicht schändlichem<br />

Gewinn nachgehend, sondern gastfrei, das<br />

Gute liebend, besonnen, gerecht, heilig, enthaltsam,<br />

der an dem der Lehre gemäßen zuverlässigen<br />

Wort festhält, damit er fähig sei,<br />

sowohl mit der gesunden Lehre zu ermahnen<br />

als auch die Widersprechenden zu überführen.«<br />

Eine ähnliche Aufzählung solcher<br />

Eigenschaften ist in 1. Timotheus 3, 2-3<br />

niedergeschrieben: »Der Aufseher nun muss<br />

untadelig sein, Mann einer Frau, nüchtern,<br />

besonnen, anständig, gastfrei, lehrfähig, kein<br />

Trinker, kein Schläger, sondern milde, nicht<br />

streitsüchtig, nicht geldliebend, …«. All diese<br />

Eigenschaften sind für geistliche Leiter<br />

in jeglichem Bereich von Belang.<br />

Jesus ähnlicher werden<br />

»Ein Jünger ist nicht über dem Lehrer und<br />

ein Sklave nicht über seinem Herrn. Es ist<br />

dem Jünger genug, dass er werde wie sein<br />

Lehrer und der Sklave wie sein Herr.«<br />

(Matthäus 10, 24-25). Aus diesen Worten<br />

Jesu können wir schließen, wie bedeutend<br />

es für einen Leiter ist, ein gutes Vorbild zu<br />

sein. Rick Joyner schreibt dazu in seinem<br />

Artikel ›Die Leiterschaftsprinzipien Jesu‹:<br />

»Man kann die Qualität eines Leiters an<br />

der Qualität der Leute um ihn herum erkennen«.<br />

Es gibt noch viele Bereiche, in denen wir<br />

aufgefordert sind, Vorbilder zu sein, wenn<br />

wir als Leiter erfolgreich und fruchtbar<br />

sein wollen. Unser Charakter ist hier zwar<br />

nur ein Aspekt, jedoch sollte die Beschäftigung<br />

mit diesem eine sehr hohe Priorität<br />

in unserem Leben haben. Jesus ähnlicher<br />

zu werden ist eine unserer höchsten<br />

Berufungen. In Römer 8, 29 sagt Paulus:<br />

»Denn die er vorher erkannt hat, die hat er<br />

auch vorherbestimmt dem Bilde seines Sohnes<br />

gleichförmig zu sein, …«. Sowohl in<br />

seinem Wesen als auch in seinen Werken<br />

sollte Jesus auf jeden Fall unser größtes<br />

Vorbild sein.<br />

In diesem Zusammenhang möchte ich<br />

jedoch ausdrücklich darauf hinweisen,<br />

dass Früchte oft langsam wachsen und<br />

am Anfang sehr klein sind. Wir müssen<br />

immer darauf achten, dass wir uns nicht


unter Druck bringen lassen oder von uns<br />

selbst erwarten, perfekt zu sein. Gott fordert<br />

von uns keinen perfekten Charakter,<br />

sondern Authentizität und Aufrichtigkeit.<br />

Echtheit ist gefragt und wir müssen es lernen<br />

zu unseren Fehlern, die wir ja machen<br />

dürfen, zu stehen, offen darüber zu reden<br />

und auf die richtige Weise damit umzugehen.<br />

Was Gott von uns erwartet ist, dass<br />

die Frucht des Geistes in unserem Leben<br />

wächst, nicht, dass sie von einem Augenblick<br />

auf den anderen reif ist.<br />

Außerdem sollten wir immer wieder mit<br />

unseren Schwächen und unserem Versagen<br />

vor Gott kommen und ihn an unseren<br />

Herzen wirken lassen. Gott zu suchen, in<br />

seiner Gegenwart zu leben und ihm zu gehorchen<br />

ist der Schlüssel zur Lösung aller<br />

Probleme. Deshalb müssen wir dies auch<br />

tun, um in unserem Charakter Veränderung<br />

zu erleben. Das Wort Gottes zeigt<br />

uns dies auch deutlich auf: »Wir alle aber<br />

schauen mit aufgedecktem Angesicht die<br />

Herrlichkeit des Herrn an und werden so<br />

verwandelt in dasselbe Bild von Herrlichkeit<br />

zu Herrlichkeit« (2. Korinther 3, 18).<br />

Desweiteren sollten wir uns gute Freunde<br />

suchen. Jemand hat einmal gesagt: »Zeige<br />

ALJA RENK (<strong>27</strong>) lebt mit seiner Frau<br />

Sonja in Biberach und studiert Sozialpädagogik.<br />

Seit Jahren in der Jugend-<br />

und Gemeindearbeit tätig, ist<br />

er im Moment Leiter von »Passion«,<br />

der Jugendarbeit seiner Gemeinde. Er<br />

möchte jungen Leitern helfen in ihre<br />

Berufung zu kommen. Mehr Infos gibt<br />

es unter www.xtent.org.<br />

mir deine Freunde und ich sage dir, wer<br />

du bist.« Auch Paulus schreibt an die Korinther:<br />

»Irrt euch nicht: Schlechter Umgang<br />

verdirbt gute Sitten« (1. Korinther 15, 33).<br />

Häufig verändert der Herr unseren Charakter<br />

auch, indem er uns durch Krisen<br />

und Konflikte führt. Hier kommen wir oft<br />

an unsere Grenzen und sind dann wirklich<br />

von Gott abhängig. Solche Situationen<br />

können uns hart oder weich machen. Wenn<br />

wir bereit sind, Gott zu vertrauen, werden<br />

wir weich und somit auch veränderbar.<br />

Zudem ist es sehr wichtig, dass wir jemanden<br />

haben, der Einblick in unser Le-<br />

QUERGEDACHT<br />

ben hat und dem wir Rechenschaft für<br />

unser Tun und Handeln abgeben. Dazu<br />

können Mentoren und Freunde dienen,<br />

mit denen wir über alles reden können<br />

und denen wir das Recht geben, in unser<br />

Leben hineinzusprechen und uns auch zu<br />

hinterfragen. »Ein Pfad zum Leben ist, wer<br />

auf Zucht achtet; wer aber die Mahnung<br />

unbeachtet lässt, leitet in die Irre« (Sprüche<br />

10, 17). Der Herr möchte nicht, dass wir<br />

solche sind, die andere in die Irre leiten.<br />

Wenn wir uns also etwas sagen lassen,<br />

werden wir selbst zu einem Pfad, der zum<br />

Leben führt. ///<br />

13.8. - 16.9.<br />

ANZEIGE<br />

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52<br />

QUERGEDACHT<br />

KLETTERRESTAURANT<br />

MEIN FREUND GOTT UND ICH<br />

TEXT: MICKEY WIESE // KOLUMNE<br />

<strong>THE</strong> <strong>RACE</strong> 01/ 07<br />

// Als mein Freund Gott und ich einmal in<br />

einem Kletterrestaurant waren, wurde mir<br />

klar, warum unsere Beziehungen untereinander<br />

so wichtig sind. Und das kam so.<br />

Neulich waren mein Freund Gott und ich<br />

in einem Restaurant, wo man im Dachgebälk<br />

und an den Wänden klettern konnte.<br />

Es ist schon eine surreal anmutende Situation,<br />

wenn man in einem Restaurant sitzt,<br />

isst und trinkt und direkt über einem angeseilte<br />

Menschen mit Helmen herumklettern.<br />

Mein Freund Gott betrachtete<br />

das Treiben über unseren Köpfen mit<br />

wachsendem Augenleuchten. »Ich spüre<br />

es heute noch in meinem Auferstehungsleib,<br />

wie es war zu klettern.«, prostete er<br />

mir zu. »Als kleiner Junge hab ich es oft in<br />

der Werkstatt meines Vaters getan. Aber<br />

da ich heute körperlos mitgekommen bin,<br />

kann mich kein Seil halten.« Darüber<br />

mussten wir beide herzhaft lachen. Als<br />

wir wieder zu Atem gekommen waren, erinnerte<br />

ich mich an eine sehr interessante<br />

Definition, die ich über die Sicherung<br />

beim Klettern gelesen hatte: ›Seile und<br />

Gurte dienen dazu, die beim Abfangen<br />

eines Sturzes auftretenden Kräfte aufzunehmen<br />

und auf Körperteile zu verteilen,<br />

die stabil genug sind, um solche Krafteinwirkungen<br />

ohne Verletzungen zu überstehen.‹<br />

Dafür sind die Beziehungen in der<br />

Gemeinde allgemein und die seelsorgerlichen<br />

Beziehungen im Besonderen auch<br />

gedacht. Die Sicherung mit den Seilen<br />

oder Banden der Liebe sollten uns eigentlich<br />

Mut machen, uns auch auf schwierige<br />

Situationen oder Beziehungskonstellationen<br />

einzulassen. Weil die verletzenden<br />

Kräfte abgemildert werden, könnten wir<br />

immer wieder versuchen, schwierige Kletterabschnitte<br />

zu überwinden, ohne dass


uns das Fallen zerstören würde. Traurig<br />

dachten wir aber beide in diesem Augenblick<br />

an die vielen Geschichten, die<br />

wir immer wieder erzählt bekommen,<br />

wo statt dessen Machtausübung diese<br />

gute Idee meines Freundes Gott pervertiert<br />

hat. Macht zwingt Menschen in eine<br />

oberflächliche Gleichheit, ein Joch des<br />

Schweigens um der Liebe willen. Wahre<br />

Liebe aber lässt unterschiedlichste Menschen<br />

mit der Zeit ein Fleisch werden.<br />

»Weißt du, was mich an uns Christen<br />

so nervt, mein lieber Freund Gott?« Er<br />

nickte bekümmert und sprach aus, was<br />

wir beide fühlten: »Es ist diese kolossale<br />

Unbekümmertheit im Umgang mit Menschen.«<br />

Und in der Tat wird viel zu oft mit<br />

dem kostbarsten Gut, das wir als Gemeinde<br />

haben, nämlich unseren Herzensbeziehungen,<br />

so umgegangen, dass wir weder<br />

in diesem Kletterrestaurant noch sonst<br />

wo so viel essen könnten, wie wir kotzen<br />

möchten. Ich habe an diesem Abend zwar<br />

doch lieber meinen Kindern zugeschaut,<br />

die unbekümmert auf ihre Seilsicherung<br />

vertrauend durch das Gebälk flitzten, anstatt<br />

selber zu klettern. Aber es wurde mir<br />

klar, dass ich mich in Zukunft noch mehr<br />

auf meine Beziehungen als auf orthodoxes<br />

Regelwerk konzentrieren möchte. Das<br />

Reich Gottes ist ein absicherndes Netzwerk<br />

von Liebesbeziehungen.<br />

In seiner programmatischen Antrittsrede<br />

in Nazareth (Lukas 4, 18) zitierte mein<br />

Freund Gott Jesaja 61, 1-3 und erklärte<br />

das Ausrichten der froh machenden Botschaft<br />

vom Herannahen des Reiches Gottes<br />

als seinen wichtigsten Dienst. Vor allem<br />

Asylanten, Obdachlosen, Aussätzigen,<br />

Straßenkindern und Einsamen, kurzum<br />

allen Elenden, sollte die gute Nachricht<br />

mitgeteilt werden, dass sie nicht mehr<br />

ausgegrenzt sind, sondern dazugehören.<br />

Denn so wird die Botschaft vom Reich<br />

Gottes in Jesaja 52, 7 beschrieben: ›Dein<br />

Gott herrscht als König!‹ Sowohl das<br />

dem deutschen Begriff ›Reich Gottes‹ zugrunde<br />

liegende griechische ›basileia tou<br />

teou‹, als auch das hebräische ›malkuta di<br />

Jahwe‹ bezeichnen nun vor allem das König-Sein<br />

meines Freundes Gott und den<br />

Vollzug des Herrschens als König. Reich<br />

Gottes ist also mehr ein Beziehungsbegriff,<br />

als ein räumlich abgegrenztes Gebiet.<br />

»Deswegen habe ich in Lukas 17, 21<br />

doch gesagt: Siehe, das Reich Gottes ist<br />

mitten unter euch«, seufzte mein Freund<br />

Gott, während uns ein Kletterer fast in<br />

Das Reich Gottes ist ein absicherndes Netzwerk von<br />

Liebesbeziehungen.<br />

die Suppe fiel, aber gerade noch rechtzeitig<br />

von seinem Gurt abgefangen wurde.<br />

»Aber es war damals schon schwer zu<br />

verstehen«, vermutete ich. »Du warst da,<br />

deine Jünger waren da und die Pharisäer<br />

waren da, eine Gruppe von Menschen<br />

also, die miteinander in Beziehung standen.<br />

Wenn das Reich Gottes mitten unter<br />

ihnen war, dann bedeutet das ja, übertragen<br />

auf meinen Alltag, dass dieses Reich<br />

Gottes vor allem in den Beziehungen, die<br />

wir leben, existiert.« »Darum war das ja<br />

auch eines meiner letzten Anliegen, die<br />

ich in einer Gebetsgemeinschaft laut ausgebetet<br />

habe«, blinzelte mir mein Freund<br />

Gott zu, »dass die Welt an der Liebe, die<br />

meine Freunde untereinander haben, die<br />

Realität meiner Existenz erkennen sollte<br />

und an nichts anderem.«<br />

Und dann kamen wir, nachdem wir aufgegessen<br />

und bezahlt hatten, doch noch<br />

zum Klettern. Wieder zu Hause angekommen,<br />

umgürteten wir unsere Lenden<br />

mit Wahrheit, setzten den Helm des Heils<br />

auf, klinkten uns in der Liebesschiene ein<br />

und begannen mit großer Freude, über<br />

den Köpfen so mancher Regelwerker unbemerkt<br />

herumzuklettern. ///<br />

QUERGEDACHT<br />

MICKEY WIESE ist verheiratet mit einer<br />

Lobpreistänzerin, Vater von drei<br />

wunderbar wilden Kerls und arbeitet<br />

als freier Prediger und psychologischer<br />

Berater. Er hängt mit seinem Freund<br />

Gott in Frankfurt ab und versucht, die<br />

bedingungslose Liebe Jesu in den Alltag<br />

von Jugendlichen zu übersetzen.<br />

<strong>THE</strong> <strong>RACE</strong> - ONLINE . DE<br />

53


62<br />

GEMEINDE-LOS<br />

HISTORY MAKER REVISITED<br />

EINE BESTANDSAUFNAHME ZEHN JAHRE DANACH<br />

KONZEPT + INTERVIEWS: DANIEL KNAUFT<br />

<strong>THE</strong> <strong>RACE</strong> 01/ 07<br />

ANGELA<br />

25<br />

Berlin<br />

dauernd getrennt lebend<br />

selbständig als Musicaldarstellerin<br />

»Ich versuche nicht mehr<br />

durch übertriebene Moral<br />

und forcierte Gespräche etwas<br />

übers Knie zu brechen.<br />

Ich bemühe mich einfach<br />

›zu sein‹, entspannt und so<br />

wie ich bin.«<br />

Wie lebst du eigentlich deinen Glauben?<br />

Wie sollte die perfekte Gemeinde für dich aussehen?<br />

Nachgefragt bei drei jungen Erwachsenen, die ihr Leben so ganz unterschiedlich gestalten und<br />

doch den gleichen Jesus kennen – zehn Jahre nachdem sie aus vollen Kehlen in die Hymne<br />

»History Maker« von Delirious? eingestimmt haben.<br />

Und... so gemeindemäßig?<br />

Am ehesten in Freundschaften.<br />

Woran denkst Du am liebsten, wenn Du<br />

morgens aufstehst?<br />

›Am liebsten‹ und ›morgens‹ sind Wörter,<br />

die bei mir nicht in einem Satz genannt<br />

werden können. Das Einzige, was ich denke,<br />

ist: Schnell Kaffee - bald wird‘s besser.<br />

Hast Du so etwas wie ein Lieblingszitat?<br />

»Wenn andere glauben, man ist am Ende,<br />

dann sollte man erst richtig anfangen.«<br />

(Konrad Adenauer)<br />

Was Du in Deinem Leben verfolgst bzw.<br />

erreichen willst:<br />

1. konstante Verbesserung beruflicher Fähigkeiten<br />

2. irgendwann: Beruf und Familie unter<br />

einen Hut bekommen<br />

3. zufrieden zu sein und mein Leben mit<br />

Jesus zu leben »wie es mich führt«, ohne<br />

ständig ein großes Ziel haben zu müssen<br />

4. Erweckung, insbesondere in meiner<br />

Generation<br />

5. Gemeinde entstauben, d. h. dahingehend<br />

zu verändern, dass ich mich wohl<br />

fühle und es nicht unangenehm ist Freunde<br />

mitzubringen<br />

Haben sich diese Ziele in den letzten zehn<br />

Jahren verändert?<br />

Punkt 4 meiner letzten Antwort hat sich<br />

so sehr verändert, dass man ihn fast als<br />

›ersatzlos gestrichen‹ betrachten könnte.<br />

Natürlich wünsche ich mir immer noch,<br />

dass meine Freunde Jesus kennen lernen.<br />

Aber ich versuche nicht mehr durch<br />

übertriebene Moral und forcierte Gespräche<br />

etwas übers Knie zu brechen. Ich bemühe<br />

mich einfach ›zu sein‹, entspannt<br />

und so wie ich bin. Dass ich ›irgendwie<br />

anders‹ bin, fällt immer noch früh genug<br />

auf, wenn Leute mich näher kennen<br />

lernen. Punkt 5 habe ich leider aufgegeben,<br />

da ich ein zu ergebnisorientierter<br />

Mensch bin, um auf Dauer in etwas Energie<br />

und Kreativität hineinzustecken,<br />

was mir so schwer zu bewegen scheint.<br />

Hast Du in den letzten zehn Jahren eine<br />

ernste Krise oder herbe Rückschläge erfahren?<br />

Mir ist es schwer gefallen, den Weg ins<br />

›normale Leben‹ zu finden. Als Teenie<br />

wollte ich immer so sehr ein ›Historymaker‹<br />

werden und für Jesus alles Mögliche<br />

machen. Aber als ich dann als junge Erwachsene<br />

mit meiner Ausbildung fertig<br />

war, musste ich feststellen, dass sich vieles<br />

in der Realität meines täglichen Lebens<br />

nicht umsetzen ließ.<br />

Wie hast Du dabei empfunden und was<br />

hast Du darin gelernt?<br />

Da ich über so lange Zeit Predigten geglaubt<br />

habe, Gebetsaufrufen etc. gefolgt<br />

bin und alles mit großer Radikalität und<br />

vielen Emotionen sehr ernst genommen<br />

habe, habe ich mich dann lange verarscht<br />

und mit meinen Problemen allein gelassen<br />

gefühlt. Gelernt habe ich eine Menge. Ich<br />

bin dadurch in meinem Glauben erwachsen<br />

geworden. Ich weiß jetzt ganz genau,<br />

was ich glaube, vor allem, warum ich was<br />

glaube, und habe auch die Gelassenheit,<br />

manche Fragen einfach unbeantwortet im<br />

Raum zu lassen.<br />

In der Zwischenzeit kann mir niemand<br />

mehr so leicht ein X für ein U verkaufen<br />

und ich denke, dass es vielleicht dieser


Prozess sein könnte, den der Hebräerbriefschreiber<br />

meint, wenn er sagt, dass<br />

es gut ist, wenn das Herz fest wird, damit<br />

wir nicht mehr von jedem Wind der Lehre<br />

hin- und hergerissen werden.<br />

Die perfekte Form, Gemeinde zu leben:<br />

Auf keinen Fall morgens! Ehrliche<br />

Freundschaften, entspannte Meetings,<br />

kein engstirniges Schwarz-Weiß-Denken<br />

Und... so gemeindemäßig?<br />

Lebendig, persönlich, tiefgehend, eine<br />

ausgewogene Mischung im Lobpreis,<br />

mit Predigt und weiterem Raum, Gott in<br />

Vielfalt zu begegnen (Jesustreff Stuttgart)<br />

Woran denkst Du zuerst, wenn Du morgens<br />

aufstehst?<br />

Verschieden. Ich versuche dankbar in den<br />

neuen, von Gott geschenkten Tag zu starten.<br />

Hast Du so etwas wie ein Lebensmotto<br />

bzw. einen Lieblingsbibelvers?<br />

Ich habe einen Lieblingsvers, den ich ganz<br />

persönlich in meinem Alltag leben will –<br />

der also mein Lebensmotto geworden ist.<br />

Die Liebe, sichtbar in und durch Jesus,<br />

soll in meinem Leben sichtbar werden. Johannes<br />

13, 34-35: »Ein neues Gebot gebe<br />

ich euch, dass ihr euch untereinander liebt,<br />

wie ich euch geliebt habe, damit auch ihr<br />

einander lieb habt. Daran wird jedermann<br />

erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn<br />

ihr Liebe untereinander habt.«<br />

Was Du in Deinem Leben verfolgst bzw.<br />

erreichen willst:<br />

• Meine Beziehungen ›gut‹ zu leben (zu<br />

Gott, in der Ehe, in Freundschaften und<br />

Familie).<br />

• Den Auftrag, den Gott für mein Leben<br />

hat, annehmen und leben.<br />

• Es soll etwas Tragendes und Bleibendes<br />

entstehen: eine Heimat für Menschen,<br />

die in ihrem Leben in Not gekommen<br />

sind (groß träumen: eine Gemeinde mit<br />

Wohnmöglichkeiten, verschiedenen Gottesdiensten,<br />

Sportplätzen, dienend für die<br />

Stadt etc.).<br />

• Eine eigene Familie ›bauen‹.<br />

• Ich will dazu beitragen, dass der VfB<br />

Stuttgart Deutscher Meister und Champions<br />

League Sieger wird (z. B. als Seelsorger).<br />

und logische, am Bibelkontext orientierte,<br />

Theologie.<br />

Was Du schon immer einmal loswerden<br />

wolltest:<br />

Spontan fällt mir jetzt nichts Weltbewegendes<br />

ein, außer vielleicht, dass ich<br />

immer noch sehr gerne Delirious? höre.<br />

August 30th ist inzwischen mein Lieblingslied<br />

geworden.<br />

Haben sich diese Ziele in den letzten zehn<br />

Jahren verändert?<br />

Jawohl, die Ziele haben sich Stück für<br />

Stück verändert, bzw. wurden durch Gott<br />

verändert. Noch vor zehn Jahren wollte ich<br />

Fußballprofi, -Trainer oder Manager werden,<br />

meine große Leidenschaft damals.<br />

Gott hat mir gezeigt, dass er einen anderen<br />

Auftrag für mein Leben hat. Die Leidenschaft<br />

für Fußball, Sport und Musik<br />

sehe ich als Geschenk an, das ich jetzt in<br />

der Beziehung zu anderen Menschen nutzen<br />

und einsetzen kann.<br />

Hast Du in den letzten zehn Jahren eine<br />

ernste Krise oder herbe Rückschläge erfahren?<br />

Eine große Krise hat mit mir selbst zu tun.<br />

Heute würde ich sagen, ich durfte entdecken,<br />

wie tief die Abgründe in mir selbst<br />

sind. Martin Luther hat das die ›Höllenfahrt<br />

der Selbsterkenntnis‹ genannt.<br />

Weitere Krisen gab es immer wieder durch<br />

Erlebnisse in engen Beziehungen oder<br />

durch Beobachtungen in Gemeinden. Zu<br />

erleben, wie sich Christen gegenseitig verletzen,<br />

von Liebe nicht viel zu sehen war,<br />

das hat mich immer wieder bedrückt.<br />

Wie hast Du dabei empfunden und was<br />

hast Du darin gelernt?<br />

Die ›Selbsterkenntnis-Krise‹ war eine sehr<br />

schwere Zeit. Ich fühlte mich schlecht, als<br />

Christ ein Versager, musste lernen mich<br />

selbst so anzunehmen wie ich bin. Es<br />

hat mich wesentlich verändert, ich durfte<br />

erkennen, wie tief die Gnade Gottes<br />

reicht. Das hat in mir einiges verändert,<br />

eine große Liebe und Barmherzigkeit zu<br />

meinem Nächsten bewirkt. Es fällt mir<br />

immer noch sehr schwer zu erleben, wie<br />

Beziehungen und Gemeinden an zwi-<br />

ALEKO<br />

28<br />

Herrenberg<br />

verheiratet seit 2003<br />

Jugendreferent und Diakon<br />

GEMEINDE-LOS<br />

»Heute würde ich sagen, ich<br />

durfte entdecken, wie tief<br />

die Abgründe in mir selbst<br />

sind. Martin Luther hat das<br />

die ›Höllenfahrt der Selbsterkenntnis‹<br />

genannt.«<br />

<strong>THE</strong> <strong>RACE</strong> - ONLINE . DE<br />

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64<br />

GEMEINDE-LOS HISTORY MAKER REVISITED<br />

<strong>THE</strong> <strong>RACE</strong> 01/ 07<br />

OLIVER<br />

24<br />

Berlin-Hermsdorf<br />

Single<br />

Erzieher im ersten Ausbildungsjahr<br />

schenmenschlichen Dingen zerbrechen.<br />

Vieles wird dabei als geistlich hingestellt,<br />

das hat mich auf der einen Seite sehr sensibel<br />

werden lassen und auf der anderen<br />

realistisch im Hinblick auf Gottes Gemeinden<br />

in unserer Welt.<br />

Die perfekte Form, Gemeinde zu leben:<br />

Die Gnade und Liebe Gottes ist das Fundament<br />

für alle und ist in allem spürbar.<br />

Die Gemeinde umfasst alle Altersgruppen,<br />

die wissen, dass sie einander brauchen.<br />

Es gibt verschiedene Gottesdienste:<br />

altersspezifisch, lebensweltorientiert,<br />

mit verschiedenen Schwerpunkten wie<br />

Predigt, Lobpreis, Gebet, Segnung und<br />

Gemeinschaft. Außerdem gibt es Kleingruppen<br />

und Großgruppen (umfasst<br />

vier bis fünf Kleingruppen), die sich als<br />

Gemeinde verstehen und nach ihrer Berufung<br />

und Vision zusammengestellt<br />

sind (künstlerische Ausrichtung, Studenten<br />

etc). Sie haben einen Auftrag nach<br />

außen und dienen der Stadt, z. B. helfen<br />

in einem bestimmten Stadtteil mit Putzen,<br />

Einkaufen, Babysitting.<br />

Und... so gemeindemäßig?<br />

Landeskirche mit freikirchlichen Tendenzen<br />

Woran denkst du zuerst, wenn du aufstehst?<br />

Zuerst denke ich, dass es schön wäre,<br />

wenn ich nicht alleine aufwachen würde<br />

und zwei Zehntelsekunden später denke<br />

ich an Gitarren und Musik.<br />

Hast du so etwas wie ein Lebensmotto,<br />

Lieblingszitat bzw. -bibelvers?<br />

Ja. Mein Lebensmotto ändere ich relativ<br />

häufig – ich passe es den Umständen an.<br />

Momentan lautet mein Motto: »I know<br />

ev’ryone in the world but I feel alone«. Diesen<br />

Satz habe ich von U2 geklaut und er<br />

beeindruckt mich sehr, weil ich das auf<br />

meinem Lebensweg oft so erlebt habe.<br />

Ein weiteres Zitat bewegt mich ebenso<br />

sehr: »Looking for the baby Jesus under the<br />

trash.« Vielleicht ist das noch eher mein<br />

Lebensmotto, weil ich Jesus oft scheinbar<br />

aus den Augen verliere, bei all dem ›Müll‹,<br />

der mir täglich so passiert oder begegnet.<br />

Die Gemeinde hat das Ziel, Reich Gottes<br />

zu bauen (nicht, dass die Gemeinde<br />

wächst) und macht das ganzheitlich.<br />

IN – lebt die Beziehungen untereinander,<br />

wächst miteinander in Charakter und<br />

Persönlichkeit.<br />

UP – lebt die Beziehung zu Gott in der<br />

Vielfalt, die unser Glaube zu bieten hat.<br />

OUT – lebt Beziehungen nach außen, zu<br />

den Menschen um uns herum, je nach<br />

Berufung.<br />

Was Du schon immer einmal loswerden<br />

wolltest:<br />

Ich weiß, dass es in dieser Welt keine perfekte<br />

Gemeinde geben wird. In jeder haben<br />

wir es mit Menschen zu tun, doch ich<br />

möchte weiterhin groß träumen und auf<br />

unseren Gott hoffen. Ich denke, dass er<br />

im Moment an vielen Ecken in Deutschland<br />

am Wirken ist. Meine Hoffnung ist<br />

es, dass Christen vor Ort, egal aus welcher<br />

Gemeinde und Denomination, entdecken,<br />

dass sie zusammen gehören und miteinander<br />

am Reich Gottes bauen, in aller Unterschiedlichkeit<br />

(vgl. Johannes 13, 34-35).<br />

Meine Lieblingsbibelstelle ist »Trinke nicht<br />

mehr nur Wasser, sondern gebrauche ein wenig<br />

Wein um deines Magens willen, und weil<br />

du oft krank bist!« (2. Timotheus 5, 23)<br />

Das ist doch mal ein Tipp fürs Leben.<br />

Was Du in Deinem Leben verfolgst bzw.<br />

erreichen willst:<br />

• mit einer wunderbaren Frau zusammenleben<br />

und eine Familie gründen<br />

• Musik machen, Alben verkaufen und<br />

Konzerte mit meiner Band geben<br />

• in der Gemeinde mit meinen Interessen<br />

und Begabungen mitarbeiten<br />

• Musik machen, die sich inhaltlich von<br />

dem ›Radiomüll‹ und musikalisch von<br />

der momentan populären ›Worship‹-Musik<br />

abhebt und die Welt, in der ich lebe,<br />

verändert<br />

• ein guter Erzieher werden<br />

Haben sich diese Ziele in den letzten zehn<br />

Jahren verändert?<br />

Die Ziele haben sich in den letzten zehn<br />

Jahren insofern verändert, als dass sie heute<br />

etwas klarer definiert sind. Vor zehn


Jahren wollte ich einfach nur ein ›Historymaker‹<br />

sein. Der gleichnamige Song von<br />

›Delirious?‹ hat mich, sowie wohl viele<br />

andere junge Christen aus freikirchlichem<br />

Hintergrund, sehr geprägt. Im Nachhinein<br />

betrachtet, haben viele von uns ihre<br />

Zeit vielleicht damit verschwendet, dass<br />

wir darauf gewartet haben, dass Gott Geschichte<br />

schreibt und wir uns mit seiner<br />

Geschichte schmücken können, aber das<br />

sagt der Song nicht aus. »I’m gonna be<br />

a Historymaker« – »ICH werde ein Geschichtemacher«<br />

sein. Die Übersetzung,<br />

die leider oft bei Gebetskonzerten, die<br />

ich besuche, gesungen wird, verdreht das:<br />

»Hier bin ich, Herr, schreib’ mit mir Geschichte«.<br />

Dieses Warten finde ich falsch.<br />

Ich habe Gaben, die ich für Gott einsetzen<br />

will und ich werde mich nicht in eine<br />

Kammer verziehen und solange beten, bis<br />

Gott mir wortwörtlich sagt, was ich tun<br />

soll, ehe ich mich bewege (vgl. Lukas 19,<br />

13-24: »Die anvertrauten Talente«).<br />

Hast du in den letzten zehn Jahren eine<br />

ernste Krise oder herbe Rückschläge erfahren?<br />

Die letzten zehn Jahre waren eine einzige<br />

Krise. Meine damalige Gemeinde war<br />

zerrüttet von Neid, Irrlehren, geistlichem<br />

Missbrauch und Stolz. Es hatte vorher ja<br />

auch schöne Momente gegeben, aber als<br />

dann fast mein ganzer Freundeskreis weg<br />

brach, meine Mentoren und Leiter aus<br />

der Gemeinde suspendiert wurden und<br />

ich die Inhalte der Lehren nicht mehr mit<br />

meiner Theologie vereinen konnte, musste<br />

ich weg. Die Gemeinde zu verlassen glich<br />

beinahe dem Ausstieg aus einer Sekte, wie<br />

man ihn aus Erfahrungsberichten kennt.<br />

Persönlich war mein damaliges erfolgloses<br />

Theologiestudium eine ernste Selbstkrise<br />

und das überwiegende Singledasein ist<br />

nach wie vor ein Problem, weil ich langsam<br />

keine Lust mehr auf diesen Zustand<br />

der Einsamkeit habe. Dazu haben mich<br />

die ehemaligen Freunde aus der Gemeinde<br />

behandelt, als würden sie mich nicht<br />

mehr kennen und riefen nicht mehr zurück.<br />

Die Krisen, egal welche, sehe ich als<br />

Angriffe auf mein Selbstbewusstsein. Sie<br />

führten mich auf einen Weg in die Hoffnungslosigkeit.<br />

Ich begann Gott zu fra-<br />

gen, ob er mich vielleicht vergessen hat.<br />

Aber dann meldet er sich und plötzlich<br />

bin ich in einer anderen Ausbildung als<br />

einer der Klassenbesten – und die Band<br />

spielt wieder … Ich habe gelernt, dass Jesus<br />

immer da ist – »somewhere under the<br />

trash« – irgendwo unter dem Müll.<br />

Die perfekte Form, Gemeinde zu leben:<br />

• Generationsübergreifend, um von den<br />

›Alten‹ zu lernen<br />

• Raum, seine Begabungen auszuleben<br />

• Keine traditionellen ›Mitsing-Lobpreiszeiten‹,<br />

sondern musikalische Anbetungszeiten,<br />

in denen zwar auch Platz für bekanntes<br />

Liedgut ist, aber auch für eigene<br />

Kompositionen und spontane Eskapaden<br />

in die Weiten der Klangwelten zweier Gitarren,<br />

eines Synthesizer und eines Schlagzeugs,<br />

sowie die Welten von Dichtung, Lyrik,<br />

Malerei, Schauspiel und Heavy Metal<br />

• Ein Ort, an dem sich Menschen treffen<br />

und Gott anbeten, voneinander lernen<br />

und Nächstenliebe leben<br />

• Kein Verurteilen des anderen, weil er<br />

eine angebliche Sünde begangen hat, sondern<br />

konstruktive Dialoge, die keine moralischen<br />

Phrasen beinhalten, sondern Ermutigung,<br />

Wahrheit und Nächstenliebe<br />

Was du immer schon mal sagen wolltest!<br />

Was ist der Unterschied zwischen Christen<br />

in Australien, Großbritannien, den<br />

USA und uns in Deutschland? Die anderen<br />

haben ihre eigenen progressiven und<br />

jungen Anbetungsstile, während wir diese<br />

(fast perfekt) kopieren. Ich schlage folgendes<br />

vor:<br />

• Wir führen eine Quote von eigenem<br />

Liedgut in unsere Anbetungszeiten ein,<br />

• wir investieren mehr Zeit und Geld in<br />

unsere (Anbetungs-) Musik und<br />

• werden selbstbewusster in Bezug auf unsere<br />

künstlerischen Ressourcen.<br />

Mögen die (Anbetungs-)Lieder aus unserer<br />

christlichen Nation die Welt davon<br />

überzeugen, dass aus Deutschland nicht<br />

nur die besten Autos, die beste Frauenfußballmannschaft<br />

und Rammstein kommen,<br />

sondern auch junge Menschen, die<br />

dieser Welt etwas einzigartiges zu geben<br />

haben – Glaube, Hoffnung, Liebe und<br />

laute Gitarren. We’re gonna be Historymakers<br />

– yes, it’s true and I believe it! ///<br />

GEMEINDE-LOS<br />

»Im Nachhinein betrachtet,<br />

haben viele von uns ihre<br />

Zeit vielleicht damit verschwendet,<br />

dass wir darauf<br />

gewartet haben, dass<br />

Gott Geschichte schreibt<br />

und wir uns mit seiner<br />

Geschichte schmücken<br />

können, aber das sagt der<br />

Song nicht aus.«<br />

<strong>THE</strong> <strong>RACE</strong> - ONLINE . DE<br />

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35<br />

AKTION<br />

<strong>THE</strong> <strong>RACE</strong> 01/ 07<br />

<strong>THE</strong> <strong>RACE</strong><br />

Geburtstags-Abo<br />

Für meine Freunde nur das Beste...<br />

Hi, ich heiße Lena, bin 25 und studiere<br />

Germanistik. Ole, ein guter Freund von<br />

mir, hat mich auf eine ziemlich geniale<br />

Idee gebracht. Es ist doch immer wieder<br />

so, dass ein Geburtstag naht und man<br />

irgendwie auf die zündende Idee für ein<br />

Geschenk wartet. Es soll von Herzen<br />

kommen und nicht unbedingt in zwei<br />

Tagen schon wieder in der Schublade landen.<br />

Hm, wenn also der super-individuelle<br />

Geistesblitz auf sich warten lässt, muss<br />

man wohl auf die alt bewährten Standards<br />

zurückgreifen. Da wären für Mädels schöne<br />

Kerzen, ein herrlich duftendes Stück<br />

Seife oder was Nettes von einer ökologisch<br />

halbwegs vertretbaren und in Großstätten<br />

recht verbreiteten Kosmetikkette,<br />

die sämtliche exotischen Fruchtsorten in<br />

immer aufregenderen Namenskonstellationen<br />

durchdekliniert.<br />

Bei Jungs ist das schon schwieriger: ein<br />

gutes Deo oder Aftershave (kann leider<br />

auch nach hinten losgehen) oder was<br />

Technisches für den Computer. Klar, was<br />

immer geht (und zwar geschlechtsneutral),<br />

sind diverse Gutscheine. Aber das<br />

nährt latent so ein wenig den Verdacht,<br />

man habe sich – was meistens auch nicht<br />

ganz von der Hand zu weisen ist – erst<br />

in letzter Minute etwas aus den Fingern<br />

saugen müssen. Was also tun?!<br />

Da kommt nun Ole ins Spiel. Vor ein paar<br />

Monaten hat er mir zum Geburtstag ein<br />

ganz besonderes Geschenk gemacht. Mit<br />

einem Freund zusammen schenkte er mir<br />

ein Abo von <strong>THE</strong> <strong>RACE</strong> für ein Jahr. Das<br />

war mal etwas wirklich anderes, schließlich<br />

stapelt sich bei mir die ach so herrlich<br />

duftende Seife inzwischen so hoch, dass<br />

die Gesamtheit der Düfte nun nicht mehr<br />

so herrlich anmutet. Du meinst, <strong>THE</strong><br />

<strong>RACE</strong> sei nichts für Mädels? Blödsinn, im<br />

Gegenteil: Impulse zum WEITERdenken<br />

– das hat mir echt geschmeichelt, denn es<br />

zeigt mir, dass er mich als Freundin ernst<br />

nimmt und an meiner Meinung interessiert ist. Das war aber<br />

noch nicht alles: Er hat eine richtig coole Karte selbst gestaltet,<br />

in der die beiden mich in ein gemütliches Café eingeladen<br />

haben. Es war ein richtig netter Nachmittag, denn an<br />

spannenden Themen konnte es uns schon allein wegen <strong>THE</strong><br />

<strong>RACE</strong> gar nicht fehlen.<br />

Weil es mir selbst so viel bedeutet hat, habe ich mir vorgenommen,<br />

in diesem Jahr jedem, der <strong>THE</strong> <strong>RACE</strong> noch nicht<br />

hat, ein Abo mit einer Einladung ins Café zu schenken. Ob<br />

Jungs oder Mädels spielt gar keine Rolle, weil die Zeitschrift<br />

Themen behandelt, die so gut wie jeden Christen bewegen,<br />

der sich Gedanken macht und mit Jesus geht. Und von den<br />

Kosten her, ist das auch nicht mehr als eine CD oder ein<br />

Buch. Letztlich kann man sich das ja auch mit einer Freundin<br />

teilen. Das ist sowieso entspannter beim Café-Besuch.<br />

Tschüssi,<br />

Ole hat dazu auch noch was zu sagen.<br />

Bitte mal sechs Seiten zurückblättern.


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provozieren und hinterfragen. Ein Anliegen von <strong>THE</strong> <strong>RACE</strong><br />

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