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Kulturtouristische Netzwerke im ländlichen Raum - Ostdeutscher ...

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<strong>Kulturtouristische</strong> <strong>Netzwerke</strong><br />

<strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong><br />

„Erfolgreiche Netzwerkarbeit ist nicht<br />

<strong>im</strong> Ehrenamt zu leisten, dazu bedarf es<br />

vielmehr strategischen Denkens, hoher<br />

Kommunikationsfähigkeit und eines professionellen<br />

Projektmanagement – all<br />

das hat seinen Preis.“ (K. Drda-Kühn)<br />

„Die Ziele sind klar:<br />

Mehr Aufmerksamkeit,<br />

mehr Besucher, mehr Umsatz,<br />

mehr von allem – bei gleichzeitiger<br />

Einsparung von Ressourcen bei jedem<br />

einzelnen Partner. Wie aber kann das<br />

tatsächlich gelingen?“ (M. Burzinski)<br />

„In den Besucherbefragungen [...] wird deutlich,<br />

dass es für einen Großteil der Kulturtouristen<br />

sehr wichtig ist, vor Ort Koppelungsaktivitäten<br />

nachzugehen, also weitere Kultur- und Freizeitaktivitäten<br />

wahrzunehmen.“ (G. Bendzuck)<br />

Klosterland<br />

Erweiterte Begleitpublikation zum 1. Symposium <strong>im</strong> KLOSTERLAND<br />

veranstaltet durch KLOSTERLAND | Deutsch-Polnisches Klosternetzwerk<br />

1. Auflage, 03/2013


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Impressum<br />

Herausgeberinnen<br />

Lara Buschmann, Lina Lisa Kolbitz<br />

Leitung<br />

KLOSTERLAND | Deutsch-Polnisches Klosternetzwerk<br />

E-Mail: info@klosterland.de<br />

Telefon: +49 (0)151 209 040 74<br />

Internet: www.klosterland.de<br />

Die vorliegende Broschüre mit dem Titel „<strong>Kulturtouristische</strong> <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong>“ umfasst<br />

die verschriftlichten Vorträge der Referentinnen und Referenten des „1. Symposiums <strong>im</strong><br />

KLOSTERLAND“ am 20. September 2012 <strong>im</strong> Dominikanerkloster Prenzlau sowie Artikel weiterer<br />

Experten und Praktiker, die sich mit <strong>Netzwerke</strong>n <strong>im</strong> Tourismus und <strong>im</strong> Kultursektor beschäftigen.<br />

Sie erscheint zunächst als Druckausgabe in l<strong>im</strong>itierter Auflage anlässlich der Internationalen Tourismus<br />

Börse in Berlin. Eine 2. erweiterte Auflage als Onlinepublikation ist zeitnah geplant.<br />

Redaktion und Lektorat<br />

Lara Buschmann, M.A. und Lina Lisa Kolbitz, M.A.<br />

Autoren/Autorinnen<br />

Christian Antz, Gerlinde Bendzuck, Matthias Burzinski, Lara Buschmann, Karin Drda-Kühn,<br />

Brigitte Faber-Schmidt, Lina Lisa Kolbitz.<br />

Die Beiträge geben die Meinung der/des jeweiligen Autorin/Autors wieder und stellen nicht in<br />

jedem Fall die Meinung der Herausgeberinnen dar. Die Herausgeberinnen übernehmen keine<br />

Haftung für die Richtigkeit der Inhalte.<br />

Grafikdesign<br />

Layoutservice Muchow<br />

Nachdruck und sonstige Verbreitung<br />

(auch auszugsweise und online) nur mit Genehmigung der Herausgeberinnen.<br />

Diese Broschüre wurde <strong>im</strong> Rahmen der Anschubfinanzierung des Deutsch-Polnischen Klosternetzwerks<br />

durch folgende Sponsoren finanziert:<br />

S Finanzgruppe<br />

<strong>Ostdeutscher</strong> Sparkassenverband<br />

S Sparkasse<br />

Barn<strong>im</strong><br />

S Sparkasse<br />

Märkisch-Oderland<br />

S Sparkasse<br />

Oder-Spree<br />

S Sparkasse<br />

Uckermark<br />

2


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Einleitung<br />

Lara Buschmann, Lina Lisa Kolbitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />

<strong>Netzwerke</strong> und Kooperationen. Eine Annäherung<br />

Lara Buschmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

Kulturtouristen in Brandenburg<br />

Gerlinde Bendzuck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

KLOSTERLAND | Deutsch-Polnisches Klosternetzwerk.<br />

Ein kulturtouristisches Netzwerk auf dem Weg zum Erfolg<br />

Lara Buschmann, Lina Lisa Kolbitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

Regionalentwicklung und Kulturtourismus: ökonomisches Potenzial<br />

(kultur-)touristischer <strong>Netzwerke</strong> für strukturschwache Räume<br />

Karin Drda-Kühn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />

CROSSART Route-Moderne-Kunst:<br />

Eine Museumskoordination als kulturtouristisches Laboratorium<br />

Matthias Burzinski . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />

Kulturland Brandenburg – eine Dachmarke zwischen (kulturtouristischem)<br />

Marketing und der Stärkung regionaler Identität<br />

Brigitte Faber-Schmidt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58<br />

Erfolgskonzept Vernetzung: Sachsen-Anhalt macht es vor:<br />

Die Beispiele Straße der Romanik und Gartenträume<br />

Christian Antz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69<br />

Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80<br />

3


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Einleitung<br />

Seit einigen Jahren stehen sowohl die Themen ländlicher <strong>Raum</strong>, Kulturtourismus und Kultur- und<br />

Kreativwirtschaft, als auch das Thema Vernetzung in politischen und wissenschaftlichen Diskursen<br />

auf der Tagesordnung. Die Aktualität dieser Thematik steht in Zusammenhang mit den sich verändernden<br />

Rahmenbedingungen, insbesondere dem demografischen Wandel, der insbesondere <strong>im</strong><br />

<strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong> Schwierigkeiten mit sich bringt: Wirtschaftliche Strukturschwäche, Abwanderung<br />

und Überalterung sind Probleme, die direkt oder indirekt auch den Kultursektor betreffen.<br />

Diese beunruhigenden Zukunftsprognosen rufen sowohl in Politik als auch in der (Privat-)Wirtschaft<br />

Initiativen zur Erarbeitung von Lösungsstrategien und neuen Möglichkeiten der Zukunftsgestaltung<br />

auf den Plan. Tourismus und Kultur bieten in diesem Zusammenhang die größten<br />

Lösungspotenziale um der Abwärtsspirale des demografischen Wandels zu begegnen, die den<br />

Imageverlust ländlicher Regionen als Lebens- und Arbeitsraum verursacht.<br />

Tourismus stellt <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong> tatsächlich einen wichtigen Wirtschaftszweig dar, seit die<br />

land- und forstwirtschaftliche Produktion nur noch einen geringen Anteil des Gesamteinkommens<br />

erwirtschaftet. Insbesondere die Segmente Natur-, Erholungs- und Kulturtourismus spielen auf<br />

dem Land eine zunehmend wichtige Rolle als Wirtschafts- und Imagefaktor. Kulturtourismus aktiviert<br />

dabei eine besonders lange regionale Wertschöpfungskette: Er bietet Möglichkeiten zur<br />

Bewahrung und Pflege kulturellen Erbes und fördert die Kultur und damit das Image einer Region<br />

als Lebens- und Arbeitsraum. Nicht zuletzt bietet er wirtschaftliche Potenziale, da seine Zielgruppe<br />

aufgrund der Alterung der Gesellschaft stetig wächst und besonders finanzstark ist.<br />

Um die Potenziale des Kulturtourismus zu nutzen, muss jedoch einem wesentlichen Erfolgsprinzip<br />

gefolgt werden: (Kultur-)touristische Anbieter müssen sich vernetzen und miteinander kooperieren.<br />

Zweifelsohne entwickelt sich der Kulturtourismus in den letzten Jahren positiv. Langfristig erfolgreiche<br />

<strong>Netzwerke</strong>, die mit dem klaren Ziel agieren, knappe Ressourcen gemeinsam effizienter und<br />

erfolgsbringender zu nutzen, sind jedoch <strong>im</strong>mer noch rar – trotz der Kenntnis über die Chancen<br />

solcher <strong>Netzwerke</strong>.<br />

Der Ostdeutsche Sparkassenverband, Herausgeber des jährlich für Ostdeutschland erstellten<br />

S-Tourismusbarometers, und die Sparkassen Barn<strong>im</strong>, Märkisch-Oderland, Oder-Spree und Ucker -<br />

mark haben die Potenziale der Vernetzung von Kultureinrichtungen <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong> frühzeitig<br />

erkannt und sich für die Förderung solcher Initiativen entschieden. Seit 2011 erhält das Deutsch-<br />

Polnische Klosternetzwerk eine dreijährige Anschubfinanzierung.<br />

Das Netzwerk ist ein Zusammenschluss ehemaliger Klöster und ihrer kulturtouristischen Partnereinrichtungen,<br />

die sich unter der Dachmarke KLOSTERLAND gemeinsam der Öffentlichkeit präsentieren.<br />

Heute heißen sie als Kultureinrichtungen Besucher verschiedenster Interessen willkommen<br />

und stellen durch das Zusammenspiel von Kultur, Architektur und Natur ein vielfältiges<br />

touristisches Angebot bereit: Neben dem Museumsbetrieb werden Konzerte, Märkte und Feste<br />

veranstaltet.<br />

4


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Ziel des <strong>Netzwerke</strong>s ist es, kulturtouristische Angebote zu entwickeln, um die Region nachhaltig<br />

zu fördern. (Vorstellung des Netzwerks auf Seite 29)<br />

Die vorliegende Broschüre versammelt wichtige Vorträge, die auf dem „1. Symposium <strong>im</strong> KLOS-<br />

TERLAND“ am 20. September 2012 das Thema „<strong>Netzwerke</strong> | Kulturtourismus | Ländlicher <strong>Raum</strong>“<br />

<strong>im</strong> Dominikanerkloster Prenzlau darlegten. Das Symposium wurde <strong>im</strong> Rahmen des Aufbaus des<br />

Deutsch-Polnischen Klosternetzwerks veranstaltet und hatte einerseits das Ziel, auf die Chancen<br />

kulturtouristischer <strong>Netzwerke</strong> in strukturschwachen Regionen aufmerksam zu machen, und andererseits<br />

durch Vorträge und Gespräche mit Experten und Praktikern Lösungsansätze auszutauschen<br />

und zu diskutieren.<br />

Das Symposium stieß auf großes Interesse: Die zahlreichen Nachfragen und Unterstützungsangebote<br />

bestätigen, dass das Thema aktueller und wichtiger denn je ist. Die vorliegende Begleitpublikation<br />

wurde daher durch weitere Expertenst<strong>im</strong>men ergänzt, um das Thema von möglichst<br />

vielen Seiten zu beleuchten und wird zudem zeitnah durch zusätzliche Aufsätze erweitert.<br />

In dieser Auflage finden Sie zunächst eine theoretische Erläuterung der Begriffe Kooperation und<br />

Netzwerk von Lara Buschmann, daraufhin liefert die Kulturmarktforscherin Gerlinde Bendzuck<br />

unerlässliche Forschungsergebnisse über die Zielgruppe Kulturtouristen in Brandenburg und die<br />

Herausgeberinnen dieser Broschüre stellen das Deutsch-Polnische Klosternetzwerk vor. Danach<br />

folgt ein Beitrag der <strong>Netzwerke</strong>xpertin Dr. Karin Drda-Kühn zu den Zusammenhängen von Regionalentwicklung<br />

und Kulturtourismus. Im folgenden Artikel bringt Matthias Burzinski das sehr<br />

erfolgreiche und dennoch beendete Beispiel der deutsch-niederländischen Museumskooperation<br />

CROSSART zu Papier und beschreibt klar die Vorteile und Schwierigkeiten solcher <strong>Netzwerke</strong>. Im<br />

vorletzten Artikel stellt Brigitte Faber-Schmidt, Geschäftsführerin von Kulturland Brandenburg e. V.,<br />

ihre Arbeit in Brandenburg dar und schildert den Entstehungsweg der Dachmarke und die bisherigen<br />

sichtbaren und versteckten Erfolge. Zu guter Letzt stellt Dr. Christian Antz mit der „Straße der<br />

Romanik“ und „Gartenträume“ zwei Best-Practice-Beispiele aus Sachsen-Anhalt vor, die auch in<br />

politischer Hinsicht Vorzeigebeispiele sind.<br />

Wir danken allen Autoren herzlich für Ihren Beitrag. Ebenfalls bedanken wir uns bei den Sponsoren<br />

des Klosternetzwerks, die durch ihre Anschubfinanzierung auch diese Broschüre ermöglicht<br />

haben und bei den Netzwerkpartnern für Ihr Vertrauen in unsere Arbeit.<br />

Ihnen, liebe Leser, wünschen wir viel Vergnügen und neue Erkenntnisse bei der Lektüre!<br />

Lara Buschmann<br />

Lina Lisa Kolbitz<br />

Leitung KLOSTERLAND | Deutsch-Polnisches Klosternetzwerk<br />

Berlin, März 2013<br />

5


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

<strong>Netzwerke</strong> und Kooperationen.<br />

Eine Annäherung<br />

Lara Buschmann<br />

Die Anzahl der auf dem Markt erhältlichen Publikationen zum Thema Netzwerk und Kooperation<br />

spiegelt die intensive Auseinandersetzung mit der Problematik wider. Das Thema Netzwerk ist<br />

sowohl <strong>im</strong> wissenschaftlichen Diskurs als auch in der (Wirtschafts-)Praxis zum Leitthema avanciert.<br />

1 Und erste Erfahrungen bestätigen: Die vielfältigen Potenziale von <strong>Netzwerke</strong>n – sei es die<br />

Kostenersparnis, die Arbeitserleichterung, die Kompetenzverschränkung, Qualitätssteigerung, die<br />

bildungspolitische Präsenz oder die Zielgruppenerweiterung – stellen einen wichtigen Erfolgsfaktor<br />

dar, der in Zeiten zunehmenden Wettbewerbs und sich wandelnder Rahmenbedingungen<br />

kaum noch ungenutzt bleiben darf. 2<br />

„Die Ursache der Bedeutungszunahme von Kooperationen erklärt sich in erster Linie aus der<br />

strukturellen Veränderung des Wettbewerbs, die wiederum durch politische Integrationstendenzen,<br />

neuen Kommunikationsmöglichkeiten und logistischer Opt<strong>im</strong>ierung flankiert sind.“ 3 Viele<br />

Branchen erkennen nun die Weisheit des wohl meistzitierten Satzes Henry Fords: „Zusammenkunft<br />

ist ein Anfang. Zusammenhalt ist ein Fortschritt. Zusammenarbeit ist der Erfolg.“ Besonders<br />

<strong>im</strong> Tourismus sind Kooperationen und der Zusammenschluss zu <strong>Netzwerke</strong>n inzwischen unumgänglich.<br />

Der erhöhte Druck und die steigenden Anforderungen „lassen keinen Zweifel daran,<br />

dass es sinnvoll und erfolgversprechend ist, Mittel zu bündeln, verstärkt in Kooperationen zu agieren<br />

und eine intensivere (finanzielle) Mitwirkung der Privatwirtschaft zu erreichen.“ 4<br />

Abgrenzung und Begriffsklärung<br />

Die Bedeutung der Begriffe Netzwerk und Kooperation liegt nah beieinander, ist jedoch nicht<br />

gleich, auch wenn beide Begriffe Organisationsformen jenseits von Markt und Hierarchie beschreiben:<br />

Kooperationen sind punktuell und zeitlich begrenzt, <strong>Netzwerke</strong> hingegen sind soziale<br />

Organisationsformen, die Personen, Tätigkeiten und Gedanken enthalten und nicht an einem best<strong>im</strong>mten<br />

Ort festgemacht werden können. Sie basieren auf Kooperationen, sind jedoch nicht<br />

nur eine quantitative Erweiterung dieser, sondern haben eine spezifische Qualität. Der Sozialwissenschaftler<br />

und Professor für Erwachsenenbildung, Ekkehard Nuissl, differenziert die beiden<br />

Formen der Zusammenarbeit anhand ihrer Größe, ihrer Zielvorgaben, ihrer Kommunikation und<br />

Kooperationsstruktur. 5<br />

1 Vgl. Aderhold/Meyer/Ziegerhorn 2001, S. 1.<br />

2 Vgl. Nuissl 2010, S. 28.<br />

3 Zentes/Swoboda/Morschett 2005, S. 21.<br />

4 Deutscher Tourismusverband e.V. 2006, S. 134.<br />

5 Vgl. Blaneck 2005, S. 26; Vgl. Nuissl 2010, S. 77; Vgl. Gummesson 1994, S. 5; Vgl. Drda-Kühn 2010, S. 16.<br />

6


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Für die Sozialwissenschaftlerin Andrea Blaneck sind Reziprozität, Interdependenz, Macht und<br />

lose Kopplung die Schlüsselbegriffe zur Beschreibung eines Netzwerks: Die Vernetzung beruht<br />

auf Freiwilligkeit und Gegenseitigkeit, die dauerhaften Beziehungen sind von Loyalität und Wertschätzung<br />

geprägt und die Netzwerkpartner bleiben durch die nur lose Kopplung autonom und<br />

Machtstrukturen in den Partnereinrichtungen erhalten. Anders als in hierarchischen Organisationen<br />

können sich Netzwerkpartner jedoch gegenseitig kontrollieren, was zur Qualitätssteigerung<br />

beitragen kann. 6, 7<br />

Nuissls definiert zur Beschreibung der Funktionsweise von <strong>Netzwerke</strong>n fünf Elemente 8 , die hier in<br />

Kurzform wiedergeben werden:<br />

1. Das wichtigste Element eines Netzwerks sind die Netzwerkpartner: „In der Regel baut das<br />

Netzwerk auf deren jeweiligen Profilen, Zielen und Interessen auf, und auf deren Wissen<br />

und Kompetenzen zur Problemlösung. Auf dieser Basis geht es für die Netzwerkpartner darum,<br />

einen Gewinn zu erzielen, der ihre Beitragskosten übersteigt.“ 9 Die Partner können<br />

natürliche, aber auch juristische Personen, d.h. Einrichtungen sein. Die Auswahl der Netzwerkpartner<br />

wirkt sich auf die innere Beschaffenheit des Netzwerks (kooperativ oder konkurrenzorientiert)<br />

und ihren Standpunkt in der Außenwelt aus.<br />

2. Die Kommunikation und Kooperation der Netzwerkpartner, d.h. die Verbindungen innerhalb<br />

eines Netzwerks können unterschiedlichster, z. B. bilateraler, funktionaler, transparenter,<br />

verbindlicher und konsolidierender Qualität sein. Während in der funktionalen Struktur<br />

nur bilateral und effektiv kommuniziert wird, werden <strong>im</strong> Falle einer transparenten Kommunikation<br />

alle Netzwerkpartner in den Austausch mit einbezogen. Die Verbindlichkeit kann von<br />

großer oder geringer Wichtigkeit sein, je nachdem, welche Regeln der Rückmeldung, der<br />

Einhaltung von Verabredungen, der Protokollierung usw. vereinbart werden. Die Intensität<br />

der Beziehungen innerhalb eines Netzwerks hängt von der investierten Zeit und dem emotionalen<br />

Engagement der Partner ab.<br />

3. Funktionierende <strong>Netzwerke</strong> sind auf eine Koordinationsstelle, ein Netzwerkmanagement<br />

angewiesen, welche als „zentrale Dienstleistungseinrichtung, der Arbeit <strong>im</strong> Netzwerk Unterstützung<br />

liefert.“ 10 Aufgaben des Netzwerkmanagements, das aus einer oder mehreren<br />

– möglichst neutralen – Personen bestehen kann, ist in erster Linie das Wissensmanagement.<br />

Dieses kann u. a. Aufgaben wie das Sammeln und Verbreiten von netzwerkrelevanten<br />

Informationen, das Kanalisieren und Strukturieren der Öffentlichkeitsarbeit, Organisieren und<br />

Dokumentieren interner Beschlüsse sowie das Herstellen von Kontakten zu externen Adressaten<br />

sein.<br />

6 Vgl. Blaneck 2005, S. 27.<br />

7 Weitere Möglichkeiten der Beschreibung von <strong>Netzwerke</strong>n bietet das von Joach<strong>im</strong> Zentes, Bernhard Swoboda<br />

u. a. herausgegebene Grundlagenwerk, „Kooperationen, Allianzen und <strong>Netzwerke</strong>“: Die Art der Verbindung,<br />

die Netzwerkkultur und die Ziele und Aufgaben eines <strong>Netzwerke</strong>s können bspw. auch anhand<br />

der institutionellen Aspekte eines <strong>Netzwerke</strong>s, durch die Anzahl der Partner und die Koordinationsstruktur,<br />

die Kooperationsrichtung und ihren Zeitaspekt definiert werden. Die Ziele und Aufgaben eines Netzwerks<br />

können zudem über ihre Kooperationsbereiche beschrieben werden und ihr <strong>Raum</strong>aspekt best<strong>im</strong>mt<br />

meist die Verbindungsmöglichkeiten und ihren Intensitätsgrad.<br />

8 Vgl. Nuissl 2010, S. 81 ff.<br />

9 Nuissl 2010, S. 81.<br />

10 Ebd., S. 84.<br />

7


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

4. Ein weiteres Element sind die vereinbarten Ziele und Aufgaben, die von den individuellen<br />

Interessen der Netzwerkpartner geprägt und gemeinsam festgelegt werden. „Nicht alle Partner<br />

müssen alle Ziele teilen. Die Ziele <strong>im</strong> Netzwerk jedoch müssen miteinander kompatibel<br />

sein und als Grundlage der Arbeit <strong>im</strong> Netzwerk dienen können.“ 11 Ziele werden in einem<br />

Netzwerk auf unterschiedlichen Ebenen gesetzt: Systemziele definieren die Ziele des Netzwerks,<br />

Strukturziele best<strong>im</strong>men die Ziele für die Gestaltung des Netzwerks und Leistungsziele<br />

legen Ziele in Bezug auf einzelne Vorgaben fest.<br />

5. Die Netzwerkkultur steht für die Werte und Normen des Netzwerks. Sie sind von den Partnern<br />

abhängig, bewegen sich jedoch meist <strong>im</strong> Rahmen allgemeiner Normen der Kommunikation.<br />

Demnach sollen Informationen nicht als Machtmittel genutzt werden, Transparenz<br />

herrschen, zwar eine enge Zusammenarbeit, jedoch keine Cliquenbildung stattfinden und<br />

Verhandlungen sollten von Ehrlichkeit, Fairness und Loyalität geprägt sein. Außerdem sollten<br />

Vertrauen, Verlässlichkeit sowie Bereitschaft zu persönlicher und kollegialer Koopera tion<br />

die Devise sein. In diesem Rahmen spielen das Qualitätsmanagement und die Qualitätssicherung<br />

eine wichtige Rolle.<br />

Eine Definition könnte also wie folgt lauten: <strong>Netzwerke</strong> sind soziale Organisationsformen, die auf<br />

interorganisatorischen Kooperationen beruhen, deren Kern <strong>im</strong>mer die vertrauensvolle Zusammenarbeit<br />

eigenständiger, und gleichzeitig interdependenter Akteure ist, die sich mit einem klar<br />

definierten Ziel für einen längeren oder unbegrenzten Zeitraum zusammenschließen. Die spezifische<br />

Qualität des Netzwerks liegt dabei in der Reziprozität und gleichzeitigen Interdependenz<br />

der Netzwerkpartner, die ihre rechtliche und wirtschaftliche Autonomie bewahren, sich jedoch der<br />

gegenseitigen Kontrolle unterziehen und die Interessen der Partner berücksichtigen. <strong>Netzwerke</strong>lemente<br />

sind neben den Netzwerkpartnern die Art der Verbindung, die sie miteinander eingehen,<br />

das Netzwerkmanagement, das den kommunikativen Knotenpunkt des Netzwerks darstellt, die<br />

Ziele und Aufgaben, die sich das Netzwerk gemeinsam setzt sowie die Netzwerkkultur, die Werte<br />

und Normen des Netzwerks definiert.<br />

Potenziale und Risiken<br />

Zentrales Moment in <strong>Netzwerke</strong>n stellt der Austausch von Ressourcen, die Bündelung von Kompetenzen,<br />

die Schaffung von Mehrwert und die Förderung der Innovation dar. Diese Eigenschaften<br />

ermöglichen eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit aller Kooperationspartner.<br />

Der von den Netzwerkpartnern wahrgenommene Nutzen basiert in großem Maße auf den vertrauens<br />

vollen Partnerbeziehungen zwischen den teilnehmenden Personen oder Organisationseinheiten<br />

und der wechselseitigen Unterstützung. Der intensive Wissensaustausch und der Zu gang<br />

zu „fremden“ Kernkompetenzen bilden hierbei die „Grundlage für eine opt<strong>im</strong>ale Ressour cenallokation“.<br />

12 Darüber hinaus ermöglicht die Zusammenarbeit verschiedener Partner und Bran -<br />

chen die Opt<strong>im</strong>ierung eigener Strukturen und fördert durch das Aufeinandertreffen unterschiedlicher<br />

Ansichten und Ziele die Innovationsfähigkeit.<br />

11 Ebd., S. 86.<br />

12 Föhl/Pröbstle 2011, S. 120<br />

8


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Die Kooperation unter Wettbewerbsbedingungen, die Preisgabe erfolgskritischer Informationen<br />

sowie das allgemeine Vertrauen und die Kontrolle der Partner untereinander sind Indikatoren funktionsfähiger<br />

<strong>Netzwerke</strong>.<br />

Doch nicht nur der netzinterne Nutzen steigt. Durch die Qualitätszunahme der Angebote ergeben<br />

sich auch erhebliche Kundenvorteile. 13 Grundsätzlich zeichnen sich <strong>Netzwerke</strong> durch Qualität und<br />

Professionalität der Anbieter und ihre professionelle und transparente Darstellung nach außen<br />

aus. Außerdem können durch Angebote aus einer Hand individuelle Wünsche erfüllt und Paketangebote<br />

mit Wahlmöglichkeiten angeboten werden. Wichtiges Unterscheidungsmerkmal sind<br />

auch die zentralen Vermarktungs- und Kommunikationsinstrumente, die den Informationsprozess<br />

maßgeblich vereinfachen.<br />

<strong>Netzwerke</strong> können neben den Vorteilen jedoch auch Risiken für die Netzwerkpartner aufweisen:<br />

Sie bieten oftmals nur eine geringe materielle und soziale Sicherheit, sind in ihrer Effizienz und<br />

Funktionstüchtigkeit in hohem Maße von Personen abhängig, räumen den Netzwerkpartnern nicht<br />

nur Rechte sondern auch Pflichten ein und laufen Gefahr, extrem komplex zu werden. Letzteres<br />

kann wiederum durch Vernachlässigung interner Kommunikation einen Kompetenzverlust und einen<br />

Verlust der Marktnähe verursachen. 14<br />

Im Bereich der Mitarbeiter kann die veränderte Personalstruktur zu Schwierigkeiten führen, da<br />

sich alle Mitarbeiter an die neuen Kommunikationsformen gewöhnen müssen, in denen zudem<br />

unterschiedliche Unternehmenskulturen aufeinandertreffen.<br />

Nicht zuletzt ist das Dilemma von Konkurrenz und Kooperation <strong>im</strong>mer präsent und beeinflusst<br />

Entscheidungen und Handeln. 15<br />

<strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> Kulturtourismus<br />

Tourismus, insbesondere Kulturtourismus, ist ohne Vernetzung nicht denkbar. Aufgrund der Beschaffenheit<br />

touristischer Produkte, die <strong>im</strong>mer Leistungsbündel verschiedener Leistungsträger<br />

darstellen, stellt das System Tourismus „ein Sammelbecken ungleicher Paare dar, deren Zusammenarbeit<br />

aufgrund der Beschaffenheit des touristischen Produkts ohne Alternative ist.“ 16 Ein singuläres<br />

kulturelles Angebot ohne Anbindung an weitere Dienstleister ist aus touristischer Perspektive<br />

nicht überlebensfähig. Nur durch die Befriedigung der komplexen Motivbündel der Touristen<br />

ist Kulturtourismus langfristig entwicklungsfähig und von Erfolg gekrönt. „Ein Ja zum (Kultur-)Tourismus<br />

muss folglich auch ein Bekenntnis und die Bereitschaft zur Kooperation einschließen.“ 17<br />

Im Kulturtourismus ist die Zusammenarbeit verschiedenster Akteure <strong>im</strong> Rahmen unterschiedlicher<br />

Handlungsfelder nötig.<br />

13 Vgl. Aderhold/Meyer/Ziegerhorn 2001, S. 8, 25; Vgl. Nuissl 2010, S. 78 ff.<br />

14 Vgl. Drda-Kühn/Wiegand 2011, S. 146<br />

15 Vgl. Nuissl 2010, S. 79; Vgl. Aderhold/Meyer/Ziegerhorn 2001, S. 25.<br />

16 Freyer 2007, S. 115.<br />

17 Föhl/Pröbstle 2011, S. 113.<br />

9


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

So sind an einem kulturtouristischen Produkt (meist regionale) Akteure aus der tourismusrelevanten<br />

Wirtschaft, der Verwaltung, der Kommunalpolitik und wissenschaftlichen- und Bildungseinrichtungen<br />

beteiligt, deren Zusammenarbeit koordiniert werden muss: 18<br />

Beherbergungsbetriebe, Gastronomiebetriebe, andere Gewerbe<br />

Einwohner, Touristen<br />

Kommunalverwaltungen, politische Gremien, kommunale Arbeitsgruppen<br />

Kultureinrichtungen/-Projekte/-Vereine, Künstler, Event- und Festivalveranstalter<br />

Medien, Initiativen und Interessenvertretungen<br />

Reiseleiter und Gästeführer, Reisemittler<br />

Tourismusbüros, Tourismusorganisationen<br />

Transportbetriebe<br />

Eine Zusammenarbeit der kulturtouristischen Akteure kann auf unterschiedlichen Ebenen stattfinden:<br />

Konkurrierende Kultureinrichtungen oder Veranstalter, die ihre Angebote aufeinander abst<strong>im</strong>men<br />

und in <strong>Netzwerke</strong>n zusammenarbeiten, stehen auf der gleichen Stufe der Wertschöpfungskette<br />

und gehen eine sogenannte horizontale Kooperation ein. Die vertikale Kooperation steht für<br />

einen Zusammenschluss von Akteuren, die auf einer vor- und/oder nachgelagerten Wertschöpfungskette<br />

liegen. Eine solche Zusammenarbeit findet z. B. zwischen Leistungsträgern wie Kulturveranstaltern<br />

und Akteuren der touristischen Infrastruktur wie Gastronomie, Verkehrsbetriebe,<br />

Techniker statt. Lateral wird die Zusammenarbeit zwischen Partnern genannt, die erst durch die<br />

Kooperation einen direkten Bezug zueinander aufweisen. Gemeint sind hier z. B. der Personennahverkehr<br />

und Kultureinrichtungen. 19 In kulturtouristischen <strong>Netzwerke</strong>n findet meist diagonale<br />

Zusammenarbeit statt, d. h. alle Ebenen der Kooperation werden mit den unterschiedlichen Partnern<br />

gleichzeitig praktiziert.<br />

Wie ausschlaggebend die Gewährleistung touristischer Rahmenbedingungen wie Infrastruktur,<br />

Mar keting, Gastronomie- und Beherbergungsgewerbe <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong> ist, zeigen zahlreiche<br />

kul turtouristische Sehenswürdigkeiten, die aufgrund nicht vorhandener Informationsmaterialien,<br />

einge schränkter Öffnungszeiten oder fehlender Zusatzangebote für Kulturtouristen kaum zugänglich<br />

sind. 20<br />

<strong>Kulturtouristische</strong> Angebote können in strukturschwachen Gegenden durch diagonale Austauschnetzwerke<br />

von ihren aus Kundensicht bestehenden Defiziten befreit werden: 21 Aus einem einzelnen<br />

Angebot kann durch die Integration in ein Angebotsbündel ein attraktives An ge bot mit außerordentlicher<br />

Strahlkraft werden, das neue Zielgruppen anspricht und überre gio na le Aufmerksamkeit<br />

erzielt. Die Schaffung komplexer Angebotsstrukturen wirkt sich darüber hinaus positiv auf die Aufenthaltsdauer<br />

der Besucher aus, was wiederum die Erhöhung der touristischen Wertschöpfung für<br />

alle Beteiligten eines Netzwerks zur Folge hat. 22<br />

In der vorliegenden Broschüre werden verschiedene Beispiele für diagonale Zusammenarbeit in<br />

<strong>Netzwerke</strong>n vorgestellt. Eines der <strong>Netzwerke</strong> ist KLOSTERLAND, das Deutsch-Polnische Klosternetzwerk.<br />

18 Vgl. Deutscher Tourismusverband e.V. 2006, S. 83; Vgl. Föhl/Pröbstle 2011, S. 114; Vgl. Freyer 2007, S. 114.<br />

19 Vgl. Föhl/Pröbstle 2011, S. 127; Vgl. Freyer 2007, S. 513.<br />

20 Vgl. Föhl/Pröbstle 2011, S. 118.<br />

21 Drda-Kühn/Wiegand 2011, S. 149.<br />

22 Vgl. Föhl/Pröbstle 2011, S. 121 f.<br />

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kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Literatur<br />

ADERHOLD, Jens/MEYER, Matthias/ZIEGENHORN, Frank (2001): Wie funktionieren <strong>Netzwerke</strong>?<br />

Zur Architektur und Genese von Netzwerkorganisationen, veröffentlicht <strong>im</strong> Internet, URL:<br />

http://www.soziologie.uni-halle.de/aderhold/docs/wie-funktionieren-netzwerke-veroeffentlicht<br />

(Stand: 12.02.2011, Abfrage: 13.06.2011)<br />

BLANECK, Andrea (2005): <strong>Netzwerke</strong> und Kooperationen an der deutsch-polnischen Grenze. Untersuchungen<br />

zum wirtschaftlichen Milieu in der Grenzregion an der Oder, Soziologie und Anthropologie,<br />

Kulturwissenschaftliche Perspektiven, Band 2, Münster.<br />

DEUTSCHER TOURISMUSVERBAND E. V. (Hrsg.) (2006): Städte- und Kulturtourismus in<br />

Deutschland, Grundlagenforschung, Langfassung, veröffentlicht <strong>im</strong> Internet, URL: http://www.<br />

deutschertourismusverband.de/content/files/staedtestudie_langfassung.pdf (Stand: November<br />

2006; Abfrage: 18.03.2011).<br />

DRDA-KÜHN, Karin (2010): Kulturtourismus <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong> – Beispiele und Erfolgsfaktoren,<br />

Präsentation <strong>im</strong> Rahmen der Tagung „Ländlicher Tourismus in Hessen und Rheinland-Pfalz“ am<br />

28.09.2010 in Oppenhe<strong>im</strong>, veröffentlicht <strong>im</strong> Internet, URL: http://www.landschafft.rlp.de/Internet/<br />

global/themen.nsf/b81d6f06b181d7e7c1256e920051ac19/9e5810c2f25983b5c125788c003038a<br />

d/$FILE/ATTTVIHO.pdf/alr_tourismus_drdakuehn.pdf (Stand: 28.09.2010, Abfrage: 10.02.2013).<br />

DRDA-KÜHN, Karin/WIEGAND, Dietmar (2011): <strong>Netzwerke</strong> und Kooperationen – das kulturtouristische<br />

Potential <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong>. In: HAUSMANN, Andrea/MURZIK, Laura (Hrsg.): Neue<br />

Impulse <strong>im</strong> Kulturtourismus, Wiesbaden, S. 139–154.<br />

FÖHL, Patrick S./PRÖBSTLE, Yvonne (2011): Kooperationen als Wesenselement des Kulturtourismus.<br />

In: HAUSMANN, Andrea/MURZIK, Laura (Hrsg.): Neue Impulse <strong>im</strong> Kulturtourismus, S.<br />

111–138, Wiesbaden.<br />

FREYER, Walter (2007): Tourismus-Marketing: Marktorientiertes Management <strong>im</strong> Mikro- und Makrobereich<br />

der Tourismuswirtschaft, 5. Auflage, München.<br />

GUMMESSON, Evert (1994): Making Relationship Marketing Operational. International Journal of<br />

Service Industry Management, no. 5, S. 5–20, Stockholm.<br />

NUISSL, Ekkehard (2010): Netzwerkbildung und Regionalentwicklung. Studienreihe Bildungsund<br />

Wissenschaftsmanagement, Band 12, Münster.<br />

WIEGAND, Dietmar (2010): Was macht kulturwirtschaftliche <strong>Netzwerke</strong> erfolgreich? In: BUNDES-<br />

ANSTALT FÜR LANDWIRTSCHAFT UND ERNÄHRUNG, Deutsche Vernetzungsstelle Ländliche<br />

Räume (Hrsg.) (2010): Kulturnetzwerke <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong>, LandInForm – Magazin für Ländliche<br />

Räume, Ausgabe 2010, veröffentlicht <strong>im</strong> Internet, URL: http://etracker.zadi.de/lnkcnt.php?et=5Qb&<br />

url=http://www.netzwerk-laendlicher-raum.de//fileadmin/sites/ELER/Dateien/05_Service/Publikationen/LandInForm/PDF-Downloads/LandInForm_2010_3_Gesamt.pdf&lnkname=http://www.netzwerk-laendlicher-raum.de//fileadmin/sites/ELER/Dateien/05_Service/Publikationen/LandInForm/<br />

PDF-Downloads/LandInForm_2010_3_Gesamt.pdf (Stand:2010, Abfrage:10.02. 2013), S. 18–19.<br />

ZENTES, Joach<strong>im</strong>/SWOBODA, Bernhard/MORSCHETT, Dirk (2005): Kooperationen, Allianzen<br />

und <strong>Netzwerke</strong> – Entwicklung und Forschung und Kurzabriss. In: ZENTES, Joach<strong>im</strong>/SWOBODA,<br />

Bernhard/MORSCHETT, Dirk (Hrsg.): Kooperationen, Allianzen und <strong>Netzwerke</strong>. Grundlagen – Ansätze<br />

– Perspektiven, 2. Auflage, S. 3–32, Wiesbaden.<br />

11


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Kulturtouristen in Brandenburg<br />

Gerlinde Bendzuck<br />

Wer sind die Kulturtouristen in Brandenburg und was wollen sie? Und inwieweit sind die Kulturveranstalter<br />

bereit und (angesichts eigener und äußerer Bedingungen) in der Lage, sich auf<br />

diese Zielgruppe einzustellen? Diese zwei Seiten einer Medaille beschreibt der vorliegende Artikel<br />

anhand von Daten einer quantitativen Besucherbefragung sowie einer Veranstalterbefragung mit<br />

Bezug auf das Land Brandenburg.<br />

Besucherbefragung<br />

Methodik der Besucherbefragung 2010<br />

Das Institut für Kultur-Markt-Forschung führte <strong>im</strong> Sommer 2010 <strong>im</strong> Auftrag des brandenburgischen<br />

Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur eine Befragung zum Kulturtourismus<br />

unter Besuchern von Kulturveranstaltungen <strong>im</strong> Land Brandenburg durch. Die Stichprobe setzt<br />

Schwerpunkte <strong>im</strong> Bereich Bühne/Konzert, weitere Auswahlkriterien waren Eventorientierung und<br />

kulturtouristische Relevanz. Ausgewählt wurden 22 Veranstalter: Mitglieder der Kulturfeste <strong>im</strong><br />

Land Brandenburg e. V., des Landesverbandes Freier Theater Brandenburg e. V. und sonstige<br />

Einrichtungen. In den Klöstern Chorin, Neuzelle, Lehnin und Zinna wurden Konzerte untersucht.<br />

Als Kulturtouristen sind in dieser Untersuchung diejenigen definiert, die für ein kulturelles Angebot<br />

mindestens 50 km anreisen (mit und ohne Übernachtung). Bei dieser Untersuchung wurden<br />

alle Gäste der Veranstaltungen angesprochen, so dass die Ergebnisse Auskunft über die Wünsche<br />

von Einhe<strong>im</strong>ischen wie Auswärtigen geben, abgesehen von einigen speziellen Fragen an<br />

die Kultur touristen. Insgesamt 3.773 deutschsprachige Gäste gaben bei 42 Veranstaltungen mit<br />

17.273 Besuchern auf einem standardisierten Fragebogen Auskunft. Die Rücklaufquote in Bezug<br />

auf die Auslastung beträgt 21,8 %.<br />

Soziodemografische Daten<br />

Der Anteil von Kulturtouristen (d. h. Entfernung des Wohnorts > 50 km) variiert bei den einzelnen<br />

Veranstaltern sehr stark zwischen 6,1 % und 94,5 % (23,4 % bis 80,3 % bei den vier Klöstern),<br />

43,2 % des Gesamtpublikums sind Kulturtouristen. Fast 50 % der Kulturtouristen in Brandenburg<br />

kommen aus Berlin (49,3 %), 24,6 % aus Brandenburg und 26,1 % aus anderen Regionen. Von<br />

den Kulturtouristen reisen 53,0 % 51–100 km an, 24,2 % 101–200 km, 6,3 % 201–300 km und<br />

16,6 % über 300 km. Bereits jetzt ist Berlin ein wichtiger Zielmarkt für die brandenburgischen Kulturanbieter.<br />

Jenseits aller Diskussionen um Erreichbarkeit und Marketing der brandenburgischen<br />

Veranstalter und der Angebotskonkurrenz in Berlin ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass angesichts<br />

eines Verhältnisses von rund 3,5 Mio. Berlinern zu rund 2,5 Mio. Brandenburgern für die<br />

brandenburgischen Kulturveranstalter in Berlin noch beträchtliche Besucherpotenziale bestehen.<br />

Bemerkenswert ist, dass die Westberliner mittlerweile das Land Brandenburg in einem der Berliner<br />

Bevölkerungsverteilung angemessenen Verhältnis frequentieren. Weitere Potenziale liegen<br />

zumindest für die „Highlights“ der brandenburgischen Kulturanbieter auch in einer Intensivierung<br />

12


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

des innerbrandenburgischen Kulturtourismus. Darüber hinaus ist auffällig, dass es den Veranstaltern<br />

(auch den „grenznahen“) nur zum kleinen Teil gelingt, Besucher der an Brandenburg angrenzenden<br />

Bundesländer zu mobilisieren.<br />

53,6 % der Kulturtouristen sind berufstätig, 36,9 % sind Rentner/Pensionäre, und 5,9 % befinden<br />

sich in Ausbildung. Die Kulturtouristen sind <strong>im</strong> Mittel mit 55,8 Jahren nur wenig älter als die Einhe<strong>im</strong>ischen<br />

(MW 54,8 Jahre). 32,6 % sind über 65 Jahre, nur 9,1 % bis 30 Jahre alt (31– 45-Jährige<br />

14,5 %, 46– 55-Jährige 17,9 %, 56– 65-Jährige 25,9 %). Dass 56–65-jährige Best-Ager und Ruheständler<br />

unter den Kulturtouristen überwiegen, ist zunächst nicht negativ zu bewerten: solange<br />

z. B. ausreichend und in gleicher Proportion Besucher <strong>im</strong> Vorruhestandsalter ab ca. 55 Jahren<br />

„nachwachsen“, die dann für die nächsten 20 Jahre eine treue Stammklientel mit mehreren Besuchen<br />

pro Saison bilden. Zudem verfügen die (Vor-)Ruheständler (noch) über ein ausreichendes<br />

Finanzbudget und die Motivation, in Erlebnisse <strong>im</strong> Kultur- und Tourismusbereich zu investieren.<br />

Jüngere Kulturtouristen unter 30 sind dagegen nur bedingt eine attraktive Zielgruppe für brandenburgische<br />

Kulturveranstaltungen, weil oft die finanziellen Mittel und auch die Mittel zur Mobilität<br />

(PKWs) fehlen, die für häufige Kulturexkursionen in/nach Brandenburg nötig sind. 30– 50-Jährige<br />

sind dagegen häufig von Familienpflichten und/oder beruflichen Anforderungen so in Anspruch<br />

genommen, dass sie als Zielgruppe auch nur teilweise ansprechbar sind.<br />

Die Kulturveranstalter sollten für eine nachhaltige Besucherentwicklung dennoch prüfen, inwieweit<br />

sie ihr Programm in Teilen für jüngere und mittelalte Zielgruppen attraktiver gestalten können<br />

– auf der Ebene der Programmformate z. B. wie in Liebenberg mit dem Familienkonzert, mit<br />

ggf. früherem Veranstaltungsbeginn am Wochenende, mit Serviceleistungen wie Kinderbetreuung<br />

oder begleitenden Kinderprogrammen und be<strong>im</strong> Ticketing ggf. vergünstigten Familienkarten und<br />

Vergünstigungen für in Ausbildung Befindliche. Für die Ansprache der jüngeren Erwachsenen/<br />

Studenten sollten bei den verschiedenen internetbasierten Kanälen alle sinnvollen Möglichkeiten<br />

ausgeschöpft werden und die Homepage sollte auch für diese Zielgruppe attraktiv gestaltet sein.<br />

Auch <strong>im</strong> Kartenverkauf sollte den Bedürfnissen der jüngeren/mittelalten Besucher Rechnung getragen<br />

werden – mit Buchung über die Homepage und am besten (auch wenn dies für kleinere<br />

Veranstalter nicht zu leisten ist) Print-at-home. Neben den Veranstaltern können auch übergreifende<br />

Strukturen wie Kulturfeste <strong>im</strong> Land Brandenburg e. V. bzw. Kulturland Brandenburg e. V. eine<br />

wichtige Unterstützung bei der Ansprache der verschiedenen Altersgruppen leisten.<br />

Vor dem Hintergrund einer Förderung des innerbrandenburgischen Kulturtourismus ist zudem<br />

zu hinterfragen, inwieweit institutionelle Träger in Brandenburg ihren Aufgaben der kulturellen<br />

Bildung bei Kindern und Jugendlichen nachkommen, um die Basis für eine aktive Teilhabe am<br />

Kulturleben als Erwachsener zu legen. Weitere soziodemographische Merkmale der brandenburgischen<br />

Kulturtouristen in der Besucherbefragung sind ein hohes Bildungsniveau (54,2 % haben<br />

einen Universitätsabschluss, 17,4 % einen Fachhochschulabschluss) und, damit einhergehend,<br />

oft ein gutes oder mittleres Einkommensniveau: 22,8 % der Kulturtouristen sind mit einem monatlichen<br />

Haushaltsnettoeinkommen von über 3.000 Euro Gutverdiener; 17,0 % nennen 2.000<br />

bis 3.000 Euro, 25,0 % 1.000 bis 2.000 Euro und 11,7 % stehen weniger als 1.000 Euro zur Verfügung.<br />

23,5 % geben keine Auskunft. Kulturtouristen sind (nicht unerwartet) häufiger weiblich<br />

(58,0 %) als männlich (42,0 %).<br />

13


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Besuchsverhalten<br />

Die Kulturtouristen reisen größtenteils mit dem PKW an (87,2 %), andere Verkehrsmittel wie ÖPNV<br />

(4,1 %), Reisebus (2,7 %) oder Bahn (7,4 %) haben nur geringe Anteile. Nicht wenige Besucher<br />

äußern allerdings Kritik an der Erreichbarkeit der Veranstaltungsorte mit alternativen Verkehrsmitteln<br />

oder der Ausschilderung (s. u.). Hier gilt es u. U. noch stärker, Anreisealternativen zum PKW<br />

zu ermöglichen (z. B. Shuttlebus für die letzten Kilometer wie be<strong>im</strong> Choriner Musiksommer) und<br />

auf der anderen Seite den Bedürfnissen der PKW-Anreisenden Rechnung zu tragen: z. B. mit<br />

Routenplaner/GPS-Koordinaten auf der Homepage, einer möglichst guten Ausschilderung (auch<br />

der Parkmöglichkeiten), ausreichend und nahen Parkplätzen, Parkmöglichkeiten für Menschen<br />

mit Behinderungen – wie überhaupt der Aspekt der Barrierefreiheit der Spielstätten, auch als Folge<br />

des demografischen Wandels, an Bedeutung gewinnen wird.<br />

49,2 % der Kulturtouristen planen ihren Kulturbesuch langfristig <strong>im</strong> Voraus (> 30 Tage), 27,4 %<br />

planen mittelfristig (7–30 Tage) und 23,4 % planen kurzfristig (bis sechs Tage). Diese Planungsintervalle<br />

sollten in die Mediaplanung einfließen, wobei geprüft werden sollte, inwieweit gerade bei<br />

Wiederholungsgästen und Stammbesuchern eine stärkere Verlagerung von kurz- auf mittelfristige<br />

oder von mittel- auf langfristige Planung erreicht werden könnte. Maßnahmen hierfür wären z. B.<br />

rechtzeitig versandte Programmbroschüren, Flyer bzw. Newsletter (auch per Internet), oder „Frühbucherrabatte“,<br />

um wetterunabhängig etwas mehr Planungssicherheit zu gewinnen.<br />

52,6 % der Kulturtouristen sind Erstbesucher, 47,4 % sind Wiederholungsgäste. 35,9 % der Kulturtouristen<br />

sind Stammbesucher mit Besuch seit mehreren Jahren. Die Hälfte der Kulturtouristen<br />

zählt mit 1–2 besuchten Kulturveranstaltungen in Brandenburg in den letzten zwölf Monaten eher<br />

zu den seltenen Gästen, 30,3 % besuchten 3–5 Veranstaltungen. 13,1 % nennen 6–10 Besuche,<br />

6,1 % mindestens 11 Besuche. Die spezifische Besuchsfrequenz be<strong>im</strong> jeweils besuchten Veranstalter<br />

<strong>im</strong> Sommer 2010 fällt eher gering aus: 56,6 % besuchen eine Veranstaltung, 25,5 % zwei<br />

Veranstaltungen und 18,0 % mindestens drei Veranstaltungen.<br />

Potenziale könnten darin liegen, einen Teil der Kulturtouristen z. B. mit einer besseren Information<br />

zu generell mehr brandenburgischen Kulturbesuchen zu motivieren, sowie in Teilen auch<br />

die Besuchsfrequenz be<strong>im</strong> einzelnen Veranstalter zu erhöhen. 1 Die bereits positiv ausgeprägte<br />

Wiederbesuchsabsicht lässt sich ggf. ebenfalls steigern: 45,4 % der Kulturtouristen äußern eine<br />

definitive Wiederbesuchsabsicht für 2011 (best<strong>im</strong>mt), 45,0 % wollen vielleicht wiederkommen, nur<br />

9,6 % nicht.<br />

Besuchsmotive<br />

Für 70,8 % der Kulturtouristen ist der Besuch der untersuchten Kulturveranstaltung der Hauptreisegrund,<br />

dies sind 30,6 % der Gesamtbesucher. Bei Brandenburger und Berliner Kulturtouristen<br />

ist mit je rund 80 % der Anteil an Gästen mit Hauptreisegrund ähnlich hoch. Hieran wird deutlich,<br />

dass die brandenburgischen Kulturveranstalter mit ihren Aktivitäten in relevantem Umfang Kulturtourismus<br />

bewirken und somit zur Wertschöpfung in ihrer Region beitragen.<br />

1 wenn die Programmstruktur es zulässt, die Rahmenbedingungen wie angemessene und ausreichende<br />

Übernachtungskapazitäten vorhanden sind, mehr Packages angeboten werden etc.<br />

14


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

In der Regel nennen die befragten Kulturtouristen mehrere Besuchsmotive; besonders wichtig<br />

sind ihnen das Veranstaltungsprogramm, die Atmosphäre am Veranstaltungsort, die Verbindung<br />

von Natur, Kultur und Architektur sowie die Künstler:<br />

Weitere Orts- und Umgebungsfaktoren spielen ebenfalls eine Rolle und finden über den hier untersuchten<br />

Kulturbesuch hin aus oft Ausdruck in Kop pe lungs aktivitäten, s. u. Da r über hinaus ist das<br />

mit 17,0 % ver gleichsweise gut aus ge präg te Motiv „guter Ruf des Ver anstalters“ ein Indikator für<br />

ein etabliertes, hohes Renommee der Veranstalter bei der Zielgruppe, wie auch der mit 21,6 %<br />

relativ hohe Anteil der Empfehlung durch Bekannte/Angehörige. Insgesamt kann man aus der<br />

Verteilung der Besuchsmotive schließen, dass die Kulturtouristen be<strong>im</strong> brandenburgischen Kulturbesuch<br />

nicht nur aufgrund von Programm und Künstlern kommen, sondern ein Gesamterlebnis<br />

suchen, das außerdem auch Orts- und Umgebungsreize der Spielstätten beinhaltet. Meist wird<br />

der Kulturbesuch noch um Koppelungsaktivitäten ergänzt, die dieser Motivationslage entsprechen.<br />

Die Kommunikation der Veranstalter sollte (den individuellen Stärken folgend) auf diese<br />

Hauptsäulen aufbauen, und dabei neben den künstlerisch/programmatischen Aspekten die Ortsund<br />

Umgebungsreize hervorheben sowie Hinweise auf Koppelungsaktivitäten beinhalten. Zudem<br />

sollten Maßnahmen ergriffen werden, um die für das Informationsverhalten der Kulturtouristen<br />

sehr wichtige Multiplikation über Empfehlung zu fördern (z. B. Formular für Mail-Empfehlung auf<br />

der Homepage, Verlinkungs-Buttons zu den Social Media auf der Homepage, eigene Fanpage bei<br />

Facebook etc.).<br />

Information<br />

Insgesamt 62,4 % der Kulturtouristen nutzen bereits das Internet zur generellen Kulturinformation;<br />

dabei spielt das Alter eine wesentliche Rolle (je jünger, desto häufiger; bei den unter 65-Jährigen<br />

liegt der Nutzeranteil zwischen 81 % und 64 %, nur bei den ab 66-Jährigen bei 47 %). In<br />

anderen Umfragen des IKMF seit 2010 zeigt sich zudem eine stark wachsende Bedeutung der<br />

15


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Social Media wie der mobilen Anwendungen bei der Kulturinformation; auch platzgenaue Online-<br />

Kartenbuchung wird zunehmend als Standard vorausgesetzt. Innerhalb der Kulturtouristen hat<br />

die jeweilige Homepage der Veranstalter den höchsten Nutzeranteil (28,5 %). Die Nutzung der<br />

sechs abgefragten kultur- und brandenburgspezifischen Internetportale ist hingegen eher moderat<br />

ausgeprägt: Kulturfeste.de nutzen 12,2 %, kulturland-brandenburg.de 11,0 %, reiseland-brandenburg.de<br />

9,4 %. 7,7 % nutzen kulturportal-brandenburg.de, 3,6 % kulturreisen-brandenburg.de und<br />

0,4 % regiobb.de. 28,1 % nennen sonstige Websites.<br />

Wichtigste Informationsquelle der Kulturtouristen über die besuchte Veranstaltung ist die Empfehlung<br />

über Bekannte/Angehörige (40,1 %), gefolgt von Internet (25,3 %), Broschüren/Flyern der<br />

Veranstalter (18,9 %) und Zeitungen (13,7 %):<br />

Die Kulturfeste-Broschüre erreicht mit einem Nutzeranteil von 8,2 % unter den Kulturtouristen eine<br />

respektable Reichweite und ist gerade für kleinere und mittlere Veranstalter ein gutes Medium,<br />

das potenzielle Kulturpublikum ressourcenscho nend und sehr zielgerichtet anzusprechen, auch<br />

über größere Entfernungen hinweg. Durch die Kooperation mit der TMB und den auf diesem Weg<br />

in der Broschüre beworbenen Pauschalen/Bausteinen werden vermutlich zusätzliche kulturtouristische<br />

Umsätze ausgelöst. Wie aus den Gesamtdaten ersichtlich ist, bestehen bei den am häufigsten<br />

genannten Medien deutliche Unterschiede <strong>im</strong> Informationsverhalten zwischen Einhe<strong>im</strong>ischen<br />

und Kulturtouristen, was in der Zielgruppenansprache berücksichtigt werden sollte.<br />

Zufriedenheit<br />

Die Kulturtouristen sind mit den Veranstaltungen insgesamt recht zufrieden: 37,4 % der Kulturtouristen<br />

zeigen sich begeistert (Schulnotenskala, Note sehr gut), 55,6 % werten mit gut, 6,0 % mit<br />

befriedigend, und nur 1,0 % sind unzufrieden (Noten 4 – 6). Der Mittelwert der Gesamtzufriedenheit<br />

16


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

beträgt 1,71. Diese hohe Zufriedenheit lässt sich bei allen Veranstaltern (große, mittlere, kleine)<br />

beobachten. Auch bei den Einzelbewertungen ist die Zufriedenheit mit dem Kernprodukt (Künstler,<br />

Programm, Ort) veranstalterübergreifend hoch ausgeprägt:<br />

Hingegen liegen in Bezug auf die nachgelagerten Serviceaspekte und Rahmenbedingungen auf<br />

Ebene der einzelnen Veranstalter teilweise erhebliche Unterschiede in der Zufriedenheit vor. Als<br />

Problemzonen mit Verbesserungsbedarf stellen sich angesichts der Anteile der Unzufriedenen<br />

(Noten 4–6) vor allem Ausschilderung, Gastronomie (auch <strong>im</strong> Umfeld) und Informationen zum<br />

touristischen Umfeld dar; auch hinsichtlich der Aspekte Rahmenprogramm, Information zur Veranstaltung<br />

und Erreichbarkeit bestehen ggf. Verbesserungspotenziale. Gerade diese Service- und<br />

Rahmenbedingungen sind jedoch zum überwiegenden Teil Faktoren, die die Kulturveranstalter<br />

nur in Kooperation mit anderen kulturtouristischen Leistungsträgern bzw. den örtlichen Akteuren<br />

beeinflussen können.<br />

Übernachtungsgäste<br />

Von den Kulturtouristen hat knapp ein Drittel (31,7 %) den Kulturbesuch mit Übernachtungen verbunden,<br />

dies sind 11,7 % der Befragten insgesamt. Es wird in der Regel ein eher kurzer Aufenthalt<br />

gebucht: Innerhalb der Übernachtungsgäste nennen 53,2 % eine Übernachtung, 25,4 % zwei<br />

Übernachtungen und 21,4 % mindestens drei Übernachtungen. Im Mittel beträgt die Aufenthaltsdauer<br />

2,4 Übernachtungen. Einige Kulturtouristen nutzen Pauschalen: Für 21,3 % der 50 km entfernt<br />

wohnenden Gäste ist der Besuch Teil eines individuellen Pauschalangebots, nur 2,5 % sind<br />

Teilnehmer einer Gruppenreise.<br />

17


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Koppelungsaktivitäten<br />

Der Kulturbesuch ist für einen Großteil der Kulturtouristen zwar Hauptreisegrund (s. o.), wird jedoch<br />

von den meisten (85,6 %) eingebettet in kulturelle oder nicht kulturelle Koppelungsaktivitäten.<br />

Dabei n<strong>im</strong>mt der überwiegende Teil der Befragten mehrere Aktivitäten wahr (MW 1,6 Nennungen):<br />

56,7 % der Kulturtouristen gehen am Veranstaltungsort in Restaurants, Cafés, Kneipen,<br />

31,5 % machen Spaziergänge, 30,4 % besichtigen Sehenswürdigkeiten, 20,5 % besuchen Verwandte<br />

und Freunde, 15,1 % besuchen Ausstellungen/Museen.<br />

Angesichts der hohen Bedeutung der Koppelungsaktivitäten und Beobachtung, dass selbst von<br />

den vorhandenen kulturtouristischen Besuchern 13,0 % unzufrieden sind mit den Informationen<br />

zum touristischen Umfeld, sollten sich die Veranstalter in Kooperation mit den anderen örtlichen<br />

touristischen Leistungsträgern bemühen, das vorhandene, meist als ausreichend und attraktiv<br />

bewertete Umfeld an Kultur- und Freizeitangeboten besser als bisher für die Kulturtouristen zu<br />

bündeln/vernetzen und diese Optionen ansprechend, nutzerfreundlich, detailreich und aktuell aufzubereiten.<br />

Bedarf an touristischen Angeboten und Kulturangeboten<br />

Touristische Angebote <strong>im</strong> Umfeld des Veranstaltungsortes sind für die Kulturtouristen noch nicht<br />

<strong>im</strong>mer in ausreichender Menge oder Qualität vorhanden. So vermissen 7,1 % der Gäste, die mindestens<br />

50 km entfernt wohnen, Unterkünfte. In Bezug auf alle Befragten entspricht dies einem Anteil<br />

von 3,1 %. Der Bedarf betrifft überwiegend mittelklassige Angebote mit 2 – 3 Sternen, sehr einfache<br />

(ein Stern) bzw. hochklassige (vier bzw. fünf Sterne) Angebote werden seltener gewünscht.<br />

Gastronomische Angebote vermissen 13,9 % der Kulturtouristen (6,0 % insgesamt). Hier erstreckt<br />

sich die Nachfrage ebenfalls eher auf mittelklassige Angebote („gutbürgerlich“, „gehoben“) als<br />

auf erstklassige bzw. einfache Gastronomie. Dieser selbst be<strong>im</strong> bestehenden kulturtouristischen<br />

Publikum erkennbare Bedarf <strong>im</strong> Bereich der Gastronomie und Übernachtungs kapazitäten zeigt,<br />

18


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

dass ggf. Potenziale bestehen, den Anteil an Kulturtouristen zu erhöhen (auch über die bisher<br />

selten genutzten oder noch nicht ausreichend angebotenen/vermarkteten Pauschalen/Bausteine<br />

bzw. Gruppenreiseangebote).<br />

Bei einer offenen Frage nach sonstigem Bedarf wurden z. B. Fahrradverleih, gut beschilderte<br />

Fahr radwege, bessere Informationen zu den Sehenswürdigkeiten am Veranstaltungsort, gastronomische<br />

Empfehlungen, Angebote für Kinder und Jugendliche und bessere ÖPNV-Angebote<br />

bzw. Shuttles thematisiert. Nur relativ wenige Befragte vermissen hingegen andere Kultur- oder<br />

Freizeitangebote. Dies bestätigt sich auch auf die dezidierte Nachfrage, ob die Kulturtouristen in<br />

der Region das Kulturangebot vom besuchten und anderen Veranstaltern in den Sommermonaten<br />

ausreichend finden: 67,2 % halten das Angebot für ausreichend (Einhe<strong>im</strong>ische: 71,8 %). Nur<br />

1,2 % der Kulturtouristen (und 2,5 % der Einhe<strong>im</strong>ischen) wünschen sich andere als die vorhandenen<br />

Angebote. Hingegen wünschen sich 15,8 % der Kulturtouristen (und 20,3 % der Einhe<strong>im</strong>ischen,<br />

der Unterschied ist signifikant) mehr Kulturangebote – was ein Hinweise an den einen oder<br />

anderen Kulturveranstalter sein könnte, sein Angebot ggf. auszuweiten.<br />

Ausgaben<br />

Die Kulturtouristen tätigen <strong>im</strong> Rahmen ihres Veranstaltungsbesuchs erhebliche Ausgaben für Eintritt,<br />

Speisen/Getränke, Übernachtungen, Kraftstoff/Fahrkarte, touristisches Rahmenprogramm,<br />

Souvenirs sowie Sonstiges. In Bezug auf alle 1.631 Befragten werden <strong>im</strong> Mittel 75,20 € pro Kulturtourist<br />

ausgegeben (Annahme: keine Angabe = keine Ausgaben). Auf den Eintritt entfällt mit rund<br />

18,28 € der größte Teil dieser Summe, gefolgt von den Ausgaben für Übernachtungen (18,13 €<br />

– wählt man nur die Übernachtungsgäste aus, liegt der Mittelwert pro Übernachtung bei 64,26 €),<br />

Speisen/Getränke (17,27 €) und Kraftstoff/Fahrkarte (16,35 €). Geringe Beträge entfallen auf<br />

Rah menprogramm (1,83 €), Souvenirs (1,29 €) und Sonstiges (2,04 €). Die Einhe<strong>im</strong>ischen geben<br />

<strong>im</strong> Mittel wesentlich weniger aus (26,61 €) als die Kulturtouristen.<br />

Vergleich der Besucherbefragungen 2004 – 2010<br />

Acht der untersuchten Veranstalter hatten <strong>im</strong> Jahr 2004 schon einmal an einer vergleichbaren<br />

Besucherbefragung des IKMF <strong>im</strong> Auftrag des MWFK teilgenommen, darunter auch die Klöster<br />

Chorin und Neuzelle. Untersucht man diese Teilstichprobe <strong>im</strong> Hinblick auf signifikante Veränderungen,<br />

fallen folgende Ergebnisse ins Auge: Es gibt nur einen geringfügigen Anstieg des Anteils<br />

von Kulturtouristen von 45,7 % auf 49,2 %. Dabei ist der Anteil der durch den Kulturbesuch als<br />

Hauptreisegrund unverändert hoch. Die Internet-Nutzung n<strong>im</strong>mt (wie zu erwarten) stark zu. Der<br />

Bedarf an zusätzlichen Angeboten gutbürgerlicher und gehobener Gastronomie und an Unterkünften<br />

<strong>im</strong> Umfeld des Veranstaltungsortes ist bei den Kulturtouristen unverändert vorhanden,<br />

bei schon gestiegener Nutzung gastronomischer Angebote (von 38,9 % auf 56,7 %). Es ist eine<br />

unverändert hohe Zufriedenheit mit den Kernproduktaspekten Künstlern und Programm zu beobachten,<br />

ebenso bestehen aber auch unveränderte Verbesserungspotenziale bei Gastronomie,<br />

Ausschilderung, Information.<br />

19


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Wichtigste Ergebnisse der Besucherbefragung<br />

Aus der Besucherbefragung lassen sich, auch <strong>im</strong> Hinblick auf die Perspektiven des Netzwerks<br />

KLOSTERLAND, drei Kernergebnisse ableiten:<br />

1. Es besteht bereits ein guter, aber steigerungsfähiger Anteil an Kulturtouristen (Anreise<br />

> 50 km) von 43,2 %; Kultur ist meist der Hauptreisegrund, aber Koppelungsaktivitäten haben<br />

ebenfalls eine hohe Bedeutung.<br />

2. Die Zufriedenheit der Kulturtouristen mit dem Kernprodukt (d. h. Künstler, Programm, Veranstaltungsort)<br />

ist bei großen wie kleinen Veranstaltern hoch, Verbesserungsbedarf besteht bei<br />

Serviceaspekten wie Gastronomie, Ausschilderung, Information zu touristischen Angeboten –<br />

Bereiche, die nur zum Teil in der Verantwortung der einzelnen Kulturveranstalter liegen.<br />

3. Erfolgsstrategien zur Steigerung des Anteils an Kulturtouristen liegen weniger <strong>im</strong> Bereich<br />

der Qualitätsverbesserung be<strong>im</strong> Kernprodukt oder der Schaffung neuer kultureller Angebote<br />

(und nur teilweise in der Ausweitung der bestehenden Kulturangebote), als vielmehr in der<br />

Opt<strong>im</strong>ierung von Serviceaspekten und einer besseren touristischen Vermarktung ‒ in diesem<br />

Sinn hat KLOSTERLAND große Potenziale, <strong>im</strong> Netzwerkverbund mehr Aufmerksamkeit bei<br />

touristischen Akteuren und Kulturtouristen auf die einzelnen Klöster und ihre Veranstaltungen/Angebote<br />

zu lenken.<br />

Veranstalterbefragung<br />

Methodik der Veranstalterbefragung<br />

Im November/Dezember 2009 beauftragte das brandenburgische Ministerium für Wissenschaft,<br />

Forschung und Kultur das Institut für Kultur-Markt-Forschung (IKMF) mit einer telefonischen Veranstalterbefragung.<br />

Zielgruppe waren Kulturveranstalter <strong>im</strong> Land Brandenburg, mit dem Fokus<br />

Eventorientierung und kulturtouristischer Relevanz <strong>im</strong> Schwerpunkt Bühne/Musik. Dies beinhaltet<br />

alle Mitglieder der Kulturfeste <strong>im</strong> Land Brandenburg e.V. und deren Gäste, ausgewählte Mitglieder<br />

des Landesverbandes Freier Theater Brandenburg e.V. sowie einige kommunale und sonstige<br />

Einrichtungen. Erkenntnisziel war, einen vertieften Überblick über die tägliche kulturtouristische<br />

Praxis bei den Kulturveranstaltern zu erhalten und ggf. Maßnahmen in der Struktur- und Förderpolitik<br />

zum Kulturtourismus daraus abzuleiten. Als Ansprechpartner wurden die Geschäftsführer/<br />

Leiter bzw. Mitarbeiter für Marketing/Öffentlichkeitsarbeit oder Tourismus ausgewählt, pro Institution<br />

wurde ein Interview geführt. Von 74 angesprochenen Personen nahmen 62 an der Befragung<br />

teil (Rücklauf 83,8 %), die Interviews dauerten <strong>im</strong> Mittel 72 Minuten. Als Kulturtouristen sind auch<br />

in dieser Untersuchung diejenigen definiert, die für ein kulturelles Angebot mindestens 50 km anreisen<br />

(mit und ohne Übernachtung).<br />

Entwicklung und Bedeutung des brandenburgischen Kulturtourismus<br />

Die befragten Veranstalter schätzen Kulturtouristen als eine wichtige Zielgruppe ein; ausgehend<br />

von den Besuchen 2009 stellen sie einen Besucheranteil von <strong>im</strong> Mittel geschätzten 43,6 % des Publikums<br />

(was sich mit den Ergebnissen der Besucherbefragung 2010 deckt). Für die kommenden<br />

20


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

fünf Jahre sehen die Veranstalter überwiegend eine (sehr) positive Entwicklung des brandenburgischen<br />

Kulturtourismus, sowohl be<strong>im</strong> eigenen Festival/der eigenen Institution als auch für ganz<br />

Brandenburg:<br />

Dabei schätzt über die Hälfte der Veranstalter das kulturtouristische Entwicklungspotenzial des<br />

eigenen Kulturbetriebs als sehr hoch oder hoch ein, und zusammen 87,2 % schätzen es als mindestens<br />

mittel ein. Sichtbares Anzeichen dieser positiven Entwicklung ist u.a. die Steigerung des<br />

Anteils an Kulturtourismusbausteinen/-pauschalen von 41,9 % <strong>im</strong> Jahr 2009 auf geplante rund<br />

zwei Drittel (54,8 % definitiv, 12,9 % vielleicht) für das Jahr 2010.<br />

Allgemeine Entwicklungshindernisse<br />

Die Veranstalter wurden anhand eines Katalogs befragt, welche Hindernisse ihrer Meinung nach<br />

die Entwicklung des Kulturtourismus in Brandenburg (nicht nur be<strong>im</strong> eigenen Betrieb) einschränken.<br />

Dabei werden acht Bereiche von mindestens einem Drittel der Veranstalter als voll oder<br />

größtenteils zutreffend eingeschätzt. Dies deutet auf vielfältige Entwicklungshindernisse hin, bzw.<br />

eröffnet unterschiedliche potenzielle Handlungsfelder. Insgesamt zeigt sich, dass die brandenburgischen<br />

Kulturveranstalter eine erfolgreiche Weiterentwicklung des Kulturtourismus in ihrem Land<br />

als Gemeinschaftsaufgabe sehen, die sie mit ihren häufig sehr schlanken Personalstrukturen,<br />

sehr begrenzten finanziellen Mitteln und angesichts von infrastrukturellen Hindernissen, die nicht<br />

in ihrer Verantwortung liegen, nicht alleine lösen können. Deutlich am häufigsten werden mangelnde<br />

Finanzierungsmöglichkeiten für Werbung und Marketing genannt (72,5 %), gefolgt von zu<br />

wenig Kommunikation und Kooperation zwischen Kulturveranstaltern und Touristikern (53,2 %),<br />

der unzureichenden ÖPNV-Anbindung (51,6 %) und fehlenden personellen Kapazitäten (45,1 %):<br />

21


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Besonders hervorzuheben ist, dass hier über die Hälfte der Veranstalter den Mangel an Kommunikation/Kooperation<br />

zwischen Kulturveranstaltern und Touristikern als Entwicklungshindernis<br />

benennt, was <strong>im</strong> Vergleich zur ÖPNV-Anbindung ein vergleichsweise einfach zu verringerndes<br />

Hindernis darstellt. Nur ein sehr geringer Anteil der befragten Veranstalter sieht ein generelles<br />

Qualitätsproblem bei den Kulturveranstaltungen selbst, die in diesem Fall die Angebote der kulturellen<br />

Konkurrenz betreffen. Auch fehlende touristische Zusatzangebote am Veranstaltungsort<br />

werden eher zu einem kleinen Anteil als grundsätzliche Problemstellung benannt. Immerhin über<br />

ein Fünftel sieht ein Informationsdefizit bei den Besuchern.<br />

22


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Auffällig sind die Nennungen zum Wissensdefizit bei den Akteuren, das hier rund ein Drittel fehlende<br />

Erfahrungen <strong>im</strong> Kulturtourismus oder fehlendes Fachwissen bei Kulturveranstaltern und<br />

Touristikern bemängelt. Dies korrespondiert mit der Beobachtung, dass viele Veranstalter keine<br />

oder nur eine geringe Kenntnis über die Herkunft ihrer Besucher haben (was für die Steuerung<br />

der Kommunikation und die Entwicklung kulturtouristischer Angebote ein ernsthaftes Hindernis<br />

darstellt), und das Wissen um die kulturtouristischen Aktivitäten der Konkurrenz <strong>im</strong> positiven wie<br />

negativen Sinn schon in Bezug auf Brandenburg eher gering ausgeprägt ist. Nur wenige Veranstalter<br />

können darüber hinaus bundesweite oder ausländische Beispiele guter oder schlechter<br />

kulturtouristischer Praxis benennen.<br />

Ein Blick auf den Veranstaltungsort offenbart mit der generellen Einschätzung von Brandenburg<br />

korrespondierende Problemzonen <strong>im</strong> Bereich der lokalen Infrastruktur, wie die unzureichende Anbindung<br />

an öffentliche Verkehrsmittel, Gastronomie außerhalb des Festivals, lokale Touristinformation,<br />

Kapazitäten für angemessene und nahe Beherbergung:<br />

So zeigen sich 50,0 % mit der ÖPNV-Anbindung unzufrieden (Noten 4 – 6), 22,6 % bemängeln das<br />

Verkehrsleitsystem, 32,3 % vermissen Parkplätze und 22,6 % kritisieren die unzureichende Qualität<br />

bzw. das nicht ausreichende Vorhandensein von Gastronomie außerhalb des Festivals/der<br />

Institution. Aber auch die Anteile an Unzufriedenheit mit der lokalen Touristinformation (14,5 %),<br />

den Kapazitäten für angemessene und nahe Beherbergung (12,9 %) oder der Einrichtung auf<br />

Gruppenreisen (17,7 %) sind als Anzeichen für relevante kulturtouristische Entwicklungshindernisse<br />

einzustufen.<br />

Die Veranstalter sollten in einer offenen Frage auch Verbesserungsvorschläge zur Steigerung<br />

des Anteils an Kulturtouristen machen, die ihr eigenes Festival/ihre eigene Institution betreffen.<br />

Die am häufigsten genannte Stellschraube ist die Information (71,0 % würden Veränderungen<br />

vornehmen), gefolgt vom Ticketing/Vertrieb (50,0 %), dem künstlerischen Produkt (38,7 %) und<br />

Sonstigen (30,6 %). Eine positive Weiterentwicklung des brandenburgischen Kulturtourismus wird<br />

23


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

also nur zum kleineren Teil von einer Opt<strong>im</strong>ierung des künstlerischen Kernprodukts abhängig<br />

gemacht. Neben Geld- und Personalmangel werden <strong>im</strong> Bereich Information und Ticketing/Vertrieb<br />

folgende Verbesserungswünsche thematisiert:<br />

Auffällig ist bei der Information die Häufung von Nennungen zu einer stärkeren Präsenz auf dem<br />

Berliner Markt, der Wunsch nach einem stärkeren Ausbau der Online-Kommunikation sowie auch<br />

der Wunsch nach einer stärkeren Vernetzung über Dachverbände, Multiplikatoren oder Kooperationen.<br />

Auch <strong>im</strong> Bereich Ticketing/Vertrieb werden die Themen Internet (z. B. Zusammenarbeit mit<br />

einem deutschlandweit oder regional agierenden Online-Ticketportal) und Vernetzung/Kooperationen<br />

häufiger genannt, darüber hinaus wünschen die Veranstalter eine Opt<strong>im</strong>ierung in Richtung<br />

von Paketen (nicht nur Kulturbesuch + Gastronomie + Übernachtung, auch Einbeziehung weiterer<br />

Koppelungsaktivitäten).<br />

Kommunikation und Vernetzung<br />

Zum Befragungszeitpunkt Ende 2009 lässt die formale Einbindung der Kulturveranstalter in touristische<br />

Prozesse der Region deutliche Steigerungspotenziale zu: 67,7 % nennen eine Beteiligung<br />

auf organisatorischer Ebene (z. B. <strong>im</strong> Tourismusverband), 54,8 % nehmen regelmäßig an Treffen<br />

mit touristischen Akteuren (z. B. Gastronomen, Hotels, andere Veranstalter) teil, aber 24,2 % aller<br />

Veranstalter beteiligen sich bisher nicht.<br />

<strong>Kulturtouristische</strong> Aktivitäten bedürfen in der Regel der Abst<strong>im</strong>mung mit vielen Partnern; konkret<br />

ergibt sich ein Mittelwert von 10,7 bei 18 abgefragten Partnern <strong>im</strong> Bereich der Behörden und<br />

kommunalen Dienstleister. Diese Kommunikation ist, wie die folgende Grafik und die analysierten<br />

Kommentare zeigen, in Quantität, Qualität und Intensität häufig opt<strong>im</strong>ierbar:<br />

24


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Dabei wünschen sich 58 von 62 Veranstaltern eine intensivere Zusammenarbeit (oder überhaupt<br />

eine Kontaktaufnahme) zu Behörden oder touristischen (Kultur-)Dienstleistern, um kulturtouristische<br />

Aktivitäten in ihrer Region weiter zu entwickeln. Die einzelnen Veranstalter nennen meist<br />

zwei bis drei Wunschpartner, was zeigt, dass die Entwicklungspotenziale in Bezug auf Vernetzung,<br />

Angebotsentwicklung und Vertrieb aus Sicht der Veranstalter noch lange nicht ausgeschöpft<br />

sind. Deutlich am häufigsten genannt mit 18 Nennungen wird die TMB (die hier bisher in der Bewertung<br />

der Kontakte teilweise negativ abschneidet), gefolgt von 13 Wünschen nach einer intensiveren<br />

Zusammenarbeit mit anderen Kulturveranstaltern (die Vorteile der Vernetzung werden also<br />

höher bewertet als die potenzielle Konkurrenz). Weitere Wünsche betreffen u.a. die BTM (8x, jetzt<br />

Visit Berlin), (Kultur-)Reiseveranstalter (7x) und Hotels (6x). Weitere Nennungen betreffen z. B.<br />

die verschiedenen Ebenen der Behörden, Verkehrsdienstleister, Verkehrsverbände und Medien.<br />

In den Besucherbefragungen von 2004 und 2010 wird deutlich, dass es für einen Großteil der<br />

Kulturtouristen sehr wichtig ist, vor Ort Koppelungsaktivitäten nachzugehen, also weitere Kulturund<br />

Freizeitaktivitäten wahrzunehmen. Die Veranstalter wurden in einer offenen Frage gebeten,<br />

mögliche Angebote an ihrem Ort zu beschreiben. Die meisten Veranstalter hatten Kenntnis des<br />

touristischen Umfelds und konnten die Optionen mit vielfältigen Nennungen beschreiben. Wie<br />

weiter oben dargestellt, wird das vorhandene Kultur- und Freizeitangebot von den Veranstaltern<br />

größtenteils als gut bis sehr gut eingeschätzt. Anschließend sollten die Veranstalter in einer offenen<br />

Frage Auskunft geben, inwieweit Potenziale bestehen, mit den vorhandenen oder anderen<br />

Angeboten oder einer intensiveren Vermarktung die kulturtouristische Anziehungskraft ihres Ortes<br />

und damit ihres Festivals/ihrer Institution zu erhöhen. Dabei wird die Entwicklung neuer Angebote<br />

erst an dritter Stelle genannt, hinter dem Wunsch, vorhandene Angebote sinnvoll zu bündeln und<br />

Pakete anzubieten sowie einer besseren Kommunikation nach außen bzw. der Entwicklung von<br />

Marketingkonzepten:<br />

25


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Es hat also in den Augen fast aller Veranstalter ein großes Potenzial, ein Festival bzw. eine Institution<br />

(und damit auch einen Veranstaltungsort) über Koppelungsangebote noch attraktiver zu gestalten.<br />

Die Veranstalter sehen dies aber als eine vielschichtige und in ihrer Umsetzung komplexe<br />

Herausforderung, die nur gemeinschaftlich mit den anderen touristischen Akteuren zu bewältigen<br />

ist. Dabei wird die Gestaltung neuer Angebote (bzw. die Qualitätsverbesserung bestehender Angebote)<br />

nachrangiger eingestuft als eine sinnvolle regional bzw. überregional organisierte Bündelung<br />

der vorhandenen Angebote (auch mit Paketen) sowie eine konzeptgestützte, tragfähige<br />

Kommunikation nach außen. Zielstellung sollte eine verbesserte (gemeinsame) Information der<br />

Touristen sein, notwendige Rahmenbedingung ist eine stärkere Vernetzung der Akteure untereinander<br />

einhergeht.<br />

<strong>Kulturtouristische</strong> Strategien und Maßnahmen<br />

Die Veranstalter haben ein hohes Interesse daran, den Kulturtourismus in Brandenburg anhand<br />

von Strategien und Maßnahmen unter Mitwirkung ihres eigenen Festivals/ihrer eigenen Institution<br />

zu fördern. Dabei ist mehr Wissen/Qualifizierung ein möglicher Anhaltspunkt. Es würden<br />

72,6 % den Besuch von Fortbildungs-/Qualifizierungsprojekten begrüßen, und zwar nicht nur für<br />

sich selbst (58,1 %), sondern auch bei ihren Mitarbeitern (43,5 %) und den touristischen Partnern<br />

(48,4 %). Darüber hinaus würden 46,8 % ein persönliches Coaching für ihre Institution begrüßen,<br />

und rund zwei Drittel wünschen sich mehr Fachwissen über Kulturtourismus durch Befragungen,<br />

Markt- und Bedarfsanalysen. Ein zweiter Ansatz liegt in der Stärkung der gemeinsamen Aktion;<br />

über 70 % wünschen sich eine Stärkung der etablierten Vermarktungsplattformen Kulturfeste, Kulturland<br />

und TMB (was für den Erfolg dieser landesgeförderten Strukturen spricht), bzw. es wünschen<br />

rund drei Viertel mehr gemeinsame touristische Vermarktung:<br />

26


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Hinweise zur Netzwerkgestaltung umfassen u.a. die Betonung einer sinnvollen Differenzierung,<br />

die Berücksichtigung kleinerer Veranstalter sowie die Wahrung der Individualität der Netzwerkpartner.<br />

Vorgeschlagen werden zudem neue <strong>Netzwerke</strong> alternativer Anbieter (z. B. für jüngere<br />

Zielgruppen) und Tourismustage in den einzelnen Städten des Landes. Des Weiteren besteht<br />

auch eine relevante Nachfrage nach Vermarktungsinstrumenten wie thematischen Kulturrouten<br />

(74,2 %) bzw. einer Gästecard/Brandenburgcard (43,5 %). Aus den sonstigen Vorschlägen sind<br />

vor allem die Themen Qualifizierung (z.B. dauerhaft gute Mitarbeiter in den Touristinformationen<br />

vor Ort), kulturtouristische Treffen auf regionaler Ebene, bessere Vernetzung der Ressorts in den<br />

Behörden und die Einsetzung von Moderatoren oder Regionalmanagern für kulturtouristische Belange<br />

nennenswert.<br />

Wichtigste Ergebnisse der Veranstalterbefragung<br />

Aus der Veranstalterbefragung lassen sich folgende Kernaussagen und Folgerungen ableiten:<br />

1. Es zeichnet sich eine positive Entwicklung und wachsende Bedeutung des brandenburgischen<br />

Kulturtourismus ab, be<strong>im</strong> Land insgesamt wie den einzelnen Institutionen und Festivals;<br />

die Veranstalter sehen größtenteils gute Entwicklungspotenziale für den Kulturtourismus.<br />

2. Größte Problemzonen sind Geld- und Personalmangel, Infrastruktur, Kommunikation sowie<br />

die Entwicklung kulturtouristischer Vermarktungsstrategien und Produkte gemeinsam mit anderen<br />

touristischen Leistungsträgern.<br />

3. Es besteht ein Wissensdefizit: unzureichende Kenntnisse über die Zielgruppe, über kulturtouristische<br />

Kampagnen/Konzeptionen/Fortbildungen, über die Kulturreisemarken und Marketingkampagnen<br />

der TMB, über Vorbilder bei der Entwicklung kulturtouristischer Angebote –<br />

wobei an allen diesen Themenfeldern ein hohes Interesse besteht<br />

27


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

4. Der Vernetzungsgrad der Veranstalter mit Behörden, touristischen Dienstleistern und anderen<br />

Kulturanbietern ist bereits hoch ausgeprägt, wobei Quantität, Qualität und Intensität der<br />

Kooperation weiter zunehmen könnten/sollten.<br />

5. Der größte Teil der Veranstalter spricht sich für eine Stärkung der etablierten Vermarktungsplattformen<br />

Kulturfeste, Kulturland und TMB aus; ebenso wünschen rund drei Viertel mehr<br />

gemeinsame touristische Vermarktung.<br />

6. Auch aus Veranstaltersicht ist die Dachmarke KLOSTERLAND eine zeitgemäße Maßnahme<br />

zur Vernetzung der kulturtouristischen Akteure, zur Steigerung der kulturtouristischen Besuche<br />

und der damit einhergehenden wirtschaftlichen Effekte. Wir wünschen KLOSTERLAND<br />

viel Erfolg!<br />

28


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

KLOSTERLAND | Deutsch-Polnisches<br />

Klosternetzwerk. Ein kulturtouristisches<br />

Netzwerk auf dem Weg zum Erfolg<br />

Lara Buschmann, Lina Lisa Kolbitz<br />

Das Deutsch-Polnische Klosternetzwerk ist ein Zusammenschluss ehemaliger deutscher und polnischer<br />

Klöster in den Regionen Brandenburg und Westpommern, die inhaltlich zusammenarbeiten<br />

und sich unter der Dachmarke KLOSTERLAND gemeinsam in der Öffentlichkeit präsentieren.<br />

Die Verknüpfung der Klöster findet auf inhaltlicher, organisatorischer und kommunikativer Ebene<br />

statt, d.h. es werden gemeinsam Strategien und kulturelle Angebote entwickelt, die Aktivitäten der<br />

Netzwerkpartner werden koordiniert und durch Zusammenarbeit qualitativ verbessert und durch<br />

die Dachmarke wird die Kommunikation der Partner kanalisiert und nutzerfreundlich gestaltet.<br />

Das Netzwerk soll durch vielfältige Aktivitäten die kulturtouristischen Akteure in der ländlich geprägten<br />

Netzwerkregion stärken, die Region als wirtschaftlichen Impulsgeber unterstützen sowie<br />

durch die länderübergreifende Netzwerkbildung die interregionale und interkulturelle Kommunikation<br />

fördern, als auch für den Erhalt und die Wiederbelebung von Kulturgut und Geschichte<br />

sorgen.<br />

Die Ausgangslage<br />

Eine der großen Herausforderungen für die strukturschwachen <strong>ländlichen</strong> Gebiete, so auch für die<br />

Netzwerkregion Brandenburg und Westpommern, zeichnet sich hinsichtlich der wirtschaftlichen<br />

Entwicklung ab. Sie hängt unmittelbar von den demografischen Entwicklungen ab und beeinflusst<br />

diese wiederum direkt. So führt wirtschaftliche Strukturschwäche aufgrund fehlender Ausbildungs-<br />

und Arbeitsplätze dazu, dass junge und gut qualifizierte Fachkräfte, d. h. auch einkommensstarke<br />

Bürger abwandern, das Durchschnittsalter der zurückbleibenden Bevölkerung steigt<br />

und das Fähigkeitenpotenzial der Region sinkt. Letzteres begrenzt wiederum die Möglichkeiten<br />

wirtschaftlicher Entwicklungsansätze in der Region und führt zu einer weiteren Verschlechterung<br />

der wirtschaftlichen Lage.<br />

Daraus ergibt sich eine weitere Herausforderung für ländliche Regionen, nämlich die Aufrechterhaltung<br />

der Infrastruktur. 1 Einrichtungen der Pflege-, Gesundheits-, Sozial- und Bildungsinfrastruktur<br />

sowie die Netze der Ver- und Entsorgung und des Verkehrs sind gezwungen, sich dem sinkenden<br />

Bedarf anzupassen. Sobald jedoch der Zugang zu grundlegenden Produkten und Dienstleitungen<br />

fehlt, setzt sich die Abwanderung fort und das Image der Region verschlechtert sich zunehmend.<br />

1 Vgl. <strong>Ostdeutscher</strong> Sparkassenverband 2010, S. 141; Vgl. Bundesverband der gemeinnützigen Landgesellschaft<br />

2006, S. 18, 22.<br />

29


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Ein wesentlicher Bestandteil des regionalen Images stellen auch die „kulturlandschaftliche[n] Eigenarten<br />

und kulturhistorisch-identitätsstiftende[n] Merkmale der regionalen Baukultur“ 2 dar, die<br />

zu erhalten eine weitere große Aufgabe darstellt.<br />

Ländliche Räume stehen vor großen Herausforderungen, doch die geschilderten Entwicklungen<br />

sind nicht unabänderlich. Aufgrund ihrer relativ langsamen Abläufe bieten die geschilderten (demografischen)<br />

Entwicklungen durchaus Möglichkeiten der Einflussnahme. 3 Handlungsspielraum<br />

und -bedarf besteht <strong>im</strong> Sinne des demografischen Regelkreises vornehmlich <strong>im</strong> Rahmen der Wirtschaftsförderung,<br />

da diese die Abwärtsspirale gezielt stoppen oder geringstenfalls verlangsamen<br />

und einschränken kann.<br />

Große Potenziale <strong>im</strong> Rahmen der Wirtschaftsförderung bieten die Erschließung ungenutzter Leistungsfelder<br />

und der Erhalt eines attraktiven Lebens- und Arbeitsumfeldes. Weiche Standortfaktoren<br />

sind hier neben verfügbaren Arbeitsplätzen die wichtigsten Ansiedlungsargumente. 4 Die<br />

weichen Standortfaktoren erhalten in strukturschwachen Regionen, in denen die harten Standortfaktoren<br />

keine Investoren mehr zu überzeugen vermögen 5 , einen ganz neuen Stellenwert. 6<br />

Das kulturelle Umfeld einer Region bspw. gilt längst als entscheidend bei der Ansiedlung von<br />

Unternehmen und hat nicht nur als <strong>im</strong>agebildende Maßnahme große Bedeutung: Die Nutzung<br />

dieser Faktoren ermöglicht <strong>ländlichen</strong> Regionen, weitere Profile zu entwerfen und so wieder neue<br />

Aufmerksamkeit zu generieren. Der Kulturtourismus bietet hier gleich zweierlei Potenziale: Zum<br />

einen weist er wirtschaftliche Stärken auf, zum anderen erhält und fördert er die historischen Kulturgüter<br />

und Angebote und trägt damit entscheidend zum Standort<strong>im</strong>age bei.<br />

Besonders in den letzten Jahren hat sich der Kulturtourismus in der Netzwerkregion überdurchschnittlich<br />

gut entwickelt. Eine Besonderheit Brandenburgs liegt in der Verbindung von kulturellen<br />

oder historischen Veranstaltungsorten, die in attraktiven Garten- und Naturlandschaften liegen. 7<br />

Trotz unterschiedlicher Initiativen, Förderprogramme und der positiven Entwicklung <strong>im</strong> kulturtouristischen<br />

Sektor sind die Potenziale jedoch noch nicht ausgeschöpft und die Abwärtsspirale setzt<br />

sich fort. Ein Blick auf die Zuständigkeiten in Brandenburgs Tourismusförderung kann eine Erklärung<br />

dafür bieten: Wirtschaftlicher Wettbewerb statt Kooperationen prägt die Aktivitäten; auf Landes-<br />

und regionaler Ebene bestehen Mehrfachzuständigkeiten. Vor allem auf regionaler Ebene<br />

fehlen ernsthafte Kooperationsansätze 8 und „Kirchturmpolitik“ prägt die kulturtouristischen Aktivitäten.<br />

2 Bundesverband der gemeinnützigen Landgesellschaft 2006, S. 21.<br />

3 Vgl. Bundesverband der gemeinnützigen Landgesellschaft 2006, S. 18.<br />

4 Vgl. Segert/Zierke 2005, S. 111; Vgl. Bundesamt für Bauwesen und <strong>Raum</strong>ordnung 2001, S. 10.<br />

5 z. B. aufgrund mangelhafter Infrastruktur (Kommunikationsnetze, Abfallbeseitigung, Verkehrsanbindung),<br />

geringer Kaufkraft, Fachkräftemangel, weite Entfernungen zu Zulieferbetrieben sowie zu Forschungs-,<br />

Bildungs- und Entwicklungseinrichtungen, eingeschränkte Leistungsfähigkeit des Stromnetzes usw.<br />

6 Vgl. Deutscher Tourismusverband e.V. 2006, S. 63.<br />

7 Vgl. Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg 2005, S. 7; Informationen<br />

zu Reisemotiven und Zielgruppen siehe Bendzuck.<br />

8 Vgl. Institut für Kultur-Markt-Forschung 2005, S. 21 ff.<br />

30


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Entstehungsgeschichte des Klosternetzwerks<br />

Die Idee, grenzübergreifende kulturtouristische Kooperationsprojekte wie u. a. das Deutsch-Polnische<br />

Klosternetzwerk mit dem Ziel der Wirtschaftsförderung ins Leben zu rufen, entstand 2006<br />

<strong>im</strong> Ostdeutschen Sparkassenverband (OSV) 9 <strong>im</strong> Rahmen einer Sonderausgabe des S-Tourismusbarometer,<br />

die den deutsch-polnischen Tourismus behandelte 10 . Das vom OSV beauftragte<br />

S-Tourismusbarometer zeigt alljährlich strukturelle Veränderungen, Erfolge und Misserfolge <strong>im</strong><br />

ostdeutschen Tourismus auf. Als Frühwarnsystem verweist es auf Trends und zukünftige Herausforderungen<br />

und kam 2006 zu dem Ergebnis, dass sowohl <strong>im</strong> grenzübergreifenden Tourismus als<br />

auch in der Vernetzung der Akteure erhebliche Potenziale lägen.<br />

In den Folgejahren bis 2010 wurden Partnereinrichtungen für das Klosternetzwerk ausgewählt<br />

und eine Fördermittelantragstellung über INTERREG IV A vorbereitet, die schließlich an fehlenden<br />

Partnern mit Eigenmitteln und noch zu losen Strukturen scheiterte. Im Sommer 2010 wurde die<br />

strategische Entscheidung getroffen, zunächst die Netzwerkstrukturen zu schaffen und erst <strong>im</strong><br />

Anschluss Förderung zu beantragen. Der OSV und die Sparkassen der brandenburgischen Landkreise<br />

Barn<strong>im</strong>, Märkisch-Oderland, Oder-Spree und Uckermark sicherten eine bis zu dreijährige<br />

Förderung zur Etablierung des Netzwerks zu, die durch Lenkungsausschüsse jährlich neu geprüft<br />

und zugesagt wird.<br />

Seit Anfang 2011 wird das Netzwerk durch ein neutrales Netzwerkmanagement geleitet, das als<br />

professionell betriebene zentrale Servicestelle für die Netzwerkpartner fungiert 11 und u. a. folgende<br />

Aufgabenfelder abdeckt:<br />

Ausarbeitung von Strategien zur Erreichung der gemeinsamen Ziele<br />

Entwicklung und Durchsetzung von Regeln der Zusammenarbeit<br />

Sammeln und Vertreiben netzwerkinterner Informationen<br />

Kommunikation nach Innen und Außen<br />

Verteilung von Aufgaben, Ressourcen und Zuständigkeiten<br />

Organisieren und Dokumentieren der netzinternen Beratungen und Entscheidungen<br />

Pflege der Kontakte zu den Netzwerkpartnern<br />

Dokumentation und Kontrolle der Aktivitäten<br />

Herstellung von Kontakten<br />

Strukturieren der netzwerkinternen Öffentlichkeitsarbeit<br />

Die Netzwerkpartner<br />

Die gegenwärtigen Netzwerkpartner sind ehemalige Klöster aus dem Land Brandenburg und der<br />

Woiwodschaft Westpommern. Die Klöster heißen heute als Kultureinrichtungen Besucher ver-<br />

9 Der OSV ist Dienstleister seiner Mitgliedssparkassen in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen<br />

und Sachsen-Anhalt und hat den Auftrag, Effizienz <strong>im</strong> Markt mit gesellschaftlicher Verantwortung<br />

und Förderung des Gemeinwohls zu kombinieren. Neben dem Ziel eines flächendeckenden Angebots an<br />

Finanzdienstleistungen stehen daher die Förderung einer nachhaltigen regionalen Entwicklung und die<br />

Verbesserung des sozialen Zusammenhalts in den Regionen <strong>im</strong> Mittelpunkt<br />

10 Vgl. Finanzgruppe <strong>Ostdeutscher</strong> Sparkassenverband 2006.<br />

11 Ausführliche Informationen zu den Aufgaben des Netzwerkmanagements siehe Nuissl 2010.<br />

31


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

schiedenster Interessen willkommen. Mit ihren vielfältigen touristischen Angeboten vermitteln sie<br />

ihren Gästen die bewegte Geschichte der historischen Gemäuer, informieren über das Leben ihrer<br />

Bewohner und die einmalige Architektur. Neben dem Museumsbetrieb erfüllen Konzerte, Märkte<br />

und Feste die Klöster mit Leben. Das Zusammenspiel von Kultur, Architektur und Natur sorgt dabei<br />

für eine außergewöhnliche Atmosphäre.<br />

Das Netzwerk besteht derzeitig aus fünf ehemaligen Klöstern in Brandenburg und fünf ehemaligen<br />

Klöstern in Westpommern.<br />

Brandenburg:<br />

Das Zisterzienserinnenkloster Altfriedland liegt <strong>im</strong> Landkreis Märkisch-Oderland am Rand des<br />

Oderbruchs. Die Ruine der mittelalterlichen Zisterzienserinnenabtei wird durch verschiedene<br />

Veranstaltungen wie Konzerte und Feste belebt.<br />

Die gotische Kirche des Franziskanerklosters der Stadt Angermünde <strong>im</strong> Landkreis Uckermark<br />

dient heute als städtisches Kulturzentrum.<br />

Das Zisterzienserkloster Chorin <strong>im</strong> Landkreis Barn<strong>im</strong> ist überregional für seine beeindruckende<br />

Architektur und das umfangreiche kulturelle und touristische Angebot bekannt.<br />

Das Zisterzienserkloster Neuzelle mit seiner barockisierten Stiftkirche und dem barocken<br />

Klostergarten liegt <strong>im</strong> Landkreis Oder-Spree. Touristen werden Konzerte, Ausstellungen, Führungen<br />

und ein jährliches Musiktheaterfestival geboten.<br />

Das Dominikanerkloster Prenzlau <strong>im</strong> Landkreis Uckermark ist ein Bauwerk der norddeutschen<br />

Backsteingotik. Heute ist das Kloster mit seinen Veranstaltungen ein Ort der Geschichte, der<br />

Kultur, der Bildung und Begegnung.<br />

Westpommern:<br />

Kołbacz (Kolbatz) ist das älteste Zisterzienserkloster östlich der Oder und gehört zu den frühesten<br />

Beispielen der Backsteingotik in Westpommern. Im Hauptschiff der Kirche finden Kulturveranstaltungen<br />

statt.<br />

Das Augustinerkloster Chojna (Königsberg in der Neumark) liegt nah an der deutsch-polnischen<br />

Grenze und gehört zur Europäischen Route der Backsteingotik.<br />

Bierzwnik (Marienwalde) ist als Zisterzienserkloster Teil des Zisterzienserweges in Polen.<br />

Spannend für Besucher sind die Restaurierungsarbeiten und Ausgrabungen.<br />

Zum kulturellen Angebot in der gotischen Hallenkirche der Templer- und Johanniterkommende<br />

Chwarszczany (Quartschen) gehören Ausstellungen, Konzerte und Feste.<br />

Das Zisterzienserinnenkloster Cedynia (Zehden) liegt nur wenige Kilometer östlich der Oder.<br />

Heute befindet sich in der Anlage ein Hotel, in dem Kulturveranstaltungen stattfinden.<br />

Die Auswahl der Netzwerkpartner war zunächst auf die Geschäftsgebiete der sponsernden Sparkassen<br />

und ihre polnischen Nachbarregionen begrenzt. Das Netzwerk soll nun durch weitere<br />

ehemalige und aktive Klöster mit kulturtouristischem Angebot erweitert werden. Darüber hinaus<br />

ist die enge Kooperation mit Tourismusorganisationen, Kommunen, dem Gastgewerbe, weiteren<br />

Kultureinrichtungen mit thematisch passendem Angebot und regionalen Handwerksbetrieben geplant.<br />

Mit ihnen sollen gemeinsame „Pakete geschnürt“ werden, um die geringe Angebotsdichte<br />

<strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong> durch die Verknüpfung der Angebote zu kompensieren. Langfristig soll ein<br />

großräumiges, grenzüberschreitendes Netzwerk entstehen, das die historischen Bauwerke und<br />

ihr Angebot touristisch und inhaltlich miteinander verknüpft und einem breiteren Publikum zugänglich<br />

macht.<br />

32


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Potenziale eines kulturtouristischen Netzwerks<br />

Den kulturtouristischen Einrichtungen der Netzwerkregion stehen häufig nur geringe oder unzureichende<br />

finanzielle und personelle Kapazitäten zur Verfügung. Die touristischen Potenziale werden<br />

daher meist nicht ausgeschöpft. Das Netzwerk ermöglicht die Bündelung knapper Ressourcen<br />

und unterschiedlicher Kompetenzen wie Budget, Personal und Wissen. Dadurch können Spezialisierungsvorteile<br />

und Synergieeffekte erzielt und Mehrfacharbeit vermieden werden. Durch die<br />

Einsparung von Personal und Kosten können so Aufgaben realisiert werden, die für die einzelnen<br />

Einrichtungen nicht zu leisten sind.<br />

<strong>Kulturtouristische</strong> Angebote leben von ihren Besuchern. Der Bekanntheitsgrad ist aber gerade für<br />

kleinere Einrichtungen meist nicht ausreichend hoch. Eine Vernetzung und die gemeinsame Präsentation<br />

unter einer Dachmarke machen die Partner sichtbar und erhöhen durch die Abst<strong>im</strong>mung<br />

der Angebote gleichzeitig die Angebotsqualität und das Leistungsspektrum. Möglichkeiten bieten<br />

hier u. a. die Entwicklung von Angebotspaketen und die Einbindung weiterer touristischer Dienstleister.<br />

Insgesamt erhöhen sich durch solche Angebote die Marktchancen für alle Beteiligten.<br />

Die Zusammenarbeit von Partnern unterschiedlicher Bereiche und Regionen ermöglicht zudem<br />

eine Horizonterweiterung und bricht starre Strukturen. Durch regelmäßigen fachlichen Austausch<br />

der Netzwerkpartner, können Erfahrungen und Wissen in den Bereichen Marketing, Finanzierung<br />

und Organisation geteilt werden. Dies fördert den Ideenreichtum und führt zu innovativen und<br />

kreativen Ansätzen z. B. in der Entwicklung touristischer Angebote.<br />

Die Kooperationen mit (über-)regionalen und internationalen Partnern können neue Finanzierungsmöglichkeiten<br />

auftun: Es können Fördergelder für grenzübergreifende Projekte beantragt<br />

werden und auch der Bezug privater Mittel wird durch die effiziente und innovative Zusammenarbeit<br />

und die große Strahlkraft der Dachmarke erleichtert.<br />

Die Vernetzung der Klöster – Ziele und Arbeitsergebnisse<br />

Die Verknüpfung der Klöster findet auf inhaltlicher, organisatorischer und kommunikativer Ebene<br />

statt und verfolgt übergeordnete Ziele in den Bereichen Kulturtourismus, Bildung, Wirtschaft, Regionalpolitik<br />

und Denkmalpflege:<br />

1. Erzeugung regions- und grenzübergreifender (kultur-)touristischer Aktivitäten,<br />

2. Leistung eines Beitrags zur (interkulturellen) Kommunikation,<br />

3. Erzeugung wirtschaftlicher Impulse in der Netzwerkregion,<br />

4. Wiederbelegung und Erhalt von Kulturgut und regionaler Kulturgeschichte,<br />

5. Stärkung regionaler Akteure in kulturtouristischen und -historischen Bereichen.<br />

1. Die Förderung des Kulturtourismus hat, wie oben erläutert, in vielerlei Hinsicht Potenzial. Die<br />

touristischen Strukturen zu öffnen und Grenzen – seien es Landkreis, Landes-, Branchenoder<br />

Themengrenzen – zu überwinden, um neue Angebote zu schaffen und die beteiligten<br />

Akteure wettbewerbsfähig zu machen, ist eine schwierige und gleichsam notwendige und<br />

vielversprechende Aufgabe. Die erfolgreiche Umsetzung ist vom Willen und langen Atem<br />

aller Akteure abhängig.<br />

33


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

2. Die Kommunikation innerhalb von <strong>Netzwerke</strong>n ist ein wesentliches Element, da von ihr<br />

maßgeblich die Funktionstüchtigkeit und Nachhaltigkeit abhängt. Die Herausforderung <strong>im</strong><br />

Deutsch-Polnischen Klosternetzwerk ist die bilinguale Verständigung zwischen deutschen<br />

und polnischen Netzwerkpartnern und die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen<br />

den Kulturinstitutionen und Vertretern der (Tourismus-)Wirtschaft.<br />

3. Wirtschaftliche Impulse werden durch Innovationsförderung und Qualitätsverbesserung gesetzt.<br />

Der Austausch <strong>im</strong> Netzwerk sorgt nicht nur für die Verbesserung der Strukturen sondern<br />

auch für innovative Ideen und die Möglichkeit der gemeinsamen Angebotsgestaltung<br />

und -vermarktung.<br />

4. Die Unterstützung der Netzwerkpartner fördert die inhaltliche Arbeit und das Netzwerk kann<br />

neue Möglichkeiten der Bearbeitung und Kommunikation von Geschichte und regionaler<br />

Identität bieten. Der Erhalt und die Wiederbelebung regionaler Kulturgeschichte können sich<br />

in der Museums- und Archivarbeit der Einrichtungen, in identitätsstiftenden Angeboten für<br />

Besucher und in wissenschaftlichen Ausstellungen, Kongressen und Publikationen widerspiegeln.<br />

Durch Qualitätssteigerung und effektive Nutzung der Ressourcen können darüber<br />

hinaus neue Finanzierungsmöglichkeiten aufgetan werden, um Kulturgut in einer finanzschwachen<br />

Region zu bewahren.<br />

5. Kultureinrichtungen müssen meist mit sehr knappen finanziellen und personellen Ressourcen<br />

arbeiten; ihnen fehlen Fachpersonal und Wissen. Das Netzwerk ermöglicht, die fehlenden<br />

Ressourcen auszugleichen, indem Aufgaben gemeinsam an externe Dienstleister abgegeben<br />

werden und Experten als Verbund finanziert werden können.<br />

Die gesetzten Ziele wurden bisher durch folgende Aktivitäten angegangen:<br />

Netzwerk und Strukturen<br />

Die spezifische Qualität des Klosternetzwerks besteht in der freiwilligen aber verbindlichen Zusammenarbeit,<br />

in deren Rahmen die Netzwerkpartner bei gleichzeitig gegenseitiger Kontrolle<br />

rechtlich und wirtschaftlich eigenständige Akteure bleiben. Die Schaffung funktionsfähiger und effizienter<br />

Netzwerkstrukturen ist Voraussetzung für die Arbeit <strong>im</strong> Netzwerk. Die Organisationsform<br />

hängt von unterschiedlichen Faktoren ab, u. a. sind das die Rechts- und Organisationsformen der<br />

Netzwerkpartner und ihre finanzielle und personelle Aufstellung, die Rechtslage an den Standorten,<br />

die aktuellen und zukünftigen Finanzierungsquellen und die Verfügbarkeit von Fachpersonal<br />

und externen Dienstleistern.<br />

Kooperationsvereinbarung: Die Kooperationsvereinbarung hält die Ziele und Aufgaben des<br />

Netzwerks ähnlich einer Satzung fest und ist das verbindliche Dokument der Teilnahme, solange<br />

keine gemeinsame Rechtsform existiert.<br />

Netzwerkmanagement: Das Netzwerkmanagement ist zentraler Dienstleister der Netzwerkpartner<br />

und Knotenpunkt aller Aktivitäten <strong>im</strong> Netzwerk. Es ist gleichermaßen für strategische<br />

Fragen, die operative Umsetzung und die Vermittlung zwischen Klöstern und Sponsoren zuständig.<br />

Netzwerktreffen: Die zwe<strong>im</strong>al jährlich stattfindenden Netzwerktreffen sind das zentrale Organ<br />

und dienen dem Kennenlernen der Partner, dem Wissensaustausch, der Weiterbildung, der<br />

Abst<strong>im</strong>mung der Ziele und nächsten Schritte und der Abnahme und Bewertung der Leistungen<br />

des Netzwerkmanagements.<br />

34


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Markt- und Besucherforschung<br />

Machbarkeitsstudie: Als Arbeitsgrundlage wurde vor der Initiierung des Netzwerks eine<br />

Standort- und Potenzialanalyse durchgeführt, deren Ergebnisse die Basis für die Gründung<br />

des Netzwerks und die Erarbeitung und Festlegung der Zielsetzungen, Strategie und Arbeitsschritte<br />

war.<br />

Besucherforschung: Die Erhebung von Besucherzahlen und weiteren Informationen durch<br />

die Einbindung in das Programm der kontinuierlichen Marktbeobachtung des Ostdeutschen<br />

Sparkassenverbands in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen<br />

Institut für Fremdenverkehr e. V. wird angestrebt.<br />

Austausch und Fortbildung<br />

Netzwerktreffen: Im Rahmen der zweisprachigen Tagesveranstaltungen wird neben dem<br />

Wissensaustausch bei Bedarf ein Weiterbildungsangebot zu nachgefragten Themen organisiert.<br />

Bisher wurden besonders die Themen Netzwerk, Social Media und Organisationsformen<br />

behandelt.<br />

Symposium: Im Herbst 2012 fand <strong>im</strong> Dominikanerkloster Prenzlau das „1. Symposium <strong>im</strong><br />

KLOSTERLAND“ statt, infolgedessen die vorliegende Broschüre entstand. Namhafte Experten<br />

und Praktiker berichteten von ihren Forschungserkenntnissen und Praxiserfahrungen zum<br />

Thema „Chancen kulturtouristischer <strong>Netzwerke</strong> in strukturschwachen Regionen“.<br />

Marketingmaßnahmen<br />

Durch die Bündelung und Qualitätssteigerung der Informationen, einer benutzerfreundlichen<br />

Aufbereitung und der Erarbeitung neuer und gemeinsamer Angebote kann die Reisedestination<br />

KLOSTERLAND eine größere Zielgruppe erfolgreicher ansprechen und Besuchererwartungen<br />

schüren und erfüllen. Die Erhöhung der Besucherzahlen generiert darüber hinaus einerseits höhere<br />

Eigeneinnahmen, andererseits sind Besucherzahlen eine Existenzberechtigung, die auch<br />

Voraussetzung für finanzielle öffentliche und private Mittel sind. Ein Anstieg der Besucherzahlen<br />

führt auf allen Ebenen zu positiven Effekten, weshalb Marketing keine Nebensache, sondern ein<br />

wesentlicher Bestandteil der Arbeit des Klosternetzwerks ist:<br />

Dachmarke: Die Etablierung und Pflege der Dachmarke KLOSTERLAND ist die Basis aller<br />

Kommunikationsmaßnahmen und schafft einen hohen Wiedererkennungswert. Unter der<br />

Dachmarke vereinen sich alle Klöster mit ihren individuellen Marken.<br />

Homepage: Die gemeinsame Internetpräsenz www.klosterland.de informiert aktuell, umfassend<br />

und einheitlich über alle Netzwerkpartner und Aktivitäten der Dachmarke. Die Seite wird<br />

stetig weiterentwickelt und zukünftig viele weitere Funktionen wie u. a. einen Veranstaltungskalender<br />

bieten.<br />

Messen und Kongresse: Die Präsentationen des Netzwerks auf regionalen und überregionalen<br />

Messen und Kongressen dient als Zielgruppenansprache und geht aufgrund der Pressepräsenz<br />

meist mit Öffentlichkeitsarbeit einher.<br />

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Das Netzwerkmanagement betreibt Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

und sorgt für die Präsenz in der regionalen und überregionalen Presse, n<strong>im</strong>mt<br />

an Wettbewerben und Ausschreibungen teil und stellt die Dachmarke in touristischen und<br />

wissenschaftlichen Publikationen vor.<br />

35


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Printmedien: Die Herausgabe von gemeinsamen Printmedien wie Flyer, Broschüren, Karten<br />

u. v. m. sorgt für die klassische Zielgruppenansprache vor Ort und <strong>im</strong> Einzugsgebiet.<br />

Social Media: Durch Aktivitäten in den sozialen Medien wie Facebook, Twitter, Flickr und Xing<br />

werden neue Zielgruppen angesprochen. Außerdem bieten sie weitere preisgünstige Kommunikationswege.<br />

Veranstaltungen: Die Durchführung und Teilnahme an Veranstaltungen für (Fach-)Publikum,<br />

Besucher und Presse sind wesentlicher Bestandteil der Kommunikationsmaßnahmen.<br />

Wanderausstellung: Die Ausstellung zu den Klöstern des Netzwerks besteht aus zweisprachigen<br />

Stelltafeln. Als wichtiges Instrument der Öffentlichkeitsarbeit wandert sie durch die<br />

Partnereinrichtungen und andere Institutionen mit dem Ziel, einen Klosterbesuch anzuregen.<br />

Finanzierung<br />

Wie <strong>im</strong>mer <strong>im</strong> Kulturbetrieb ist die Finanzierung der sichtbaren und internen Arbeit eines der<br />

Hauptprobleme. So ist die Mittelbeschaffung auch <strong>im</strong> Klosternetzwerk eine zentrale Aufgabe und<br />

ihr Erfolg wird über die weitere Existenz des Netzwerks entscheiden.<br />

Sponsoring: Das Netzwerkmanagement betreut die Sponsoren durch Berichte, Einladungen,<br />

die Erbringung der vereinbarten Kommunikationsmaßnahmen und die Teilnahme an Lenkungsausschüssen<br />

zu Jahresbeginn. Außerdem betreibt das Netzwerkmanagement Akquise<br />

und bemüht sich um die Bindung der bisherigen Sponsoren.<br />

Spenden: Organisation von monetären und Sachspenden.<br />

Fördermittel: Das Netzwerkmanagement prüft und informiert über die Möglichkeiten der Beziehung<br />

von Fördermitteln und koordiniert und/oder beauftragt die Antragstellung.<br />

Eigenmittel und -einnahmen: Es werden Konzepte für die Einbindung von Eigeneinnahmen<br />

der Netzwerkpartner erarbeitet und Ideen zur Erzielung von Einnahmen über das Netzwerk<br />

(wie z. B. Produkte und touristische Angebote) entworfen.<br />

Ausblick und Zukunft<br />

Der Rückblick zeigt, dass in verhältnismäßig kurzer Zeit viel erreicht wurde und nicht nur die<br />

aktuellen Netzwerkpartner, sondern auch viele weitere Einrichtungen und Akteure das Potenzial<br />

des Klosternetzwerks erkannt haben und an der Fortführung und weiteren Umsetzung beteiligt<br />

sein möchten. Die EU-Förderpraxis hat jedoch gezeigt, dass der Aufbau nachhaltiger Strukturen<br />

meist länger als drei Jahre dauert und viele Projekte nach einer dreijährigen Förderung wieder von<br />

der Bildfläche verschwinden. Das Klosternetzwerk befindet sich in einer ähnlichen Situation, hat<br />

diese jedoch von Beginn an mitgedacht und schafft Strukturen und Grundlagen, um das Netzwerk<br />

erfolgreich über die Förderdauer hinweg zu tragen.<br />

Neben der Durchführung und Weiterentwicklung der bisherigen Arbeitsfelder sind drei grundlegende<br />

Ziele für die nahe Zukunft gesetzt: die Schaffung einer Organisationsform, die Erweiterung<br />

des Netzwerks und die Sicherung der Finanzierung.<br />

Ziel ist, eine gemeinsame Organisationsform zu schaffen, die das Netzwerk in Zukunft handlungs-<br />

und überlebensfähig macht. Die verschiedenen Möglichkeiten – vom gemeinnützigen<br />

nationalen Verein über den europäischen Verein bis hin zu einer Genossenschaft oder einem<br />

36


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit – werden zur Zeit geprüft. Neben der Organisationsform<br />

wird ein Angebotsportfolio für einen externen Dienstleister entwickelt, auf das die<br />

Netzwerkpartner zu Sonderkonditionen zugreifen können. Bei diesen Leistungen handelt es sich<br />

um individuell nachgefragte Leistungen, die nicht von allen, sondern nur von einigen Netzwerkpartnern<br />

nachgefragt werden.<br />

Ziel ist, das Netzwerk in der Anzahl seiner Partner und dem Aktivitäts- und Einzugsgebiet zu erweitern<br />

und zu einem regions- und grenzüberschreitenden europäischen Netzwerk zu machen.<br />

Die Erweiterung hat zum einen finanzielle Vorteile: Durch viele kleine Mitgliedsbeiträge können<br />

mit größeren Summen Arbeiten umgesetzt werden, eine überregionale, starke Dachmarke ist attraktiver<br />

für Sponsoren und die europäische D<strong>im</strong>ension ermöglicht eine Förderung durch EU-<br />

Förderprogramme.<br />

Zum anderen kann durch die Aufhebung der räumlichen Beschränkung inhaltlicher Austausch<br />

auf einer weiteren Ebene stattfinden: Die Klöster können sich mit ihren historischen Mutter- und<br />

Tochterklöstern vernetzen: Der Austausch über Kulturarbeit in anderen (Bundes-)Ländern eröffnet<br />

neue Perspektiven.<br />

Nicht zuletzt hat die Erweiterung für die aktuellen und zukünftigen Partner erhebliche Kommunikationsvorteile,<br />

nicht nur durch die Stärkung der Marke und überregionale Marketingmaßnahmen,<br />

sondern auch weil die Entwicklung zeitgemäßer Kommunikationsmaßnahmen (z. B. Apps, Veranstaltungskalender<br />

mit Ticketfunktion, (digitale) Reiseführer usw.) nur für viele Partner realisierbar<br />

sind.<br />

Dank der Anschubfinanzierung durch den OSV und die sponsernden brandenburgischen Sparkassen<br />

konnte das Netzwerk erfolgreich initiiert, die Grundlagen für eine Zusammenarbeit geschaffen<br />

und Instrumente und Maßnahmen zur Erhöhung des Bekanntheitsgrades umgesetzt werden.<br />

Die Finanzierung eines Netzwerkmanagements als zentrale Koordinationsstelle und Dienstleister<br />

einiger Basisleistungen (z. B. gemeinsame Homepage, Flyer, Pressearbeit) stellt die größte<br />

Herausforderung dar, ist jedoch unumgänglich für den Erfolg eines Netzwerks und kann nicht<br />

ehrenamtlich geleistet werden.<br />

Ziel ist eine langfristig angelegte Mischfinanzierung aus Eigenmitteln der Netzwerkpartner, Sponsoring<br />

und Fördermitteln sowie Eigeneinnahmen der Marke durch Produkte und touristische<br />

Dienstleistungsangebote.<br />

Nun bleibt zu hoffen, dass allen Partnern der lange Atem nicht ausgeht, Entscheidungsträger und<br />

Finanziers die Potenziale erkennen und sich unterstützend einbringen und KLOSTERLAND –<br />

wegbereitend für viele weitere kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> – den Weg zum langfristigen Erfolg<br />

findet. Die Herangehensweise wurde kürzlich <strong>im</strong>merhin vom EU-Projekt HISTCAPE in dem<br />

Maßnahmen und Instrumente zur nachhaltigen Bewirtschaftung historischer Kulturdenkmäler <strong>im</strong><br />

<strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong> untersucht werden, als positiv bewertet und KLOSTERLAND als Best-Practice-<br />

Beispiel aufgenommen. 12 Weitere Bewertungen, Anregungen, Kooperationsanfragen und Sponsoringangebote<br />

werden vom Netzwerkmanagement jederzeit entgegengenommen.<br />

12 Siehe http://www.histcape.eu<br />

37


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Literatur<br />

BLANECK, Andrea (2005): <strong>Netzwerke</strong> und Kooperationen an der deutsch-polnischen Grenze. Untersuchungen<br />

zum wirtschaftlichen Milieu in der Grenzregion an der Oder, Soziologie und Anthropologie,<br />

Kulturwissenschaftliche Perspektiven, Band 2, Münster.<br />

BUNDESAMT FÜR BAUWESEN UND RAUMORDNUNG (Hrsg.) (2001): <strong>Raum</strong>entwicklung und<br />

<strong>Raum</strong>ordnung in Deutschland, Kurzfassung des <strong>Raum</strong>ordnungsberichts 2000, veröffentlicht <strong>im</strong><br />

Internet, URL: http://www.bbsr.bund.de/cln_032/nn_22548/B<br />

BSR/DE/<strong>Raum</strong>entwicklung/<strong>Raum</strong>entwicklungDeutschland/<strong>Raum</strong>ordnungsberichte/ROB2000/RO<br />

B2000Broschuere,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/ROB2000Broschuere.pdf (Stand:<br />

März 2001, Abfrage: 15.02.2013)<br />

BUNDESVERBAND DER GEMEINNÜTZIGEN LANDGESELLSCHAFT (Hrsg.) (2006): Ländliche<br />

Räume in der demographischen Falle?, Landentwicklung Aktuell, 12. Jahrgang, Ausgabe Heft<br />

2006, veröffentlicht <strong>im</strong> Internet, URL: http://www.landgesellschaften.de/RZ-BLG-2006.pdf (Stand:<br />

2006, Abfrage: 15.02.2013)<br />

DEUTSCHER TOURISMUSVERBAND E.V. (Hrsg.) (2006): Städte- und Kulturtourismus in<br />

Deutschland, Grundlagenforschung, Langfassung, veröffentlicht <strong>im</strong> Internet, URL: http://www.<br />

worms.de/downloads/Bereich_7/Staedte_und_Kulturtourismus.pdf (Stand: Juli 2006; Abfrage:<br />

15.02.2013).<br />

FINANZGRUPPE OSTDEUTSCHER SPARKASSENVERBAND (Hrsg.) (2006): Deutsch-Polnisches<br />

Tourismusbarometer, veröffentlicht <strong>im</strong> Internet, URL: http://www.wissen.dsft-berlin.de/medien/MAR/mar_deutsch_polnisches_tourismusbarometer_2006.pdf<br />

(Stand: 23.10.2006, Abfrage:<br />

15.02.2013)<br />

FÖHL, Patrick S./PRÖBSTLE, Yvonne (2011): Kooperationen als Wesenselement des Kulturtourismus,<br />

in: Hausmann, Andrea/Murzik, Laura (Hrsg.): Neue Impulse <strong>im</strong> Kulturtourismus,<br />

S. 111–138, Wiesbaden.<br />

INSTITUT FÜR KULTUR-MARKT-FORSCHUNG (2005): Kulturtourismus in Brandenburg. Besucheranalyse<br />

2005. Auszug: Veranstalterübergreifende Stärken und Schwächen, Eine Untersuchung<br />

<strong>im</strong> Auftrag des brandenburgischen Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur,<br />

Berlin.<br />

MINISTERIUM FÜR WISSENSCHAFT, FORSCHUNG UND KULTUR DES LANDES BRANDEN-<br />

BURG (Hrsg.) (2005): Leitfaden Kulturtourismus in Brandenburg, in Zusammenarbeit mit der Tourismus<br />

Marketing Brandenburg GmbH, Potsdam, veröffentlicht <strong>im</strong> Internet, URL: http://www.mwfk.<br />

brandenburg.de/sixcms/media.php/4055/leitfaden_kulturtourismus.pdf (Stand: Januar 2005; Abfrage:<br />

15.02.2013).<br />

NUISSL, Ekkehard (2010): Netzwerkbildung und Regionalentwicklung. Studienreihe Bildungsund<br />

Wissenschaftsmanagement, Band 12, Münster.<br />

38


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

OSTDEUTSCHER SPARKASSENVERBAND (Hrsg.) (2010): Tourismusbarometer. Jahresbericht<br />

2010, Berlin.<br />

SEGERT, Astrid/ZIERKE, Irene (2005): Regionale Ungleichheiten aus der Perspektive nachhaltiger<br />

Regionalentwicklung. Das Beispiel ländlicher Räume in Deutschland, Brandenburgische Umwelt<br />

Berichte, Schriftenreihe der Universität Potsdam, veröffentlicht <strong>im</strong> Internet, URL: opus.kobv.<br />

de/ubp/volltexte/2005/591/pdf/BUB16_2Aufl.pdf (Stand: März 2005, Abfrage: 15.02.2013).<br />

STEINMEIER, Frank-Walter/SCHMIDT, Ulla/PAULA, Heinz/u.a. (2010): Potenziale von Kultur<br />

und Tourismus nutzen – Kulturtourismus gezielt fördern, Deutscher Bundestag, 17. Wahlperiode,<br />

Drucksache 17/1966, veröffentlicht <strong>im</strong> Internet, URL: http://dip21.bundestag.de/dip21/<br />

btd/17/019/1701966.pdf (Stand: 08.06.2010, Abfrage: 15.02.2013)<br />

39


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Regionalentwicklung und Kulturtourismus:<br />

Das ökonomische Potenzial (kultur-)touristischer<br />

<strong>Netzwerke</strong> für strukturschwache Räume
<br />

Dr. Karin Drda-Kühn<br />

Einleitung<br />

Netzwerkbildung und -nutzung ist eine der großen Stärken des Kulturbereichs: Ob <strong>Netzwerke</strong><br />

innerhalb der eigenen Branche oder branchenübergreifend, das Agieren in sozialen Organisationsformen,<br />

die Einzelpersonen, Einrichtungen, Unternehmen, Initiativen und Ideen zusammenfassen,<br />

ist eine gängige Ressource unter Kulturschaffenden: Gemeinsame Ausstellungen von<br />

bildenden Künstlern, Autoren- oder Kuratorenvereinigungen sind Beispiele vielfältiger <strong>Netzwerke</strong>.<br />

Sie dienen <strong>im</strong> Wesentlichen zum fachlichen Austausch und der Herstellung von Sichtbarkeit, doch<br />

in den wenigsten Fällen spielen ökonomische Gesichtspunkte eine vorrangige Rolle.<br />

Wie jedoch ökonomische <strong>Netzwerke</strong> genau funktionieren, welchen Anforderungen sie unterliegen,<br />

welche reproduzierbaren Modelle sie hervorbringen, ist kaum methodisch erfasst, nicht zuletzt<br />

deshalb, weil rein quantitativ die Zahl erfolgreicher ökonomischer <strong>Netzwerke</strong> noch zu gering ist,<br />

um eine empirische Auswertung zu erlauben. Den wenigen ökonomisch erfolgreichen <strong>Netzwerke</strong>n<br />

lassen sich kaum eindeutige Geschäftsmodelle zuordnen, die als „Erfolgsfaktoren“ Hilfestellung<br />

bei der nachhaltigen Ausrichtung von Vorhaben geben könnten. Hier wächst der Kulturwirtschaft<br />

in der Erfassung und Identifizierung eine künftige Rolle zu.<br />

Auffallend ist, dass sich ökonomisch ausgerichtete <strong>Netzwerke</strong> vor allem in Krisen herausbilden.<br />

Dies unterscheidet sie nicht von <strong>Netzwerke</strong>n gemeinhin, doch die Lösungen und Ergebnisse<br />

scheinen in kulturwirtschaftlichen <strong>Netzwerke</strong>n schneller und einfacher erreichbar zu sein als in<br />

anderen Branchen. Das hängt einerseits damit zusammen, dass Kulturschaffende gewohnt sind,<br />

in kleinteiligen, hochflexiblen, oft temporären Arbeitsstrukturen zu agieren, und dass sie hoch adaptionsfähig<br />

sind. Ihr kreatives Potenzial befördert zudem Innovationen, die eine Voraussetzung<br />

für die Herausbildung neuer Geschäftsstrukturen und Geschäftsfelder sind.<br />

Kulturwirtschaftliche <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong><br />

Hinzu kommen bestehende Unterschiede zwischen <strong>ländlichen</strong> und urbanen Regionen. In großen<br />

Städten und Ballungsräumen gibt es zwischenzeitlich Erfahrungen mit erfolgreichen kulturwirtschaftlichen<br />

<strong>Netzwerke</strong>n. Teils werden sie durch Politik und Verwaltung angestoßen und gefördert,<br />

teils entstehen sie aus Bedarfen der Kulturschaffenden. Großbritannien, die Niederlande und<br />

skandinavische Länder wie Dänemark, Finnland und Schweden fördern systematisch ökonomische<br />

<strong>Netzwerke</strong> durch Cluster, Foren, Initiativen rund um die Kultur- und Kreativwirtschaft.<br />

40


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Nachholbedarf hat hingegen der ländliche <strong>Raum</strong>. Nur vereinzelt ist eine Entwicklung zu beobachten,<br />

die auf die kulturwirtschaftliche Belebung und Förderung des <strong>ländlichen</strong> Wirtschafts- und<br />

Lebensraums, auf die Generierung von Arbeitsplätzen, auf die Unterstützung von Innovationsprozessen<br />

zielt. In Regionen mit geringer Bevölkerungsdichte, mit dörflichen bzw. kleinstädtischen<br />

Siedlungsstrukturen, ihren spezifischen Lebensweisen, mit landwirtschaftlicher Prägung, wird das<br />

vorhandene kulturwirtschaftliche Potenzial noch kaum genutzt. Folgt man jüngeren Studien 1 , so<br />

fehlen derzeit Modelle und Instrumente, die auf die speziellen Voraussetzungen des <strong>ländlichen</strong><br />

<strong>Raum</strong>s ausgerichtet sind. Es zeichnet sich allerdings ab, fest, dass die in Großstädten entwickelten<br />

Methoden und Instrumente aus der Kulturwirtschaft auf den <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong> nicht oder nur<br />

begrenzt übertragbar sind, auch mit Blick auf kulturwirtschaftliche Netzwerkbildungen. Das liegt<br />

zunächst <strong>im</strong> sozialen und ökonomischen Kontext begründet:<br />

Überalterung der Bevölkerung <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong><br />

Wegzug der hoch qualifizierten, ökonomisch attraktiven Bevölkerung („brain drain“)<br />

sinkende Bereitschaft zum Ehrenamt<br />

Gefahr der wirtschaftlichen Verarmung mit einhergehender Reduzierung bestehender Infrastruktur<br />

kulturelle Verarmung, wenn Kultureinrichtungen schließen<br />

Leerstände in gewachsenen Stadt- und Dorfkernen, die Wohn- und Lebensqualität verschlechtern<br />

Mit Blick auf die kulturwirtschaftlichen Voraussetzungen ergeben sich weitere Einschränkungen:<br />

Ein sensibilisiertes Umfeld ist kaum gegeben; die Kulturwirtschaft wird als Wirtschaftsfaktor<br />

(noch) nicht wahrgenommen.<br />

Die Datenlage ist meist rud<strong>im</strong>entär; so gut wie nie werden Daten zur Kulturwirtschaft systematisch<br />

erfasst und ausgewertet.<br />

Qualifizierte Akteur/innen fehlen, welche die Kulturwirtschaft vor Ort fördern und vernetzen<br />

könnten.<br />

Ländliche Räume mit vergleichsweise geringer Bevölkerungsdichte stellen komplexere Anforderungen<br />

an Kommunikationsprozesse und die Logistik als urban verdichtete Zentren.<br />

Schnelle Datenautobahnen wie Breitband oder Zugang zu mobilen Netzen sind teilweise unzureichend<br />

vorhanden.<br />

Orte der kulturellen Kommunikation sind weniger häufig anzutreffen, diese müssen oft über<br />

Veranstaltungen organisiert werden, während in großen Städten solche Orte (Zentren, Cafés,<br />

Quartiere) infrastruktureller Bestandteil sind.<br />

Kulturtourismus als Chance der Regionalentwicklung <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong><br />

Unter Netzwerkaspekten hat der ländliche <strong>Raum</strong> herausragende Stärken 2 , die als solche meist<br />

kaum wahrgenommen werden:<br />

starke und gut organisierte Partner (wie die Landfrauen, Jugendherbergen),<br />

herausragende Stätten des Natur- und Kulturerbes,<br />

1 siehe Drda-Kühn/Wiegand 2009a, Drda-Kühn/Wiegand 2009b.<br />

2 siehe Drda-Kühn/Wiegand 2011; Drda-Kühn/Wiegand 2010.<br />

41


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

traditionelles, hochwertiges (Kunst)Handwerk (Schmuckindustrie <strong>im</strong> Naheland, Keramik <strong>im</strong><br />

Westerwald, Textilien des Brauchtums),<br />

bodenständige Kulinarik (Hofläden, kleine Manufakturen, regionales Brot, alte Obst- und Gemüsesorten),<br />

unverwechselbare volkskundliche Traditionen (Feste und Gebräuche).<br />

Wer sucht, der findet das Besondere, Einzigartige und Authentische <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong> 3 , oft<br />

verknüpft mit regionalen Besonderheiten wie Wein, Wald, Sport, Kulinarik, zudem ein attraktives<br />

Preisgefüge. Jüngste Trend-Erhebungen deutscher Tourismusverbände machen deutlich: Urlaub<br />

in Deutschland ist attraktiv, denn Deutschland ist ein vergleichsweise preisgünstiges Urlaubsland,<br />

besonders <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong>.<br />

Ungebrochen ist zudem der Trend: „Urlaub zuhause“, der aber nicht zwangsläufig mit „Balkonien“<br />

gleichzusetzen ist, sondern vielmehr auf die entspannte Erkundung der näheren Umgebung abzielt.<br />

So können beispielsweise Reiseziele rund um die Ballungszentren mit kurzen Anreisezeiten<br />

punkten. Als ausgesprochener Trend entpuppt sich zunehmend die Erkundung der kulturellen<br />

Schätze der näheren Umgebung, für die <strong>im</strong> Alltagsleben meist kaum Zeit bleibt. Der beruflichen<br />

Mobilität ist geschuldet, dass sich Wohnsitze häufig verändern können und entsprechend der<br />

Bedarf entsteht, das neue private Umfeld zu erkunden. All das sind attraktive Voraussetzungen für<br />

den Kulturtourismus, in dem <strong>Netzwerke</strong> eine ganz besondere Rolle spielen.<br />

<strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> Kulturtourismus leben von starken, selbstbewussten und leistungsfähigen Partnern<br />

aus Kultur, Tourismus und Wirtschaft. Dabei sind Kultureinrichtungen und Kulturschaffende unter<br />

Netzwerkgesichtspunkten als Partner hoch attraktiv und bringen wichtige Fähigkeiten in solche<br />

<strong>Netzwerke</strong> ein: hohe Flexibilität, Befähigung zu Ausdauer, Fähigkeit zur spartenübergreifenden<br />

Zusammenarbeit, kreative und innovative Ideen, Ausrichtung auf effiziente Ressourcennutzung,<br />

Bereitschaft zur kreativen Zusammenführung von Ressourcen. Für die Wirtschaft <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong><br />

<strong>Raum</strong> sind kulturell interessierte Touristinnen und Touristen eine attraktive Zielgruppe, liegen deren<br />

Tagesausgaben <strong>im</strong> Schnitt höher als bei Besucher/innen <strong>im</strong> Erholungs- oder Naturtourismus 4 .<br />

Auf dem Weg zum wirtschaftlichen Erfolg –<br />

gute Beispiele <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong><br />

Nachhaltig erfolgreiche Beispiele für kulturwirtschaftlich ausgerichtete <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> Tourismus<br />

finden sich in Deutschland nur wenige <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong>: Dem grenzübergreifenden Kulturnetzwerk<br />

„Koppelschleuse Meppen“ gelingt es <strong>im</strong> Emsland mit spannenden kulturtouristischen<br />

Gruppen- und Familienangeboten jährlich rund 20.000 Übernachtungen zu generieren, woran<br />

der „Wirtschaftsfaktor Kultur“ anschaulich wird (www.koppelschleuse-meppen.de). Es kann als<br />

„Vorzeigebeispiel“ gelten, auch wenn dahinter keine strategische Entwicklung steht, sondern die<br />

langjährige und kontinuierlich betriebene Netzwerkarbeit einer qualifizierten Geschäftsführung.<br />

3 beispielsweise die Eifel als „Kr<strong>im</strong>i-Landschaft“ http://www.eifel.info/kr<strong>im</strong>iland-eifel.htm und Rheinhessen<br />

als He<strong>im</strong>at der „Heidenturmkirchen“ www.heidenturmkirchen.de<br />

4 rund 30,– Euro/Tag <strong>im</strong> Kulturtourismus <strong>im</strong> Vergleich zu 25,– Euro <strong>im</strong> Erholungstourismus (mit Übernachtung<br />

bei 88,– /80,– Euro)<br />

42


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Der Politik kommt in erfolgreichen kulturtouristischen Beispielen eine aktive und fördernde Rolle<br />

zu. Ein Beispiel dafür ist das „<strong>Kulturtouristische</strong> Netzwerk Altenkirchen“ <strong>im</strong> Westerwald, in dem<br />

sich Partner aus Kultur, Tourismus, regionaler Wirtschaft, Verwaltung und tourismusaffinen Dienstleistern<br />

zusammen gefunden haben, um mit Hilfe neuer Informationstechnologien speziell kulturtouristische<br />

Angebote zu konzipieren und zu vermarkten. 5 Organisiert wird das Engagement über<br />

die Plattform www.derwunderwald.de. Diese<br />

lässt kulturelle Schätze sichtbar werden,<br />

hält für Tourist/innen integrierte Angebote bereit,<br />

ermöglicht die individualisierte Zusammenstellung von Produkten und Dienstleistungen,<br />

bietet ein Ticketing an,<br />

vernetzt via Facebook und Twitter die „Kund/innen“ untereinander,<br />

schafft Schnittstellen zu professionellen Anbietern und<br />

entwickelt kontinuierlich über Web 2.0 eine Kunden-Gemeinschaft.<br />

Dahinter steht eine mutige strategische Entscheidung der Verbandsgemeinde Altenkirchen, unterstützt<br />

durch die Mult<strong>im</strong>ediainitiative des Landes Rheinland-Pfalz. Getragen wird das Netzwerk von<br />

aktiven lokalen Akteur/innen, die ihr kulturtouristisches Potenzial ökonomisch erschließen wollen.<br />

Rund um die rheinhessischen „Heidenturmkirchen“ entsteht derzeit ein kulturtouristisches Netzwerk,<br />

das in der Trägerschaft der Evangelischen Kirche Hessen-Nassau und mit Unterstützung<br />

des Landes Rheinland-Pfalz sowie des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung etabliert<br />

wird. Dahinter steht zunächst ein partnerschaftliches Finanzierungsmodell, zudem lokales Engagement<br />

aus Tourismus, Weinwirtschaft, lokalen Dienstleistern, Gastronomie/Hotellerie und Initiativen<br />

aus Kultur und Sport: www.heidenturmkirchen.de. Ausgangspunkt war die Sanierung von<br />

zwei der insgesamt vier rheinhessischen „Heidenturmkirchen“ 6 . Das Netzwerk schafft Bewusstsein<br />

für den Wert der Kirchen als hochwertiges Kulturerbe der Region, bindet diese sukzessive in<br />

bestehende Kultur- und Tourismusangebote ein und profitiert derzeit vom Trendthema „Spiritueller<br />

Tourismus“, da die Kirchen am Jakobspilgerweg liegen.<br />

Bei KIRA 7 , der <strong>Kulturtouristische</strong>n Initiative regionaler Angebote (www.kiratour.de), geht es ebenfalls<br />

um ein kulturtouristisches Netzwerk. Kultur und Arbeit e. V. entwickelt es gemeinsam mit Akteurinnen<br />

und Akteuren aus Kultur, Tourismus und Wirtschaft für die Region Heilbronn-Franken.<br />

KIRA vernetzt Kulturtourismus und Soziale <strong>Netzwerke</strong> (www.facebook.com/kiratour) exemplarisch<br />

für den Norden Baden-Württembergs mit dem Ziel der Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit.<br />

Die Entwicklung eines tragfähigen Geschäftsmodells ist hier obligatorisch vorgesehen.<br />

5 siehe Drda-Kühn/Marschall 2011.<br />

6 Es handelt sich dabei um romanische Kirchen mit einer einzigartigen Kuppelform, die europaweit einmalig<br />

ist. Dieses Alleinstellungsmerkmal kommt der touristischen Inwertsetzung entgegen.<br />

7 KIRA wurde <strong>im</strong> Juni 2012 von der Initiative „Tourismusperspektiven in <strong>ländlichen</strong> Räumen“ <strong>im</strong> Auftrag des<br />

Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie und des Deutschen ReiseVerbands e. V. (DRV) als<br />

„Vorreiter“-Projekt ausgezeichnet. „Vorreiter“ sind „erfolgreiche Unternehmens- und Kooperationsstrategien,<br />

die in nachfragestarke, bisweilen innovative Produkte und Prozesse, eine clevere Vermarktung oder<br />

stabile lokale/regionale Wirtschaftskreisläufe münden“, so die Definition.<br />

43


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Erfolgsfaktoren: Milieu, Mehrwert und Moderation<br />

Die Erfahrungen der beschriebenen <strong>Netzwerke</strong> zeigen: <strong>Netzwerke</strong> „gedeihen“ am besten in einem<br />

Milieu, das Offenheit und Vertrauen zulässt, das seinen Mitgliedern eine gleichberechtigte Partizipation<br />

ermöglicht und wenige hierarchische Organisationsstrukturen enthält. Erfolgreiche <strong>Netzwerke</strong><br />

unterstützen schnelle Informationsflüsse nach innen wie nach außen und sind durch Kooperation<br />

wie durch Konkurrenz gleichermaßen geprägt. Konkurrenz wird produktiv eingebunden,<br />

wie es die großen Lebensmittelkonzerne auf Deutschlands „grünen Wiesen“ derzeit vormachen:<br />

Wo ein leistungsstarker Partner Kunden anzieht, profitiert ein zweiter daneben gleichermaßen.<br />

Weitere Erfolgsfaktoren:<br />

Bereitschaft zur ökonomisch ausgerichteten Zusammenarbeit<br />

Ausgewogenheit der Partnerschaft, in der sich alle repräsentiert finden<br />

Entwicklung einer „gemeinsamen Sprache“<br />

Mehrwertorientierung: vom „ich“ → „wir“<br />

Einbindung der öffentlichen Verwaltung<br />

sich Zeit geben für die Entwicklung und Kontinuität anstreben<br />

ein/e professionelle/r <strong>Netzwerke</strong>r/in/Moderator/in, der/die das Netzwerk zusammen hält und<br />

steuert<br />

Faktoren für einen Misserfolg lassen sich daraus ableiten: halbherzige Partizipation, „Kirchturmdenken“<br />

(„ich“ statt „wir“) und mangelnde Disziplin in der Netzwerkarbeit gefährden einen gemeinsamen<br />

Erfolg. Und an die Regionalentwickler in den Verwaltungen gerichtet: Erfolgreiche<br />

Netzwerkarbeit ist nicht <strong>im</strong> Ehrenamt zu leisten, dazu bedarf es vielmehr strategischen Denkens,<br />

hoher Kommunikationsfähigkeit und eines professionellen Projektmanagement – all das hat seinen<br />

Preis.<br />

Finanzierung für kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong>:<br />

tragfähige Geschäftsmodelle gesucht<br />

Kulturelle und inzwischen auch spezifisch kulturwirtschaftlich ausgerichtete Vorhaben werden<br />

jedes Jahr bundesweit in Hülle und Fülle auf den organisatorischen Weg gebracht, meist mit<br />

Unterstützung der öffentlichen Hand oder von Stiftungen, gemeinnützigen Organisationen u. ä.<br />

Sie tragen allesamt zur kulturellen Vielfalt bei, sichern vielen Menschen den Broterwerb, geben<br />

Anstöße und Anregungen und sind Teil unserer Lebensqualität. Doch sind sie unter wirtschaftlichen<br />

Gesichtspunkten meist eher gut gemeint als gut, denn ein ernsthaftes kulturwirtschaftliches<br />

Vorhaben wird <strong>im</strong>mer eine nachhaltige wirtschaftliche Absicherung von Beginn an mitbedenken.<br />

Der Anspruch an ein ökonomisch ausgerichtetes Netzwerk muss sein, dass es nach einer Anschubfinanzierung<br />

tatsächlich oder weitgehend auf eigenen wirtschaftlichen Füßen stehen kann,<br />

dass es ein tragfähiges Geschäftsmodell mitentwickelt. Die Erfahrungen bestehender <strong>Netzwerke</strong><br />

zeigen allerdings, dass es das Geschäftsmodell nicht gibt, sondern dass erfolgreiche <strong>Netzwerke</strong><br />

unter sehr individuellen Bedingungen entstehen und geführt werden. Die genannten Beispiele<br />

machen die Vielfalt der Geschäftsmodelle hinter erfolgreichen <strong>Netzwerke</strong>n deutlich:<br />

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kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Grundfinanzierung eines agilen und erfahrenen Geschäftsführers durch die lokale Verwaltung<br />

(Koppelschleuse Meppen),<br />

Anbindung an bestehende Organisationsstrukturen (Heidenturmkirchen),<br />

Finanzierung durch Buchungseinnahmen (dies wird in KIRA erprobt) oder<br />

organisatorischer Zusammenschluss mit wirtschaftlichen Interessensvertretern (Altenkirchen).<br />

Was bedeutet das nun für laufende oder künftige Vorhaben? Es bedeutet vor allem die Einbindung<br />

von Kompetenzen außerhalb der Kultur selbst: In ökonomisch ausgerichtete <strong>Netzwerke</strong>ntwicklungen<br />

gehören Menschen mit entsprechender Qualifikation. Das mag banal klingen, doch der<br />

bundesweite Projektalltag <strong>im</strong> Kulturbereich ist weit davon entfernt, Kulturschaffende gemeinsam<br />

mit Ökonomen, Regionalplanern oder Touristikern zu verpflichten, auf entsprechende Mehrfachqualifikationen<br />

Wert zu legen oder dieselben kontinuierlich durch Weiterbildung sicher zu stellen.<br />

Auch die entsprechenden Ausbildungsgänge <strong>im</strong> Kulturmanagement oder <strong>im</strong> Tourismus zeigen<br />

noch nicht wirklich den Willen zur Vermittlung von interdisziplinären Kompetenzen, möglicherweise<br />

deshalb, weil das Ausbildungspersonal selbst (noch) nicht über entsprechende Erfahrungen<br />

in diesem vergleichsweise jungen Arbeitsfeld der Netzwerkorganisation verfügt. Doch wenn sich<br />

eines als Erfolgsfaktor für ökonomische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong> bereits abzeichnet, dann<br />

ist es sicher ein Ansatz, der Kompetenzen bündelt und gleichberechtigt agieren lässt.<br />

Literatur<br />

DRDA-KÜHN, Karin/MARSCHALL, Alexander (2011): Mut zum Exper<strong>im</strong>ent – soziale <strong>Netzwerke</strong><br />

als Chance für den Kulturtourismus <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong>. In: HOLST, Christian/JANNER, Karin/<br />

KOPP, Axel: Social Media <strong>im</strong> Kulturmanagement, S. 303–311, Frechen.<br />

DRDA-KÜHN, Karin/WIEGAND, Dietmar (2009a): Förderung von Unternehmen der Kulturwirtschaft<br />

und des Handels in der Raiffeisenregion, Studie beauftragt von der Gemeinde Altenkirchen<br />

(Westerwald), gefördert vom Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau des<br />

Landes Rheinland-Pfalz, Altenkirchen.<br />

DRDA-KÜHN, Karin/WIEGAND, Dietmar (2009b): Identifizierung des kulturell-touristischen Potenzials<br />

der Verbandsgemeinde Altenkirchen, Studie beauftragt von der Gemeinde Altenkirchen<br />

(Westerwald), gefördert vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur des Landes<br />

Rheinland-Pfalz, Altenkirchen.<br />

DRDA-KÜHN, Karin/WIEGAND, Dietmar (2010): From Culture to Cultural Economic Power – Rural<br />

regional development in small German communities. In: Creative Industries Journal, volume 3,<br />

no 1, S. 89–96, Birmingham.<br />

DRDA-KÜHN, Karin/WIEGAND, Dietmar (2011): <strong>Netzwerke</strong> und Kooperationen – das kulturtouristische<br />

Potential <strong>im</strong> <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong>. In: HAUSMANN, Andrea/MURZIK, Laura (Hrsg.): Neue<br />

Impulse <strong>im</strong> Kulturtourismus, Wiesbaden, S. 139–154.<br />

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kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

CROSSART Route-Moderne-Kunst:<br />

Eine Museumskooperation als<br />

kulturtouristisches Laboratorium<br />

Matthias Burzinski<br />

Kooperation, Netzwerk, Cluster, Arbeitsgemeinschaft, Teamwork: Sind Sie auch schon Mitglied?<br />

Gemessen an der inflationären Verwendung dieser Begriffe innerhalb des Kulturtourismus in den<br />

letzten Jahren dürfte es kaum noch Institutionen geben, die nicht Teil einer wie auch <strong>im</strong>mer gearteten<br />

Gemeinschaft sind. Die Ziele sind klar: Mehr Aufmerksamkeit, mehr Besucher, mehr Umsatz,<br />

mehr von allem – bei gleichzeitiger Einsparung von Ressourcen bei jedem einzelnen Partner. Wie<br />

aber kann das tatsächlich gelingen?<br />

Gibt es so etwas wie einen Fahrplan zur gelungenen Kooperation?<br />

Die Antwort lautet: Ja, aber … Nur wenn der Fahrplan so flexibel gestaltet ist, dass er wie ein gutes<br />

Navigationssystem auf Staus und Sperrungen reagieren kann, hilft er wirklich zum Ziel.<br />

Der folgende Fahrplan dient der groben Orientierung auf dem langen Weg zum Kooperationsziel,<br />

das anschließende Beispiel CROSSART Route-Moderne-Kunst zeigt an einem konkreten Beispiel,<br />

das Wege sich verzweigen oder neu entdeckt werden müssen. Mithin ist eine Kooperation<br />

kein formaler Akt, sondern ein kreativer Prozess, innerhalb dessen sich die „Talente“ und Potenziale<br />

der Partner gegenseitig befruchten sollten.<br />

Die Kooperation CROSSART, ein Verbund unterschiedlich großer Museen mit dem Sammlungsschwerpunkt<br />

Moderne Kunst in der grenzüberschreitenden Region Niederrhein/Niederlande, war<br />

daher insgesamt eine Art kulturtouristisches Laboratorium der projekt2508 Gruppe, um die vielfältigen<br />

Möglichkeiten einer kulturtouristischen Kooperation auszuloten. Davon haben auch über das<br />

Lebensende der Kooperation hinaus zahlreiche Folgeprojekte profitiert.<br />

Von der Zielgruppe zum richtigen Kooperationsformat<br />

Die Kulturreise oder der kulturell geprägte Ausflug sind ein starker Ausdruck der persönlichen Lebensweise.<br />

Im Interesse für eine best<strong>im</strong>mte Form der Kultur und in eigenen kulturellen Aktivitäten<br />

offenbaren Menschen ihre persönliche Identität. Kultur ist wesentlicher Bestandteil der individualisierten<br />

Lebensführung und damit ein prägender Faktor für die Lebensqualität.<br />

Umso wichtiger ist es, die unterschiedlichen Formen kulturellen Interesses differenzieren zu können<br />

und in der Vermarktung zu berücksichtigen. Die früher oft verwendete Differenzierung städteund<br />

kulturtouristisch motivierter Zielgruppen zwischen special interest und general interest reicht,<br />

bedingt durch die starke Individualisierung der Gesellschaft, nicht mehr für eine praktikable Marktbearbeitung<br />

aus. Die Erfahrungen aus zahlreichen städte- und kulturtouristischen Projekten zei-<br />

46


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

gen: Sowohl die Bedeutung des nachgefragten Themas (z. B. Kunst, Architektur, Museen, Spiritualität,<br />

Klöster, Römer, Jugendstil usw.) für die Reiseentscheidung als auch die persönliche Suche<br />

nach Identität definieren die Motivation eines Städte- und Kulturreisenden. Diese Differenzierung<br />

misst dem Inhalt einer Reise, also dem tatsächlichen Reiseanlass, eine entscheidende Bedeutung<br />

bei. Nur daraus können nachfragegerechte Marketing- und Produktentwicklungs-Maßnahmen sowie<br />

ein idealer Ort der Kundenansprache resultieren.<br />

Ausgehend davon lassen sich in Anlehnung an das Modell von McKercher/Du Cros 1 und angepasst<br />

an den europäischen Markt sechs Zielgruppentypen <strong>im</strong> Städte- und Kulturtourismus<br />

unterscheiden.<br />

Abb. 1: Zielgruppentypologie für den Kulturtourismus der projekt2508 Gruppe. Eigene Darstellung.<br />

Die „Kenner/innen“<br />

Die Kultur oder ein spezifischer Reiseinhalt (z. B. Klöster oder Barock) haben für Kenner/innen eine<br />

hohe Bedeutung für die Reiseentscheidung. Sie erwarten daher persönliche Bestätigung und Konsistenz<br />

zu ihren Interessen und ihrem Lebensstil. Typisches Beispiel sind etwa Liebhaber eines<br />

best<strong>im</strong>mten Malers oder Komponisten. Sie müssen mit ausreichender Tiefe informiert und aktiviert<br />

werden. Die Kenner/innen suchen nach thematisch gebündelten Produkten (z. B. alles über<br />

diesen Maler). Sie wollen daher auf „Augenhöhe“, mit entsprechender Tiefe und stark informierend<br />

angesprochen werden. Statt kurzfristiger, aktivierender Maßnahmen stehen also intensive<br />

Direkt- und Dialogmarketing-Maßnahmen, Social Media sowie ein langfristiger, themenorientierter<br />

Markenaufbau <strong>im</strong> Vordergrund. Sie sind ideale Botschafter und „Mundpropagandisten“.<br />

1 Vgl. McKERCHER/DU CROS 2002.<br />

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kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Schulklassen („Pflichtbesucher“)<br />

Auch für Schulklassen haben das Thema und der Reiseinhalt eine hohe Bedeutung für die Reiseentscheidung.<br />

Allerdings treffen in diesem Fall nicht die Schulklasse oder die Schüler selbst die<br />

Entscheidung, sondern stellvertretend der/die Lehrer/in. Sie haben jedoch einen ähnlich hohen<br />

Bedarf nach tiefergehenden Informationen wie Kenner/innen.<br />

Die „Sammler/innen“ (general interest)<br />

Für sie haben Kultur oder Sehenswürdigkeiten zwar eine hohe Bedeutung für die Reiseentscheidung,<br />

aber sie suchen nicht unbedingt nach dem einen spezifischen Thema, das für ihre Persönlichkeit<br />

wichtig ist. Sie „sammeln“ v. a. kulturelle oder urbane „Highlights“ wie etwa Festivals/<br />

Events, große Ausstellungen oder herausragende Sehenswürdigkeiten. Sie sind die größte Gruppe<br />

der Kulturtouristen und müssen wegen des intensiven Wettbewerbs gezielt aktiviert werden.<br />

Sie suchen nach komplementär gebündelten Produkten (z.B. Ausstellung plus Hotel plus Restaurantbesuch).<br />

Vielschichtige Kampagnen sind nötig, um die Sammler/innen zu aktivieren. Der<br />

indirekte Vertrieb über Mittler, Medien und Partner gewinnt an Bedeutung. Das Direktmarketing ist<br />

ebenso wichtig, aber z. B. eher kampagnenbezogen. Hinzu kommt ein gut strukturiertes Marketing<br />

<strong>im</strong> Internet (Monitoring und Auswertung vorhandener „Big Data“). Trotz der Breite der Kommunikation<br />

sollte eben gerade nicht das „Gießkannenprinzip“ angewendet werden.<br />

Die „Entdecker/innen“<br />

Die Entdecker/innen sind eine neue und junge Zielgruppe. Die Kultur oder ein spezifisches Thema<br />

hat für sie keine besonders große Bedeutung für die Reisentscheidung, aber vor Ort suchen sie<br />

als Reisende besonders intensiv nach kulturellen und anderen Angeboten, die ihrem Lebensstil<br />

und ihrem kulturell begründeten Selbstverständnis entsprechen. Typisch für die Entdecker ist das<br />

mehr oder weniger ungezielte Durchstreifen oder Flanieren durch attraktive Stadt- und Kreativquartiere<br />

mit einem hohen Anteil kultureller Angebote wie etwa Galerien, Ateliers, stilvolle Cafés,<br />

Kunsthandwerk, Designerläden, regionale Produkte usw. Dementsprechend lassen sie sich auch<br />

gern von Freunden/Bekannten („Insidern“) herumführen.<br />

Entdecker/innen sollten ebenfalls vorrangig <strong>im</strong> Dialog und direkt angesprochen werden – weniger<br />

jedoch über ein Thema, sondern mehr noch über ein Destinations<strong>im</strong>age oder Lebensgefühl, das<br />

allerdings die Identität der jungen Entdecker treffen muss. Ihre permanente Suche nach Insidertipps<br />

macht sie zu einer Zielgruppe, die besonders gut über soziale Medien wie z. B. Facebook<br />

zu erreichen sind. Die Glaubwürdigkeit der Kommunikation ist besonders wichtig, weshalb auch<br />

Test<strong>im</strong>onials oder „Botschafter“ eingesetzt werden können, die bei den Entdeckern hohe Glaubwürdigkeit<br />

besitzen. Sie buchen zwar auch oft zu Hause, aber die kulturellen „Inhalte“ entdecken<br />

sie erst vor Ort, am point of interest, wo sie auf die Angebote aufmerksam zu machen sind.<br />

Die „Stolperer/innen“<br />

Kultur oder spezifische Themen spielen für sie keine reiseentscheidende Rolle und sie suchen darin<br />

auch keine besondere Selbstbestätigung, aber sie sind gerne bereit Kultur „am Wegesrand mitzunehmen“,<br />

weil es für Abwechslung und Kurzweil sorgt. Typische Beispiele sind Wanderer oder<br />

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kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Radfahrer, aber auch Familien, die unterwegs kulturelle Angebote wahrnehmen. Sie müssen v. a.<br />

durch Beschilderungen und Informationssysteme vor Ort auf das Angebot aufmerksam gemacht<br />

werden. Trotz ihres „Nebeninteresses“ können sie dem Volumen nach eine große Nachfragegruppe<br />

stellen, besonders an hoch frequentierten Rad- und Wanderwegen.<br />

Die „Begleitpersonen“<br />

Sie sind für das kultur- oder städtetouristische Marketing <strong>im</strong> Prinzip irrelevant, da sie eine der anderen<br />

Gruppen, v. a. Sammler/innen oder Kenner/innen, auf ihren Kulturreisen begleiten. Dennoch<br />

ist es wichtig, ihnen vor Ort den opt<strong>im</strong>alen Aufenthalt zu ermöglichen, da sie dann eine höhere<br />

Ausgabebereitschaft aufweisen.<br />

Wichtigste Erkenntnis dieser idealisierten Differenzierung ist: Kenner/innen können zu einem anderen<br />

Zeitpunkt und in einer anderen Zielsituation zu Sammler/innen oder auch Stolperer/innen<br />

werden. Oder wie McKercher/Du Cros 2 es formuliert haben: „What is cultural tourism? This seemingly<br />

s<strong>im</strong>ple question is actually very difficult to answer because there are almost as many definitions<br />

of cultural tourism as there are cultural tourists.“ Zu erreichen sind Kulturtouristen demnach<br />

nur durch ein auf die Typen angepasstes Marketing, das dem für sie dann aktuell gültigen Reiseanlass<br />

angemessen ist.<br />

Zusätzlich zu dieser grundsätzlichen Ausrichtung des Marketings ist überdies die Differenzierung<br />

zwischen dem Gruppen- und Individualvertrieb von zentraler Bedeutung, die hier bezogen auf die<br />

Zielgruppen jedoch nicht erschöpfend dargestellt werden kann.<br />

Entscheidend für die Kooperationsbildung ist, dass die unterschiedlichen Zielgruppen auch unterschiedliche<br />

Formate der Zusammenarbeit bzw. Partnerschaften erfordern.<br />

Für „Kenner/innen“ ist eine thematisch orientierte Bündelung Pflicht, z. B. in Form eines Zusammenschlusses<br />

aller Klöster einer Region wie <strong>im</strong> KLOSTERLAND oder aller Kunstmu seen<br />

wie bei CROSSART. Denn das Themeninteresse der Kenner soll erschöpfend befriedigt werden.<br />

Erlebnisräume oder Routen sind demnach der richtige Ansatz, können/sollen aber natürlich<br />

zusätzlich durch andere Partner (Übernachtung, Gastronomie usw.) ergänzt werden.<br />

Für „Sammler/innen“ ist es unabdingbar, eine komplementäre und serviceorientierte Bündelung<br />

vorzunehmen, z. B. durch eine hochwertige Kombination aus Museum plus Hotel plus<br />

Gastronomie plus X. Da das Highlight <strong>im</strong> Vordergrund steht, muss dieses Ereignis über die<br />

gesamte Dienstleistungskette hinweg gleichbleibend qualitätsvoll abgerundet werden. Reisen<br />

zu großen Blockbuster-Ausstellungen sind ein typisches Beispiel dafür.<br />

Für „Entdecker/innen“ ist ebenfalls eine eher komplementäre Bündelung vonnöten. Dabei ist<br />

aber vor allem das Lebensgefühl der Entdecker zu berücksichtigen. Typisch sind Zusammenschlüsse<br />

in städtischen Quartieren mit hoher Lebens- und Kulturqualität, in denen sich Galerien,<br />

Cafés, kleine Kultureinrichtungen, kleine Shops mit handwerklich hergestellten Produkten<br />

oder auch Designhotels usw. konzentrieren. Hier ist eine Kooperation und ein Austausch dann<br />

besonders sinnvoll, um das Lebensgefühl auch transportieren zu können.<br />

2 Ebd.<br />

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kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Für „Stolperer/innen“ steht die Kultur nicht <strong>im</strong> Mittelpunkt. Wandern, Radfahren, Ausflüge i. A.<br />

stehen <strong>im</strong> Mittelpunkt, daher kommt es besonders darauf an, entlang von Routen und innerhalb<br />

von Erlebnisräumen komplementär zusammenzuarbeiten, um die kulturellen Angebote<br />

mit zu transportieren.<br />

Selbstverständlich gibt es auch hier Mischformen zwischen diesen idealisierten Formen der Kooperation,<br />

zumal in den seltensten Fällen nur ein best<strong>im</strong>mter Zielgruppentyp alleine angesprochen<br />

wird. Individuelle Lösungen sind demnach auch hier gefragt. Auch in der Tiefe der Kooperation,<br />

die von punktueller Zusammenarbeit über gemeinsame Kampagnen bis hin zu umfassenden Marketingkooperationen<br />

oder sogar zur wertebasierten, langfristig verankerten Kulturmarke reichen<br />

kann.<br />

Häufig stellt eine punktuelle Zusammenarbeit oder ein erstes kleines Projekt den Auslöser dar,<br />

z. B. eine gemeinsame Pauschale zwischen Hotel und Museum o. Ä. Die Erfahrung aus zahlreichen<br />

Kooperationsprojekten zeigt zudem: Je konkreter gleich zu Beginn die Zusammenarbeit<br />

ist, umso pragmatischer gestaltet sich eine möglicherweise sich anschließende tiefer gehende<br />

Kooperation. Der theoretische und administrative „Unterbau“ sollte sich daher zunächst auf das<br />

Wesentliche beschränken: Für tiefer gehende Kooperationen kommt man jedoch nicht umhin<br />

eine Bestandsaufnahme aller möglichen Partner vorzunehmen,<br />

ein strategisches Konzept der „Kooperationsidee“ und Ziele zu definieren,<br />

Zuständigkeiten und Aufgaben klar zu definieren,<br />

die erste (einfache) Organisationsform oder Beauftragung eines externen Projektbüros zu regeln,<br />

eine solide Finanzierung auch langfristig zu denken (es sei denn ein beschränkter Kampagnenzeitraum<br />

ist gewünscht),<br />

Basisarbeiten zu erledigen (Produktanalyse und Kuratieren des Angebots, Marketingkonzept,<br />

Qualitätskriterien, buchbare Produkte).<br />

Nicht selten sind Kooperationen in hohem Maße vom Engagement einzelner „Kümmerer“ abhängig.<br />

Das können Einzelpersonen, einzelne Einrichtungen (z. B. ein Museum), Tourismusorganisationen<br />

oder auch externe Berater sein. Zwar muss die Dynamik dieser Kümmerer <strong>im</strong>mer<br />

genutzt werden, doch gerade wenn eine langfristige, dauerhafte Kooperation geplant ist, darf die<br />

Überlebensfähigkeit nicht von einzelnen Partnern oder Personen abhängig sein, sondern muss<br />

durch eine entsprechende Organisationsform gesichert werden. Das könnten Vereine, GmbHs<br />

oder auch Genossenschaften sein – auch aus fördertechnischen Gründen. Die Kümmerer sind an<br />

entsprechender Position einzubinden, sollten jedoch <strong>im</strong>mer durch andere und neue „Kümmerer“<br />

ersetzt werden können.<br />

Doch Vorsicht: Ein Kümmerer entlastet die anderen Partner nicht von Engagement und Aufgaben.<br />

Das wäre ein Trugschluss. Alle sind jederzeit gefordert, die Kooperation am Leben zu halten.<br />

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kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Das Beispiel CROSSART Route-Moderne-Kunst 3<br />

Anfänge<br />

Das Land Nordrhein-Westfalen und einige Museen mit bedeutenden Sammlungen Moderner<br />

Kunst <strong>im</strong> deutsch-niederländischen Grenzraum planten bereits zu Beginn des neuen Jahrtausends,<br />

die Region Niederrhein/Niederlande als Kunstraum bekannter zu machen. Die Ziele waren<br />

schnell definiert:<br />

Schaffung und Etablierung einer Dachmarke<br />

touristische Inwertsetzung der Grenzregion Niederrhein/Niederlande mit kulturellem Ansatz<br />

Steigerung der Museumsbesucher<br />

höhere touristische Besucherfrequenz in der Region<br />

gemeinsame Ausstellungsprojekte und wissenschaftliche Zusammenarbeit<br />

Für das Land NRW waren, neben regionaler Kulturförderung, Aspekte der Tourismus- und Wirtschaftsförderung<br />

von besonderer Bedeutung. Schon bei den ersten Verhandlungen über das<br />

Konzept <strong>im</strong> Jahre 2000 gab es jedoch unter den Kooperationspartnern kontroverse Auseinandersetzungen,<br />

welche Museen in das Projekt einbezogen werden und welche die inhaltlichen<br />

Schwerpunkte sein sollten. Das Auswahl- und Qualitätskriterium war hier – wie in vielen anderen<br />

Kooperationen auch – ein kritischer, sehr theorielastiger Punkt, der letztlich sogar zum Scheitern<br />

der ersten Initiative <strong>im</strong> Jahre 2002 führte.<br />

Noch <strong>im</strong> gleichen Jahr startete jedoch ein neuer Versuch mit teilweise neuen Partnern und einem<br />

modifizierten Konzept. Die nun zehn kooperierenden Museen zeichneten sich alle durch folgende<br />

Eigenschaften aus:<br />

Sammlungsschwerpunkt entweder auf der Klassischen Moderne oder Zeitgenössischen<br />

Kunst,<br />

Lage in einem Park oder in der Nähe eines Parks sowie<br />

herausragende Architektur der Museumsgebäude.<br />

Dass es überhaupt zu einem erneuten Anlauf kam, war einzelnen Personen, „Kümmerern“, zu verdanken,<br />

die sich persönlich verpflichtet fühlten, das Projekt zum Erfolg zu führen. Schon zu Beginn<br />

zeigte sich aber auch, dass es interkulturelle Unterschiede gibt, v. a. in der Zielgewichtung: Für<br />

die niederländische Seite sollte der Projektschwerpunkt auf Marketing und Besuchergenerierung<br />

ausgerichtet sein, für die deutschen Partner hingegen standen Ausstellungsprojekte und wissenschaftliche<br />

Zusammenarbeit <strong>im</strong> Vordergrund.<br />

Eine Förderzusage der Euregio rhein-maas-nord war Basis der Projektfinanzierung mit Interreg-<br />

IIIa-Mitteln der EU. Eine solide finanzielle Grundlage von 1,5 Mio. Euro für den Förderungszeitraum<br />

von drei Jahren (2004 – 2006) versetzte somit die Projektpartner in die Lage, nachhaltige<br />

Maßnahmen zu planen. Durch zusätzliche Mittel konnte die Gesamtlaufzeit bis 2008 verlängert<br />

werden. Noch heute erreichen Anfragen das ehemalige Projektbüro bei der projekt2508 GmbH.<br />

3 Die folgenden Ausführungen beruhen – mit Erlaubnis des Autors – in weiten Teilen auf: SCHILD 2010.<br />

51


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Partner<br />

Neben den Museen – vier auf niederländischer Seite und sechs auf deutscher – waren die Kommunen<br />

und die Provinzen Gelderland und L<strong>im</strong>burg sowie das Land Nordrhein-Westfalen beteiligt.<br />

Für die Finanzierung des Projektes war die große Anzahl von Projektpartnern nicht nur aus partizipatorischen<br />

Gründen wichtig. Zusätzlich konnten durch die eingebrachten Eigenmittel die bestehenden<br />

Fördermöglichkeiten ausgeschöpft werden. In der Praxis sind damit jedoch häufig auch<br />

langwierige Abst<strong>im</strong>mungsprozesse verbunden. Um dies frühzeitig zu unterbinden, entschloss man<br />

sich, eine schlanke Verwaltung und Kontrollstruktur zu etablieren. Ein Lenkungskreis mit delegierten<br />

Vertretern verkürzte die Entscheidungswege.<br />

Zudem machen administrative Kosten häufig den größten Teil eines Projektetats aus. Um diese<br />

Ausgaben möglichst gering zu halten, sollte kein Projektbüro alten Stils mit fest angestellten Mitarbeitern<br />

und angemieteten Büroräumen eingerichtet werden. Als kostengünstigere Variante bot<br />

sich eine andere Lösung an: Die Projektträger entschieden, die operative Arbeit an ein bestehendes<br />

Kulturmarketingbüro zu delegieren 4 . Die finanzielle Kontrolle und Abwicklung des Projektes<br />

oblag einer Stabsstelle bei einem der Projektträger, dem Museum Schloss Moyland.<br />

Das Budget von 1,5 Mio. Euro wurde aufgeteilt. Für das zentrale Ausstellungsprojekt in der Kunstund<br />

Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland (KAH) in Bonn, bei dem sich die zehn<br />

Häuser präsentieren sollten, wurde die Summe von circa 750.000 Euro angesetzt. Für das Projektbüro<br />

und die Durchführung der Marketingmaßnahmen standen circa 250.000 Euro pro Jahr<br />

zur Verfügung.<br />

Abb. 2: Organisationsstruktur des Projektes CROSSART. Eigene Darstellung.<br />

Zielgruppen<br />

Die Zielgruppen der Kooperation wurden mehrd<strong>im</strong>ensional differenziert, und zwar nach dem Interesse<br />

und der Rezeption von Kultur (s. oben: Zielgruppentypologie), nach Individual- und Gruppenvertrieb<br />

sowie nach Quellgebieten.<br />

4 projekt2508 GmbH<br />

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kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Nach Interesse und Rezeption von Kultur standen sowohl Kenner/innen von Moderner Kunst,<br />

Architektur sowie von Parks/Gärten als auch Sammler/innen (große Ausstellungen und bedeutende<br />

Künstler) <strong>im</strong> Mittelpunkt der Marketingaktivitäten.<br />

Als Quellgebiete wurden <strong>im</strong> Individualvertrieb der Schwerpunkt auf die Randstad (Amsterdam,<br />

Rotterdam, Den Haag, Utrecht), den <strong>Raum</strong> Köln, Bonn, Düsseldorf, Ruhrgebiet sowie <strong>im</strong> datenbankgestützten<br />

Gruppenvertrieb bei Reiseveranstaltern und semiprofessionellen Gruppen auf die<br />

Niederlande und Deutschland insgesamt gelegt.<br />

Damit konnte eine der bevölkerungsreichsten Regionen Europas mit Marketingmaßnahmen bearbeitet<br />

und erschlossen werden. Für die kulturinteressierten Individualtouristen dieser Ballungsräume<br />

und auch darüber hinaus war die Landschaft zwischen Düsseldorf und Amsterdam gefühlt<br />

ein „kulturtouristisches Ödland“. Für einen Museumsbesuch fuhr man von Amsterdam nach Köln,<br />

oder von Bonn nach Den Haag, aber nicht an den Niederrhein. Mit CROSSART sollte sich diese<br />

Einstellung ändern.<br />

Kernkompetenzen in der Umsetzung<br />

Schon zu Beginn best<strong>im</strong>mten Überlegungen das Handeln, wie das Projekt möglichst kostengünstig<br />

umgesetzt werden konnte, um es nach Auslauf der Förderung möglichst ohne großen Qualitätsverlust<br />

weiterführen zu können. Voraussetzung dafür waren gründliche Vorarbeiten und eine<br />

tief gehende Produktkenntnis, die sich in den Marketinginstrumenten niederschlagen sollte. Die<br />

zielgruppengenaue Produktentwicklung war einer der Schlüssel zum Erfolg. Getreu dem Leitgedanken:<br />

Das Produkt ist und bleibt <strong>im</strong> Tourismus der Star. Daran ändern auch neue mediale<br />

Kommunikations- und Vertriebsmöglichkeiten nicht viel.<br />

Es galt daher, Reiseanlässe zu kreieren, um das Interesse der oben genannten Zielgruppen zu<br />

wecken. Die Produktentwicklung orientierte sich sowohl an der thematischen Bündelung der Museen<br />

für Kenner als auch an der komplementären Ergänzung für Sammler. Museumsbesuche<br />

dauern nun einmal selten länger als zwei Stunden. Im Anschluss beziehungsweise <strong>im</strong> Vorfeld<br />

eines Museumsbesuches sollten daher attraktive Programminhalte, wie beispielsweise Gastronomie-<br />

oder Einkaufstipps, angeboten werden.<br />

Solche Rahmenaktivitäten sind verstärkende Elemente einer Reise oder eines Ausflugs. Die Angebotsbreite,<br />

die in großstädtischen Destinationen ohne Weiteres gegeben ist, stellt für ländliche<br />

Regionen und mittelgroße Städte oft ein Problem dar. Der ortsunkundige Kulturtourist geht<br />

zunächst einmal davon aus, dass kaum weitere Angebote vorhanden sind. Für die CROSSART<br />

Region am Niederrhein stellte sich daher die Aufgabe, eine zielgruppenspezifische Bestandsaufnahme<br />

und Strukturierung der touristischen Infrastruktur in Angriff zu nehmen.<br />

Für dieses sinnvolle „Kuratieren“ des Gesamtangebots wurden innerhalb der Region einige<br />

Tausend Kilometer zurückgelegt, um geeignete Hotels, Sehenswürdigkeiten, Gaststätten, Kultureinrichtungen<br />

und besondere Geschäfte auszuwählen. „Wie verbringe ich einen schönen Tag in<br />

der CROSSART-Region?“ wurde zum einfachen, aber überzeugenden Motto der Aktionen: Der<br />

Museumsbesuch konnte mit einem Parkspaziergang oder einem Besuch bei einem Imker kombiniert<br />

werden. Die Mittagspause fand in einem historischen Gasthof mit Rheinblick statt, optional<br />

schloss sich ein Antiquitäteneinkaufsbummel in einer kleinen mittelalterlichen Stadt an. Ausklang<br />

und Höhepunkt der Reise konnte die Übernachtung in einem Schlosshotel sein.<br />

53


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

„Kuratieren“ bedeutet demnach:<br />

bewusste Auswahl und Reduktion<br />

räumliche und thematische Ordnung<br />

zeitliche Ordnung (Themenjahre o. Ä.)<br />

ohne an Tiefe und Anspruch zu verlieren<br />

mit klarem Sort<strong>im</strong>ent an kulturtouristischen Reiseanlässen, Angeboten und Produkten<br />

Diese Nähe zum Produkt, die Kümmerer-Mentalität und das Vertrauen, das dadurch in der Region<br />

aufgebaut wurde, trägt teilweise heute noch – über den Projektzeitraum hinweg.<br />

Kommunikation und Vertrieb<br />

Mit der detaillierten Erfassung des Produktbestandes stand das nötige Handwerkszeug für vielfältige<br />

und spannende Kommunikations- und Vertriebsmaßnahmen zur Verfügung: Das eigentliche<br />

„kulturtouristische Laboratorium“.<br />

Schon die Markteinführung sollte ein starkes Signal setzen. Daher wurde eine gemeinsame Ausstellung<br />

als Event- und Marketingprojekt initiiert. Nur über ein hochrangiges, spezielles Ausstellungsprojekt<br />

war die Öffentlichkeit entsprechend zu aktivieren und zu elektrisieren. Dies bedeutete<br />

aber auch: Es galt, einen Ausstellungsort zu finden, der durch seinen hohen Bekanntheitsgrad<br />

möglichst viele kulturinteressierte Menschen anspricht und gleichzeitig „neutralen“ Boden darstellt.<br />

Man einigte sich auf die Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland<br />

(KAH) in Bonn.<br />

Eine besondere Herausforderung bestand zudem in der inhaltlichen Zusammenstellung der Ausstellung.<br />

Es galt, alle CROSSART-Häuser mit ihren Sammlungsschwerpunkten zu berücksichtigen<br />

und dabei gleichzeitig eine spannende Inszenierung zu gewährleisten. Mit dem international<br />

bekannten Kurator Jean-Christophe Ammann gelang es, einen ausgewiesenen Fachmann und<br />

eine von allen Seiten akzeptierte Persönlichkeit zu gewinnen. Das Konzept überzeugte und die<br />

Ausstellung „CROSSART – Von Van Gogh bis Beuys“ konnte in der KAH Bonn über 70.000 Besucher<br />

verzeichnen.<br />

Ziel der zu erstellenden Printprodukte war es, alle wichtigen Informationen des Projektes, wie<br />

die Präsentation von CROSSART, die Kurzporträts der einzelnen Museen, die Crossmarketing-<br />

Möglichkeiten, Reisetipps und ein buchbares Reisepaket, miteinander zu vernetzen. Die Vielzahl<br />

der zu verarbeitenden Informationen konnte nicht in einer einzigen Broschüre umgesetzt werden.<br />

So wurden für alle zehn Museen Einzelbroschüren konzipiert, die den geforderten Anforderungen<br />

entsprachen.<br />

Die CROSSART-Museumsbroschüre stellte die Gemeinsamkeiten aller CROSSART-Museen<br />

vor: „Kultur – Natur – Architektur“. Darüber hinaus informierte sie über die individuellen Sammlungsschwerpunkte<br />

der Museen und enthielt touristische, gastronomische und kulturelle Tipps<br />

sowie ein für die Zielgruppe der Kulturtouristen angepasstes Übernachtungsangebot. Ein Buchungsvorschlag<br />

für ein Reisepaket sowie eine Übersichtskarte mit möglichst vielen touristischen<br />

Informationen komplettierten die Broschüre.<br />

54


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Die Museumsbroschüren <strong>im</strong> DIN-lang-Format waren in erster Linie für die Einzelkundeninformation<br />

und -werbung gedacht. Zweisprachig konzipiert (deutsch/niederländisch – niederländisch/<br />

deutsch), wurde die jeweilige Landessprache als erste Sprache aufgeführt. Einige der CROSS-<br />

ART-Museen hatten keine eigenen Hausbroschüren mit weitergehenden Informationen, sie konnten<br />

deshalb die CROSSART-Flyer auch für den Eigenbedarf einsetzen.<br />

Der Broschürenvertrieb erfolgte über Prospektstelen, welche alle zehn Einzelflyer enthielten und<br />

<strong>im</strong> Kassenbereich der einzelnen Museen aufgestellt wurden. So konnten Museumsbesucher direkt<br />

auf das eigene Angebot sowie auf das der Partnermuseen hingewiesen werden. Ergänzend<br />

zu den Verteilerstellen in den Museen gab es <strong>im</strong> Terminal des Flughafen Weeze, der <strong>im</strong> Herzen<br />

der CROSSART-Region liegt, eine große Displaywand mit Broschürenfächern der CROSSART-<br />

Museen.<br />

Das CROSSART-Informationsbüro verschickte die Einzelbroschüren in einer stabilen Pappbox,<br />

der sogenannten Travelbox, welche ergänzend zu den zehn Museumsbroschüren noch Platz für<br />

Reiseunterlagen und Prospekte von Kooperationspartnern ließ. Die Box hatte den Vorteil, dass<br />

am Ende einer Reise alle Unterlagen geordnet aufbewahrt werden konnten. Für die Museen bedeutete<br />

dies eine höhere Verweildauer der Prospekte be<strong>im</strong> Museumsbesucher. Die Resonanz der<br />

Kunden bestätigte, dass dieser positive Effekt erreicht wurde.<br />

Ein weiteres unverzichtbares Printmedium war die Gruppenbroschüre. Um möglichst viele Informationen<br />

übersichtlich darzustellen, wurde als Format eine achtseitige DIN-A4-Broschüre in Altarfaltung<br />

gewählt. Über die eigentlichen Projektinformationen hinaus gab es mehrtägige Themenrouten,<br />

die auch ergänzende Projekte wie die Europäische Route der Gartenkunst mit Schloss<br />

und Parkanlagen einbezogen.<br />

Die Gruppenbroschüre war für den Einsatz auf touristischen Fachbesuchermessen und Workshops<br />

best<strong>im</strong>mt. Zudem konnte sie in einem datenbankgestützten Mailing an Kulturreiseveranstalter<br />

5 und semiprofessionelle Reisegruppen versendet werden. Weiterhin war sie wichtiger<br />

Bestandteil von Pressemappen, die an Redaktionen von Reisemagazinen und an Kulturreisejournalisten<br />

verteilt wurden.<br />

Sämtliche Informationen wurden zudem in einer Website zusammengefasst, die dem damaligen<br />

Standard entsprach und intelligent in sämtlichen anderen Medien und Maßnahmen kommuniziert<br />

wurde. Heute würde diese Website sicher durch interaktive Elemente und Dialogmarketingmaßnahmen<br />

in den sozialen Medien ergänzt und zu einer breiten Webpräsenz aufgebaut werden.<br />

Die Webseite www.crossart-route-moderne-kunst.com sollte jedoch damals schon sowohl über<br />

„CROSSART“ <strong>im</strong> Allgemeinen informieren als auch die Region Niederrhein/Niederlande als kulturtouristisches<br />

Reiseziel bekannt machen. Interaktive Teile wie ein Online-Reiseführer ermöglichten<br />

es, sich aus den Bausteinen Kultur, Einkaufen, Gastronomie und Hotellerie individuell eine Reise<br />

zusammenzustellen.<br />

5 Zum Prinzip vgl. http://www.art-cities-reisen.de<br />

55


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Zudem wurden während des Prozesses auch offline neue Formate zur Interaktion mit dem Kunden<br />

entwickelt. Neben den Basisprodukten, welche für den Einsatz <strong>im</strong> täglichen Vertriebsmarketing<br />

best<strong>im</strong>mt waren, konzipierte die Agentur beispielsweise ein Geschenkpaket sowie ein Quiz.<br />

Speziell für die Zielgruppe der kulturinteressierten Individualreisenden entwickelte man das<br />

CROSSART-Geschenkpaket 6 . Es enthielt <strong>im</strong> Grundpaket Museumseintrittskarten, einen Ausstellungskatalog,<br />

die Travelbox und einen CROSSART-Kr<strong>im</strong>i. Die Ausführung als großes Geschenkpaket<br />

enthielt zusätzlich noch einen Gutschein für eine Schlossübernachtung. Fast die Hälfte der<br />

verkauften Pakete wurde nicht verschenkt, sondern von den Käufern selbst genutzt.<br />

Warum ein CROSSART-Kr<strong>im</strong>i? Marktforschungsanalysen sowie die praktischen Erfahrungen aus<br />

anderen touristischen Regionen haben gezeigt, dass regional verortete Romane mit spannender<br />

Handlung Leser dazu an<strong>im</strong>ieren, Originalschauplätze aufzusuchen und zu bereisen. Nicht nur<br />

Bücher wie „The Da Vinci Code“, die Schwedenkr<strong>im</strong>is, Allgäu- oder die Eifelkr<strong>im</strong>is sind Beispiele<br />

dafür, dass Zehntausende von Touristen auf den Spuren von Romanen reisen. Mit Hilfe eines Autorengespanns<br />

aus den Niederlanden und aus Deutschland sowie eines renommierten Kr<strong>im</strong>ibuchverlages<br />

entstand ein Roman, welcher acht der zehn CROSSART-Museen als Schauplätze einer<br />

Kr<strong>im</strong>inalgeschichte zeigt und auf subtile Art und Weise die Struktur- und Sammlungsschwerpunkte<br />

der Häuser in die Handlung mit einbezieht.<br />

Um zusätzliche Adressen von Interessenten zu gewinnen, wurde ein Quiz zu CROSSART-Inhalten<br />

entwickelt. Die Quizfragen waren so aufgebaut, dass sie relativ leicht beantwortet werden konnten.<br />

Attraktive Preise wie eine Schlossübernachtung in der CROSSART-Region, Ausstellungskataloge<br />

und Dauerkarten gaben den Anreiz, die Quizkarten auszufüllen und zurückzuschicken. Die<br />

Aktion lief über zwei Jahre und spielte circa 5.000 Adressen ein. Als Format wurde eine Postkarte<br />

gewählt, auf der die Fragen übersichtlich angeordnet waren. Die Postkarte wurde entweder direkt<br />

an den Museumskassen abgegeben oder an das CROSSART-Informationsbüro geschickt.<br />

Interessenten, die sich direkt mit dem CROSSART-Informationsbüro in Verbindung setzten, wurden<br />

mit einer CROSSART CARD belohnt. Diese ermöglichte einen einmalig reduzierten Eintritt<br />

in alle zehn CROSSART-Museen. Ziel dieser Aktion war, die Besucher eines Museums zu motivieren,<br />

innerhalb desselben Jahres ebenfalls andere Museen des CROSSART-Projektes zu besuchen.<br />

Die gesamte Projektlaufzeit wurde zudem durch eine intensive Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

begleitet. Am Beginn standen Maßnahmen zur Markenpositionierung <strong>im</strong> Mittelpunkt, später<br />

wurden einzelne Aktionen in CROSSART-Museen besonders herausgestellt. In der Anfangsphase<br />

suchte man den persönlichen Kontakt zu Journalisten aus den Kulturredaktionen, mit dem Ziel<br />

CROSSART vorzustellen. Nach der Entwicklung von Reiseangeboten wurden die Reiseredaktionen<br />

stärker in die Kommunikation eingebunden.<br />

6 Zum Prinzip vgl. http://www.art-cities-box.de/<br />

56


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Fazit<br />

Im Jahre 2008 wurde die Museumskooperation letztmalig durch die Partner und weitere Fördermittel<br />

budgetiert und beworben. Seitdem ruht das Projekt – trotz seines durchschlagenden Erfolgs.<br />

Selbstverständlich gab es auch hier interkulturelle Probleme, angefangen bei der Sprache über<br />

Mentalitätsunterschiede, z. B. Pragmatismus vs. Gründlichkeit, Marketing vs. wissenschaftlichem<br />

Anspruch, Unterschiede bei Entscheidungsprozessen oder <strong>im</strong> Grad des Engagements. Dennoch<br />

konnte seitens des Projektbüros über Jahre hinweg eine vertrauensvolle Zusammenarbeit organsiert<br />

werden, die letztlich v. a. wegen des „Geldes“ nicht weiter geführt wurde. Immer wieder gibt<br />

es allerdings vorsichtige Zeichen, dass die Kooperation wieder belebt werden könnte.<br />

Die Erfahrung aus zahlreichen Kooperationsprojekten innerhalb des Systems (Kultur-)Tourismus<br />

zeigt jedoch: Nur die wenigsten Kooperationen verdienen diesen Namen und nur den wenigsten<br />

gelingt es, dauerhaft in einem halbwegs „lebendigen“ Zustand zu existieren. Das „Vegetieren“ ist<br />

eher an der Tagesordnung, kooperatives Siechtum ist die Regel.<br />

Woran liegt das?<br />

Die Antworten darauf sind so einfach wie einleuchtend: Unterfinanzierung, mangelndes Engagement<br />

und „Zurücklehnen-Mentalität“, Angst vor dem Kontroll- und „Machtverlust“ (bis hin zur<br />

Angst vor der eigenen „Überflüssigkeit“, die nicht unterschätzt werden sollte), komplizierte Organisationsstrukturen<br />

und Abst<strong>im</strong>mungsprozesse, administrative Überlastung statt konkreter Projektarbeit,<br />

Demotivation der eigentlichen Kümmerer.<br />

Die Chancen und Möglichkeiten, die sich aus einer „echten“ Kooperation ergeben können, sind<br />

enorm. In der Tat lassen sich gemeinschaftlich vollkommen neue „Areale“ des Marktes erschließen.<br />

Gebündelte Budgets erlauben eine wesentlich größere Reichweite, neue Maßnahmen, die<br />

alleine nicht durchgeführt werden können, erleichtern den Kontakt zu Reiseveranstaltern, Multiplikatoren,<br />

Journalisten und Intermediären. Dies muss jedoch von allen Partnern dauerhaft gelebt,<br />

vertreten, verteidigt und finanziert werden.<br />

Literatur<br />

McKERCHER, Bob/DU CROS, Hilary (2002): Cultural tourism: the partnership between tourism<br />

and cultural heritage management, Binghampton.<br />

SCHILD, Hans-Helmut (2010): CROSSART – erfolgreiche touristische Kooperation in der Region<br />

mit einem kulturellen Leitthema. In: JOHN, Hartmut/SCHILD, Hans-Helmut/HIEKE, Katrin (Hrsg.):<br />

Museen und Tourismus, Wie man Tourismusmarketing wirkungsvoll in die Museumsarbeit integriert,<br />

Bielefeld.<br />

57


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Kulturland Brandenburg – eine Dachmarke<br />

zwischen (kulturtouristischem) Marketing<br />

und der Stärkung regionaler Identität<br />

Brigitte Faber-Schmidt<br />

Kulturland Brandenburg – das Profil<br />

Kulturland Brandenburg besteht als Dachmarke des Landes Brandenburg bereits seit 1998. Die<br />

Idee war zunächst, anlässlich des Fontane-Jubiläumsjahres die verschiedenen Aktivitäten in der<br />

Region zu bündeln und gemeinsam zu kommunizieren, um Brandenburg als „Kulturland“ zu profilieren.<br />

Im Jahr 2002 wurde der gleichnamige Verein ins Leben gerufen, mit dessen Gründung<br />

der Vielfalt der Akteure, die sich mittlerweile an den landesweit ausgerufenen und durch den Museumsverband<br />

des Landes koordinierten Themenjahren beteiligten, Rechnung getragen werden<br />

sollte.<br />

Inzwischen hat sich daraus eine breite Plattform entwickelt, die kulturelle Akteure auf verschiedenen<br />

Ebenen miteinander, diese aber auch an den thematischen und strategischen Schnittstellen<br />

zu Bildung, Wissenschaft, Regionalentwicklung und Tourismus vernetzt.<br />

Kulturland Brandenburg e. V. ist ein Netzwerk der kulturellen <strong>Netzwerke</strong> und Verbände: Gründungsmitglieder<br />

sind u.a. der Brandenburgische Verband Bildender Künstler, der Förderkreis Alte<br />

Kirchen Berlin-Brandenburg e. V., der Kulturfeste <strong>im</strong> Land Brandenburg e. V., der Landesverband<br />

der Freien Theater, das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches<br />

Landesmuseum, der Museumsverband des Landes Brandenburg, das Brandenburgische Landeshauptarchiv<br />

und das Fontanearchiv, die Universität und die Fachhochschule Potsdam, der Arbeitskreis<br />

der Kulturverwaltungen <strong>im</strong> Land Brandenburg, die Tourismus Marketing Brandenburg GmbH<br />

(TMB) und die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Als Folge der Zusammenarbeit<br />

<strong>im</strong> Rahmen der Themenjahre traten seit 2004 u. a. die Deutsche Gesellschaft für<br />

Gartenkunst und Landschaftskultur/Landesverband Berlin-Brandenburg, die Stiftung St. Matthäus<br />

der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg Schlesische Oberlausitz und die Arbeitsgemeinschaft<br />

Städte mit historischen Stadtkernen dem Verein bei.<br />

Kulturland Brandenburg konzipiert und organisiert zu einem jährlich wechselnden Thema in Kooperation<br />

mit unterschiedlichsten Partnern <strong>im</strong> Land kulturelle Projekte, insbesondere auch an den<br />

Schnittstellen zu Wissenschaft, Wirtschaft/Tourismus und (kultureller) Bildung.<br />

Die bisherigen Themen waren:<br />

„Fontane / Die Zisterzienser in Brandenburg“ (1998)<br />

„Brandenburg und das Haus Oranien“ (1999)<br />

„Von gestern bis morgen. Stationen der Industriekultur“ (2000)<br />

„Preußen | 2001“ (2001)<br />

58


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

„Romantik“ (2002)<br />

„Europa ist hier!“ (2003)<br />

„Landschaft und Gärten“ (2004)<br />

„Der H<strong>im</strong>mel auf Erden – 1000 Jahre Christentum in Brandenburg“ (2005)<br />

„Baukultur“ (2006)<br />

„Fokus Wasser“ (2007)<br />

„Provinz und Metropole | Metropole und Provinz“ (2008)<br />

„Freiheit. Gleichheit. Brandenburg. Demokratie und Demokratiebewegungen“ (2009).<br />

„Mut & Anmut. Frauen in Brandenburg – Preußen“ (2010) stehen.<br />

„LICHT | SPIEL| HAUS – moderne in film. Kunst. Baukultur“ (2011)<br />

„KOMMT ZUR VERNUNFT! – Friedrich der Zweite von Preuszen“ (2012)<br />

„spiel und ernst – ernst und spiel. Kindheit in Brandenburg“ (2013)<br />

Kulturland Brandenburg lädt Bewohner und Besucher der Region gleichermaßen dazu ein, das<br />

kulturelle Erbe und die kulturelle Vielfalt der Region <strong>im</strong>mer wieder neu aus unterschiedlichen Blickwinkeln<br />

zu entdecken. Zwischen 220.000 bis 450.000 Besucher zogen die vielfältigen Projekte<br />

und Veranstaltungen von Kulturland Brandenburg bisher jährlich an.<br />

Der Verein fördert, unterstützt und qualifiziert die kulturelle Infrastruktur <strong>im</strong> Land und regt gezielt<br />

Kooperationen sowie ressortübergreifende und interdisziplinäre Ansätze an. Als Dachmarke gibt<br />

Kulturland Brandenburg konzeptionelle Impulse, begleitet Kooperationen inhaltlich, organisatorisch<br />

und durch die Akquise von Drittmitteln und bietet Infrastruktur und ein großes Netzwerk als<br />

Plattform für fachlichen Austausch und Kooperationen an.<br />

Durch Vernetzung, Kooperationen und regionale bzw. thematische Verbundprojekte gelingt es,<br />

Synergieeffekte zu erzielen und Ressourcen zu bündeln. Darüber hinaus vernetzt Kulturland Brandenburg<br />

die Akteure und die Aktivitäten des Landes Brandenburg mit Projekten und Einrichtungen<br />

anderer Bundesländer, aber auch international, – Schwerpunkte sind dabei das Bundesland Berlin<br />

und das europäische Nachbarland Polen.<br />

Kulturland Brandenburg initiiert, moderiert, steuert und koordiniert eine Reihe von <strong>Netzwerke</strong>n.<br />

Hier einige Beispiele:<br />

Arbeitskreis der Kulturverwaltungen <strong>im</strong> Land Brandenburg<br />

Der Arbeitskreis der Kulturverwaltungen (AKK) ist eine informelle Arbeitsgruppe der Kulturverwaltungen<br />

<strong>im</strong> Land Brandenburg, der sich seit über fünfzehn Jahren zwe<strong>im</strong>al jährlich zu Arbeitstagungen<br />

trifft. Der Arbeitskreis hat sich zu einem der wichtigsten Orte des Erfahrungsaustauschs und<br />

der Kooperation zwischen den Kulturverwaltungen entwickelt. Kulturland Brandenburg begleitet<br />

den AKK auf der konzeptionellen und organisatorischen Ebene.<br />

Zwe<strong>im</strong>al jährlich konzipiert und organisiert Kulturland Brandenburg in Abst<strong>im</strong>mung mit dem Sprecherrat<br />

des AKK eine größere Tagung zu aktuellen Fragestellungen aus Kulturpolitik und Kulturpraxis.<br />

Dabei werden Referenten und best practice-Beispiele aus Brandenburg, aber auch aus<br />

überregionalen Zusammenhängen eingeladen.<br />

59


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Tage der Offenen Ateliers<br />

Ein Projekt des AKK ist die Organisation und Durchführung der Tage der Offenen Ateliers. Der Tag<br />

der Offenen Ateliers ist ein regionales Kooperationsprojekt. Jeweils am ersten Maiwochenende<br />

des Jahres laden die brandenburgischen Künstlerinnen und Künstler ein interessiertes Publikum<br />

dazu ein, ihnen bei der Arbeit zuzuschauen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen und Arbeiten zu<br />

erwerben. Darüber hinaus werden in den einzelnen Regionen die Angebote der Künstler durch<br />

ein kulturtouristisches Rahmenprogramm ergänzt. Der Tag der Offenen Ateliers ist ein wichtiges<br />

Projekt, das die Künstler dabei unterstützt, unter schwierigen Bedingungen ihren Lebensunterhalt<br />

zu sichern.<br />

Es entsteht mit der Broschüre, die aus diesem Anlass herausgegeben wird, ein Kompendium, das<br />

interessierten Besuchern ganzjährig als Handreichung zur Verfügung steht und einen Führer zur<br />

bildenden Kunst <strong>im</strong> Land Brandenburg darstellt.<br />

Für die Tage der Offenen Ateliers konnten in den letzten Jahren tragfähige Kooperationen aufgebaut<br />

werden, so z. B. mit der Zeitung punkt 3, die in hoher Auflage gezielt für das Projekt wirbt<br />

oder mit den RegioTours, die ganztägige Ausflugsangebote mit Atelierbesuchen als Package für<br />

Berliner Gäste entwickelt haben.<br />

Plattform kulturelle Bildung<br />

Im Jahr 2008 hat sich eine Gruppe unterschiedlicher Akteure, die sich in verschiedenen professionellen<br />

Kontexten um die kulturelle Bildung <strong>im</strong> Land Brandenburg bemühen, zu einer Initiative zusammengeschlossen,<br />

um strategisch und zielgerichtet eine Offensive für eine ressortübergreifend<br />

angelegte Plattform Kulturelle Bildung zu entwickeln.<br />

Die Grundidee war der Aufbau eines flexiblen, bedarfs- und praxisorientierten Dienstleistungsprogramms<br />

sowohl für die Anbieter, als auch für die Nutzer von Angeboten <strong>im</strong> Bereich kultureller<br />

Bildung. Jenseits von Partikularinteressen und Verbandspolitik soll die Plattform Kulturelle Bildung<br />

auf spezifische Bedarfslagen reagieren, Angebote, insbesondere auch ressort- und generationenübergreifend,<br />

entwickeln, Vernetzung und Qualifizierung der Akteure sowie die Bündelung von<br />

Ressourcen fördern, Kooperationsprojekte anregen und befördern sowie Lobbyarbeit für kulturelle<br />

Bildung in einem umfassenden Sinne leisten.<br />

Das Konzept ist mittlerweile aufgegangen. Mit zahlreichen Partnern wurde ein kontinuierliches<br />

Programm mit Tagungen, Workshops und runden Tischen realisiert, das die Vernetzung, den fachlichen<br />

Austausch, die Lobbyarbeit, die Qualifizierung und die Kooperation in Brandenburg, – auch<br />

<strong>im</strong> Austausch mit kompetenten Partnern in anderen Bundesländern (z. B. Berlin, NRW, Niedersachsen),<br />

vorangebracht hat.<br />

Ein Instrument, das die Vernetzung und Kooperation weiter unterstützt, stellt die datenbankgestützte<br />

Website der Plattform dar, die derzeit mit anderen Modulen <strong>im</strong> Land technisch und inhaltlich<br />

verlinkt wird (z. B. Bildungsserver). 1<br />

1 Einblicke unter: www.plattformkulturellebildung.de<br />

60


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Gartenland Brandenburg e. V.<br />

Ziel von Gartenland Brandenburg ist es, die gartenkulturelle Entwicklung des Landes Brandenburg<br />

zu fördern. Dieses Gartennetzwerk, das aus dem Themenjahr 2004 von Kulturland Brandenburg<br />

entstanden ist, möchte das Bewusstsein für den Wert von Gärten und Parks in der Bevölkerung<br />

verankern und Brandenburg unter einer Dachmarke als Gartenland ersten Ranges bekannt<br />

machen. Das zunächst auf der informellen Ebene agierende Forum wurde Mitte Mai 2006 mit der<br />

Gründung des Vereins Gartenland Brandenburg e. V. institutionalisiert. 2<br />

In dem Netzwerk wurden bisher fünf Routen der Gartenkultur entwickelt, die kontinuierlich weiter<br />

qualifiziert werden sollen. Ebenso geht es um die kulturtouristische Inwertsetzung von Parks<br />

und Gärten, wofür mittlerweile ein Projekt über das Förderprogramm der integrierten <strong>ländlichen</strong><br />

Entwicklung akquiriert werden konnte. Im Rahmen dieses auf drei Jahre angelegten Projektes<br />

(Projektbeginn Juli 2012) geht es um eine Bestandsaufnahme der brandenburgischen Parks und<br />

Gärten, die exemplarische kulturtouristische Ertüchtigung sowie die Entwicklung differenzierter<br />

Angebote rund um die Parks und Gärten der Region. 3<br />

Kulturland Brandenburg – Netzwerk Kultur und Tourismus<br />

Eine wesentliche Voraussetzung für die synergetische Verknüpfung der Bereiche Kultur und Tourismus<br />

sind der angemessene zeitliche und konzeptionelle Vorlauf für die Dachkampagnen sowie<br />

die Koordination und die Vernetzung der kulturellen Akteure. In der Zusammenarbeit mit der TMB<br />

haben sich sukzessive konstruktive und transparente Kommunikations- und Arbeitsstrukturen ergeben,<br />

die es ermöglichen, sowohl konzeptionell-inhaltliche, als auch organisatorische Prozesse<br />

der beiden Bereiche aufeinander abzust<strong>im</strong>men und kulturelle Projekte in das Marketing der TMB<br />

einzubeziehen.<br />

TMB und Kulturland Brandenburg sind wechselseitig in den verschiedenen Gremien der jeweiligen<br />

Einrichtung vertreten und haben <strong>im</strong> Jahr 2005 zudem eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen,<br />

die jährlich <strong>im</strong> Rahmen eines abgest<strong>im</strong>mten Marketingplans mit konkreten Maßnahmen<br />

operationalisiert und mit Leben gefüllt wird. Kulturland Brandenburg strebt <strong>im</strong> Rahmen der<br />

Themenjahre sowie in den verschiedenen <strong>Netzwerke</strong>n in einem ganzheitlichen Sinne an, lokale<br />

und regionale Wertschöpfungsprozesse zu unterstützen.<br />

Insbesondere <strong>im</strong> Jahr 2012 ist es gelungen, die Schnittstellen zwischen Kultur und Tourismus<br />

gezielt zu entwickeln und zu nutzen. Es wurden frühzeitig die verschiedenen Kompetenzen zusammengeführt,<br />

die Möglichkeiten der einzelnen Partner regional und übergreifend eingebracht<br />

und in einer gemeinsamen Kommunikation gebündelt, – Friedrich 300. TMB und Kulturland Brandenburg<br />

haben <strong>im</strong> Jahr 2012 über die gemeinsamen Pressereisen hinaus, Inhalte abgest<strong>im</strong>mt<br />

und wechselseitig zur Verfügung gestellt (z. B. inhaltliche Grundlagen durch Kulturland Branden-<br />

2 Einblicke unter: www.gartenland-brandenburg.de<br />

3 Aktuelles aus dem Gartenland Brandenburg zum Nachlesen und Entdecken:<br />

HOCH, Oliver: „Gärten und Parks in Brandenburg“, L&H Verlag, Berlin 2013, 24,80 Euro, ISBN 978-3-<br />

939629-17-7. Gärten und Parks in Brandenburg, Berlin und Potsdam, Edition Terra, eine Marke der terra<br />

press GMBH, Erweiterte Neuauflage 2012, 4,00 Euro, ISBN 978-3-942917-08-7.<br />

61


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

burg für „Erinnerungsorte“ der TMB) und zudem erstmals exemplarisch eine Kultur-Kampagne<br />

in Kooperation mit dem Berliner „Tagesspiegel“ umgesetzt, die das Jahresthema umfassend und<br />

kundenfreundlich kommuniziert hat (u. a. Ausflugskarten „Rendezvous mit Friedrich“, Werbung <strong>im</strong><br />

Hörfunk, online und an den Zeitungskiosken).<br />

Aus der konkreten Praxis heraus und durch den kontinuierlichen Dialog mit kulturellen und touristischen<br />

Partnern angestoßen, hat Kulturland Brandenburg gezielt zwei Qualifizierungsprogramme<br />

entwickelt, die Kooperationen an dieser Schnittstelle stärken und letztlich zur vernetzten Entwicklung<br />

marktfähiger Produkte führen.<br />

INNOPUNKT 14 / ESF-Förderung 2005 – 2007<br />

Im Rahmen der Ausschreibung des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen<br />

des Landes Brandenburg über die Landesagentur für Struktur und Arbeit für die so genannte<br />

Innopunkt-Kampagne 14 unter dem Motto „Allianzen zwischen Kultur und Wirtschaft“ hat sich<br />

Kulturland Brandenburg mit einem Projekt zur Weiterentwicklung des Kulturtourismus beworben<br />

und, neben fünf weiteren Projekten, den Zuschlag für eine Förderung über ESF-Mittel erhalten.<br />

Das Projekt hieß „Qualifizierungsoffensive und regionale Netzwerkbildung – Kulturreisen <strong>im</strong> Land<br />

Brandenburg“ und wurde in Zusammenarbeit mit dem Partner Lorenz Tourismusberatung GmbH<br />

durchgeführt. Bei dem insgesamt zweijährigen Projekt, das Ende August 2007 abgeschlossen<br />

wurde, ging es darum, basierend auf den regionalen Strukturen <strong>im</strong> Land Brandenburg die Akteure<br />

aus Kultur und Tourismus in Kommunikation zu bringen, bedarfs- und praxisorientiert zu qualifizieren<br />

und zu coachen, Kooperationen zu initiieren und zu stärken sowie Strukturen und Plattformen<br />

zu entwickeln, die auch nach der Laufzeit des Projektes tragfähig sind.<br />

Qualifizierungsprojekt Kompetenzentwicklung in Kunst und Kultur 2011 – 2013<br />

„Brandenburgisch-Preußische Kulturlandschaft erleben“<br />

Anknüpfend an die Erfahrungen aus dem obigen Projekt hat Kulturland Brandenburg in Kooperation<br />

mit der PROJECT M GmbH das Konzept für ein Qualifizierungsprogramm entwickelt, das<br />

gezielt tragfähige Ansätze <strong>im</strong> Kulturtourismus fördern und weiterentwickeln soll, die insbesondere<br />

anlässlich des Themenjahres „Friedrich 300“ in Kooperation zwischen kulturellen und touristischen<br />

Akteuren entstanden sind.<br />

Brandenburg ist bis heute von seiner preußischen Vergangenheit geprägt, die sich in zahlreichen<br />

historischen Stadt- und Dorfkernen, Schlössern und Gärten, Baudenkmalen und Museen sowie in<br />

der Kulturlandschaft erleben lässt. In der aktuellen Landestourismuskonzeption wird dieses Alleinstellungsmerkmal<br />

aufgegriffen: Das kulturelle Erbe Preußens wird als wichtiges Angebotsthema<br />

für den Tourismus in Brandenburg definiert. Akteuren in Kultur und Tourismus bieten sich damit<br />

neue Ansatzpunkte und interessante Perspektiven.<br />

Das Projekt „Brandenburgisch-Preußische Kulturlandschaft erleben“ ist darauf ausgerichtet, die<br />

Angebotsentwicklung <strong>im</strong> Themenfeld durch gezielte Qualifizierung und Vernetzung zu unterstützen.<br />

Die Teilnehmer der Qualifizierungsveranstaltungen erwerben praxisorientierte Kenntnisse zur<br />

Opt<strong>im</strong>ierung ihrer Projekte und Dienstleistungen sowie zur Entwicklung marktfähiger Angebote<br />

rund um das preußische Kulturerbe. Die Vernetzung von kulturellen Akteuren und touristischen<br />

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kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Leistungsträgern stärkt die Kooperationsstrukturen zwischen Kultur und Tourismus und unterstützt<br />

die themenorientierte Produktentwicklung und Vermarktung. 4<br />

Weiterbildungskurse<br />

Preußen für Gästeführer<br />

Gästeführer sind wichtige Vermittler des kulturellen Erbes und Botschafter Brandenburgs. Mit der<br />

Weiterbildung steht ein Qualifizierungsangebot bereit, das sie bei der themenspezifischen Angebotsentwicklung<br />

unterstützt. Unter Bezugnahme auf das heute erlebbare kulturelle Erbe werden<br />

vertiefte Kenntnisse der brandenburgisch-preußischen Geschichte vermittelt. Weitere Kursinhalte<br />

sind Methodik und Didaktik von Gästeführungen sowie Tourismus- und Marketing-Know-How.<br />

Szenische Führungen<br />

Szenische Führungen und theatralische Rundgänge erfreuen sich steigender Nachfrage und sind<br />

in besonderer Weise dazu geeignet, das kulturelle Erbe Brandenburg-Preußens an authentischen<br />

Orten erlebbar zu machen. Die Teilnehmer erhalten Einblick in die Praxis verschiedener szenischer<br />

Führungsformate. Damit verbunden werden Kenntnisse und Fähigkeiten zur Entwicklung<br />

und Vermarktung szenischer Führungen vermittelt.<br />

Museumsmarketing<br />

Museen bewahren und präsentieren das brandenburgisch-preußische Kulturerbe in all seinen<br />

Facetten und können die kulturtouristische Profilierung des Landes somit in besonderer Weise<br />

unterstützen. In der Weiterbildung werden den Teilnehmern praktische Kenntnisse <strong>im</strong> Museumsund<br />

Tourismusmarketing vermittelt, die ihnen helfen, individuelle Marketingstrategien für ihre Einrichtungen<br />

und Projekte zu entwickeln und umzusetzen.<br />

Individuelle Coachings und Schulungen<br />

Für den spezifischen Bedarf von Einzelpersonen, Gruppen und Einrichtungen bietet das Programm<br />

maßgeschneiderte Beratungs- und Schulungsleistungen. Das Angebot richtet sich nicht<br />

nur an die Teilnehmer der Weiterbildungen, die bei der praktischen Umsetzung der erworbenen<br />

Kenntnisse unterstützt werden möchten, sondern steht allen Akteuren an der Schnittstelle von<br />

Kultur und Tourismus offen.<br />

Regionale Workshops und Produktbörsen<br />

Um die Opt<strong>im</strong>ierung, Entwicklung und Vermarktung kulturtouristischer Angebote rund um das<br />

brandenburgisch-preußische Erbe praktisch zu fördern, werden in Kooperation mit den Reisegebietsverbänden<br />

und anderen Gebietskörperschaften regionale Workshops und Produktbörsen<br />

durchgeführt.<br />

4 Einblicke unter: www.brandenburg-preussen-erleben.de<br />

63


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Kulturland Brandenburg – Finanzierung und Förderung<br />

Kulturland Brandenburg geht es insbesondere auch darum, ressortübergreifende und interdisziplinäre<br />

Ansätze anzuregen und zu fördern sowie Ressourcen zu bündeln. So sollen explizit<br />

Verbundprojekte befördert und Vernetzungen in der Region entwickelt werden. Dabei sind die<br />

Schnittstellen zwischen Kultur und (kultureller) Bildung, Kultur und Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft<br />

sowie Kultur und Tourismus von besonderer Bedeutung.<br />

Kulturland Brandenburg stellt dabei sowohl ein kulturpolitisches Steuerungs- und Förderinstrument,<br />

als auch ein Marketinginstrument des Landes dar. Den ressortübergreifenden und interdisziplinären<br />

strategischen Ansätzen des Vereins entspricht die mittlerweile ressortübergreifende Förderung<br />

der Themenjahre. So ist neben dem Hauptzuwendungsgeber und strategisch-inhaltlichen<br />

Partner, dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur, das Ministerium für Infrastruktur<br />

und <strong>Raum</strong>ordnung ein kontinuierlicher und verlässlicher konzeptioneller und fördernder Partner<br />

der Kulturlandaktivitäten. Themenorientiert beteiligen sich darüber hinaus auch weitere Ministerien<br />

und Landeseinrichtungen auf unterschiedliche Weise an der Unterstützung der Kampagnen<br />

von Kulturland Brandenburg. Der Ostdeutsche Sparkassenverband ist der Hauptsponsor-Partner<br />

für Kulturland Brandenburg, die Ostdeutsche Sparkassenstiftung und die lokalen Sparkassen engagieren<br />

sich gezielt für einzelne Projekte, die <strong>im</strong> Rahmen der Themenjahre realisiert werden. In<br />

den Jahren 2012 und 2013 ist es zudem gelungen, die Investitionsbank des Landes Brandenburg<br />

als Sponsorpartner zu gewinnen.<br />

Kulturland Brandenburg ist beliehen und kann zugewendete Mittel des Landes an Dritte weitergeben;<br />

in der Regel werden ca. dreißig Projekte mit fachlicher Unterstützung eines jährlich wechselnden<br />

Beirats ausgewählt und durch Kulturland Brandenburg gefördert sowie inhaltlich, organisatorisch,<br />

beratend, durch Marketingmaßnahmen und eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit begleitet.<br />

Es gibt drei verschiedene Möglichkeiten, durch Kulturland Brandenburg gefördert zu werden und<br />

als Projekt ein Baustein der Themenjahre zu werden. Einerseits gibt es Schwerpunktprojekte,<br />

also „Leuchttürme“, wie zentrale Ausstellungen und Verbundprojekte, andererseits Einzelprojekte,<br />

die mit einer Summe in Höhe von ca. 8.000 Euro – quasi als „Standardförderung“ – unterstützt<br />

werden.<br />

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, auch ohne finanzielle Förderung als „assoziiertes Projekt“<br />

in die Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit und des Marketings der Dachmarke einbezogen zu<br />

werden. Bei einer Auflage von jeweils 80.000 Exemplaren der halbjährig erscheinenden Veranstaltungskalender,<br />

die gezielt und strategisch vertrieben werden, einer gut frequentierten Website und<br />

einer gezielten Medienarbeit kein gering zu schätzender Effekt, insbesondere auch für Projekte,<br />

die pr<strong>im</strong>är durch bürgerschaftliches Engagement getragen werden.<br />

Projekte, Partnerschaften, Nachhaltigkeit<br />

Kulturland Brandenburg arbeitet zur Realisierung der Themenjahre mit unterschiedlichsten Partnern<br />

zusammen; öffentliche Einrichtungen, Kommunen, wissenschaftliche Einrichtungen, Vereine,<br />

Arbeitsgemeinschaften, Künstlervereinigungen, kirchliche Einrichtungen, touristische Akteure,<br />

Land kreise und Gemeinden sowie ihre Einrichtungen und vieles mehr stellen ein breites Spektrum<br />

64


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

für Kooperationen dar. Dabei sind unterschiedlichste Arbeitsfelder und künstlerische Genres involviert;<br />

die Themenjahre und die bei Kulturland Brandenburg einbezogenen <strong>Netzwerke</strong> umfassen<br />

viel fältige Veranstaltungsformate, u. a. Ausstellungen, Konzerte, Lesungen und Literaturprojekte,<br />

The ater-, Tanz- und Filmprojekte ebenso wie Performances, Tagungen, Workshops, Streitgespräche,<br />

Rad- und Wandertouren sowie Stadtführungen oder Interventionen und Markierungen <strong>im</strong><br />

öffent lichen <strong>Raum</strong>.<br />

Die gezielte Unterstützung und Förderung bürgerschaftlichen Engagements stellt ein zentrales<br />

Anliegen von Kulturland Brandenburg dar, – das „Gütesiegel“, zu der Landeskampagne Kulturland<br />

Brandenburg zu gehören, kann dazu beitragen, Fördermittel zu akquirieren und Sponsoren zu<br />

gewinnen.<br />

Immer wieder wird die (berechtigte) Frage gestellt, inwieweit die Themenjahre von Kulturland<br />

Brandenburg tatsächlich nachhaltig wirken. Hierzu einige Beispiele, die belegen, dass es über die<br />

Themenjahre gelingt, nicht nur eine regionale Identität zu befördern und ein positives Image von<br />

Brandenburg als „Kulturland“ nach außen zu vermitteln, sondern ebenso Projekte und Strukturen<br />

anzuregen und zu unterstützen, die weit über das einzelne Kampagnenjahr hinaus wirksam sind.<br />

Das Themenjahr 2004 „Landschaft und Gärten“ war nach der Phase der Umstrukturierung das<br />

erste Jahr, in dem der Verein bzw. die Geschäftsstelle das neue Profil und das neue Selbstverständnis<br />

umfassender umsetzen und zur Geltung bringen konnte. Dieses Themenjahr hat bewusst<br />

den Spannungsbogen zwischen dem historischen Erbe, den vielfältigen hochkarätigen Park- und<br />

Gartenanlagen sowie den unbekannteren Kleinodien <strong>im</strong> Land, und den aktuellen Herausforderungen,<br />

die mit Landschaft <strong>im</strong> Wandel und Regionalplanung <strong>im</strong> Land, verdichtet in der Bergbaufolgelandschaft<br />

in der Lausitz, verbunden sind, hergestellt.<br />

Aus dem Jahr hat sich zunächst eine informelle fachliche Plattform entwickelt, die schließlich 2006<br />

in die Gründung des Vereins „Gartenland Brandenburg e. V.“ mündete. Dieser Verein wird durch<br />

die Geschäftsstelle von Kulturland Brandenburg koordiniert und betreut, die ebenfalls die Schnittstelle<br />

zu dem mittlerweile gegründeten bundesweite agierenden Netzwerk „Gartennetz Deutschland<br />

e. V.“ darstellt. Somit konnte das Thema Parks und Gärten <strong>im</strong> Land Brandenburg strategisch<br />

weiterentwickelt werden und es ist gelungen, projektorientiert zusätzliche Mittel aus unterschiedlichen<br />

Quellen für die Vorhaben des „Gartenland Brandenburg e. V.“ zu akquirieren, u. a. wurden<br />

Vorhaben durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und das Ministerium für Wirtschaft des<br />

Landes Brandenburg gefördert.<br />

Ein wichtiger strategischer Meilenstein war die Realisierung eines dreitägigen internationalen Gartensymposiums<br />

anlässlich des Themenjahres der Deutschen Zentrale für Tourismus 2008, in dem<br />

Schlösser, Parks und Gärten <strong>im</strong> Zentrum des internationalen Marketings für Deutschland standen.<br />

Das Symposium „Parks und Gärten als Kunstwerk – Potenzial und Vielfalt unentdeckter Werte<br />

<strong>im</strong> Land Brandenburg“ war ein großer Erfolg und fand bei den rund 120 Teilnehmern aus ganz<br />

Deutschland, Frankreich, Schweden und den baltischen Staaten überaus positive Resonanz. Gefördert<br />

wurde das Projekt durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung,<br />

das Ministerium für Wirtschaft sowie das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des<br />

Landes Brandenburg.<br />

65


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Jedes Jahr werden insbesondere Verbund- und Kooperationsprojekte gefördert und damit Synergien<br />

und die Bündelung von Ressourcen erzielt. Beispiele dafür sind die Verbundprojekte des Museumsverbandes<br />

des Landes Brandenburg, in deren Rahmen gemeinsame Marketingstrategien<br />

entwickelt werden, oder die Kooperationsprojekte der Arbeitsgemeinschaft Städte mit historischen<br />

Stadtkernen.<br />

Aus der AG Städte mit historischen Stadtkernen mit insgesamt 31 Mitgliedskommunen beteiligen<br />

sich zwischen fünf und zwölf Städten an den jeweiligen Kulturlandkampagnen. Es wird ein eigener<br />

thematischer Rahmen entwickelt und jede der Städte versucht, einen spezifischen Zugang zu diesem<br />

Thema aufzubereiten, der häufig durch Ausstellungen <strong>im</strong> öffentlichen <strong>Raum</strong> und ein umfangreiches<br />

Begleitprogramm (z. B. Stadtführungen) umgesetzt wird. Parallel wird ein gemeinsames<br />

Marketing, abgest<strong>im</strong>mt auf das Corporate Design und die Marketingmaßnahmen von Kulturland<br />

Brandenburg, konzipiert und realisiert.<br />

Darüber hinaus greifen die Projekte der AG Städte mit historischen Stadtkernen auf die Kompetenzen<br />

der Historischen Fakultät der Universität Potsdam sowie auf Tourismusberatungsunternehmen<br />

zurück, um ihre Vorhaben wissenschaftlich zu untersetzen und für eine nachhaltige<br />

touristische Vermarktung zu qualifizieren. Auch diese Qualifizierung der Akteure und der über die<br />

Themenjahre entwickelten Angebote und Produkte stellt einen wesentlichen Aspekt für die Wirksamkeit<br />

der Landeskampagnen dar.<br />

In jedem Kulturland-Themenjahr entstehen aus zahlreichen Projekten vielfältige kulturtouristische<br />

Angebote und Produkte, die über die Themenjahre hinaus abrufbar sind: Stadtführungen und<br />

Stadtführer als Printprodukt, thematische Routen und Audioguides, Radtouren und Wanderführer,<br />

Markierungen und Ausstellungen <strong>im</strong> öffentlichen <strong>Raum</strong>, <strong>im</strong> Stadtraum.<br />

Darüber hinaus werden zu den Themenjahren <strong>im</strong>mer wieder Wanderausstellungen entwickelt, die<br />

z. T. über mehrere Jahre hinweg durch das Land, aber auch in andere Bundesländer oder sogar<br />

ins Ausland touren – ein wirkungsvolles Beispiel für Nachhaltigkeit. Ebenso wie das Beispiel eines<br />

anderen strategischen Ansatzes, in dem zu den Kulturland-Jahren spezifische, profilierte Ausstellungen<br />

konzipiert werden, die dann, zumindest als Bausteine, in die Dauerausstellung eines<br />

Museums einfließen, deren Gestaltung so mittelfristig erneuert werden kann.<br />

Ausblick und Einschätzung<br />

Das kulturpolitische Konzept von Kulturland Brandenburg ist darauf ausgerichtet, insbesondere<br />

auch in einem Flächenland wie Brandenburg, <strong>Netzwerke</strong> zu befördern, Kooperationen zu initiieren<br />

und zu stabilisieren sowie neue Allianzen zwischen unterschiedlichsten Partnern anzuregen. Die<br />

Orientierung auf ein jährlich wechselndes Thema ermöglicht es dabei <strong>im</strong>mer wieder anderen Partnern,<br />

sich mit einem Projekt einzubringen und an der Jahreskampagne zu beteiligen. Außerdem<br />

werden dadurch <strong>im</strong>mer wieder andere Aspekte des historischen Erbes und der kulturellen Vielfalt<br />

der Region beleuchtet und ins öffentliche Bewusstsein gehoben.<br />

Die Themenjahre wirken nicht nur <strong>im</strong> Rahmen des Binnenmarketings identitätsstiftend für die Bewohner<br />

der Region, sondern auch werbend nach außen. Die Themenjahre stellen also auch ein<br />

wirksames Marketinginstrument des Landes dar.<br />

66


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Über die Realisierung der einzelnen Projekte hinaus wirken die Themenjahre für die Akteure <strong>im</strong><br />

Land auch als Plattform für fachlichen Austausch und zur Vertiefung von Kooperationsbeziehungen.<br />

Dies stellt eine sinnvolle Ergänzung zu den kontinuierlich durch die Geschäftsstelle von Kulturland<br />

Brandenburg betreuten fachlichen <strong>Netzwerke</strong>n, wie z. B. die „Offenen Ateliers“ oder der<br />

Arbeitkreis der Kulturverwaltungen dar. Hier entstehen ebenso fruchtbare Wechselbeziehungen.<br />

Zusammenfassend lassen sich folgende positive Effekte der Landeskampagne Kulturland Brandenburg<br />

beschreiben:<br />

Kulturelle Aktivitäten <strong>im</strong> Land Brandenburg werden zu einem jährlich wechselnden Thema<br />

gebündelt, gefördert, vermarktet und unter einer Dachmarke durchgeführt.<br />

Dadurch werden <strong>im</strong>mer wieder neue Blickwinkel auf das kulturelle Erbe und das kulturelle<br />

Potenzial der Region ermöglicht sowie unbekannte Orte und Kleinodien (wieder)entdeckt.<br />

Die regionale Identität wird gefördert, – gleichzeitig das Außenmarketing mit authentischen<br />

Themen und über authentische Orte gestärkt.<br />

Es werden gezielt Kooperationen angeregt und ressortübergreifende und interdisziplinäre Ansätze<br />

befördert.<br />

Durch die Vernetzung werden Synergieeffekte unter den Partnern erzielt und Ressourcen gebündelt.<br />

Aus temporären Projekten entstehen <strong>Netzwerke</strong>, Initiativen und Impulse für die Zukunft.<br />

Die Qualifizierung und die Kooperation kultureller und touristischer Akteure werden befördert.<br />

Kulturland Brandenburg ist Koordinator, Berater, Moderator und Kommunikator.<br />

Durch die Aktivitäten wird das bürgerschaftliche Engagement gefördert und qualifiziert.<br />

Für Kooperationspartner ergeben sich folgende Effekte:<br />

Kulturland Brandenburg gibt konzeptionelle Impulse und begleitet Kooperationen inhaltlich<br />

und organisatorisch.<br />

Infrastruktur und <strong>Netzwerke</strong> werden als Plattformen für fachlichen Austausch und Kooperationen<br />

angeboten.<br />

Die Projekte werden professionell unter einer Dachmarke beworben und durch eine gezielte<br />

Öffentlichkeitsarbeit begleitet.<br />

Durch die vielfältigen Themen werden unterschiedlichste Anknüpfungspunkte für Partizipation,<br />

aber auch für Förderer geboten.<br />

Der Verein Kulturland Brandenburg kann zugewendete Mittel des Landes an Dritte weitergeben<br />

und damit zahlreiche Projekte <strong>im</strong> Land Brandenburg fördern.<br />

Als Gütesiegel kann Kulturland Brandenburg dazu beitragen, weitere Fördermittel zu akquirieren<br />

und weitere Partner zu gewinnen.<br />

Für den Erfolg eines solchen Konzepts, wie es Kulturland Brandenburg repräsentiert, ist es wichtig,<br />

dass dieses mit entsprechenden Ressourcen umgesetzt und ausgestattet wird sowie dass<br />

eine weitgehend unabhängige Einrichtung diese Aufgabe übern<strong>im</strong>mt, die in der Lage ist, möglichst<br />

viele Akteure, Verbände und <strong>Netzwerke</strong> zu bündeln und bei divergierenden Interessen ausgleichend<br />

zu moderieren.<br />

67


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Im Selbstverständnis dieser Einrichtung ist es bedeutsam, die Akteure <strong>im</strong> Land als gleichberechtigte<br />

Partner zu betrachten und selbst <strong>im</strong> einen oder anderen Fall als Dienstleister zu fungieren.<br />

Ebenso gehört es dazu, auf Prozesse zu setzen und ggf. erst einmal Energie und Kompetenz in<br />

eine Idee oder eine Kooperation zu investieren, auch, wenn das Ergebnis noch nicht unmittelbar<br />

absehbar ist.<br />

Die häufig genutzten Schlagworte „Netzwerk“, „Vernetzung“ und „Kooperation“ sind nur dann etwas<br />

wert und zukunftsfähig, wenn die Beteiligten durch eine gemeinsame Idee, eine gemeinsame<br />

Aufgabe und am besten durch eine gemeinsame Philosophie verbunden sind, – dies gelingt nur,<br />

indem man Prozesse zulässt und auf einen Dialog auf gleicher Augenhöhe setzt.<br />

68


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Erfolgskonzept Vernetzung:<br />

Sachsen-Anhalt macht es vor: Die Beispiele<br />

Straße der Romanik und Gartenträume<br />

Prof. Dr. Christian Antz<br />

Kulturtourismus in der Tourismusstrategie Sachsen-Anhalts<br />

Das Land Sachsen-Anhalt ist eine Reise wert: Ob frühe Menschheitsgeschichte, ob Mittelalter,<br />

Reformation, Barock, Aufklärung oder klassische Moderne – kaum irgendwo findet sich auf so engem<br />

<strong>Raum</strong> eine derartige Vielfalt von kulturellen Zeugnissen, die zu touristischen Wallfahrtsorten<br />

geworden sind. Kein deutsches Bundesland besitzt mehr UNESCO-Weltkulturerbestätten oder<br />

mehr Erinnerungsorte der Barockmusik. Sachsen-Anhalt ist eine Schatzkammer für den Kultur-,<br />

Bildungs- und Städtetouristen, aber auch für den, der Bildung und Erholung auf einmalige Weise<br />

verknüpfen möchte. Denn auch be<strong>im</strong> Naturangebot braucht sich Sachsen-Anhalt nicht vor anderen<br />

touristischen Wettbewerbern zu verstecken. Das UNESCO-Biosphärenreservat Elbe, der<br />

Nationalpark Harz, die Naturparke, die Seen- und Flusslandschaften von Saale, Goitzsche, Havel<br />

oder Arendsee mit dem Rückgrat der Elbe – die Liste der Einmaligkeiten ließe sich fortsetzen. Die<br />

Hauptgeschäftsfelder des Tourismus in Sachsen-Anhalt müssen deshalb aus gutem Grund der<br />

Kultur- sowie der Naturtourismus sein. Denn ohne ein herausragendes Angebot als sogenanntes<br />

Alleinstellungsmerkmal kann es auch keine Nachfrager, also Besucher, geben.<br />

Diese Schwerpunktgeschäftsfelder sind aber auch vielen anderen Ländern Deutschlands und Europas<br />

eigen. Deshalb muss das Landesangebot des Kultur- (einschließlich Städte) und Naturtourismus<br />

(einschließlich Aktiv und Gesundheit) auf Alleinstellungen <strong>im</strong> Themenmarketing herunter<br />

gebrochen sowie Ortsdestinationen eng miteinander vernetzt werden, die das Land nach außen<br />

touristisch noch klarer profilieren. Dazu gehören die landesweiten Markensäulen Straße der Romanik<br />

® (Kultur), Blaues Band ® (Natur und Aktiv), Gartenträume ® (Kultur und Natur) sowie die<br />

regionale Markensäule H<strong>im</strong>melswege ® (Kultur und Saale-Unstrut) sowie weitere überregionale<br />

Schwerpunktthemen wie UNESCO-Welterbe Sachsen-Anhalt, Sachsen-Anhalt – Luthers Land<br />

oder Musikland Sachsen-Anhalt. Diese werden auch regional weiter untersetzt bzw. durch regionale<br />

Schwerpunktthemen ergänzt.<br />

Daneben haben sich touristische Schwerpunktregionen (Reisezielgebiete, Destinationen) in<br />

Sach sen-Anhalt herausgebildet, die sich <strong>im</strong> Gegensatz zu anderen geographischen Einheiten<br />

bundesweit aus sich heraus und ohne jede Art von Erklärung begreifen, profilieren und vermarkten<br />

lassen. Dies sind in Sachsen-Anhalt von Nord nach Süd die Landschaften Altmark, Gartenreich<br />

Dessau-Wörlitz, Harz (Länder übergreifend mit Thüringen und Niedersachsen) und die Weinregion<br />

Saale-Unstrut (Länder übergreifend mit Thüringen). Dadurch entstand nach Innen wie nach<br />

Außen ein geradezu idealer touristischer Angebotsmix aus Regionen- und Themenmarketing, mit<br />

dem das Land Sachsen-Anhalt in den vergangenen Jahren bundesweit große Erfolge erzielen<br />

69


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

konnte. Die zentralen touristischen „Produkte“, die dem Land innewohnen und durch die das Land<br />

Gäste nach Sachsen-Anhalt zieht, müssen deshalb konsequent weiter profiliert und penetriert<br />

werden, wie jährlich durch mit diesen verknüpften (und nicht losgelösten) Verstärkerthemen (so<br />

genannte Jahresthemen).<br />

Das Land versucht – mal mehr, mal weniger erfolgreich – nicht mehr alles und jedes, einen touristischen<br />

„Gemischtwarenladen“, der für den Kunden <strong>im</strong>mer unübersichtlicher wird, zu vermarkten,<br />

sondern wenige, gut profilierte Schwerpunkte. Dabei werden örtliche und regionale Angebote<br />

in keiner Weise ausgegrenzt. Aber das übergeordnete touristische Profil des Landes kann nach<br />

außen nur eindeutig und langfristig sein. Nur mit jahrelangem Penetrieren kommen <strong>im</strong> weltweiten<br />

Wettbewerb der Botschaften und Nachrichten (die oben genannten Themen und Regionen)<br />

überhaupt in den Köpfen der Menschen an. Diese zwanzigjährige touristische Profilierung des<br />

Tourismus in Sachsen-Anhalt liest sich zunächst wie ein tourismuswissenschaftliches Lehrbuch,<br />

doch die Realität sieht nicht <strong>im</strong>mer so geradlinig aus.<br />

Immer wieder versuchen selbst ernannte Experten einerseits eine touristische „Dachmarke Sachsen-Anhalt“<br />

zu erfinden, die es <strong>im</strong> Gegensatz zum Standortmarketing einfach nicht gibt. Das Land<br />

kann sich touristisch nicht als „Reiseland Sachsen-Anhalt“ verkaufen, da das Bundesland an sich<br />

kein emotionales Reisegebiet (Destination) ist, sondern die oben genannten wenigen Schwerpunktthemen<br />

und Schwerpunktregionen innerhalb und unter des „Hauses“ Sachsen-Anhalt. Andererseits<br />

wurden und werden von mehr oder weniger einflussreichen Lobbyisten <strong>im</strong>mer wieder<br />

Randthemen zu vermarktungsfähigen Schwerpunkten hochstilisiert. Dieser Vorgang wiederholt<br />

sich in jedem Bundesland und über alle Jahre hinweg, kann – je nach Einflussreichtum – viel Ärger<br />

und Unruhe verursachen und Arbeitskraft und Finanzmittel binden; die Themen werden aber auf<br />

dem Markt <strong>im</strong> Regelfall nicht angenommen und verschwinden, nachdem viel Energie und Geld<br />

eingesetzt wurde, in der Versenkung. Deshalb ist es um so bewundernswerter, dass es Sachsen-<br />

Anhalt über Parteigrenzen und Legislaturperioden hinweg geschafft hat, Destinationen kontinuierlich<br />

und langfristig aufzubauen, die dem Land eigen sind (Alleinstellungsmerkmale des Angebots)<br />

und vom Markt (Nachfrage großer Zielgruppen) angenommen wurden. Die Erfolgsbilanz bei den<br />

Gästen gibt dieser Strategie Recht. Nachfolgend sollen zwei Alleinstellungsmerkmale und Markensäulen<br />

des Kulturtourismus in Sachsen-Anhalt, die „Straße der Romanik“ – eine Entdeckungsreise<br />

ins Mittelalter, und die „Gartenträume“ – historische Parks in Sachsen-Anhalt, vorgestellt und<br />

analysiert werden, um die Strategie und den Erfolg nachvollziehbar zu machen.<br />

STRASSE DER ROMANIK ® – Entdeckungsreise ins Mittelalter<br />

Die Straße der Romanik ist eine touristische Kulturstraße, die die bedeutendsten erhaltenen<br />

Denk mäler der Ottonik und Romanik in Sachsen Anhalt zusammenführt. Ihre Bedeutung ermisst<br />

sich einerseits darin, dass sie die erste Tourismusstraße in den neuen deutschen Bundesländern<br />

war. Durch ihre Regionen umgreifende Form ist sie andererseits die erste Tourismusstraße<br />

Deutschlands, die sich auf ein Bundesland beschränkt und dieses gleichzeitig flächendeckend<br />

umfasst. Wie kein anderes Land der Bundesrepublik Deutschland besitzt Sachsen Anhalt einen<br />

unschätzbaren Reichtum an Denkmälern aus der Ottonik und der Romanik. In ungewöhnlicher<br />

Dichte sind hier Klöster und Dome, Dorfkirchen und Wohnhäuser, Stadtanlagen und Burgen, Straßen<br />

und Skulpturen, Malerei und Schatzkunst Ausdruck eines gemeinsamen abendländischen<br />

70


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Denkens. Zum größeren Teil besitzen diese mittelalterlichen Kunstwerke zudem europäischen<br />

Rang. In Deutschland kann sich in Hinblick auf Qualität und Anzahl der erhaltenen romanischen<br />

Kunst nur noch das Rheinland mit Sachsen Anhalt messen.<br />

Sachsen Anhalt ist zwar eine noch junge Verwaltungseinheit; das <strong>im</strong> Wesentlichen aus preußischen<br />

und anhaltischen Gebieten 1947 gebildete Land wurde bereits 1952 aufgelöst und erst <strong>im</strong><br />

Jahre 1990 wieder gegründet. Doch der Schein trügt. So wie Sachsen Anhalt durch die deutsche<br />

Eini gung wieder ins Zentrum Deutschlands und der Integration von West und Osteuropa gerückt<br />

ist, so wurde hier bereits vor 1000 Jahren internationale Politik gemacht. Es gab eine Zeit, da war<br />

dieser <strong>Raum</strong> nicht nur geeint, sondern hat weit über seine Grenzen hinausgestrahlt, nämlich zwischen<br />

dem Zerfall des fränkischen Großreiches der Karolinger und dem Ende der Herrschaft der<br />

Hohenstaufen in Deutschland. Vor allem <strong>im</strong> 10. Jahrhundert, als die sächsischen Herzöge der Liudol<br />

finger bzw. der Ottonen von ihrem Stammland aus als Könige und Kaiser das deutsche Reich<br />

einigten, lag Sachsen Anhalt <strong>im</strong> Zentrum der Macht.<br />

Diese historisch-geographische Bedeutung und die Fülle mittelalterlicher Kunst waren Anlass zur<br />

Projektierung der Straße der Romanik. Das nicht auf wissenschaftliche Kunstgeschichte, sondern<br />

auf sanften Kulturtourismus angelegte Projekt eröffnete dem Land vielfältige Chancen. Als Zielgruppen<br />

waren gerade am Anfang nicht nur auswärtige Besucher (Außenmarketing), sondern auch<br />

die Landesbevölkerung angesprochen (Innenmarketing). In einem Bundesland, dessen einzelne<br />

Regionen sich historisch unterschiedlich entwickelt haben und das dadurch eine erst junge gemeinsame<br />

Vergangenheit besitzt, trug die landesumgreifende, Orts- und Regionen umfassende Straße<br />

der Romanik zur Identitätsstiftung bei. Preußische, brandenburgische, magdeburgische, anhaltische<br />

oder wettinische Traditionen wurden auf der Grundlage der gemeinsamen romanischen Wurzeln<br />

zu einem neuen landestragenden Gefühl „Wir in Sachsen Anhalt“ zusammengeführt.<br />

Die touristische Landesstrategie Sachsen Anhalts firmierte mit dem landesweiten Markenzeichen<br />

der Straße der Romanik auch nach außen lange Zeit unter dem Slogan „Ein Land macht Geschichte“.<br />

Die Straße der Romanik beschäftigt sich zwar mit Geschichte und Kunstgeschichte,<br />

doch zielt sie auf die Zukunft der Geschichte. Tourismuspolitik ist Wirtschaftspolitik, und der Kulturtourismus<br />

entwickelt sich seit Jahren zu einem der bedeutenden Faktoren dieses Wirtschaftszweiges<br />

in Deutschland und Europa. Das Mittelalter wurde spätestens seit der Erstpublikation von<br />

Umberto Ecos Buch „Der Name der Rose“ 1980 und dessen Verfilmung 1986 zum Renner in diesem<br />

Kulturtourismuszweig. Sachsen Anhalt ist auf diesen Zug frühzeitig aufgesprungen und hat<br />

die Straße der Romanik auf dem Reisemarkt eingeführt und etabliert. Ziel der Straße der Romanik<br />

war von Anfang an auch die Schaffung eines von Landschaft und Kultur geprägten, wirtschaftlich<br />

stabilen Arbeits und Lebensraumes.<br />

Die Idee zur Straße der Romanik entstand 1992 und kam über Umwege nach Sachsen-Anhalt.<br />

In Zusammenhang mit den Vorbereitungen zu der 1993 eröffneten Ausstellung „Bernward von<br />

Hildeshe<strong>im</strong> und das Zeitalter der Ottonen“ in Hildeshe<strong>im</strong> wurde vom Wirtschaftsministerium Niedersachsens<br />

eine kulturtouristische Profilierung dieser Großausstellung angestrebt. Das damalige<br />

Partnerland Sachsen-Anhalts spielte zunächst mit dem Gedanken, das Jahr 1993 als „Jahr der<br />

Romanik ´93“ touristisch aufzuwerten, hat sich jedoch später für ein Pendant zu Sachsen Anhalt,<br />

den „Wegen in die Romanik ´93“, entschieden. Von Niedersachsen angefragt, sich an diesem Jahr<br />

der Romanik zu beteiligen, griff das Wirtschaftsministerium Sachsen-Anhalts den Gedanken auf,<br />

71


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

erkannte den einmaligen kulturellen Bestand und das touristische Potential dieses Themas und<br />

entwickelte den Gedanken einer „Straße der Romanik“.<br />

Im Wirtschaftsministerium wurde 1992 die Projektentwicklung und -leitung der Straße der Romanik<br />

etabliert. Ein aus verschiedenen Fachgebieten gebildetes Expertengremium unter Teilnahme<br />

des Wirtschafts und Kultusministeriums, des Landesamtes für Denkmalpflege, des Landestourismusverbandes,<br />

der evangelischen und katholischen Kirchen, wurde berufen und mit der kritischen<br />

Auswahl der ottonischen und romanischen Objekte betraut. Als Kriterien dienten zunächst Qualität<br />

und Erhaltungszustand, in zweiter Linie Abwechslungsreichtum und regionale Ausgewogenheit.<br />

Aus der Vielzahl der romanischen Objekte hatten sich 72 Kulturdenkmäler in 60 Städten und<br />

Gemeinden herauskristallisiert; eine Evaluierung 2007 erweiterte die Zahl der Objekte auf 80 in<br />

65 Orten. Für das Außenmarketing ist diese Größenordnung kaum zu handhaben, nach Innen<br />

aber durchaus ein Erfolgs- und Identitätsfaktor. Deshalb wurde 2007 auch eine Kategorisierung<br />

mittels Sterne-Klassifizierung nach touristischer Bedeutung eingeführt. Im Expertengremium und<br />

in Abst<strong>im</strong>mung mit dem Landesamt für Straßenbau wurde auch die Streckenführung der Tourismusstraße<br />

festgelegt. In Form einer „8“ mit dem Schnittpunkt Magdeburg führt sie auf einer Nord<br />

und einer Südroute ungefähr 1000 Kilometer quer durch Sachsen Anhalt. Je nach Zeitansatz<br />

können die Gesamtstrecke, die Nord bzw. die Südroute oder nur Teilstrecken abgefahren werden.<br />

In ihrer Gesamtheit stellt die Straße der Romanik ein einzigartiges, raumumgreifendes Kulturmuseum<br />

mittelalterlicher Geschichte dar.<br />

Die Idee ist das eine, die Umsetzung das andere. Die vielfältigen Aktivitäten zur Etablierung der<br />

Straße der Romanik aus den letzten 15 Jahren lassen sich hier nur summarisch aufführen. Ein<br />

fundamentaler Baustein waren erhebliche Investitionen mit Hilfe unterschiedlicher Fördermittel<br />

des Landes, des Bundes, der Europäischen Union, aus Kirchen oder Stiftungen. Damit wurden in<br />

relativ kurzer Zeit die grundhafte Restaurierung der romanischen Objekte, deren räumliche und<br />

städtebauliche Gestaltung, Straßen-, Rad- und Wegebau, die Ausschilderung oder das Angebot in<br />

Gastronomie und Hotellerie geschaffen. In Zusammenarbeit mit Tourismus- und Marketingagenturen<br />

entwickelte sich ein umfängliches Außenmarketingportfolio von örtlichen und landesweiten<br />

Faltblättern, Broschüren und Werbeträgern aller Art und vielen Sprachen, die von anderer Seite<br />

über Buch- und Kartenpublikationen ergänzt wurden. Jährliche Verstärkerthemen, vor allem in<br />

Zusammenhang mit zugkräftigen Ausstellungen wie 2001 zu „Otto der Große, Magdeburg und<br />

Europa“ in Magdeburg (350.000 Besucher) <strong>im</strong> Jahr „Glanz der Romanik – Entdeckungsreisen ins<br />

deutsche Mittelalter“ der Deutschen Zentrale für Tourismus, begleiten das eher statische Produkt<br />

der Straße der Romanik ebenso wie feste und wechselnde Musik- oder Theaterveranstaltungen<br />

vor Ort. Dieses Erfolgskonzept soll auch 2012 mit der dritten ottonischen Magdeburger Landesausstellung<br />

„Otto der Große und das Römische Reich. Kaisertum von der Antike zum Mittelalter“<br />

und den elf Korrespondenzorten <strong>im</strong> Land fortgesetzt werden.<br />

Auch hier zeigt sich, dass nur die gemeinsamen Anstrengungen aller, vor allem von Kultur, Kirche<br />

und Wirtschaft, ein kulturtouristisches Projekt zum Erfolg führen können. Alle Vermarktungsaktivitäten<br />

nach Außen sind jedoch nichts ohne die Dienstleistung vor Ort. Deshalb spielte die Entwicklung<br />

eines kontinuierlichen und auf Qualität gerichteten Innenmarketings, ständige Kommunikation<br />

und Schulung, Erweiterung von Öffnungszeiten, Gästeführerausbildung, Ausrichtung des<br />

Romanik-Preises oder Entwicklung buchbarer Angebote, einen zentralen, <strong>im</strong>mer noch verbesse-<br />

72


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

rungsfähigen Baustein der Besucherbindung an die Straße der Romanik. Das gesamte Innenmarketing<br />

zur Straße der Romanik lag von Anfang an und heute verstärkter denn je als zentrale<br />

Aufgabe in den Händen des Landestourismusverbandes. Entscheidend positiv hat das bereits<br />

1992 entwickelte und bis heute einprägsame weinrote Logo alle Maßnahmen an der Straße der<br />

Romanik begleitet und Besucher wie Bewohner, <strong>im</strong> Innen- wie <strong>im</strong> Außenmarketing, den Kern einer<br />

Corporate Identity vermittelt.<br />

Am 7. Mai 1993, dem 1020. Todestag Kaiser Ottos der Großen, aber eigentlich der einzige Tag,<br />

an dem der Bundespräsident <strong>im</strong> Mai noch einen Termin in den neuen Bundesländern frei hatte,<br />

wurde die Straße der Romanik <strong>im</strong> Kloster Unser Lieben Frauen in Anwesenheit des deutschen<br />

Staatsoberhauptes, Dr. Richard von Weizsäcker, eröffnet. Noch fünfzehn Jahre später schärft er<br />

seinem Umfeld ein: „Nicht in Berlin stand die Wiege Deutschlands, sondern in Sachsen-Anhalt“. In<br />

der kurzen, aber intensiven Planungsphase wurde jedoch vieles auf die richtige Schiene gesetzt.<br />

Die Straße der Romanik ist mit ungefähr 1,6 Mio. Besuchern <strong>im</strong> Jahr 2011 <strong>im</strong>mer noch das Zugpferd<br />

des (Kultur-)Tourismus in Sachsen-Anhalts und eine der zehn bekanntesten (von insgesamt<br />

ca. 200) Tourismusstraßen Deutschlands. Tourismus schafft Bekanntheit und Sympathie, aber<br />

auch Umsatz und Arbeitsplätze. Durch die Straße der Romanik wurden in Sachsen Anhalt seit<br />

1993 erfolgreich Kulturschätze in Tourismuswerte umgemünzt. Dafür erhielt die Route <strong>im</strong> Rahmen<br />

des europäischen, ab 2007 als Verein geführten <strong>Netzwerke</strong>s „Transromanica“ vom Europarat<br />

2007 die Anerkennung als Europäische Kulturstraße.<br />

Gartenträume® – Historische Parks in Sachsen-Anhalt<br />

Erst dreizehn Jahre später, <strong>im</strong> Jahr 2006 wurde das kulturtouristische Landesprojekt Gartenträume<br />

auf den Tourismusmarkt mit der Kampagne „Schlösser, Parks und Gärten – Romantisches<br />

Deutschland“ der Deutschen Zentrale für Tourismus eingeführt und als neue Markensäule und<br />

Wirtschaftsfaktor für das Land Sachsen-Anhalt etabliert. Als sich <strong>im</strong> Sommer 1999 die Idee und<br />

die Konzeption eines gartentouristischen <strong>Netzwerke</strong>s in Sachsen-Anhalts entwickelte und <strong>im</strong><br />

Herbst auf der Garten-Tagung der Niedersächsischen Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz<br />

in Oranienbaum erstmals vorgestellt wurde, gab es eher Kopfschütteln zu einer Verknüpfung von<br />

Gärten, krisengeschüttelter Region und Träumen. Man hätte es sich <strong>im</strong> „Traum“ nicht einfallen<br />

lassen, dass das Thema erstens nach knapp fünfjähriger eigentlicher Umsetzungsarbeit wirklich<br />

marktreif sein kann sowie sich zweitens der Gartentourismus in dieser Zeit zu einem europäischen<br />

Wachstumsmarkt entwickeln würde. Das nennt man landläufig Weitsicht.<br />

Auch vor dem Hintergrund der nach zwanzig Jahren <strong>im</strong>mer eigenartiger werdenden wellenartigen<br />

Ost-West-Deutschland-Diskussion kann mit Stolz gesagt werden, dass landesweite Tourismusprojekte<br />

wie Straße der Romanik, Blaues Band oder Gartenträume in dieser Struktur und in dieser<br />

Zeit nur in den neuen Bundesländern entstehen konnten. Denn nur das gemeinsame, zielgerichtete,<br />

fach- und ressortübergreifende, umsetzungsorientierte Arbeiten ließen die Gartenträume reifen.<br />

Nur weil alle Partner, Kultus- und Wirtschaftsministerium, Planungsbüro Hortec und Landesamt<br />

für Denkmalpflege und Archäologie, Landeshe<strong>im</strong>atbund und Gartenträume e. V., Parkeigentümer<br />

und Landschaftsplanungsbüros, Kommunen und Vereine, Landesmarketinggesellschaft und Tourismusorganisationen<br />

sowie alle weiteren Initiatoren, die kulturelle und wirtschaftliche Chance der<br />

73


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Gartenträume erkannt haben, war dies möglich. Und letztendlich sind es natürlich nicht die Institutionen,<br />

sondern vielleicht vier Hände voll engagierter Menschen, die voller Elan und Energie das<br />

Projekt ins Rollen gebracht und <strong>im</strong> Rollen gehalten haben.<br />

Was war nun zuerst da – sind die Gartenträume die Henne oder das Ei? Wie zur Zeit der Entwicklung<br />

der Straße der Romanik die gesellschaftlichen Tendenzen „back to the roots“ wiesen und der<br />

Mittelaltertourismus als Thema in der Luft lag, so war auf jeden Fall der Trend zum „Garten“ als<br />

kultur- und freizeittouristisches Thema europaweit spürbar. Gärten, sie nutzen und anzuschauen,<br />

sie zu bewirtschaften und zu besuchen, durchziehen die gesamte Menschheitsgeschichte,<br />

scheinen aber gerade <strong>im</strong> globalisierten und technisierten Heute ein tieferes Bedürfnis zu sein.<br />

„Lust auf Garten“ titelt schon das Lufthansa-Magazin 2000 und dokumentiert, was nicht nur in<br />

der sprunghaft angewachsenen Zahl von Gartenmagazinen deutlich wird: Freizeitgärtnern ist in<br />

Deutschland ein Wachstumsmarkt. Auch der dort zitierte Hamburger Trendforscher Peter Wippermann<br />

bescheinigt dem Thema Garten eine „große Zukunft“. Neben Gärtnern und Gartenlektüre<br />

erleben Gartenreisen in historische und neue Parks einen Boom. Für die Touristen sind Schauen<br />

und Nachmachen wichtige Gründe für einen solchen Besuch. Befragungen bestätigen die Prognosen<br />

der Experten: Die Gäste wollen in erster Linie Blumen sehen und Pflanzen bestaunen,<br />

spazieren gehen und Ruhe, Erholung und Entspannung empfinden sowie Kaffees, Restaurants<br />

und eventuell Veranstaltungen in Gärten besuchen.<br />

Wenn auch der wachsende Markt des Freizeitgärtnerns nicht direkt mit dem Gartentourismus verglichen<br />

werden darf, sind doch dessen Zahlen beeindruckend: Danach wurden 2001 <strong>im</strong> Bereich<br />

Gartenbedarf (Möbel, Geräte, Dekoration, Erden, Dünger etc.) rund sechs Mrd. und für lebendiges<br />

Grün (ohne Schnittblumen) rund vier Mrd., also insgesamt ca. zehn Mrd. Euro in Deutschland ausgegeben.<br />

Diese Werte decken sich auch mit den positiven Prognosen der Demoskopen, die den<br />

Deutschen 2002 eine ungebrochene Leidenschaft für Gärten attestieren: 58 % der Bevölkerung<br />

besitzen einen Garten, weitere 7,4 Mio. hegen einen bisher unerfüllten Gartenwunsch. Neben<br />

den traditionellen Gartenreisen nach England und Frankreich, in den vergangenen Jahren auch<br />

nach Holland und Belgien entstehen in Deutschland nunmehr in zunehmendem Maße Gartenrouten.<br />

Quer zum virtuellen Zeitgeist wächst also die Neigung zu Gärten – anschauen, genießen,<br />

gärtnern, kreativ sein. Dabei führt wie be<strong>im</strong> Mittelaltertourismus die ältere Generation deutlich<br />

die Zielgruppe an – dies aber konstant. Und das bedeutet, dass die Gartenbegeisterung wie der<br />

Kulturkonsum mit dem Alter zun<strong>im</strong>mt und damit das Gartenthema die einzige, in den nächsten<br />

zwanzig Jahren rasant wachsende Altersgruppe bedient.<br />

Parallel zu diesen allgemeinen Trends gab es in Sachsen-Anhalt die Initialzündung der Gartenträume,<br />

die Sehnsüchte und Bedürfnisse des post-postmodernen Menschen zumindest teilweise<br />

befriedigen möchten. Aus diesem Bewusstsein heraus wurde ab 2000 auf Initiative des Wirtschaftsministeriums<br />

das Landesprojekt „Gartenträume“ als einmaliges Bindeglied zwischen dem<br />

Kultur- sowie Naturerbe Sachsen-Anhalts entwickelt. Ausgehend von der Beschäftigung einerseits<br />

mit dem Gartenreich Dessau-Wörlitz und andererseits mit der Bundesgartenschau Magdeburg<br />

1999 sind die Gartenträume wie das Blaue Band und die Straße der Romanik nicht aus einem<br />

willkürlichen Akt oder allein von der Nachfrageseite her entstanden, sondern aus der endogenen<br />

und gewachsenen, einmaligen und authentischen Gartenkulturlandschaft, die sich über das ganze<br />

Bundesland zieht.<br />

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kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Ungefähr 1000 denkmalgeschützte Garten- und Parkanlagen finden sich in Sachsen-Anhalt. Neben<br />

den bekannten Parks, insbesondere den Anlagen des <strong>im</strong> Jahr 2000 anerkannten UNESCO-<br />

Weltkulturerbes „Gartenreich Dessau-Wörlitz“, stellen auch die vielen, noch weniger bekannten<br />

historischen Gärten ein wichtiges historisches Erbe dar, das es zu schützen und zu pflegen, wissenschaftlich<br />

zu erforschen und zu verbreiten gilt. Aus der schier unüberschaubaren Zahl der<br />

historischen Parks in Sachsen-Anhalt wurden gemeinsam von Wirtschaftsministerium, Landesamt<br />

für Denkmalpflege und Kultusministerium 40 Parkanlagen ausgewählt. Nach einer Evaluierung<br />

der Gartenträume hat sich die Zahl <strong>im</strong> Jahr 2010 auf 43 Parkanlagen erhöht. Aufgrund von Erfahrungen<br />

ergibt sich eine solche Prioritätensetzung notwendigerweise aus der Beschränkung der<br />

finanziellen Ressourcen zur Sanierung der Parkanlagen und aus einer klaren überschaubaren<br />

Produktdefinition <strong>im</strong> Tourismusmarketing. Gerade die Ausweitung auf einen Park des 21. Jahrhunderts,<br />

die Landschaftskunst Goitzsche in Pouch bei Bitterfeld, demonstriert die Vorwärts- und nicht<br />

Rückwärtsgewandtheit des Gesamtprojektes.<br />

Zur Analyse, Koordinierung, Förderung und Sanierung der einzelnen Gärten und <strong>im</strong> Zusammenhang<br />

mit dem Gesamtprojekt bediente sich das Land von 2001 bis 2008 des Projektmanagements<br />

durch das Planungsbüro Hortec Gartendenkmalpflege in Wörlitz und Berlin, das durch seine<br />

Umsetzungsorientierung die Gartenträume in dieser kurzen Zeit zum deutschlandweiten Modell<br />

gemacht hat. Denkmalpflegerahmenpläne, ehrenamtliches Engagement, Sanierungen, Beschilderungssysteme,<br />

Finanzierungslösungen, Umfeldplanungen, Lobbyarbeit sind nur einige leicht<br />

hingesagte Stichworte, die in harter Arbeit in kurzer Zeit mit prallem Leben gefüllt wurden. Um die<br />

Verknüpfung von Denkmaleigentum und -nutzung, -sanierung und -pflege vom Kopf auf die Füße<br />

zu stellen, haben sich die Parkeigentümer und -träger auf Anregung der Landesregierung 2003<br />

zum Verein Gartenträume e. V. zusammengeschlossen. Hier werden alle relevanten Themen landesweit<br />

ausgetauscht, diskutiert und umgesetzt; und natürlich auch vermarktbare Produktbausteine<br />

und Veranstaltungen mit der Hotellerie und der Gastronomie, den touristischen Regional- und<br />

Fachverbänden gemeinsam entwickelt (Innenmarketing) und dann über das Landesmarketing und<br />

die Deutsche Zentrale für Tourismus auf den Reisemarkt gebracht.<br />

Das bereits 2001 entwickelte, einprägsame grüne Logo der Gartenträume weist den Gästen den<br />

Weg <strong>im</strong> Land und <strong>im</strong> Marketing. Denn neben dem kulturgeschichtlichen Erbe sind die vielen Garten-<br />

und Parkanlagen ein wichtiges und wertvolles touristisches Potenzial für das Land. Es ging<br />

mit der Sanierung und der Vermarktung der einmaligen Parks auch um die Zukunft Sachsen-<br />

Anhalts. Zum ersten Mal wurde in Deutschland ein auf Alleinstellungsmerkmalen beruhendes,<br />

landesweites touristisches Netzwerk historischer Gärten und Parks unter dem Dach und dem<br />

Titel der Gartenträume geschaffen – das kann man anderenorts Sachsen-Anhalt nun nur noch<br />

nachmachen. Ein bundesweiter Austausch der gartentouristischen Landes- und Regionalprojekte<br />

findet seit 2007 <strong>im</strong> Gartennetz Deutschland – Bundesverband regionaler Garteninitiativen statt,<br />

in dem die Gartenträume außerdem eine wichtige und neuartige Transferrolle von Ost nach West<br />

übernehmen.<br />

Durch frühzeitige Einbeziehung aller Beteiligten konnten mögliche Konflikte mit dem Naturschutz,<br />

dem Forst, der Bauleitplanung, den Nutzern etc. min<strong>im</strong>iert oder ausgeräumt werden. Die Denkmalpflege<br />

stellt dabei einen Garanten für die Qualität der historischen Garten- und Parkanlagen<br />

und damit auch der touristischen Vermarktbarkeit dar. Aber gerade die Einbindung der histori-<br />

75


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

schen Gartenanlagen in die spezifische Siedlungs- und damit Landesgeschichte bildet einen wesentlichen<br />

Aspekt des Erhaltungspostulats. Die heutigen Gärten kennen <strong>im</strong> Gegensatz zu ihrer<br />

historischen Planungsgestalt keine Grenzen; ihre Einordnung in Städtebau und Dorfgestalt und<br />

dadurch in Städtebausanierungs- und Dorferhaltungsprogramme verdeutlicht ihren Ensemblecharakter.<br />

Eine „Biotopisierung“ des Einzelparks steht nicht <strong>im</strong> Interesse des Gesamtprojektes. Ein<br />

korrekt sanierter, national bedeutsamer historischer Garten in einem beliebigen siedlungsräumlichen<br />

Umfeld min<strong>im</strong>iert das Gästeinteresse gegen Null; hier sitzen Denkmalpflege und Tourismus<br />

mehr denn je in einem „Boot“.<br />

Dazu zählen auch die naturräumlichen und landwirtschaftlich genutzten Bereiche des Parkumfeldes.<br />

Ob Auenlandschaften und Flussräume, Solitärbäume und Sichtachsen, Schafsweiden und<br />

Kulturpflanzungen, die „Umwelt“ der historischen Gärten trägt entscheidend zu ihrer historischen,<br />

naturräumlichen wie touristischen Bedeutung bei. Am Musterbeispiel der historischen Gärten<br />

<strong>im</strong> Gartenreich Dessau-Wörlitz entlang der Elbe kann diese Einheit von vegetabilen Natur- und<br />

Kulturformen unter dem Dach der Kulturlandschaft am besten nachvollzogen werden. Aber auch<br />

sonst dürfen bei der Betrachtung der historischen Gärten der gesetzliche Schutz in <strong>Raum</strong>ordnung,<br />

Naturschutz und Denkmalschutz nicht als Gegensätze betrachtet werden. Das Projekt Gartenträume<br />

kann eine konstruktive Gesprächsplattform für Naturschützer und Denkmalpfleger bieten und<br />

<strong>im</strong> Ergebnis vielleicht ein Modell für Deutschland sein.<br />

Wirtschaftliche Wertschöpfung, die Schaffung von Arbeit, das Einbringen von Investitionen und<br />

der touristische Umsatz sind neben der kulturellen Bedeutung ein wichtiger Effekt bei der Betrachtung<br />

des Landesprojektes Gartenträume. Diese Einheit von Wirtschaft und Kultur hat Fürst<br />

Franz von Anhalt-Dessau, der Begründer der Kulturlandschaft Gartenreich Dessau-Wörlitz schon<br />

<strong>im</strong> 18. Jahrhundert verstanden und sie selbst auf dem Sterbebett nochmals formuliert: „Man muß<br />

für Arbeit sorgen, darauf kommt alles an!“. Die Trends in Großbritannien und Frankreich haben es<br />

gezeigt, dass das Thema Garten sowohl als Freizeitbeschäftigung als auch in der Tourismusnachfrage<br />

„en vogue“ ist. Mit Besucherzahlen <strong>im</strong> Bereich von 15 Mio. jährlich verzeichnen beide Länder<br />

eine hohe Nachfrage <strong>im</strong> Gartentourismus.<br />

Das Interesse der typischen Gartenbesucher hat aber den Schwerpunkt auf dem generellen Bedürfnis<br />

nach Ruhe, Idylle, Ästhetik und Natur. Die Mehrheit der Besucher will einfach einen erholsamen<br />

Tag in attraktiver (!) Umgebung. Sie sind keine Gartenspezialisten, sind oftmals in Zusammenhang<br />

mit einem eigenen Garten am Thema Gärtnern interessiert, spüren jedoch unterbewusst<br />

die hohe ästhetische Qualität und Authentizität sowie das Distanz schaffende Anderssein der historischen<br />

Gartenanlagen. So bringt auch Franz Sattlecker, Geschäftsführer des Schlosses Schönbrunn<br />

in Wien, die Chancen der Gartenträume auf den Punkt: „Den Konsumenten geht es nicht<br />

darum, ihre Bedürfnisse abzudecken, sondern um Wünsche und Träume“. Gärten üben deshalb<br />

in dieser globalisierten und hektischen Welt vor allem für die Naherholung und den Kurzzeittourismus<br />

eine hohe Anziehungskraft aus, wobei wie Frankreich und England auch Sachsen-Anhalt die<br />

Chance erkannt hat, Gäste über Gärten vom Land zu begeistern. Dies zeigt sich traditionell bereits<br />

<strong>im</strong> Gartenreich Dessau-Wörlitz, das einerseits einen hohen Stammkundenanteil aus dem Nahbereich<br />

aufweist und andererseits natur-, kultur- und erlebnisorientierte Gäste überregional akquiriert.<br />

Die Gartenträume führen denn auch Besucher mit steigendem Erfolg, <strong>im</strong>merhin ca. 2,5 Mio.<br />

Gäste <strong>im</strong> Jahr 2011, zum Bilden, Träumen, Spazieren und Entspannen nach Sachsen-Anhalt.<br />

76


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Fazit und Plädoyer<br />

Sachsen-Anhalt hat <strong>im</strong> Tourismus etwas erreicht. Von einem wechselnden Marketing des Diffusen<br />

hin zu einem kontinuierlichen Marketing durch Profilbildung in einer engen Durchdringung von<br />

Themen und Regionen sind die Gästezahlen bei den Ankünften von 1993 bis 2011 von 1,2 auf<br />

2,9 Mio. und bei den Übernachtungen von 2,6 auf 7,1 Mio. gewachsen. Und wenn die Besucher<br />

zu uns kommen, sollten wir als Gastgeber stolz sein auf die eigene Kulturlandschaft und auf das<br />

in zwanzig Jahren aus sich selbst heraus und selbst Geschaffene. Und in dem eigenen Stolz entsteht<br />

dann das Selbstbewusstsein, Gäste an den Schätzen des Landes Sachsen-Anhalt teilhaben<br />

zu lassen.<br />

Vor einer deutschland- und europaweiten Vermarktung eines touristischen Landesproduktes<br />

stand und steht aber <strong>im</strong>mer der kontinuierliche und steinige Weg der inhaltlichen, infrastrukturellen<br />

und marketingmäßigen Produktentwicklung, wo Sachsen-Anhalt mit der Straße der Romanik<br />

ab 1993 und den Gartenträumen ab 2006 Zeichen zu setzen versucht hat. „Nicht die Gärten oder<br />

Schlösser stehen <strong>im</strong> Mittelpunkt, sondern der Besucher, der Kunde!“, formuliert 2004 selbst Hartmut<br />

Dorgerloh als Leitbild für die ihm unterstehende Stiftung Preußische Gärten und Schlösser.<br />

Und wenn es ein Mann der Kultur ausspricht, sollte dies – so müsste man meinen – schon längst<br />

für alle Leistungsträger in der Tourismuswirtschaft zutreffen. Ob sich die Anstrengungen in die<br />

Markensäulen, Investitionen und Marketing, für Sachsen-Anhalt kulturell und wirtschaftlich lohnen,<br />

liegt aber nun vor allem in der Hand jedes einzelnen Gastgebers vor Ort. Der Kunde ist König –<br />

und muss es auch bleiben, wenn Tourismus Erfolg haben will.<br />

Eigentlich ist dieses Ziel einfach zu erreichen – nur ein bisschen Dienstleistungsbereitschaft und<br />

Gastgeberbewusstsein sind erforderlich. Aber den durch Medien, Technik, Convenience oder Bürokratie<br />

dem realen Menschen manchmal entwöhnten Gastgebern fällt der Service am Menschen<br />

doch mitunter schwer. Was statistisch keiner glaubt, aber jeder weiß, dort fällt die eigentliche Reiseentscheidung.<br />

Denn 70 % der deutschen Bevölkerung fährt dahin in Urlaub, wo sie schon waren<br />

und äußerst zufrieden waren bzw. ihre Bekannten waren und ebendiesen Eindruck mitbrachten.<br />

Die Reiseentscheidung fällt trotz noch so viel Marketings, Broschüren, Messen, Internet etc., be<strong>im</strong><br />

Gastgeber vor Ort. Und hier muss die Qualität st<strong>im</strong>men, und hier müssen wir alle noch an uns<br />

arbeiten. Der ehemalige Trainer der Fußballmeister Bayern und Wolfsburg und Sachsen-Anhalter<br />

Neubürger Felix Magath hat uns die einfache Handlungsstrategie dafür geliefert: „Qualität kommt<br />

von Quälen!“. Und der hohe Qualitätsanspruch gilt auch weiter für das schon in Sachsen-Anhalt<br />

Erreichte, die Straße der Romanik als Freilichtmuseum des Mittelalters, das Blaue Band als Wasser<br />

geprägte Kulturlandschaft und die Gartenträume als Garten Eden für das 21. Jahrhundert.<br />

Literatur<br />

ANTZ, Cristian (1996): Die Straße der Romanik durch Sachsen-Anhalt. Entdeckungsreise in das<br />

deutsche Mittelalter mit postmodernem Tourismuskonzept. In: Standort. Zeitschrift für angewandte<br />

Geographie 20.4, S. 11–15, Trier.<br />

ANTZ, Cristian (1999): Die Zukunft der Geschichte. Chancen des Kulturtourismus in Sachsen-<br />

Anhalt. In: Mitteldeutsches Jahrbuch für Kultur und Geschichte 6, S. 147–157, Bonn.<br />

77


kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

ANTZ, Cristian (2002): Gartenträume. Mit historischen Parks zu einer Kultur-, Tourismus- und Imagestrategie<br />

in Sachsen-Anhalt. In: HLAVAC, Christian (Hrsg.): Zurück in’s Paradies. Neue Wege<br />

<strong>im</strong> Gartentourismus, S. 55–86, München/Wien.<br />

ANTZ, Cristian (2003): Otto der Große als Baustein für Tourismus und Image Sachsen-Anhalts.<br />

Die Europaratsausstellung „Otto der Große, Magdeburg und Europa“ und das Landesprojekt „Auf<br />

den Spuren Ottos des Großen“ 2001. In: SCHMUDE, Jürgen (Hrsg.): Tegernseer Tourismus Tage<br />

2002 – Proceedings, Beiträge zur Wirtschaftsgeographie Regensburg 6, S. 149–157, Regensburg.<br />

ANTZ, Cristian (2004): Gartenträume. Ein Landesprojekt für Kultur und Natur, Tourismus und<br />

Image in Sachsen-Anhalt. In: BRICKWEDDE, Fritz/WEINMANN, Arno (Hrsg.): Nachhaltiger<br />

Schutz des kulturellen Erbes – Umwelt und Kulturgüter, Initiativen zum Umweltschutz 59,<br />

S. 173–189, Berlin.<br />

ANTZ, Cristian (2006): Gartenträume auf dem Weg. Kulturträume wandeln sich in Sachsen-Anhalt<br />

zu Gartentourismusräumen. In: ANTZ, Christian/HLAVAC, Christian (Hrsg.): Vorwärts in`s<br />

Paradies. Gartentourismus in Europa, Schriftenreihe Integrativer Tourismus und Entwicklung 7,<br />

S. 91–126, München/Wien.<br />

ANTZ, Cristian (2008): Kulturtourismus. Empfehlungen für einen langfristigen Erfolg. In: SCHEY-<br />

TT, Oliver/LOOK, Friedrich (Hrsg.): Kulturmanagement und Kulturpolitik, Lieferung 8. D 1.6 Strategie<br />

und Steuerung, S. 1–18, Berlin.<br />

ANTZ, Cristian/DREYER, Axel (2002): Handbuch Straße der Romanik in Sachsen-Anhalt, Tourismus-Studien<br />

Sachsen-Anhalt 12, Magdeburg/Wernigerode.<br />

ANTZ, Cristian/DREYER, Axel (2005): Handbuch Tourismus in Sachsen-Anhalt, Tourismus-Studien<br />

Sachsen-Anhalt 1, 2. Auflage, Magdeburg/Wernigerode.<br />

ANTZ, Cristian/EISENSTEIN, Bernd/EILZER, Christian (2011): Slow Tourism. Reisen zwischen<br />

Langsamkeit und Sinnlichkeit, Schriftenreihe des Instituts für Management und Tourismus 6, München.<br />

ANTZ, Cristian/HASSE, Claus-Peter/PUHLE, Matthias (Ltg.) (2002): Otto der Große, Magdeburg<br />

und Europa – Auf den Spuren Ottos des Großen. Die 27. Ausstellung des Europarates und Landesausstellung<br />

Sachsen-Anhalts <strong>im</strong> Kulturhistorischen Museum Magdeburg und die Tourismusprojekte<br />

des Landes Sachsen-Anhalt <strong>im</strong> Jahr 2001, Tourismus-Studien Sachsen-Anhalt 9, Magdeburg.<br />

ANTZ, Cristian/JURANEK, C. (Ltg., Rd., El.) (2005): Schlösser, Museen, Tourismus. Chancen<br />

einer Partnerschaft, Tourismus-Studien Sachsen-Anhalt 20, Wernigerode.<br />

ANTZ, Cristian/THÄGER, Frank/FEIGE, Mathias (Ltg.) (2006): Kulturerbe und Kulturtourismusentwicklung.<br />

Chancen für das wachsende Europa, Tourismus-Studien Sachsen-Anhalt 21, Magdeburg.<br />

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kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

ANTZ, Cristian/u.a. (2001): Gartenträume. Historische Parks in Sachsen-Anhalt. Denkmalpflegerisches<br />

und touristisches Gesamtkonzept sowie infrastrukturelle Rahmenplanung, Tourismus-<br />

Studien Sachsen-Anhalt 2, Magdeburg/Rehsen.<br />

DEUTSCHER TOURISMUSVERBAND E. V. (Hrsg.) (2006): Städte- und Kulturtourismus in<br />

Deutschland, Grundlagenforschung, Langfassung, veröffentlicht <strong>im</strong> Internet, URL: http://www.<br />

deutschertourismusverband.de/content/files/staedtestudie_langfassung.pdf (Stand: November<br />

2006; Abfrage: 18.03.2011).<br />

DREYER, Axel (Hrsg.) (2000): Kulturtourismus, 2. Auflage, München/Wien.<br />

GÜNTER, Bernd/HAUSMANN, Andrea (2009): Kulturmarketing, Wiesbaden.<br />

HEINZE, Thomas (2005): Kultursponsoring, Museumsmarketing, Kulturtourismus. Ein Leitfaden<br />

für Kulturmanager, 2. Auflage, Wiesbaden.<br />

ROTH, Peter (1998): Marketing <strong>im</strong> Kulturtourismus – Kulturtourismus Management, Hagen.<br />

STEINECKE, Albrecht (2007): Kulturtourismus. Marktstrukturen, Fallstudien, Perspektiven. München/Wien.<br />

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kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Autorenverzeichnis<br />

Prof. Dr. Christian Antz<br />

ist seit 1998 Referatsleiter <strong>im</strong> Ministerium für Wirtschaft Sachsen-Anhalt<br />

und seit 2011 Honorarprofessor am Studiengang „Tourism Management“<br />

des Instituts für Management und Tourismus an der Fachhochschule Westküste<br />

in Heide. Er studierte Kunstgeschichte, Germanistik, Philosophie und<br />

Politologie in Trier, Hamburg und München. Zwischen 1992 und 2006 baute<br />

er die touristischen Landesprojekte und Markensäulen „Straße der Romanik<br />

® – Reise ins Mittelalter“, „Blaues Band ® – Wassertourismus in Sachsen-Anhalt“ und „Gartenträume<br />

® – Historische Parks in Sachsen-Anhalt“ auf.<br />

E-Mail: antz@mw.sachsen-anhalt.de<br />

Telefon: +49 (0)391 567-43 33<br />

Internet: www.sachsen-anhalt.de<br />

Gerlinde Bendzuck<br />

ist Geschäftsführerin des Instituts für Kultur-Markt-Forschung. Sie studierte<br />

zunächst Orchestermusik und Musikerziehung an der Hochschule für Musik<br />

in Karlsruhe und später Kulturmanagement an der Hochschule für Musik<br />

Hanns Eisler in Berlin. Im Jahr 1997 gründete sie das Institut für Kultur-<br />

Markt-Forschung mit Sitz in Berlin, das als eine der wenigen Agenturen in<br />

Deutschland auf Kulturmarktforschung und die Beratung von Kulturinstitutionen<br />

und deren Trägern spezialisiert ist. Im Auftrag des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung<br />

und Kultur des Landes Brandenburg hat das IKMF mehrere Untersuchungen zum Kulturtourismus<br />

bei Besuchern und Veranstaltern von Kulturveranstaltungen <strong>im</strong> Land Brandenburg durchgeführt.<br />

E-Mail: g.bendzuck@kulturmarktforschung.com<br />

Telefon: +49 (0)30 447 97 67<br />

Internet: www.kulturmarktforschung.com<br />

Matthias Burzinski<br />

ist Geschäftsführer von destinet.de und Leiter Beratung Städte- und Kulturtourismus<br />

der projekt2508 Gruppe. Er studierte Geographie und Germanistik<br />

in Bochum und ist seit 1995 als Unternehmensberater, freier Projektmanager<br />

und Journalist <strong>im</strong> Destinations- und Attraktionsmanagement tätig.<br />

Seit 2006 ist er Herausgeber, Geschäftsführer und leitender Redakteur des<br />

Branchendienstes für Destinations- und Attraktionsmanagement destinet.de<br />

und seit 2009 Leiter der Beratung Städte- und Kulturtourismus bei projekt2508 – Kultur- und Tourismusmarketing<br />

GmbH.<br />

E-Mail: burzinski@projekt2508.de<br />

Telefon: +49 (0)228 184 967-61<br />

Internet: www.destinet.de, www.projekt2508.de<br />

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kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Lara Buschmann<br />

ist selbstständige Kultur- und Tourismusmanagerin und Leiterin von KLOS-<br />

TERLAND | Deutsch-Polnisches Klosternetzwerk. Sie studierte an der Europa-Universität<br />

Viadrina in Frankfurt (Oder) Kulturwissenschaften und Kulturmanagement<br />

und Kulturtourismus. An der Professur für Mittelalterliche<br />

Geschichte Mitteleuropas und regionale Kulturgeschichte der Europa-Universität<br />

Viadrina arbeitete sie von 2007 bis 2012 als Projektkoordinatorin,<br />

wissenschaftliche Mitarbeiterin und Dozentin zu den Themenschwerpunkten regionale Identität,<br />

Kulturtourismus und Regionalentwicklung. Seit 2010 arbeitet sie für verschiedene Auftraggeber<br />

in den Bereichen Kultur, Tourismus und Regionalentwicklung und koordiniert und leitet u. a. das<br />

Deutsch-Polnische Klosternetzwerk.<br />

E-Mail: buschmann@klosterland.de, post@larabuschmann.de<br />

Telefon: +49 (0)151 209 040 74<br />

Internet: www.klosterland.de<br />

Dr. Karin Drda-Kühn<br />

ist Geschäftsführerin von Kultur und Arbeit e. V. und Geschäftsführerin<br />

und Inhaberin der media k GmbH. Sie studierte Germanistik, Anglistik und<br />

Kunstgeschichte in Darmstadt, Wien und Frankfurt/Main. Von 1991 bis<br />

1999 leitete sie die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und war stellvertretende<br />

Leiterin des Ministerbüros <strong>im</strong> Hessischen Kultusministerium. Seit 2000<br />

ist sie Geschäftsführerin und Inhaberin der media k GmbH, deren Schwerpunkt<br />

Dienstleistungen <strong>im</strong> europäischen Wissens- und Technologietransfer der Kultur- und Kreativwirtschaft<br />

sind. 2007 wurde sie Geschäftsführerin des Kultur und Arbeit e. V., dessen Aufgabe<br />

die Qualifizierung Kulturschaffender für den Arbeitsmarkt ist. Ihr gegenwärtiger Arbeitsschwerpunkt<br />

liegt in der Regionalentwicklung durch Kultur- und Kreativwirtschaft und <strong>im</strong> Kulturtourismus<br />

für den <strong>ländlichen</strong> <strong>Raum</strong>. Dr. Drda-Kühn wurde 2010 von der Europäischen Kommission zur „Europäischen<br />

Botschafterin für weibliches Unternehmertum“ ernannt und 2012 in das Expertengremium<br />

„Mobilität und Mobile Dienstleistungen“ der Generaldirektion Unternehmen und Industrie<br />

berufen. Sie unterrichtet an der Technischen Universität Wien.<br />

E-Mail: info@kultur-und-arbeit.de<br />

Telefon: +49 (0)7931 563 63 74<br />

Internet: www.kultur-und-arbeit.de, www.vertikult.de<br />

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kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />

Brigitte Faber-Schmidt<br />

ist seit 2002 Geschäftsführerin und Vorstandsvorsitzende von Kulturland<br />

Brandenburg e. V., das die Durchführung der gleichnamigen Dachkampagne<br />

<strong>im</strong> Land Brandenburg zur Aufgabe hat. Nach dem Studium arbeitete<br />

sie in Nordrhein-Westfalen und Berlin und übernahm 1993 die stellvertretende<br />

Projektleitung des „Informations-, Beratungs- und Fortbildungsdienstes<br />

für Kulturverwaltungen in den neuen Bundesländern“ (IBFK) der Bundesvereinigung<br />

der kommunalen Spitzenverbände, eines vom Bundesministerium für Bildung und<br />

Wissenschaft geförderten Projekts in Trägerschaft der Stiftung für kulturelle Weiterbildung und<br />

Kulturberatung in Berlin. Ab 1995 war sie als Abteilungsleiterin <strong>im</strong> Kulturamt der Landeshauptstadt<br />

Potsdam tätig. Ab 2000 übernahm sie zusätzlich die kommissarische Leitung des Kulturamtes.<br />

E-Mail: b.faber@kulturland-brandenburg.de<br />

Telefon: +49 (0)331 581 610<br />

Internet: www.kulturland-brandenburg.de<br />

Lina Lisa Kolbitz<br />

arbeitet <strong>im</strong> Alumni-Management an der Europa-Universität Viadrina in<br />

Frankfurt (Oder) und ist seit 2006 selbstständig tätig. Seit 2010 ist sie mit<br />

Lara Buschmann Leiterin von KLOSTERLAND | Deutsch-Polnisches Klosternetzwerk.<br />

Nach dem Masterstudiengang Kulturwissenschaften an der<br />

Viadrina spezialisierte sie sich berufsbegleitend <strong>im</strong> Master Kulturmanagement<br />

und Kulturtourismus. In ihrer freien Tätigkeit als Kulturmanagerin arbeitete<br />

sie u. a. an der Viadrina an der Professur für Mittelalterliche Geschichte, für die Stiftung<br />

Preußische Schlösser und Gärten und in Berliner Kulturprojekten. Neben Kulturveranstaltungen<br />

führte sie Seminare und Workshops zu verschiedenen Themen durch.<br />

E-Mail: kolbitz@klosterland.de, linalisakolbitz@yahoo.de<br />

Telefon: +49 (0)151 209 040 74<br />

Internet: www.klosterland.de<br />

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