Kulturtouristische Netzwerke im ländlichen Raum - Ostdeutscher ...
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<strong>Kulturtouristische</strong> <strong>Netzwerke</strong><br />
<strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong><br />
„Erfolgreiche Netzwerkarbeit ist nicht<br />
<strong>im</strong> Ehrenamt zu leisten, dazu bedarf es<br />
vielmehr strategischen Denkens, hoher<br />
Kommunikationsfähigkeit und eines professionellen<br />
Projektmanagement – all<br />
das hat seinen Preis.“ (K. Drda-Kühn)<br />
„Die Ziele sind klar:<br />
Mehr Aufmerksamkeit,<br />
mehr Besucher, mehr Umsatz,<br />
mehr von allem – bei gleichzeitiger<br />
Einsparung von Ressourcen bei jedem<br />
einzelnen Partner. Wie aber kann das<br />
tatsächlich gelingen?“ (M. Burzinski)<br />
„In den Besucherbefragungen [...] wird deutlich,<br />
dass es für einen Großteil der Kulturtouristen<br />
sehr wichtig ist, vor Ort Koppelungsaktivitäten<br />
nachzugehen, also weitere Kultur- und Freizeitaktivitäten<br />
wahrzunehmen.“ (G. Bendzuck)<br />
Klosterland<br />
Erweiterte Begleitpublikation zum 1. Symposium <strong>im</strong> KLOSTERLAND<br />
veranstaltet durch KLOSTERLAND | Deutsch-Polnisches Klosternetzwerk<br />
1. Auflage, 03/2013
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Impressum<br />
Herausgeberinnen<br />
Lara Buschmann, Lina Lisa Kolbitz<br />
Leitung<br />
KLOSTERLAND | Deutsch-Polnisches Klosternetzwerk<br />
E-Mail: info@klosterland.de<br />
Telefon: +49 (0)151 209 040 74<br />
Internet: www.klosterland.de<br />
Die vorliegende Broschüre mit dem Titel „<strong>Kulturtouristische</strong> <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong>“ umfasst<br />
die verschriftlichten Vorträge der Referentinnen und Referenten des „1. Symposiums <strong>im</strong><br />
KLOSTERLAND“ am 20. September 2012 <strong>im</strong> Dominikanerkloster Prenzlau sowie Artikel weiterer<br />
Experten und Praktiker, die sich mit <strong>Netzwerke</strong>n <strong>im</strong> Tourismus und <strong>im</strong> Kultursektor beschäftigen.<br />
Sie erscheint zunächst als Druckausgabe in l<strong>im</strong>itierter Auflage anlässlich der Internationalen Tourismus<br />
Börse in Berlin. Eine 2. erweiterte Auflage als Onlinepublikation ist zeitnah geplant.<br />
Redaktion und Lektorat<br />
Lara Buschmann, M.A. und Lina Lisa Kolbitz, M.A.<br />
Autoren/Autorinnen<br />
Christian Antz, Gerlinde Bendzuck, Matthias Burzinski, Lara Buschmann, Karin Drda-Kühn,<br />
Brigitte Faber-Schmidt, Lina Lisa Kolbitz.<br />
Die Beiträge geben die Meinung der/des jeweiligen Autorin/Autors wieder und stellen nicht in<br />
jedem Fall die Meinung der Herausgeberinnen dar. Die Herausgeberinnen übernehmen keine<br />
Haftung für die Richtigkeit der Inhalte.<br />
Grafikdesign<br />
Layoutservice Muchow<br />
Nachdruck und sonstige Verbreitung<br />
(auch auszugsweise und online) nur mit Genehmigung der Herausgeberinnen.<br />
Diese Broschüre wurde <strong>im</strong> Rahmen der Anschubfinanzierung des Deutsch-Polnischen Klosternetzwerks<br />
durch folgende Sponsoren finanziert:<br />
S Finanzgruppe<br />
<strong>Ostdeutscher</strong> Sparkassenverband<br />
S Sparkasse<br />
Barn<strong>im</strong><br />
S Sparkasse<br />
Märkisch-Oderland<br />
S Sparkasse<br />
Oder-Spree<br />
S Sparkasse<br />
Uckermark<br />
2
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Einleitung<br />
Lara Buschmann, Lina Lisa Kolbitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />
<strong>Netzwerke</strong> und Kooperationen. Eine Annäherung<br />
Lara Buschmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />
Kulturtouristen in Brandenburg<br />
Gerlinde Bendzuck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />
KLOSTERLAND | Deutsch-Polnisches Klosternetzwerk.<br />
Ein kulturtouristisches Netzwerk auf dem Weg zum Erfolg<br />
Lara Buschmann, Lina Lisa Kolbitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />
Regionalentwicklung und Kulturtourismus: ökonomisches Potenzial<br />
(kultur-)touristischer <strong>Netzwerke</strong> für strukturschwache Räume<br />
Karin Drda-Kühn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />
CROSSART Route-Moderne-Kunst:<br />
Eine Museumskoordination als kulturtouristisches Laboratorium<br />
Matthias Burzinski . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />
Kulturland Brandenburg – eine Dachmarke zwischen (kulturtouristischem)<br />
Marketing und der Stärkung regionaler Identität<br />
Brigitte Faber-Schmidt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58<br />
Erfolgskonzept Vernetzung: Sachsen-Anhalt macht es vor:<br />
Die Beispiele Straße der Romanik und Gartenträume<br />
Christian Antz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69<br />
Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80<br />
3
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Einleitung<br />
Seit einigen Jahren stehen sowohl die Themen ländlicher <strong>Raum</strong>, Kulturtourismus und Kultur- und<br />
Kreativwirtschaft, als auch das Thema Vernetzung in politischen und wissenschaftlichen Diskursen<br />
auf der Tagesordnung. Die Aktualität dieser Thematik steht in Zusammenhang mit den sich verändernden<br />
Rahmenbedingungen, insbesondere dem demografischen Wandel, der insbesondere <strong>im</strong><br />
<strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong> Schwierigkeiten mit sich bringt: Wirtschaftliche Strukturschwäche, Abwanderung<br />
und Überalterung sind Probleme, die direkt oder indirekt auch den Kultursektor betreffen.<br />
Diese beunruhigenden Zukunftsprognosen rufen sowohl in Politik als auch in der (Privat-)Wirtschaft<br />
Initiativen zur Erarbeitung von Lösungsstrategien und neuen Möglichkeiten der Zukunftsgestaltung<br />
auf den Plan. Tourismus und Kultur bieten in diesem Zusammenhang die größten<br />
Lösungspotenziale um der Abwärtsspirale des demografischen Wandels zu begegnen, die den<br />
Imageverlust ländlicher Regionen als Lebens- und Arbeitsraum verursacht.<br />
Tourismus stellt <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong> tatsächlich einen wichtigen Wirtschaftszweig dar, seit die<br />
land- und forstwirtschaftliche Produktion nur noch einen geringen Anteil des Gesamteinkommens<br />
erwirtschaftet. Insbesondere die Segmente Natur-, Erholungs- und Kulturtourismus spielen auf<br />
dem Land eine zunehmend wichtige Rolle als Wirtschafts- und Imagefaktor. Kulturtourismus aktiviert<br />
dabei eine besonders lange regionale Wertschöpfungskette: Er bietet Möglichkeiten zur<br />
Bewahrung und Pflege kulturellen Erbes und fördert die Kultur und damit das Image einer Region<br />
als Lebens- und Arbeitsraum. Nicht zuletzt bietet er wirtschaftliche Potenziale, da seine Zielgruppe<br />
aufgrund der Alterung der Gesellschaft stetig wächst und besonders finanzstark ist.<br />
Um die Potenziale des Kulturtourismus zu nutzen, muss jedoch einem wesentlichen Erfolgsprinzip<br />
gefolgt werden: (Kultur-)touristische Anbieter müssen sich vernetzen und miteinander kooperieren.<br />
Zweifelsohne entwickelt sich der Kulturtourismus in den letzten Jahren positiv. Langfristig erfolgreiche<br />
<strong>Netzwerke</strong>, die mit dem klaren Ziel agieren, knappe Ressourcen gemeinsam effizienter und<br />
erfolgsbringender zu nutzen, sind jedoch <strong>im</strong>mer noch rar – trotz der Kenntnis über die Chancen<br />
solcher <strong>Netzwerke</strong>.<br />
Der Ostdeutsche Sparkassenverband, Herausgeber des jährlich für Ostdeutschland erstellten<br />
S-Tourismusbarometers, und die Sparkassen Barn<strong>im</strong>, Märkisch-Oderland, Oder-Spree und Ucker -<br />
mark haben die Potenziale der Vernetzung von Kultureinrichtungen <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong> frühzeitig<br />
erkannt und sich für die Förderung solcher Initiativen entschieden. Seit 2011 erhält das Deutsch-<br />
Polnische Klosternetzwerk eine dreijährige Anschubfinanzierung.<br />
Das Netzwerk ist ein Zusammenschluss ehemaliger Klöster und ihrer kulturtouristischen Partnereinrichtungen,<br />
die sich unter der Dachmarke KLOSTERLAND gemeinsam der Öffentlichkeit präsentieren.<br />
Heute heißen sie als Kultureinrichtungen Besucher verschiedenster Interessen willkommen<br />
und stellen durch das Zusammenspiel von Kultur, Architektur und Natur ein vielfältiges<br />
touristisches Angebot bereit: Neben dem Museumsbetrieb werden Konzerte, Märkte und Feste<br />
veranstaltet.<br />
4
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Ziel des <strong>Netzwerke</strong>s ist es, kulturtouristische Angebote zu entwickeln, um die Region nachhaltig<br />
zu fördern. (Vorstellung des Netzwerks auf Seite 29)<br />
Die vorliegende Broschüre versammelt wichtige Vorträge, die auf dem „1. Symposium <strong>im</strong> KLOS-<br />
TERLAND“ am 20. September 2012 das Thema „<strong>Netzwerke</strong> | Kulturtourismus | Ländlicher <strong>Raum</strong>“<br />
<strong>im</strong> Dominikanerkloster Prenzlau darlegten. Das Symposium wurde <strong>im</strong> Rahmen des Aufbaus des<br />
Deutsch-Polnischen Klosternetzwerks veranstaltet und hatte einerseits das Ziel, auf die Chancen<br />
kulturtouristischer <strong>Netzwerke</strong> in strukturschwachen Regionen aufmerksam zu machen, und andererseits<br />
durch Vorträge und Gespräche mit Experten und Praktikern Lösungsansätze auszutauschen<br />
und zu diskutieren.<br />
Das Symposium stieß auf großes Interesse: Die zahlreichen Nachfragen und Unterstützungsangebote<br />
bestätigen, dass das Thema aktueller und wichtiger denn je ist. Die vorliegende Begleitpublikation<br />
wurde daher durch weitere Expertenst<strong>im</strong>men ergänzt, um das Thema von möglichst<br />
vielen Seiten zu beleuchten und wird zudem zeitnah durch zusätzliche Aufsätze erweitert.<br />
In dieser Auflage finden Sie zunächst eine theoretische Erläuterung der Begriffe Kooperation und<br />
Netzwerk von Lara Buschmann, daraufhin liefert die Kulturmarktforscherin Gerlinde Bendzuck<br />
unerlässliche Forschungsergebnisse über die Zielgruppe Kulturtouristen in Brandenburg und die<br />
Herausgeberinnen dieser Broschüre stellen das Deutsch-Polnische Klosternetzwerk vor. Danach<br />
folgt ein Beitrag der <strong>Netzwerke</strong>xpertin Dr. Karin Drda-Kühn zu den Zusammenhängen von Regionalentwicklung<br />
und Kulturtourismus. Im folgenden Artikel bringt Matthias Burzinski das sehr<br />
erfolgreiche und dennoch beendete Beispiel der deutsch-niederländischen Museumskooperation<br />
CROSSART zu Papier und beschreibt klar die Vorteile und Schwierigkeiten solcher <strong>Netzwerke</strong>. Im<br />
vorletzten Artikel stellt Brigitte Faber-Schmidt, Geschäftsführerin von Kulturland Brandenburg e. V.,<br />
ihre Arbeit in Brandenburg dar und schildert den Entstehungsweg der Dachmarke und die bisherigen<br />
sichtbaren und versteckten Erfolge. Zu guter Letzt stellt Dr. Christian Antz mit der „Straße der<br />
Romanik“ und „Gartenträume“ zwei Best-Practice-Beispiele aus Sachsen-Anhalt vor, die auch in<br />
politischer Hinsicht Vorzeigebeispiele sind.<br />
Wir danken allen Autoren herzlich für Ihren Beitrag. Ebenfalls bedanken wir uns bei den Sponsoren<br />
des Klosternetzwerks, die durch ihre Anschubfinanzierung auch diese Broschüre ermöglicht<br />
haben und bei den Netzwerkpartnern für Ihr Vertrauen in unsere Arbeit.<br />
Ihnen, liebe Leser, wünschen wir viel Vergnügen und neue Erkenntnisse bei der Lektüre!<br />
Lara Buschmann<br />
Lina Lisa Kolbitz<br />
Leitung KLOSTERLAND | Deutsch-Polnisches Klosternetzwerk<br />
Berlin, März 2013<br />
5
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
<strong>Netzwerke</strong> und Kooperationen.<br />
Eine Annäherung<br />
Lara Buschmann<br />
Die Anzahl der auf dem Markt erhältlichen Publikationen zum Thema Netzwerk und Kooperation<br />
spiegelt die intensive Auseinandersetzung mit der Problematik wider. Das Thema Netzwerk ist<br />
sowohl <strong>im</strong> wissenschaftlichen Diskurs als auch in der (Wirtschafts-)Praxis zum Leitthema avanciert.<br />
1 Und erste Erfahrungen bestätigen: Die vielfältigen Potenziale von <strong>Netzwerke</strong>n – sei es die<br />
Kostenersparnis, die Arbeitserleichterung, die Kompetenzverschränkung, Qualitätssteigerung, die<br />
bildungspolitische Präsenz oder die Zielgruppenerweiterung – stellen einen wichtigen Erfolgsfaktor<br />
dar, der in Zeiten zunehmenden Wettbewerbs und sich wandelnder Rahmenbedingungen<br />
kaum noch ungenutzt bleiben darf. 2<br />
„Die Ursache der Bedeutungszunahme von Kooperationen erklärt sich in erster Linie aus der<br />
strukturellen Veränderung des Wettbewerbs, die wiederum durch politische Integrationstendenzen,<br />
neuen Kommunikationsmöglichkeiten und logistischer Opt<strong>im</strong>ierung flankiert sind.“ 3 Viele<br />
Branchen erkennen nun die Weisheit des wohl meistzitierten Satzes Henry Fords: „Zusammenkunft<br />
ist ein Anfang. Zusammenhalt ist ein Fortschritt. Zusammenarbeit ist der Erfolg.“ Besonders<br />
<strong>im</strong> Tourismus sind Kooperationen und der Zusammenschluss zu <strong>Netzwerke</strong>n inzwischen unumgänglich.<br />
Der erhöhte Druck und die steigenden Anforderungen „lassen keinen Zweifel daran,<br />
dass es sinnvoll und erfolgversprechend ist, Mittel zu bündeln, verstärkt in Kooperationen zu agieren<br />
und eine intensivere (finanzielle) Mitwirkung der Privatwirtschaft zu erreichen.“ 4<br />
Abgrenzung und Begriffsklärung<br />
Die Bedeutung der Begriffe Netzwerk und Kooperation liegt nah beieinander, ist jedoch nicht<br />
gleich, auch wenn beide Begriffe Organisationsformen jenseits von Markt und Hierarchie beschreiben:<br />
Kooperationen sind punktuell und zeitlich begrenzt, <strong>Netzwerke</strong> hingegen sind soziale<br />
Organisationsformen, die Personen, Tätigkeiten und Gedanken enthalten und nicht an einem best<strong>im</strong>mten<br />
Ort festgemacht werden können. Sie basieren auf Kooperationen, sind jedoch nicht<br />
nur eine quantitative Erweiterung dieser, sondern haben eine spezifische Qualität. Der Sozialwissenschaftler<br />
und Professor für Erwachsenenbildung, Ekkehard Nuissl, differenziert die beiden<br />
Formen der Zusammenarbeit anhand ihrer Größe, ihrer Zielvorgaben, ihrer Kommunikation und<br />
Kooperationsstruktur. 5<br />
1 Vgl. Aderhold/Meyer/Ziegerhorn 2001, S. 1.<br />
2 Vgl. Nuissl 2010, S. 28.<br />
3 Zentes/Swoboda/Morschett 2005, S. 21.<br />
4 Deutscher Tourismusverband e.V. 2006, S. 134.<br />
5 Vgl. Blaneck 2005, S. 26; Vgl. Nuissl 2010, S. 77; Vgl. Gummesson 1994, S. 5; Vgl. Drda-Kühn 2010, S. 16.<br />
6
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Für die Sozialwissenschaftlerin Andrea Blaneck sind Reziprozität, Interdependenz, Macht und<br />
lose Kopplung die Schlüsselbegriffe zur Beschreibung eines Netzwerks: Die Vernetzung beruht<br />
auf Freiwilligkeit und Gegenseitigkeit, die dauerhaften Beziehungen sind von Loyalität und Wertschätzung<br />
geprägt und die Netzwerkpartner bleiben durch die nur lose Kopplung autonom und<br />
Machtstrukturen in den Partnereinrichtungen erhalten. Anders als in hierarchischen Organisationen<br />
können sich Netzwerkpartner jedoch gegenseitig kontrollieren, was zur Qualitätssteigerung<br />
beitragen kann. 6, 7<br />
Nuissls definiert zur Beschreibung der Funktionsweise von <strong>Netzwerke</strong>n fünf Elemente 8 , die hier in<br />
Kurzform wiedergeben werden:<br />
1. Das wichtigste Element eines Netzwerks sind die Netzwerkpartner: „In der Regel baut das<br />
Netzwerk auf deren jeweiligen Profilen, Zielen und Interessen auf, und auf deren Wissen<br />
und Kompetenzen zur Problemlösung. Auf dieser Basis geht es für die Netzwerkpartner darum,<br />
einen Gewinn zu erzielen, der ihre Beitragskosten übersteigt.“ 9 Die Partner können<br />
natürliche, aber auch juristische Personen, d.h. Einrichtungen sein. Die Auswahl der Netzwerkpartner<br />
wirkt sich auf die innere Beschaffenheit des Netzwerks (kooperativ oder konkurrenzorientiert)<br />
und ihren Standpunkt in der Außenwelt aus.<br />
2. Die Kommunikation und Kooperation der Netzwerkpartner, d.h. die Verbindungen innerhalb<br />
eines Netzwerks können unterschiedlichster, z. B. bilateraler, funktionaler, transparenter,<br />
verbindlicher und konsolidierender Qualität sein. Während in der funktionalen Struktur<br />
nur bilateral und effektiv kommuniziert wird, werden <strong>im</strong> Falle einer transparenten Kommunikation<br />
alle Netzwerkpartner in den Austausch mit einbezogen. Die Verbindlichkeit kann von<br />
großer oder geringer Wichtigkeit sein, je nachdem, welche Regeln der Rückmeldung, der<br />
Einhaltung von Verabredungen, der Protokollierung usw. vereinbart werden. Die Intensität<br />
der Beziehungen innerhalb eines Netzwerks hängt von der investierten Zeit und dem emotionalen<br />
Engagement der Partner ab.<br />
3. Funktionierende <strong>Netzwerke</strong> sind auf eine Koordinationsstelle, ein Netzwerkmanagement<br />
angewiesen, welche als „zentrale Dienstleistungseinrichtung, der Arbeit <strong>im</strong> Netzwerk Unterstützung<br />
liefert.“ 10 Aufgaben des Netzwerkmanagements, das aus einer oder mehreren<br />
– möglichst neutralen – Personen bestehen kann, ist in erster Linie das Wissensmanagement.<br />
Dieses kann u. a. Aufgaben wie das Sammeln und Verbreiten von netzwerkrelevanten<br />
Informationen, das Kanalisieren und Strukturieren der Öffentlichkeitsarbeit, Organisieren und<br />
Dokumentieren interner Beschlüsse sowie das Herstellen von Kontakten zu externen Adressaten<br />
sein.<br />
6 Vgl. Blaneck 2005, S. 27.<br />
7 Weitere Möglichkeiten der Beschreibung von <strong>Netzwerke</strong>n bietet das von Joach<strong>im</strong> Zentes, Bernhard Swoboda<br />
u. a. herausgegebene Grundlagenwerk, „Kooperationen, Allianzen und <strong>Netzwerke</strong>“: Die Art der Verbindung,<br />
die Netzwerkkultur und die Ziele und Aufgaben eines <strong>Netzwerke</strong>s können bspw. auch anhand<br />
der institutionellen Aspekte eines <strong>Netzwerke</strong>s, durch die Anzahl der Partner und die Koordinationsstruktur,<br />
die Kooperationsrichtung und ihren Zeitaspekt definiert werden. Die Ziele und Aufgaben eines Netzwerks<br />
können zudem über ihre Kooperationsbereiche beschrieben werden und ihr <strong>Raum</strong>aspekt best<strong>im</strong>mt<br />
meist die Verbindungsmöglichkeiten und ihren Intensitätsgrad.<br />
8 Vgl. Nuissl 2010, S. 81 ff.<br />
9 Nuissl 2010, S. 81.<br />
10 Ebd., S. 84.<br />
7
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
4. Ein weiteres Element sind die vereinbarten Ziele und Aufgaben, die von den individuellen<br />
Interessen der Netzwerkpartner geprägt und gemeinsam festgelegt werden. „Nicht alle Partner<br />
müssen alle Ziele teilen. Die Ziele <strong>im</strong> Netzwerk jedoch müssen miteinander kompatibel<br />
sein und als Grundlage der Arbeit <strong>im</strong> Netzwerk dienen können.“ 11 Ziele werden in einem<br />
Netzwerk auf unterschiedlichen Ebenen gesetzt: Systemziele definieren die Ziele des Netzwerks,<br />
Strukturziele best<strong>im</strong>men die Ziele für die Gestaltung des Netzwerks und Leistungsziele<br />
legen Ziele in Bezug auf einzelne Vorgaben fest.<br />
5. Die Netzwerkkultur steht für die Werte und Normen des Netzwerks. Sie sind von den Partnern<br />
abhängig, bewegen sich jedoch meist <strong>im</strong> Rahmen allgemeiner Normen der Kommunikation.<br />
Demnach sollen Informationen nicht als Machtmittel genutzt werden, Transparenz<br />
herrschen, zwar eine enge Zusammenarbeit, jedoch keine Cliquenbildung stattfinden und<br />
Verhandlungen sollten von Ehrlichkeit, Fairness und Loyalität geprägt sein. Außerdem sollten<br />
Vertrauen, Verlässlichkeit sowie Bereitschaft zu persönlicher und kollegialer Koopera tion<br />
die Devise sein. In diesem Rahmen spielen das Qualitätsmanagement und die Qualitätssicherung<br />
eine wichtige Rolle.<br />
Eine Definition könnte also wie folgt lauten: <strong>Netzwerke</strong> sind soziale Organisationsformen, die auf<br />
interorganisatorischen Kooperationen beruhen, deren Kern <strong>im</strong>mer die vertrauensvolle Zusammenarbeit<br />
eigenständiger, und gleichzeitig interdependenter Akteure ist, die sich mit einem klar<br />
definierten Ziel für einen längeren oder unbegrenzten Zeitraum zusammenschließen. Die spezifische<br />
Qualität des Netzwerks liegt dabei in der Reziprozität und gleichzeitigen Interdependenz<br />
der Netzwerkpartner, die ihre rechtliche und wirtschaftliche Autonomie bewahren, sich jedoch der<br />
gegenseitigen Kontrolle unterziehen und die Interessen der Partner berücksichtigen. <strong>Netzwerke</strong>lemente<br />
sind neben den Netzwerkpartnern die Art der Verbindung, die sie miteinander eingehen,<br />
das Netzwerkmanagement, das den kommunikativen Knotenpunkt des Netzwerks darstellt, die<br />
Ziele und Aufgaben, die sich das Netzwerk gemeinsam setzt sowie die Netzwerkkultur, die Werte<br />
und Normen des Netzwerks definiert.<br />
Potenziale und Risiken<br />
Zentrales Moment in <strong>Netzwerke</strong>n stellt der Austausch von Ressourcen, die Bündelung von Kompetenzen,<br />
die Schaffung von Mehrwert und die Förderung der Innovation dar. Diese Eigenschaften<br />
ermöglichen eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit aller Kooperationspartner.<br />
Der von den Netzwerkpartnern wahrgenommene Nutzen basiert in großem Maße auf den vertrauens<br />
vollen Partnerbeziehungen zwischen den teilnehmenden Personen oder Organisationseinheiten<br />
und der wechselseitigen Unterstützung. Der intensive Wissensaustausch und der Zu gang<br />
zu „fremden“ Kernkompetenzen bilden hierbei die „Grundlage für eine opt<strong>im</strong>ale Ressour cenallokation“.<br />
12 Darüber hinaus ermöglicht die Zusammenarbeit verschiedener Partner und Bran -<br />
chen die Opt<strong>im</strong>ierung eigener Strukturen und fördert durch das Aufeinandertreffen unterschiedlicher<br />
Ansichten und Ziele die Innovationsfähigkeit.<br />
11 Ebd., S. 86.<br />
12 Föhl/Pröbstle 2011, S. 120<br />
8
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Die Kooperation unter Wettbewerbsbedingungen, die Preisgabe erfolgskritischer Informationen<br />
sowie das allgemeine Vertrauen und die Kontrolle der Partner untereinander sind Indikatoren funktionsfähiger<br />
<strong>Netzwerke</strong>.<br />
Doch nicht nur der netzinterne Nutzen steigt. Durch die Qualitätszunahme der Angebote ergeben<br />
sich auch erhebliche Kundenvorteile. 13 Grundsätzlich zeichnen sich <strong>Netzwerke</strong> durch Qualität und<br />
Professionalität der Anbieter und ihre professionelle und transparente Darstellung nach außen<br />
aus. Außerdem können durch Angebote aus einer Hand individuelle Wünsche erfüllt und Paketangebote<br />
mit Wahlmöglichkeiten angeboten werden. Wichtiges Unterscheidungsmerkmal sind<br />
auch die zentralen Vermarktungs- und Kommunikationsinstrumente, die den Informationsprozess<br />
maßgeblich vereinfachen.<br />
<strong>Netzwerke</strong> können neben den Vorteilen jedoch auch Risiken für die Netzwerkpartner aufweisen:<br />
Sie bieten oftmals nur eine geringe materielle und soziale Sicherheit, sind in ihrer Effizienz und<br />
Funktionstüchtigkeit in hohem Maße von Personen abhängig, räumen den Netzwerkpartnern nicht<br />
nur Rechte sondern auch Pflichten ein und laufen Gefahr, extrem komplex zu werden. Letzteres<br />
kann wiederum durch Vernachlässigung interner Kommunikation einen Kompetenzverlust und einen<br />
Verlust der Marktnähe verursachen. 14<br />
Im Bereich der Mitarbeiter kann die veränderte Personalstruktur zu Schwierigkeiten führen, da<br />
sich alle Mitarbeiter an die neuen Kommunikationsformen gewöhnen müssen, in denen zudem<br />
unterschiedliche Unternehmenskulturen aufeinandertreffen.<br />
Nicht zuletzt ist das Dilemma von Konkurrenz und Kooperation <strong>im</strong>mer präsent und beeinflusst<br />
Entscheidungen und Handeln. 15<br />
<strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> Kulturtourismus<br />
Tourismus, insbesondere Kulturtourismus, ist ohne Vernetzung nicht denkbar. Aufgrund der Beschaffenheit<br />
touristischer Produkte, die <strong>im</strong>mer Leistungsbündel verschiedener Leistungsträger<br />
darstellen, stellt das System Tourismus „ein Sammelbecken ungleicher Paare dar, deren Zusammenarbeit<br />
aufgrund der Beschaffenheit des touristischen Produkts ohne Alternative ist.“ 16 Ein singuläres<br />
kulturelles Angebot ohne Anbindung an weitere Dienstleister ist aus touristischer Perspektive<br />
nicht überlebensfähig. Nur durch die Befriedigung der komplexen Motivbündel der Touristen<br />
ist Kulturtourismus langfristig entwicklungsfähig und von Erfolg gekrönt. „Ein Ja zum (Kultur-)Tourismus<br />
muss folglich auch ein Bekenntnis und die Bereitschaft zur Kooperation einschließen.“ 17<br />
Im Kulturtourismus ist die Zusammenarbeit verschiedenster Akteure <strong>im</strong> Rahmen unterschiedlicher<br />
Handlungsfelder nötig.<br />
13 Vgl. Aderhold/Meyer/Ziegerhorn 2001, S. 8, 25; Vgl. Nuissl 2010, S. 78 ff.<br />
14 Vgl. Drda-Kühn/Wiegand 2011, S. 146<br />
15 Vgl. Nuissl 2010, S. 79; Vgl. Aderhold/Meyer/Ziegerhorn 2001, S. 25.<br />
16 Freyer 2007, S. 115.<br />
17 Föhl/Pröbstle 2011, S. 113.<br />
9
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
So sind an einem kulturtouristischen Produkt (meist regionale) Akteure aus der tourismusrelevanten<br />
Wirtschaft, der Verwaltung, der Kommunalpolitik und wissenschaftlichen- und Bildungseinrichtungen<br />
beteiligt, deren Zusammenarbeit koordiniert werden muss: 18<br />
Beherbergungsbetriebe, Gastronomiebetriebe, andere Gewerbe<br />
Einwohner, Touristen<br />
Kommunalverwaltungen, politische Gremien, kommunale Arbeitsgruppen<br />
Kultureinrichtungen/-Projekte/-Vereine, Künstler, Event- und Festivalveranstalter<br />
Medien, Initiativen und Interessenvertretungen<br />
Reiseleiter und Gästeführer, Reisemittler<br />
Tourismusbüros, Tourismusorganisationen<br />
Transportbetriebe<br />
Eine Zusammenarbeit der kulturtouristischen Akteure kann auf unterschiedlichen Ebenen stattfinden:<br />
Konkurrierende Kultureinrichtungen oder Veranstalter, die ihre Angebote aufeinander abst<strong>im</strong>men<br />
und in <strong>Netzwerke</strong>n zusammenarbeiten, stehen auf der gleichen Stufe der Wertschöpfungskette<br />
und gehen eine sogenannte horizontale Kooperation ein. Die vertikale Kooperation steht für<br />
einen Zusammenschluss von Akteuren, die auf einer vor- und/oder nachgelagerten Wertschöpfungskette<br />
liegen. Eine solche Zusammenarbeit findet z. B. zwischen Leistungsträgern wie Kulturveranstaltern<br />
und Akteuren der touristischen Infrastruktur wie Gastronomie, Verkehrsbetriebe,<br />
Techniker statt. Lateral wird die Zusammenarbeit zwischen Partnern genannt, die erst durch die<br />
Kooperation einen direkten Bezug zueinander aufweisen. Gemeint sind hier z. B. der Personennahverkehr<br />
und Kultureinrichtungen. 19 In kulturtouristischen <strong>Netzwerke</strong>n findet meist diagonale<br />
Zusammenarbeit statt, d. h. alle Ebenen der Kooperation werden mit den unterschiedlichen Partnern<br />
gleichzeitig praktiziert.<br />
Wie ausschlaggebend die Gewährleistung touristischer Rahmenbedingungen wie Infrastruktur,<br />
Mar keting, Gastronomie- und Beherbergungsgewerbe <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong> ist, zeigen zahlreiche<br />
kul turtouristische Sehenswürdigkeiten, die aufgrund nicht vorhandener Informationsmaterialien,<br />
einge schränkter Öffnungszeiten oder fehlender Zusatzangebote für Kulturtouristen kaum zugänglich<br />
sind. 20<br />
<strong>Kulturtouristische</strong> Angebote können in strukturschwachen Gegenden durch diagonale Austauschnetzwerke<br />
von ihren aus Kundensicht bestehenden Defiziten befreit werden: 21 Aus einem einzelnen<br />
Angebot kann durch die Integration in ein Angebotsbündel ein attraktives An ge bot mit außerordentlicher<br />
Strahlkraft werden, das neue Zielgruppen anspricht und überre gio na le Aufmerksamkeit<br />
erzielt. Die Schaffung komplexer Angebotsstrukturen wirkt sich darüber hinaus positiv auf die Aufenthaltsdauer<br />
der Besucher aus, was wiederum die Erhöhung der touristischen Wertschöpfung für<br />
alle Beteiligten eines Netzwerks zur Folge hat. 22<br />
In der vorliegenden Broschüre werden verschiedene Beispiele für diagonale Zusammenarbeit in<br />
<strong>Netzwerke</strong>n vorgestellt. Eines der <strong>Netzwerke</strong> ist KLOSTERLAND, das Deutsch-Polnische Klosternetzwerk.<br />
18 Vgl. Deutscher Tourismusverband e.V. 2006, S. 83; Vgl. Föhl/Pröbstle 2011, S. 114; Vgl. Freyer 2007, S. 114.<br />
19 Vgl. Föhl/Pröbstle 2011, S. 127; Vgl. Freyer 2007, S. 513.<br />
20 Vgl. Föhl/Pröbstle 2011, S. 118.<br />
21 Drda-Kühn/Wiegand 2011, S. 149.<br />
22 Vgl. Föhl/Pröbstle 2011, S. 121 f.<br />
10
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Literatur<br />
ADERHOLD, Jens/MEYER, Matthias/ZIEGENHORN, Frank (2001): Wie funktionieren <strong>Netzwerke</strong>?<br />
Zur Architektur und Genese von Netzwerkorganisationen, veröffentlicht <strong>im</strong> Internet, URL:<br />
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(Stand: 12.02.2011, Abfrage: 13.06.2011)<br />
BLANECK, Andrea (2005): <strong>Netzwerke</strong> und Kooperationen an der deutsch-polnischen Grenze. Untersuchungen<br />
zum wirtschaftlichen Milieu in der Grenzregion an der Oder, Soziologie und Anthropologie,<br />
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DEUTSCHER TOURISMUSVERBAND E. V. (Hrsg.) (2006): Städte- und Kulturtourismus in<br />
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28.09.2010 in Oppenhe<strong>im</strong>, veröffentlicht <strong>im</strong> Internet, URL: http://www.landschafft.rlp.de/Internet/<br />
global/themen.nsf/b81d6f06b181d7e7c1256e920051ac19/9e5810c2f25983b5c125788c003038a<br />
d/$FILE/ATTTVIHO.pdf/alr_tourismus_drdakuehn.pdf (Stand: 28.09.2010, Abfrage: 10.02.2013).<br />
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GUMMESSON, Evert (1994): Making Relationship Marketing Operational. International Journal of<br />
Service Industry Management, no. 5, S. 5–20, Stockholm.<br />
NUISSL, Ekkehard (2010): Netzwerkbildung und Regionalentwicklung. Studienreihe Bildungsund<br />
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ANSTALT FÜR LANDWIRTSCHAFT UND ERNÄHRUNG, Deutsche Vernetzungsstelle Ländliche<br />
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Räume, Ausgabe 2010, veröffentlicht <strong>im</strong> Internet, URL: http://etracker.zadi.de/lnkcnt.php?et=5Qb&<br />
url=http://www.netzwerk-laendlicher-raum.de//fileadmin/sites/ELER/Dateien/05_Service/Publikationen/LandInForm/PDF-Downloads/LandInForm_2010_3_Gesamt.pdf&lnkname=http://www.netzwerk-laendlicher-raum.de//fileadmin/sites/ELER/Dateien/05_Service/Publikationen/LandInForm/<br />
PDF-Downloads/LandInForm_2010_3_Gesamt.pdf (Stand:2010, Abfrage:10.02. 2013), S. 18–19.<br />
ZENTES, Joach<strong>im</strong>/SWOBODA, Bernhard/MORSCHETT, Dirk (2005): Kooperationen, Allianzen<br />
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Bernhard/MORSCHETT, Dirk (Hrsg.): Kooperationen, Allianzen und <strong>Netzwerke</strong>. Grundlagen – Ansätze<br />
– Perspektiven, 2. Auflage, S. 3–32, Wiesbaden.<br />
11
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Kulturtouristen in Brandenburg<br />
Gerlinde Bendzuck<br />
Wer sind die Kulturtouristen in Brandenburg und was wollen sie? Und inwieweit sind die Kulturveranstalter<br />
bereit und (angesichts eigener und äußerer Bedingungen) in der Lage, sich auf<br />
diese Zielgruppe einzustellen? Diese zwei Seiten einer Medaille beschreibt der vorliegende Artikel<br />
anhand von Daten einer quantitativen Besucherbefragung sowie einer Veranstalterbefragung mit<br />
Bezug auf das Land Brandenburg.<br />
Besucherbefragung<br />
Methodik der Besucherbefragung 2010<br />
Das Institut für Kultur-Markt-Forschung führte <strong>im</strong> Sommer 2010 <strong>im</strong> Auftrag des brandenburgischen<br />
Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur eine Befragung zum Kulturtourismus<br />
unter Besuchern von Kulturveranstaltungen <strong>im</strong> Land Brandenburg durch. Die Stichprobe setzt<br />
Schwerpunkte <strong>im</strong> Bereich Bühne/Konzert, weitere Auswahlkriterien waren Eventorientierung und<br />
kulturtouristische Relevanz. Ausgewählt wurden 22 Veranstalter: Mitglieder der Kulturfeste <strong>im</strong><br />
Land Brandenburg e. V., des Landesverbandes Freier Theater Brandenburg e. V. und sonstige<br />
Einrichtungen. In den Klöstern Chorin, Neuzelle, Lehnin und Zinna wurden Konzerte untersucht.<br />
Als Kulturtouristen sind in dieser Untersuchung diejenigen definiert, die für ein kulturelles Angebot<br />
mindestens 50 km anreisen (mit und ohne Übernachtung). Bei dieser Untersuchung wurden<br />
alle Gäste der Veranstaltungen angesprochen, so dass die Ergebnisse Auskunft über die Wünsche<br />
von Einhe<strong>im</strong>ischen wie Auswärtigen geben, abgesehen von einigen speziellen Fragen an<br />
die Kultur touristen. Insgesamt 3.773 deutschsprachige Gäste gaben bei 42 Veranstaltungen mit<br />
17.273 Besuchern auf einem standardisierten Fragebogen Auskunft. Die Rücklaufquote in Bezug<br />
auf die Auslastung beträgt 21,8 %.<br />
Soziodemografische Daten<br />
Der Anteil von Kulturtouristen (d. h. Entfernung des Wohnorts > 50 km) variiert bei den einzelnen<br />
Veranstaltern sehr stark zwischen 6,1 % und 94,5 % (23,4 % bis 80,3 % bei den vier Klöstern),<br />
43,2 % des Gesamtpublikums sind Kulturtouristen. Fast 50 % der Kulturtouristen in Brandenburg<br />
kommen aus Berlin (49,3 %), 24,6 % aus Brandenburg und 26,1 % aus anderen Regionen. Von<br />
den Kulturtouristen reisen 53,0 % 51–100 km an, 24,2 % 101–200 km, 6,3 % 201–300 km und<br />
16,6 % über 300 km. Bereits jetzt ist Berlin ein wichtiger Zielmarkt für die brandenburgischen Kulturanbieter.<br />
Jenseits aller Diskussionen um Erreichbarkeit und Marketing der brandenburgischen<br />
Veranstalter und der Angebotskonkurrenz in Berlin ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass angesichts<br />
eines Verhältnisses von rund 3,5 Mio. Berlinern zu rund 2,5 Mio. Brandenburgern für die<br />
brandenburgischen Kulturveranstalter in Berlin noch beträchtliche Besucherpotenziale bestehen.<br />
Bemerkenswert ist, dass die Westberliner mittlerweile das Land Brandenburg in einem der Berliner<br />
Bevölkerungsverteilung angemessenen Verhältnis frequentieren. Weitere Potenziale liegen<br />
zumindest für die „Highlights“ der brandenburgischen Kulturanbieter auch in einer Intensivierung<br />
12
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
des innerbrandenburgischen Kulturtourismus. Darüber hinaus ist auffällig, dass es den Veranstaltern<br />
(auch den „grenznahen“) nur zum kleinen Teil gelingt, Besucher der an Brandenburg angrenzenden<br />
Bundesländer zu mobilisieren.<br />
53,6 % der Kulturtouristen sind berufstätig, 36,9 % sind Rentner/Pensionäre, und 5,9 % befinden<br />
sich in Ausbildung. Die Kulturtouristen sind <strong>im</strong> Mittel mit 55,8 Jahren nur wenig älter als die Einhe<strong>im</strong>ischen<br />
(MW 54,8 Jahre). 32,6 % sind über 65 Jahre, nur 9,1 % bis 30 Jahre alt (31– 45-Jährige<br />
14,5 %, 46– 55-Jährige 17,9 %, 56– 65-Jährige 25,9 %). Dass 56–65-jährige Best-Ager und Ruheständler<br />
unter den Kulturtouristen überwiegen, ist zunächst nicht negativ zu bewerten: solange<br />
z. B. ausreichend und in gleicher Proportion Besucher <strong>im</strong> Vorruhestandsalter ab ca. 55 Jahren<br />
„nachwachsen“, die dann für die nächsten 20 Jahre eine treue Stammklientel mit mehreren Besuchen<br />
pro Saison bilden. Zudem verfügen die (Vor-)Ruheständler (noch) über ein ausreichendes<br />
Finanzbudget und die Motivation, in Erlebnisse <strong>im</strong> Kultur- und Tourismusbereich zu investieren.<br />
Jüngere Kulturtouristen unter 30 sind dagegen nur bedingt eine attraktive Zielgruppe für brandenburgische<br />
Kulturveranstaltungen, weil oft die finanziellen Mittel und auch die Mittel zur Mobilität<br />
(PKWs) fehlen, die für häufige Kulturexkursionen in/nach Brandenburg nötig sind. 30– 50-Jährige<br />
sind dagegen häufig von Familienpflichten und/oder beruflichen Anforderungen so in Anspruch<br />
genommen, dass sie als Zielgruppe auch nur teilweise ansprechbar sind.<br />
Die Kulturveranstalter sollten für eine nachhaltige Besucherentwicklung dennoch prüfen, inwieweit<br />
sie ihr Programm in Teilen für jüngere und mittelalte Zielgruppen attraktiver gestalten können<br />
– auf der Ebene der Programmformate z. B. wie in Liebenberg mit dem Familienkonzert, mit<br />
ggf. früherem Veranstaltungsbeginn am Wochenende, mit Serviceleistungen wie Kinderbetreuung<br />
oder begleitenden Kinderprogrammen und be<strong>im</strong> Ticketing ggf. vergünstigten Familienkarten und<br />
Vergünstigungen für in Ausbildung Befindliche. Für die Ansprache der jüngeren Erwachsenen/<br />
Studenten sollten bei den verschiedenen internetbasierten Kanälen alle sinnvollen Möglichkeiten<br />
ausgeschöpft werden und die Homepage sollte auch für diese Zielgruppe attraktiv gestaltet sein.<br />
Auch <strong>im</strong> Kartenverkauf sollte den Bedürfnissen der jüngeren/mittelalten Besucher Rechnung getragen<br />
werden – mit Buchung über die Homepage und am besten (auch wenn dies für kleinere<br />
Veranstalter nicht zu leisten ist) Print-at-home. Neben den Veranstaltern können auch übergreifende<br />
Strukturen wie Kulturfeste <strong>im</strong> Land Brandenburg e. V. bzw. Kulturland Brandenburg e. V. eine<br />
wichtige Unterstützung bei der Ansprache der verschiedenen Altersgruppen leisten.<br />
Vor dem Hintergrund einer Förderung des innerbrandenburgischen Kulturtourismus ist zudem<br />
zu hinterfragen, inwieweit institutionelle Träger in Brandenburg ihren Aufgaben der kulturellen<br />
Bildung bei Kindern und Jugendlichen nachkommen, um die Basis für eine aktive Teilhabe am<br />
Kulturleben als Erwachsener zu legen. Weitere soziodemographische Merkmale der brandenburgischen<br />
Kulturtouristen in der Besucherbefragung sind ein hohes Bildungsniveau (54,2 % haben<br />
einen Universitätsabschluss, 17,4 % einen Fachhochschulabschluss) und, damit einhergehend,<br />
oft ein gutes oder mittleres Einkommensniveau: 22,8 % der Kulturtouristen sind mit einem monatlichen<br />
Haushaltsnettoeinkommen von über 3.000 Euro Gutverdiener; 17,0 % nennen 2.000<br />
bis 3.000 Euro, 25,0 % 1.000 bis 2.000 Euro und 11,7 % stehen weniger als 1.000 Euro zur Verfügung.<br />
23,5 % geben keine Auskunft. Kulturtouristen sind (nicht unerwartet) häufiger weiblich<br />
(58,0 %) als männlich (42,0 %).<br />
13
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Besuchsverhalten<br />
Die Kulturtouristen reisen größtenteils mit dem PKW an (87,2 %), andere Verkehrsmittel wie ÖPNV<br />
(4,1 %), Reisebus (2,7 %) oder Bahn (7,4 %) haben nur geringe Anteile. Nicht wenige Besucher<br />
äußern allerdings Kritik an der Erreichbarkeit der Veranstaltungsorte mit alternativen Verkehrsmitteln<br />
oder der Ausschilderung (s. u.). Hier gilt es u. U. noch stärker, Anreisealternativen zum PKW<br />
zu ermöglichen (z. B. Shuttlebus für die letzten Kilometer wie be<strong>im</strong> Choriner Musiksommer) und<br />
auf der anderen Seite den Bedürfnissen der PKW-Anreisenden Rechnung zu tragen: z. B. mit<br />
Routenplaner/GPS-Koordinaten auf der Homepage, einer möglichst guten Ausschilderung (auch<br />
der Parkmöglichkeiten), ausreichend und nahen Parkplätzen, Parkmöglichkeiten für Menschen<br />
mit Behinderungen – wie überhaupt der Aspekt der Barrierefreiheit der Spielstätten, auch als Folge<br />
des demografischen Wandels, an Bedeutung gewinnen wird.<br />
49,2 % der Kulturtouristen planen ihren Kulturbesuch langfristig <strong>im</strong> Voraus (> 30 Tage), 27,4 %<br />
planen mittelfristig (7–30 Tage) und 23,4 % planen kurzfristig (bis sechs Tage). Diese Planungsintervalle<br />
sollten in die Mediaplanung einfließen, wobei geprüft werden sollte, inwieweit gerade bei<br />
Wiederholungsgästen und Stammbesuchern eine stärkere Verlagerung von kurz- auf mittelfristige<br />
oder von mittel- auf langfristige Planung erreicht werden könnte. Maßnahmen hierfür wären z. B.<br />
rechtzeitig versandte Programmbroschüren, Flyer bzw. Newsletter (auch per Internet), oder „Frühbucherrabatte“,<br />
um wetterunabhängig etwas mehr Planungssicherheit zu gewinnen.<br />
52,6 % der Kulturtouristen sind Erstbesucher, 47,4 % sind Wiederholungsgäste. 35,9 % der Kulturtouristen<br />
sind Stammbesucher mit Besuch seit mehreren Jahren. Die Hälfte der Kulturtouristen<br />
zählt mit 1–2 besuchten Kulturveranstaltungen in Brandenburg in den letzten zwölf Monaten eher<br />
zu den seltenen Gästen, 30,3 % besuchten 3–5 Veranstaltungen. 13,1 % nennen 6–10 Besuche,<br />
6,1 % mindestens 11 Besuche. Die spezifische Besuchsfrequenz be<strong>im</strong> jeweils besuchten Veranstalter<br />
<strong>im</strong> Sommer 2010 fällt eher gering aus: 56,6 % besuchen eine Veranstaltung, 25,5 % zwei<br />
Veranstaltungen und 18,0 % mindestens drei Veranstaltungen.<br />
Potenziale könnten darin liegen, einen Teil der Kulturtouristen z. B. mit einer besseren Information<br />
zu generell mehr brandenburgischen Kulturbesuchen zu motivieren, sowie in Teilen auch<br />
die Besuchsfrequenz be<strong>im</strong> einzelnen Veranstalter zu erhöhen. 1 Die bereits positiv ausgeprägte<br />
Wiederbesuchsabsicht lässt sich ggf. ebenfalls steigern: 45,4 % der Kulturtouristen äußern eine<br />
definitive Wiederbesuchsabsicht für 2011 (best<strong>im</strong>mt), 45,0 % wollen vielleicht wiederkommen, nur<br />
9,6 % nicht.<br />
Besuchsmotive<br />
Für 70,8 % der Kulturtouristen ist der Besuch der untersuchten Kulturveranstaltung der Hauptreisegrund,<br />
dies sind 30,6 % der Gesamtbesucher. Bei Brandenburger und Berliner Kulturtouristen<br />
ist mit je rund 80 % der Anteil an Gästen mit Hauptreisegrund ähnlich hoch. Hieran wird deutlich,<br />
dass die brandenburgischen Kulturveranstalter mit ihren Aktivitäten in relevantem Umfang Kulturtourismus<br />
bewirken und somit zur Wertschöpfung in ihrer Region beitragen.<br />
1 wenn die Programmstruktur es zulässt, die Rahmenbedingungen wie angemessene und ausreichende<br />
Übernachtungskapazitäten vorhanden sind, mehr Packages angeboten werden etc.<br />
14
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
In der Regel nennen die befragten Kulturtouristen mehrere Besuchsmotive; besonders wichtig<br />
sind ihnen das Veranstaltungsprogramm, die Atmosphäre am Veranstaltungsort, die Verbindung<br />
von Natur, Kultur und Architektur sowie die Künstler:<br />
Weitere Orts- und Umgebungsfaktoren spielen ebenfalls eine Rolle und finden über den hier untersuchten<br />
Kulturbesuch hin aus oft Ausdruck in Kop pe lungs aktivitäten, s. u. Da r über hinaus ist das<br />
mit 17,0 % ver gleichsweise gut aus ge präg te Motiv „guter Ruf des Ver anstalters“ ein Indikator für<br />
ein etabliertes, hohes Renommee der Veranstalter bei der Zielgruppe, wie auch der mit 21,6 %<br />
relativ hohe Anteil der Empfehlung durch Bekannte/Angehörige. Insgesamt kann man aus der<br />
Verteilung der Besuchsmotive schließen, dass die Kulturtouristen be<strong>im</strong> brandenburgischen Kulturbesuch<br />
nicht nur aufgrund von Programm und Künstlern kommen, sondern ein Gesamterlebnis<br />
suchen, das außerdem auch Orts- und Umgebungsreize der Spielstätten beinhaltet. Meist wird<br />
der Kulturbesuch noch um Koppelungsaktivitäten ergänzt, die dieser Motivationslage entsprechen.<br />
Die Kommunikation der Veranstalter sollte (den individuellen Stärken folgend) auf diese<br />
Hauptsäulen aufbauen, und dabei neben den künstlerisch/programmatischen Aspekten die Ortsund<br />
Umgebungsreize hervorheben sowie Hinweise auf Koppelungsaktivitäten beinhalten. Zudem<br />
sollten Maßnahmen ergriffen werden, um die für das Informationsverhalten der Kulturtouristen<br />
sehr wichtige Multiplikation über Empfehlung zu fördern (z. B. Formular für Mail-Empfehlung auf<br />
der Homepage, Verlinkungs-Buttons zu den Social Media auf der Homepage, eigene Fanpage bei<br />
Facebook etc.).<br />
Information<br />
Insgesamt 62,4 % der Kulturtouristen nutzen bereits das Internet zur generellen Kulturinformation;<br />
dabei spielt das Alter eine wesentliche Rolle (je jünger, desto häufiger; bei den unter 65-Jährigen<br />
liegt der Nutzeranteil zwischen 81 % und 64 %, nur bei den ab 66-Jährigen bei 47 %). In<br />
anderen Umfragen des IKMF seit 2010 zeigt sich zudem eine stark wachsende Bedeutung der<br />
15
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Social Media wie der mobilen Anwendungen bei der Kulturinformation; auch platzgenaue Online-<br />
Kartenbuchung wird zunehmend als Standard vorausgesetzt. Innerhalb der Kulturtouristen hat<br />
die jeweilige Homepage der Veranstalter den höchsten Nutzeranteil (28,5 %). Die Nutzung der<br />
sechs abgefragten kultur- und brandenburgspezifischen Internetportale ist hingegen eher moderat<br />
ausgeprägt: Kulturfeste.de nutzen 12,2 %, kulturland-brandenburg.de 11,0 %, reiseland-brandenburg.de<br />
9,4 %. 7,7 % nutzen kulturportal-brandenburg.de, 3,6 % kulturreisen-brandenburg.de und<br />
0,4 % regiobb.de. 28,1 % nennen sonstige Websites.<br />
Wichtigste Informationsquelle der Kulturtouristen über die besuchte Veranstaltung ist die Empfehlung<br />
über Bekannte/Angehörige (40,1 %), gefolgt von Internet (25,3 %), Broschüren/Flyern der<br />
Veranstalter (18,9 %) und Zeitungen (13,7 %):<br />
Die Kulturfeste-Broschüre erreicht mit einem Nutzeranteil von 8,2 % unter den Kulturtouristen eine<br />
respektable Reichweite und ist gerade für kleinere und mittlere Veranstalter ein gutes Medium,<br />
das potenzielle Kulturpublikum ressourcenscho nend und sehr zielgerichtet anzusprechen, auch<br />
über größere Entfernungen hinweg. Durch die Kooperation mit der TMB und den auf diesem Weg<br />
in der Broschüre beworbenen Pauschalen/Bausteinen werden vermutlich zusätzliche kulturtouristische<br />
Umsätze ausgelöst. Wie aus den Gesamtdaten ersichtlich ist, bestehen bei den am häufigsten<br />
genannten Medien deutliche Unterschiede <strong>im</strong> Informationsverhalten zwischen Einhe<strong>im</strong>ischen<br />
und Kulturtouristen, was in der Zielgruppenansprache berücksichtigt werden sollte.<br />
Zufriedenheit<br />
Die Kulturtouristen sind mit den Veranstaltungen insgesamt recht zufrieden: 37,4 % der Kulturtouristen<br />
zeigen sich begeistert (Schulnotenskala, Note sehr gut), 55,6 % werten mit gut, 6,0 % mit<br />
befriedigend, und nur 1,0 % sind unzufrieden (Noten 4 – 6). Der Mittelwert der Gesamtzufriedenheit<br />
16
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
beträgt 1,71. Diese hohe Zufriedenheit lässt sich bei allen Veranstaltern (große, mittlere, kleine)<br />
beobachten. Auch bei den Einzelbewertungen ist die Zufriedenheit mit dem Kernprodukt (Künstler,<br />
Programm, Ort) veranstalterübergreifend hoch ausgeprägt:<br />
Hingegen liegen in Bezug auf die nachgelagerten Serviceaspekte und Rahmenbedingungen auf<br />
Ebene der einzelnen Veranstalter teilweise erhebliche Unterschiede in der Zufriedenheit vor. Als<br />
Problemzonen mit Verbesserungsbedarf stellen sich angesichts der Anteile der Unzufriedenen<br />
(Noten 4–6) vor allem Ausschilderung, Gastronomie (auch <strong>im</strong> Umfeld) und Informationen zum<br />
touristischen Umfeld dar; auch hinsichtlich der Aspekte Rahmenprogramm, Information zur Veranstaltung<br />
und Erreichbarkeit bestehen ggf. Verbesserungspotenziale. Gerade diese Service- und<br />
Rahmenbedingungen sind jedoch zum überwiegenden Teil Faktoren, die die Kulturveranstalter<br />
nur in Kooperation mit anderen kulturtouristischen Leistungsträgern bzw. den örtlichen Akteuren<br />
beeinflussen können.<br />
Übernachtungsgäste<br />
Von den Kulturtouristen hat knapp ein Drittel (31,7 %) den Kulturbesuch mit Übernachtungen verbunden,<br />
dies sind 11,7 % der Befragten insgesamt. Es wird in der Regel ein eher kurzer Aufenthalt<br />
gebucht: Innerhalb der Übernachtungsgäste nennen 53,2 % eine Übernachtung, 25,4 % zwei<br />
Übernachtungen und 21,4 % mindestens drei Übernachtungen. Im Mittel beträgt die Aufenthaltsdauer<br />
2,4 Übernachtungen. Einige Kulturtouristen nutzen Pauschalen: Für 21,3 % der 50 km entfernt<br />
wohnenden Gäste ist der Besuch Teil eines individuellen Pauschalangebots, nur 2,5 % sind<br />
Teilnehmer einer Gruppenreise.<br />
17
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Koppelungsaktivitäten<br />
Der Kulturbesuch ist für einen Großteil der Kulturtouristen zwar Hauptreisegrund (s. o.), wird jedoch<br />
von den meisten (85,6 %) eingebettet in kulturelle oder nicht kulturelle Koppelungsaktivitäten.<br />
Dabei n<strong>im</strong>mt der überwiegende Teil der Befragten mehrere Aktivitäten wahr (MW 1,6 Nennungen):<br />
56,7 % der Kulturtouristen gehen am Veranstaltungsort in Restaurants, Cafés, Kneipen,<br />
31,5 % machen Spaziergänge, 30,4 % besichtigen Sehenswürdigkeiten, 20,5 % besuchen Verwandte<br />
und Freunde, 15,1 % besuchen Ausstellungen/Museen.<br />
Angesichts der hohen Bedeutung der Koppelungsaktivitäten und Beobachtung, dass selbst von<br />
den vorhandenen kulturtouristischen Besuchern 13,0 % unzufrieden sind mit den Informationen<br />
zum touristischen Umfeld, sollten sich die Veranstalter in Kooperation mit den anderen örtlichen<br />
touristischen Leistungsträgern bemühen, das vorhandene, meist als ausreichend und attraktiv<br />
bewertete Umfeld an Kultur- und Freizeitangeboten besser als bisher für die Kulturtouristen zu<br />
bündeln/vernetzen und diese Optionen ansprechend, nutzerfreundlich, detailreich und aktuell aufzubereiten.<br />
Bedarf an touristischen Angeboten und Kulturangeboten<br />
Touristische Angebote <strong>im</strong> Umfeld des Veranstaltungsortes sind für die Kulturtouristen noch nicht<br />
<strong>im</strong>mer in ausreichender Menge oder Qualität vorhanden. So vermissen 7,1 % der Gäste, die mindestens<br />
50 km entfernt wohnen, Unterkünfte. In Bezug auf alle Befragten entspricht dies einem Anteil<br />
von 3,1 %. Der Bedarf betrifft überwiegend mittelklassige Angebote mit 2 – 3 Sternen, sehr einfache<br />
(ein Stern) bzw. hochklassige (vier bzw. fünf Sterne) Angebote werden seltener gewünscht.<br />
Gastronomische Angebote vermissen 13,9 % der Kulturtouristen (6,0 % insgesamt). Hier erstreckt<br />
sich die Nachfrage ebenfalls eher auf mittelklassige Angebote („gutbürgerlich“, „gehoben“) als<br />
auf erstklassige bzw. einfache Gastronomie. Dieser selbst be<strong>im</strong> bestehenden kulturtouristischen<br />
Publikum erkennbare Bedarf <strong>im</strong> Bereich der Gastronomie und Übernachtungs kapazitäten zeigt,<br />
18
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
dass ggf. Potenziale bestehen, den Anteil an Kulturtouristen zu erhöhen (auch über die bisher<br />
selten genutzten oder noch nicht ausreichend angebotenen/vermarkteten Pauschalen/Bausteine<br />
bzw. Gruppenreiseangebote).<br />
Bei einer offenen Frage nach sonstigem Bedarf wurden z. B. Fahrradverleih, gut beschilderte<br />
Fahr radwege, bessere Informationen zu den Sehenswürdigkeiten am Veranstaltungsort, gastronomische<br />
Empfehlungen, Angebote für Kinder und Jugendliche und bessere ÖPNV-Angebote<br />
bzw. Shuttles thematisiert. Nur relativ wenige Befragte vermissen hingegen andere Kultur- oder<br />
Freizeitangebote. Dies bestätigt sich auch auf die dezidierte Nachfrage, ob die Kulturtouristen in<br />
der Region das Kulturangebot vom besuchten und anderen Veranstaltern in den Sommermonaten<br />
ausreichend finden: 67,2 % halten das Angebot für ausreichend (Einhe<strong>im</strong>ische: 71,8 %). Nur<br />
1,2 % der Kulturtouristen (und 2,5 % der Einhe<strong>im</strong>ischen) wünschen sich andere als die vorhandenen<br />
Angebote. Hingegen wünschen sich 15,8 % der Kulturtouristen (und 20,3 % der Einhe<strong>im</strong>ischen,<br />
der Unterschied ist signifikant) mehr Kulturangebote – was ein Hinweise an den einen oder<br />
anderen Kulturveranstalter sein könnte, sein Angebot ggf. auszuweiten.<br />
Ausgaben<br />
Die Kulturtouristen tätigen <strong>im</strong> Rahmen ihres Veranstaltungsbesuchs erhebliche Ausgaben für Eintritt,<br />
Speisen/Getränke, Übernachtungen, Kraftstoff/Fahrkarte, touristisches Rahmenprogramm,<br />
Souvenirs sowie Sonstiges. In Bezug auf alle 1.631 Befragten werden <strong>im</strong> Mittel 75,20 € pro Kulturtourist<br />
ausgegeben (Annahme: keine Angabe = keine Ausgaben). Auf den Eintritt entfällt mit rund<br />
18,28 € der größte Teil dieser Summe, gefolgt von den Ausgaben für Übernachtungen (18,13 €<br />
– wählt man nur die Übernachtungsgäste aus, liegt der Mittelwert pro Übernachtung bei 64,26 €),<br />
Speisen/Getränke (17,27 €) und Kraftstoff/Fahrkarte (16,35 €). Geringe Beträge entfallen auf<br />
Rah menprogramm (1,83 €), Souvenirs (1,29 €) und Sonstiges (2,04 €). Die Einhe<strong>im</strong>ischen geben<br />
<strong>im</strong> Mittel wesentlich weniger aus (26,61 €) als die Kulturtouristen.<br />
Vergleich der Besucherbefragungen 2004 – 2010<br />
Acht der untersuchten Veranstalter hatten <strong>im</strong> Jahr 2004 schon einmal an einer vergleichbaren<br />
Besucherbefragung des IKMF <strong>im</strong> Auftrag des MWFK teilgenommen, darunter auch die Klöster<br />
Chorin und Neuzelle. Untersucht man diese Teilstichprobe <strong>im</strong> Hinblick auf signifikante Veränderungen,<br />
fallen folgende Ergebnisse ins Auge: Es gibt nur einen geringfügigen Anstieg des Anteils<br />
von Kulturtouristen von 45,7 % auf 49,2 %. Dabei ist der Anteil der durch den Kulturbesuch als<br />
Hauptreisegrund unverändert hoch. Die Internet-Nutzung n<strong>im</strong>mt (wie zu erwarten) stark zu. Der<br />
Bedarf an zusätzlichen Angeboten gutbürgerlicher und gehobener Gastronomie und an Unterkünften<br />
<strong>im</strong> Umfeld des Veranstaltungsortes ist bei den Kulturtouristen unverändert vorhanden,<br />
bei schon gestiegener Nutzung gastronomischer Angebote (von 38,9 % auf 56,7 %). Es ist eine<br />
unverändert hohe Zufriedenheit mit den Kernproduktaspekten Künstlern und Programm zu beobachten,<br />
ebenso bestehen aber auch unveränderte Verbesserungspotenziale bei Gastronomie,<br />
Ausschilderung, Information.<br />
19
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Wichtigste Ergebnisse der Besucherbefragung<br />
Aus der Besucherbefragung lassen sich, auch <strong>im</strong> Hinblick auf die Perspektiven des Netzwerks<br />
KLOSTERLAND, drei Kernergebnisse ableiten:<br />
1. Es besteht bereits ein guter, aber steigerungsfähiger Anteil an Kulturtouristen (Anreise<br />
> 50 km) von 43,2 %; Kultur ist meist der Hauptreisegrund, aber Koppelungsaktivitäten haben<br />
ebenfalls eine hohe Bedeutung.<br />
2. Die Zufriedenheit der Kulturtouristen mit dem Kernprodukt (d. h. Künstler, Programm, Veranstaltungsort)<br />
ist bei großen wie kleinen Veranstaltern hoch, Verbesserungsbedarf besteht bei<br />
Serviceaspekten wie Gastronomie, Ausschilderung, Information zu touristischen Angeboten –<br />
Bereiche, die nur zum Teil in der Verantwortung der einzelnen Kulturveranstalter liegen.<br />
3. Erfolgsstrategien zur Steigerung des Anteils an Kulturtouristen liegen weniger <strong>im</strong> Bereich<br />
der Qualitätsverbesserung be<strong>im</strong> Kernprodukt oder der Schaffung neuer kultureller Angebote<br />
(und nur teilweise in der Ausweitung der bestehenden Kulturangebote), als vielmehr in der<br />
Opt<strong>im</strong>ierung von Serviceaspekten und einer besseren touristischen Vermarktung ‒ in diesem<br />
Sinn hat KLOSTERLAND große Potenziale, <strong>im</strong> Netzwerkverbund mehr Aufmerksamkeit bei<br />
touristischen Akteuren und Kulturtouristen auf die einzelnen Klöster und ihre Veranstaltungen/Angebote<br />
zu lenken.<br />
Veranstalterbefragung<br />
Methodik der Veranstalterbefragung<br />
Im November/Dezember 2009 beauftragte das brandenburgische Ministerium für Wissenschaft,<br />
Forschung und Kultur das Institut für Kultur-Markt-Forschung (IKMF) mit einer telefonischen Veranstalterbefragung.<br />
Zielgruppe waren Kulturveranstalter <strong>im</strong> Land Brandenburg, mit dem Fokus<br />
Eventorientierung und kulturtouristischer Relevanz <strong>im</strong> Schwerpunkt Bühne/Musik. Dies beinhaltet<br />
alle Mitglieder der Kulturfeste <strong>im</strong> Land Brandenburg e.V. und deren Gäste, ausgewählte Mitglieder<br />
des Landesverbandes Freier Theater Brandenburg e.V. sowie einige kommunale und sonstige<br />
Einrichtungen. Erkenntnisziel war, einen vertieften Überblick über die tägliche kulturtouristische<br />
Praxis bei den Kulturveranstaltern zu erhalten und ggf. Maßnahmen in der Struktur- und Förderpolitik<br />
zum Kulturtourismus daraus abzuleiten. Als Ansprechpartner wurden die Geschäftsführer/<br />
Leiter bzw. Mitarbeiter für Marketing/Öffentlichkeitsarbeit oder Tourismus ausgewählt, pro Institution<br />
wurde ein Interview geführt. Von 74 angesprochenen Personen nahmen 62 an der Befragung<br />
teil (Rücklauf 83,8 %), die Interviews dauerten <strong>im</strong> Mittel 72 Minuten. Als Kulturtouristen sind auch<br />
in dieser Untersuchung diejenigen definiert, die für ein kulturelles Angebot mindestens 50 km anreisen<br />
(mit und ohne Übernachtung).<br />
Entwicklung und Bedeutung des brandenburgischen Kulturtourismus<br />
Die befragten Veranstalter schätzen Kulturtouristen als eine wichtige Zielgruppe ein; ausgehend<br />
von den Besuchen 2009 stellen sie einen Besucheranteil von <strong>im</strong> Mittel geschätzten 43,6 % des Publikums<br />
(was sich mit den Ergebnissen der Besucherbefragung 2010 deckt). Für die kommenden<br />
20
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
fünf Jahre sehen die Veranstalter überwiegend eine (sehr) positive Entwicklung des brandenburgischen<br />
Kulturtourismus, sowohl be<strong>im</strong> eigenen Festival/der eigenen Institution als auch für ganz<br />
Brandenburg:<br />
Dabei schätzt über die Hälfte der Veranstalter das kulturtouristische Entwicklungspotenzial des<br />
eigenen Kulturbetriebs als sehr hoch oder hoch ein, und zusammen 87,2 % schätzen es als mindestens<br />
mittel ein. Sichtbares Anzeichen dieser positiven Entwicklung ist u.a. die Steigerung des<br />
Anteils an Kulturtourismusbausteinen/-pauschalen von 41,9 % <strong>im</strong> Jahr 2009 auf geplante rund<br />
zwei Drittel (54,8 % definitiv, 12,9 % vielleicht) für das Jahr 2010.<br />
Allgemeine Entwicklungshindernisse<br />
Die Veranstalter wurden anhand eines Katalogs befragt, welche Hindernisse ihrer Meinung nach<br />
die Entwicklung des Kulturtourismus in Brandenburg (nicht nur be<strong>im</strong> eigenen Betrieb) einschränken.<br />
Dabei werden acht Bereiche von mindestens einem Drittel der Veranstalter als voll oder<br />
größtenteils zutreffend eingeschätzt. Dies deutet auf vielfältige Entwicklungshindernisse hin, bzw.<br />
eröffnet unterschiedliche potenzielle Handlungsfelder. Insgesamt zeigt sich, dass die brandenburgischen<br />
Kulturveranstalter eine erfolgreiche Weiterentwicklung des Kulturtourismus in ihrem Land<br />
als Gemeinschaftsaufgabe sehen, die sie mit ihren häufig sehr schlanken Personalstrukturen,<br />
sehr begrenzten finanziellen Mitteln und angesichts von infrastrukturellen Hindernissen, die nicht<br />
in ihrer Verantwortung liegen, nicht alleine lösen können. Deutlich am häufigsten werden mangelnde<br />
Finanzierungsmöglichkeiten für Werbung und Marketing genannt (72,5 %), gefolgt von zu<br />
wenig Kommunikation und Kooperation zwischen Kulturveranstaltern und Touristikern (53,2 %),<br />
der unzureichenden ÖPNV-Anbindung (51,6 %) und fehlenden personellen Kapazitäten (45,1 %):<br />
21
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Besonders hervorzuheben ist, dass hier über die Hälfte der Veranstalter den Mangel an Kommunikation/Kooperation<br />
zwischen Kulturveranstaltern und Touristikern als Entwicklungshindernis<br />
benennt, was <strong>im</strong> Vergleich zur ÖPNV-Anbindung ein vergleichsweise einfach zu verringerndes<br />
Hindernis darstellt. Nur ein sehr geringer Anteil der befragten Veranstalter sieht ein generelles<br />
Qualitätsproblem bei den Kulturveranstaltungen selbst, die in diesem Fall die Angebote der kulturellen<br />
Konkurrenz betreffen. Auch fehlende touristische Zusatzangebote am Veranstaltungsort<br />
werden eher zu einem kleinen Anteil als grundsätzliche Problemstellung benannt. Immerhin über<br />
ein Fünftel sieht ein Informationsdefizit bei den Besuchern.<br />
22
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Auffällig sind die Nennungen zum Wissensdefizit bei den Akteuren, das hier rund ein Drittel fehlende<br />
Erfahrungen <strong>im</strong> Kulturtourismus oder fehlendes Fachwissen bei Kulturveranstaltern und<br />
Touristikern bemängelt. Dies korrespondiert mit der Beobachtung, dass viele Veranstalter keine<br />
oder nur eine geringe Kenntnis über die Herkunft ihrer Besucher haben (was für die Steuerung<br />
der Kommunikation und die Entwicklung kulturtouristischer Angebote ein ernsthaftes Hindernis<br />
darstellt), und das Wissen um die kulturtouristischen Aktivitäten der Konkurrenz <strong>im</strong> positiven wie<br />
negativen Sinn schon in Bezug auf Brandenburg eher gering ausgeprägt ist. Nur wenige Veranstalter<br />
können darüber hinaus bundesweite oder ausländische Beispiele guter oder schlechter<br />
kulturtouristischer Praxis benennen.<br />
Ein Blick auf den Veranstaltungsort offenbart mit der generellen Einschätzung von Brandenburg<br />
korrespondierende Problemzonen <strong>im</strong> Bereich der lokalen Infrastruktur, wie die unzureichende Anbindung<br />
an öffentliche Verkehrsmittel, Gastronomie außerhalb des Festivals, lokale Touristinformation,<br />
Kapazitäten für angemessene und nahe Beherbergung:<br />
So zeigen sich 50,0 % mit der ÖPNV-Anbindung unzufrieden (Noten 4 – 6), 22,6 % bemängeln das<br />
Verkehrsleitsystem, 32,3 % vermissen Parkplätze und 22,6 % kritisieren die unzureichende Qualität<br />
bzw. das nicht ausreichende Vorhandensein von Gastronomie außerhalb des Festivals/der<br />
Institution. Aber auch die Anteile an Unzufriedenheit mit der lokalen Touristinformation (14,5 %),<br />
den Kapazitäten für angemessene und nahe Beherbergung (12,9 %) oder der Einrichtung auf<br />
Gruppenreisen (17,7 %) sind als Anzeichen für relevante kulturtouristische Entwicklungshindernisse<br />
einzustufen.<br />
Die Veranstalter sollten in einer offenen Frage auch Verbesserungsvorschläge zur Steigerung<br />
des Anteils an Kulturtouristen machen, die ihr eigenes Festival/ihre eigene Institution betreffen.<br />
Die am häufigsten genannte Stellschraube ist die Information (71,0 % würden Veränderungen<br />
vornehmen), gefolgt vom Ticketing/Vertrieb (50,0 %), dem künstlerischen Produkt (38,7 %) und<br />
Sonstigen (30,6 %). Eine positive Weiterentwicklung des brandenburgischen Kulturtourismus wird<br />
23
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
also nur zum kleineren Teil von einer Opt<strong>im</strong>ierung des künstlerischen Kernprodukts abhängig<br />
gemacht. Neben Geld- und Personalmangel werden <strong>im</strong> Bereich Information und Ticketing/Vertrieb<br />
folgende Verbesserungswünsche thematisiert:<br />
Auffällig ist bei der Information die Häufung von Nennungen zu einer stärkeren Präsenz auf dem<br />
Berliner Markt, der Wunsch nach einem stärkeren Ausbau der Online-Kommunikation sowie auch<br />
der Wunsch nach einer stärkeren Vernetzung über Dachverbände, Multiplikatoren oder Kooperationen.<br />
Auch <strong>im</strong> Bereich Ticketing/Vertrieb werden die Themen Internet (z. B. Zusammenarbeit mit<br />
einem deutschlandweit oder regional agierenden Online-Ticketportal) und Vernetzung/Kooperationen<br />
häufiger genannt, darüber hinaus wünschen die Veranstalter eine Opt<strong>im</strong>ierung in Richtung<br />
von Paketen (nicht nur Kulturbesuch + Gastronomie + Übernachtung, auch Einbeziehung weiterer<br />
Koppelungsaktivitäten).<br />
Kommunikation und Vernetzung<br />
Zum Befragungszeitpunkt Ende 2009 lässt die formale Einbindung der Kulturveranstalter in touristische<br />
Prozesse der Region deutliche Steigerungspotenziale zu: 67,7 % nennen eine Beteiligung<br />
auf organisatorischer Ebene (z. B. <strong>im</strong> Tourismusverband), 54,8 % nehmen regelmäßig an Treffen<br />
mit touristischen Akteuren (z. B. Gastronomen, Hotels, andere Veranstalter) teil, aber 24,2 % aller<br />
Veranstalter beteiligen sich bisher nicht.<br />
<strong>Kulturtouristische</strong> Aktivitäten bedürfen in der Regel der Abst<strong>im</strong>mung mit vielen Partnern; konkret<br />
ergibt sich ein Mittelwert von 10,7 bei 18 abgefragten Partnern <strong>im</strong> Bereich der Behörden und<br />
kommunalen Dienstleister. Diese Kommunikation ist, wie die folgende Grafik und die analysierten<br />
Kommentare zeigen, in Quantität, Qualität und Intensität häufig opt<strong>im</strong>ierbar:<br />
24
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Dabei wünschen sich 58 von 62 Veranstaltern eine intensivere Zusammenarbeit (oder überhaupt<br />
eine Kontaktaufnahme) zu Behörden oder touristischen (Kultur-)Dienstleistern, um kulturtouristische<br />
Aktivitäten in ihrer Region weiter zu entwickeln. Die einzelnen Veranstalter nennen meist<br />
zwei bis drei Wunschpartner, was zeigt, dass die Entwicklungspotenziale in Bezug auf Vernetzung,<br />
Angebotsentwicklung und Vertrieb aus Sicht der Veranstalter noch lange nicht ausgeschöpft<br />
sind. Deutlich am häufigsten genannt mit 18 Nennungen wird die TMB (die hier bisher in der Bewertung<br />
der Kontakte teilweise negativ abschneidet), gefolgt von 13 Wünschen nach einer intensiveren<br />
Zusammenarbeit mit anderen Kulturveranstaltern (die Vorteile der Vernetzung werden also<br />
höher bewertet als die potenzielle Konkurrenz). Weitere Wünsche betreffen u.a. die BTM (8x, jetzt<br />
Visit Berlin), (Kultur-)Reiseveranstalter (7x) und Hotels (6x). Weitere Nennungen betreffen z. B.<br />
die verschiedenen Ebenen der Behörden, Verkehrsdienstleister, Verkehrsverbände und Medien.<br />
In den Besucherbefragungen von 2004 und 2010 wird deutlich, dass es für einen Großteil der<br />
Kulturtouristen sehr wichtig ist, vor Ort Koppelungsaktivitäten nachzugehen, also weitere Kulturund<br />
Freizeitaktivitäten wahrzunehmen. Die Veranstalter wurden in einer offenen Frage gebeten,<br />
mögliche Angebote an ihrem Ort zu beschreiben. Die meisten Veranstalter hatten Kenntnis des<br />
touristischen Umfelds und konnten die Optionen mit vielfältigen Nennungen beschreiben. Wie<br />
weiter oben dargestellt, wird das vorhandene Kultur- und Freizeitangebot von den Veranstaltern<br />
größtenteils als gut bis sehr gut eingeschätzt. Anschließend sollten die Veranstalter in einer offenen<br />
Frage Auskunft geben, inwieweit Potenziale bestehen, mit den vorhandenen oder anderen<br />
Angeboten oder einer intensiveren Vermarktung die kulturtouristische Anziehungskraft ihres Ortes<br />
und damit ihres Festivals/ihrer Institution zu erhöhen. Dabei wird die Entwicklung neuer Angebote<br />
erst an dritter Stelle genannt, hinter dem Wunsch, vorhandene Angebote sinnvoll zu bündeln und<br />
Pakete anzubieten sowie einer besseren Kommunikation nach außen bzw. der Entwicklung von<br />
Marketingkonzepten:<br />
25
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Es hat also in den Augen fast aller Veranstalter ein großes Potenzial, ein Festival bzw. eine Institution<br />
(und damit auch einen Veranstaltungsort) über Koppelungsangebote noch attraktiver zu gestalten.<br />
Die Veranstalter sehen dies aber als eine vielschichtige und in ihrer Umsetzung komplexe<br />
Herausforderung, die nur gemeinschaftlich mit den anderen touristischen Akteuren zu bewältigen<br />
ist. Dabei wird die Gestaltung neuer Angebote (bzw. die Qualitätsverbesserung bestehender Angebote)<br />
nachrangiger eingestuft als eine sinnvolle regional bzw. überregional organisierte Bündelung<br />
der vorhandenen Angebote (auch mit Paketen) sowie eine konzeptgestützte, tragfähige<br />
Kommunikation nach außen. Zielstellung sollte eine verbesserte (gemeinsame) Information der<br />
Touristen sein, notwendige Rahmenbedingung ist eine stärkere Vernetzung der Akteure untereinander<br />
einhergeht.<br />
<strong>Kulturtouristische</strong> Strategien und Maßnahmen<br />
Die Veranstalter haben ein hohes Interesse daran, den Kulturtourismus in Brandenburg anhand<br />
von Strategien und Maßnahmen unter Mitwirkung ihres eigenen Festivals/ihrer eigenen Institution<br />
zu fördern. Dabei ist mehr Wissen/Qualifizierung ein möglicher Anhaltspunkt. Es würden<br />
72,6 % den Besuch von Fortbildungs-/Qualifizierungsprojekten begrüßen, und zwar nicht nur für<br />
sich selbst (58,1 %), sondern auch bei ihren Mitarbeitern (43,5 %) und den touristischen Partnern<br />
(48,4 %). Darüber hinaus würden 46,8 % ein persönliches Coaching für ihre Institution begrüßen,<br />
und rund zwei Drittel wünschen sich mehr Fachwissen über Kulturtourismus durch Befragungen,<br />
Markt- und Bedarfsanalysen. Ein zweiter Ansatz liegt in der Stärkung der gemeinsamen Aktion;<br />
über 70 % wünschen sich eine Stärkung der etablierten Vermarktungsplattformen Kulturfeste, Kulturland<br />
und TMB (was für den Erfolg dieser landesgeförderten Strukturen spricht), bzw. es wünschen<br />
rund drei Viertel mehr gemeinsame touristische Vermarktung:<br />
26
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Hinweise zur Netzwerkgestaltung umfassen u.a. die Betonung einer sinnvollen Differenzierung,<br />
die Berücksichtigung kleinerer Veranstalter sowie die Wahrung der Individualität der Netzwerkpartner.<br />
Vorgeschlagen werden zudem neue <strong>Netzwerke</strong> alternativer Anbieter (z. B. für jüngere<br />
Zielgruppen) und Tourismustage in den einzelnen Städten des Landes. Des Weiteren besteht<br />
auch eine relevante Nachfrage nach Vermarktungsinstrumenten wie thematischen Kulturrouten<br />
(74,2 %) bzw. einer Gästecard/Brandenburgcard (43,5 %). Aus den sonstigen Vorschlägen sind<br />
vor allem die Themen Qualifizierung (z.B. dauerhaft gute Mitarbeiter in den Touristinformationen<br />
vor Ort), kulturtouristische Treffen auf regionaler Ebene, bessere Vernetzung der Ressorts in den<br />
Behörden und die Einsetzung von Moderatoren oder Regionalmanagern für kulturtouristische Belange<br />
nennenswert.<br />
Wichtigste Ergebnisse der Veranstalterbefragung<br />
Aus der Veranstalterbefragung lassen sich folgende Kernaussagen und Folgerungen ableiten:<br />
1. Es zeichnet sich eine positive Entwicklung und wachsende Bedeutung des brandenburgischen<br />
Kulturtourismus ab, be<strong>im</strong> Land insgesamt wie den einzelnen Institutionen und Festivals;<br />
die Veranstalter sehen größtenteils gute Entwicklungspotenziale für den Kulturtourismus.<br />
2. Größte Problemzonen sind Geld- und Personalmangel, Infrastruktur, Kommunikation sowie<br />
die Entwicklung kulturtouristischer Vermarktungsstrategien und Produkte gemeinsam mit anderen<br />
touristischen Leistungsträgern.<br />
3. Es besteht ein Wissensdefizit: unzureichende Kenntnisse über die Zielgruppe, über kulturtouristische<br />
Kampagnen/Konzeptionen/Fortbildungen, über die Kulturreisemarken und Marketingkampagnen<br />
der TMB, über Vorbilder bei der Entwicklung kulturtouristischer Angebote –<br />
wobei an allen diesen Themenfeldern ein hohes Interesse besteht<br />
27
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
4. Der Vernetzungsgrad der Veranstalter mit Behörden, touristischen Dienstleistern und anderen<br />
Kulturanbietern ist bereits hoch ausgeprägt, wobei Quantität, Qualität und Intensität der<br />
Kooperation weiter zunehmen könnten/sollten.<br />
5. Der größte Teil der Veranstalter spricht sich für eine Stärkung der etablierten Vermarktungsplattformen<br />
Kulturfeste, Kulturland und TMB aus; ebenso wünschen rund drei Viertel mehr<br />
gemeinsame touristische Vermarktung.<br />
6. Auch aus Veranstaltersicht ist die Dachmarke KLOSTERLAND eine zeitgemäße Maßnahme<br />
zur Vernetzung der kulturtouristischen Akteure, zur Steigerung der kulturtouristischen Besuche<br />
und der damit einhergehenden wirtschaftlichen Effekte. Wir wünschen KLOSTERLAND<br />
viel Erfolg!<br />
28
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
KLOSTERLAND | Deutsch-Polnisches<br />
Klosternetzwerk. Ein kulturtouristisches<br />
Netzwerk auf dem Weg zum Erfolg<br />
Lara Buschmann, Lina Lisa Kolbitz<br />
Das Deutsch-Polnische Klosternetzwerk ist ein Zusammenschluss ehemaliger deutscher und polnischer<br />
Klöster in den Regionen Brandenburg und Westpommern, die inhaltlich zusammenarbeiten<br />
und sich unter der Dachmarke KLOSTERLAND gemeinsam in der Öffentlichkeit präsentieren.<br />
Die Verknüpfung der Klöster findet auf inhaltlicher, organisatorischer und kommunikativer Ebene<br />
statt, d.h. es werden gemeinsam Strategien und kulturelle Angebote entwickelt, die Aktivitäten der<br />
Netzwerkpartner werden koordiniert und durch Zusammenarbeit qualitativ verbessert und durch<br />
die Dachmarke wird die Kommunikation der Partner kanalisiert und nutzerfreundlich gestaltet.<br />
Das Netzwerk soll durch vielfältige Aktivitäten die kulturtouristischen Akteure in der ländlich geprägten<br />
Netzwerkregion stärken, die Region als wirtschaftlichen Impulsgeber unterstützen sowie<br />
durch die länderübergreifende Netzwerkbildung die interregionale und interkulturelle Kommunikation<br />
fördern, als auch für den Erhalt und die Wiederbelebung von Kulturgut und Geschichte<br />
sorgen.<br />
Die Ausgangslage<br />
Eine der großen Herausforderungen für die strukturschwachen <strong>ländlichen</strong> Gebiete, so auch für die<br />
Netzwerkregion Brandenburg und Westpommern, zeichnet sich hinsichtlich der wirtschaftlichen<br />
Entwicklung ab. Sie hängt unmittelbar von den demografischen Entwicklungen ab und beeinflusst<br />
diese wiederum direkt. So führt wirtschaftliche Strukturschwäche aufgrund fehlender Ausbildungs-<br />
und Arbeitsplätze dazu, dass junge und gut qualifizierte Fachkräfte, d. h. auch einkommensstarke<br />
Bürger abwandern, das Durchschnittsalter der zurückbleibenden Bevölkerung steigt<br />
und das Fähigkeitenpotenzial der Region sinkt. Letzteres begrenzt wiederum die Möglichkeiten<br />
wirtschaftlicher Entwicklungsansätze in der Region und führt zu einer weiteren Verschlechterung<br />
der wirtschaftlichen Lage.<br />
Daraus ergibt sich eine weitere Herausforderung für ländliche Regionen, nämlich die Aufrechterhaltung<br />
der Infrastruktur. 1 Einrichtungen der Pflege-, Gesundheits-, Sozial- und Bildungsinfrastruktur<br />
sowie die Netze der Ver- und Entsorgung und des Verkehrs sind gezwungen, sich dem sinkenden<br />
Bedarf anzupassen. Sobald jedoch der Zugang zu grundlegenden Produkten und Dienstleitungen<br />
fehlt, setzt sich die Abwanderung fort und das Image der Region verschlechtert sich zunehmend.<br />
1 Vgl. <strong>Ostdeutscher</strong> Sparkassenverband 2010, S. 141; Vgl. Bundesverband der gemeinnützigen Landgesellschaft<br />
2006, S. 18, 22.<br />
29
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Ein wesentlicher Bestandteil des regionalen Images stellen auch die „kulturlandschaftliche[n] Eigenarten<br />
und kulturhistorisch-identitätsstiftende[n] Merkmale der regionalen Baukultur“ 2 dar, die<br />
zu erhalten eine weitere große Aufgabe darstellt.<br />
Ländliche Räume stehen vor großen Herausforderungen, doch die geschilderten Entwicklungen<br />
sind nicht unabänderlich. Aufgrund ihrer relativ langsamen Abläufe bieten die geschilderten (demografischen)<br />
Entwicklungen durchaus Möglichkeiten der Einflussnahme. 3 Handlungsspielraum<br />
und -bedarf besteht <strong>im</strong> Sinne des demografischen Regelkreises vornehmlich <strong>im</strong> Rahmen der Wirtschaftsförderung,<br />
da diese die Abwärtsspirale gezielt stoppen oder geringstenfalls verlangsamen<br />
und einschränken kann.<br />
Große Potenziale <strong>im</strong> Rahmen der Wirtschaftsförderung bieten die Erschließung ungenutzter Leistungsfelder<br />
und der Erhalt eines attraktiven Lebens- und Arbeitsumfeldes. Weiche Standortfaktoren<br />
sind hier neben verfügbaren Arbeitsplätzen die wichtigsten Ansiedlungsargumente. 4 Die<br />
weichen Standortfaktoren erhalten in strukturschwachen Regionen, in denen die harten Standortfaktoren<br />
keine Investoren mehr zu überzeugen vermögen 5 , einen ganz neuen Stellenwert. 6<br />
Das kulturelle Umfeld einer Region bspw. gilt längst als entscheidend bei der Ansiedlung von<br />
Unternehmen und hat nicht nur als <strong>im</strong>agebildende Maßnahme große Bedeutung: Die Nutzung<br />
dieser Faktoren ermöglicht <strong>ländlichen</strong> Regionen, weitere Profile zu entwerfen und so wieder neue<br />
Aufmerksamkeit zu generieren. Der Kulturtourismus bietet hier gleich zweierlei Potenziale: Zum<br />
einen weist er wirtschaftliche Stärken auf, zum anderen erhält und fördert er die historischen Kulturgüter<br />
und Angebote und trägt damit entscheidend zum Standort<strong>im</strong>age bei.<br />
Besonders in den letzten Jahren hat sich der Kulturtourismus in der Netzwerkregion überdurchschnittlich<br />
gut entwickelt. Eine Besonderheit Brandenburgs liegt in der Verbindung von kulturellen<br />
oder historischen Veranstaltungsorten, die in attraktiven Garten- und Naturlandschaften liegen. 7<br />
Trotz unterschiedlicher Initiativen, Förderprogramme und der positiven Entwicklung <strong>im</strong> kulturtouristischen<br />
Sektor sind die Potenziale jedoch noch nicht ausgeschöpft und die Abwärtsspirale setzt<br />
sich fort. Ein Blick auf die Zuständigkeiten in Brandenburgs Tourismusförderung kann eine Erklärung<br />
dafür bieten: Wirtschaftlicher Wettbewerb statt Kooperationen prägt die Aktivitäten; auf Landes-<br />
und regionaler Ebene bestehen Mehrfachzuständigkeiten. Vor allem auf regionaler Ebene<br />
fehlen ernsthafte Kooperationsansätze 8 und „Kirchturmpolitik“ prägt die kulturtouristischen Aktivitäten.<br />
2 Bundesverband der gemeinnützigen Landgesellschaft 2006, S. 21.<br />
3 Vgl. Bundesverband der gemeinnützigen Landgesellschaft 2006, S. 18.<br />
4 Vgl. Segert/Zierke 2005, S. 111; Vgl. Bundesamt für Bauwesen und <strong>Raum</strong>ordnung 2001, S. 10.<br />
5 z. B. aufgrund mangelhafter Infrastruktur (Kommunikationsnetze, Abfallbeseitigung, Verkehrsanbindung),<br />
geringer Kaufkraft, Fachkräftemangel, weite Entfernungen zu Zulieferbetrieben sowie zu Forschungs-,<br />
Bildungs- und Entwicklungseinrichtungen, eingeschränkte Leistungsfähigkeit des Stromnetzes usw.<br />
6 Vgl. Deutscher Tourismusverband e.V. 2006, S. 63.<br />
7 Vgl. Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg 2005, S. 7; Informationen<br />
zu Reisemotiven und Zielgruppen siehe Bendzuck.<br />
8 Vgl. Institut für Kultur-Markt-Forschung 2005, S. 21 ff.<br />
30
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Entstehungsgeschichte des Klosternetzwerks<br />
Die Idee, grenzübergreifende kulturtouristische Kooperationsprojekte wie u. a. das Deutsch-Polnische<br />
Klosternetzwerk mit dem Ziel der Wirtschaftsförderung ins Leben zu rufen, entstand 2006<br />
<strong>im</strong> Ostdeutschen Sparkassenverband (OSV) 9 <strong>im</strong> Rahmen einer Sonderausgabe des S-Tourismusbarometer,<br />
die den deutsch-polnischen Tourismus behandelte 10 . Das vom OSV beauftragte<br />
S-Tourismusbarometer zeigt alljährlich strukturelle Veränderungen, Erfolge und Misserfolge <strong>im</strong><br />
ostdeutschen Tourismus auf. Als Frühwarnsystem verweist es auf Trends und zukünftige Herausforderungen<br />
und kam 2006 zu dem Ergebnis, dass sowohl <strong>im</strong> grenzübergreifenden Tourismus als<br />
auch in der Vernetzung der Akteure erhebliche Potenziale lägen.<br />
In den Folgejahren bis 2010 wurden Partnereinrichtungen für das Klosternetzwerk ausgewählt<br />
und eine Fördermittelantragstellung über INTERREG IV A vorbereitet, die schließlich an fehlenden<br />
Partnern mit Eigenmitteln und noch zu losen Strukturen scheiterte. Im Sommer 2010 wurde die<br />
strategische Entscheidung getroffen, zunächst die Netzwerkstrukturen zu schaffen und erst <strong>im</strong><br />
Anschluss Förderung zu beantragen. Der OSV und die Sparkassen der brandenburgischen Landkreise<br />
Barn<strong>im</strong>, Märkisch-Oderland, Oder-Spree und Uckermark sicherten eine bis zu dreijährige<br />
Förderung zur Etablierung des Netzwerks zu, die durch Lenkungsausschüsse jährlich neu geprüft<br />
und zugesagt wird.<br />
Seit Anfang 2011 wird das Netzwerk durch ein neutrales Netzwerkmanagement geleitet, das als<br />
professionell betriebene zentrale Servicestelle für die Netzwerkpartner fungiert 11 und u. a. folgende<br />
Aufgabenfelder abdeckt:<br />
Ausarbeitung von Strategien zur Erreichung der gemeinsamen Ziele<br />
Entwicklung und Durchsetzung von Regeln der Zusammenarbeit<br />
Sammeln und Vertreiben netzwerkinterner Informationen<br />
Kommunikation nach Innen und Außen<br />
Verteilung von Aufgaben, Ressourcen und Zuständigkeiten<br />
Organisieren und Dokumentieren der netzinternen Beratungen und Entscheidungen<br />
Pflege der Kontakte zu den Netzwerkpartnern<br />
Dokumentation und Kontrolle der Aktivitäten<br />
Herstellung von Kontakten<br />
Strukturieren der netzwerkinternen Öffentlichkeitsarbeit<br />
Die Netzwerkpartner<br />
Die gegenwärtigen Netzwerkpartner sind ehemalige Klöster aus dem Land Brandenburg und der<br />
Woiwodschaft Westpommern. Die Klöster heißen heute als Kultureinrichtungen Besucher ver-<br />
9 Der OSV ist Dienstleister seiner Mitgliedssparkassen in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen<br />
und Sachsen-Anhalt und hat den Auftrag, Effizienz <strong>im</strong> Markt mit gesellschaftlicher Verantwortung<br />
und Förderung des Gemeinwohls zu kombinieren. Neben dem Ziel eines flächendeckenden Angebots an<br />
Finanzdienstleistungen stehen daher die Förderung einer nachhaltigen regionalen Entwicklung und die<br />
Verbesserung des sozialen Zusammenhalts in den Regionen <strong>im</strong> Mittelpunkt<br />
10 Vgl. Finanzgruppe <strong>Ostdeutscher</strong> Sparkassenverband 2006.<br />
11 Ausführliche Informationen zu den Aufgaben des Netzwerkmanagements siehe Nuissl 2010.<br />
31
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
schiedenster Interessen willkommen. Mit ihren vielfältigen touristischen Angeboten vermitteln sie<br />
ihren Gästen die bewegte Geschichte der historischen Gemäuer, informieren über das Leben ihrer<br />
Bewohner und die einmalige Architektur. Neben dem Museumsbetrieb erfüllen Konzerte, Märkte<br />
und Feste die Klöster mit Leben. Das Zusammenspiel von Kultur, Architektur und Natur sorgt dabei<br />
für eine außergewöhnliche Atmosphäre.<br />
Das Netzwerk besteht derzeitig aus fünf ehemaligen Klöstern in Brandenburg und fünf ehemaligen<br />
Klöstern in Westpommern.<br />
Brandenburg:<br />
Das Zisterzienserinnenkloster Altfriedland liegt <strong>im</strong> Landkreis Märkisch-Oderland am Rand des<br />
Oderbruchs. Die Ruine der mittelalterlichen Zisterzienserinnenabtei wird durch verschiedene<br />
Veranstaltungen wie Konzerte und Feste belebt.<br />
Die gotische Kirche des Franziskanerklosters der Stadt Angermünde <strong>im</strong> Landkreis Uckermark<br />
dient heute als städtisches Kulturzentrum.<br />
Das Zisterzienserkloster Chorin <strong>im</strong> Landkreis Barn<strong>im</strong> ist überregional für seine beeindruckende<br />
Architektur und das umfangreiche kulturelle und touristische Angebot bekannt.<br />
Das Zisterzienserkloster Neuzelle mit seiner barockisierten Stiftkirche und dem barocken<br />
Klostergarten liegt <strong>im</strong> Landkreis Oder-Spree. Touristen werden Konzerte, Ausstellungen, Führungen<br />
und ein jährliches Musiktheaterfestival geboten.<br />
Das Dominikanerkloster Prenzlau <strong>im</strong> Landkreis Uckermark ist ein Bauwerk der norddeutschen<br />
Backsteingotik. Heute ist das Kloster mit seinen Veranstaltungen ein Ort der Geschichte, der<br />
Kultur, der Bildung und Begegnung.<br />
Westpommern:<br />
Kołbacz (Kolbatz) ist das älteste Zisterzienserkloster östlich der Oder und gehört zu den frühesten<br />
Beispielen der Backsteingotik in Westpommern. Im Hauptschiff der Kirche finden Kulturveranstaltungen<br />
statt.<br />
Das Augustinerkloster Chojna (Königsberg in der Neumark) liegt nah an der deutsch-polnischen<br />
Grenze und gehört zur Europäischen Route der Backsteingotik.<br />
Bierzwnik (Marienwalde) ist als Zisterzienserkloster Teil des Zisterzienserweges in Polen.<br />
Spannend für Besucher sind die Restaurierungsarbeiten und Ausgrabungen.<br />
Zum kulturellen Angebot in der gotischen Hallenkirche der Templer- und Johanniterkommende<br />
Chwarszczany (Quartschen) gehören Ausstellungen, Konzerte und Feste.<br />
Das Zisterzienserinnenkloster Cedynia (Zehden) liegt nur wenige Kilometer östlich der Oder.<br />
Heute befindet sich in der Anlage ein Hotel, in dem Kulturveranstaltungen stattfinden.<br />
Die Auswahl der Netzwerkpartner war zunächst auf die Geschäftsgebiete der sponsernden Sparkassen<br />
und ihre polnischen Nachbarregionen begrenzt. Das Netzwerk soll nun durch weitere<br />
ehemalige und aktive Klöster mit kulturtouristischem Angebot erweitert werden. Darüber hinaus<br />
ist die enge Kooperation mit Tourismusorganisationen, Kommunen, dem Gastgewerbe, weiteren<br />
Kultureinrichtungen mit thematisch passendem Angebot und regionalen Handwerksbetrieben geplant.<br />
Mit ihnen sollen gemeinsame „Pakete geschnürt“ werden, um die geringe Angebotsdichte<br />
<strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong> durch die Verknüpfung der Angebote zu kompensieren. Langfristig soll ein<br />
großräumiges, grenzüberschreitendes Netzwerk entstehen, das die historischen Bauwerke und<br />
ihr Angebot touristisch und inhaltlich miteinander verknüpft und einem breiteren Publikum zugänglich<br />
macht.<br />
32
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Potenziale eines kulturtouristischen Netzwerks<br />
Den kulturtouristischen Einrichtungen der Netzwerkregion stehen häufig nur geringe oder unzureichende<br />
finanzielle und personelle Kapazitäten zur Verfügung. Die touristischen Potenziale werden<br />
daher meist nicht ausgeschöpft. Das Netzwerk ermöglicht die Bündelung knapper Ressourcen<br />
und unterschiedlicher Kompetenzen wie Budget, Personal und Wissen. Dadurch können Spezialisierungsvorteile<br />
und Synergieeffekte erzielt und Mehrfacharbeit vermieden werden. Durch die<br />
Einsparung von Personal und Kosten können so Aufgaben realisiert werden, die für die einzelnen<br />
Einrichtungen nicht zu leisten sind.<br />
<strong>Kulturtouristische</strong> Angebote leben von ihren Besuchern. Der Bekanntheitsgrad ist aber gerade für<br />
kleinere Einrichtungen meist nicht ausreichend hoch. Eine Vernetzung und die gemeinsame Präsentation<br />
unter einer Dachmarke machen die Partner sichtbar und erhöhen durch die Abst<strong>im</strong>mung<br />
der Angebote gleichzeitig die Angebotsqualität und das Leistungsspektrum. Möglichkeiten bieten<br />
hier u. a. die Entwicklung von Angebotspaketen und die Einbindung weiterer touristischer Dienstleister.<br />
Insgesamt erhöhen sich durch solche Angebote die Marktchancen für alle Beteiligten.<br />
Die Zusammenarbeit von Partnern unterschiedlicher Bereiche und Regionen ermöglicht zudem<br />
eine Horizonterweiterung und bricht starre Strukturen. Durch regelmäßigen fachlichen Austausch<br />
der Netzwerkpartner, können Erfahrungen und Wissen in den Bereichen Marketing, Finanzierung<br />
und Organisation geteilt werden. Dies fördert den Ideenreichtum und führt zu innovativen und<br />
kreativen Ansätzen z. B. in der Entwicklung touristischer Angebote.<br />
Die Kooperationen mit (über-)regionalen und internationalen Partnern können neue Finanzierungsmöglichkeiten<br />
auftun: Es können Fördergelder für grenzübergreifende Projekte beantragt<br />
werden und auch der Bezug privater Mittel wird durch die effiziente und innovative Zusammenarbeit<br />
und die große Strahlkraft der Dachmarke erleichtert.<br />
Die Vernetzung der Klöster – Ziele und Arbeitsergebnisse<br />
Die Verknüpfung der Klöster findet auf inhaltlicher, organisatorischer und kommunikativer Ebene<br />
statt und verfolgt übergeordnete Ziele in den Bereichen Kulturtourismus, Bildung, Wirtschaft, Regionalpolitik<br />
und Denkmalpflege:<br />
1. Erzeugung regions- und grenzübergreifender (kultur-)touristischer Aktivitäten,<br />
2. Leistung eines Beitrags zur (interkulturellen) Kommunikation,<br />
3. Erzeugung wirtschaftlicher Impulse in der Netzwerkregion,<br />
4. Wiederbelegung und Erhalt von Kulturgut und regionaler Kulturgeschichte,<br />
5. Stärkung regionaler Akteure in kulturtouristischen und -historischen Bereichen.<br />
1. Die Förderung des Kulturtourismus hat, wie oben erläutert, in vielerlei Hinsicht Potenzial. Die<br />
touristischen Strukturen zu öffnen und Grenzen – seien es Landkreis, Landes-, Branchenoder<br />
Themengrenzen – zu überwinden, um neue Angebote zu schaffen und die beteiligten<br />
Akteure wettbewerbsfähig zu machen, ist eine schwierige und gleichsam notwendige und<br />
vielversprechende Aufgabe. Die erfolgreiche Umsetzung ist vom Willen und langen Atem<br />
aller Akteure abhängig.<br />
33
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
2. Die Kommunikation innerhalb von <strong>Netzwerke</strong>n ist ein wesentliches Element, da von ihr<br />
maßgeblich die Funktionstüchtigkeit und Nachhaltigkeit abhängt. Die Herausforderung <strong>im</strong><br />
Deutsch-Polnischen Klosternetzwerk ist die bilinguale Verständigung zwischen deutschen<br />
und polnischen Netzwerkpartnern und die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen<br />
den Kulturinstitutionen und Vertretern der (Tourismus-)Wirtschaft.<br />
3. Wirtschaftliche Impulse werden durch Innovationsförderung und Qualitätsverbesserung gesetzt.<br />
Der Austausch <strong>im</strong> Netzwerk sorgt nicht nur für die Verbesserung der Strukturen sondern<br />
auch für innovative Ideen und die Möglichkeit der gemeinsamen Angebotsgestaltung<br />
und -vermarktung.<br />
4. Die Unterstützung der Netzwerkpartner fördert die inhaltliche Arbeit und das Netzwerk kann<br />
neue Möglichkeiten der Bearbeitung und Kommunikation von Geschichte und regionaler<br />
Identität bieten. Der Erhalt und die Wiederbelebung regionaler Kulturgeschichte können sich<br />
in der Museums- und Archivarbeit der Einrichtungen, in identitätsstiftenden Angeboten für<br />
Besucher und in wissenschaftlichen Ausstellungen, Kongressen und Publikationen widerspiegeln.<br />
Durch Qualitätssteigerung und effektive Nutzung der Ressourcen können darüber<br />
hinaus neue Finanzierungsmöglichkeiten aufgetan werden, um Kulturgut in einer finanzschwachen<br />
Region zu bewahren.<br />
5. Kultureinrichtungen müssen meist mit sehr knappen finanziellen und personellen Ressourcen<br />
arbeiten; ihnen fehlen Fachpersonal und Wissen. Das Netzwerk ermöglicht, die fehlenden<br />
Ressourcen auszugleichen, indem Aufgaben gemeinsam an externe Dienstleister abgegeben<br />
werden und Experten als Verbund finanziert werden können.<br />
Die gesetzten Ziele wurden bisher durch folgende Aktivitäten angegangen:<br />
Netzwerk und Strukturen<br />
Die spezifische Qualität des Klosternetzwerks besteht in der freiwilligen aber verbindlichen Zusammenarbeit,<br />
in deren Rahmen die Netzwerkpartner bei gleichzeitig gegenseitiger Kontrolle<br />
rechtlich und wirtschaftlich eigenständige Akteure bleiben. Die Schaffung funktionsfähiger und effizienter<br />
Netzwerkstrukturen ist Voraussetzung für die Arbeit <strong>im</strong> Netzwerk. Die Organisationsform<br />
hängt von unterschiedlichen Faktoren ab, u. a. sind das die Rechts- und Organisationsformen der<br />
Netzwerkpartner und ihre finanzielle und personelle Aufstellung, die Rechtslage an den Standorten,<br />
die aktuellen und zukünftigen Finanzierungsquellen und die Verfügbarkeit von Fachpersonal<br />
und externen Dienstleistern.<br />
Kooperationsvereinbarung: Die Kooperationsvereinbarung hält die Ziele und Aufgaben des<br />
Netzwerks ähnlich einer Satzung fest und ist das verbindliche Dokument der Teilnahme, solange<br />
keine gemeinsame Rechtsform existiert.<br />
Netzwerkmanagement: Das Netzwerkmanagement ist zentraler Dienstleister der Netzwerkpartner<br />
und Knotenpunkt aller Aktivitäten <strong>im</strong> Netzwerk. Es ist gleichermaßen für strategische<br />
Fragen, die operative Umsetzung und die Vermittlung zwischen Klöstern und Sponsoren zuständig.<br />
Netzwerktreffen: Die zwe<strong>im</strong>al jährlich stattfindenden Netzwerktreffen sind das zentrale Organ<br />
und dienen dem Kennenlernen der Partner, dem Wissensaustausch, der Weiterbildung, der<br />
Abst<strong>im</strong>mung der Ziele und nächsten Schritte und der Abnahme und Bewertung der Leistungen<br />
des Netzwerkmanagements.<br />
34
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Markt- und Besucherforschung<br />
Machbarkeitsstudie: Als Arbeitsgrundlage wurde vor der Initiierung des Netzwerks eine<br />
Standort- und Potenzialanalyse durchgeführt, deren Ergebnisse die Basis für die Gründung<br />
des Netzwerks und die Erarbeitung und Festlegung der Zielsetzungen, Strategie und Arbeitsschritte<br />
war.<br />
Besucherforschung: Die Erhebung von Besucherzahlen und weiteren Informationen durch<br />
die Einbindung in das Programm der kontinuierlichen Marktbeobachtung des Ostdeutschen<br />
Sparkassenverbands in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen<br />
Institut für Fremdenverkehr e. V. wird angestrebt.<br />
Austausch und Fortbildung<br />
Netzwerktreffen: Im Rahmen der zweisprachigen Tagesveranstaltungen wird neben dem<br />
Wissensaustausch bei Bedarf ein Weiterbildungsangebot zu nachgefragten Themen organisiert.<br />
Bisher wurden besonders die Themen Netzwerk, Social Media und Organisationsformen<br />
behandelt.<br />
Symposium: Im Herbst 2012 fand <strong>im</strong> Dominikanerkloster Prenzlau das „1. Symposium <strong>im</strong><br />
KLOSTERLAND“ statt, infolgedessen die vorliegende Broschüre entstand. Namhafte Experten<br />
und Praktiker berichteten von ihren Forschungserkenntnissen und Praxiserfahrungen zum<br />
Thema „Chancen kulturtouristischer <strong>Netzwerke</strong> in strukturschwachen Regionen“.<br />
Marketingmaßnahmen<br />
Durch die Bündelung und Qualitätssteigerung der Informationen, einer benutzerfreundlichen<br />
Aufbereitung und der Erarbeitung neuer und gemeinsamer Angebote kann die Reisedestination<br />
KLOSTERLAND eine größere Zielgruppe erfolgreicher ansprechen und Besuchererwartungen<br />
schüren und erfüllen. Die Erhöhung der Besucherzahlen generiert darüber hinaus einerseits höhere<br />
Eigeneinnahmen, andererseits sind Besucherzahlen eine Existenzberechtigung, die auch<br />
Voraussetzung für finanzielle öffentliche und private Mittel sind. Ein Anstieg der Besucherzahlen<br />
führt auf allen Ebenen zu positiven Effekten, weshalb Marketing keine Nebensache, sondern ein<br />
wesentlicher Bestandteil der Arbeit des Klosternetzwerks ist:<br />
Dachmarke: Die Etablierung und Pflege der Dachmarke KLOSTERLAND ist die Basis aller<br />
Kommunikationsmaßnahmen und schafft einen hohen Wiedererkennungswert. Unter der<br />
Dachmarke vereinen sich alle Klöster mit ihren individuellen Marken.<br />
Homepage: Die gemeinsame Internetpräsenz www.klosterland.de informiert aktuell, umfassend<br />
und einheitlich über alle Netzwerkpartner und Aktivitäten der Dachmarke. Die Seite wird<br />
stetig weiterentwickelt und zukünftig viele weitere Funktionen wie u. a. einen Veranstaltungskalender<br />
bieten.<br />
Messen und Kongresse: Die Präsentationen des Netzwerks auf regionalen und überregionalen<br />
Messen und Kongressen dient als Zielgruppenansprache und geht aufgrund der Pressepräsenz<br />
meist mit Öffentlichkeitsarbeit einher.<br />
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Das Netzwerkmanagement betreibt Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />
und sorgt für die Präsenz in der regionalen und überregionalen Presse, n<strong>im</strong>mt<br />
an Wettbewerben und Ausschreibungen teil und stellt die Dachmarke in touristischen und<br />
wissenschaftlichen Publikationen vor.<br />
35
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Printmedien: Die Herausgabe von gemeinsamen Printmedien wie Flyer, Broschüren, Karten<br />
u. v. m. sorgt für die klassische Zielgruppenansprache vor Ort und <strong>im</strong> Einzugsgebiet.<br />
Social Media: Durch Aktivitäten in den sozialen Medien wie Facebook, Twitter, Flickr und Xing<br />
werden neue Zielgruppen angesprochen. Außerdem bieten sie weitere preisgünstige Kommunikationswege.<br />
Veranstaltungen: Die Durchführung und Teilnahme an Veranstaltungen für (Fach-)Publikum,<br />
Besucher und Presse sind wesentlicher Bestandteil der Kommunikationsmaßnahmen.<br />
Wanderausstellung: Die Ausstellung zu den Klöstern des Netzwerks besteht aus zweisprachigen<br />
Stelltafeln. Als wichtiges Instrument der Öffentlichkeitsarbeit wandert sie durch die<br />
Partnereinrichtungen und andere Institutionen mit dem Ziel, einen Klosterbesuch anzuregen.<br />
Finanzierung<br />
Wie <strong>im</strong>mer <strong>im</strong> Kulturbetrieb ist die Finanzierung der sichtbaren und internen Arbeit eines der<br />
Hauptprobleme. So ist die Mittelbeschaffung auch <strong>im</strong> Klosternetzwerk eine zentrale Aufgabe und<br />
ihr Erfolg wird über die weitere Existenz des Netzwerks entscheiden.<br />
Sponsoring: Das Netzwerkmanagement betreut die Sponsoren durch Berichte, Einladungen,<br />
die Erbringung der vereinbarten Kommunikationsmaßnahmen und die Teilnahme an Lenkungsausschüssen<br />
zu Jahresbeginn. Außerdem betreibt das Netzwerkmanagement Akquise<br />
und bemüht sich um die Bindung der bisherigen Sponsoren.<br />
Spenden: Organisation von monetären und Sachspenden.<br />
Fördermittel: Das Netzwerkmanagement prüft und informiert über die Möglichkeiten der Beziehung<br />
von Fördermitteln und koordiniert und/oder beauftragt die Antragstellung.<br />
Eigenmittel und -einnahmen: Es werden Konzepte für die Einbindung von Eigeneinnahmen<br />
der Netzwerkpartner erarbeitet und Ideen zur Erzielung von Einnahmen über das Netzwerk<br />
(wie z. B. Produkte und touristische Angebote) entworfen.<br />
Ausblick und Zukunft<br />
Der Rückblick zeigt, dass in verhältnismäßig kurzer Zeit viel erreicht wurde und nicht nur die<br />
aktuellen Netzwerkpartner, sondern auch viele weitere Einrichtungen und Akteure das Potenzial<br />
des Klosternetzwerks erkannt haben und an der Fortführung und weiteren Umsetzung beteiligt<br />
sein möchten. Die EU-Förderpraxis hat jedoch gezeigt, dass der Aufbau nachhaltiger Strukturen<br />
meist länger als drei Jahre dauert und viele Projekte nach einer dreijährigen Förderung wieder von<br />
der Bildfläche verschwinden. Das Klosternetzwerk befindet sich in einer ähnlichen Situation, hat<br />
diese jedoch von Beginn an mitgedacht und schafft Strukturen und Grundlagen, um das Netzwerk<br />
erfolgreich über die Förderdauer hinweg zu tragen.<br />
Neben der Durchführung und Weiterentwicklung der bisherigen Arbeitsfelder sind drei grundlegende<br />
Ziele für die nahe Zukunft gesetzt: die Schaffung einer Organisationsform, die Erweiterung<br />
des Netzwerks und die Sicherung der Finanzierung.<br />
Ziel ist, eine gemeinsame Organisationsform zu schaffen, die das Netzwerk in Zukunft handlungs-<br />
und überlebensfähig macht. Die verschiedenen Möglichkeiten – vom gemeinnützigen<br />
nationalen Verein über den europäischen Verein bis hin zu einer Genossenschaft oder einem<br />
36
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit – werden zur Zeit geprüft. Neben der Organisationsform<br />
wird ein Angebotsportfolio für einen externen Dienstleister entwickelt, auf das die<br />
Netzwerkpartner zu Sonderkonditionen zugreifen können. Bei diesen Leistungen handelt es sich<br />
um individuell nachgefragte Leistungen, die nicht von allen, sondern nur von einigen Netzwerkpartnern<br />
nachgefragt werden.<br />
Ziel ist, das Netzwerk in der Anzahl seiner Partner und dem Aktivitäts- und Einzugsgebiet zu erweitern<br />
und zu einem regions- und grenzüberschreitenden europäischen Netzwerk zu machen.<br />
Die Erweiterung hat zum einen finanzielle Vorteile: Durch viele kleine Mitgliedsbeiträge können<br />
mit größeren Summen Arbeiten umgesetzt werden, eine überregionale, starke Dachmarke ist attraktiver<br />
für Sponsoren und die europäische D<strong>im</strong>ension ermöglicht eine Förderung durch EU-<br />
Förderprogramme.<br />
Zum anderen kann durch die Aufhebung der räumlichen Beschränkung inhaltlicher Austausch<br />
auf einer weiteren Ebene stattfinden: Die Klöster können sich mit ihren historischen Mutter- und<br />
Tochterklöstern vernetzen: Der Austausch über Kulturarbeit in anderen (Bundes-)Ländern eröffnet<br />
neue Perspektiven.<br />
Nicht zuletzt hat die Erweiterung für die aktuellen und zukünftigen Partner erhebliche Kommunikationsvorteile,<br />
nicht nur durch die Stärkung der Marke und überregionale Marketingmaßnahmen,<br />
sondern auch weil die Entwicklung zeitgemäßer Kommunikationsmaßnahmen (z. B. Apps, Veranstaltungskalender<br />
mit Ticketfunktion, (digitale) Reiseführer usw.) nur für viele Partner realisierbar<br />
sind.<br />
Dank der Anschubfinanzierung durch den OSV und die sponsernden brandenburgischen Sparkassen<br />
konnte das Netzwerk erfolgreich initiiert, die Grundlagen für eine Zusammenarbeit geschaffen<br />
und Instrumente und Maßnahmen zur Erhöhung des Bekanntheitsgrades umgesetzt werden.<br />
Die Finanzierung eines Netzwerkmanagements als zentrale Koordinationsstelle und Dienstleister<br />
einiger Basisleistungen (z. B. gemeinsame Homepage, Flyer, Pressearbeit) stellt die größte<br />
Herausforderung dar, ist jedoch unumgänglich für den Erfolg eines Netzwerks und kann nicht<br />
ehrenamtlich geleistet werden.<br />
Ziel ist eine langfristig angelegte Mischfinanzierung aus Eigenmitteln der Netzwerkpartner, Sponsoring<br />
und Fördermitteln sowie Eigeneinnahmen der Marke durch Produkte und touristische<br />
Dienstleistungsangebote.<br />
Nun bleibt zu hoffen, dass allen Partnern der lange Atem nicht ausgeht, Entscheidungsträger und<br />
Finanziers die Potenziale erkennen und sich unterstützend einbringen und KLOSTERLAND –<br />
wegbereitend für viele weitere kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> – den Weg zum langfristigen Erfolg<br />
findet. Die Herangehensweise wurde kürzlich <strong>im</strong>merhin vom EU-Projekt HISTCAPE in dem<br />
Maßnahmen und Instrumente zur nachhaltigen Bewirtschaftung historischer Kulturdenkmäler <strong>im</strong><br />
<strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong> untersucht werden, als positiv bewertet und KLOSTERLAND als Best-Practice-<br />
Beispiel aufgenommen. 12 Weitere Bewertungen, Anregungen, Kooperationsanfragen und Sponsoringangebote<br />
werden vom Netzwerkmanagement jederzeit entgegengenommen.<br />
12 Siehe http://www.histcape.eu<br />
37
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Literatur<br />
BLANECK, Andrea (2005): <strong>Netzwerke</strong> und Kooperationen an der deutsch-polnischen Grenze. Untersuchungen<br />
zum wirtschaftlichen Milieu in der Grenzregion an der Oder, Soziologie und Anthropologie,<br />
Kulturwissenschaftliche Perspektiven, Band 2, Münster.<br />
BUNDESAMT FÜR BAUWESEN UND RAUMORDNUNG (Hrsg.) (2001): <strong>Raum</strong>entwicklung und<br />
<strong>Raum</strong>ordnung in Deutschland, Kurzfassung des <strong>Raum</strong>ordnungsberichts 2000, veröffentlicht <strong>im</strong><br />
Internet, URL: http://www.bbsr.bund.de/cln_032/nn_22548/B<br />
BSR/DE/<strong>Raum</strong>entwicklung/<strong>Raum</strong>entwicklungDeutschland/<strong>Raum</strong>ordnungsberichte/ROB2000/RO<br />
B2000Broschuere,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/ROB2000Broschuere.pdf (Stand:<br />
März 2001, Abfrage: 15.02.2013)<br />
BUNDESVERBAND DER GEMEINNÜTZIGEN LANDGESELLSCHAFT (Hrsg.) (2006): Ländliche<br />
Räume in der demographischen Falle?, Landentwicklung Aktuell, 12. Jahrgang, Ausgabe Heft<br />
2006, veröffentlicht <strong>im</strong> Internet, URL: http://www.landgesellschaften.de/RZ-BLG-2006.pdf (Stand:<br />
2006, Abfrage: 15.02.2013)<br />
DEUTSCHER TOURISMUSVERBAND E.V. (Hrsg.) (2006): Städte- und Kulturtourismus in<br />
Deutschland, Grundlagenforschung, Langfassung, veröffentlicht <strong>im</strong> Internet, URL: http://www.<br />
worms.de/downloads/Bereich_7/Staedte_und_Kulturtourismus.pdf (Stand: Juli 2006; Abfrage:<br />
15.02.2013).<br />
FINANZGRUPPE OSTDEUTSCHER SPARKASSENVERBAND (Hrsg.) (2006): Deutsch-Polnisches<br />
Tourismusbarometer, veröffentlicht <strong>im</strong> Internet, URL: http://www.wissen.dsft-berlin.de/medien/MAR/mar_deutsch_polnisches_tourismusbarometer_2006.pdf<br />
(Stand: 23.10.2006, Abfrage:<br />
15.02.2013)<br />
FÖHL, Patrick S./PRÖBSTLE, Yvonne (2011): Kooperationen als Wesenselement des Kulturtourismus,<br />
in: Hausmann, Andrea/Murzik, Laura (Hrsg.): Neue Impulse <strong>im</strong> Kulturtourismus,<br />
S. 111–138, Wiesbaden.<br />
INSTITUT FÜR KULTUR-MARKT-FORSCHUNG (2005): Kulturtourismus in Brandenburg. Besucheranalyse<br />
2005. Auszug: Veranstalterübergreifende Stärken und Schwächen, Eine Untersuchung<br />
<strong>im</strong> Auftrag des brandenburgischen Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur,<br />
Berlin.<br />
MINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT, FORSCHUNG UND KULTUR DES LANDES BRANDEN-<br />
BURG (Hrsg.) (2005): Leitfaden Kulturtourismus in Brandenburg, in Zusammenarbeit mit der Tourismus<br />
Marketing Brandenburg GmbH, Potsdam, veröffentlicht <strong>im</strong> Internet, URL: http://www.mwfk.<br />
brandenburg.de/sixcms/media.php/4055/leitfaden_kulturtourismus.pdf (Stand: Januar 2005; Abfrage:<br />
15.02.2013).<br />
NUISSL, Ekkehard (2010): Netzwerkbildung und Regionalentwicklung. Studienreihe Bildungsund<br />
Wissenschaftsmanagement, Band 12, Münster.<br />
38
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
OSTDEUTSCHER SPARKASSENVERBAND (Hrsg.) (2010): Tourismusbarometer. Jahresbericht<br />
2010, Berlin.<br />
SEGERT, Astrid/ZIERKE, Irene (2005): Regionale Ungleichheiten aus der Perspektive nachhaltiger<br />
Regionalentwicklung. Das Beispiel ländlicher Räume in Deutschland, Brandenburgische Umwelt<br />
Berichte, Schriftenreihe der Universität Potsdam, veröffentlicht <strong>im</strong> Internet, URL: opus.kobv.<br />
de/ubp/volltexte/2005/591/pdf/BUB16_2Aufl.pdf (Stand: März 2005, Abfrage: 15.02.2013).<br />
STEINMEIER, Frank-Walter/SCHMIDT, Ulla/PAULA, Heinz/u.a. (2010): Potenziale von Kultur<br />
und Tourismus nutzen – Kulturtourismus gezielt fördern, Deutscher Bundestag, 17. Wahlperiode,<br />
Drucksache 17/1966, veröffentlicht <strong>im</strong> Internet, URL: http://dip21.bundestag.de/dip21/<br />
btd/17/019/1701966.pdf (Stand: 08.06.2010, Abfrage: 15.02.2013)<br />
39
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Regionalentwicklung und Kulturtourismus:<br />
Das ökonomische Potenzial (kultur-)touristischer<br />
<strong>Netzwerke</strong> für strukturschwache Räume <br />
Dr. Karin Drda-Kühn<br />
Einleitung<br />
Netzwerkbildung und -nutzung ist eine der großen Stärken des Kulturbereichs: Ob <strong>Netzwerke</strong><br />
innerhalb der eigenen Branche oder branchenübergreifend, das Agieren in sozialen Organisationsformen,<br />
die Einzelpersonen, Einrichtungen, Unternehmen, Initiativen und Ideen zusammenfassen,<br />
ist eine gängige Ressource unter Kulturschaffenden: Gemeinsame Ausstellungen von<br />
bildenden Künstlern, Autoren- oder Kuratorenvereinigungen sind Beispiele vielfältiger <strong>Netzwerke</strong>.<br />
Sie dienen <strong>im</strong> Wesentlichen zum fachlichen Austausch und der Herstellung von Sichtbarkeit, doch<br />
in den wenigsten Fällen spielen ökonomische Gesichtspunkte eine vorrangige Rolle.<br />
Wie jedoch ökonomische <strong>Netzwerke</strong> genau funktionieren, welchen Anforderungen sie unterliegen,<br />
welche reproduzierbaren Modelle sie hervorbringen, ist kaum methodisch erfasst, nicht zuletzt<br />
deshalb, weil rein quantitativ die Zahl erfolgreicher ökonomischer <strong>Netzwerke</strong> noch zu gering ist,<br />
um eine empirische Auswertung zu erlauben. Den wenigen ökonomisch erfolgreichen <strong>Netzwerke</strong>n<br />
lassen sich kaum eindeutige Geschäftsmodelle zuordnen, die als „Erfolgsfaktoren“ Hilfestellung<br />
bei der nachhaltigen Ausrichtung von Vorhaben geben könnten. Hier wächst der Kulturwirtschaft<br />
in der Erfassung und Identifizierung eine künftige Rolle zu.<br />
Auffallend ist, dass sich ökonomisch ausgerichtete <strong>Netzwerke</strong> vor allem in Krisen herausbilden.<br />
Dies unterscheidet sie nicht von <strong>Netzwerke</strong>n gemeinhin, doch die Lösungen und Ergebnisse<br />
scheinen in kulturwirtschaftlichen <strong>Netzwerke</strong>n schneller und einfacher erreichbar zu sein als in<br />
anderen Branchen. Das hängt einerseits damit zusammen, dass Kulturschaffende gewohnt sind,<br />
in kleinteiligen, hochflexiblen, oft temporären Arbeitsstrukturen zu agieren, und dass sie hoch adaptionsfähig<br />
sind. Ihr kreatives Potenzial befördert zudem Innovationen, die eine Voraussetzung<br />
für die Herausbildung neuer Geschäftsstrukturen und Geschäftsfelder sind.<br />
Kulturwirtschaftliche <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong><br />
Hinzu kommen bestehende Unterschiede zwischen <strong>ländlichen</strong> und urbanen Regionen. In großen<br />
Städten und Ballungsräumen gibt es zwischenzeitlich Erfahrungen mit erfolgreichen kulturwirtschaftlichen<br />
<strong>Netzwerke</strong>n. Teils werden sie durch Politik und Verwaltung angestoßen und gefördert,<br />
teils entstehen sie aus Bedarfen der Kulturschaffenden. Großbritannien, die Niederlande und<br />
skandinavische Länder wie Dänemark, Finnland und Schweden fördern systematisch ökonomische<br />
<strong>Netzwerke</strong> durch Cluster, Foren, Initiativen rund um die Kultur- und Kreativwirtschaft.<br />
40
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Nachholbedarf hat hingegen der ländliche <strong>Raum</strong>. Nur vereinzelt ist eine Entwicklung zu beobachten,<br />
die auf die kulturwirtschaftliche Belebung und Förderung des <strong>ländlichen</strong> Wirtschafts- und<br />
Lebensraums, auf die Generierung von Arbeitsplätzen, auf die Unterstützung von Innovationsprozessen<br />
zielt. In Regionen mit geringer Bevölkerungsdichte, mit dörflichen bzw. kleinstädtischen<br />
Siedlungsstrukturen, ihren spezifischen Lebensweisen, mit landwirtschaftlicher Prägung, wird das<br />
vorhandene kulturwirtschaftliche Potenzial noch kaum genutzt. Folgt man jüngeren Studien 1 , so<br />
fehlen derzeit Modelle und Instrumente, die auf die speziellen Voraussetzungen des <strong>ländlichen</strong><br />
<strong>Raum</strong>s ausgerichtet sind. Es zeichnet sich allerdings ab, fest, dass die in Großstädten entwickelten<br />
Methoden und Instrumente aus der Kulturwirtschaft auf den <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong> nicht oder nur<br />
begrenzt übertragbar sind, auch mit Blick auf kulturwirtschaftliche Netzwerkbildungen. Das liegt<br />
zunächst <strong>im</strong> sozialen und ökonomischen Kontext begründet:<br />
Überalterung der Bevölkerung <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong><br />
Wegzug der hoch qualifizierten, ökonomisch attraktiven Bevölkerung („brain drain“)<br />
sinkende Bereitschaft zum Ehrenamt<br />
Gefahr der wirtschaftlichen Verarmung mit einhergehender Reduzierung bestehender Infrastruktur<br />
kulturelle Verarmung, wenn Kultureinrichtungen schließen<br />
Leerstände in gewachsenen Stadt- und Dorfkernen, die Wohn- und Lebensqualität verschlechtern<br />
Mit Blick auf die kulturwirtschaftlichen Voraussetzungen ergeben sich weitere Einschränkungen:<br />
Ein sensibilisiertes Umfeld ist kaum gegeben; die Kulturwirtschaft wird als Wirtschaftsfaktor<br />
(noch) nicht wahrgenommen.<br />
Die Datenlage ist meist rud<strong>im</strong>entär; so gut wie nie werden Daten zur Kulturwirtschaft systematisch<br />
erfasst und ausgewertet.<br />
Qualifizierte Akteur/innen fehlen, welche die Kulturwirtschaft vor Ort fördern und vernetzen<br />
könnten.<br />
Ländliche Räume mit vergleichsweise geringer Bevölkerungsdichte stellen komplexere Anforderungen<br />
an Kommunikationsprozesse und die Logistik als urban verdichtete Zentren.<br />
Schnelle Datenautobahnen wie Breitband oder Zugang zu mobilen Netzen sind teilweise unzureichend<br />
vorhanden.<br />
Orte der kulturellen Kommunikation sind weniger häufig anzutreffen, diese müssen oft über<br />
Veranstaltungen organisiert werden, während in großen Städten solche Orte (Zentren, Cafés,<br />
Quartiere) infrastruktureller Bestandteil sind.<br />
Kulturtourismus als Chance der Regionalentwicklung <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong><br />
Unter Netzwerkaspekten hat der ländliche <strong>Raum</strong> herausragende Stärken 2 , die als solche meist<br />
kaum wahrgenommen werden:<br />
starke und gut organisierte Partner (wie die Landfrauen, Jugendherbergen),<br />
herausragende Stätten des Natur- und Kulturerbes,<br />
1 siehe Drda-Kühn/Wiegand 2009a, Drda-Kühn/Wiegand 2009b.<br />
2 siehe Drda-Kühn/Wiegand 2011; Drda-Kühn/Wiegand 2010.<br />
41
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
traditionelles, hochwertiges (Kunst)Handwerk (Schmuckindustrie <strong>im</strong> Naheland, Keramik <strong>im</strong><br />
Westerwald, Textilien des Brauchtums),<br />
bodenständige Kulinarik (Hofläden, kleine Manufakturen, regionales Brot, alte Obst- und Gemüsesorten),<br />
unverwechselbare volkskundliche Traditionen (Feste und Gebräuche).<br />
Wer sucht, der findet das Besondere, Einzigartige und Authentische <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong> 3 , oft<br />
verknüpft mit regionalen Besonderheiten wie Wein, Wald, Sport, Kulinarik, zudem ein attraktives<br />
Preisgefüge. Jüngste Trend-Erhebungen deutscher Tourismusverbände machen deutlich: Urlaub<br />
in Deutschland ist attraktiv, denn Deutschland ist ein vergleichsweise preisgünstiges Urlaubsland,<br />
besonders <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong>.<br />
Ungebrochen ist zudem der Trend: „Urlaub zuhause“, der aber nicht zwangsläufig mit „Balkonien“<br />
gleichzusetzen ist, sondern vielmehr auf die entspannte Erkundung der näheren Umgebung abzielt.<br />
So können beispielsweise Reiseziele rund um die Ballungszentren mit kurzen Anreisezeiten<br />
punkten. Als ausgesprochener Trend entpuppt sich zunehmend die Erkundung der kulturellen<br />
Schätze der näheren Umgebung, für die <strong>im</strong> Alltagsleben meist kaum Zeit bleibt. Der beruflichen<br />
Mobilität ist geschuldet, dass sich Wohnsitze häufig verändern können und entsprechend der<br />
Bedarf entsteht, das neue private Umfeld zu erkunden. All das sind attraktive Voraussetzungen für<br />
den Kulturtourismus, in dem <strong>Netzwerke</strong> eine ganz besondere Rolle spielen.<br />
<strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> Kulturtourismus leben von starken, selbstbewussten und leistungsfähigen Partnern<br />
aus Kultur, Tourismus und Wirtschaft. Dabei sind Kultureinrichtungen und Kulturschaffende unter<br />
Netzwerkgesichtspunkten als Partner hoch attraktiv und bringen wichtige Fähigkeiten in solche<br />
<strong>Netzwerke</strong> ein: hohe Flexibilität, Befähigung zu Ausdauer, Fähigkeit zur spartenübergreifenden<br />
Zusammenarbeit, kreative und innovative Ideen, Ausrichtung auf effiziente Ressourcennutzung,<br />
Bereitschaft zur kreativen Zusammenführung von Ressourcen. Für die Wirtschaft <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong><br />
<strong>Raum</strong> sind kulturell interessierte Touristinnen und Touristen eine attraktive Zielgruppe, liegen deren<br />
Tagesausgaben <strong>im</strong> Schnitt höher als bei Besucher/innen <strong>im</strong> Erholungs- oder Naturtourismus 4 .<br />
Auf dem Weg zum wirtschaftlichen Erfolg –<br />
gute Beispiele <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong><br />
Nachhaltig erfolgreiche Beispiele für kulturwirtschaftlich ausgerichtete <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> Tourismus<br />
finden sich in Deutschland nur wenige <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong>: Dem grenzübergreifenden Kulturnetzwerk<br />
„Koppelschleuse Meppen“ gelingt es <strong>im</strong> Emsland mit spannenden kulturtouristischen<br />
Gruppen- und Familienangeboten jährlich rund 20.000 Übernachtungen zu generieren, woran<br />
der „Wirtschaftsfaktor Kultur“ anschaulich wird (www.koppelschleuse-meppen.de). Es kann als<br />
„Vorzeigebeispiel“ gelten, auch wenn dahinter keine strategische Entwicklung steht, sondern die<br />
langjährige und kontinuierlich betriebene Netzwerkarbeit einer qualifizierten Geschäftsführung.<br />
3 beispielsweise die Eifel als „Kr<strong>im</strong>i-Landschaft“ http://www.eifel.info/kr<strong>im</strong>iland-eifel.htm und Rheinhessen<br />
als He<strong>im</strong>at der „Heidenturmkirchen“ www.heidenturmkirchen.de<br />
4 rund 30,– Euro/Tag <strong>im</strong> Kulturtourismus <strong>im</strong> Vergleich zu 25,– Euro <strong>im</strong> Erholungstourismus (mit Übernachtung<br />
bei 88,– /80,– Euro)<br />
42
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Der Politik kommt in erfolgreichen kulturtouristischen Beispielen eine aktive und fördernde Rolle<br />
zu. Ein Beispiel dafür ist das „<strong>Kulturtouristische</strong> Netzwerk Altenkirchen“ <strong>im</strong> Westerwald, in dem<br />
sich Partner aus Kultur, Tourismus, regionaler Wirtschaft, Verwaltung und tourismusaffinen Dienstleistern<br />
zusammen gefunden haben, um mit Hilfe neuer Informationstechnologien speziell kulturtouristische<br />
Angebote zu konzipieren und zu vermarkten. 5 Organisiert wird das Engagement über<br />
die Plattform www.derwunderwald.de. Diese<br />
lässt kulturelle Schätze sichtbar werden,<br />
hält für Tourist/innen integrierte Angebote bereit,<br />
ermöglicht die individualisierte Zusammenstellung von Produkten und Dienstleistungen,<br />
bietet ein Ticketing an,<br />
vernetzt via Facebook und Twitter die „Kund/innen“ untereinander,<br />
schafft Schnittstellen zu professionellen Anbietern und<br />
entwickelt kontinuierlich über Web 2.0 eine Kunden-Gemeinschaft.<br />
Dahinter steht eine mutige strategische Entscheidung der Verbandsgemeinde Altenkirchen, unterstützt<br />
durch die Mult<strong>im</strong>ediainitiative des Landes Rheinland-Pfalz. Getragen wird das Netzwerk von<br />
aktiven lokalen Akteur/innen, die ihr kulturtouristisches Potenzial ökonomisch erschließen wollen.<br />
Rund um die rheinhessischen „Heidenturmkirchen“ entsteht derzeit ein kulturtouristisches Netzwerk,<br />
das in der Trägerschaft der Evangelischen Kirche Hessen-Nassau und mit Unterstützung<br />
des Landes Rheinland-Pfalz sowie des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung etabliert<br />
wird. Dahinter steht zunächst ein partnerschaftliches Finanzierungsmodell, zudem lokales Engagement<br />
aus Tourismus, Weinwirtschaft, lokalen Dienstleistern, Gastronomie/Hotellerie und Initiativen<br />
aus Kultur und Sport: www.heidenturmkirchen.de. Ausgangspunkt war die Sanierung von<br />
zwei der insgesamt vier rheinhessischen „Heidenturmkirchen“ 6 . Das Netzwerk schafft Bewusstsein<br />
für den Wert der Kirchen als hochwertiges Kulturerbe der Region, bindet diese sukzessive in<br />
bestehende Kultur- und Tourismusangebote ein und profitiert derzeit vom Trendthema „Spiritueller<br />
Tourismus“, da die Kirchen am Jakobspilgerweg liegen.<br />
Bei KIRA 7 , der <strong>Kulturtouristische</strong>n Initiative regionaler Angebote (www.kiratour.de), geht es ebenfalls<br />
um ein kulturtouristisches Netzwerk. Kultur und Arbeit e. V. entwickelt es gemeinsam mit Akteurinnen<br />
und Akteuren aus Kultur, Tourismus und Wirtschaft für die Region Heilbronn-Franken.<br />
KIRA vernetzt Kulturtourismus und Soziale <strong>Netzwerke</strong> (www.facebook.com/kiratour) exemplarisch<br />
für den Norden Baden-Württembergs mit dem Ziel der Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit.<br />
Die Entwicklung eines tragfähigen Geschäftsmodells ist hier obligatorisch vorgesehen.<br />
5 siehe Drda-Kühn/Marschall 2011.<br />
6 Es handelt sich dabei um romanische Kirchen mit einer einzigartigen Kuppelform, die europaweit einmalig<br />
ist. Dieses Alleinstellungsmerkmal kommt der touristischen Inwertsetzung entgegen.<br />
7 KIRA wurde <strong>im</strong> Juni 2012 von der Initiative „Tourismusperspektiven in <strong>ländlichen</strong> Räumen“ <strong>im</strong> Auftrag des<br />
Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie und des Deutschen ReiseVerbands e. V. (DRV) als<br />
„Vorreiter“-Projekt ausgezeichnet. „Vorreiter“ sind „erfolgreiche Unternehmens- und Kooperationsstrategien,<br />
die in nachfragestarke, bisweilen innovative Produkte und Prozesse, eine clevere Vermarktung oder<br />
stabile lokale/regionale Wirtschaftskreisläufe münden“, so die Definition.<br />
43
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Erfolgsfaktoren: Milieu, Mehrwert und Moderation<br />
Die Erfahrungen der beschriebenen <strong>Netzwerke</strong> zeigen: <strong>Netzwerke</strong> „gedeihen“ am besten in einem<br />
Milieu, das Offenheit und Vertrauen zulässt, das seinen Mitgliedern eine gleichberechtigte Partizipation<br />
ermöglicht und wenige hierarchische Organisationsstrukturen enthält. Erfolgreiche <strong>Netzwerke</strong><br />
unterstützen schnelle Informationsflüsse nach innen wie nach außen und sind durch Kooperation<br />
wie durch Konkurrenz gleichermaßen geprägt. Konkurrenz wird produktiv eingebunden,<br />
wie es die großen Lebensmittelkonzerne auf Deutschlands „grünen Wiesen“ derzeit vormachen:<br />
Wo ein leistungsstarker Partner Kunden anzieht, profitiert ein zweiter daneben gleichermaßen.<br />
Weitere Erfolgsfaktoren:<br />
Bereitschaft zur ökonomisch ausgerichteten Zusammenarbeit<br />
Ausgewogenheit der Partnerschaft, in der sich alle repräsentiert finden<br />
Entwicklung einer „gemeinsamen Sprache“<br />
Mehrwertorientierung: vom „ich“ → „wir“<br />
Einbindung der öffentlichen Verwaltung<br />
sich Zeit geben für die Entwicklung und Kontinuität anstreben<br />
ein/e professionelle/r <strong>Netzwerke</strong>r/in/Moderator/in, der/die das Netzwerk zusammen hält und<br />
steuert<br />
Faktoren für einen Misserfolg lassen sich daraus ableiten: halbherzige Partizipation, „Kirchturmdenken“<br />
(„ich“ statt „wir“) und mangelnde Disziplin in der Netzwerkarbeit gefährden einen gemeinsamen<br />
Erfolg. Und an die Regionalentwickler in den Verwaltungen gerichtet: Erfolgreiche<br />
Netzwerkarbeit ist nicht <strong>im</strong> Ehrenamt zu leisten, dazu bedarf es vielmehr strategischen Denkens,<br />
hoher Kommunikationsfähigkeit und eines professionellen Projektmanagement – all das hat seinen<br />
Preis.<br />
Finanzierung für kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong>:<br />
tragfähige Geschäftsmodelle gesucht<br />
Kulturelle und inzwischen auch spezifisch kulturwirtschaftlich ausgerichtete Vorhaben werden<br />
jedes Jahr bundesweit in Hülle und Fülle auf den organisatorischen Weg gebracht, meist mit<br />
Unterstützung der öffentlichen Hand oder von Stiftungen, gemeinnützigen Organisationen u. ä.<br />
Sie tragen allesamt zur kulturellen Vielfalt bei, sichern vielen Menschen den Broterwerb, geben<br />
Anstöße und Anregungen und sind Teil unserer Lebensqualität. Doch sind sie unter wirtschaftlichen<br />
Gesichtspunkten meist eher gut gemeint als gut, denn ein ernsthaftes kulturwirtschaftliches<br />
Vorhaben wird <strong>im</strong>mer eine nachhaltige wirtschaftliche Absicherung von Beginn an mitbedenken.<br />
Der Anspruch an ein ökonomisch ausgerichtetes Netzwerk muss sein, dass es nach einer Anschubfinanzierung<br />
tatsächlich oder weitgehend auf eigenen wirtschaftlichen Füßen stehen kann,<br />
dass es ein tragfähiges Geschäftsmodell mitentwickelt. Die Erfahrungen bestehender <strong>Netzwerke</strong><br />
zeigen allerdings, dass es das Geschäftsmodell nicht gibt, sondern dass erfolgreiche <strong>Netzwerke</strong><br />
unter sehr individuellen Bedingungen entstehen und geführt werden. Die genannten Beispiele<br />
machen die Vielfalt der Geschäftsmodelle hinter erfolgreichen <strong>Netzwerke</strong>n deutlich:<br />
44
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Grundfinanzierung eines agilen und erfahrenen Geschäftsführers durch die lokale Verwaltung<br />
(Koppelschleuse Meppen),<br />
Anbindung an bestehende Organisationsstrukturen (Heidenturmkirchen),<br />
Finanzierung durch Buchungseinnahmen (dies wird in KIRA erprobt) oder<br />
organisatorischer Zusammenschluss mit wirtschaftlichen Interessensvertretern (Altenkirchen).<br />
Was bedeutet das nun für laufende oder künftige Vorhaben? Es bedeutet vor allem die Einbindung<br />
von Kompetenzen außerhalb der Kultur selbst: In ökonomisch ausgerichtete <strong>Netzwerke</strong>ntwicklungen<br />
gehören Menschen mit entsprechender Qualifikation. Das mag banal klingen, doch der<br />
bundesweite Projektalltag <strong>im</strong> Kulturbereich ist weit davon entfernt, Kulturschaffende gemeinsam<br />
mit Ökonomen, Regionalplanern oder Touristikern zu verpflichten, auf entsprechende Mehrfachqualifikationen<br />
Wert zu legen oder dieselben kontinuierlich durch Weiterbildung sicher zu stellen.<br />
Auch die entsprechenden Ausbildungsgänge <strong>im</strong> Kulturmanagement oder <strong>im</strong> Tourismus zeigen<br />
noch nicht wirklich den Willen zur Vermittlung von interdisziplinären Kompetenzen, möglicherweise<br />
deshalb, weil das Ausbildungspersonal selbst (noch) nicht über entsprechende Erfahrungen<br />
in diesem vergleichsweise jungen Arbeitsfeld der Netzwerkorganisation verfügt. Doch wenn sich<br />
eines als Erfolgsfaktor für ökonomische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong> bereits abzeichnet, dann<br />
ist es sicher ein Ansatz, der Kompetenzen bündelt und gleichberechtigt agieren lässt.<br />
Literatur<br />
DRDA-KÜHN, Karin/MARSCHALL, Alexander (2011): Mut zum Exper<strong>im</strong>ent – soziale <strong>Netzwerke</strong><br />
als Chance für den Kulturtourismus <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong>. In: HOLST, Christian/JANNER, Karin/<br />
KOPP, Axel: Social Media <strong>im</strong> Kulturmanagement, S. 303–311, Frechen.<br />
DRDA-KÜHN, Karin/WIEGAND, Dietmar (2009a): Förderung von Unternehmen der Kulturwirtschaft<br />
und des Handels in der Raiffeisenregion, Studie beauftragt von der Gemeinde Altenkirchen<br />
(Westerwald), gefördert vom Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau des<br />
Landes Rheinland-Pfalz, Altenkirchen.<br />
DRDA-KÜHN, Karin/WIEGAND, Dietmar (2009b): Identifizierung des kulturell-touristischen Potenzials<br />
der Verbandsgemeinde Altenkirchen, Studie beauftragt von der Gemeinde Altenkirchen<br />
(Westerwald), gefördert vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur des Landes<br />
Rheinland-Pfalz, Altenkirchen.<br />
DRDA-KÜHN, Karin/WIEGAND, Dietmar (2010): From Culture to Cultural Economic Power – Rural<br />
regional development in small German communities. In: Creative Industries Journal, volume 3,<br />
no 1, S. 89–96, Birmingham.<br />
DRDA-KÜHN, Karin/WIEGAND, Dietmar (2011): <strong>Netzwerke</strong> und Kooperationen – das kulturtouristische<br />
Potential <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong>. In: HAUSMANN, Andrea/MURZIK, Laura (Hrsg.): Neue<br />
Impulse <strong>im</strong> Kulturtourismus, Wiesbaden, S. 139–154.<br />
45
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
CROSSART Route-Moderne-Kunst:<br />
Eine Museumskooperation als<br />
kulturtouristisches Laboratorium<br />
Matthias Burzinski<br />
Kooperation, Netzwerk, Cluster, Arbeitsgemeinschaft, Teamwork: Sind Sie auch schon Mitglied?<br />
Gemessen an der inflationären Verwendung dieser Begriffe innerhalb des Kulturtourismus in den<br />
letzten Jahren dürfte es kaum noch Institutionen geben, die nicht Teil einer wie auch <strong>im</strong>mer gearteten<br />
Gemeinschaft sind. Die Ziele sind klar: Mehr Aufmerksamkeit, mehr Besucher, mehr Umsatz,<br />
mehr von allem – bei gleichzeitiger Einsparung von Ressourcen bei jedem einzelnen Partner. Wie<br />
aber kann das tatsächlich gelingen?<br />
Gibt es so etwas wie einen Fahrplan zur gelungenen Kooperation?<br />
Die Antwort lautet: Ja, aber … Nur wenn der Fahrplan so flexibel gestaltet ist, dass er wie ein gutes<br />
Navigationssystem auf Staus und Sperrungen reagieren kann, hilft er wirklich zum Ziel.<br />
Der folgende Fahrplan dient der groben Orientierung auf dem langen Weg zum Kooperationsziel,<br />
das anschließende Beispiel CROSSART Route-Moderne-Kunst zeigt an einem konkreten Beispiel,<br />
das Wege sich verzweigen oder neu entdeckt werden müssen. Mithin ist eine Kooperation<br />
kein formaler Akt, sondern ein kreativer Prozess, innerhalb dessen sich die „Talente“ und Potenziale<br />
der Partner gegenseitig befruchten sollten.<br />
Die Kooperation CROSSART, ein Verbund unterschiedlich großer Museen mit dem Sammlungsschwerpunkt<br />
Moderne Kunst in der grenzüberschreitenden Region Niederrhein/Niederlande, war<br />
daher insgesamt eine Art kulturtouristisches Laboratorium der projekt2508 Gruppe, um die vielfältigen<br />
Möglichkeiten einer kulturtouristischen Kooperation auszuloten. Davon haben auch über das<br />
Lebensende der Kooperation hinaus zahlreiche Folgeprojekte profitiert.<br />
Von der Zielgruppe zum richtigen Kooperationsformat<br />
Die Kulturreise oder der kulturell geprägte Ausflug sind ein starker Ausdruck der persönlichen Lebensweise.<br />
Im Interesse für eine best<strong>im</strong>mte Form der Kultur und in eigenen kulturellen Aktivitäten<br />
offenbaren Menschen ihre persönliche Identität. Kultur ist wesentlicher Bestandteil der individualisierten<br />
Lebensführung und damit ein prägender Faktor für die Lebensqualität.<br />
Umso wichtiger ist es, die unterschiedlichen Formen kulturellen Interesses differenzieren zu können<br />
und in der Vermarktung zu berücksichtigen. Die früher oft verwendete Differenzierung städteund<br />
kulturtouristisch motivierter Zielgruppen zwischen special interest und general interest reicht,<br />
bedingt durch die starke Individualisierung der Gesellschaft, nicht mehr für eine praktikable Marktbearbeitung<br />
aus. Die Erfahrungen aus zahlreichen städte- und kulturtouristischen Projekten zei-<br />
46
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
gen: Sowohl die Bedeutung des nachgefragten Themas (z. B. Kunst, Architektur, Museen, Spiritualität,<br />
Klöster, Römer, Jugendstil usw.) für die Reiseentscheidung als auch die persönliche Suche<br />
nach Identität definieren die Motivation eines Städte- und Kulturreisenden. Diese Differenzierung<br />
misst dem Inhalt einer Reise, also dem tatsächlichen Reiseanlass, eine entscheidende Bedeutung<br />
bei. Nur daraus können nachfragegerechte Marketing- und Produktentwicklungs-Maßnahmen sowie<br />
ein idealer Ort der Kundenansprache resultieren.<br />
Ausgehend davon lassen sich in Anlehnung an das Modell von McKercher/Du Cros 1 und angepasst<br />
an den europäischen Markt sechs Zielgruppentypen <strong>im</strong> Städte- und Kulturtourismus<br />
unterscheiden.<br />
Abb. 1: Zielgruppentypologie für den Kulturtourismus der projekt2508 Gruppe. Eigene Darstellung.<br />
Die „Kenner/innen“<br />
Die Kultur oder ein spezifischer Reiseinhalt (z. B. Klöster oder Barock) haben für Kenner/innen eine<br />
hohe Bedeutung für die Reiseentscheidung. Sie erwarten daher persönliche Bestätigung und Konsistenz<br />
zu ihren Interessen und ihrem Lebensstil. Typisches Beispiel sind etwa Liebhaber eines<br />
best<strong>im</strong>mten Malers oder Komponisten. Sie müssen mit ausreichender Tiefe informiert und aktiviert<br />
werden. Die Kenner/innen suchen nach thematisch gebündelten Produkten (z. B. alles über<br />
diesen Maler). Sie wollen daher auf „Augenhöhe“, mit entsprechender Tiefe und stark informierend<br />
angesprochen werden. Statt kurzfristiger, aktivierender Maßnahmen stehen also intensive<br />
Direkt- und Dialogmarketing-Maßnahmen, Social Media sowie ein langfristiger, themenorientierter<br />
Markenaufbau <strong>im</strong> Vordergrund. Sie sind ideale Botschafter und „Mundpropagandisten“.<br />
1 Vgl. McKERCHER/DU CROS 2002.<br />
47
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Schulklassen („Pflichtbesucher“)<br />
Auch für Schulklassen haben das Thema und der Reiseinhalt eine hohe Bedeutung für die Reiseentscheidung.<br />
Allerdings treffen in diesem Fall nicht die Schulklasse oder die Schüler selbst die<br />
Entscheidung, sondern stellvertretend der/die Lehrer/in. Sie haben jedoch einen ähnlich hohen<br />
Bedarf nach tiefergehenden Informationen wie Kenner/innen.<br />
Die „Sammler/innen“ (general interest)<br />
Für sie haben Kultur oder Sehenswürdigkeiten zwar eine hohe Bedeutung für die Reiseentscheidung,<br />
aber sie suchen nicht unbedingt nach dem einen spezifischen Thema, das für ihre Persönlichkeit<br />
wichtig ist. Sie „sammeln“ v. a. kulturelle oder urbane „Highlights“ wie etwa Festivals/<br />
Events, große Ausstellungen oder herausragende Sehenswürdigkeiten. Sie sind die größte Gruppe<br />
der Kulturtouristen und müssen wegen des intensiven Wettbewerbs gezielt aktiviert werden.<br />
Sie suchen nach komplementär gebündelten Produkten (z.B. Ausstellung plus Hotel plus Restaurantbesuch).<br />
Vielschichtige Kampagnen sind nötig, um die Sammler/innen zu aktivieren. Der<br />
indirekte Vertrieb über Mittler, Medien und Partner gewinnt an Bedeutung. Das Direktmarketing ist<br />
ebenso wichtig, aber z. B. eher kampagnenbezogen. Hinzu kommt ein gut strukturiertes Marketing<br />
<strong>im</strong> Internet (Monitoring und Auswertung vorhandener „Big Data“). Trotz der Breite der Kommunikation<br />
sollte eben gerade nicht das „Gießkannenprinzip“ angewendet werden.<br />
Die „Entdecker/innen“<br />
Die Entdecker/innen sind eine neue und junge Zielgruppe. Die Kultur oder ein spezifisches Thema<br />
hat für sie keine besonders große Bedeutung für die Reisentscheidung, aber vor Ort suchen sie<br />
als Reisende besonders intensiv nach kulturellen und anderen Angeboten, die ihrem Lebensstil<br />
und ihrem kulturell begründeten Selbstverständnis entsprechen. Typisch für die Entdecker ist das<br />
mehr oder weniger ungezielte Durchstreifen oder Flanieren durch attraktive Stadt- und Kreativquartiere<br />
mit einem hohen Anteil kultureller Angebote wie etwa Galerien, Ateliers, stilvolle Cafés,<br />
Kunsthandwerk, Designerläden, regionale Produkte usw. Dementsprechend lassen sie sich auch<br />
gern von Freunden/Bekannten („Insidern“) herumführen.<br />
Entdecker/innen sollten ebenfalls vorrangig <strong>im</strong> Dialog und direkt angesprochen werden – weniger<br />
jedoch über ein Thema, sondern mehr noch über ein Destinations<strong>im</strong>age oder Lebensgefühl, das<br />
allerdings die Identität der jungen Entdecker treffen muss. Ihre permanente Suche nach Insidertipps<br />
macht sie zu einer Zielgruppe, die besonders gut über soziale Medien wie z. B. Facebook<br />
zu erreichen sind. Die Glaubwürdigkeit der Kommunikation ist besonders wichtig, weshalb auch<br />
Test<strong>im</strong>onials oder „Botschafter“ eingesetzt werden können, die bei den Entdeckern hohe Glaubwürdigkeit<br />
besitzen. Sie buchen zwar auch oft zu Hause, aber die kulturellen „Inhalte“ entdecken<br />
sie erst vor Ort, am point of interest, wo sie auf die Angebote aufmerksam zu machen sind.<br />
Die „Stolperer/innen“<br />
Kultur oder spezifische Themen spielen für sie keine reiseentscheidende Rolle und sie suchen darin<br />
auch keine besondere Selbstbestätigung, aber sie sind gerne bereit Kultur „am Wegesrand mitzunehmen“,<br />
weil es für Abwechslung und Kurzweil sorgt. Typische Beispiele sind Wanderer oder<br />
48
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Radfahrer, aber auch Familien, die unterwegs kulturelle Angebote wahrnehmen. Sie müssen v. a.<br />
durch Beschilderungen und Informationssysteme vor Ort auf das Angebot aufmerksam gemacht<br />
werden. Trotz ihres „Nebeninteresses“ können sie dem Volumen nach eine große Nachfragegruppe<br />
stellen, besonders an hoch frequentierten Rad- und Wanderwegen.<br />
Die „Begleitpersonen“<br />
Sie sind für das kultur- oder städtetouristische Marketing <strong>im</strong> Prinzip irrelevant, da sie eine der anderen<br />
Gruppen, v. a. Sammler/innen oder Kenner/innen, auf ihren Kulturreisen begleiten. Dennoch<br />
ist es wichtig, ihnen vor Ort den opt<strong>im</strong>alen Aufenthalt zu ermöglichen, da sie dann eine höhere<br />
Ausgabebereitschaft aufweisen.<br />
Wichtigste Erkenntnis dieser idealisierten Differenzierung ist: Kenner/innen können zu einem anderen<br />
Zeitpunkt und in einer anderen Zielsituation zu Sammler/innen oder auch Stolperer/innen<br />
werden. Oder wie McKercher/Du Cros 2 es formuliert haben: „What is cultural tourism? This seemingly<br />
s<strong>im</strong>ple question is actually very difficult to answer because there are almost as many definitions<br />
of cultural tourism as there are cultural tourists.“ Zu erreichen sind Kulturtouristen demnach<br />
nur durch ein auf die Typen angepasstes Marketing, das dem für sie dann aktuell gültigen Reiseanlass<br />
angemessen ist.<br />
Zusätzlich zu dieser grundsätzlichen Ausrichtung des Marketings ist überdies die Differenzierung<br />
zwischen dem Gruppen- und Individualvertrieb von zentraler Bedeutung, die hier bezogen auf die<br />
Zielgruppen jedoch nicht erschöpfend dargestellt werden kann.<br />
Entscheidend für die Kooperationsbildung ist, dass die unterschiedlichen Zielgruppen auch unterschiedliche<br />
Formate der Zusammenarbeit bzw. Partnerschaften erfordern.<br />
Für „Kenner/innen“ ist eine thematisch orientierte Bündelung Pflicht, z. B. in Form eines Zusammenschlusses<br />
aller Klöster einer Region wie <strong>im</strong> KLOSTERLAND oder aller Kunstmu seen<br />
wie bei CROSSART. Denn das Themeninteresse der Kenner soll erschöpfend befriedigt werden.<br />
Erlebnisräume oder Routen sind demnach der richtige Ansatz, können/sollen aber natürlich<br />
zusätzlich durch andere Partner (Übernachtung, Gastronomie usw.) ergänzt werden.<br />
Für „Sammler/innen“ ist es unabdingbar, eine komplementäre und serviceorientierte Bündelung<br />
vorzunehmen, z. B. durch eine hochwertige Kombination aus Museum plus Hotel plus<br />
Gastronomie plus X. Da das Highlight <strong>im</strong> Vordergrund steht, muss dieses Ereignis über die<br />
gesamte Dienstleistungskette hinweg gleichbleibend qualitätsvoll abgerundet werden. Reisen<br />
zu großen Blockbuster-Ausstellungen sind ein typisches Beispiel dafür.<br />
Für „Entdecker/innen“ ist ebenfalls eine eher komplementäre Bündelung vonnöten. Dabei ist<br />
aber vor allem das Lebensgefühl der Entdecker zu berücksichtigen. Typisch sind Zusammenschlüsse<br />
in städtischen Quartieren mit hoher Lebens- und Kulturqualität, in denen sich Galerien,<br />
Cafés, kleine Kultureinrichtungen, kleine Shops mit handwerklich hergestellten Produkten<br />
oder auch Designhotels usw. konzentrieren. Hier ist eine Kooperation und ein Austausch dann<br />
besonders sinnvoll, um das Lebensgefühl auch transportieren zu können.<br />
2 Ebd.<br />
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kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Für „Stolperer/innen“ steht die Kultur nicht <strong>im</strong> Mittelpunkt. Wandern, Radfahren, Ausflüge i. A.<br />
stehen <strong>im</strong> Mittelpunkt, daher kommt es besonders darauf an, entlang von Routen und innerhalb<br />
von Erlebnisräumen komplementär zusammenzuarbeiten, um die kulturellen Angebote<br />
mit zu transportieren.<br />
Selbstverständlich gibt es auch hier Mischformen zwischen diesen idealisierten Formen der Kooperation,<br />
zumal in den seltensten Fällen nur ein best<strong>im</strong>mter Zielgruppentyp alleine angesprochen<br />
wird. Individuelle Lösungen sind demnach auch hier gefragt. Auch in der Tiefe der Kooperation,<br />
die von punktueller Zusammenarbeit über gemeinsame Kampagnen bis hin zu umfassenden Marketingkooperationen<br />
oder sogar zur wertebasierten, langfristig verankerten Kulturmarke reichen<br />
kann.<br />
Häufig stellt eine punktuelle Zusammenarbeit oder ein erstes kleines Projekt den Auslöser dar,<br />
z. B. eine gemeinsame Pauschale zwischen Hotel und Museum o. Ä. Die Erfahrung aus zahlreichen<br />
Kooperationsprojekten zeigt zudem: Je konkreter gleich zu Beginn die Zusammenarbeit<br />
ist, umso pragmatischer gestaltet sich eine möglicherweise sich anschließende tiefer gehende<br />
Kooperation. Der theoretische und administrative „Unterbau“ sollte sich daher zunächst auf das<br />
Wesentliche beschränken: Für tiefer gehende Kooperationen kommt man jedoch nicht umhin<br />
eine Bestandsaufnahme aller möglichen Partner vorzunehmen,<br />
ein strategisches Konzept der „Kooperationsidee“ und Ziele zu definieren,<br />
Zuständigkeiten und Aufgaben klar zu definieren,<br />
die erste (einfache) Organisationsform oder Beauftragung eines externen Projektbüros zu regeln,<br />
eine solide Finanzierung auch langfristig zu denken (es sei denn ein beschränkter Kampagnenzeitraum<br />
ist gewünscht),<br />
Basisarbeiten zu erledigen (Produktanalyse und Kuratieren des Angebots, Marketingkonzept,<br />
Qualitätskriterien, buchbare Produkte).<br />
Nicht selten sind Kooperationen in hohem Maße vom Engagement einzelner „Kümmerer“ abhängig.<br />
Das können Einzelpersonen, einzelne Einrichtungen (z. B. ein Museum), Tourismusorganisationen<br />
oder auch externe Berater sein. Zwar muss die Dynamik dieser Kümmerer <strong>im</strong>mer<br />
genutzt werden, doch gerade wenn eine langfristige, dauerhafte Kooperation geplant ist, darf die<br />
Überlebensfähigkeit nicht von einzelnen Partnern oder Personen abhängig sein, sondern muss<br />
durch eine entsprechende Organisationsform gesichert werden. Das könnten Vereine, GmbHs<br />
oder auch Genossenschaften sein – auch aus fördertechnischen Gründen. Die Kümmerer sind an<br />
entsprechender Position einzubinden, sollten jedoch <strong>im</strong>mer durch andere und neue „Kümmerer“<br />
ersetzt werden können.<br />
Doch Vorsicht: Ein Kümmerer entlastet die anderen Partner nicht von Engagement und Aufgaben.<br />
Das wäre ein Trugschluss. Alle sind jederzeit gefordert, die Kooperation am Leben zu halten.<br />
50
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Das Beispiel CROSSART Route-Moderne-Kunst 3<br />
Anfänge<br />
Das Land Nordrhein-Westfalen und einige Museen mit bedeutenden Sammlungen Moderner<br />
Kunst <strong>im</strong> deutsch-niederländischen Grenzraum planten bereits zu Beginn des neuen Jahrtausends,<br />
die Region Niederrhein/Niederlande als Kunstraum bekannter zu machen. Die Ziele waren<br />
schnell definiert:<br />
Schaffung und Etablierung einer Dachmarke<br />
touristische Inwertsetzung der Grenzregion Niederrhein/Niederlande mit kulturellem Ansatz<br />
Steigerung der Museumsbesucher<br />
höhere touristische Besucherfrequenz in der Region<br />
gemeinsame Ausstellungsprojekte und wissenschaftliche Zusammenarbeit<br />
Für das Land NRW waren, neben regionaler Kulturförderung, Aspekte der Tourismus- und Wirtschaftsförderung<br />
von besonderer Bedeutung. Schon bei den ersten Verhandlungen über das<br />
Konzept <strong>im</strong> Jahre 2000 gab es jedoch unter den Kooperationspartnern kontroverse Auseinandersetzungen,<br />
welche Museen in das Projekt einbezogen werden und welche die inhaltlichen<br />
Schwerpunkte sein sollten. Das Auswahl- und Qualitätskriterium war hier – wie in vielen anderen<br />
Kooperationen auch – ein kritischer, sehr theorielastiger Punkt, der letztlich sogar zum Scheitern<br />
der ersten Initiative <strong>im</strong> Jahre 2002 führte.<br />
Noch <strong>im</strong> gleichen Jahr startete jedoch ein neuer Versuch mit teilweise neuen Partnern und einem<br />
modifizierten Konzept. Die nun zehn kooperierenden Museen zeichneten sich alle durch folgende<br />
Eigenschaften aus:<br />
Sammlungsschwerpunkt entweder auf der Klassischen Moderne oder Zeitgenössischen<br />
Kunst,<br />
Lage in einem Park oder in der Nähe eines Parks sowie<br />
herausragende Architektur der Museumsgebäude.<br />
Dass es überhaupt zu einem erneuten Anlauf kam, war einzelnen Personen, „Kümmerern“, zu verdanken,<br />
die sich persönlich verpflichtet fühlten, das Projekt zum Erfolg zu führen. Schon zu Beginn<br />
zeigte sich aber auch, dass es interkulturelle Unterschiede gibt, v. a. in der Zielgewichtung: Für<br />
die niederländische Seite sollte der Projektschwerpunkt auf Marketing und Besuchergenerierung<br />
ausgerichtet sein, für die deutschen Partner hingegen standen Ausstellungsprojekte und wissenschaftliche<br />
Zusammenarbeit <strong>im</strong> Vordergrund.<br />
Eine Förderzusage der Euregio rhein-maas-nord war Basis der Projektfinanzierung mit Interreg-<br />
IIIa-Mitteln der EU. Eine solide finanzielle Grundlage von 1,5 Mio. Euro für den Förderungszeitraum<br />
von drei Jahren (2004 – 2006) versetzte somit die Projektpartner in die Lage, nachhaltige<br />
Maßnahmen zu planen. Durch zusätzliche Mittel konnte die Gesamtlaufzeit bis 2008 verlängert<br />
werden. Noch heute erreichen Anfragen das ehemalige Projektbüro bei der projekt2508 GmbH.<br />
3 Die folgenden Ausführungen beruhen – mit Erlaubnis des Autors – in weiten Teilen auf: SCHILD 2010.<br />
51
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Partner<br />
Neben den Museen – vier auf niederländischer Seite und sechs auf deutscher – waren die Kommunen<br />
und die Provinzen Gelderland und L<strong>im</strong>burg sowie das Land Nordrhein-Westfalen beteiligt.<br />
Für die Finanzierung des Projektes war die große Anzahl von Projektpartnern nicht nur aus partizipatorischen<br />
Gründen wichtig. Zusätzlich konnten durch die eingebrachten Eigenmittel die bestehenden<br />
Fördermöglichkeiten ausgeschöpft werden. In der Praxis sind damit jedoch häufig auch<br />
langwierige Abst<strong>im</strong>mungsprozesse verbunden. Um dies frühzeitig zu unterbinden, entschloss man<br />
sich, eine schlanke Verwaltung und Kontrollstruktur zu etablieren. Ein Lenkungskreis mit delegierten<br />
Vertretern verkürzte die Entscheidungswege.<br />
Zudem machen administrative Kosten häufig den größten Teil eines Projektetats aus. Um diese<br />
Ausgaben möglichst gering zu halten, sollte kein Projektbüro alten Stils mit fest angestellten Mitarbeitern<br />
und angemieteten Büroräumen eingerichtet werden. Als kostengünstigere Variante bot<br />
sich eine andere Lösung an: Die Projektträger entschieden, die operative Arbeit an ein bestehendes<br />
Kulturmarketingbüro zu delegieren 4 . Die finanzielle Kontrolle und Abwicklung des Projektes<br />
oblag einer Stabsstelle bei einem der Projektträger, dem Museum Schloss Moyland.<br />
Das Budget von 1,5 Mio. Euro wurde aufgeteilt. Für das zentrale Ausstellungsprojekt in der Kunstund<br />
Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland (KAH) in Bonn, bei dem sich die zehn<br />
Häuser präsentieren sollten, wurde die Summe von circa 750.000 Euro angesetzt. Für das Projektbüro<br />
und die Durchführung der Marketingmaßnahmen standen circa 250.000 Euro pro Jahr<br />
zur Verfügung.<br />
Abb. 2: Organisationsstruktur des Projektes CROSSART. Eigene Darstellung.<br />
Zielgruppen<br />
Die Zielgruppen der Kooperation wurden mehrd<strong>im</strong>ensional differenziert, und zwar nach dem Interesse<br />
und der Rezeption von Kultur (s. oben: Zielgruppentypologie), nach Individual- und Gruppenvertrieb<br />
sowie nach Quellgebieten.<br />
4 projekt2508 GmbH<br />
52
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Nach Interesse und Rezeption von Kultur standen sowohl Kenner/innen von Moderner Kunst,<br />
Architektur sowie von Parks/Gärten als auch Sammler/innen (große Ausstellungen und bedeutende<br />
Künstler) <strong>im</strong> Mittelpunkt der Marketingaktivitäten.<br />
Als Quellgebiete wurden <strong>im</strong> Individualvertrieb der Schwerpunkt auf die Randstad (Amsterdam,<br />
Rotterdam, Den Haag, Utrecht), den <strong>Raum</strong> Köln, Bonn, Düsseldorf, Ruhrgebiet sowie <strong>im</strong> datenbankgestützten<br />
Gruppenvertrieb bei Reiseveranstaltern und semiprofessionellen Gruppen auf die<br />
Niederlande und Deutschland insgesamt gelegt.<br />
Damit konnte eine der bevölkerungsreichsten Regionen Europas mit Marketingmaßnahmen bearbeitet<br />
und erschlossen werden. Für die kulturinteressierten Individualtouristen dieser Ballungsräume<br />
und auch darüber hinaus war die Landschaft zwischen Düsseldorf und Amsterdam gefühlt<br />
ein „kulturtouristisches Ödland“. Für einen Museumsbesuch fuhr man von Amsterdam nach Köln,<br />
oder von Bonn nach Den Haag, aber nicht an den Niederrhein. Mit CROSSART sollte sich diese<br />
Einstellung ändern.<br />
Kernkompetenzen in der Umsetzung<br />
Schon zu Beginn best<strong>im</strong>mten Überlegungen das Handeln, wie das Projekt möglichst kostengünstig<br />
umgesetzt werden konnte, um es nach Auslauf der Förderung möglichst ohne großen Qualitätsverlust<br />
weiterführen zu können. Voraussetzung dafür waren gründliche Vorarbeiten und eine<br />
tief gehende Produktkenntnis, die sich in den Marketinginstrumenten niederschlagen sollte. Die<br />
zielgruppengenaue Produktentwicklung war einer der Schlüssel zum Erfolg. Getreu dem Leitgedanken:<br />
Das Produkt ist und bleibt <strong>im</strong> Tourismus der Star. Daran ändern auch neue mediale<br />
Kommunikations- und Vertriebsmöglichkeiten nicht viel.<br />
Es galt daher, Reiseanlässe zu kreieren, um das Interesse der oben genannten Zielgruppen zu<br />
wecken. Die Produktentwicklung orientierte sich sowohl an der thematischen Bündelung der Museen<br />
für Kenner als auch an der komplementären Ergänzung für Sammler. Museumsbesuche<br />
dauern nun einmal selten länger als zwei Stunden. Im Anschluss beziehungsweise <strong>im</strong> Vorfeld<br />
eines Museumsbesuches sollten daher attraktive Programminhalte, wie beispielsweise Gastronomie-<br />
oder Einkaufstipps, angeboten werden.<br />
Solche Rahmenaktivitäten sind verstärkende Elemente einer Reise oder eines Ausflugs. Die Angebotsbreite,<br />
die in großstädtischen Destinationen ohne Weiteres gegeben ist, stellt für ländliche<br />
Regionen und mittelgroße Städte oft ein Problem dar. Der ortsunkundige Kulturtourist geht<br />
zunächst einmal davon aus, dass kaum weitere Angebote vorhanden sind. Für die CROSSART<br />
Region am Niederrhein stellte sich daher die Aufgabe, eine zielgruppenspezifische Bestandsaufnahme<br />
und Strukturierung der touristischen Infrastruktur in Angriff zu nehmen.<br />
Für dieses sinnvolle „Kuratieren“ des Gesamtangebots wurden innerhalb der Region einige<br />
Tausend Kilometer zurückgelegt, um geeignete Hotels, Sehenswürdigkeiten, Gaststätten, Kultureinrichtungen<br />
und besondere Geschäfte auszuwählen. „Wie verbringe ich einen schönen Tag in<br />
der CROSSART-Region?“ wurde zum einfachen, aber überzeugenden Motto der Aktionen: Der<br />
Museumsbesuch konnte mit einem Parkspaziergang oder einem Besuch bei einem Imker kombiniert<br />
werden. Die Mittagspause fand in einem historischen Gasthof mit Rheinblick statt, optional<br />
schloss sich ein Antiquitäteneinkaufsbummel in einer kleinen mittelalterlichen Stadt an. Ausklang<br />
und Höhepunkt der Reise konnte die Übernachtung in einem Schlosshotel sein.<br />
53
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
„Kuratieren“ bedeutet demnach:<br />
bewusste Auswahl und Reduktion<br />
räumliche und thematische Ordnung<br />
zeitliche Ordnung (Themenjahre o. Ä.)<br />
ohne an Tiefe und Anspruch zu verlieren<br />
mit klarem Sort<strong>im</strong>ent an kulturtouristischen Reiseanlässen, Angeboten und Produkten<br />
Diese Nähe zum Produkt, die Kümmerer-Mentalität und das Vertrauen, das dadurch in der Region<br />
aufgebaut wurde, trägt teilweise heute noch – über den Projektzeitraum hinweg.<br />
Kommunikation und Vertrieb<br />
Mit der detaillierten Erfassung des Produktbestandes stand das nötige Handwerkszeug für vielfältige<br />
und spannende Kommunikations- und Vertriebsmaßnahmen zur Verfügung: Das eigentliche<br />
„kulturtouristische Laboratorium“.<br />
Schon die Markteinführung sollte ein starkes Signal setzen. Daher wurde eine gemeinsame Ausstellung<br />
als Event- und Marketingprojekt initiiert. Nur über ein hochrangiges, spezielles Ausstellungsprojekt<br />
war die Öffentlichkeit entsprechend zu aktivieren und zu elektrisieren. Dies bedeutete<br />
aber auch: Es galt, einen Ausstellungsort zu finden, der durch seinen hohen Bekanntheitsgrad<br />
möglichst viele kulturinteressierte Menschen anspricht und gleichzeitig „neutralen“ Boden darstellt.<br />
Man einigte sich auf die Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland<br />
(KAH) in Bonn.<br />
Eine besondere Herausforderung bestand zudem in der inhaltlichen Zusammenstellung der Ausstellung.<br />
Es galt, alle CROSSART-Häuser mit ihren Sammlungsschwerpunkten zu berücksichtigen<br />
und dabei gleichzeitig eine spannende Inszenierung zu gewährleisten. Mit dem international<br />
bekannten Kurator Jean-Christophe Ammann gelang es, einen ausgewiesenen Fachmann und<br />
eine von allen Seiten akzeptierte Persönlichkeit zu gewinnen. Das Konzept überzeugte und die<br />
Ausstellung „CROSSART – Von Van Gogh bis Beuys“ konnte in der KAH Bonn über 70.000 Besucher<br />
verzeichnen.<br />
Ziel der zu erstellenden Printprodukte war es, alle wichtigen Informationen des Projektes, wie<br />
die Präsentation von CROSSART, die Kurzporträts der einzelnen Museen, die Crossmarketing-<br />
Möglichkeiten, Reisetipps und ein buchbares Reisepaket, miteinander zu vernetzen. Die Vielzahl<br />
der zu verarbeitenden Informationen konnte nicht in einer einzigen Broschüre umgesetzt werden.<br />
So wurden für alle zehn Museen Einzelbroschüren konzipiert, die den geforderten Anforderungen<br />
entsprachen.<br />
Die CROSSART-Museumsbroschüre stellte die Gemeinsamkeiten aller CROSSART-Museen<br />
vor: „Kultur – Natur – Architektur“. Darüber hinaus informierte sie über die individuellen Sammlungsschwerpunkte<br />
der Museen und enthielt touristische, gastronomische und kulturelle Tipps<br />
sowie ein für die Zielgruppe der Kulturtouristen angepasstes Übernachtungsangebot. Ein Buchungsvorschlag<br />
für ein Reisepaket sowie eine Übersichtskarte mit möglichst vielen touristischen<br />
Informationen komplettierten die Broschüre.<br />
54
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Die Museumsbroschüren <strong>im</strong> DIN-lang-Format waren in erster Linie für die Einzelkundeninformation<br />
und -werbung gedacht. Zweisprachig konzipiert (deutsch/niederländisch – niederländisch/<br />
deutsch), wurde die jeweilige Landessprache als erste Sprache aufgeführt. Einige der CROSS-<br />
ART-Museen hatten keine eigenen Hausbroschüren mit weitergehenden Informationen, sie konnten<br />
deshalb die CROSSART-Flyer auch für den Eigenbedarf einsetzen.<br />
Der Broschürenvertrieb erfolgte über Prospektstelen, welche alle zehn Einzelflyer enthielten und<br />
<strong>im</strong> Kassenbereich der einzelnen Museen aufgestellt wurden. So konnten Museumsbesucher direkt<br />
auf das eigene Angebot sowie auf das der Partnermuseen hingewiesen werden. Ergänzend<br />
zu den Verteilerstellen in den Museen gab es <strong>im</strong> Terminal des Flughafen Weeze, der <strong>im</strong> Herzen<br />
der CROSSART-Region liegt, eine große Displaywand mit Broschürenfächern der CROSSART-<br />
Museen.<br />
Das CROSSART-Informationsbüro verschickte die Einzelbroschüren in einer stabilen Pappbox,<br />
der sogenannten Travelbox, welche ergänzend zu den zehn Museumsbroschüren noch Platz für<br />
Reiseunterlagen und Prospekte von Kooperationspartnern ließ. Die Box hatte den Vorteil, dass<br />
am Ende einer Reise alle Unterlagen geordnet aufbewahrt werden konnten. Für die Museen bedeutete<br />
dies eine höhere Verweildauer der Prospekte be<strong>im</strong> Museumsbesucher. Die Resonanz der<br />
Kunden bestätigte, dass dieser positive Effekt erreicht wurde.<br />
Ein weiteres unverzichtbares Printmedium war die Gruppenbroschüre. Um möglichst viele Informationen<br />
übersichtlich darzustellen, wurde als Format eine achtseitige DIN-A4-Broschüre in Altarfaltung<br />
gewählt. Über die eigentlichen Projektinformationen hinaus gab es mehrtägige Themenrouten,<br />
die auch ergänzende Projekte wie die Europäische Route der Gartenkunst mit Schloss<br />
und Parkanlagen einbezogen.<br />
Die Gruppenbroschüre war für den Einsatz auf touristischen Fachbesuchermessen und Workshops<br />
best<strong>im</strong>mt. Zudem konnte sie in einem datenbankgestützten Mailing an Kulturreiseveranstalter<br />
5 und semiprofessionelle Reisegruppen versendet werden. Weiterhin war sie wichtiger<br />
Bestandteil von Pressemappen, die an Redaktionen von Reisemagazinen und an Kulturreisejournalisten<br />
verteilt wurden.<br />
Sämtliche Informationen wurden zudem in einer Website zusammengefasst, die dem damaligen<br />
Standard entsprach und intelligent in sämtlichen anderen Medien und Maßnahmen kommuniziert<br />
wurde. Heute würde diese Website sicher durch interaktive Elemente und Dialogmarketingmaßnahmen<br />
in den sozialen Medien ergänzt und zu einer breiten Webpräsenz aufgebaut werden.<br />
Die Webseite www.crossart-route-moderne-kunst.com sollte jedoch damals schon sowohl über<br />
„CROSSART“ <strong>im</strong> Allgemeinen informieren als auch die Region Niederrhein/Niederlande als kulturtouristisches<br />
Reiseziel bekannt machen. Interaktive Teile wie ein Online-Reiseführer ermöglichten<br />
es, sich aus den Bausteinen Kultur, Einkaufen, Gastronomie und Hotellerie individuell eine Reise<br />
zusammenzustellen.<br />
5 Zum Prinzip vgl. http://www.art-cities-reisen.de<br />
55
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Zudem wurden während des Prozesses auch offline neue Formate zur Interaktion mit dem Kunden<br />
entwickelt. Neben den Basisprodukten, welche für den Einsatz <strong>im</strong> täglichen Vertriebsmarketing<br />
best<strong>im</strong>mt waren, konzipierte die Agentur beispielsweise ein Geschenkpaket sowie ein Quiz.<br />
Speziell für die Zielgruppe der kulturinteressierten Individualreisenden entwickelte man das<br />
CROSSART-Geschenkpaket 6 . Es enthielt <strong>im</strong> Grundpaket Museumseintrittskarten, einen Ausstellungskatalog,<br />
die Travelbox und einen CROSSART-Kr<strong>im</strong>i. Die Ausführung als großes Geschenkpaket<br />
enthielt zusätzlich noch einen Gutschein für eine Schlossübernachtung. Fast die Hälfte der<br />
verkauften Pakete wurde nicht verschenkt, sondern von den Käufern selbst genutzt.<br />
Warum ein CROSSART-Kr<strong>im</strong>i? Marktforschungsanalysen sowie die praktischen Erfahrungen aus<br />
anderen touristischen Regionen haben gezeigt, dass regional verortete Romane mit spannender<br />
Handlung Leser dazu an<strong>im</strong>ieren, Originalschauplätze aufzusuchen und zu bereisen. Nicht nur<br />
Bücher wie „The Da Vinci Code“, die Schwedenkr<strong>im</strong>is, Allgäu- oder die Eifelkr<strong>im</strong>is sind Beispiele<br />
dafür, dass Zehntausende von Touristen auf den Spuren von Romanen reisen. Mit Hilfe eines Autorengespanns<br />
aus den Niederlanden und aus Deutschland sowie eines renommierten Kr<strong>im</strong>ibuchverlages<br />
entstand ein Roman, welcher acht der zehn CROSSART-Museen als Schauplätze einer<br />
Kr<strong>im</strong>inalgeschichte zeigt und auf subtile Art und Weise die Struktur- und Sammlungsschwerpunkte<br />
der Häuser in die Handlung mit einbezieht.<br />
Um zusätzliche Adressen von Interessenten zu gewinnen, wurde ein Quiz zu CROSSART-Inhalten<br />
entwickelt. Die Quizfragen waren so aufgebaut, dass sie relativ leicht beantwortet werden konnten.<br />
Attraktive Preise wie eine Schlossübernachtung in der CROSSART-Region, Ausstellungskataloge<br />
und Dauerkarten gaben den Anreiz, die Quizkarten auszufüllen und zurückzuschicken. Die<br />
Aktion lief über zwei Jahre und spielte circa 5.000 Adressen ein. Als Format wurde eine Postkarte<br />
gewählt, auf der die Fragen übersichtlich angeordnet waren. Die Postkarte wurde entweder direkt<br />
an den Museumskassen abgegeben oder an das CROSSART-Informationsbüro geschickt.<br />
Interessenten, die sich direkt mit dem CROSSART-Informationsbüro in Verbindung setzten, wurden<br />
mit einer CROSSART CARD belohnt. Diese ermöglichte einen einmalig reduzierten Eintritt<br />
in alle zehn CROSSART-Museen. Ziel dieser Aktion war, die Besucher eines Museums zu motivieren,<br />
innerhalb desselben Jahres ebenfalls andere Museen des CROSSART-Projektes zu besuchen.<br />
Die gesamte Projektlaufzeit wurde zudem durch eine intensive Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />
begleitet. Am Beginn standen Maßnahmen zur Markenpositionierung <strong>im</strong> Mittelpunkt, später<br />
wurden einzelne Aktionen in CROSSART-Museen besonders herausgestellt. In der Anfangsphase<br />
suchte man den persönlichen Kontakt zu Journalisten aus den Kulturredaktionen, mit dem Ziel<br />
CROSSART vorzustellen. Nach der Entwicklung von Reiseangeboten wurden die Reiseredaktionen<br />
stärker in die Kommunikation eingebunden.<br />
6 Zum Prinzip vgl. http://www.art-cities-box.de/<br />
56
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Fazit<br />
Im Jahre 2008 wurde die Museumskooperation letztmalig durch die Partner und weitere Fördermittel<br />
budgetiert und beworben. Seitdem ruht das Projekt – trotz seines durchschlagenden Erfolgs.<br />
Selbstverständlich gab es auch hier interkulturelle Probleme, angefangen bei der Sprache über<br />
Mentalitätsunterschiede, z. B. Pragmatismus vs. Gründlichkeit, Marketing vs. wissenschaftlichem<br />
Anspruch, Unterschiede bei Entscheidungsprozessen oder <strong>im</strong> Grad des Engagements. Dennoch<br />
konnte seitens des Projektbüros über Jahre hinweg eine vertrauensvolle Zusammenarbeit organsiert<br />
werden, die letztlich v. a. wegen des „Geldes“ nicht weiter geführt wurde. Immer wieder gibt<br />
es allerdings vorsichtige Zeichen, dass die Kooperation wieder belebt werden könnte.<br />
Die Erfahrung aus zahlreichen Kooperationsprojekten innerhalb des Systems (Kultur-)Tourismus<br />
zeigt jedoch: Nur die wenigsten Kooperationen verdienen diesen Namen und nur den wenigsten<br />
gelingt es, dauerhaft in einem halbwegs „lebendigen“ Zustand zu existieren. Das „Vegetieren“ ist<br />
eher an der Tagesordnung, kooperatives Siechtum ist die Regel.<br />
Woran liegt das?<br />
Die Antworten darauf sind so einfach wie einleuchtend: Unterfinanzierung, mangelndes Engagement<br />
und „Zurücklehnen-Mentalität“, Angst vor dem Kontroll- und „Machtverlust“ (bis hin zur<br />
Angst vor der eigenen „Überflüssigkeit“, die nicht unterschätzt werden sollte), komplizierte Organisationsstrukturen<br />
und Abst<strong>im</strong>mungsprozesse, administrative Überlastung statt konkreter Projektarbeit,<br />
Demotivation der eigentlichen Kümmerer.<br />
Die Chancen und Möglichkeiten, die sich aus einer „echten“ Kooperation ergeben können, sind<br />
enorm. In der Tat lassen sich gemeinschaftlich vollkommen neue „Areale“ des Marktes erschließen.<br />
Gebündelte Budgets erlauben eine wesentlich größere Reichweite, neue Maßnahmen, die<br />
alleine nicht durchgeführt werden können, erleichtern den Kontakt zu Reiseveranstaltern, Multiplikatoren,<br />
Journalisten und Intermediären. Dies muss jedoch von allen Partnern dauerhaft gelebt,<br />
vertreten, verteidigt und finanziert werden.<br />
Literatur<br />
McKERCHER, Bob/DU CROS, Hilary (2002): Cultural tourism: the partnership between tourism<br />
and cultural heritage management, Binghampton.<br />
SCHILD, Hans-Helmut (2010): CROSSART – erfolgreiche touristische Kooperation in der Region<br />
mit einem kulturellen Leitthema. In: JOHN, Hartmut/SCHILD, Hans-Helmut/HIEKE, Katrin (Hrsg.):<br />
Museen und Tourismus, Wie man Tourismusmarketing wirkungsvoll in die Museumsarbeit integriert,<br />
Bielefeld.<br />
57
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Kulturland Brandenburg – eine Dachmarke<br />
zwischen (kulturtouristischem) Marketing<br />
und der Stärkung regionaler Identität<br />
Brigitte Faber-Schmidt<br />
Kulturland Brandenburg – das Profil<br />
Kulturland Brandenburg besteht als Dachmarke des Landes Brandenburg bereits seit 1998. Die<br />
Idee war zunächst, anlässlich des Fontane-Jubiläumsjahres die verschiedenen Aktivitäten in der<br />
Region zu bündeln und gemeinsam zu kommunizieren, um Brandenburg als „Kulturland“ zu profilieren.<br />
Im Jahr 2002 wurde der gleichnamige Verein ins Leben gerufen, mit dessen Gründung<br />
der Vielfalt der Akteure, die sich mittlerweile an den landesweit ausgerufenen und durch den Museumsverband<br />
des Landes koordinierten Themenjahren beteiligten, Rechnung getragen werden<br />
sollte.<br />
Inzwischen hat sich daraus eine breite Plattform entwickelt, die kulturelle Akteure auf verschiedenen<br />
Ebenen miteinander, diese aber auch an den thematischen und strategischen Schnittstellen<br />
zu Bildung, Wissenschaft, Regionalentwicklung und Tourismus vernetzt.<br />
Kulturland Brandenburg e. V. ist ein Netzwerk der kulturellen <strong>Netzwerke</strong> und Verbände: Gründungsmitglieder<br />
sind u.a. der Brandenburgische Verband Bildender Künstler, der Förderkreis Alte<br />
Kirchen Berlin-Brandenburg e. V., der Kulturfeste <strong>im</strong> Land Brandenburg e. V., der Landesverband<br />
der Freien Theater, das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches<br />
Landesmuseum, der Museumsverband des Landes Brandenburg, das Brandenburgische Landeshauptarchiv<br />
und das Fontanearchiv, die Universität und die Fachhochschule Potsdam, der Arbeitskreis<br />
der Kulturverwaltungen <strong>im</strong> Land Brandenburg, die Tourismus Marketing Brandenburg GmbH<br />
(TMB) und die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Als Folge der Zusammenarbeit<br />
<strong>im</strong> Rahmen der Themenjahre traten seit 2004 u. a. die Deutsche Gesellschaft für<br />
Gartenkunst und Landschaftskultur/Landesverband Berlin-Brandenburg, die Stiftung St. Matthäus<br />
der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg Schlesische Oberlausitz und die Arbeitsgemeinschaft<br />
Städte mit historischen Stadtkernen dem Verein bei.<br />
Kulturland Brandenburg konzipiert und organisiert zu einem jährlich wechselnden Thema in Kooperation<br />
mit unterschiedlichsten Partnern <strong>im</strong> Land kulturelle Projekte, insbesondere auch an den<br />
Schnittstellen zu Wissenschaft, Wirtschaft/Tourismus und (kultureller) Bildung.<br />
Die bisherigen Themen waren:<br />
„Fontane / Die Zisterzienser in Brandenburg“ (1998)<br />
„Brandenburg und das Haus Oranien“ (1999)<br />
„Von gestern bis morgen. Stationen der Industriekultur“ (2000)<br />
„Preußen | 2001“ (2001)<br />
58
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
„Romantik“ (2002)<br />
„Europa ist hier!“ (2003)<br />
„Landschaft und Gärten“ (2004)<br />
„Der H<strong>im</strong>mel auf Erden – 1000 Jahre Christentum in Brandenburg“ (2005)<br />
„Baukultur“ (2006)<br />
„Fokus Wasser“ (2007)<br />
„Provinz und Metropole | Metropole und Provinz“ (2008)<br />
„Freiheit. Gleichheit. Brandenburg. Demokratie und Demokratiebewegungen“ (2009).<br />
„Mut & Anmut. Frauen in Brandenburg – Preußen“ (2010) stehen.<br />
„LICHT | SPIEL| HAUS – moderne in film. Kunst. Baukultur“ (2011)<br />
„KOMMT ZUR VERNUNFT! – Friedrich der Zweite von Preuszen“ (2012)<br />
„spiel und ernst – ernst und spiel. Kindheit in Brandenburg“ (2013)<br />
Kulturland Brandenburg lädt Bewohner und Besucher der Region gleichermaßen dazu ein, das<br />
kulturelle Erbe und die kulturelle Vielfalt der Region <strong>im</strong>mer wieder neu aus unterschiedlichen Blickwinkeln<br />
zu entdecken. Zwischen 220.000 bis 450.000 Besucher zogen die vielfältigen Projekte<br />
und Veranstaltungen von Kulturland Brandenburg bisher jährlich an.<br />
Der Verein fördert, unterstützt und qualifiziert die kulturelle Infrastruktur <strong>im</strong> Land und regt gezielt<br />
Kooperationen sowie ressortübergreifende und interdisziplinäre Ansätze an. Als Dachmarke gibt<br />
Kulturland Brandenburg konzeptionelle Impulse, begleitet Kooperationen inhaltlich, organisatorisch<br />
und durch die Akquise von Drittmitteln und bietet Infrastruktur und ein großes Netzwerk als<br />
Plattform für fachlichen Austausch und Kooperationen an.<br />
Durch Vernetzung, Kooperationen und regionale bzw. thematische Verbundprojekte gelingt es,<br />
Synergieeffekte zu erzielen und Ressourcen zu bündeln. Darüber hinaus vernetzt Kulturland Brandenburg<br />
die Akteure und die Aktivitäten des Landes Brandenburg mit Projekten und Einrichtungen<br />
anderer Bundesländer, aber auch international, – Schwerpunkte sind dabei das Bundesland Berlin<br />
und das europäische Nachbarland Polen.<br />
Kulturland Brandenburg initiiert, moderiert, steuert und koordiniert eine Reihe von <strong>Netzwerke</strong>n.<br />
Hier einige Beispiele:<br />
Arbeitskreis der Kulturverwaltungen <strong>im</strong> Land Brandenburg<br />
Der Arbeitskreis der Kulturverwaltungen (AKK) ist eine informelle Arbeitsgruppe der Kulturverwaltungen<br />
<strong>im</strong> Land Brandenburg, der sich seit über fünfzehn Jahren zwe<strong>im</strong>al jährlich zu Arbeitstagungen<br />
trifft. Der Arbeitskreis hat sich zu einem der wichtigsten Orte des Erfahrungsaustauschs und<br />
der Kooperation zwischen den Kulturverwaltungen entwickelt. Kulturland Brandenburg begleitet<br />
den AKK auf der konzeptionellen und organisatorischen Ebene.<br />
Zwe<strong>im</strong>al jährlich konzipiert und organisiert Kulturland Brandenburg in Abst<strong>im</strong>mung mit dem Sprecherrat<br />
des AKK eine größere Tagung zu aktuellen Fragestellungen aus Kulturpolitik und Kulturpraxis.<br />
Dabei werden Referenten und best practice-Beispiele aus Brandenburg, aber auch aus<br />
überregionalen Zusammenhängen eingeladen.<br />
59
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Tage der Offenen Ateliers<br />
Ein Projekt des AKK ist die Organisation und Durchführung der Tage der Offenen Ateliers. Der Tag<br />
der Offenen Ateliers ist ein regionales Kooperationsprojekt. Jeweils am ersten Maiwochenende<br />
des Jahres laden die brandenburgischen Künstlerinnen und Künstler ein interessiertes Publikum<br />
dazu ein, ihnen bei der Arbeit zuzuschauen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen und Arbeiten zu<br />
erwerben. Darüber hinaus werden in den einzelnen Regionen die Angebote der Künstler durch<br />
ein kulturtouristisches Rahmenprogramm ergänzt. Der Tag der Offenen Ateliers ist ein wichtiges<br />
Projekt, das die Künstler dabei unterstützt, unter schwierigen Bedingungen ihren Lebensunterhalt<br />
zu sichern.<br />
Es entsteht mit der Broschüre, die aus diesem Anlass herausgegeben wird, ein Kompendium, das<br />
interessierten Besuchern ganzjährig als Handreichung zur Verfügung steht und einen Führer zur<br />
bildenden Kunst <strong>im</strong> Land Brandenburg darstellt.<br />
Für die Tage der Offenen Ateliers konnten in den letzten Jahren tragfähige Kooperationen aufgebaut<br />
werden, so z. B. mit der Zeitung punkt 3, die in hoher Auflage gezielt für das Projekt wirbt<br />
oder mit den RegioTours, die ganztägige Ausflugsangebote mit Atelierbesuchen als Package für<br />
Berliner Gäste entwickelt haben.<br />
Plattform kulturelle Bildung<br />
Im Jahr 2008 hat sich eine Gruppe unterschiedlicher Akteure, die sich in verschiedenen professionellen<br />
Kontexten um die kulturelle Bildung <strong>im</strong> Land Brandenburg bemühen, zu einer Initiative zusammengeschlossen,<br />
um strategisch und zielgerichtet eine Offensive für eine ressortübergreifend<br />
angelegte Plattform Kulturelle Bildung zu entwickeln.<br />
Die Grundidee war der Aufbau eines flexiblen, bedarfs- und praxisorientierten Dienstleistungsprogramms<br />
sowohl für die Anbieter, als auch für die Nutzer von Angeboten <strong>im</strong> Bereich kultureller<br />
Bildung. Jenseits von Partikularinteressen und Verbandspolitik soll die Plattform Kulturelle Bildung<br />
auf spezifische Bedarfslagen reagieren, Angebote, insbesondere auch ressort- und generationenübergreifend,<br />
entwickeln, Vernetzung und Qualifizierung der Akteure sowie die Bündelung von<br />
Ressourcen fördern, Kooperationsprojekte anregen und befördern sowie Lobbyarbeit für kulturelle<br />
Bildung in einem umfassenden Sinne leisten.<br />
Das Konzept ist mittlerweile aufgegangen. Mit zahlreichen Partnern wurde ein kontinuierliches<br />
Programm mit Tagungen, Workshops und runden Tischen realisiert, das die Vernetzung, den fachlichen<br />
Austausch, die Lobbyarbeit, die Qualifizierung und die Kooperation in Brandenburg, – auch<br />
<strong>im</strong> Austausch mit kompetenten Partnern in anderen Bundesländern (z. B. Berlin, NRW, Niedersachsen),<br />
vorangebracht hat.<br />
Ein Instrument, das die Vernetzung und Kooperation weiter unterstützt, stellt die datenbankgestützte<br />
Website der Plattform dar, die derzeit mit anderen Modulen <strong>im</strong> Land technisch und inhaltlich<br />
verlinkt wird (z. B. Bildungsserver). 1<br />
1 Einblicke unter: www.plattformkulturellebildung.de<br />
60
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Gartenland Brandenburg e. V.<br />
Ziel von Gartenland Brandenburg ist es, die gartenkulturelle Entwicklung des Landes Brandenburg<br />
zu fördern. Dieses Gartennetzwerk, das aus dem Themenjahr 2004 von Kulturland Brandenburg<br />
entstanden ist, möchte das Bewusstsein für den Wert von Gärten und Parks in der Bevölkerung<br />
verankern und Brandenburg unter einer Dachmarke als Gartenland ersten Ranges bekannt<br />
machen. Das zunächst auf der informellen Ebene agierende Forum wurde Mitte Mai 2006 mit der<br />
Gründung des Vereins Gartenland Brandenburg e. V. institutionalisiert. 2<br />
In dem Netzwerk wurden bisher fünf Routen der Gartenkultur entwickelt, die kontinuierlich weiter<br />
qualifiziert werden sollen. Ebenso geht es um die kulturtouristische Inwertsetzung von Parks<br />
und Gärten, wofür mittlerweile ein Projekt über das Förderprogramm der integrierten <strong>ländlichen</strong><br />
Entwicklung akquiriert werden konnte. Im Rahmen dieses auf drei Jahre angelegten Projektes<br />
(Projektbeginn Juli 2012) geht es um eine Bestandsaufnahme der brandenburgischen Parks und<br />
Gärten, die exemplarische kulturtouristische Ertüchtigung sowie die Entwicklung differenzierter<br />
Angebote rund um die Parks und Gärten der Region. 3<br />
Kulturland Brandenburg – Netzwerk Kultur und Tourismus<br />
Eine wesentliche Voraussetzung für die synergetische Verknüpfung der Bereiche Kultur und Tourismus<br />
sind der angemessene zeitliche und konzeptionelle Vorlauf für die Dachkampagnen sowie<br />
die Koordination und die Vernetzung der kulturellen Akteure. In der Zusammenarbeit mit der TMB<br />
haben sich sukzessive konstruktive und transparente Kommunikations- und Arbeitsstrukturen ergeben,<br />
die es ermöglichen, sowohl konzeptionell-inhaltliche, als auch organisatorische Prozesse<br />
der beiden Bereiche aufeinander abzust<strong>im</strong>men und kulturelle Projekte in das Marketing der TMB<br />
einzubeziehen.<br />
TMB und Kulturland Brandenburg sind wechselseitig in den verschiedenen Gremien der jeweiligen<br />
Einrichtung vertreten und haben <strong>im</strong> Jahr 2005 zudem eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen,<br />
die jährlich <strong>im</strong> Rahmen eines abgest<strong>im</strong>mten Marketingplans mit konkreten Maßnahmen<br />
operationalisiert und mit Leben gefüllt wird. Kulturland Brandenburg strebt <strong>im</strong> Rahmen der<br />
Themenjahre sowie in den verschiedenen <strong>Netzwerke</strong>n in einem ganzheitlichen Sinne an, lokale<br />
und regionale Wertschöpfungsprozesse zu unterstützen.<br />
Insbesondere <strong>im</strong> Jahr 2012 ist es gelungen, die Schnittstellen zwischen Kultur und Tourismus<br />
gezielt zu entwickeln und zu nutzen. Es wurden frühzeitig die verschiedenen Kompetenzen zusammengeführt,<br />
die Möglichkeiten der einzelnen Partner regional und übergreifend eingebracht<br />
und in einer gemeinsamen Kommunikation gebündelt, – Friedrich 300. TMB und Kulturland Brandenburg<br />
haben <strong>im</strong> Jahr 2012 über die gemeinsamen Pressereisen hinaus, Inhalte abgest<strong>im</strong>mt<br />
und wechselseitig zur Verfügung gestellt (z. B. inhaltliche Grundlagen durch Kulturland Branden-<br />
2 Einblicke unter: www.gartenland-brandenburg.de<br />
3 Aktuelles aus dem Gartenland Brandenburg zum Nachlesen und Entdecken:<br />
HOCH, Oliver: „Gärten und Parks in Brandenburg“, L&H Verlag, Berlin 2013, 24,80 Euro, ISBN 978-3-<br />
939629-17-7. Gärten und Parks in Brandenburg, Berlin und Potsdam, Edition Terra, eine Marke der terra<br />
press GMBH, Erweiterte Neuauflage 2012, 4,00 Euro, ISBN 978-3-942917-08-7.<br />
61
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
burg für „Erinnerungsorte“ der TMB) und zudem erstmals exemplarisch eine Kultur-Kampagne<br />
in Kooperation mit dem Berliner „Tagesspiegel“ umgesetzt, die das Jahresthema umfassend und<br />
kundenfreundlich kommuniziert hat (u. a. Ausflugskarten „Rendezvous mit Friedrich“, Werbung <strong>im</strong><br />
Hörfunk, online und an den Zeitungskiosken).<br />
Aus der konkreten Praxis heraus und durch den kontinuierlichen Dialog mit kulturellen und touristischen<br />
Partnern angestoßen, hat Kulturland Brandenburg gezielt zwei Qualifizierungsprogramme<br />
entwickelt, die Kooperationen an dieser Schnittstelle stärken und letztlich zur vernetzten Entwicklung<br />
marktfähiger Produkte führen.<br />
INNOPUNKT 14 / ESF-Förderung 2005 – 2007<br />
Im Rahmen der Ausschreibung des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen<br />
des Landes Brandenburg über die Landesagentur für Struktur und Arbeit für die so genannte<br />
Innopunkt-Kampagne 14 unter dem Motto „Allianzen zwischen Kultur und Wirtschaft“ hat sich<br />
Kulturland Brandenburg mit einem Projekt zur Weiterentwicklung des Kulturtourismus beworben<br />
und, neben fünf weiteren Projekten, den Zuschlag für eine Förderung über ESF-Mittel erhalten.<br />
Das Projekt hieß „Qualifizierungsoffensive und regionale Netzwerkbildung – Kulturreisen <strong>im</strong> Land<br />
Brandenburg“ und wurde in Zusammenarbeit mit dem Partner Lorenz Tourismusberatung GmbH<br />
durchgeführt. Bei dem insgesamt zweijährigen Projekt, das Ende August 2007 abgeschlossen<br />
wurde, ging es darum, basierend auf den regionalen Strukturen <strong>im</strong> Land Brandenburg die Akteure<br />
aus Kultur und Tourismus in Kommunikation zu bringen, bedarfs- und praxisorientiert zu qualifizieren<br />
und zu coachen, Kooperationen zu initiieren und zu stärken sowie Strukturen und Plattformen<br />
zu entwickeln, die auch nach der Laufzeit des Projektes tragfähig sind.<br />
Qualifizierungsprojekt Kompetenzentwicklung in Kunst und Kultur 2011 – 2013<br />
„Brandenburgisch-Preußische Kulturlandschaft erleben“<br />
Anknüpfend an die Erfahrungen aus dem obigen Projekt hat Kulturland Brandenburg in Kooperation<br />
mit der PROJECT M GmbH das Konzept für ein Qualifizierungsprogramm entwickelt, das<br />
gezielt tragfähige Ansätze <strong>im</strong> Kulturtourismus fördern und weiterentwickeln soll, die insbesondere<br />
anlässlich des Themenjahres „Friedrich 300“ in Kooperation zwischen kulturellen und touristischen<br />
Akteuren entstanden sind.<br />
Brandenburg ist bis heute von seiner preußischen Vergangenheit geprägt, die sich in zahlreichen<br />
historischen Stadt- und Dorfkernen, Schlössern und Gärten, Baudenkmalen und Museen sowie in<br />
der Kulturlandschaft erleben lässt. In der aktuellen Landestourismuskonzeption wird dieses Alleinstellungsmerkmal<br />
aufgegriffen: Das kulturelle Erbe Preußens wird als wichtiges Angebotsthema<br />
für den Tourismus in Brandenburg definiert. Akteuren in Kultur und Tourismus bieten sich damit<br />
neue Ansatzpunkte und interessante Perspektiven.<br />
Das Projekt „Brandenburgisch-Preußische Kulturlandschaft erleben“ ist darauf ausgerichtet, die<br />
Angebotsentwicklung <strong>im</strong> Themenfeld durch gezielte Qualifizierung und Vernetzung zu unterstützen.<br />
Die Teilnehmer der Qualifizierungsveranstaltungen erwerben praxisorientierte Kenntnisse zur<br />
Opt<strong>im</strong>ierung ihrer Projekte und Dienstleistungen sowie zur Entwicklung marktfähiger Angebote<br />
rund um das preußische Kulturerbe. Die Vernetzung von kulturellen Akteuren und touristischen<br />
62
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Leistungsträgern stärkt die Kooperationsstrukturen zwischen Kultur und Tourismus und unterstützt<br />
die themenorientierte Produktentwicklung und Vermarktung. 4<br />
Weiterbildungskurse<br />
Preußen für Gästeführer<br />
Gästeführer sind wichtige Vermittler des kulturellen Erbes und Botschafter Brandenburgs. Mit der<br />
Weiterbildung steht ein Qualifizierungsangebot bereit, das sie bei der themenspezifischen Angebotsentwicklung<br />
unterstützt. Unter Bezugnahme auf das heute erlebbare kulturelle Erbe werden<br />
vertiefte Kenntnisse der brandenburgisch-preußischen Geschichte vermittelt. Weitere Kursinhalte<br />
sind Methodik und Didaktik von Gästeführungen sowie Tourismus- und Marketing-Know-How.<br />
Szenische Führungen<br />
Szenische Führungen und theatralische Rundgänge erfreuen sich steigender Nachfrage und sind<br />
in besonderer Weise dazu geeignet, das kulturelle Erbe Brandenburg-Preußens an authentischen<br />
Orten erlebbar zu machen. Die Teilnehmer erhalten Einblick in die Praxis verschiedener szenischer<br />
Führungsformate. Damit verbunden werden Kenntnisse und Fähigkeiten zur Entwicklung<br />
und Vermarktung szenischer Führungen vermittelt.<br />
Museumsmarketing<br />
Museen bewahren und präsentieren das brandenburgisch-preußische Kulturerbe in all seinen<br />
Facetten und können die kulturtouristische Profilierung des Landes somit in besonderer Weise<br />
unterstützen. In der Weiterbildung werden den Teilnehmern praktische Kenntnisse <strong>im</strong> Museumsund<br />
Tourismusmarketing vermittelt, die ihnen helfen, individuelle Marketingstrategien für ihre Einrichtungen<br />
und Projekte zu entwickeln und umzusetzen.<br />
Individuelle Coachings und Schulungen<br />
Für den spezifischen Bedarf von Einzelpersonen, Gruppen und Einrichtungen bietet das Programm<br />
maßgeschneiderte Beratungs- und Schulungsleistungen. Das Angebot richtet sich nicht<br />
nur an die Teilnehmer der Weiterbildungen, die bei der praktischen Umsetzung der erworbenen<br />
Kenntnisse unterstützt werden möchten, sondern steht allen Akteuren an der Schnittstelle von<br />
Kultur und Tourismus offen.<br />
Regionale Workshops und Produktbörsen<br />
Um die Opt<strong>im</strong>ierung, Entwicklung und Vermarktung kulturtouristischer Angebote rund um das<br />
brandenburgisch-preußische Erbe praktisch zu fördern, werden in Kooperation mit den Reisegebietsverbänden<br />
und anderen Gebietskörperschaften regionale Workshops und Produktbörsen<br />
durchgeführt.<br />
4 Einblicke unter: www.brandenburg-preussen-erleben.de<br />
63
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Kulturland Brandenburg – Finanzierung und Förderung<br />
Kulturland Brandenburg geht es insbesondere auch darum, ressortübergreifende und interdisziplinäre<br />
Ansätze anzuregen und zu fördern sowie Ressourcen zu bündeln. So sollen explizit<br />
Verbundprojekte befördert und Vernetzungen in der Region entwickelt werden. Dabei sind die<br />
Schnittstellen zwischen Kultur und (kultureller) Bildung, Kultur und Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft<br />
sowie Kultur und Tourismus von besonderer Bedeutung.<br />
Kulturland Brandenburg stellt dabei sowohl ein kulturpolitisches Steuerungs- und Förderinstrument,<br />
als auch ein Marketinginstrument des Landes dar. Den ressortübergreifenden und interdisziplinären<br />
strategischen Ansätzen des Vereins entspricht die mittlerweile ressortübergreifende Förderung<br />
der Themenjahre. So ist neben dem Hauptzuwendungsgeber und strategisch-inhaltlichen<br />
Partner, dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur, das Ministerium für Infrastruktur<br />
und <strong>Raum</strong>ordnung ein kontinuierlicher und verlässlicher konzeptioneller und fördernder Partner<br />
der Kulturlandaktivitäten. Themenorientiert beteiligen sich darüber hinaus auch weitere Ministerien<br />
und Landeseinrichtungen auf unterschiedliche Weise an der Unterstützung der Kampagnen<br />
von Kulturland Brandenburg. Der Ostdeutsche Sparkassenverband ist der Hauptsponsor-Partner<br />
für Kulturland Brandenburg, die Ostdeutsche Sparkassenstiftung und die lokalen Sparkassen engagieren<br />
sich gezielt für einzelne Projekte, die <strong>im</strong> Rahmen der Themenjahre realisiert werden. In<br />
den Jahren 2012 und 2013 ist es zudem gelungen, die Investitionsbank des Landes Brandenburg<br />
als Sponsorpartner zu gewinnen.<br />
Kulturland Brandenburg ist beliehen und kann zugewendete Mittel des Landes an Dritte weitergeben;<br />
in der Regel werden ca. dreißig Projekte mit fachlicher Unterstützung eines jährlich wechselnden<br />
Beirats ausgewählt und durch Kulturland Brandenburg gefördert sowie inhaltlich, organisatorisch,<br />
beratend, durch Marketingmaßnahmen und eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit begleitet.<br />
Es gibt drei verschiedene Möglichkeiten, durch Kulturland Brandenburg gefördert zu werden und<br />
als Projekt ein Baustein der Themenjahre zu werden. Einerseits gibt es Schwerpunktprojekte,<br />
also „Leuchttürme“, wie zentrale Ausstellungen und Verbundprojekte, andererseits Einzelprojekte,<br />
die mit einer Summe in Höhe von ca. 8.000 Euro – quasi als „Standardförderung“ – unterstützt<br />
werden.<br />
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, auch ohne finanzielle Förderung als „assoziiertes Projekt“<br />
in die Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit und des Marketings der Dachmarke einbezogen zu<br />
werden. Bei einer Auflage von jeweils 80.000 Exemplaren der halbjährig erscheinenden Veranstaltungskalender,<br />
die gezielt und strategisch vertrieben werden, einer gut frequentierten Website und<br />
einer gezielten Medienarbeit kein gering zu schätzender Effekt, insbesondere auch für Projekte,<br />
die pr<strong>im</strong>är durch bürgerschaftliches Engagement getragen werden.<br />
Projekte, Partnerschaften, Nachhaltigkeit<br />
Kulturland Brandenburg arbeitet zur Realisierung der Themenjahre mit unterschiedlichsten Partnern<br />
zusammen; öffentliche Einrichtungen, Kommunen, wissenschaftliche Einrichtungen, Vereine,<br />
Arbeitsgemeinschaften, Künstlervereinigungen, kirchliche Einrichtungen, touristische Akteure,<br />
Land kreise und Gemeinden sowie ihre Einrichtungen und vieles mehr stellen ein breites Spektrum<br />
64
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
für Kooperationen dar. Dabei sind unterschiedlichste Arbeitsfelder und künstlerische Genres involviert;<br />
die Themenjahre und die bei Kulturland Brandenburg einbezogenen <strong>Netzwerke</strong> umfassen<br />
viel fältige Veranstaltungsformate, u. a. Ausstellungen, Konzerte, Lesungen und Literaturprojekte,<br />
The ater-, Tanz- und Filmprojekte ebenso wie Performances, Tagungen, Workshops, Streitgespräche,<br />
Rad- und Wandertouren sowie Stadtführungen oder Interventionen und Markierungen <strong>im</strong><br />
öffent lichen <strong>Raum</strong>.<br />
Die gezielte Unterstützung und Förderung bürgerschaftlichen Engagements stellt ein zentrales<br />
Anliegen von Kulturland Brandenburg dar, – das „Gütesiegel“, zu der Landeskampagne Kulturland<br />
Brandenburg zu gehören, kann dazu beitragen, Fördermittel zu akquirieren und Sponsoren zu<br />
gewinnen.<br />
Immer wieder wird die (berechtigte) Frage gestellt, inwieweit die Themenjahre von Kulturland<br />
Brandenburg tatsächlich nachhaltig wirken. Hierzu einige Beispiele, die belegen, dass es über die<br />
Themenjahre gelingt, nicht nur eine regionale Identität zu befördern und ein positives Image von<br />
Brandenburg als „Kulturland“ nach außen zu vermitteln, sondern ebenso Projekte und Strukturen<br />
anzuregen und zu unterstützen, die weit über das einzelne Kampagnenjahr hinaus wirksam sind.<br />
Das Themenjahr 2004 „Landschaft und Gärten“ war nach der Phase der Umstrukturierung das<br />
erste Jahr, in dem der Verein bzw. die Geschäftsstelle das neue Profil und das neue Selbstverständnis<br />
umfassender umsetzen und zur Geltung bringen konnte. Dieses Themenjahr hat bewusst<br />
den Spannungsbogen zwischen dem historischen Erbe, den vielfältigen hochkarätigen Park- und<br />
Gartenanlagen sowie den unbekannteren Kleinodien <strong>im</strong> Land, und den aktuellen Herausforderungen,<br />
die mit Landschaft <strong>im</strong> Wandel und Regionalplanung <strong>im</strong> Land, verdichtet in der Bergbaufolgelandschaft<br />
in der Lausitz, verbunden sind, hergestellt.<br />
Aus dem Jahr hat sich zunächst eine informelle fachliche Plattform entwickelt, die schließlich 2006<br />
in die Gründung des Vereins „Gartenland Brandenburg e. V.“ mündete. Dieser Verein wird durch<br />
die Geschäftsstelle von Kulturland Brandenburg koordiniert und betreut, die ebenfalls die Schnittstelle<br />
zu dem mittlerweile gegründeten bundesweite agierenden Netzwerk „Gartennetz Deutschland<br />
e. V.“ darstellt. Somit konnte das Thema Parks und Gärten <strong>im</strong> Land Brandenburg strategisch<br />
weiterentwickelt werden und es ist gelungen, projektorientiert zusätzliche Mittel aus unterschiedlichen<br />
Quellen für die Vorhaben des „Gartenland Brandenburg e. V.“ zu akquirieren, u. a. wurden<br />
Vorhaben durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und das Ministerium für Wirtschaft des<br />
Landes Brandenburg gefördert.<br />
Ein wichtiger strategischer Meilenstein war die Realisierung eines dreitägigen internationalen Gartensymposiums<br />
anlässlich des Themenjahres der Deutschen Zentrale für Tourismus 2008, in dem<br />
Schlösser, Parks und Gärten <strong>im</strong> Zentrum des internationalen Marketings für Deutschland standen.<br />
Das Symposium „Parks und Gärten als Kunstwerk – Potenzial und Vielfalt unentdeckter Werte<br />
<strong>im</strong> Land Brandenburg“ war ein großer Erfolg und fand bei den rund 120 Teilnehmern aus ganz<br />
Deutschland, Frankreich, Schweden und den baltischen Staaten überaus positive Resonanz. Gefördert<br />
wurde das Projekt durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung,<br />
das Ministerium für Wirtschaft sowie das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des<br />
Landes Brandenburg.<br />
65
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Jedes Jahr werden insbesondere Verbund- und Kooperationsprojekte gefördert und damit Synergien<br />
und die Bündelung von Ressourcen erzielt. Beispiele dafür sind die Verbundprojekte des Museumsverbandes<br />
des Landes Brandenburg, in deren Rahmen gemeinsame Marketingstrategien<br />
entwickelt werden, oder die Kooperationsprojekte der Arbeitsgemeinschaft Städte mit historischen<br />
Stadtkernen.<br />
Aus der AG Städte mit historischen Stadtkernen mit insgesamt 31 Mitgliedskommunen beteiligen<br />
sich zwischen fünf und zwölf Städten an den jeweiligen Kulturlandkampagnen. Es wird ein eigener<br />
thematischer Rahmen entwickelt und jede der Städte versucht, einen spezifischen Zugang zu diesem<br />
Thema aufzubereiten, der häufig durch Ausstellungen <strong>im</strong> öffentlichen <strong>Raum</strong> und ein umfangreiches<br />
Begleitprogramm (z. B. Stadtführungen) umgesetzt wird. Parallel wird ein gemeinsames<br />
Marketing, abgest<strong>im</strong>mt auf das Corporate Design und die Marketingmaßnahmen von Kulturland<br />
Brandenburg, konzipiert und realisiert.<br />
Darüber hinaus greifen die Projekte der AG Städte mit historischen Stadtkernen auf die Kompetenzen<br />
der Historischen Fakultät der Universität Potsdam sowie auf Tourismusberatungsunternehmen<br />
zurück, um ihre Vorhaben wissenschaftlich zu untersetzen und für eine nachhaltige<br />
touristische Vermarktung zu qualifizieren. Auch diese Qualifizierung der Akteure und der über die<br />
Themenjahre entwickelten Angebote und Produkte stellt einen wesentlichen Aspekt für die Wirksamkeit<br />
der Landeskampagnen dar.<br />
In jedem Kulturland-Themenjahr entstehen aus zahlreichen Projekten vielfältige kulturtouristische<br />
Angebote und Produkte, die über die Themenjahre hinaus abrufbar sind: Stadtführungen und<br />
Stadtführer als Printprodukt, thematische Routen und Audioguides, Radtouren und Wanderführer,<br />
Markierungen und Ausstellungen <strong>im</strong> öffentlichen <strong>Raum</strong>, <strong>im</strong> Stadtraum.<br />
Darüber hinaus werden zu den Themenjahren <strong>im</strong>mer wieder Wanderausstellungen entwickelt, die<br />
z. T. über mehrere Jahre hinweg durch das Land, aber auch in andere Bundesländer oder sogar<br />
ins Ausland touren – ein wirkungsvolles Beispiel für Nachhaltigkeit. Ebenso wie das Beispiel eines<br />
anderen strategischen Ansatzes, in dem zu den Kulturland-Jahren spezifische, profilierte Ausstellungen<br />
konzipiert werden, die dann, zumindest als Bausteine, in die Dauerausstellung eines<br />
Museums einfließen, deren Gestaltung so mittelfristig erneuert werden kann.<br />
Ausblick und Einschätzung<br />
Das kulturpolitische Konzept von Kulturland Brandenburg ist darauf ausgerichtet, insbesondere<br />
auch in einem Flächenland wie Brandenburg, <strong>Netzwerke</strong> zu befördern, Kooperationen zu initiieren<br />
und zu stabilisieren sowie neue Allianzen zwischen unterschiedlichsten Partnern anzuregen. Die<br />
Orientierung auf ein jährlich wechselndes Thema ermöglicht es dabei <strong>im</strong>mer wieder anderen Partnern,<br />
sich mit einem Projekt einzubringen und an der Jahreskampagne zu beteiligen. Außerdem<br />
werden dadurch <strong>im</strong>mer wieder andere Aspekte des historischen Erbes und der kulturellen Vielfalt<br />
der Region beleuchtet und ins öffentliche Bewusstsein gehoben.<br />
Die Themenjahre wirken nicht nur <strong>im</strong> Rahmen des Binnenmarketings identitätsstiftend für die Bewohner<br />
der Region, sondern auch werbend nach außen. Die Themenjahre stellen also auch ein<br />
wirksames Marketinginstrument des Landes dar.<br />
66
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Über die Realisierung der einzelnen Projekte hinaus wirken die Themenjahre für die Akteure <strong>im</strong><br />
Land auch als Plattform für fachlichen Austausch und zur Vertiefung von Kooperationsbeziehungen.<br />
Dies stellt eine sinnvolle Ergänzung zu den kontinuierlich durch die Geschäftsstelle von Kulturland<br />
Brandenburg betreuten fachlichen <strong>Netzwerke</strong>n, wie z. B. die „Offenen Ateliers“ oder der<br />
Arbeitkreis der Kulturverwaltungen dar. Hier entstehen ebenso fruchtbare Wechselbeziehungen.<br />
Zusammenfassend lassen sich folgende positive Effekte der Landeskampagne Kulturland Brandenburg<br />
beschreiben:<br />
Kulturelle Aktivitäten <strong>im</strong> Land Brandenburg werden zu einem jährlich wechselnden Thema<br />
gebündelt, gefördert, vermarktet und unter einer Dachmarke durchgeführt.<br />
Dadurch werden <strong>im</strong>mer wieder neue Blickwinkel auf das kulturelle Erbe und das kulturelle<br />
Potenzial der Region ermöglicht sowie unbekannte Orte und Kleinodien (wieder)entdeckt.<br />
Die regionale Identität wird gefördert, – gleichzeitig das Außenmarketing mit authentischen<br />
Themen und über authentische Orte gestärkt.<br />
Es werden gezielt Kooperationen angeregt und ressortübergreifende und interdisziplinäre Ansätze<br />
befördert.<br />
Durch die Vernetzung werden Synergieeffekte unter den Partnern erzielt und Ressourcen gebündelt.<br />
Aus temporären Projekten entstehen <strong>Netzwerke</strong>, Initiativen und Impulse für die Zukunft.<br />
Die Qualifizierung und die Kooperation kultureller und touristischer Akteure werden befördert.<br />
Kulturland Brandenburg ist Koordinator, Berater, Moderator und Kommunikator.<br />
Durch die Aktivitäten wird das bürgerschaftliche Engagement gefördert und qualifiziert.<br />
Für Kooperationspartner ergeben sich folgende Effekte:<br />
Kulturland Brandenburg gibt konzeptionelle Impulse und begleitet Kooperationen inhaltlich<br />
und organisatorisch.<br />
Infrastruktur und <strong>Netzwerke</strong> werden als Plattformen für fachlichen Austausch und Kooperationen<br />
angeboten.<br />
Die Projekte werden professionell unter einer Dachmarke beworben und durch eine gezielte<br />
Öffentlichkeitsarbeit begleitet.<br />
Durch die vielfältigen Themen werden unterschiedlichste Anknüpfungspunkte für Partizipation,<br />
aber auch für Förderer geboten.<br />
Der Verein Kulturland Brandenburg kann zugewendete Mittel des Landes an Dritte weitergeben<br />
und damit zahlreiche Projekte <strong>im</strong> Land Brandenburg fördern.<br />
Als Gütesiegel kann Kulturland Brandenburg dazu beitragen, weitere Fördermittel zu akquirieren<br />
und weitere Partner zu gewinnen.<br />
Für den Erfolg eines solchen Konzepts, wie es Kulturland Brandenburg repräsentiert, ist es wichtig,<br />
dass dieses mit entsprechenden Ressourcen umgesetzt und ausgestattet wird sowie dass<br />
eine weitgehend unabhängige Einrichtung diese Aufgabe übern<strong>im</strong>mt, die in der Lage ist, möglichst<br />
viele Akteure, Verbände und <strong>Netzwerke</strong> zu bündeln und bei divergierenden Interessen ausgleichend<br />
zu moderieren.<br />
67
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Im Selbstverständnis dieser Einrichtung ist es bedeutsam, die Akteure <strong>im</strong> Land als gleichberechtigte<br />
Partner zu betrachten und selbst <strong>im</strong> einen oder anderen Fall als Dienstleister zu fungieren.<br />
Ebenso gehört es dazu, auf Prozesse zu setzen und ggf. erst einmal Energie und Kompetenz in<br />
eine Idee oder eine Kooperation zu investieren, auch, wenn das Ergebnis noch nicht unmittelbar<br />
absehbar ist.<br />
Die häufig genutzten Schlagworte „Netzwerk“, „Vernetzung“ und „Kooperation“ sind nur dann etwas<br />
wert und zukunftsfähig, wenn die Beteiligten durch eine gemeinsame Idee, eine gemeinsame<br />
Aufgabe und am besten durch eine gemeinsame Philosophie verbunden sind, – dies gelingt nur,<br />
indem man Prozesse zulässt und auf einen Dialog auf gleicher Augenhöhe setzt.<br />
68
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Erfolgskonzept Vernetzung:<br />
Sachsen-Anhalt macht es vor: Die Beispiele<br />
Straße der Romanik und Gartenträume<br />
Prof. Dr. Christian Antz<br />
Kulturtourismus in der Tourismusstrategie Sachsen-Anhalts<br />
Das Land Sachsen-Anhalt ist eine Reise wert: Ob frühe Menschheitsgeschichte, ob Mittelalter,<br />
Reformation, Barock, Aufklärung oder klassische Moderne – kaum irgendwo findet sich auf so engem<br />
<strong>Raum</strong> eine derartige Vielfalt von kulturellen Zeugnissen, die zu touristischen Wallfahrtsorten<br />
geworden sind. Kein deutsches Bundesland besitzt mehr UNESCO-Weltkulturerbestätten oder<br />
mehr Erinnerungsorte der Barockmusik. Sachsen-Anhalt ist eine Schatzkammer für den Kultur-,<br />
Bildungs- und Städtetouristen, aber auch für den, der Bildung und Erholung auf einmalige Weise<br />
verknüpfen möchte. Denn auch be<strong>im</strong> Naturangebot braucht sich Sachsen-Anhalt nicht vor anderen<br />
touristischen Wettbewerbern zu verstecken. Das UNESCO-Biosphärenreservat Elbe, der<br />
Nationalpark Harz, die Naturparke, die Seen- und Flusslandschaften von Saale, Goitzsche, Havel<br />
oder Arendsee mit dem Rückgrat der Elbe – die Liste der Einmaligkeiten ließe sich fortsetzen. Die<br />
Hauptgeschäftsfelder des Tourismus in Sachsen-Anhalt müssen deshalb aus gutem Grund der<br />
Kultur- sowie der Naturtourismus sein. Denn ohne ein herausragendes Angebot als sogenanntes<br />
Alleinstellungsmerkmal kann es auch keine Nachfrager, also Besucher, geben.<br />
Diese Schwerpunktgeschäftsfelder sind aber auch vielen anderen Ländern Deutschlands und Europas<br />
eigen. Deshalb muss das Landesangebot des Kultur- (einschließlich Städte) und Naturtourismus<br />
(einschließlich Aktiv und Gesundheit) auf Alleinstellungen <strong>im</strong> Themenmarketing herunter<br />
gebrochen sowie Ortsdestinationen eng miteinander vernetzt werden, die das Land nach außen<br />
touristisch noch klarer profilieren. Dazu gehören die landesweiten Markensäulen Straße der Romanik<br />
® (Kultur), Blaues Band ® (Natur und Aktiv), Gartenträume ® (Kultur und Natur) sowie die<br />
regionale Markensäule H<strong>im</strong>melswege ® (Kultur und Saale-Unstrut) sowie weitere überregionale<br />
Schwerpunktthemen wie UNESCO-Welterbe Sachsen-Anhalt, Sachsen-Anhalt – Luthers Land<br />
oder Musikland Sachsen-Anhalt. Diese werden auch regional weiter untersetzt bzw. durch regionale<br />
Schwerpunktthemen ergänzt.<br />
Daneben haben sich touristische Schwerpunktregionen (Reisezielgebiete, Destinationen) in<br />
Sach sen-Anhalt herausgebildet, die sich <strong>im</strong> Gegensatz zu anderen geographischen Einheiten<br />
bundesweit aus sich heraus und ohne jede Art von Erklärung begreifen, profilieren und vermarkten<br />
lassen. Dies sind in Sachsen-Anhalt von Nord nach Süd die Landschaften Altmark, Gartenreich<br />
Dessau-Wörlitz, Harz (Länder übergreifend mit Thüringen und Niedersachsen) und die Weinregion<br />
Saale-Unstrut (Länder übergreifend mit Thüringen). Dadurch entstand nach Innen wie nach<br />
Außen ein geradezu idealer touristischer Angebotsmix aus Regionen- und Themenmarketing, mit<br />
dem das Land Sachsen-Anhalt in den vergangenen Jahren bundesweit große Erfolge erzielen<br />
69
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
konnte. Die zentralen touristischen „Produkte“, die dem Land innewohnen und durch die das Land<br />
Gäste nach Sachsen-Anhalt zieht, müssen deshalb konsequent weiter profiliert und penetriert<br />
werden, wie jährlich durch mit diesen verknüpften (und nicht losgelösten) Verstärkerthemen (so<br />
genannte Jahresthemen).<br />
Das Land versucht – mal mehr, mal weniger erfolgreich – nicht mehr alles und jedes, einen touristischen<br />
„Gemischtwarenladen“, der für den Kunden <strong>im</strong>mer unübersichtlicher wird, zu vermarkten,<br />
sondern wenige, gut profilierte Schwerpunkte. Dabei werden örtliche und regionale Angebote<br />
in keiner Weise ausgegrenzt. Aber das übergeordnete touristische Profil des Landes kann nach<br />
außen nur eindeutig und langfristig sein. Nur mit jahrelangem Penetrieren kommen <strong>im</strong> weltweiten<br />
Wettbewerb der Botschaften und Nachrichten (die oben genannten Themen und Regionen)<br />
überhaupt in den Köpfen der Menschen an. Diese zwanzigjährige touristische Profilierung des<br />
Tourismus in Sachsen-Anhalt liest sich zunächst wie ein tourismuswissenschaftliches Lehrbuch,<br />
doch die Realität sieht nicht <strong>im</strong>mer so geradlinig aus.<br />
Immer wieder versuchen selbst ernannte Experten einerseits eine touristische „Dachmarke Sachsen-Anhalt“<br />
zu erfinden, die es <strong>im</strong> Gegensatz zum Standortmarketing einfach nicht gibt. Das Land<br />
kann sich touristisch nicht als „Reiseland Sachsen-Anhalt“ verkaufen, da das Bundesland an sich<br />
kein emotionales Reisegebiet (Destination) ist, sondern die oben genannten wenigen Schwerpunktthemen<br />
und Schwerpunktregionen innerhalb und unter des „Hauses“ Sachsen-Anhalt. Andererseits<br />
wurden und werden von mehr oder weniger einflussreichen Lobbyisten <strong>im</strong>mer wieder<br />
Randthemen zu vermarktungsfähigen Schwerpunkten hochstilisiert. Dieser Vorgang wiederholt<br />
sich in jedem Bundesland und über alle Jahre hinweg, kann – je nach Einflussreichtum – viel Ärger<br />
und Unruhe verursachen und Arbeitskraft und Finanzmittel binden; die Themen werden aber auf<br />
dem Markt <strong>im</strong> Regelfall nicht angenommen und verschwinden, nachdem viel Energie und Geld<br />
eingesetzt wurde, in der Versenkung. Deshalb ist es um so bewundernswerter, dass es Sachsen-<br />
Anhalt über Parteigrenzen und Legislaturperioden hinweg geschafft hat, Destinationen kontinuierlich<br />
und langfristig aufzubauen, die dem Land eigen sind (Alleinstellungsmerkmale des Angebots)<br />
und vom Markt (Nachfrage großer Zielgruppen) angenommen wurden. Die Erfolgsbilanz bei den<br />
Gästen gibt dieser Strategie Recht. Nachfolgend sollen zwei Alleinstellungsmerkmale und Markensäulen<br />
des Kulturtourismus in Sachsen-Anhalt, die „Straße der Romanik“ – eine Entdeckungsreise<br />
ins Mittelalter, und die „Gartenträume“ – historische Parks in Sachsen-Anhalt, vorgestellt und<br />
analysiert werden, um die Strategie und den Erfolg nachvollziehbar zu machen.<br />
STRASSE DER ROMANIK ® – Entdeckungsreise ins Mittelalter<br />
Die Straße der Romanik ist eine touristische Kulturstraße, die die bedeutendsten erhaltenen<br />
Denk mäler der Ottonik und Romanik in Sachsen Anhalt zusammenführt. Ihre Bedeutung ermisst<br />
sich einerseits darin, dass sie die erste Tourismusstraße in den neuen deutschen Bundesländern<br />
war. Durch ihre Regionen umgreifende Form ist sie andererseits die erste Tourismusstraße<br />
Deutschlands, die sich auf ein Bundesland beschränkt und dieses gleichzeitig flächendeckend<br />
umfasst. Wie kein anderes Land der Bundesrepublik Deutschland besitzt Sachsen Anhalt einen<br />
unschätzbaren Reichtum an Denkmälern aus der Ottonik und der Romanik. In ungewöhnlicher<br />
Dichte sind hier Klöster und Dome, Dorfkirchen und Wohnhäuser, Stadtanlagen und Burgen, Straßen<br />
und Skulpturen, Malerei und Schatzkunst Ausdruck eines gemeinsamen abendländischen<br />
70
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Denkens. Zum größeren Teil besitzen diese mittelalterlichen Kunstwerke zudem europäischen<br />
Rang. In Deutschland kann sich in Hinblick auf Qualität und Anzahl der erhaltenen romanischen<br />
Kunst nur noch das Rheinland mit Sachsen Anhalt messen.<br />
Sachsen Anhalt ist zwar eine noch junge Verwaltungseinheit; das <strong>im</strong> Wesentlichen aus preußischen<br />
und anhaltischen Gebieten 1947 gebildete Land wurde bereits 1952 aufgelöst und erst <strong>im</strong><br />
Jahre 1990 wieder gegründet. Doch der Schein trügt. So wie Sachsen Anhalt durch die deutsche<br />
Eini gung wieder ins Zentrum Deutschlands und der Integration von West und Osteuropa gerückt<br />
ist, so wurde hier bereits vor 1000 Jahren internationale Politik gemacht. Es gab eine Zeit, da war<br />
dieser <strong>Raum</strong> nicht nur geeint, sondern hat weit über seine Grenzen hinausgestrahlt, nämlich zwischen<br />
dem Zerfall des fränkischen Großreiches der Karolinger und dem Ende der Herrschaft der<br />
Hohenstaufen in Deutschland. Vor allem <strong>im</strong> 10. Jahrhundert, als die sächsischen Herzöge der Liudol<br />
finger bzw. der Ottonen von ihrem Stammland aus als Könige und Kaiser das deutsche Reich<br />
einigten, lag Sachsen Anhalt <strong>im</strong> Zentrum der Macht.<br />
Diese historisch-geographische Bedeutung und die Fülle mittelalterlicher Kunst waren Anlass zur<br />
Projektierung der Straße der Romanik. Das nicht auf wissenschaftliche Kunstgeschichte, sondern<br />
auf sanften Kulturtourismus angelegte Projekt eröffnete dem Land vielfältige Chancen. Als Zielgruppen<br />
waren gerade am Anfang nicht nur auswärtige Besucher (Außenmarketing), sondern auch<br />
die Landesbevölkerung angesprochen (Innenmarketing). In einem Bundesland, dessen einzelne<br />
Regionen sich historisch unterschiedlich entwickelt haben und das dadurch eine erst junge gemeinsame<br />
Vergangenheit besitzt, trug die landesumgreifende, Orts- und Regionen umfassende Straße<br />
der Romanik zur Identitätsstiftung bei. Preußische, brandenburgische, magdeburgische, anhaltische<br />
oder wettinische Traditionen wurden auf der Grundlage der gemeinsamen romanischen Wurzeln<br />
zu einem neuen landestragenden Gefühl „Wir in Sachsen Anhalt“ zusammengeführt.<br />
Die touristische Landesstrategie Sachsen Anhalts firmierte mit dem landesweiten Markenzeichen<br />
der Straße der Romanik auch nach außen lange Zeit unter dem Slogan „Ein Land macht Geschichte“.<br />
Die Straße der Romanik beschäftigt sich zwar mit Geschichte und Kunstgeschichte,<br />
doch zielt sie auf die Zukunft der Geschichte. Tourismuspolitik ist Wirtschaftspolitik, und der Kulturtourismus<br />
entwickelt sich seit Jahren zu einem der bedeutenden Faktoren dieses Wirtschaftszweiges<br />
in Deutschland und Europa. Das Mittelalter wurde spätestens seit der Erstpublikation von<br />
Umberto Ecos Buch „Der Name der Rose“ 1980 und dessen Verfilmung 1986 zum Renner in diesem<br />
Kulturtourismuszweig. Sachsen Anhalt ist auf diesen Zug frühzeitig aufgesprungen und hat<br />
die Straße der Romanik auf dem Reisemarkt eingeführt und etabliert. Ziel der Straße der Romanik<br />
war von Anfang an auch die Schaffung eines von Landschaft und Kultur geprägten, wirtschaftlich<br />
stabilen Arbeits und Lebensraumes.<br />
Die Idee zur Straße der Romanik entstand 1992 und kam über Umwege nach Sachsen-Anhalt.<br />
In Zusammenhang mit den Vorbereitungen zu der 1993 eröffneten Ausstellung „Bernward von<br />
Hildeshe<strong>im</strong> und das Zeitalter der Ottonen“ in Hildeshe<strong>im</strong> wurde vom Wirtschaftsministerium Niedersachsens<br />
eine kulturtouristische Profilierung dieser Großausstellung angestrebt. Das damalige<br />
Partnerland Sachsen-Anhalts spielte zunächst mit dem Gedanken, das Jahr 1993 als „Jahr der<br />
Romanik ´93“ touristisch aufzuwerten, hat sich jedoch später für ein Pendant zu Sachsen Anhalt,<br />
den „Wegen in die Romanik ´93“, entschieden. Von Niedersachsen angefragt, sich an diesem Jahr<br />
der Romanik zu beteiligen, griff das Wirtschaftsministerium Sachsen-Anhalts den Gedanken auf,<br />
71
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
erkannte den einmaligen kulturellen Bestand und das touristische Potential dieses Themas und<br />
entwickelte den Gedanken einer „Straße der Romanik“.<br />
Im Wirtschaftsministerium wurde 1992 die Projektentwicklung und -leitung der Straße der Romanik<br />
etabliert. Ein aus verschiedenen Fachgebieten gebildetes Expertengremium unter Teilnahme<br />
des Wirtschafts und Kultusministeriums, des Landesamtes für Denkmalpflege, des Landestourismusverbandes,<br />
der evangelischen und katholischen Kirchen, wurde berufen und mit der kritischen<br />
Auswahl der ottonischen und romanischen Objekte betraut. Als Kriterien dienten zunächst Qualität<br />
und Erhaltungszustand, in zweiter Linie Abwechslungsreichtum und regionale Ausgewogenheit.<br />
Aus der Vielzahl der romanischen Objekte hatten sich 72 Kulturdenkmäler in 60 Städten und<br />
Gemeinden herauskristallisiert; eine Evaluierung 2007 erweiterte die Zahl der Objekte auf 80 in<br />
65 Orten. Für das Außenmarketing ist diese Größenordnung kaum zu handhaben, nach Innen<br />
aber durchaus ein Erfolgs- und Identitätsfaktor. Deshalb wurde 2007 auch eine Kategorisierung<br />
mittels Sterne-Klassifizierung nach touristischer Bedeutung eingeführt. Im Expertengremium und<br />
in Abst<strong>im</strong>mung mit dem Landesamt für Straßenbau wurde auch die Streckenführung der Tourismusstraße<br />
festgelegt. In Form einer „8“ mit dem Schnittpunkt Magdeburg führt sie auf einer Nord<br />
und einer Südroute ungefähr 1000 Kilometer quer durch Sachsen Anhalt. Je nach Zeitansatz<br />
können die Gesamtstrecke, die Nord bzw. die Südroute oder nur Teilstrecken abgefahren werden.<br />
In ihrer Gesamtheit stellt die Straße der Romanik ein einzigartiges, raumumgreifendes Kulturmuseum<br />
mittelalterlicher Geschichte dar.<br />
Die Idee ist das eine, die Umsetzung das andere. Die vielfältigen Aktivitäten zur Etablierung der<br />
Straße der Romanik aus den letzten 15 Jahren lassen sich hier nur summarisch aufführen. Ein<br />
fundamentaler Baustein waren erhebliche Investitionen mit Hilfe unterschiedlicher Fördermittel<br />
des Landes, des Bundes, der Europäischen Union, aus Kirchen oder Stiftungen. Damit wurden in<br />
relativ kurzer Zeit die grundhafte Restaurierung der romanischen Objekte, deren räumliche und<br />
städtebauliche Gestaltung, Straßen-, Rad- und Wegebau, die Ausschilderung oder das Angebot in<br />
Gastronomie und Hotellerie geschaffen. In Zusammenarbeit mit Tourismus- und Marketingagenturen<br />
entwickelte sich ein umfängliches Außenmarketingportfolio von örtlichen und landesweiten<br />
Faltblättern, Broschüren und Werbeträgern aller Art und vielen Sprachen, die von anderer Seite<br />
über Buch- und Kartenpublikationen ergänzt wurden. Jährliche Verstärkerthemen, vor allem in<br />
Zusammenhang mit zugkräftigen Ausstellungen wie 2001 zu „Otto der Große, Magdeburg und<br />
Europa“ in Magdeburg (350.000 Besucher) <strong>im</strong> Jahr „Glanz der Romanik – Entdeckungsreisen ins<br />
deutsche Mittelalter“ der Deutschen Zentrale für Tourismus, begleiten das eher statische Produkt<br />
der Straße der Romanik ebenso wie feste und wechselnde Musik- oder Theaterveranstaltungen<br />
vor Ort. Dieses Erfolgskonzept soll auch 2012 mit der dritten ottonischen Magdeburger Landesausstellung<br />
„Otto der Große und das Römische Reich. Kaisertum von der Antike zum Mittelalter“<br />
und den elf Korrespondenzorten <strong>im</strong> Land fortgesetzt werden.<br />
Auch hier zeigt sich, dass nur die gemeinsamen Anstrengungen aller, vor allem von Kultur, Kirche<br />
und Wirtschaft, ein kulturtouristisches Projekt zum Erfolg führen können. Alle Vermarktungsaktivitäten<br />
nach Außen sind jedoch nichts ohne die Dienstleistung vor Ort. Deshalb spielte die Entwicklung<br />
eines kontinuierlichen und auf Qualität gerichteten Innenmarketings, ständige Kommunikation<br />
und Schulung, Erweiterung von Öffnungszeiten, Gästeführerausbildung, Ausrichtung des<br />
Romanik-Preises oder Entwicklung buchbarer Angebote, einen zentralen, <strong>im</strong>mer noch verbesse-<br />
72
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
rungsfähigen Baustein der Besucherbindung an die Straße der Romanik. Das gesamte Innenmarketing<br />
zur Straße der Romanik lag von Anfang an und heute verstärkter denn je als zentrale<br />
Aufgabe in den Händen des Landestourismusverbandes. Entscheidend positiv hat das bereits<br />
1992 entwickelte und bis heute einprägsame weinrote Logo alle Maßnahmen an der Straße der<br />
Romanik begleitet und Besucher wie Bewohner, <strong>im</strong> Innen- wie <strong>im</strong> Außenmarketing, den Kern einer<br />
Corporate Identity vermittelt.<br />
Am 7. Mai 1993, dem 1020. Todestag Kaiser Ottos der Großen, aber eigentlich der einzige Tag,<br />
an dem der Bundespräsident <strong>im</strong> Mai noch einen Termin in den neuen Bundesländern frei hatte,<br />
wurde die Straße der Romanik <strong>im</strong> Kloster Unser Lieben Frauen in Anwesenheit des deutschen<br />
Staatsoberhauptes, Dr. Richard von Weizsäcker, eröffnet. Noch fünfzehn Jahre später schärft er<br />
seinem Umfeld ein: „Nicht in Berlin stand die Wiege Deutschlands, sondern in Sachsen-Anhalt“. In<br />
der kurzen, aber intensiven Planungsphase wurde jedoch vieles auf die richtige Schiene gesetzt.<br />
Die Straße der Romanik ist mit ungefähr 1,6 Mio. Besuchern <strong>im</strong> Jahr 2011 <strong>im</strong>mer noch das Zugpferd<br />
des (Kultur-)Tourismus in Sachsen-Anhalts und eine der zehn bekanntesten (von insgesamt<br />
ca. 200) Tourismusstraßen Deutschlands. Tourismus schafft Bekanntheit und Sympathie, aber<br />
auch Umsatz und Arbeitsplätze. Durch die Straße der Romanik wurden in Sachsen Anhalt seit<br />
1993 erfolgreich Kulturschätze in Tourismuswerte umgemünzt. Dafür erhielt die Route <strong>im</strong> Rahmen<br />
des europäischen, ab 2007 als Verein geführten <strong>Netzwerke</strong>s „Transromanica“ vom Europarat<br />
2007 die Anerkennung als Europäische Kulturstraße.<br />
Gartenträume® – Historische Parks in Sachsen-Anhalt<br />
Erst dreizehn Jahre später, <strong>im</strong> Jahr 2006 wurde das kulturtouristische Landesprojekt Gartenträume<br />
auf den Tourismusmarkt mit der Kampagne „Schlösser, Parks und Gärten – Romantisches<br />
Deutschland“ der Deutschen Zentrale für Tourismus eingeführt und als neue Markensäule und<br />
Wirtschaftsfaktor für das Land Sachsen-Anhalt etabliert. Als sich <strong>im</strong> Sommer 1999 die Idee und<br />
die Konzeption eines gartentouristischen <strong>Netzwerke</strong>s in Sachsen-Anhalts entwickelte und <strong>im</strong><br />
Herbst auf der Garten-Tagung der Niedersächsischen Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz<br />
in Oranienbaum erstmals vorgestellt wurde, gab es eher Kopfschütteln zu einer Verknüpfung von<br />
Gärten, krisengeschüttelter Region und Träumen. Man hätte es sich <strong>im</strong> „Traum“ nicht einfallen<br />
lassen, dass das Thema erstens nach knapp fünfjähriger eigentlicher Umsetzungsarbeit wirklich<br />
marktreif sein kann sowie sich zweitens der Gartentourismus in dieser Zeit zu einem europäischen<br />
Wachstumsmarkt entwickeln würde. Das nennt man landläufig Weitsicht.<br />
Auch vor dem Hintergrund der nach zwanzig Jahren <strong>im</strong>mer eigenartiger werdenden wellenartigen<br />
Ost-West-Deutschland-Diskussion kann mit Stolz gesagt werden, dass landesweite Tourismusprojekte<br />
wie Straße der Romanik, Blaues Band oder Gartenträume in dieser Struktur und in dieser<br />
Zeit nur in den neuen Bundesländern entstehen konnten. Denn nur das gemeinsame, zielgerichtete,<br />
fach- und ressortübergreifende, umsetzungsorientierte Arbeiten ließen die Gartenträume reifen.<br />
Nur weil alle Partner, Kultus- und Wirtschaftsministerium, Planungsbüro Hortec und Landesamt<br />
für Denkmalpflege und Archäologie, Landeshe<strong>im</strong>atbund und Gartenträume e. V., Parkeigentümer<br />
und Landschaftsplanungsbüros, Kommunen und Vereine, Landesmarketinggesellschaft und Tourismusorganisationen<br />
sowie alle weiteren Initiatoren, die kulturelle und wirtschaftliche Chance der<br />
73
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Gartenträume erkannt haben, war dies möglich. Und letztendlich sind es natürlich nicht die Institutionen,<br />
sondern vielleicht vier Hände voll engagierter Menschen, die voller Elan und Energie das<br />
Projekt ins Rollen gebracht und <strong>im</strong> Rollen gehalten haben.<br />
Was war nun zuerst da – sind die Gartenträume die Henne oder das Ei? Wie zur Zeit der Entwicklung<br />
der Straße der Romanik die gesellschaftlichen Tendenzen „back to the roots“ wiesen und der<br />
Mittelaltertourismus als Thema in der Luft lag, so war auf jeden Fall der Trend zum „Garten“ als<br />
kultur- und freizeittouristisches Thema europaweit spürbar. Gärten, sie nutzen und anzuschauen,<br />
sie zu bewirtschaften und zu besuchen, durchziehen die gesamte Menschheitsgeschichte,<br />
scheinen aber gerade <strong>im</strong> globalisierten und technisierten Heute ein tieferes Bedürfnis zu sein.<br />
„Lust auf Garten“ titelt schon das Lufthansa-Magazin 2000 und dokumentiert, was nicht nur in<br />
der sprunghaft angewachsenen Zahl von Gartenmagazinen deutlich wird: Freizeitgärtnern ist in<br />
Deutschland ein Wachstumsmarkt. Auch der dort zitierte Hamburger Trendforscher Peter Wippermann<br />
bescheinigt dem Thema Garten eine „große Zukunft“. Neben Gärtnern und Gartenlektüre<br />
erleben Gartenreisen in historische und neue Parks einen Boom. Für die Touristen sind Schauen<br />
und Nachmachen wichtige Gründe für einen solchen Besuch. Befragungen bestätigen die Prognosen<br />
der Experten: Die Gäste wollen in erster Linie Blumen sehen und Pflanzen bestaunen,<br />
spazieren gehen und Ruhe, Erholung und Entspannung empfinden sowie Kaffees, Restaurants<br />
und eventuell Veranstaltungen in Gärten besuchen.<br />
Wenn auch der wachsende Markt des Freizeitgärtnerns nicht direkt mit dem Gartentourismus verglichen<br />
werden darf, sind doch dessen Zahlen beeindruckend: Danach wurden 2001 <strong>im</strong> Bereich<br />
Gartenbedarf (Möbel, Geräte, Dekoration, Erden, Dünger etc.) rund sechs Mrd. und für lebendiges<br />
Grün (ohne Schnittblumen) rund vier Mrd., also insgesamt ca. zehn Mrd. Euro in Deutschland ausgegeben.<br />
Diese Werte decken sich auch mit den positiven Prognosen der Demoskopen, die den<br />
Deutschen 2002 eine ungebrochene Leidenschaft für Gärten attestieren: 58 % der Bevölkerung<br />
besitzen einen Garten, weitere 7,4 Mio. hegen einen bisher unerfüllten Gartenwunsch. Neben<br />
den traditionellen Gartenreisen nach England und Frankreich, in den vergangenen Jahren auch<br />
nach Holland und Belgien entstehen in Deutschland nunmehr in zunehmendem Maße Gartenrouten.<br />
Quer zum virtuellen Zeitgeist wächst also die Neigung zu Gärten – anschauen, genießen,<br />
gärtnern, kreativ sein. Dabei führt wie be<strong>im</strong> Mittelaltertourismus die ältere Generation deutlich<br />
die Zielgruppe an – dies aber konstant. Und das bedeutet, dass die Gartenbegeisterung wie der<br />
Kulturkonsum mit dem Alter zun<strong>im</strong>mt und damit das Gartenthema die einzige, in den nächsten<br />
zwanzig Jahren rasant wachsende Altersgruppe bedient.<br />
Parallel zu diesen allgemeinen Trends gab es in Sachsen-Anhalt die Initialzündung der Gartenträume,<br />
die Sehnsüchte und Bedürfnisse des post-postmodernen Menschen zumindest teilweise<br />
befriedigen möchten. Aus diesem Bewusstsein heraus wurde ab 2000 auf Initiative des Wirtschaftsministeriums<br />
das Landesprojekt „Gartenträume“ als einmaliges Bindeglied zwischen dem<br />
Kultur- sowie Naturerbe Sachsen-Anhalts entwickelt. Ausgehend von der Beschäftigung einerseits<br />
mit dem Gartenreich Dessau-Wörlitz und andererseits mit der Bundesgartenschau Magdeburg<br />
1999 sind die Gartenträume wie das Blaue Band und die Straße der Romanik nicht aus einem<br />
willkürlichen Akt oder allein von der Nachfrageseite her entstanden, sondern aus der endogenen<br />
und gewachsenen, einmaligen und authentischen Gartenkulturlandschaft, die sich über das ganze<br />
Bundesland zieht.<br />
74
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Ungefähr 1000 denkmalgeschützte Garten- und Parkanlagen finden sich in Sachsen-Anhalt. Neben<br />
den bekannten Parks, insbesondere den Anlagen des <strong>im</strong> Jahr 2000 anerkannten UNESCO-<br />
Weltkulturerbes „Gartenreich Dessau-Wörlitz“, stellen auch die vielen, noch weniger bekannten<br />
historischen Gärten ein wichtiges historisches Erbe dar, das es zu schützen und zu pflegen, wissenschaftlich<br />
zu erforschen und zu verbreiten gilt. Aus der schier unüberschaubaren Zahl der<br />
historischen Parks in Sachsen-Anhalt wurden gemeinsam von Wirtschaftsministerium, Landesamt<br />
für Denkmalpflege und Kultusministerium 40 Parkanlagen ausgewählt. Nach einer Evaluierung<br />
der Gartenträume hat sich die Zahl <strong>im</strong> Jahr 2010 auf 43 Parkanlagen erhöht. Aufgrund von Erfahrungen<br />
ergibt sich eine solche Prioritätensetzung notwendigerweise aus der Beschränkung der<br />
finanziellen Ressourcen zur Sanierung der Parkanlagen und aus einer klaren überschaubaren<br />
Produktdefinition <strong>im</strong> Tourismusmarketing. Gerade die Ausweitung auf einen Park des 21. Jahrhunderts,<br />
die Landschaftskunst Goitzsche in Pouch bei Bitterfeld, demonstriert die Vorwärts- und nicht<br />
Rückwärtsgewandtheit des Gesamtprojektes.<br />
Zur Analyse, Koordinierung, Förderung und Sanierung der einzelnen Gärten und <strong>im</strong> Zusammenhang<br />
mit dem Gesamtprojekt bediente sich das Land von 2001 bis 2008 des Projektmanagements<br />
durch das Planungsbüro Hortec Gartendenkmalpflege in Wörlitz und Berlin, das durch seine<br />
Umsetzungsorientierung die Gartenträume in dieser kurzen Zeit zum deutschlandweiten Modell<br />
gemacht hat. Denkmalpflegerahmenpläne, ehrenamtliches Engagement, Sanierungen, Beschilderungssysteme,<br />
Finanzierungslösungen, Umfeldplanungen, Lobbyarbeit sind nur einige leicht<br />
hingesagte Stichworte, die in harter Arbeit in kurzer Zeit mit prallem Leben gefüllt wurden. Um die<br />
Verknüpfung von Denkmaleigentum und -nutzung, -sanierung und -pflege vom Kopf auf die Füße<br />
zu stellen, haben sich die Parkeigentümer und -träger auf Anregung der Landesregierung 2003<br />
zum Verein Gartenträume e. V. zusammengeschlossen. Hier werden alle relevanten Themen landesweit<br />
ausgetauscht, diskutiert und umgesetzt; und natürlich auch vermarktbare Produktbausteine<br />
und Veranstaltungen mit der Hotellerie und der Gastronomie, den touristischen Regional- und<br />
Fachverbänden gemeinsam entwickelt (Innenmarketing) und dann über das Landesmarketing und<br />
die Deutsche Zentrale für Tourismus auf den Reisemarkt gebracht.<br />
Das bereits 2001 entwickelte, einprägsame grüne Logo der Gartenträume weist den Gästen den<br />
Weg <strong>im</strong> Land und <strong>im</strong> Marketing. Denn neben dem kulturgeschichtlichen Erbe sind die vielen Garten-<br />
und Parkanlagen ein wichtiges und wertvolles touristisches Potenzial für das Land. Es ging<br />
mit der Sanierung und der Vermarktung der einmaligen Parks auch um die Zukunft Sachsen-<br />
Anhalts. Zum ersten Mal wurde in Deutschland ein auf Alleinstellungsmerkmalen beruhendes,<br />
landesweites touristisches Netzwerk historischer Gärten und Parks unter dem Dach und dem<br />
Titel der Gartenträume geschaffen – das kann man anderenorts Sachsen-Anhalt nun nur noch<br />
nachmachen. Ein bundesweiter Austausch der gartentouristischen Landes- und Regionalprojekte<br />
findet seit 2007 <strong>im</strong> Gartennetz Deutschland – Bundesverband regionaler Garteninitiativen statt,<br />
in dem die Gartenträume außerdem eine wichtige und neuartige Transferrolle von Ost nach West<br />
übernehmen.<br />
Durch frühzeitige Einbeziehung aller Beteiligten konnten mögliche Konflikte mit dem Naturschutz,<br />
dem Forst, der Bauleitplanung, den Nutzern etc. min<strong>im</strong>iert oder ausgeräumt werden. Die Denkmalpflege<br />
stellt dabei einen Garanten für die Qualität der historischen Garten- und Parkanlagen<br />
und damit auch der touristischen Vermarktbarkeit dar. Aber gerade die Einbindung der histori-<br />
75
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
schen Gartenanlagen in die spezifische Siedlungs- und damit Landesgeschichte bildet einen wesentlichen<br />
Aspekt des Erhaltungspostulats. Die heutigen Gärten kennen <strong>im</strong> Gegensatz zu ihrer<br />
historischen Planungsgestalt keine Grenzen; ihre Einordnung in Städtebau und Dorfgestalt und<br />
dadurch in Städtebausanierungs- und Dorferhaltungsprogramme verdeutlicht ihren Ensemblecharakter.<br />
Eine „Biotopisierung“ des Einzelparks steht nicht <strong>im</strong> Interesse des Gesamtprojektes. Ein<br />
korrekt sanierter, national bedeutsamer historischer Garten in einem beliebigen siedlungsräumlichen<br />
Umfeld min<strong>im</strong>iert das Gästeinteresse gegen Null; hier sitzen Denkmalpflege und Tourismus<br />
mehr denn je in einem „Boot“.<br />
Dazu zählen auch die naturräumlichen und landwirtschaftlich genutzten Bereiche des Parkumfeldes.<br />
Ob Auenlandschaften und Flussräume, Solitärbäume und Sichtachsen, Schafsweiden und<br />
Kulturpflanzungen, die „Umwelt“ der historischen Gärten trägt entscheidend zu ihrer historischen,<br />
naturräumlichen wie touristischen Bedeutung bei. Am Musterbeispiel der historischen Gärten<br />
<strong>im</strong> Gartenreich Dessau-Wörlitz entlang der Elbe kann diese Einheit von vegetabilen Natur- und<br />
Kulturformen unter dem Dach der Kulturlandschaft am besten nachvollzogen werden. Aber auch<br />
sonst dürfen bei der Betrachtung der historischen Gärten der gesetzliche Schutz in <strong>Raum</strong>ordnung,<br />
Naturschutz und Denkmalschutz nicht als Gegensätze betrachtet werden. Das Projekt Gartenträume<br />
kann eine konstruktive Gesprächsplattform für Naturschützer und Denkmalpfleger bieten und<br />
<strong>im</strong> Ergebnis vielleicht ein Modell für Deutschland sein.<br />
Wirtschaftliche Wertschöpfung, die Schaffung von Arbeit, das Einbringen von Investitionen und<br />
der touristische Umsatz sind neben der kulturellen Bedeutung ein wichtiger Effekt bei der Betrachtung<br />
des Landesprojektes Gartenträume. Diese Einheit von Wirtschaft und Kultur hat Fürst<br />
Franz von Anhalt-Dessau, der Begründer der Kulturlandschaft Gartenreich Dessau-Wörlitz schon<br />
<strong>im</strong> 18. Jahrhundert verstanden und sie selbst auf dem Sterbebett nochmals formuliert: „Man muß<br />
für Arbeit sorgen, darauf kommt alles an!“. Die Trends in Großbritannien und Frankreich haben es<br />
gezeigt, dass das Thema Garten sowohl als Freizeitbeschäftigung als auch in der Tourismusnachfrage<br />
„en vogue“ ist. Mit Besucherzahlen <strong>im</strong> Bereich von 15 Mio. jährlich verzeichnen beide Länder<br />
eine hohe Nachfrage <strong>im</strong> Gartentourismus.<br />
Das Interesse der typischen Gartenbesucher hat aber den Schwerpunkt auf dem generellen Bedürfnis<br />
nach Ruhe, Idylle, Ästhetik und Natur. Die Mehrheit der Besucher will einfach einen erholsamen<br />
Tag in attraktiver (!) Umgebung. Sie sind keine Gartenspezialisten, sind oftmals in Zusammenhang<br />
mit einem eigenen Garten am Thema Gärtnern interessiert, spüren jedoch unterbewusst<br />
die hohe ästhetische Qualität und Authentizität sowie das Distanz schaffende Anderssein der historischen<br />
Gartenanlagen. So bringt auch Franz Sattlecker, Geschäftsführer des Schlosses Schönbrunn<br />
in Wien, die Chancen der Gartenträume auf den Punkt: „Den Konsumenten geht es nicht<br />
darum, ihre Bedürfnisse abzudecken, sondern um Wünsche und Träume“. Gärten üben deshalb<br />
in dieser globalisierten und hektischen Welt vor allem für die Naherholung und den Kurzzeittourismus<br />
eine hohe Anziehungskraft aus, wobei wie Frankreich und England auch Sachsen-Anhalt die<br />
Chance erkannt hat, Gäste über Gärten vom Land zu begeistern. Dies zeigt sich traditionell bereits<br />
<strong>im</strong> Gartenreich Dessau-Wörlitz, das einerseits einen hohen Stammkundenanteil aus dem Nahbereich<br />
aufweist und andererseits natur-, kultur- und erlebnisorientierte Gäste überregional akquiriert.<br />
Die Gartenträume führen denn auch Besucher mit steigendem Erfolg, <strong>im</strong>merhin ca. 2,5 Mio.<br />
Gäste <strong>im</strong> Jahr 2011, zum Bilden, Träumen, Spazieren und Entspannen nach Sachsen-Anhalt.<br />
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kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Fazit und Plädoyer<br />
Sachsen-Anhalt hat <strong>im</strong> Tourismus etwas erreicht. Von einem wechselnden Marketing des Diffusen<br />
hin zu einem kontinuierlichen Marketing durch Profilbildung in einer engen Durchdringung von<br />
Themen und Regionen sind die Gästezahlen bei den Ankünften von 1993 bis 2011 von 1,2 auf<br />
2,9 Mio. und bei den Übernachtungen von 2,6 auf 7,1 Mio. gewachsen. Und wenn die Besucher<br />
zu uns kommen, sollten wir als Gastgeber stolz sein auf die eigene Kulturlandschaft und auf das<br />
in zwanzig Jahren aus sich selbst heraus und selbst Geschaffene. Und in dem eigenen Stolz entsteht<br />
dann das Selbstbewusstsein, Gäste an den Schätzen des Landes Sachsen-Anhalt teilhaben<br />
zu lassen.<br />
Vor einer deutschland- und europaweiten Vermarktung eines touristischen Landesproduktes<br />
stand und steht aber <strong>im</strong>mer der kontinuierliche und steinige Weg der inhaltlichen, infrastrukturellen<br />
und marketingmäßigen Produktentwicklung, wo Sachsen-Anhalt mit der Straße der Romanik<br />
ab 1993 und den Gartenträumen ab 2006 Zeichen zu setzen versucht hat. „Nicht die Gärten oder<br />
Schlösser stehen <strong>im</strong> Mittelpunkt, sondern der Besucher, der Kunde!“, formuliert 2004 selbst Hartmut<br />
Dorgerloh als Leitbild für die ihm unterstehende Stiftung Preußische Gärten und Schlösser.<br />
Und wenn es ein Mann der Kultur ausspricht, sollte dies – so müsste man meinen – schon längst<br />
für alle Leistungsträger in der Tourismuswirtschaft zutreffen. Ob sich die Anstrengungen in die<br />
Markensäulen, Investitionen und Marketing, für Sachsen-Anhalt kulturell und wirtschaftlich lohnen,<br />
liegt aber nun vor allem in der Hand jedes einzelnen Gastgebers vor Ort. Der Kunde ist König –<br />
und muss es auch bleiben, wenn Tourismus Erfolg haben will.<br />
Eigentlich ist dieses Ziel einfach zu erreichen – nur ein bisschen Dienstleistungsbereitschaft und<br />
Gastgeberbewusstsein sind erforderlich. Aber den durch Medien, Technik, Convenience oder Bürokratie<br />
dem realen Menschen manchmal entwöhnten Gastgebern fällt der Service am Menschen<br />
doch mitunter schwer. Was statistisch keiner glaubt, aber jeder weiß, dort fällt die eigentliche Reiseentscheidung.<br />
Denn 70 % der deutschen Bevölkerung fährt dahin in Urlaub, wo sie schon waren<br />
und äußerst zufrieden waren bzw. ihre Bekannten waren und ebendiesen Eindruck mitbrachten.<br />
Die Reiseentscheidung fällt trotz noch so viel Marketings, Broschüren, Messen, Internet etc., be<strong>im</strong><br />
Gastgeber vor Ort. Und hier muss die Qualität st<strong>im</strong>men, und hier müssen wir alle noch an uns<br />
arbeiten. Der ehemalige Trainer der Fußballmeister Bayern und Wolfsburg und Sachsen-Anhalter<br />
Neubürger Felix Magath hat uns die einfache Handlungsstrategie dafür geliefert: „Qualität kommt<br />
von Quälen!“. Und der hohe Qualitätsanspruch gilt auch weiter für das schon in Sachsen-Anhalt<br />
Erreichte, die Straße der Romanik als Freilichtmuseum des Mittelalters, das Blaue Band als Wasser<br />
geprägte Kulturlandschaft und die Gartenträume als Garten Eden für das 21. Jahrhundert.<br />
Literatur<br />
ANTZ, Cristian (1996): Die Straße der Romanik durch Sachsen-Anhalt. Entdeckungsreise in das<br />
deutsche Mittelalter mit postmodernem Tourismuskonzept. In: Standort. Zeitschrift für angewandte<br />
Geographie 20.4, S. 11–15, Trier.<br />
ANTZ, Cristian (1999): Die Zukunft der Geschichte. Chancen des Kulturtourismus in Sachsen-<br />
Anhalt. In: Mitteldeutsches Jahrbuch für Kultur und Geschichte 6, S. 147–157, Bonn.<br />
77
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
ANTZ, Cristian (2002): Gartenträume. Mit historischen Parks zu einer Kultur-, Tourismus- und Imagestrategie<br />
in Sachsen-Anhalt. In: HLAVAC, Christian (Hrsg.): Zurück in’s Paradies. Neue Wege<br />
<strong>im</strong> Gartentourismus, S. 55–86, München/Wien.<br />
ANTZ, Cristian (2003): Otto der Große als Baustein für Tourismus und Image Sachsen-Anhalts.<br />
Die Europaratsausstellung „Otto der Große, Magdeburg und Europa“ und das Landesprojekt „Auf<br />
den Spuren Ottos des Großen“ 2001. In: SCHMUDE, Jürgen (Hrsg.): Tegernseer Tourismus Tage<br />
2002 – Proceedings, Beiträge zur Wirtschaftsgeographie Regensburg 6, S. 149–157, Regensburg.<br />
ANTZ, Cristian (2004): Gartenträume. Ein Landesprojekt für Kultur und Natur, Tourismus und<br />
Image in Sachsen-Anhalt. In: BRICKWEDDE, Fritz/WEINMANN, Arno (Hrsg.): Nachhaltiger<br />
Schutz des kulturellen Erbes – Umwelt und Kulturgüter, Initiativen zum Umweltschutz 59,<br />
S. 173–189, Berlin.<br />
ANTZ, Cristian (2006): Gartenträume auf dem Weg. Kulturträume wandeln sich in Sachsen-Anhalt<br />
zu Gartentourismusräumen. In: ANTZ, Christian/HLAVAC, Christian (Hrsg.): Vorwärts in`s<br />
Paradies. Gartentourismus in Europa, Schriftenreihe Integrativer Tourismus und Entwicklung 7,<br />
S. 91–126, München/Wien.<br />
ANTZ, Cristian (2008): Kulturtourismus. Empfehlungen für einen langfristigen Erfolg. In: SCHEY-<br />
TT, Oliver/LOOK, Friedrich (Hrsg.): Kulturmanagement und Kulturpolitik, Lieferung 8. D 1.6 Strategie<br />
und Steuerung, S. 1–18, Berlin.<br />
ANTZ, Cristian/DREYER, Axel (2002): Handbuch Straße der Romanik in Sachsen-Anhalt, Tourismus-Studien<br />
Sachsen-Anhalt 12, Magdeburg/Wernigerode.<br />
ANTZ, Cristian/DREYER, Axel (2005): Handbuch Tourismus in Sachsen-Anhalt, Tourismus-Studien<br />
Sachsen-Anhalt 1, 2. Auflage, Magdeburg/Wernigerode.<br />
ANTZ, Cristian/EISENSTEIN, Bernd/EILZER, Christian (2011): Slow Tourism. Reisen zwischen<br />
Langsamkeit und Sinnlichkeit, Schriftenreihe des Instituts für Management und Tourismus 6, München.<br />
ANTZ, Cristian/HASSE, Claus-Peter/PUHLE, Matthias (Ltg.) (2002): Otto der Große, Magdeburg<br />
und Europa – Auf den Spuren Ottos des Großen. Die 27. Ausstellung des Europarates und Landesausstellung<br />
Sachsen-Anhalts <strong>im</strong> Kulturhistorischen Museum Magdeburg und die Tourismusprojekte<br />
des Landes Sachsen-Anhalt <strong>im</strong> Jahr 2001, Tourismus-Studien Sachsen-Anhalt 9, Magdeburg.<br />
ANTZ, Cristian/JURANEK, C. (Ltg., Rd., El.) (2005): Schlösser, Museen, Tourismus. Chancen<br />
einer Partnerschaft, Tourismus-Studien Sachsen-Anhalt 20, Wernigerode.<br />
ANTZ, Cristian/THÄGER, Frank/FEIGE, Mathias (Ltg.) (2006): Kulturerbe und Kulturtourismusentwicklung.<br />
Chancen für das wachsende Europa, Tourismus-Studien Sachsen-Anhalt 21, Magdeburg.<br />
78
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
ANTZ, Cristian/u.a. (2001): Gartenträume. Historische Parks in Sachsen-Anhalt. Denkmalpflegerisches<br />
und touristisches Gesamtkonzept sowie infrastrukturelle Rahmenplanung, Tourismus-<br />
Studien Sachsen-Anhalt 2, Magdeburg/Rehsen.<br />
DEUTSCHER TOURISMUSVERBAND E. V. (Hrsg.) (2006): Städte- und Kulturtourismus in<br />
Deutschland, Grundlagenforschung, Langfassung, veröffentlicht <strong>im</strong> Internet, URL: http://www.<br />
deutschertourismusverband.de/content/files/staedtestudie_langfassung.pdf (Stand: November<br />
2006; Abfrage: 18.03.2011).<br />
DREYER, Axel (Hrsg.) (2000): Kulturtourismus, 2. Auflage, München/Wien.<br />
GÜNTER, Bernd/HAUSMANN, Andrea (2009): Kulturmarketing, Wiesbaden.<br />
HEINZE, Thomas (2005): Kultursponsoring, Museumsmarketing, Kulturtourismus. Ein Leitfaden<br />
für Kulturmanager, 2. Auflage, Wiesbaden.<br />
ROTH, Peter (1998): Marketing <strong>im</strong> Kulturtourismus – Kulturtourismus Management, Hagen.<br />
STEINECKE, Albrecht (2007): Kulturtourismus. Marktstrukturen, Fallstudien, Perspektiven. München/Wien.<br />
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kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Autorenverzeichnis<br />
Prof. Dr. Christian Antz<br />
ist seit 1998 Referatsleiter <strong>im</strong> Ministerium für Wirtschaft Sachsen-Anhalt<br />
und seit 2011 Honorarprofessor am Studiengang „Tourism Management“<br />
des Instituts für Management und Tourismus an der Fachhochschule Westküste<br />
in Heide. Er studierte Kunstgeschichte, Germanistik, Philosophie und<br />
Politologie in Trier, Hamburg und München. Zwischen 1992 und 2006 baute<br />
er die touristischen Landesprojekte und Markensäulen „Straße der Romanik<br />
® – Reise ins Mittelalter“, „Blaues Band ® – Wassertourismus in Sachsen-Anhalt“ und „Gartenträume<br />
® – Historische Parks in Sachsen-Anhalt“ auf.<br />
E-Mail: antz@mw.sachsen-anhalt.de<br />
Telefon: +49 (0)391 567-43 33<br />
Internet: www.sachsen-anhalt.de<br />
Gerlinde Bendzuck<br />
ist Geschäftsführerin des Instituts für Kultur-Markt-Forschung. Sie studierte<br />
zunächst Orchestermusik und Musikerziehung an der Hochschule für Musik<br />
in Karlsruhe und später Kulturmanagement an der Hochschule für Musik<br />
Hanns Eisler in Berlin. Im Jahr 1997 gründete sie das Institut für Kultur-<br />
Markt-Forschung mit Sitz in Berlin, das als eine der wenigen Agenturen in<br />
Deutschland auf Kulturmarktforschung und die Beratung von Kulturinstitutionen<br />
und deren Trägern spezialisiert ist. Im Auftrag des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung<br />
und Kultur des Landes Brandenburg hat das IKMF mehrere Untersuchungen zum Kulturtourismus<br />
bei Besuchern und Veranstaltern von Kulturveranstaltungen <strong>im</strong> Land Brandenburg durchgeführt.<br />
E-Mail: g.bendzuck@kulturmarktforschung.com<br />
Telefon: +49 (0)30 447 97 67<br />
Internet: www.kulturmarktforschung.com<br />
Matthias Burzinski<br />
ist Geschäftsführer von destinet.de und Leiter Beratung Städte- und Kulturtourismus<br />
der projekt2508 Gruppe. Er studierte Geographie und Germanistik<br />
in Bochum und ist seit 1995 als Unternehmensberater, freier Projektmanager<br />
und Journalist <strong>im</strong> Destinations- und Attraktionsmanagement tätig.<br />
Seit 2006 ist er Herausgeber, Geschäftsführer und leitender Redakteur des<br />
Branchendienstes für Destinations- und Attraktionsmanagement destinet.de<br />
und seit 2009 Leiter der Beratung Städte- und Kulturtourismus bei projekt2508 – Kultur- und Tourismusmarketing<br />
GmbH.<br />
E-Mail: burzinski@projekt2508.de<br />
Telefon: +49 (0)228 184 967-61<br />
Internet: www.destinet.de, www.projekt2508.de<br />
80
kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Lara Buschmann<br />
ist selbstständige Kultur- und Tourismusmanagerin und Leiterin von KLOS-<br />
TERLAND | Deutsch-Polnisches Klosternetzwerk. Sie studierte an der Europa-Universität<br />
Viadrina in Frankfurt (Oder) Kulturwissenschaften und Kulturmanagement<br />
und Kulturtourismus. An der Professur für Mittelalterliche<br />
Geschichte Mitteleuropas und regionale Kulturgeschichte der Europa-Universität<br />
Viadrina arbeitete sie von 2007 bis 2012 als Projektkoordinatorin,<br />
wissenschaftliche Mitarbeiterin und Dozentin zu den Themenschwerpunkten regionale Identität,<br />
Kulturtourismus und Regionalentwicklung. Seit 2010 arbeitet sie für verschiedene Auftraggeber<br />
in den Bereichen Kultur, Tourismus und Regionalentwicklung und koordiniert und leitet u. a. das<br />
Deutsch-Polnische Klosternetzwerk.<br />
E-Mail: buschmann@klosterland.de, post@larabuschmann.de<br />
Telefon: +49 (0)151 209 040 74<br />
Internet: www.klosterland.de<br />
Dr. Karin Drda-Kühn<br />
ist Geschäftsführerin von Kultur und Arbeit e. V. und Geschäftsführerin<br />
und Inhaberin der media k GmbH. Sie studierte Germanistik, Anglistik und<br />
Kunstgeschichte in Darmstadt, Wien und Frankfurt/Main. Von 1991 bis<br />
1999 leitete sie die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und war stellvertretende<br />
Leiterin des Ministerbüros <strong>im</strong> Hessischen Kultusministerium. Seit 2000<br />
ist sie Geschäftsführerin und Inhaberin der media k GmbH, deren Schwerpunkt<br />
Dienstleistungen <strong>im</strong> europäischen Wissens- und Technologietransfer der Kultur- und Kreativwirtschaft<br />
sind. 2007 wurde sie Geschäftsführerin des Kultur und Arbeit e. V., dessen Aufgabe<br />
die Qualifizierung Kulturschaffender für den Arbeitsmarkt ist. Ihr gegenwärtiger Arbeitsschwerpunkt<br />
liegt in der Regionalentwicklung durch Kultur- und Kreativwirtschaft und <strong>im</strong> Kulturtourismus<br />
für den <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong>. Dr. Drda-Kühn wurde 2010 von der Europäischen Kommission zur „Europäischen<br />
Botschafterin für weibliches Unternehmertum“ ernannt und 2012 in das Expertengremium<br />
„Mobilität und Mobile Dienstleistungen“ der Generaldirektion Unternehmen und Industrie<br />
berufen. Sie unterrichtet an der Technischen Universität Wien.<br />
E-Mail: info@kultur-und-arbeit.de<br />
Telefon: +49 (0)7931 563 63 74<br />
Internet: www.kultur-und-arbeit.de, www.vertikult.de<br />
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kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Brigitte Faber-Schmidt<br />
ist seit 2002 Geschäftsführerin und Vorstandsvorsitzende von Kulturland<br />
Brandenburg e. V., das die Durchführung der gleichnamigen Dachkampagne<br />
<strong>im</strong> Land Brandenburg zur Aufgabe hat. Nach dem Studium arbeitete<br />
sie in Nordrhein-Westfalen und Berlin und übernahm 1993 die stellvertretende<br />
Projektleitung des „Informations-, Beratungs- und Fortbildungsdienstes<br />
für Kulturverwaltungen in den neuen Bundesländern“ (IBFK) der Bundesvereinigung<br />
der kommunalen Spitzenverbände, eines vom Bundesministerium für Bildung und<br />
Wissenschaft geförderten Projekts in Trägerschaft der Stiftung für kulturelle Weiterbildung und<br />
Kulturberatung in Berlin. Ab 1995 war sie als Abteilungsleiterin <strong>im</strong> Kulturamt der Landeshauptstadt<br />
Potsdam tätig. Ab 2000 übernahm sie zusätzlich die kommissarische Leitung des Kulturamtes.<br />
E-Mail: b.faber@kulturland-brandenburg.de<br />
Telefon: +49 (0)331 581 610<br />
Internet: www.kulturland-brandenburg.de<br />
Lina Lisa Kolbitz<br />
arbeitet <strong>im</strong> Alumni-Management an der Europa-Universität Viadrina in<br />
Frankfurt (Oder) und ist seit 2006 selbstständig tätig. Seit 2010 ist sie mit<br />
Lara Buschmann Leiterin von KLOSTERLAND | Deutsch-Polnisches Klosternetzwerk.<br />
Nach dem Masterstudiengang Kulturwissenschaften an der<br />
Viadrina spezialisierte sie sich berufsbegleitend <strong>im</strong> Master Kulturmanagement<br />
und Kulturtourismus. In ihrer freien Tätigkeit als Kulturmanagerin arbeitete<br />
sie u. a. an der Viadrina an der Professur für Mittelalterliche Geschichte, für die Stiftung<br />
Preußische Schlösser und Gärten und in Berliner Kulturprojekten. Neben Kulturveranstaltungen<br />
führte sie Seminare und Workshops zu verschiedenen Themen durch.<br />
E-Mail: kolbitz@klosterland.de, linalisakolbitz@yahoo.de<br />
Telefon: +49 (0)151 209 040 74<br />
Internet: www.klosterland.de<br />
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