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Ausgabe Dezember 2008 Erscheinungsdatum Nr. 12 18 ... - Ostritz

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Vom Büro<br />

Soweit sich das in der individuellen Familienüberlieferung erhalten hat, gab es ein<br />

richtiges Büro erst nach der Jahrhundertwende. Am Anfang, in den ersten Jahren,<br />

wurden Schulden durch ein paar Kreidezeichen über dem Türrahmen der Mühle<br />

angezeigt. Das ersetzte jede Buchführung. Dann, nach <strong>18</strong>90, wurde eine Tafel<br />

aufgestellt, auf der die Schuldner und die Schuldensumme notiert wurden. Dazu hat sich<br />

die Geschichte erhalten, wie der würdige Kantor Günzel eines Tages seinen Namen der<br />

Dorföffentlichkeit preisgegeben sah, eilends den Schulunterricht unterbrach und sofort in<br />

die Mühle kam, um seine Schulden zu begleichen.<br />

Für die ersten Kontobücher wurde nach 1900 ein Herr Schwarze aus <strong>Ostritz</strong>, ein kleines<br />

buckliges Männlein, seiner schönen Schrift wegen angestellt. Allerdings schrieb er nicht<br />

nur sehr schön, sondern auch sehr langsam, sodass er mit dem Schreiben nie fertig<br />

wurde. Die in Leder gebundenen großen Folianten lagen bis 1945 auf dem Dachboden<br />

der Mühle. Damals gab es noch keinen Unterschied zwischen Privat und Geschäft. Alles,<br />

was einging und alles, was man ausgab, erschien in diesen Hauptbüchern. „Mit Gott“<br />

stand am Anfang, „Bilanz“ am Schluß.<br />

Das Sparen wurde immer großgeschrieben. Durch diesen haushälterischen Sinn und den<br />

wirtschaftenden Eifer entstand ein wohlhabend landstädtisches Haus von repräsentativer<br />

Behäbigkeit. Alles war solide gedacht. Das klingt zwar wie eine Idylle, aber das war sie<br />

bei weitem nicht. Ernst Apelt war am Morgen der erste in der Mühle und als letzter<br />

verließ er sie am Abend.<br />

Der erste Apelt in Leuba<br />

Der große Rausreißer, pflegte Ernst Apelt´s Sohn Ewald zu sagen, war die erste Ehe<br />

seines Vaters. Er heiratete im Januar <strong>18</strong>71 Anna Therese Ernestine Straube, die <strong>18</strong>50 in<br />

Ebersbach geborene Tochter eines reichen Bauern. Mit deren Mitgift und geliehenem Geld<br />

von der <strong>Ostritz</strong>er Sparkasse konnte Ernst Apelt an den Umbau der Mühle denken. Das<br />

dauerte ein dreiviertel Jahr, in dem die Mühle stand. Es gab also keine Einkünfte.<br />

Die glückliche Ehe dauerte kaum fünf Jahre. Die Frau kränkelte bald. Das <strong>18</strong>71 geborene<br />

Töchterchen Anna starb nach einem Jahr. Die Mutter widerstand der Tuberkulose oder<br />

Schwindsucht, wie die Ärzte es damals nannten, noch fast zwei Jahre unter immer<br />

wiederkehrendem quälenden Bluthusten, Erbrechen und Weinen.<br />

In der Zeit nach dem Tod seiner Frau suchte Ernst Apelt Trost in der Arbeit. Wie jeder<br />

Mensch reagierte er ganz instinktiv auf dieses Unglück. Aber schon nach wenigen<br />

Monaten hielt er das Alleinsein nicht mehr aus.Die sehr weise Sitte dieser Zeit gestattete,<br />

ja empfahl sogar eine baldige Wiederverheiratung. Man darf sich deshalb nicht darüber<br />

wundern, dass der so schwer getroffene Mann sich nach kurzer Zeit zu einer zweiten<br />

Heirat entschloß. Auch muß dabei das vertraute Verhältnis zum Tod berücksichtigt<br />

werden, das die Menschen damals hatten. Ernst Apelt fürchtete den Tod sicher nicht,<br />

sondern sah ihm – wie es damals die Regel war - in ruhiger Erwartung als Befreier von<br />

den alltäglichen Kümmernissen entgegen. Sein fester Glaube ließ ihn die Pforte des Todes<br />

als Pforte zur Erkenntnis der göttlichen Wahrheit annehmen.<br />

So machte sich Ernst Apelt wieder auf die Suche nach einer Ehefrau. Er lernte sie durch<br />

den Getreidehändler Nautze kennen. Von ihm hörte er, dass in Cundorf der reiche Bauer<br />

Oppelt drei Stieftöchter zu vergeben hätte. Unter dem Vorwand, eine Kuh kaufen zu<br />

wollen, fuhr Ernst nach Cundorf und lernte als erstes die jüngste Schwester, die Gustl<br />

Hänsel, kennen. Als er leise ihren Vater mit seiner Absicht vertraut machte, meinte<br />

dieser rauh: “Erst muß das Heu raus, dann das Kummet.“ Mit dem Kummet, dem<br />

Frischfutter, war die jüngere Tochter gemeint. So lange wollte Ernst nicht warten und<br />

heiratete <strong>18</strong>76 die ältere Schwester Anna Rosina Hänsel (<strong>18</strong>56-1932). Anna kam gern<br />

nach Leuba in die Apelt-Mühle, wie die kleine Klitsche jetzt schon hieß. Das Glück zog mit<br />

ihr und mit ihr die Beständigkeit. Es begann eine lange Reihe glücklicher und sorgenfreier

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