13.05.2014 Aufrufe

Contra emag Nr. 10/14

Magazin Nummer 10 mit starken 53 Seiten Umfang. Titelthema: Gemeinsam stark: Russland & China. In unseren Artikeln zeigen wir exemplarisch auf, mit welchen Anstrengungen insbesondere diese beiden Länder in der Weltwirtschaft Zeichen setzen. Weiters finden Sie in dieser Ausgabe sämtliche beantworteten Fragenkataloge der österreichischen Spitzenkandidaten zur Europawahl. Ebenso kompakt zur Nachlese im eMagazin: die jüngsten Ereignisse im Ukrainekonflikt, sowie viele weitere interessante Themen.

Magazin Nummer 10 mit starken 53 Seiten Umfang. Titelthema: Gemeinsam stark: Russland & China. In unseren Artikeln zeigen wir exemplarisch auf, mit welchen Anstrengungen insbesondere diese beiden Länder in der Weltwirtschaft Zeichen setzen. Weiters finden Sie in dieser Ausgabe sämtliche beantworteten Fragenkataloge der österreichischen Spitzenkandidaten zur Europawahl. Ebenso kompakt zur Nachlese im eMagazin: die jüngsten Ereignisse im Ukrainekonflikt, sowie viele weitere interessante Themen.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

3 – Editorial<br />

3 – Impressum<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Titelthema<br />

4 – Do svidanja Amerika - Zàijiàn meiguó<br />

5 – Keine Utopie: China – USA per Zug<br />

6 – Analyse: BRICS gegen CIA<br />

7 – Gagarin lässt grüßen: Russland will<br />

eine Mondstation<br />

8 – Nicaraguakanal: Chinas und Russlands<br />

Konkurrenz zum US-kontrollierten Panamakanal<br />

38 – Mariupol: Ukrainische Nationalgarde<br />

tötet über 20 Menschen<br />

39 – Timoschenkos dritte Revolution<br />

40 – Osteuropa: Die NATO rückt vor<br />

41 – Gleiwitz 2.0 – Ukrainische False-Flag-Pläne<br />

42 – Neue ukrainische Demokratie: Kommunisten<br />

aus dem Parlament entfernt<br />

Politik<br />

43 – Blackwater: Die Söldnertruppe fürs<br />

Grobe<br />

45 – USA: Verfassung auf dem Prüfstand<br />

Europawahl-Spezial:<br />

15 Fragen – 15 Antworten<br />

9 – Othmar Karas (ÖVP)<br />

13 – Eugen Freund (SPÖ)<br />

18 – Ulrike Lunacek (Grüne)<br />

25 – Robert Marschall (EU-STOP)<br />

29 – Angelika Werthmann (BZÖ)<br />

Thema: Ukraine & Russland<br />

34 – Lugansk und Donetsk: Referendum<br />

mit Symbolwert<br />

35 – Eklat zwischen Russland und Rumänien<br />

36 – Ukraine: Will die Nationalgarde<br />

Städte in Schutt und Asche legen?<br />

37 – Ukraine-Wahlen: Merkel und Hollande<br />

drohen Russland mit weiteren Sanktionen<br />

2<br />

Wirtschaft & Finanzen<br />

46 – OECD verlangt von EZB Zinssenkung<br />

47 – Portugal: Auf Nimmerwiedersehen<br />

Troika!<br />

49 – Preisniveau: Teures Pflaster Österreich<br />

– Deutschland nur etwas billiger<br />

Weitere Themen<br />

50 – Brasilien: Brutale Säuberungen für<br />

die Fußball-Weltmeisterschaft?<br />

51 – Bilderberg-Dokumente bei Wiki-<br />

Leaks veröffentlicht<br />

52 – Procter & Gamble: Ariel und der<br />

Shitstorm<br />

53 – Kindesmissbrauch: Vatikan feuerte<br />

seit 2003 ganze 848 Priester


Editorial<br />

Das amerikanische Jahrhundert neigt sich unweigerlich dem Ende<br />

zu. Dominierten die Vereinigten Staaten von Amerika seit 1945<br />

schon den politischen Westen und nach dem Zusammenbruch der<br />

Sowjetunion immer mehr Länder aus dem früheren sowjetischen Einflussbereich,<br />

so zeigt sich zunehmend eine politische, wirtschaftliche, aber auch<br />

finanzielle Emanzipation vieler Staaten.<br />

Zwar klammern sich die meisten europäischen Staaten noch an die militärische Supermacht<br />

USA, welche im Hinblick auf die ökonomische und finanzielle Lage beinahe nur<br />

noch eine vergoldete Fassade darstellt die von einem morschen Gebälk getragen wird –<br />

doch wie lange kann sich Europa das noch leisten?<br />

Insbesondere Russland und China – aber auch viele weitere Staaten – arbeiten daran,<br />

sich von der Dominanz des US-Dollars und der US-Konzernkonglomerate zu lösen. Symbolträchtige<br />

Projekte im internationalen Rahmen sind Ausdruck dieser Emanzipation.<br />

Die Welt wird in 30 bis 50 Jahren ein deutlich anderes geopolitisches Gesicht haben<br />

als heute. Doch die Vereinigten Staaten werden dann eine deutlich geringere Rolle im<br />

Weltgeschehen spielen – auch wenn man es in Washington derzeit noch nicht zugeben<br />

möchte.<br />

Ein anderes Gesicht – in Form einer leserfreundlicheren Schriftart – hat das <strong>Contra</strong>-<br />

Magazin jedoch schon in dieser Ausgabe erhalten. Wir hoffen, dass Sie damit deutlich<br />

mehr Lesevergnügen haben.<br />

Übrigens freuen wir uns auch gerne über Leserbriefe, die Sie uns gerne per E-Mail an<br />

m.maier@contra-magazin.com senden können.<br />

Ihr, Marco Maier<br />

Info: Titelbild/Hintergrund: Flickr / DvYang CC-BY-SA 2.0<br />

3


Do svidanja Amerika -<br />

Zàijiàn meiguó<br />

Die momentane<br />

US-Dominanz<br />

macht es zwar<br />

nicht einfach, dennoch<br />

verzeichnen immer mehr<br />

Länder mit Hilfe Russlands<br />

und Chinas Fortschritte<br />

bei der Beendigung<br />

der Abhängigkeit<br />

vom US-Dollar und den<br />

Staaten der westlichen<br />

Politsphäre.<br />

Von Marco Maier<br />

Russischer Pavillon Expo 20<strong>10</strong> in Shanghai<br />

Seien es bilaterale Wirtschaftsabkommen<br />

auf Basis der jeweiligen Landeswährungen,<br />

Erleichterungen von Investitionen, die Finanzierung<br />

von Infrastrukturprojekten, oder<br />

einfach nur die Entwicklungszusammenarbeit.<br />

An Ideen und Möglichkeiten zur Zusammenarbeit<br />

mangelt es nicht.<br />

Insbesondere im Rahmen der BRICS-<br />

Treffen und der „Shanghaier Organisation<br />

für Zusammenarbeit“ (SOZ) ergeben sich<br />

immer wieder neue Felder die gemeinsam<br />

beackert werden können. Auf die Dollars der<br />

Amerikaner ist man hierbei jedoch immer<br />

seltener angewiesen, da die einzelnen Länder<br />

den Handel untereinander zunehmend<br />

in den eigenen Währungen betreiben wollen.<br />

Dies ist auch gut so.<br />

Immerhin wissen die Staatsmänner, dass<br />

sie durch die Dollardominanz auf Gedeih<br />

und Verderb den Launen von Fed und internationalen<br />

Finanzmärkten ausgesetzt sind,<br />

ohne diesen gewaltigen Kapitalströmen<br />

wirklich etwas entgegen setzen zu können.<br />

Im kleineren Kreis hingegen, vor allem mit<br />

den eigenen Währungen im Gepäck, kann<br />

zumindest ein Teil der Kontrolle gewahrt<br />

werden.<br />

4<br />

Der Kreis der Interessenten wächst zudem<br />

ständig, gibt es doch kaum mehr einen<br />

Staat, der nicht von den Amerikanern übervorteilt<br />

worden wäre. Und das Spiel „globale<br />

Märkte für US-Konzerne, die ihre Gewinne<br />

aus aller Herren Länder abschöpfen und an<br />

die reichsten 0,x Prozent der Weltbevölkerung<br />

verteilen, während die Schwellenländer<br />

die billigen Werkbänke darstellen sollen“<br />

spielt sich einfach nicht mehr.<br />

Die Zukunft der Welt ist polyzentral. Egal<br />

ob es sich um China, Russland, Indien, Brasilien,<br />

Nigeria, Südafrika, den Iran oder<br />

sonstige Länder handelt – regionale Wirtschaftszentren<br />

mit engen Verbindungen in<br />

alle Teile der Welt werden in einigen Jahrzehnten<br />

das gesamte globale Wirtschaftsleben<br />

prägen.<br />

Ob Europa dies früh genug realisieren<br />

und entsprechend darauf reagieren wird, ist<br />

jedoch fraglich. Als Klammeräffchen am<br />

wirtschaftlichen, finanziellen und militärischen<br />

Arm der USA wird es jedoch mit in<br />

den Abgrund fallen, wenn diese Stück für<br />

Stück durch die realen Entwicklungen amputiert<br />

werden. Dessen müssen wir uns klar<br />

sein.


Keine Utopie: China – USA per Zug<br />

Der Afrika-Gipfel<br />

des 24.<br />

Weltwirtschaftsforums<br />

in Nigerias<br />

Hauptstadt Abuja gab<br />

vielleicht nicht die Richtungsweisung<br />

aus allen<br />

afrikanischen und weltweiten<br />

Nöten, doch die<br />

Chinesen nutzten die Gelegenheit<br />

für einen<br />

Knalleffekt, der über den<br />

Tag hinaus anhalten<br />

könnte. Ministerpräsident<br />

Li Keqiang sprach<br />

über „Gemeinsame Bemühungen,<br />

um Afrika<br />

auf eine höhere Stufe zu<br />

bringen", hielt es aber<br />

dabei weniger mit der<br />

Gemeinsamkeit als damit,<br />

Chinas technische<br />

Fähigkeiten darzustellen.<br />

Er versprach Afrika<br />

chinesische Hilfe beim<br />

Ausbau der Verkehrswege,<br />

wobei er einen starken<br />

Akzent auf den Eisenbahnbau<br />

legte.<br />

Von Florian Stumfall<br />

Weil Li schon einmal dabei<br />

war, schweifte er über<br />

Afrika hinaus und erörterte<br />

einen chinesischen Plan, der<br />

es in sich hat: Es geht darum,<br />

vom Nordosten Chinas eine<br />

Eisenbahnstrecke für Hochgeschwindigkeitszüge<br />

durch<br />

Sibirien unter der Beringstraße<br />

hindurch über Alaska<br />

und Kanada bis in die USA<br />

zu bauen. Die größte technische<br />

Herausforderung wäre<br />

dabei natürlich die Unterquerung<br />

der 90 Kilometer<br />

breiten Beringstraße, was ein<br />

Tunnel von 200 Kilometern<br />

Länge erfordern würde. Doch<br />

die Chinesen zeigen sich<br />

gleichmütig. Die Technologie<br />

dafür sei vorhanden, heißt es,<br />

und sie soll bald zum Einsatz<br />

kommen, wenn ein Hochge-<br />

schwindigkeits-Eisenbahn-<br />

Tunnel nach Taiwan gebaut<br />

werde. Der China- USA-Zug<br />

soll eine Durchschnittsgeschwindigkeit<br />

von 350 Stundenkilometern<br />

entwickeln,<br />

was für die 13.000 Kilometer<br />

eine Reisezeit von knappen<br />

zwei Tagen bedeuten würde.<br />

Erfahrungen mit Hochgeschwindigkeitszügen<br />

gibt es<br />

in China ausreichend. Das<br />

Land hat binnen einer Dekade<br />

das längste Streckennetz<br />

der Welt gebaut, ebenfalls<br />

13.000 Kilometer lang - und<br />

das soll bis 2020 verdoppelt<br />

werden. Für all das zeichnet<br />

sich Wang Mengshu von der<br />

Chinesischen Akademie für<br />

Ingenieurwesen verantwortlich,<br />

der auch das USA-Projekt<br />

betreibt.<br />

5<br />

Unabhängig von den technischen<br />

und finanziellen<br />

Herausforderungen hat der<br />

Plan natürlich eine wichtige<br />

politische Komponente. Einerseits<br />

tritt China damit gegenüber<br />

Russland in Konkurrenz,<br />

denn das will ebenfalls<br />

eine Sibirien-USA-Strecke<br />

bauen. Ohne Russlands Zustimmung<br />

aber kommen die<br />

Chinesen nicht durch Sibirien.<br />

Also läge es nahe, den<br />

Plan gemeinsam zu verfolgen,<br />

was für beide Teile auch<br />

eine finanzielle Erleichterung<br />

bedeutete. Schwieriger auszuhandeln<br />

ist die Zustimmung<br />

der USA und Kanadas.<br />

Die beiden Länder haben<br />

sich dazu noch nicht geäußert.<br />

Vor allem für die USA<br />

bedeutet das Vorhaben einen<br />

Gesichtsverlust. Zuerst treten<br />

die Russen mit dem Plan einer<br />

Mond-Station an die Öffentlichkeit,<br />

jetzt ziehen die<br />

Chinesen mit ihrem Asien-Amerika-Zug<br />

nach. Und die<br />

USA selbst? Bauen allenfalls<br />

irgendwo eine neue Militärbasis.


Analyse: BRICS gegen CIA<br />

Der Aufmarsch<br />

der NA-<br />

TO-Luft- und<br />

Land-Streitkräfte entlang<br />

der russischen<br />

Grenze in Osteuropa<br />

dient nur einem Zweck:<br />

der Zerschlagung von<br />

BRICS. Das würde den<br />

Marionetten-Politikern<br />

in Washington und deren<br />

Vasallen in London,<br />

Paris, Brüssel und Berlin<br />

diktiert, und zwar von<br />

sichtbaren wie unsichtbaren<br />

Mächten, wobei<br />

nichts anderes als die<br />

Hochfinanz in Wall<br />

Street und Londoner City<br />

gemeint ist. So analysiert<br />

der in Washington als<br />

Publizist lebende ehemalige<br />

Navy-Offizier Wayne<br />

Madsen in dem Online<br />

Journal „Strategic Culture<br />

Foundation“.<br />

Von Florian Stumfall<br />

BRICS, der Zusammenschluss<br />

von Brasilien,<br />

Russland, Indien, China und<br />

Südafrika, verfügt über ein<br />

herausragendes finanzielles<br />

Potential, das eingesetzt<br />

wird, um den US-Dollar als<br />

Weltreserve-Währung abzulösen.<br />

Es sind also nicht nur<br />

Russland oder China je für<br />

sich allein, die den Versuch<br />

unternehmen, die Abhängigkeit<br />

der Welt vom US-Finanz-Diktat<br />

zu beenden, sondern<br />

der ganze Block miteinander.<br />

„Die G 8“, so Madsen,<br />

„die Russland die Mitgliedschaft<br />

entzogen haben, und<br />

die Welthandelsorganisation,<br />

bei der Russland jetzt Mitglied<br />

ist, hatten nie das geringste<br />

mit freiem Handel<br />

oder gemeinsamer Wirtschaftspolitik<br />

zu tun. Ihre<br />

Pläne, ausgeheckt hinter<br />

verschlossenen Türen von<br />

Bankern der Trilateral Commission<br />

und der Bilderberger,<br />

galten immer der Beherrschung<br />

der Welt durch<br />

eine einzige Supermacht. Seit<br />

dem Ende des Zweiten Weltkriegs<br />

und dem Zusammenbruch<br />

des früher herrschenden<br />

Britischen Empire sind<br />

die Vereinigten Staaten diese<br />

Supermacht gewesen.“<br />

Jetzt sind die BRICS-Staaten<br />

schon dabei, ihre Abhängigkeit<br />

vom Dollar abzuschütteln,<br />

untereinander<br />

handeln Russland und China<br />

mit Rubel und Renminbi, die<br />

geplante Eurasische Wirtschaftsunion<br />

soll ein Gegenstück<br />

zur „verkommenen und<br />

korrupten Europäischen Union“<br />

darstellen, das keinen<br />

Dollar und keinen Euro<br />

6<br />

braucht. „Diese Pläne machen<br />

die westlichen Globalisten<br />

nervös was dazu führt,<br />

dass sie jenen Truppenaufmarsch<br />

an Russlands Grenzen<br />

in Europa und vor den<br />

Küsten von China durchführen.“<br />

Es sei eine gefährliche Methode,<br />

die die Westmächte<br />

ausgeheckt haben, um BRICS<br />

auszuschalten, meint Madsen.<br />

Was sie nämlich machen<br />

ist genau das, was die<br />

Russland vorwerfen: sie finanzieren<br />

Separatisten, um<br />

die Einheit der BRICS Staaten<br />

zu unterhöhlen. „Nach<br />

Auffassung westlicher Nachrichtendienste<br />

haben die<br />

BRICS-Staaten die Wahl zwischen<br />

zwei Möglichkeiten:<br />

entweder die Alternative zur<br />

westlichen Dominanz zu bleiben<br />

und ihre Nationalstaaten<br />

zu stärken oder aber das<br />

Handtuch zu werfen und sich<br />

dem Diktat der CIA, den Bütteln<br />

der Wall Street, ebenso<br />

zu ergeben wie den Junior-<br />

Partnern der „Firma“ (CIA)<br />

in London, Paris und Berlin.“


Gagarin lässt grüßen: Russland<br />

will eine Mondstation<br />

Der Kampf um<br />

die Rohstoffe<br />

dieser Welt gewinnt,<br />

da sie sich nicht<br />

vermehren, an Vehemenz.<br />

Hauptsächlich aus<br />

diesem Grund ist seit<br />

Jahren beispielsweise<br />

Afrika zum Opfer eines<br />

neuen Kolonialismus geworden.<br />

Doch auch die<br />

Kontinente der Erde sind<br />

gezählt. Wohin also,<br />

wenn es allmählich eng<br />

wird?<br />

Von Florian Stumfall<br />

Bis zur Mitte dieses Jahrhundert<br />

will Russland eine<br />

bemannte Station auf<br />

dem Mond errichten,<br />

meldet die Tageszeitung<br />

„Iswestija“. Dieser Plan<br />

sei Bestandteil des russischen<br />

Mondprogramms.<br />

Dieses wurde von der<br />

Russischen Akademie<br />

der Wissenschaften, der<br />

Raumfahrtbehörde „Roskosmos“,<br />

der Universität<br />

Moskau und einigen<br />

Unternehmen ausgearbeitet.<br />

In diesem Programm heißt es<br />

nach einem Zitat der Zeitung:<br />

„Im 21. Jahrhundert<br />

kann eine geopolitische Konkurrenz<br />

um die natürlichen<br />

Ressourcen auf dem Mond<br />

beginnen.“<br />

Natürlich wird eine Erschließung<br />

der Bodenschätze<br />

auf dem Trabanten ein wenig<br />

komplizierter als der Marsch<br />

über den Chilkoot-Pass beim<br />

Goldrausch in Alaska. Im<br />

Vordergrund stehen weniger<br />

die technischen Probleme als<br />

die Frage nach der Finanzierung.<br />

Denn im Gegensatz zu<br />

allen bisherigen Programmen<br />

der Raumfahrt soll sich<br />

das Schürfen auf dem Mond<br />

auszahlen. Dennoch will<br />

Russland die Sache alleine<br />

durchführen. Als erstes will<br />

man geologische Daten sammeln,<br />

um beurteilen zu können,<br />

ob überhaupt an eine<br />

Rentabilität zu denken ist.<br />

Sollte das der Fall sein, so ist<br />

geplant, auch private Investoren<br />

an dem Vorhaben zu<br />

beteiligen.<br />

Über den zeitlichen Rahmen<br />

herrscht bereits Klarheit.<br />

Im Konzept heißt es:<br />

„Binnen 20 bis 30 Jahren<br />

werden die führenden Weltraummächte<br />

günstige Aufmarschgebiete<br />

auf dem<br />

Mond suchen, um für die Zukunft<br />

eine praktische Nutzung<br />

zu ermöglichen.“ Dass<br />

Russland zu diesen Mächten<br />

gehört, steht außer Frage,<br />

schließlich ist es das einzige<br />

Land, das derzeit über eine<br />

Rakete verfügt, die Menschen<br />

und Material zur Weltraumstation<br />

ISS fliegen und -<br />

was die Menschen angeht -<br />

wieder zurückbringen kann.<br />

Für das Vorhaben sind<br />

drei Phasen vorgesehen. Zuerst<br />

muss ein passender Platz<br />

für die Station ausgesucht<br />

werden. In der zweiten Phase<br />

fliegen Kosmonauten zum<br />

Mond, der Raketenkonzern<br />

Energia entwirft bereits die<br />

notwendigen Raumschiffe.<br />

Schließlich und drittens beginnt<br />

die Einrichtung der Infrastruktur,<br />

wobei man sich<br />

schon der Rohstoffe bedienen<br />

wird, die man auf dem<br />

Mond vorfindet.<br />

Doch es ist nicht<br />

daran gedacht, solche<br />

Rohstoffe zur<br />

Erde zu bringen.<br />

Ihre Gewinnung soll<br />

ausschließlich interstellaren<br />

Zwecken<br />

dienen. Der Raumfahrt-Experte<br />

Iwan<br />

Moissejew sagte zur<br />

„Iswestija“: „Es wäre<br />

sinnvoll, den Mond künftig<br />

als Weltraumbahnhof zu nutzen…<br />

Wenn man die erforderlichen<br />

Rohstoffe vom<br />

Mond nimmt, wäre es günstiger,<br />

Satelliten von dort aus<br />

zu starten…Was Rohstofftransporte<br />

vom Mond auf die<br />

Erde betrifft, so sind sie sinnlos.<br />

Selbst wenn man dort<br />

Diamanten findet, wäre ihr<br />

Transport nicht rentabel.“<br />

7


Nicaraguakanal: Chinas und Russlands<br />

Konkurrenz zum US-kontrollierten<br />

Panamakanal<br />

Die Volksrepublik<br />

China ist schon<br />

fix im Projekt<br />

"Nicaraguakanal" drin,<br />

nun will sich auch Russland<br />

am Bau des Panamaknal-Konkurrenten<br />

beteiligen.<br />

Für die USA, die<br />

nach wie vor Schutzmacht<br />

des Panamakanals sind<br />

und enge Beziehungen zu<br />

dem mittelamerikanischen<br />

Land haben, ist dies ein<br />

weiterer Tiefschlag.<br />

Von Marco Maier<br />

Mit dem Bau der rund 200<br />

Kilometer langen Wasserstraße<br />

zwischen Pazifik und Atlantik<br />

erhält Panama einen gewichtigen<br />

Konkurrenten im internationalen<br />

Seeverkehr. Immerhin<br />

erwirtschaftet der Kanal mit<br />

rund 9.000 Beschäftigten rund<br />

8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts<br />

von Panama und<br />

sorgt damit auch für sprudelnde<br />

Deviseneinnahmen. Diese<br />

könnten jedoch teilweise wegbrechen,<br />

wenn der Kanal durch<br />

Nicaragua fertiggestellt wird.<br />

Das in Hong Kong beheimatete<br />

Konsortium "HK Nicaragua<br />

Canal Development Investment<br />

Co. Limited" des chinesischen<br />

Telekom-Magnaten Wang Jing<br />

finanziert den 40 Milliarden<br />

Dollar teuren Wasserweg, zu<br />

dem auch Infrastruktureinheiten<br />

wie eine Eisenbahnlinie,<br />

eine Ölpipeline und zwei Flughäfen<br />

gehören. Dafür erhält das<br />

Konsortium für 50 Jahre die<br />

Betreiberrechte am Kanal, der<br />

in dem armen mittelamerikanischen<br />

Land für tausende Arbeitsplätze<br />

sorgen wird.<br />

Inzwischen hat auch Russland<br />

Interesse daran bekundet,<br />

an diesem Projekt mitzuwirken.<br />

Vize-Außenminister Sergej Rjabkow<br />

gab das Interesse an der<br />

Mitwirkung Russlands am Bau<br />

des Nicaraguakanals bekannt.<br />

“Wir diskutieren mit unseren<br />

8<br />

nicaraguanischen Kollegen, auf<br />

welche Art und Weise wir in<br />

diesem Projekt kooperieren<br />

können”, so Rjabkow. Schon<br />

vor 2 Jahren bekundete Russland<br />

sein Interesse für den Nicaraguakanal,<br />

zumal jener in<br />

Panama trotz des geplanten<br />

Ausbaus eine zu geringe Kapazität<br />

aufweist.<br />

Mit Infrastrukturprojekten<br />

wie diesem, so das geostrategische<br />

Kalkül Chinas und Russlands,<br />

können zudem die<br />

freundschaftlichen Beziehungen<br />

zu den lateinamerikanischen<br />

Ländern vertieft werden.<br />

Für die Länder Mittel- und<br />

Südamerikas ist das größere<br />

Engagement der beiden Staaten<br />

zudem eine Möglichkeit, sich<br />

von den ökonomischen und finanziellen<br />

Fesseln der USA zu<br />

lösen, und die Diversifizierung<br />

des Außenhandels voranzutreiben.


Wir haben an<br />

alle österreichischen<br />

Spitzenkandidaten zur<br />

Europawahl 15 Fragen<br />

gesendet, die wir Ihnen<br />

zur Orientierung gerne<br />

präsentieren möchten.<br />

Leider haben uns nicht<br />

alle Kandidaten geantwortet,<br />

so dass wir heute<br />

und in den kommenden<br />

Tagen der Reihe nach die<br />

beantworteten Fragebögen<br />

von Othmar Karas<br />

(ÖVP), Eugen Freund<br />

(SPÖ), Ulrike Lunacek<br />

(Grüne) und Robert Marschall<br />

(EU-STOP) veröffentlichen.<br />

Den Anfang macht der<br />

Spitzenkandidat der Österreichischen<br />

Volkspartei, Othmar<br />

Karas, der als begnadeter<br />

Netzwerker gilt, stellt mit<br />

seiner Position als einer der<br />

Othmar Karas (ÖVP)<br />

<strong>14</strong> Vizepräsidenten des Europäischen<br />

Parlaments dort<br />

den ranghöchsten österreichischen<br />

Vertreter. Wir stellten<br />

ihm Fragen, die die Presse<br />

sonst kaum stellt.<br />

1. Die EU steht wirtschaftlich,<br />

sozial und politisch<br />

vor großen Herausforderungen.<br />

Welche<br />

besonderen Akzente wollen<br />

Sie in diesen Bereichen<br />

mit Ihrer Partei in<br />

der kommenden Legislaturperiode<br />

setzen?<br />

Europa muss ein global<br />

player werden. Dafür müssen<br />

wir vor allem die Wettbewerbsfähigkeit<br />

der Wirtschaft<br />

weiter stärken. Nur so<br />

schaffen wir wieder mehr<br />

Wachstum und Arbeitsplätze.<br />

Wir werden außerdem dafür<br />

sorgen, dass nicht den Steuerzahlern<br />

in die Tasche gegriffen<br />

wird, wenn Banken<br />

sich verspekulieren. Kein<br />

9<br />

Steuergeld darf mehr zur<br />

Rettung von maroden Banken<br />

verwendet werden. Wir<br />

müssen die neue Bankenkontrolle<br />

auf die Schiene bringen.<br />

Ich will auch, dass Europa<br />

sozialer wird. Daher trete<br />

ich für soziale, nationale<br />

Mindeststandards in den<br />

Mitgliedsländern ein.<br />

2. Europapolitik gilt in<br />

Österreich trotz der<br />

enormen innenpolitischen<br />

Bedeutung für unser<br />

Land immer noch als<br />

Außenpolitik. Wird das<br />

Thema Europa Ihrer Ansicht<br />

nach hierzulande<br />

zu wenig forciert?<br />

Die Gesetze die im Europäischen<br />

Parlament beschlossen<br />

werden, betreffen<br />

die Menschen in den Mitgliedsländern.<br />

Man darf<br />

nicht versuchen, Europa-Politik<br />

und Innenpolitik gegeneinander<br />

auszuspielen, man


muss gemeinsam an einem<br />

Strang ziehen. Europapolitik<br />

muss zum Teil der Innenpolitik<br />

werden. Hier sind wir als<br />

Europa-Parlamentarier, die<br />

nationalen Politiker aber<br />

auch die Medien gefordert.<br />

3. Vielen Menschen<br />

gilt die EU angesichts des<br />

enormen Lobbyapparats<br />

– insbesondere der Finanzindustrie<br />

– und der<br />

mächtigen Europäischen<br />

Kommission als bürgerfernes<br />

Gebilde. Das Europäische<br />

Parlament hat<br />

hierbei vergleichsweise<br />

wenig Einfluss, obwohl<br />

dessen Kompetenzen mit<br />

den Verträgen von Maastricht<br />

und Lissabon deutlich<br />

erweitert wurde.<br />

Wie demokratisch ist die<br />

EU Ihrer Ansicht nach<br />

wirklich?<br />

Die Demokratisierung der<br />

Europäischen Union muss<br />

noch weitergehen. Ich will,<br />

dass in Zukunft keine Entscheidung<br />

mehr am Europäischen<br />

Parlament vorbei getroffen<br />

werden kann. Deshalb<br />

fordere ich einen europäischen<br />

Konvent zur Reform<br />

der EU, der in Wien seinen<br />

Auftakt haben soll. Dies<br />

muss ein breit angelegter<br />

Prozess mit möglichst viel<br />

Beteiligung von Bürgerinnen,<br />

Bürgern und Organisation<br />

der Zivilgesellschaft sein und<br />

soll in einer europaweiten<br />

Volksabstimmung münden.<br />

4. Mittelfristig wird<br />

die Frage über die Konstitution<br />

der EU wohl immer<br />

dringlicher werden.<br />

In einer unserer (nicht<br />

repräsentativen) Onlineumfragen<br />

sprach sich<br />

die Mehrheit der Teilnehmer<br />

für die Schaffung<br />

eines Europas der<br />

Nationen, bzw. der Regionen<br />

aus. Die Idee der<br />

„Vereinigten Staaten von<br />

Europa“ scheint offenbar<br />

nicht viel Zustimmung zu<br />

finden. Wie soll die EU<br />

Ihrer Ansicht nach zukünftig<br />

organisiert sein?<br />

Die EU ist in ihrer Struktur<br />

noch lange nicht fertig,<br />

wir müssen sie weiterentwickeln.<br />

"Vereinigte Staaten<br />

von Europa" ist aber ein<br />

missverständlicher Begriff,<br />

weil er sich so anhört, als<br />

wollte man die USA imitieren.<br />

Europa ist geschichtlich<br />

anders gewachsen. Ich will<br />

mehr Zusammenarbeit in<br />

den wirklich wichtigen Fragen,<br />

wie Außen-, Sicherheitsund<br />

Wirtschaftspolitik, und<br />

weniger Detailregelungen.<br />

Und ich will eine bessere Zuständigkeitsordnung<br />

als bisher:<br />

Je nach Themenbereich<br />

müssen die Entscheidungen<br />

so nah am Bürger wie möglich<br />

und so effizient und zentral<br />

wie nötig getroffen werden.<br />

5. EZB-Direktor Mario<br />

Draghi und die südeuropäischen<br />

Länder wollen<br />

die Eurobonds zur Finanzierung<br />

der europäischen<br />

Haushaltsdefizite<br />

einführen. Unterstützung<br />

erhalten sie hierbei<br />

von den Spitzenkandidaten<br />

der beiden größten<br />

Fraktionen, Jean-Claude<br />

<strong>10</strong><br />

Juncker (EVP) und Martin<br />

Schulz (S&D). Halten<br />

Sie diese Vergemeinschaftung<br />

von Schulden<br />

für sinnvoll?<br />

Ich bin für einen Schuldenabbau<br />

und für strengere<br />

Regeln gegen Staatsverschuldung.<br />

Denn genau die Schuldenpolitik<br />

einiger Länder hat<br />

erst zur Krise geführt (siehe<br />

Griechenland). Die Lehre aus<br />

der Krise in Europa ist, dass<br />

Schulden keine Lösung, sondern<br />

die Ursache der Probleme<br />

sind.<br />

6. In Österreich gilt<br />

der Euro oftmals als<br />

„Teuro“, obwohl die Inflationsrate<br />

seit Euroeinführung<br />

im Schnitt niedriger<br />

ist als zu Schillingzeiten.<br />

Wo sehen Sie die<br />

Vor- und Nachteile der<br />

Gemeinschaftswährung?<br />

Wäre Österreich ohne<br />

Euro heute Ihrer Ansicht<br />

nach besser oder<br />

schlechter gestellt?<br />

Die Wiedereinführung des<br />

Schilling würde Österreich<br />

massiv schwächen. Bei einer<br />

Abschaffung des Euro wäre<br />

mit Spekulationen gegen die<br />

dann unbedeutende österreichische<br />

Währung zu rechnen<br />

– ganz zu schweigen von der<br />

Wiedereinfuhrung von<br />

Wechselspesen bei Auslandsreisen<br />

oder der Notwendigkeit<br />

von Unternehmen, sich<br />

gegen Währungsschwankungen<br />

im wichtigsten Exportraum<br />

abzusichern. Die gemeinsame<br />

europäische Währung<br />

hat uns in der Krise geschützt<br />

und genützt.


7. Das transatlantische<br />

Freihandelsabkommen<br />

TTIP wird angesichts der<br />

intransparenten Verhandlungen,<br />

der massiven<br />

Lobbyarbeit von<br />

Konzernen, sowie der<br />

abschreckenden Beispiele<br />

anderer derartiger Abkommen<br />

zwischen den<br />

USA und weiteren Ländern<br />

wohl zurecht kritisiert.<br />

Was halten Sie von<br />

diesem Abkommen?<br />

Freihandelsabkommen<br />

bieten große Chancen, können<br />

aber auch negative Folgen<br />

haben, wenn sie nicht<br />

sorgfältig vorbereitet werden.<br />

Sie sind sinnvoll, weil dadurch<br />

Arbeitsplätze und<br />

Wachstum in Europa entstehen.<br />

Der Wohlstand Österreichs<br />

ist in den letzten 20<br />

Jahren durch den freien<br />

Handel in der EU massiv gewachsen.<br />

Wenn wir den freien<br />

Handel nun auch auf die<br />

USA ausweiten könnten,<br />

dann liegen hier riesige<br />

Wachstumspotentiale. Deswegen<br />

sollten wir ganz sicher<br />

mit den USA darüber verhandeln.<br />

Die Verhandlungen<br />

müssen aber transparent<br />

sein. Wir haben ganz klare<br />

Bedingungen und rote Linien,<br />

nach denen wir das Freihandelsabkommen<br />

beurteilen<br />

werden und von denen<br />

unsere Zustimmung abhängt.<br />

So darf es etwa keinen Import<br />

von genveränderten Organismen,<br />

von Hormonfleisch<br />

oder Chlorhühnern<br />

nach Europa geben. Auch<br />

dürfen europäische Standards<br />

bei der Lebensmittelsicherheit<br />

nicht umgangen<br />

oder ausgehebelt werden.<br />

Auch in anderen Bereichen<br />

haben wir Bedingungen, z.B.<br />

bei den Bestimmungen zum<br />

Investitionsschutz. Ob die<br />

ÖVP dem Freihandelsabkommen<br />

am Ende zustimmen<br />

wird, hängt aber vom Ausgang<br />

der Verhandlungen ab.<br />

ÖVP-Spitzenkandidat Othmar<br />

Karas ist seit 2004 im<br />

EU-Parlament und seit 2012<br />

auch einer von <strong>14</strong> Vizepräsidenten.<br />

8. Die Arbeitslosigkeit,<br />

insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit,<br />

in<br />

der EU ist – unter anderem<br />

als Folge der Austeritätspolitik<br />

– nach wie<br />

vor erschreckend hoch.<br />

Selbst Österreich vermeldet<br />

trotz hoher Beschäftigung<br />

rekordverdächtige<br />

Arbeitslosenzahlen.<br />

Welche Maßnahmen<br />

wollen Sie und Ihre<br />

Partei im Rahmen der<br />

11<br />

Möglichkeiten des Europäischen<br />

Parlaments setzen,<br />

um den Arbeitsmarkt<br />

wieder in<br />

Schwung zu bringen?<br />

Das beste Instrument gegen<br />

Arbeitslosigkeit ist ein<br />

wettbewerbsfähiges Europa,<br />

das möglichst viele, möglichst<br />

gute Arbeitsplätze<br />

schafft. Wir wollen<br />

den Kampf gegen Arbeitslosigkeit<br />

verstärken.<br />

Dazu gehört, das<br />

Modell der dualen Berufsausbildung<br />

– unsere<br />

Lehrausbildung –<br />

zum Modell für die<br />

ganze EU zu machen.<br />

Die Statistik beweist:<br />

überall in Europa, wo<br />

die Berufsausbildung<br />

so organisiert ist, ist<br />

die Jugendarbeitslosigkeit<br />

am niedrigsten.<br />

Ganz entscheidend<br />

im Kampf gegen<br />

Arbeitslosigkeit sind<br />

Strukturreformen,<br />

Bildungs- und Forschungsinitiativen.<br />

Beim Schaffen von Arbeitsplätzen<br />

dürfen<br />

die Betriebe nicht<br />

durch Bürokratie und<br />

unnötige Regulierungen gehemmt<br />

werden.<br />

9. In vielen Ländern<br />

Europas gibt es recht<br />

starke Sezessionsbewegungen.<br />

Schottland führt<br />

bald ein Referendum<br />

durch, Katalonien trotz<br />

des Verbots ebenso.<br />

Auch Venetien möchte<br />

sich von Italien lösen.<br />

Was halten Sie von diesen<br />

Bestrebungen?


Die von Ihnen genannten<br />

Fälle und andere, die es in<br />

Europa gibt, sind nicht<br />

gleich. Natürlich gilt das<br />

Recht der Völker auf Selbstbestimmung.<br />

Aber nicht jede<br />

Sezessionsbewegung repräsentiert<br />

ein Volk und nicht<br />

jeder, der mit dem Ruf nach<br />

Unabhängigkeit Wählerstimmen<br />

gewinnen will, hat wirkliche<br />

Konzepte für die Zukunft.<br />

Ich bin davon überzeugt,<br />

dass niemand in Europa<br />

die großen politischen<br />

und wirtschaftlichen Herausforderungen<br />

des 21. Jahrhundert<br />

durch Alleingänge<br />

lösen kann.<br />

<strong>10</strong>. Die Maidan-Revolutionäre<br />

wurden von<br />

der EU und den USA<br />

stark unterstützt. Wie inzwischen<br />

bekannt wurde,<br />

sollen bei den Unruhen<br />

in Kiew Scharfschützen<br />

aus dem „Rechten<br />

Sektor“ für die Morde an<br />

Demonstranten und Polizisten<br />

verantwortlich<br />

sein. Heute stellen deren<br />

Mitglieder maßgebliche<br />

Teile der neu gegründeten<br />

Nationalgarde. Ebenso<br />

ist die Swoboda-Partei,<br />

auf deren Aufmärschen<br />

Hakenkreuzfahnen<br />

geschwungen werden,<br />

Teil der neuen Regierung<br />

und stellt in einigen<br />

westlichen Regionen<br />

die Gouverneure. Hat die<br />

EU Ihrer Ansicht nach<br />

mit der Unterstützung<br />

der Maidan-Koalition<br />

richtig gehandelt?<br />

Die Umstände der Schießereien<br />

auf dem Maiden sind<br />

nicht restlos aufgeklärt. Ganz<br />

sicher sind nicht alle Kräfte<br />

in der Ukraine lupenreine<br />

Demokraten. Rechtsextreme<br />

sollte man nicht unterstützen.<br />

11. Seit der Volksabstimmung<br />

auf der Krim<br />

(die schon 1991 ein Referendum<br />

darüber abhalten<br />

wollte) zugunsten<br />

der Rückkehr der Halbinsel<br />

zu Russland, sind<br />

die Beziehungen zwischen<br />

der EU und Russland<br />

auf einen Tiefpunkt<br />

angelangt. Halten Sie die<br />

daraufhin beschlossenen<br />

Sanktionen gegen Russland<br />

für gerechtfertigt,<br />

oder hätten Sie sich eine<br />

andere Vorgehensweise<br />

des Westens gewünscht?<br />

Putins Vorgehen auf der<br />

Krim ist eine massive Verletzung<br />

des Völkerrechtes, wie<br />

wir sie seit Jahrzehnten in<br />

Europa nicht gesehen haben.<br />

Russland muss die Souveränität<br />

und territoriale Integrität<br />

der Ukraine respektieren.<br />

Der 3-Stufen-Plan der Europäischen<br />

Union ist eine gute<br />

Entscheidung. Die Lösung<br />

der Situation in der Ukraine<br />

muss auf jeden Fall eine politische,<br />

keine militärische<br />

sein. Die Europäische Union<br />

ist ein Friedensprojekt.<br />

12. Soll Österreich angesichts<br />

der aktuellen<br />

weltpolitischen Lage auf<br />

die Neutralität verzichten<br />

und Mitglied der<br />

NATO werden?<br />

Eine NATO-Mitgliedschaft<br />

Österreichs steht für mich<br />

12<br />

nicht zur Diskussion.<br />

13. Wie bekannt wurde,<br />

zählt Österreich aufgrund<br />

der hohen Dichte<br />

an internationalen Einrichtungen,<br />

der geringen<br />

Größe das Landes, sowie<br />

zentralen Lage mit vielen<br />

mittel-osteuropäischen<br />

Nachbarn zu jenen Staaten,<br />

die vollumfänglich<br />

von den US Geheimdiensten<br />

überwacht werden.<br />

Sollte man Ihrer<br />

Meinung nach auf Ebene<br />

der EU deutlich mehr<br />

Druck auf die USA ausüben,<br />

damit die intensive<br />

Überwachungstätigkeit<br />

massiv eingeschränkt<br />

wird?<br />

Mit guten Freunden<br />

spricht man. Aber man hört<br />

nicht ab, worüber sie sprechen.<br />

Ja, Präsident Obama<br />

hat Handlungsbedarf. Aber<br />

es bringt nichts, über die<br />

Spionage der USA und anderer<br />

zu jammern. Wir haben<br />

eine Initiative zur Gründung<br />

einer Europäischen Spionageabwehr<br />

gestartet. Wir wollen<br />

keinen EU-Geheimdienst,<br />

auch keine neue EU-Institution,<br />

sondern eine Vernetzung<br />

der nationalen Spionageabwehrdienste.<br />

Dies soll<br />

nach dem Vorbild der Polizeizusammenarbeit<br />

bei Europol<br />

geschehen.<br />

<strong>14</strong>. Warum sollten die<br />

Österreicherinnen und<br />

Österreicher am 25. Mai<br />

ausgerechnet Ihnen und<br />

Ihrer Partei ihre Stimme<br />

geben?<br />

(weiter auf Seite 13)


(Fortsetzung von Seite 12) Europa steht an einem Wendepunkt. Es geht darum, ob wir<br />

die gemeinsame europäische Erfolgsgeschichte weiterentwickeln können – oder nicht. Ob<br />

sich die vernünftigen Kräfte durchsetzen – oder die Populisten. Wir stehen vor einer echten<br />

Richtungsentscheidung. Für mich geht es nicht um mehr oder weniger Europa. Ich<br />

will ein besseres Europa! Wer das auch will, entscheidet sich am 25. Mai für mich als Spitzenkandidat<br />

der ÖVP.<br />

15. Möchten Sie vielleicht noch ein paar Worte an unsere Leserinnen und<br />

Leser richten?<br />

Österreich braucht in Europa kompetente, erfahrene, glaubwürdige Vertreter. Ich habe<br />

die größte Erfahrung und die gute Netzwerke über Parteigrenzen hinweg – sowohl im Europaparlament<br />

als auch in den anderen EU-Institutionen. Ich stehe für mehr Bürgerbeteiligung<br />

und ein demokratischeres Europa. Ich konstruiere keine populistischen Gegensätze<br />

zwischen der EU und Österreich und weiß, dass eine bessere EU auch Österreich hilft. Bei<br />

der Europawahl werbe ich um die Stimmen all jener, die in der EU etwas bewegen und<br />

durchsetzen wollen – jede Stimme zählt.<br />

Eugen Freund (SPÖ)<br />

Nach der gestrigen<br />

Veröffentlichung<br />

des<br />

Fragenkatalogs von Othmar<br />

Karas (ÖVP), möchten<br />

wir Ihnen heute den<br />

Spitzenkandidaten der<br />

österreichischen Sozialdemokraten<br />

näher bringen:<br />

Eugen Freund. Der<br />

frühere "ZiB 2" Moderator<br />

möchte die SPÖ zur<br />

stärksten politischen<br />

Kraft Österreichs in<br />

Straßburg machen und<br />

plädiert hierbei für ein<br />

sozialeres Europa.<br />

In den jüngsten Umfragen<br />

liegen ÖVP und SPÖ mit jeweils<br />

24 Prozent gleichauf, so<br />

dass das ambitionierte Ziel<br />

durchaus erreicht werden<br />

kann. Wenn Sie sich ein umfassenderes<br />

Bild von Eugen<br />

Freunds europapolitischen<br />

Wünschen und Zielen machen<br />

wollen, können die<br />

nachfolgenden Antworten<br />

auf unsere 15 Fragen dabei<br />

helfen.<br />

1. Die EU steht wirtschaftlich,<br />

sozial und politisch<br />

vor großen Herausforderungen.<br />

Welche<br />

besonderen Akzente wollen<br />

Sie in diesen Bereichen<br />

mit Ihrer Partei in<br />

der kommenden Legislaturperiode<br />

setzen?<br />

Mein vorrangigstes Ziel ist<br />

die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit,<br />

insbesondere bei<br />

den Jungen. Dafür braucht es<br />

klare Investitionsprogramme<br />

sowie die Stärkung und den<br />

Ausbau einer europaweiten<br />

Jugendgarantie nach österreichischem<br />

Vorbild. Weiters<br />

werde ich mich besonders gegen<br />

Steuerbetrug und Steuerflucht<br />

einsetzen. Jährlich<br />

werden 1.000 Milliarden<br />

Euro EU-weit am Fiskus vorbeigeschmuggelt.<br />

Wir brauchen<br />

dieses Geld dringend<br />

für den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit,<br />

für Investitionen<br />

und Bildung und Ausbildung.<br />

Europäische Unternehmen<br />

sollen ihre Gewinne<br />

in Europa versteuern und<br />

nicht in Steuersümpfe verschieben.<br />

Wir wollen weiters<br />

hohe soziale Mindeststandards<br />

in der ganzen EU und<br />

wirksame Maßnahmen gegen<br />

Lohn- und Sozialdumping.<br />

Die Sozialpartner sollen<br />

mehr mitreden dürfen als<br />

bisher. Auch da ist die Sozialpartnerschaft<br />

in Österreich<br />

als Vorbild zu sehen.<br />

2. Europapolitik gilt in<br />

Österreich trotz der<br />

enormen innenpolitischen<br />

Bedeutung für unser<br />

Land immer noch als<br />

Außenpolitik. Wird das<br />

Thema Europa Ihrer Ansicht<br />

nach hierzulande<br />

zu wenig forciert?<br />

Europapolitik ist Innenpolitik<br />

und umgekehrt. Ich denke<br />

nicht, dass das Thema Europa<br />

zu wenig forciert wird.<br />

Vom Bundeskanzler Werner<br />

13


Faymann abwärts werden<br />

europapolitische Fragen aktiv<br />

angesprochen und „innenpolitisch“<br />

diskutiert. Das<br />

findet auch in der Berichterstattung<br />

über Europa Niederschlag.<br />

Hier ist meines Erachtens<br />

ein positiver Trend<br />

zu beobachten.<br />

3. Vielen Menschen<br />

gilt die EU angesichts des<br />

enormen Lobbyapparats<br />

– insbesondere der Finanzindustrie<br />

– und der<br />

mächtigen Europäischen<br />

Kommission als bürgerfernes<br />

Gebilde. Das Europäische<br />

Parlament hat<br />

hierbei vergleichsweise<br />

wenig Einfluss, obwohl<br />

dessen Kompetenzen mit<br />

den Verträgen von Maastricht<br />

und Lissabon deutlich<br />

erweitert wurde.<br />

Wie demokratisch ist die<br />

EU Ihrer Ansicht nach<br />

wirklich?<br />

Drei Viertel der LobbyistInnen<br />

stehen im Dienste von<br />

ArbeitgeberInnen und Konzernen<br />

– daher braucht es<br />

ein strenges europäisches<br />

Lobbygesetz. Die Einbindung<br />

des europäischen Gewerkschaftsbundes<br />

und anderen<br />

Interessenvertretungen der<br />

europäischen ArbeitnehmerInnen<br />

auf Branchenebene<br />

und in grenzübergreifend tätigen<br />

Unternehmen muss gestärkt<br />

werden.<br />

Zu viele EU-BürgerInnen<br />

haben das Gefühl, dass über<br />

ihre Köpfe hinweg entschieden<br />

wird. Wir setzen uns auf<br />

allen Ebenen für eine Stärkung<br />

der Demokratie in der<br />

EU ein: Wir wollen die direkte<br />

Demokratie durch den<br />

Ausbau der europäischen<br />

BürgerInneninitiative stärken<br />

und die Einführung europaweiter<br />

Volksabstimmungen<br />

zur Diskussion stellen.<br />

Außerdem muss die Subsidiarität<br />

gewahrt werden,<br />

sprich: Alles, was auf nationaler<br />

oder regionaler Ebene<br />

sinnvoller geregelt werden<br />

kann, soll auch dort geregelt<br />

werden. Und schließlich sollen<br />

die Rechte des direkt gewählten<br />

Europäischen Parlaments<br />

ausgebaut werden.<br />

4. Mittelfristig wird<br />

die Frage über die Konstitution<br />

der EU wohl immer<br />

dringlicher werden.<br />

In einer unserer (nicht<br />

repräsentativen) Onlineumfragen<br />

sprach sich<br />

die Mehrheit der Teilnehmer<br />

für die Schaffung<br />

eines Europas der<br />

Nationen, bzw. der Regionen<br />

aus. Die Idee der<br />

„Vereinigten Staaten von<br />

Europa“ scheint offenbar<br />

nicht viel Zustimmung zu<br />

finden. Wie soll die EU<br />

Ihrer Ansicht nach zukünftig<br />

organisiert sein?<br />

Mittelfristig streben wir<br />

SozialdemokratInnen eine<br />

Änderung der EU-Verträge<br />

an, die die sozialen Rechte<br />

endlich vor die wirtschaftlichen<br />

Rechte im Binnenmarkt<br />

stellt. Außerdem fordern wir<br />

die Einsetzung eines EU<br />

Konvents über die Weiterentwicklung<br />

der EU. Die Debatte<br />

dazu muss jedoch unbedingt<br />

transparent sein und<br />

die Zusammensetzung des<br />

<strong>14</strong><br />

Konvents muss die nationalen<br />

Parlamente, die Gewerkschaften<br />

und die NGO´s unbedingt<br />

miteinschließen.<br />

5. EZB-Direktor Mario<br />

Draghi und die südeuropäischen<br />

Länder wollen<br />

die Eurobonds zur Finanzierung<br />

der europäischen<br />

Haushaltsdefizite<br />

einführen. Unterstützung<br />

erhalten sie hierbei<br />

von den Spitzenkandidaten<br />

der beiden größten<br />

Fraktionen, Jean-Claude<br />

Juncker (EVP) und Martin<br />

Schulz (S&D). Halten<br />

Sie diese Vergemeinschaftung<br />

von Schulden<br />

für sinnvoll?<br />

Gemeinsame Anleihen<br />

führen zu mehr Stabilität in<br />

der Eurozone und sind ein<br />

Akt der Solidarität in einem<br />

gemeinsamen Europa. Bedingung<br />

ist jedoch eine verlässliche<br />

Haushaltsdisziplin.<br />

Als erster Schritt ist die Einführung<br />

eines Schuldentilgungsfonds<br />

für uns SozialdemokratInnen<br />

vorstellbar.<br />

Alle Schulden der Teilnehmerstaaten<br />

oberhalb der<br />

Marke von 60 Prozent der<br />

Wirtschaftsleistung würden<br />

in einen solchen Fonds eingebracht<br />

werden – für diese<br />

Schulden würden die Staaten<br />

gemeinsam haften. Ein solcher<br />

Fonds hätte den Vorteil,<br />

relativ rasch möglich gemacht<br />

zu werden und für<br />

eine langfristige Entspannung<br />

zu sorgen. Das Geld in<br />

diesem Fonds sollte für die<br />

Bekämpfung der sozialen<br />

Auswirkungen der Krise verwendet<br />

werden – Beschäfti-


gung für junge Menschen,<br />

Armutsbekämpfung, Ausbildungsoffensive,<br />

Infrastrukturoffensive.<br />

6. In Österreich gilt<br />

der Euro oftmals als<br />

„Teuro“, obwohl dieInflationsrate<br />

seit Euroeinführung<br />

im Schnitt niedriger<br />

ist als zu Schillingzeiten.<br />

Wo sehen Sie die<br />

Vorund Nachteile der<br />

Gemeinschaftswährung?<br />

Wäre Österreich ohne<br />

Euro heute Ihrer Ansicht<br />

nach besser oder<br />

schlechter gestellt?<br />

Die Europäische Sozialdemokratie<br />

bekennt sich<br />

zur gemeinsamen Währung,<br />

dem Euro, der seit<br />

seiner Einführung auch den<br />

Österreicherinnen und Österreichern<br />

sowie unserer<br />

Wirtschaft viele Vorteile<br />

bringt. Die Finanz- und<br />

Wirtschaftskrise hat aber<br />

die Schwachstellen unserer<br />

Wirtschafts- und Währungsunion<br />

deutlich gemacht.<br />

Im Zuge eines EU-<br />

Konvents sollen nachhaltige<br />

Reformen der Europäischen<br />

Union behandelt<br />

werden. Wir wollen im<br />

Zuge dieses Konvents unter<br />

anderem klären, wie die demokratische<br />

Mitbestimmung<br />

innerhalb der Eurozone<br />

garantiert werden<br />

kann, wie ein gemeinsames<br />

Management von Staatsschulden<br />

aussehen kann und<br />

wie die Ungleichgewichte innerhalb<br />

der Währungsunion<br />

besser ausgeglichen werden<br />

können.<br />

7. Das transatlantische<br />

Freihandelsabkommen<br />

TTIP wird angesichts der<br />

intransparenten Verhandlungen,<br />

der massiven<br />

Lobbyarbeit von<br />

Konzernen, sowie der<br />

abschreckenden Beispiele<br />

anderer derartiger Abkommen<br />

zwischen den<br />

USA und weiteren Ländern<br />

wohl zurecht kritisiert.<br />

Was halten Sie von<br />

diesem Abkommen?<br />

SPÖ-Spitzenkandidat Eugen<br />

Freund. Als früherer „Zeit im<br />

Bild“ Moderator ist er den meisten<br />

Österreicherinnen und Österreichern<br />

sehr bekannt.<br />

(Bild: Eugen Freund)<br />

Wir wollen, dass die EU<br />

zum weiteren Ausbau der<br />

weltweiten Handelsbeziehungen<br />

beiträgt. Dies verbessert<br />

auch die Absatzchancen<br />

für österreichische und europäische<br />

Produkte. Ein Handelsabkommen<br />

mit den USA<br />

15<br />

darf aber nicht zu Verschlechterungen<br />

bei unseren<br />

hohen rechtsstaatlichen, sozialen<br />

und ökonomischen<br />

Standards und Lebensmittelbestimmungen<br />

– Stichwort<br />

Chlorhuhn – führen. ArbeitnehmerInnen-Rechte<br />

dürfen<br />

nicht ausgehöhlt werden.<br />

Kurzum: Das Freihandelsabkommen<br />

darf nicht zur Freihandelsfalle<br />

werden. Derzeit<br />

hat die Industrielobby bei<br />

den Verhandlungen das Sagen.<br />

Hier braucht es<br />

dringend mehr<br />

Transparenz und die<br />

Einbindung von Gewerkschaften<br />

und<br />

NGOs.<br />

8. Die Arbeitslosigkeit,<br />

insbesondere<br />

die Jugendarbeitslosigkeit,<br />

in der EU ist<br />

– unter anderem<br />

als Folge der Austeritätspolitik<br />

–<br />

nach wie vor erschreckend<br />

hoch.<br />

Selbst Österreich<br />

vermeldet trotz<br />

hoher Beschäftigung<br />

rekordverdächtige<br />

Arbeitslosenzahlen.<br />

Welche Maßnahmen<br />

wollen<br />

Sie und Ihre Partei<br />

im Rahmen<br />

der Möglichkeiten des<br />

Europäischen Parlaments<br />

setzen, um den<br />

Arbeitsmarkt wieder in<br />

Schwung zu bringen?


Der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit<br />

hat oberste<br />

Priorität. Zu diesem Zweck<br />

setzen wir auf Investitionen,<br />

z.B. in Infrastruktur und Forschung,<br />

die in weiterer Folge<br />

die Wirtschaft ankurbeln und<br />

sichere Jobs schaffen sollen.<br />

Arbeitsmarktpolitik in Europa<br />

soll darüber hinaus mit<br />

hochwertigen Arbeitsplätzen<br />

punkten, nicht mit prekären<br />

Arbeitsbedingungen. Insbesondere<br />

im Kampf gegen die<br />

in Europa besonders hohe<br />

Jugendarbeitslosigkeit – jeder<br />

Vierte unter 25 Jahren ist<br />

ohne Arbeit – muss die Europäische<br />

Jugendgarantie nach<br />

österreichischem Vorbild mit<br />

Leben erfüllt werden. Wir<br />

wollen, dass die Finanzmittel<br />

für dieses Programm ausgeweitet<br />

werden. Im Zuge der<br />

Jugendgarantie sollen alle<br />

jungen Menschen unter 25<br />

Jahren – ob beim Arbeitsamt<br />

gemeldet oder nicht – innerhalb<br />

von vier Monaten nach<br />

Abschluss ihrer Ausbildung<br />

oder nachdem sie arbeitslos<br />

geworden sind, ein konkretes<br />

und qualitativ hochwertiges<br />

Angebot erhalten.<br />

9. In vielen Ländern<br />

Europas gibt es recht<br />

starke Sezessionsbewegungen.<br />

Schottland führt<br />

bald ein Referendum<br />

durch, Katalonien trotz<br />

des Verbots ebenso.<br />

Auch Venetien möchte<br />

sich von Italien lösen.<br />

Was halten Sie von diesen<br />

Bestrebungen?<br />

Zersplitterung macht das<br />

gemeinsame Europa sicher<br />

nicht stärker. Man wird diese<br />

Entwicklungen genau beobachten<br />

müssen. Schwierig ist<br />

überdies, die unterschiedlichen<br />

Motive über einen<br />

Kamm zu scheren. Klar ist jedenfalls,<br />

dass nicht nur<br />

Selbstbehauptung und nationale<br />

Identität den Drang<br />

nach Sezession befördern.<br />

Hier spielen auch ökonomische<br />

Gründe eine zentrale<br />

Rolle. Die Europäische Union<br />

könnte hier eine vermittelnde<br />

Rolle spielen.<br />

<strong>10</strong>. Die Maidan-Revolutionäre<br />

wurden von<br />

der EU und den USA<br />

stark unterstützt. Wie inzwischen<br />

bekannt wurde,<br />

sollen bei den Unruhen<br />

in Kiew Scharfschützen<br />

aus dem „Rechten<br />

Sektor“ für die Morde an<br />

Demonstranten und Polizisten<br />

verantwortlich<br />

sein. Heute stellen deren<br />

Mitglieder maßgebliche<br />

Teile der neu gegründeten<br />

Nationalgarde. Ebenso<br />

ist die Swoboda-Partei,<br />

auf deren Aufmärschen<br />

Hakenkreuzfahnen<br />

geschwungen werden,<br />

Teil der neuen Regierung<br />

und stellt in einigen<br />

westlichen Regionen<br />

die Gouverneure. Hat die<br />

EU Ihrer Ansicht nach<br />

mit der Unterstützung<br />

der Maidan-Koalition<br />

richtig gehandelt?<br />

Die mit den Außenministern<br />

Deutschlands, Frankreichs<br />

und Polens am 21. Februar<br />

unterschriebene Vereinbarung<br />

sieht die Bildung<br />

einer „Übergangsregierung<br />

der nationalen Einheit“ vor.<br />

16<br />

Die hätte logischerweise auch<br />

Vertreter der russischsprachigen<br />

Regionen einbeziehen<br />

müssen, die mehr als ein<br />

Drittel des Landes umfassen.<br />

Stattdessen wurden Mitglieder<br />

der rechtsextremen Swoboda<br />

Minister. Es war aus<br />

meiner Sicht ein Fehler, das<br />

zuzulassen. Wir müssen nun<br />

die Regierung in Kiew dazu<br />

anhalten, jede Art von Minderheitenschutz<br />

und Anti-<br />

Diskriminierungsmaßnahmen<br />

im Lande vorrangig zu<br />

garantieren. Rassismus,<br />

Hass, Feindseligkeit, Großmacht-<br />

und Territorialansprüche<br />

führen unweigerlich<br />

zum Krieg und dürfen in der<br />

neuen ukrainischen Regierung<br />

keinen Platz haben. Unsere<br />

Waffe muss das Wort<br />

bleiben. Die Diplomatie muss<br />

immer im Vordergrund stehen.<br />

11. Seit der Volksabstimmung<br />

auf der Krim<br />

(die schon 1991 ein Referendum<br />

darüber abhalten<br />

wollte) zugunsten<br />

der Rückkehr der Halbinsel<br />

zu Russland, sind<br />

die Beziehungen zwischen<br />

der EU und Russland<br />

auf einen Tiefpunkt<br />

angelangt. Halten Sie die<br />

daraufhin beschlossenen<br />

Sanktionen gegen Russland<br />

für gerechtfertigt,<br />

oder hätten Sie sich eine<br />

andere Vorgehensweise<br />

des Westens gewünscht?<br />

Ich halte den dreistufigen<br />

Sanktionsplan gegen Russland<br />

für gerechtfertigt. Gewalt<br />

und Blutvergießen<br />

müssten auf dem europäi-


schen Kontinent verhindert<br />

werden, sonst könnte die<br />

Lage außer Kontrolle geraten.<br />

12. Soll Österreich angesichts<br />

der aktuellen<br />

weltpolitischen Lage auf<br />

die Neutralität verzichten<br />

und Mitglied der<br />

NATO werden?<br />

Die aktive Neutralitätspolitik<br />

seit Bruno Kreisky hat<br />

maßgeblich zu Österreichs<br />

Ansehen in der ganzen Welt<br />

beigetragen. Es wäre kurzsichtig,<br />

an dieser großartigen<br />

Errungenschaft zu rütteln.<br />

Ich will die Neutralität nicht<br />

aushöhlen, sondern stärken.<br />

Sie hat unserem Land über<br />

Jahrzehnte einen guten<br />

Dienst erwiesen. Und sie ist<br />

auch im 21. Jahrhundert ein<br />

Modell, das vorbildhaft für<br />

andere Länder sein kann. Ich<br />

unterstütze daher auch den<br />

Vorstoß von Bundeskanzler<br />

Werner Faymann, wonach<br />

sich die Ukraine an der Neutralität<br />

Österreichs orientieren<br />

könnte. Was aktive Neutralitätspolitik<br />

betrifft, zählt<br />

Österreich zu den Musterbeispielen<br />

in Europa. Die Neutralität<br />

wäre daher auch für<br />

die Ukraine ein durchaus<br />

vorstellbares Modell. Selbstverständlich<br />

obliegt diese<br />

Entscheidung aber der ukrainischen<br />

Regierung und dem<br />

ukrainischen Volk.<br />

13. Wie bekannt wurde,<br />

zählt Österreich aufgrund<br />

der hohen Dichte<br />

an internationalen Einrichtungen,<br />

der geringen<br />

Größe das Landes, sowie<br />

zentralen Lage mit vielen<br />

mittel-osteuropäischen<br />

Nachbarn zu jenen Staaten,<br />

die vollumfänglich<br />

von den US-Geheimdiensten<br />

überwacht werden.<br />

Sollte man Ihrer<br />

Meinung nach auf Ebene<br />

der EU deutlich mehr<br />

Druck auf die USA ausüben,<br />

damit die intensive<br />

Überwachungstätigkeit<br />

massiv eingeschränkt<br />

wird?<br />

Am 25. Mai sind die Europawahlen.<br />

Gehen auch Sie hin!<br />

Die Überwachung der europäischen<br />

Bürgerinnen und<br />

Bürger durch US-Geheimdienste<br />

muss endlich aufhören.<br />

Es ist zu wenig, wenn<br />

Deutschland mit Amerika<br />

vereinbart, dass sie nicht<br />

mehr abgehört werden. Bilaterale<br />

Abkommen sind nicht<br />

der richtige Weg. Vielmehr<br />

braucht es selbstbewusste<br />

und klare Zeichen gegenüber<br />

den USA, dass der europäische<br />

Datenschutz und die<br />

Privatsphäre der Bürgerinnen<br />

und Bürger voll zu respektieren<br />

sind.<br />

<strong>14</strong>. Warum sollten die<br />

Österreicherinnen und<br />

Österreicher am 25. Mai<br />

ausgerechnet Ihnen und<br />

Ihrer Partei ihre Stimme<br />

geben?<br />

Die SPÖ steht für eine gerechtere,<br />

demokratischere,<br />

sozialere und solidarischere<br />

Politik in der EU. Bei den<br />

kommenden Wahlen haben<br />

wir Sozialdemokraten erstmals<br />

die realistische Chance,<br />

stärkste Fraktion zu werden<br />

und einen Kurswechsel einzuleiten.<br />

Unsere zentralen<br />

Forderungen: mehr Geld für<br />

die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit,<br />

soziale Mindeststandards<br />

und strengere<br />

Regeln für den Finanzsektor.<br />

Dafür braucht es eine starke<br />

Sozialdemokratie!<br />

15. Möchten Sie vielleicht<br />

noch ein paar<br />

Worte an unsere Leserinnen<br />

und Leser richten?<br />

Gehen Sie zur am 25. Mai<br />

Wahl und helfen Sie mit, ein<br />

anderes, besseres, ein soziales<br />

und gerechtes Europa zu<br />

bauen! Denn es ist nicht egal<br />

wer in der Europäischen Union<br />

die Mehrheit hat!<br />

Das Europäische Parlament braucht auch Ihre Stimme zur<br />

Legitimation gegenüber der übermächtigen<br />

Europäischen Kommission!<br />

17


Ulrike Lunacek (Grüne)<br />

Nummer Drei<br />

unserer Reihe<br />

"Fragen & Antworten"<br />

ist die Spitzenkandidatin<br />

der österreichischen<br />

Grünen, Ulrike<br />

Lunacek, die seit 2009<br />

als Europaabgeordnete<br />

und seit 2013 als Vizepräsidentin<br />

der<br />

Grünen/EFA Europafraktion<br />

im Europäischen<br />

Parlament tätig<br />

ist. Frau Lunacek zeigt<br />

mit ihren Antworten,<br />

dass grüne Politik deutlich<br />

mehr als nur Umwelt-<br />

und Minderheitenpolitik<br />

ist.<br />

Als eine Kämpferin für die<br />

Frauenrechte, engagierte Aktivistin<br />

für die Gleichstellung<br />

aller sexuellen Orientierungen,<br />

sowie couragierte Politikerin<br />

in Sachen Flüchtlinge<br />

und Entwicklungshilfe,<br />

möchte sie hier unseren Leserinnen<br />

und Lesern ihre<br />

Standpunkte zu unseren 15<br />

Fragen mitteilen. Wie die<br />

ausführlichen Antworten von<br />

Frau Lunacek verdeutlichen,<br />

vermögen die österreichischen<br />

Grünen durchaus interessante<br />

Akzente in Europa<br />

zu setzen.<br />

01. Die EU steht wirtschaftlich,<br />

sozial und politisch<br />

vor großen Herausforderungen.<br />

Welche<br />

besonderen Akzente wollen<br />

Sie in diesen Bereichen<br />

mit Ihrer Partei in<br />

der kommenden Legislaturperiode<br />

setzen?<br />

Wir wollen die Einführung<br />

europäischer Wahllisten für<br />

die Wahl der Europa-Abgeordneten.<br />

Die SpitzenkandidatInnen<br />

sollen gleichzeitig<br />

für die Spitzenpositionen in<br />

der Europäischen Kommission<br />

antreten. KandidatInnen<br />

für die Kommission sollten<br />

sich auf europäischen Listen<br />

den WählerInnen stellen und<br />

nicht erst nach der Wahl von<br />

den Regierungen aus dem<br />

Hut gezaubert werden.<br />

Die europäischen BürgerInnen<br />

sollen ihre Zukunft<br />

im gemeinsamen Europa<br />

selbst bestimmen: in europaweiten<br />

Volksabstimmungen.<br />

Mit einer doppelten Mehrheit<br />

soll die Mehrheit der<br />

BürgerInnen und die Mehrheit<br />

der Mitgliedsländer über<br />

weitreichende Integrationsschritte<br />

entscheiden. Stärkung<br />

der direkten Demokratie<br />

durch eine Reform des europäischen<br />

Bürgerinitiativenrecht<br />

für alle europäische<br />

Themen. Auch solche, die<br />

nur durch eine Änderung der<br />

Verträge erfolgen könnten.<br />

Für die Verwirklichung<br />

dieser Zukunftsaufgaben bedarf<br />

es eines neuen Anlaufes<br />

zur Änderung der Verträge.<br />

Dieser soll in einem durch direkte<br />

Wahl zusammengesetzten<br />

europäischen Konvent<br />

unter starker Einbeziehung<br />

der Zivilgesellschaft erarbeitet<br />

werden in dem auch Europasteuern<br />

eingeführt werden,<br />

die ein großes grünes<br />

Investitionsprogramm für<br />

18<br />

Millionen grüner Arbeitsplätze<br />

und einer Umsteuerung<br />

der Energiepolitik auf Unabhängigkeit<br />

und Erneuerbare<br />

auf den Weg bringen kann.<br />

02. Europapolitik gilt<br />

in Österreich trotz der<br />

enormen innenpolitischen<br />

Bedeutung für unser<br />

Land immer noch als<br />

Außenpolitik. Wird das<br />

Thema Europa Ihrer Ansicht<br />

nach hierzulande<br />

zu wenig forciert?<br />

Ich denke, sehr wichtige<br />

Themen brauchen gar nicht<br />

erst "forciert" zu werden, um<br />

einen entsprechenden Platz<br />

in der öffentlichen Debatte<br />

einnehmen zu können. Es<br />

würde schon reichen, wenn<br />

ihre Wichtigkeit nicht verschwiegen<br />

würde. Das beginnt<br />

bei unserer Regierung,<br />

die lieber erzählt, was sie verhindert<br />

hat, statt darzustellen,<br />

was sie für eine funktionierende<br />

Gemeinschaft gemeinsam<br />

mit den anderen<br />

Mitgliedern des Rats beschlossen<br />

hat. Die nationalen<br />

Politikerinnen und Politiker<br />

können sich umso mächtiger<br />

darstellen, umso weniger<br />

über die europäische Ebene<br />

bekannt ist. Und dass so wenig<br />

über die EU bekannt ist,<br />

ist auch ein Problem des medialen<br />

Diskurses, der noch<br />

immer die Berichterstattung<br />

über die EU auf Probleme<br />

und Krisen fokussiert.<br />

Ich werde auch in der<br />

nächsten Legislaturperiode<br />

meine Aufgabe darin sehen,


den europäischen Politikprozess<br />

transparent darzustellen,<br />

über meine Arbeit zu berichten,<br />

an Diskussionen teilzunehmen,<br />

Bürgeranfragen<br />

zu beantworten und gemeinsam<br />

mit vielen anderen für<br />

so etwas wie eine europäische<br />

Öffentlichkeit zu kämpfen.<br />

Denn Recht auf Information<br />

und Transparenz ist ein<br />

Grundbestandteil für die aktive<br />

Teilhabe der Bevölkerung<br />

am politischen Prozess<br />

in einer Demokratie.<br />

03. Vielen Menschen<br />

gilt die EU angesichts<br />

des enormen<br />

Lobbyapparats – insbesondere<br />

der Finanzindustrie<br />

– und der<br />

mächtigen Europäischen<br />

Kommission<br />

als bürgerfernes Gebilde.<br />

Das Europäische<br />

Parlament hat<br />

hierbei vergleichsweise<br />

wenig Einfluss, obwohl<br />

dessen Kompetenzen<br />

mit den Verträgen<br />

von Maastricht<br />

und Lissabon deutlich<br />

erweitert wurde. Wie<br />

demokratisch ist die<br />

EU Ihrer Ansicht nach<br />

wirklich?<br />

Der Lissabon-Vertrag<br />

ist am 1.Dezember 2009<br />

in Kraft getreten und hat<br />

die Rechte des Europäischen<br />

Parlamentes gestärkt.<br />

Inzwischen ist dieser durch<br />

die Finanzkrise an seine<br />

Grenzen gestoßen. Die im<br />

Vertrag vereinbarte finanzielle<br />

Unterstützung für einzelne<br />

Euro-Krisenstaaten konnte<br />

nicht mehr geleistet werden.<br />

So musste zum Beispiel der<br />

Europäische Stabilitätsmechanismus<br />

(ESM) außerhalb<br />

der europäischen Verträge<br />

geschlossen werden: Der<br />

ESM ist ein eigener völkerrechtlicher<br />

Vertrag zwischen<br />

den Regierungen der Mitglieder<br />

der Euro-Zone zur Stärkung<br />

der finanziellen Basis<br />

des Euro. Für den ESM<br />

musste gleichzeitig auch der<br />

Reformvertrag verändert<br />

werden, damit er nicht vom<br />

Ulrike Lunacek, Spitzenkandidatin<br />

der österreichischen Grünen.<br />

Sie kritisiert zu Recht fehlende<br />

Rechte für das Europäische Parlament.<br />

19<br />

(Bild: Ulrike Lunacek)<br />

deutschen Verfassungsgericht<br />

als grundgesetzwidrig<br />

verhindert wird. Art 136 über<br />

die Arbeitsweise der Europäischen<br />

Union wurde dem<br />

Lissabon Vertrag hinzugefügt.<br />

Auch der Fiskalpakt,<br />

der die restriktive Budgetpolitik<br />

Deutschlands – Schuldenbremse<br />

– auf die ganze<br />

Union ausdehnt, wurde außerhalb<br />

der europäischen<br />

Verträge in Form eines eigenen<br />

Vertrages beschlossen.<br />

Durch diese völkerrechtlichen<br />

Verträge außerhalb des<br />

Europarechtes wurde die Krisenpolitik<br />

wieder ausschließlich<br />

den nationalen Regierungen<br />

im Rat überantwortet.<br />

Die Gemeinschaftsinstitutionen<br />

Europäisches Parlament<br />

und Kommission laufen<br />

damit Gefahr aus<br />

den zentralen Zukunftsentscheidungen,<br />

die mit der Finanzund<br />

Wirtschaftskrise<br />

verbunden sind, an<br />

den Rand gedrängt zu<br />

werden.<br />

Die Finanz- und<br />

Wirtschaftskrise zeigt,<br />

dass die Europäische<br />

Union schwere Defizite<br />

hinsichtlich ihrer<br />

solidarischen Handlungsfähigkeit<br />

aufweist,<br />

und ebenso hinsichtlich<br />

ihrer demokratischen<br />

Ausgestaltung.<br />

Das Europäische<br />

Parlament hat nach<br />

wie vor kein Initiativrecht<br />

und nur beschränkte<br />

Budget- und<br />

Kontrollrechte.<br />

04. Mittelfristig<br />

wird die Frage über die<br />

Konstitution der EU<br />

wohl immer dringlicher<br />

werden. In einer unserer<br />

(nicht repräsentativen)<br />

Onlineumfragen sprach<br />

sich die Mehrheit der<br />

Teilnehmer für die


Schaffung eines Europas<br />

der Nationen, bzw. der<br />

Regionen aus. Die Idee<br />

der "Vereinigten Staaten<br />

von Europa" scheint offenbar<br />

nicht viel Zustimmung<br />

zu finden. Wie soll<br />

die EU Ihrer Ansicht<br />

nach zukünftig organisiert<br />

sein?<br />

Die Krise hat die politischen<br />

Defizite der Union<br />

schonungslos offen gelegt.<br />

Die nationalen Regierungen<br />

agieren auf Basis nationaler<br />

Egoismen. Sie sind als Entscheidungsträger<br />

für das gemeinsame<br />

Europa ungeeignet:<br />

zu langsam, zu spät, zu<br />

zögerlich wurde beispielsweise<br />

den Spekulationen gegen<br />

einzelne Mitgliedstaaten der<br />

Eurozone begegnet. Daher<br />

treten wir für folgende Neuerungen<br />

der Verträge ein:<br />

Ein Sitz für das Parlament<br />

Im Sinne der Effizienz soll<br />

es in Zukunft nur noch einen<br />

Parlamentssitz in Brüssel geben.<br />

Der auch ökologisch<br />

kontraproduktive Reisezirkus<br />

nach Straßburg wird damit<br />

beendet.<br />

Übersichtliche Institutionenreform<br />

Der Rat der Regierungen<br />

wird zu einer „Länderkammer“<br />

umgebaut und mit dem<br />

Europaparlament gemeinsam<br />

zur Legislative. Das Europäische<br />

Parlament erhält<br />

in diesem Zweikammersystem<br />

das Initiativrecht für Gesetzesvorschläge,<br />

volles Budgetrecht<br />

und alle Kontrollrechte<br />

eines Vollparlamentes.<br />

Wie auf nationaler Ebene üblich,<br />

soll die europäische Regierung<br />

(Kommission) direkt<br />

durch das Europäische Parlament<br />

gewählt und abgewählt<br />

werden können.<br />

Das Europäische Parlament<br />

wird zum zentralen<br />

Entscheidungsorgan in der<br />

europäischen Krisenpolitik.<br />

Diese darf nicht länger der<br />

undemokratischen Troika<br />

überlassen werden.<br />

Neue Kompetenzen<br />

Die Beseitigung von einzelstaatlichen<br />

Vetorechten<br />

bzw. der Übergang von der<br />

Einstimmigkeit zur qualifizierten<br />

Mehrheit. In einem<br />

ersten Schritt zumindest in<br />

Fragen der Steuerharmonisierung<br />

und der Möglichkeit<br />

der Einhebung von Europasteuern.<br />

05. EZB-Direktor Mario<br />

Draghi und die südeuropäischen<br />

Länder<br />

wollen die Eurobonds<br />

zur Finanzierung der europäischen<br />

Haushaltsdefizite<br />

einführen. Unterstützung<br />

erhalten sie<br />

hierbei von den Spitzenkandidaten<br />

der beiden<br />

größten Fraktionen,<br />

Jean-Claude Juncker<br />

(EVP) und Martin Schulz<br />

(S&D). Halten Sie diese<br />

Vergemeinschaftung von<br />

Schulden für sinnvoll?<br />

20<br />

Wir treten für Eurobonds<br />

ein, damit Spekulanten nicht<br />

mehr die Staatsanleihen einzelner<br />

Staaten gezielt angreifen<br />

können. Niedrige Zinssätze<br />

für Staatsanleihen sind<br />

Voraussetzung für die nachhaltige<br />

Finanzierung von<br />

Staatshaushalten und die<br />

wirtschaftliche Weiterentwicklung<br />

Europas. Nur durch<br />

ein gemeinsames Schuldenmanagment<br />

der Eurostaaten<br />

kann ein effektiver Schutz für<br />

eine leistbare Staatsfinanzierung<br />

aller Mitgliedstaaten errichtet<br />

werden.<br />

06. In Österreich gilt<br />

der Euro oftmals als<br />

"Teuro", obwohl die Inflationsrate<br />

seit der Euroeinführung<br />

im Schnitt<br />

niedriger ist als zu Schillingzeiten.<br />

Wo sehen Sie<br />

die Vor- und Nachteile<br />

der Gemeinschaftswährung?<br />

Wäre Österreich<br />

ohne Euro heute Ihrer<br />

Ansicht nach besser oder<br />

schlechter gestellt?<br />

Bei all den Konstruktionsfehlern<br />

der Wirtschafts- und<br />

Währungsunion bringt die<br />

gemeinsame Währung in Europa<br />

viele Vorteile sowohl für<br />

die Wirtschaft als auch für<br />

die BürgerInnen. Europa ist<br />

ein großer Binnenmarkt, in<br />

dem sich durch den Euro<br />

Handelstätigkeiten erleichtern.<br />

Auch die BürgerInnen<br />

wissen es zu schätzen, dass<br />

bei Reisen ins Euro-Ausland<br />

das Geldwechseln wegfällt.<br />

Aus Grüner Sicht müssen<br />

die Konstruktionsfehler<br />

schleunigst beseitigt und die<br />

Eurozone z.B. durch gemeinsame<br />

europäischen Anleihen,<br />

die die Refinanzierung der<br />

Nationalstaaten gewährleistet,<br />

stabilisiert wird. Angesichts<br />

von Rekordarbeitslosigkeit<br />

und der schwächeln-


den Konjunktur ist es ein Gebot<br />

der Stunde, die europäische<br />

Wirtschaft durch ein<br />

grünes Investitions- und<br />

Wachstumsprogramm anzukurbeln.<br />

Österreich hat von der europäischen<br />

Integration jedenfalls<br />

profitiert. Ob wir<br />

ohne Euro besser da stehen<br />

würden, liegt im Bereich der<br />

Spekulation. Tatsache ist,<br />

dass der Euro bisher unvollständig<br />

geblieben ist. Wir<br />

Grüne setzen uns dafür ein,<br />

dass die Währungsunion zur<br />

einer Haushalts-, Wirtschafts-<br />

und Sozialunion weiter<br />

entwickelt wird. Nur so<br />

kann die Krise bewältigt werden.<br />

07. Das transatlantische<br />

Freihandelsabkommen<br />

TTIP wird angesichts<br />

der intransparenten<br />

Verhandlungen, der<br />

massiven Lobbyarbeit<br />

von Konzernen, sowie<br />

der abschreckenden Beispiele<br />

anderer derartiger<br />

Abkommen zwischen<br />

den USA und weiteren<br />

Ländern wohl zurecht<br />

kritisiert. Was halten Sie<br />

von diesem Abkommen?<br />

Wir Grüne stehen dem<br />

derzeit verhandelten EU-U-<br />

SA-Freihandelsabkommen<br />

sehr kritisch gegenüber.<br />

Wenn das TTIP Abkommen<br />

wirklich so umgesetzt wird,<br />

wie sich das große amerikanische<br />

und europäische Konzerne<br />

wünschen, würde das<br />

weitreichende Eingriffe in<br />

das Leben von uns BürgerInnen<br />

bringen: Atomkraft-Ausstieg,<br />

Fracking-Verbot und<br />

hohe Lebensmittelstandards<br />

stehen den Profiten einzelner<br />

Konzerne in Europa und den<br />

USA im Weg. Umwelt-, Sozial-,<br />

KonsumentInnenschutz-,<br />

Datenschutzstandards,<br />

Arbeitsrechte etc. drohen<br />

ausgehöhlt zu werden.<br />

Als besonders problematisch<br />

erachten wir, dass Investor-Staat-Klagemöglichkeiten<br />

Teil der Verhandlungen<br />

sind.Diese Klausel würde<br />

es US-Investoren ermöglichen,<br />

europäische Staaten im<br />

Falle eines Gewinnentgangs<br />

gegen Arbeits-, Sozial- und<br />

Umweltgesetze zu verklagen.<br />

Wir erachten diese Klausel<br />

nicht nur als Angriff auf die<br />

Demokratie sondern halten<br />

sie auch für überflüssig, da<br />

sowohl in der USA als auch<br />

in Europa Investoren auf<br />

hochentwickelte Justizsysteme<br />

vertrauen können.<br />

Zudem finden die Verhandlungen<br />

hinter verschlossenen<br />

Türen statt.Das widerspricht<br />

dem Interesse der<br />

500 Millionen BürgerInnen<br />

der EU, die das Recht haben,<br />

zu erfahren, was in ihrem<br />

Namen ausverhandelt wird.<br />

Wir Grüne fordern, dass die<br />

Verhandlungen gestoppt<br />

werden, bis vollständige<br />

Transparenz hergestellt ist.<br />

Die Verhandlungsdokumente<br />

sowie die Ergebnisse jeder<br />

Verhandlungsrunde sollen<br />

veröffentlicht werden, damit<br />

öffentliche Debatten darüber<br />

stattfinden können, ob das,<br />

was verhandelt wurde, auch<br />

die Zustimmung der BürgerInnen<br />

erhält. Es gibt keinen<br />

21<br />

zwingenden Grund die Verhandlungen<br />

vor der Öffentlichkeit<br />

geheim zu halten.<br />

08. Die Arbeitslosigkeit,<br />

insbesondere die<br />

Jugendarbeitslosigkeit,<br />

in der EU ist – unter anderem<br />

als Folge der Austeritätspolitik<br />

– nach wie<br />

vor erschreckend hoch.<br />

Selbst Österreich vermeldet<br />

trotz hoher Beschäftigung<br />

rekordverdächtige<br />

Arbeitslosenzahlen.<br />

Welche Maßnahmen<br />

wollen Sie und Ihre<br />

Partei im Rahmen der<br />

Möglichkeiten des Europäischen<br />

Parlaments setzen,<br />

um den Arbeitsmarkt<br />

wieder in<br />

Schwung zu bringen?<br />

Die Auswirkungen der Finanz-<br />

und Wirtschaftskrise<br />

treffen junge Menschen<br />

überproportional, in vielen<br />

europäischen Ländern ist die<br />

Situation dramatisch. Ohne<br />

aktive politische kohärente<br />

Maßnahmen wird die soziale<br />

und wirtschaftliche Stabilität<br />

Europas gefährdet sein. Neben<br />

dem vorrangigen Streben<br />

des EU-Jugendbeschäftigungspakets<br />

Jugendliche in<br />

den Arbeitsmarkt zu bringen,<br />

muss der Qualität und Stabilität<br />

dieser Arbeitsplätze stärker<br />

Beachtung geschenkt<br />

werden (Verhinderung von<br />

Prekarisierung). Denn gerade<br />

junge BerufseinsteigerInnen<br />

sind mit atypischen und prekären<br />

Jobs konfrontiert, die<br />

keine bis nur geringe soziale<br />

Absicherung bringen.


09. In vielen Ländern<br />

Europas gibt es recht<br />

starke Sezessionsbewegungen.<br />

Schottland führt<br />

bald ein Referendum<br />

durch, Katalonien trotz<br />

des Verbots ebenso.<br />

Auch Venetien möchte<br />

sich von Italien lösen.<br />

Was halten Sie von diesen<br />

Bestrebungen?<br />

Die genannten Beispiele<br />

zeigen, dass relativ reiche Regionen,<br />

sich von ärmeren Regionen<br />

oder Staaten abspalten<br />

wollen. Ich erachte diese<br />

Tendenz für ein unerfreuliches<br />

Ergebnis der Entsolidarisierung,<br />

die in der ganzen<br />

Welt beobachtet werden<br />

kann und die der Gier und<br />

dem Geiz der Reichen und<br />

Vermögenden geschuldet<br />

ist.Unsere Antwort ist so einfach<br />

wie eindeutig: Schluss<br />

mit dem Kaputtsparen und<br />

her mit einem grünen Investitionspakt<br />

und einer Sozialunion.<br />

Wir brauchen ein solidarisches<br />

Europa in dem allen<br />

klar wird, was der Nutzen<br />

des Zusammenhaltens ist.<br />

<strong>10</strong>. Die Maidan-Revolutionäre<br />

wurden von<br />

der EU und den USA<br />

stark unterstützt. Wie inzwischen<br />

bekannt wurde,<br />

sollen bei den Unruhen<br />

in Kiew Scharfschützen<br />

aus dem "Rechten<br />

Sektor" für die Morde an<br />

Demonstranten und Polizisten<br />

verantwortlich<br />

sein. Heute stellen deren<br />

Mitglieder maßgebliche<br />

Teile der neu gegründeten<br />

Nationalgarde. Ebenso<br />

ist die Swoboda-Partei,<br />

auf deren Aufmärschen<br />

Hakenkreuzfahnen<br />

geschwungen werden,<br />

Teil der neuen Regierung<br />

und stellt in einigen<br />

westlichen Regionen<br />

die Gouverneure. Hat die<br />

EU Ihrer Ansicht nach<br />

mit der Unterstützung<br />

der Maidan-Koalition<br />

richtig gehandelt?<br />

Der von Scharfschützen<br />

begangene Massenmord auf<br />

dem Maidan ist das bislang<br />

brutalste und erschreckenste<br />

Kapitel der Geschehnisse der<br />

letzten Monate in der Ukraine.<br />

Wir haben uns von Beginn<br />

an für eine unabhängige<br />

Untersuchung dieses Verbrechens<br />

unter Beobachtung<br />

von OSZE und Europarat<br />

ausgesprochen. Bevor deren<br />

Ergebnisse vorliegen, ist es<br />

nicht seriös zu schreiben, wer<br />

die Schüsse tatsächlich abgefeuert<br />

hat, weshalb wir Ihre<br />

These, dass die Schützen<br />

dem "Rechten Sektor" angehören,<br />

nicht teilen.<br />

22<br />

Wir verwehren uns auch<br />

dagegen, dass jede moralische<br />

Unterstützung von Aktivisten<br />

die für einen Kampf<br />

gegen die Korruption und<br />

Misswirtschaft des Janukowitsch-Clans<br />

und für eine europäische<br />

Ausrichtung der<br />

Ukraine automatisch eine<br />

Unterstützung der rechtsradikalen<br />

Kräfte in der Ukraine<br />

darstellt. Wir kritisieren sowohl<br />

den "Rechten Sektor"<br />

als auch die Partei Swoboda<br />

scharf. Ihre Form des Nationalismus,<br />

ihr Rassismus, ihre<br />

Homophobie und ihre Verherrlichung<br />

von Kriegsverbrechern<br />

und auch ihr Agieren,<br />

wie die Gewalt gegenüber<br />

einem Fernsehchef in<br />

Kiew vor wenigen Wochen<br />

können durch nichts legitimiert<br />

werden. Auch aus unserer<br />

Sicht ist es höchst bedenklich,<br />

dass diese Partei in<br />

der Übergangsregierung sitzt<br />

und es ist zu hoffen und darauf<br />

hin zu arbeiten, dass sie<br />

das so kurz als möglich tun<br />

wird.<br />

Aus heutiger Sicht betrachtet,<br />

wurde von Seiten<br />

der EU der Einfluss der<br />

rechtsextremen Kräfte in der<br />

Protestbewegung allem Anschein<br />

nach unterschätzt.<br />

Das war, um auf Ihre Frage<br />

zurück zu kommen, nicht<br />

richtig.<br />

11. Seit der Volksabstimmung<br />

auf der Krim<br />

(die schon 1991 ein Referendum<br />

darüber abhalten<br />

wollte) zugunsten<br />

der Rückkehr der Halbinsel<br />

zu Russland, sind<br />

die Beziehungen zwischen<br />

der EU und Russland<br />

auf enen Tiefpunkt<br />

angelangt. Halten Sie die<br />

daraufhin beschlossenen<br />

Sanktionen gegen Russland<br />

für gerechtfertigt,<br />

oder hätten sie sich eine<br />

andere Vorgehensweise<br />

des Westens gewünscht?<br />

Betrachtet man die gegenwärtigen<br />

Ereignisse in der<br />

Ukraine, so ist klar, dass von<br />

allen Seiten Fehler gemacht<br />

wurden. Aus heutiger Sicht<br />

gesehen, ist natürlich leicht<br />

zu sagen, dass man sich eine<br />

andere Vorgehensweise ge-


wünscht hätte, doch ist das<br />

Wichtigste in der gegenwärtigen<br />

Situation, dass man gemeinsam<br />

eine weitere Eskalation<br />

der Gewalt in der<br />

Ostukraine eindämmt und<br />

einen Wirtschaftskrieg mit<br />

Russland verhindert.<br />

Aus einer Position der aktiven<br />

Neutralitäts- und Friedenspolitik<br />

geht es jetzt vor<br />

allem darum zu einem geordneten<br />

Dialog mit Russland<br />

zurück zu finden. Wir sehen<br />

schon, dass dafür auf beiden<br />

Seiten eine Reihe von Schritten<br />

gesetzt wurden, die wenig<br />

ermutigend sind. Umso<br />

wichtiger erscheint es uns<br />

aber jetzt, OSZE und Europarat<br />

und wenn die Sache weiter<br />

eskaliert, auch die Vereinten<br />

Nationen als Zentrum der<br />

Konfliktvermittlung für die<br />

Ukraine, aber auch zwischen<br />

Russland und der Union einzusetzen.<br />

Dort und nur dort<br />

sind alle direkt und indirekt<br />

beteiligten politischen Akteure<br />

in der einen oder anderen<br />

Weise vertreten. Und daher<br />

kann in diesen internationalen<br />

Organisationen am besten<br />

ein Ausweg für die Zukunft<br />

gefunden werden. Die<br />

Ukraine sollte eine Brückenfunktion<br />

in Europa einnehmen<br />

können, was eine interne<br />

politische Verständigung<br />

und eine Aussöhnung mit<br />

Russland voraussetzt. Die<br />

Bevölkerungszusammensetzung<br />

der Ukraine böte dafür<br />

grundsätzlich positive Voraussetzungen.<br />

Dem Vorschlag des österreichischen<br />

Außenministers<br />

folgend und um die Ukraine<br />

wirtschaftlich überlebensfähig<br />

zu machen, sollte die Europäische<br />

Union Verhandlungen<br />

über eine Intensivierung<br />

der wirtschaftlichen Zusammenarbeit<br />

mit den Staaten<br />

der Region – Ukraine,<br />

Russland und Moldawien –<br />

aufnehmen.<br />

12. Soll Österreich angesichts<br />

der aktuellen<br />

weltpolitischen Lage auf<br />

die Neutralität verzichten<br />

und Mitglied der NATO<br />

werden?<br />

Dafür gibt es überhaupt<br />

keinen Grund. Ganz im Gegenteil.<br />

Die österreichische<br />

Ukraine-Politik mit der Initiative<br />

der Grünen, dass die<br />

Ukraine auch neutral werden<br />

soll zeigt die Aktualität dieses<br />

Konzeptes auch für andere<br />

Teile Europas. Gäbe es die<br />

Neutralität Österreichs nicht,<br />

sie müsste als eigenständiges<br />

Element in der EU neu erfunden<br />

werden.<br />

13. Wie bekannt wurde,<br />

zählte Österreich aufgrund<br />

der hohen Dichte<br />

an internationalen Einrichtungen,<br />

der geringen<br />

Größe des Landes, sowie<br />

zentralen Lage mit vielen<br />

mittel-osteuropäischen<br />

Nachbarn zu jenen Staaten,<br />

die vollumfänglich<br />

von den US-Geheimdiensten<br />

überwacht werden.<br />

Sollte man Ihrer<br />

Meinung nach auf Ebene<br />

der EU deutlich mehr<br />

Druck auf die USA ausüben,<br />

damit die intensive<br />

Überwachungstätigkeit<br />

massiv eingeschränkt<br />

wird?<br />

23<br />

Ich bin absolut davon<br />

überzeugt, dass der Druck<br />

auf die USA größer sein<br />

müsste. Wir Grüne haben dafür<br />

sowohl auf nationaler als<br />

auch auf europäischer Ebene<br />

gekämpft und werden uns<br />

auch weiterhin mit aller Kraft<br />

dafür einsetzen. Noch immer<br />

wird die Außenpolitik hauptsächlich<br />

in den europäischen<br />

Hauptstädten entschieden<br />

und im Gegensatz zum Europäischen<br />

Parlament war von<br />

einem großen Protest oder<br />

gar einer Druckausübung gegenüber<br />

den USA bedauerlicherweise<br />

wenig zu sehen.<br />

Im Europäischen Parlament<br />

wurde bereits im Jahr<br />

2001 erstmals die Existenz<br />

des Abhörsystems "ECHE-<br />

LON" amtlich. Das EP untersuchte<br />

und kritisierte das<br />

Überwachungssystem massiv.<br />

Den Bericht dazu finden<br />

Sie hier:<br />

http://tinyurl.com/yqsrgv<br />

Auch die NSA-Überwachung<br />

wurde im Gegensatz<br />

zum Vorgehen der nationalen<br />

Parlamente und den entsprechenden<br />

Regierungsmehrheiten<br />

in den Nationalstaaten<br />

nirgendwo so genau<br />

untersucht, wie im Europäischen<br />

Parlament. Den Bericht<br />

über das Überwachungsprogramm<br />

der Nationalen<br />

Sicherheitsagentur der<br />

Vereinigten Staaten, die<br />

Überwachungsbehörden in<br />

mehreren Mitgliedstaaten<br />

und die entsprechenden Auswirkungen<br />

auf die Grundrechte<br />

der EU-Bürger und<br />

die transatlantische Zusammenarbeit<br />

im Bereich Justiz


und Inneres, der viele Grüne<br />

Forderungen, wie einen klaren<br />

Stopp der massenhaften<br />

Übermittlung von Daten an<br />

die USA (SWIFT etc.) und<br />

einen "digitalen New Deal"<br />

zur Stärkung einer unabhängigen<br />

IT-Industrie mit abhörsicheren<br />

Produkten fordert,<br />

finden Sie hier:<br />

http://tinyurl.com/lmh8jkn<br />

Unsere Forderung der<br />

Aussetzung der Verhandlungen<br />

zu einem transatlantischen<br />

Investitions- und Freihandelsabkommen<br />

(TTIP)<br />

wurde leider ebenso wie der<br />

Zeugenschutz für Edward<br />

Snowden von der Mehrheit<br />

aus Konservativen und Sozialdemokraten<br />

abgelehnt.<br />

<strong>14</strong>. Warum sollten die<br />

Österreicherinnen und<br />

Österreicher am 25. Mai<br />

ausgerechnet Ihnen und<br />

Ihrer Partei ihre Stimme<br />

geben?<br />

Weil es für die großen<br />

Herausforderungen, vor denen<br />

wir stehen, Klimawandel,<br />

Finanz- und Wirtschaftskrise<br />

usw., ein gemeinsames<br />

Handeln mit starken Grünen<br />

als Impulsgeber braucht.<br />

Diese können nicht von einzelnen<br />

Staaten, sondern nur<br />

im Verbund angegangen und<br />

wirksam bekämpft werden.<br />

Bei den Sozialstandards, bei<br />

der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit<br />

oder im<br />

Kampf gegen Steueroasen,<br />

bei der Lebensmittelkontrolle,<br />

bei der besseren Koordinierung<br />

von grenzüberschreitendem<br />

Verkehr, bei der<br />

Energiewende, beim Naturschutz<br />

… für das alles<br />

braucht es mehr gemeinsames<br />

Vorgehen, mehr Koordination,<br />

mehr EU. Gleichzeitig<br />

muss sich die Union nicht<br />

um alles kümmern. Da gilt es<br />

die richtige Balance zu finden,<br />

und wir Grüne haben<br />

24<br />

dafür ein gutes Gespür.<br />

15. Möchten Sie vielleicht<br />

noch ein paar<br />

Worte an unsere Leserinnen<br />

und Leser richten?<br />

Mein Ziel ist es, die Menschen<br />

wieder daran zu erinnern,<br />

was sie an der Union<br />

haben. Die EU ist das größte<br />

und erfolgreichste Friedensprojekt<br />

aller Zeiten;<br />

wir<br />

können<br />

uns innerhalb<br />

der<br />

Union frei<br />

bewegen,<br />

müssen an<br />

vielen<br />

Grenzen<br />

unser<br />

Geld nicht<br />

mehr<br />

wechseln;<br />

SchülerInnen,<br />

Lehrlinge<br />

und<br />

StudentInnen<br />

können<br />

Abschnitte<br />

ihrer Ausbildung relativ<br />

unkompliziert in anderen<br />

EU-Mitgliedsstaaten absolvieren,<br />

ganz Europa steht<br />

uns offen, was unseren<br />

Wohn- und Arbeitsort anbelangt.<br />

Das alles wird heute<br />

als selbstverständlich genommen.<br />

Vielen ist auch nicht<br />

bewusst, dass Menschen in<br />

Ländern und Regionen außerhalb<br />

der EU uns um diese<br />

Union beneiden und nicht<br />

verstehen, wie es Versuche<br />

geben kann, dieses Projekt zu<br />

zerstören.


Robert Marschall (EU-STOP)<br />

Der vierte Spitzenkandidat<br />

unserer Reihe<br />

"Fragen und Antworten"<br />

ist Robert Marschall, Obmann<br />

der EU-Austrittspartei<br />

und Spitzenkandidat<br />

der Liste "EU-STOP"<br />

– die einzige zur Europawahl<br />

antretende Partei,<br />

die sich konsequent für<br />

einen Austritt Österreichs<br />

aus EU und Euro<br />

einsetzt.<br />

An die EU-Gegner richtet<br />

sich Marschalls Appell, trotz<br />

Ablehnung der EU zur Wahl<br />

zu gehen. Der Herausgeber<br />

von "Wien konkret" möchte<br />

im Europäischen Parlament<br />

vor allem jene Anliegen unterstützen,<br />

die für eine Renationalisierung<br />

der politischen<br />

Macht sorgen.<br />

1. Die EU steht wirtschaftlich,<br />

sozial und politisch<br />

vor großen Herausforderungen.<br />

Welche<br />

besonderen Akzente wollen<br />

Sie in diesen Bereichen<br />

mit Ihrer Partei in<br />

der kommenden Legislaturperiode<br />

setzen?<br />

Österreichisches Steuergeld<br />

und Hilfen für Bedürftige,<br />

statt für Banken, Pleitestaaten<br />

und EU.<br />

2. Europapolitik gilt in<br />

Österreich trotz der<br />

enormen innenpolitischen<br />

Bedeutung für unser<br />

Land immer noch als<br />

Außenpolitik. Wird das<br />

Thema Europa Ihrer Ansicht<br />

nach hierzulande<br />

zu wenig forciert?<br />

Die „Europapolitik“ und<br />

„EU-Politik“ wird immer Außenpolitik<br />

bleiben, weil Österreich<br />

hoffentlich nie seine<br />

Existenz und Selbstbestimmung<br />

verlieren wird. Zugegebener<br />

Maßen haben SPÖ-<br />

ÖVP schon viel Selbstbestimmung<br />

Österreichs an die EU<br />

und die 15.000 EU-Lobbyisten<br />

in Brüssel abgegeben.<br />

Das Thema „Europa“ sollte<br />

schleunigst von der EU-<br />

Propaganda befreit werden.<br />

3. Vielen Menschen<br />

gilt die EU angesichts des<br />

enormen Lobbyapparats<br />

– insbesondere der Finanzindustrie<br />

– und der<br />

mächtigen Europäischen<br />

Kommission als bürgerfernes<br />

Gebilde. Das Europäische<br />

Parlament hat<br />

hierbei vergleichsweise<br />

wenig Einfluss, obwohl<br />

dessen Kompetenzen mit<br />

den Verträgen von Maastricht<br />

und Lissabon deutlich<br />

erweitert wurde.<br />

Wie demokratisch ist die<br />

EU Ihrer Ansicht nach<br />

wirklich?<br />

* Die EU ist gar nicht demokratisch.<br />

Sogar die EU-<br />

Wahl würde nach österreichischen<br />

Demokratiestandards<br />

vom Verfassungsgerichtshof<br />

sofort für ungültig<br />

erklärt werden. Schwere Verstöße<br />

gegen ein einheitliches<br />

Wahlrecht auf diepresse.-<br />

25<br />

com.<br />

* Die EU hat auch große<br />

Defizite bei der Gewaltentrennung.<br />

In der EU beschließt<br />

die Exekutive (= EU-<br />

Kommission und EU-Rat)<br />

Gesetze und Richtlinien. In<br />

einer Demokratie würde die<br />

Gesetzgebung vom gewählten<br />

Parlament erfolgen.<br />

* Ein EU-Abgeordneter<br />

kann im EU-Parlament nicht<br />

einmal einen Antrag einbringen.<br />

Das EU-Parlament ist<br />

daher großteils eine politische<br />

Showbühne, mehr nicht.<br />

4. Mittelfristig wird<br />

die Frage über die Konstitution<br />

der EU wohl immer<br />

dringlicher werden.<br />

In einer unserer (nicht<br />

repräsentativen) Onlineumfragen<br />

sprach sich<br />

die Mehrheit der Teilnehmer<br />

für die Schaffung<br />

eines Europas der<br />

Nationen, bzw. der Regionen<br />

aus. Die Idee der<br />

„Vereinigten Staaten von<br />

Europa“ scheint offenbar<br />

nicht viel Zustimmung zu<br />

finden. Wie soll die EU<br />

Ihrer Ansicht nach zukünftig<br />

organisiert sein?<br />

Wir von EU-STOP sind für<br />

den EU-Austritt Österreich.<br />

Unsere Vision ist ein Europa<br />

der freien, demokratischen<br />

und selbstbestimmten Staaten.<br />

Vielvölkerstaaten sind in<br />

Europa früher oder später<br />

wieder zerfallen. Das wird bei<br />

der EU vermutlich auch so<br />

sein. Die EU gehört mög-


lichst bald aufgelöst. Sie bedroht<br />

die Demokratie und<br />

den sozialen Frieden in Europa.<br />

5. EZB-Direktor Mario<br />

Draghi und die südeuropäischen<br />

Länder wollen<br />

die Eurobonds zur Finanzierung<br />

der europäischen<br />

Haushaltsdefizite<br />

einführen. Unterstützung<br />

erhalten sie hierbei<br />

von den Spitzenkandidaten<br />

der beiden größten<br />

Fraktionen, Jean-Claude<br />

Juncker (EVP) und Martin<br />

Schulz (S&D). Halten<br />

Sie diese Vergemeinschaftung<br />

von Schulden<br />

für sinnvoll?<br />

NEIN. Österreichisches<br />

Steuergeld muß in Österreich<br />

bleiben.<br />

6. In Österreich gilt<br />

der Euro oftmals als<br />

„Teuro“, obwohl die Inflationsrate<br />

seit Euroeinführung<br />

im Schnitt niedriger<br />

ist als zu Schillingzeiten.<br />

Wo sehen Sie die<br />

Vor- und Nachteile der<br />

Gemeinschaftswährung?<br />

Wäre Österreich ohne<br />

Euro heute Ihrer Ansicht<br />

nach besser oder<br />

schlechter gestellt?<br />

* Österreich wäre mit der<br />

eigenen Schilling-Währung<br />

wesentlich besser dran, als<br />

mit der Fremdwährung<br />

EURO. Nur mit einer österreichischen<br />

Währungspolitik<br />

kann auch eine für Österreich<br />

optimale Wirtschaftspolitik<br />

gemacht werden.<br />

* Der EURO ist eine derart<br />

schlechte und instabile Währung,<br />

dass diese Währung<br />

schon mehrmals mit Milliarden<br />

an Steuergeld gerettet<br />

werden mußte.<br />

* Der EURO ist tatsächlich<br />

eine TEURO. Ein Kilo Brot<br />

kostet in Österreich mittlerweile<br />

zwischen 45 – 70 Schilling<br />

!!! Bei Mieten, Auto,<br />

Strom usw. geht die Teuerungsrate<br />

immer mehr nach<br />

oben.<br />

* EU-STOP fordert die<br />

Rückkehr zum Schilling. Das<br />

war eine harte Währung, die<br />

nicht dauernd gerettet werden<br />

mußte.<br />

7. Das transatlantische<br />

Freihandelsabkommen<br />

TTIP wird angesichts der<br />

intransparenten Verhandlungen,<br />

der massiven<br />

Lobbyarbeit von<br />

Konzernen, sowie der<br />

abschreckenden Beispiele<br />

anderer derartiger Abkommen<br />

zwischen den<br />

USA und weiteren Ländern<br />

wohl zurecht kritisiert.<br />

Was halten Sie von<br />

diesem Abkommen?<br />

Nichts. Wir lehnen das<br />

TTIP-Freihandelsabkommen<br />

der USA mit der EU ab.<br />

8. Die Arbeitslosigkeit,<br />

insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit,<br />

in<br />

der EU ist – unter anderem<br />

als Folge der Austeritätspolitik<br />

– nach wie<br />

vor erschreckend hoch.<br />

Selbst Österreich vermeldet<br />

trotz hoher Beschäftigung<br />

rekordverdächtige<br />

Arbeitslosenzahlen.<br />

Welche Maßnahmen<br />

wollen Sie und Ihre<br />

26<br />

Partei im Rahmen der<br />

Möglichkeiten des Europäischen<br />

Parlaments setzen,<br />

um den Arbeitsmarkt<br />

wieder in<br />

Schwung zu bringen?<br />

* Produktion im Inland,<br />

statt im billigen Ausland. Nur<br />

so können Arbeitsplätze in<br />

Österreich geschaffen werden.<br />

* Regionalisierung statt<br />

Globalisierung. In Österreich<br />

brauchen wir keine Tomaten<br />

aus Marokko, Israel oder<br />

Niederlande. Die wachsen<br />

auch in Österreich. Das würde<br />

auch das Transitproblem<br />

(Verkehrslärm, Abgase, usw.)<br />

verkleinern.<br />

* Gewerbebetriebe entlasten,<br />

statt Banken zu subventionieren.<br />

* Einfuhrbeschränkungen<br />

zum Schutz der österreichischen<br />

Konsumenten und<br />

Bauern.<br />

* Wir werden im EU-Parlament<br />

überall dagegen stimmen,<br />

wo es Nachteile für Österreich<br />

und unser Volk gibt.<br />

9. In vielen Ländern<br />

Europas gibt es recht<br />

starke Sezessionsbewegungen.<br />

Schottland führt<br />

bald ein Referendum<br />

durch, Katalonien trotz<br />

des Verbots ebenso.<br />

Auch Venetien möchte<br />

sich von Italien lösen.<br />

Was halten Sie von diesen<br />

Bestrebungen?<br />

Auch die EU sollte Volksabstimmungen<br />

anerkennen.<br />

Jedes Volk sollte sein Selbstbestimmungsrecht<br />

wahrneh-


men können. Man kann auf<br />

Dauer ohnedies nicht gegen<br />

die Interessen der Mehrheit<br />

der Bevölkerung regieren.<br />

Der Austritt aus einem Staat<br />

oder der EU ist meist die<br />

Konsequenz aus der Unterdrückung<br />

durch zentrale Regierungen.<br />

Wir von<br />

EU-STOP erklären<br />

uns mit allen freiheitsliebenden<br />

Völkern,<br />

Staaten und<br />

Regionen solidarisch.<br />

<strong>10</strong>. Die Maidan-Revolutionäre<br />

wurden von<br />

der EU und den<br />

USA stark unterstützt.<br />

Wie inzwischen<br />

bekannt<br />

wurde, sollen bei<br />

den Unruhen in<br />

Kiew Scharfschützen<br />

aus dem<br />

„Rechten Sektor“<br />

für die Morde an<br />

Demonstranten<br />

und Polizisten<br />

verantwortlich<br />

sein. Heute stellen<br />

deren Mitglieder<br />

maßgebliche Teile der<br />

neu gegründeten Nationalgarde.<br />

Ebenso ist die<br />

Swoboda-Partei, auf deren<br />

Aufmärschen Hakenkreuzfahnen<br />

geschwungen<br />

werden, Teil der<br />

neuen Regierung und<br />

stellt in einigen westlichen<br />

Regionen die Gouverneure.<br />

Hat die EU Ihrer<br />

Ansicht nach mit der<br />

Unterstützung der Maidan-Koalition<br />

richtig gehandelt?<br />

Nein. Die EU sollte sich<br />

nicht in die inneren Angelegenheiten<br />

anderer Staaten<br />

einmischen. Weiters sollten<br />

Gelder der EU-Steuerzahler<br />

in der EU bleiben und nicht<br />

in die Ukraine oder in die<br />

Türkei fließen. Weiters ist die<br />

Robert Marschall, Spitzenkandidat<br />

der Liste „EU-STOP“ die sich als einzige<br />

Liste für einen Austritt Österreichs aus<br />

der Europäischen Union einsetzt.<br />

(Bild: Robert Marschall)<br />

EU-Außenpolitik nicht mit<br />

der österreichischen Neutralität<br />

vereinbar.<br />

11. Seit der Volksabstimmung<br />

auf der Krim<br />

(die schon 1991 ein Referendum<br />

darüber abhalten<br />

wollte) zugunsten<br />

der Rückkehr der Halbinsel<br />

zu Russland, sind<br />

die Beziehungen zwischen<br />

der EU und Russland<br />

auf einen Tiefpunkt<br />

angelangt. Halten Sie die<br />

daraufhin beschlossenen<br />

Sanktionen gegen Russland<br />

für gerechtfertigt,<br />

oder hätten Sie sich eine<br />

andere Vorgehensweise<br />

des Westens gewünscht?<br />

Ein erster Schritt zu einer<br />

europäischen Friedenspolitik<br />

wäre es, wenn die ganzen<br />

USA-Truppen und<br />

USA-Militärstützpunkte<br />

aus der EU<br />

hinausverbannt werden.<br />

Kein souveräner<br />

Staat kann fremde<br />

Soldaten und Militär<br />

auf eignen Hoheitsgebiet<br />

dulden.<br />

Österreich sollte jedenfalls<br />

keine Sanktionen<br />

gegen Russland<br />

verhängen. Österreich<br />

ist außerdem<br />

wesentlich mehr vom<br />

russischen Gas abhängig,<br />

als Russland<br />

von Österreich. D.h.<br />

die EU-Sanktionen<br />

gegen Russland sind<br />

für Österreich ein<br />

Vertrauensschaden<br />

gegenüber Russland,<br />

aber auch ein wirtschaftlicher<br />

Schaden.<br />

12. Soll Österreich angesichts<br />

der aktuellen<br />

weltpolitischen Lage auf<br />

die Neutralität verzichten<br />

und Mitglied der<br />

NATO werden?<br />

NEIN !!! Wir von EU-<br />

STOP tun alles, um eine NA-<br />

TO-Mitgliedschaft Österreichs<br />

zu verhindern und die<br />

Neutralität Österreichs beizubehalten.<br />

27


13. Wie bekannt wurde, zählt Österreich<br />

aufgrund der hohen Dichte an<br />

internationalen Einrichtungen, der<br />

geringen Größe das Landes, sowie<br />

zentralen Lage mit vielen mittel-osteuropäischen<br />

Nachbarn zu jenen Staaten,<br />

die vollumfänglich von den US<br />

Geheimdiensten überwacht werden.<br />

Sollte man Ihrer Meinung nach auf<br />

Ebene der EU deutlich mehr Druck<br />

auf die USA ausüben, damit die intensive<br />

Überwachungstätigkeit massiv<br />

eingeschränkt wird?<br />

Österreich braucht nicht auf die EU zu<br />

warten, sondern kann und sollte das selbst<br />

erledigen.<br />

<strong>14</strong>. Warum sollten die Österreicherinnen<br />

und Österreicher am 25. Mai<br />

ausgerechnet Ihnen und Ihrer Partei<br />

ihre Stimme geben?<br />

1. Bitte auch als EU-Gegner unbedingt<br />

wählen gehen. Eine Demokratie lebt – unter<br />

anderem – von Wahlen. Ohne Wahlen gäbe<br />

es entweder Chaos durch Anarchie oder<br />

Zwang durch Diktatur. Das wollen wir beides<br />

nicht. Wir wollen eine möglichst gute<br />

Vertretung des Volkes und des Volkswillens<br />

in den Parlamenten. Wir wollen die Demokratie<br />

nicht abschaffen, sondern stark verbessern,<br />

z.B. durch ein faires Wahlrecht und<br />

durch Direkte Demokratie mittels Volksabstimmungen,<br />

die vom Volk eingeleitet werden<br />

können.<br />

2. Weil das Ankreuzen der Liste "EU-<br />

STOP" der maximale Protest gegen die EU<br />

ist.<br />

3. Ca. 170.000 gültige Stimmen braucht<br />

EU-STOP – letzte Zeile am Stimmzettel –<br />

für ein Mandat. Jede Stimme ist ein deutliches<br />

Zeichen für den EU-Austritt Österreichs.<br />

4. Mit einem (x) für EU-STOP macht Österreich<br />

einen großen Schritt in Richtung<br />

Selbstbestimmung Österreichs.<br />

5. Damit die EU-Gegner im EU-Parlament<br />

eine Mehrheit bekommen. Dann wird<br />

sich sehr viel in unserem Sinne verändern.<br />

6. Wer in der Demokratie schläft, wacht<br />

in der Diktatur auf.<br />

Mehr zu unserem Programm gibt es hier.<br />

Deshalb am 25. Mai 20<strong>14</strong> (x) EU-STOP.<br />

15. Möchten Sie vielleicht noch ein<br />

paar Worte an unsere Leserinnen und<br />

Leser richten?<br />

EU-Wahl = Denkzettelwahl. Bitte verpassen<br />

sie den anderen 8 Pro-EU-Parteien (die<br />

nur mehr oder weniger EU-kritisch sind)<br />

einen ordentlichen Denkzettel und kreuzen<br />

Sie bei der kommenden EU-Wahl die Liste<br />

"EU-STOP" am Stimmzettel ganz unten in<br />

der letzten Zeile an.<br />

28


Angelika Werthmann (BZÖ)<br />

Mit der Europaabgeordneten<br />

Angelika<br />

Werthmann als Spitzenkandidatin<br />

geht das<br />

Bündnis Zukunft Österreich<br />

(BZÖ) ins Rennen<br />

um die begehrten Sitze<br />

im Europaparlament. Sie<br />

sitzt derzeit im Petitionsund<br />

Haushaltsausschuss<br />

und gilt als eifrige Verfechterin<br />

der Gleichstellung<br />

der Geschlechter.<br />

Noch 2009 für die Liste<br />

Hans-Peter Martin nach<br />

Straßburg gewählt, trat sie<br />

20<strong>10</strong> nach einem Disput um<br />

mangelnde Transparenz bei<br />

den Parteifinanzen aus der<br />

Delegation aus und schloss<br />

sich dann als parteifreie Abgeordnete<br />

der Fraktion der<br />

Liberalen und Demokraten<br />

(ALDE) an. Mit der Bekanntgabe<br />

der Kandidatur für das<br />

programmatisch eher rechtsliberale<br />

BZÖ wurde sie aus<br />

der Fraktion ausgeschlossen.<br />

01. Die EU steht wirtschaftlich,<br />

sozial und politisch<br />

vor großen Herausforderungen.<br />

Welche<br />

besonderen Akzente wollen<br />

Sie in diesen Bereichen<br />

mit Ihrer Partei in<br />

der kommenden Legislaturperiode<br />

setzen?<br />

Zusammen mit dem BZÖ<br />

will ich mich unter anderem<br />

für Beschäftigung, kleine –<br />

und mittelständische Betriebe<br />

(KMUs) sowie für die Bekämpfung<br />

der Arbeitslosigkeit<br />

einsetzen. Investitionen<br />

in Bildung, Forschung und<br />

Innovation sind notwendig,<br />

um die Wettbewerbsfähigkeit<br />

Österreichs und Europas<br />

auch künftig sicherstellen zu<br />

können. Wir treten für strikte<br />

Entbürokratisierung, die<br />

nachhaltige Kontrolle der<br />

Verwendung der Haushaltsmittel<br />

sowie eine effiziente<br />

Korruptionsbekämpfung ein.<br />

Darüber hinaus vertreten wir<br />

die Ansicht, dass das Mitspracherecht<br />

der europäischen<br />

BürgerInnen gestärkt<br />

werden muss. Bei weitgehenden<br />

Vertiefungsschritten fordern<br />

wir daher verpflichtende<br />

nationale Volksabstimmungen<br />

in allen Mitgliedsstaaten,<br />

welche rechtsverbindlich<br />

sind.<br />

02. Europapolitik gilt<br />

in Österreich trotz der<br />

enormen innenpolitischen<br />

Bedeutung für unser<br />

Land immer noch als<br />

Außenpolitik. Wird das<br />

Thema Europa Ihrer Ansicht<br />

nach hierzulande<br />

zu wenig forciert?<br />

Angesichts des Einflusses<br />

von Europapolitik auf das<br />

Leben jedes einzelnen Bürgers<br />

ist das Desinteresse eines<br />

großen Teils der Bevölkerung<br />

ein absolutes Problem.<br />

Hier herrscht nach wie vor<br />

Informationsbedarf. Für viele<br />

BürgerInnen ist die Vermittlung<br />

der Aufgaben der EU-<br />

Institutionen sowie des Gesetzgebungsprozesses<br />

zu weit<br />

29<br />

vom täglichen Leben entfernt<br />

und zu abstrakt gestaltet.<br />

Über verbesserte Transparenz,<br />

nachhaltige Kontrollen<br />

der lobbyistischen Tätigkeiten,<br />

mehr Bürgernähe und<br />

vor allem mehr Bürgerrechte<br />

kann es der Union gelingen,<br />

den BürgerInnen zu vermitteln,<br />

dass ihre Bedenken und<br />

Sorgen nicht nur wahr- sondern<br />

auch ernstgenommen<br />

werden.<br />

03. Vielen Menschen<br />

gilt die EU angesichts des<br />

enormen Lobbyapparats<br />

– insbesondere der Finanzindustrie<br />

– und der<br />

mächtigen Europäischen<br />

Kommission als bürgerfernes<br />

Gebilde. Das Europäische<br />

Parlament hat<br />

hierbei vergleichsweise<br />

wenig Einfluss, obwohl<br />

dessen Kompetenzen mit<br />

den Verträgen von Maastricht<br />

und Lissabon deutlich<br />

erweitert wurde.<br />

Wie demokratisch ist die<br />

EU Ihrer Ansicht nach<br />

wirklich?<br />

Der Begriff des Lobbyismus<br />

hat aufgrund zahlreicher<br />

Skandale in der Vergangenheit<br />

zu Recht eine negative<br />

Konnotation erhalten und<br />

jegliche illegale Praktiken<br />

müssen selbstverständlich<br />

bekämpft werden. Die Kommunikation<br />

zwischen Politik<br />

und Wirtschaft muss funktionieren,<br />

damit die Politik keine<br />

abgehobenen und wirtschaftsschädlichen<br />

Entscheidungen<br />

trifft, die letztlich


auch ein Nachteil für die<br />

BürgerInnen werden können.<br />

Unlautere Praktiken und<br />

Entscheidungsträger, die sich<br />

nur nach dem Sinn von Lobbyisten<br />

oder Großkonzernen<br />

und nicht nach dem Interesse<br />

der Bürgerinnen und Bürger<br />

richten, sind dabei allerdings<br />

vollkommen inakzeptabel.<br />

Im gesamten europäischen<br />

Apparat müssen<br />

Wege gefunden werden,<br />

diese Praktiken wirksam zu<br />

unterbinden und den BürgerInnen<br />

so das Vertrauen<br />

wiederzugeben.<br />

04. Mittelfristig wird<br />

die Frage über die Konstitution<br />

der EU wohl<br />

immer dringlicher werden.<br />

In einer unserer<br />

(nicht repräsentativen)<br />

Onlineumfragen sprach<br />

sich die Mehrheit der<br />

Teilnehmer für die<br />

Schaffung eines Europas<br />

der Nationen, bzw.<br />

der Regionen aus. Die<br />

Idee der „Vereinigten<br />

Staaten von Europa“<br />

scheint offenbar nicht<br />

viel Zustimmung zu finden.<br />

Wie soll die EU Ihrer<br />

Ansicht nach zukünftig<br />

organisiert sein?<br />

Das BZÖ und ich treten<br />

für ein starkes Österreich in<br />

einem gemeinsamen Europa<br />

ein. Der Kerngedanke souveräner<br />

und selbstständig<br />

handlungsfähiger Nationalstaaten<br />

liegt diesem Programm<br />

zugrunde. Der fortschreitende<br />

Zentralismus<br />

und die „Regulierungswut“<br />

werden zu Recht von vielen<br />

BürgerInnen kritisiert und<br />

wird uns auf diesem Weg in<br />

eine Sackgasse führen. Auch<br />

muss eine komplette Neuverhandlung<br />

des Vertrages von<br />

Lissabon in Betracht gezogen<br />

werden. Damit wäre eine<br />

souveränitätsorientierte<br />

(kompetenz-)rechtliche Reform<br />

der EU im Sinne eines<br />

Bundes Europäischer Staaten<br />

Angelika Werthmann, Spitzenkandidatin<br />

des BZÖ bei der<br />

Arbeit im Europäischen Parlament.<br />

(Bild: A. Werthmann)<br />

verbunden. Der Weg führt<br />

dabei weg von einem „Zentralstaat“,<br />

hin zu handlungsfähigen<br />

Staaten in einem<br />

produktiven Verbund mit<br />

massiv entbürokratisierten<br />

Institutionen.<br />

30<br />

05. EZB-Direktor Mario<br />

Draghi und die südeuropäischen<br />

Länder<br />

wollen die Eurobonds<br />

zur Finanzierung der europäischen<br />

Haushaltsdefizite<br />

einführen. Unterstützung<br />

erhalten sie<br />

hierbei von den Spitzenkandidaten<br />

der beiden<br />

größten Fraktionen,<br />

Jean-Claude Juncker<br />

(EVP) und Martin Schulz<br />

(S&D). Halten Sie diese<br />

Vergemeinschaftung von<br />

Schulden für sinnvoll?<br />

Ich bin strikt gegen eine<br />

Einführung von Eurobonds<br />

und der damit verbundenen<br />

Vergemeinschaftung von<br />

Schulden. Eine „Haftungs-<br />

und Schuldenunion“<br />

durch die Hintertür<br />

kommt für Österreich<br />

nicht in Frage. Eurobonds<br />

bedeuten ein unkalkulierbares<br />

Risiko<br />

und eine Belastung, die<br />

inakzeptabel sind. Wir<br />

werden für diese Probleme<br />

eine andere Lösung<br />

entwickeln, eine Lösung,<br />

die nicht auf den SteuerzahlerInnen<br />

und der<br />

Kreditwürdigkeit Österreichs<br />

lastet.<br />

06. In Österreich<br />

gilt der Euro oftmals<br />

als „Teuro“, obwohl<br />

die Inflationsrate seit<br />

Euroeinführung im<br />

Schnitt niedriger ist als<br />

zu Schillingzeiten. Wo<br />

sehen Sie die Vor- und<br />

Nachteile der Gemeinschaftswährung?<br />

Wäre<br />

Österreich ohne Euro<br />

heute Ihrer Ansicht nach<br />

besser oder schlechter<br />

gestellt?<br />

Die Diskussionen, die der<br />

Euro als Europäische Einheitswährung<br />

initiiert, müssen<br />

fernab von Polemik und<br />

schwammigen Argumentationslinien<br />

geführt werden.


Die Intensität, mit dem eine<br />

Einheitswährung die verschiedenen<br />

Volkswirtschaften<br />

innerhalb der Europäischen<br />

Union prägt, stellt ein<br />

gemeinsames Wirtschaftsbündnis<br />

vor großen Herausforderungen<br />

– das haben wir<br />

in der Wirtschaftskrise und<br />

bei den Rettungsaktionen für<br />

ganze Staaten deutlich gesehen.<br />

Diese gilt es nun, künftig<br />

sinnvoll zu meistern. Der<br />

Euro hat aber in jedem Fall<br />

dazu beigetragen, dass Reisen<br />

bedeutend einfacher geworden<br />

ist und dass regionale<br />

Wirtschaftsräume vor allem<br />

in den Grenzgebieten<br />

mehr voneinander profitieren<br />

können, Stichwort Euregio.<br />

07. Das transatlantische<br />

Freihandelsabkommen<br />

TTIP wird angesichts<br />

der intransparenten<br />

Verhandlungen, der<br />

massiven Lobbyarbeit<br />

von Konzernen, sowie<br />

der abschreckenden Beispiele<br />

anderer derartiger<br />

Abkommen zwischen<br />

den USA und weiteren<br />

Ländern wohl zurecht<br />

kritisiert. Was halten Sie<br />

von diesem Abkommen?<br />

Besonders nach den jüngsten<br />

Erkenntnissen rund um<br />

das Ausmaß der Spionage der<br />

NSA ist das Vertrauen der<br />

europäischen Bürger und<br />

Bürgerinnen verletzt. Ich verstehe<br />

das massive Misstrauen,<br />

das sie nun angesichts<br />

der intransparenten Verhandlungen<br />

empfinden. Die<br />

Europäische Union ist auch<br />

als Verbund von Nationalstaaten<br />

dazu verpflichtet, die<br />

Interessen der europäischen<br />

Bürgerinnen und Bürger<br />

nach außen hin zu vertreten<br />

und zu schützen. Die Europäische<br />

Kommission verhandelt<br />

in diesem Abkommen<br />

wesentlich zu umfassend<br />

ohne die Mitgliedsstaaten –<br />

eine Tatsache, die den Eindruck<br />

einer fernen und wenig<br />

vertrauenswürdigen Institution<br />

nur verstärkt. Ich bin<br />

der Ansicht, dass wir möglichst<br />

neue und transparente<br />

Verhandlungen brauchen, in<br />

denen die Öffentlichkeit und<br />

NGOs eine wesentliche Rolle<br />

spielen. Die BürgerInnen<br />

und Bürger sind von diesen<br />

Entscheidungen direkt betroffen<br />

und wollen verständlicherweise<br />

informiert sein.<br />

Unsere hohen europäischen<br />

Standards dürfen in keinem<br />

Fall Verhandlungsgegenstand<br />

werden, sie müssen bedingungslos<br />

erhalten bleiben.<br />

08. Die Arbeitslosigkeit,<br />

insbesondere die<br />

Jugendarbeitslosigkeit,<br />

in der EU ist – unter anderem<br />

als Folge der Austeritätspolitik<br />

– nach wie<br />

vor erschreckend hoch.<br />

Selbst Österreich vermeldet<br />

trotz hoher Beschäftigung<br />

rekordverdächtige<br />

Arbeitslosenzahlen.<br />

Welche Maßnahmen<br />

wollen Sie und Ihre<br />

Partei im Rahmen der<br />

Möglichkeiten des Europäischen<br />

Parlaments setzen,<br />

um den Arbeitsmarkt<br />

wieder in<br />

Schwung zu bringen?<br />

Die Arbeitslosigkeit und<br />

31<br />

insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit<br />

stellt ein großes<br />

Problem für Europa dar.<br />

Trotz der notwendigen Budgetkonsolidierung<br />

der Mitgliedstaaten<br />

ist es aber entscheidend,<br />

dass Investitionen<br />

in Bildung, die Schaffung<br />

von Arbeitsplätzen und die<br />

Förderung von KMUs nicht<br />

vernachlässigt werden um<br />

nachhaltiges Wachstum zu<br />

schaffen. Darüber hinaus<br />

sollten Maßnahmen getroffen<br />

werden um den Zugang von<br />

Hochschulabsolventen bzw.<br />

Absolventen einer Lehre, ins<br />

Berufsleben zu erleichtern.<br />

Denn gerade in der heutigen<br />

Zeit, welche durch eine weit<br />

verbreitete Krisenmentalität<br />

geprägt ist, sind viele Arbeitgeber<br />

nicht bereit, jungen<br />

Menschen eine Chance zu geben.<br />

Sparen steht in Europa<br />

auf der einen Seite, aber das<br />

dürfen wir in keinem Fall an<br />

der falschen Stelle tun. Die<br />

Jugend ist die Zukunft Europas<br />

und unsere Chance, dieser<br />

Krise nachhaltig zu begegnen.<br />

09. In vielen Ländern<br />

Europas gibt es recht<br />

starke Sezessionsbewegungen.<br />

Schottland führt<br />

bald ein Referendum<br />

durch, Katalonien trotz<br />

des Verbots ebenso.<br />

Auch Venetien möchte<br />

sich von Italien lösen.<br />

Was halten Sie von diesen<br />

Bestrebungen?<br />

Finanzielle Schwierigkeiten<br />

in den betreffenden Staaten<br />

oder kulturelle Identitäten<br />

wie im Fall von Katalonien<br />

tragen zu derartigen Be-


strebungen bei, mitunter bestehen<br />

derartige Bewegungen<br />

schon seit geraumer Zeit. Europa<br />

hat sich nicht zuletzt in<br />

dem Bestreben in einigen<br />

Punkten zur EU zusammengeschlossen,<br />

um unter den<br />

großen „global playern“ wie<br />

USA, Asien oder Südamerika<br />

einen stärkeren Standpunkt<br />

einnehmen zu können. Meiner<br />

Ansicht nach lebt Europa<br />

aber auch genau von der<br />

Vielfalt seiner Kulturen, die<br />

wir auch immer bestrebt sein<br />

müssen, zu wahren. Lokale<br />

und regionale Traditionen<br />

und Besonderheiten sind ein<br />

Merkmal Europas aber auch<br />

seiner Mitgliedsstaaten. Es<br />

sollte ein Ziel sowohl auf<br />

Ebene der EU als auch bei<br />

den Mitgliedsstaaten sein,<br />

die Diskrepanzen mit Regionen<br />

mit Sezessionsbewegungen<br />

abzubauen. Wege zu einem<br />

friedlichen und gleichberechtigten<br />

Miteinander<br />

müssen gefunden werden,<br />

denn mittel- bis langfristig<br />

werden zersplitterte Länder<br />

und Regionen in vielen Bereichen<br />

wie beispielsweise<br />

der Wirtschaft womöglich<br />

mit Einbußen zu rechnen haben.<br />

<strong>10</strong>. Die Maidan-Revolutionäre<br />

wurden von<br />

der EU und den USA<br />

stark unterstützt. Wie inzwischen<br />

bekannt wurde,<br />

sollen bei den Unruhen<br />

in Kiew Scharfschützen<br />

aus dem „Rechten<br />

Sektor“ für die Morde an<br />

Demonstranten und Polizisten<br />

verantwortlich<br />

sein. Heute stellen deren<br />

Mitglieder maßgebliche<br />

Teile der neu gegründeten<br />

Nationalgarde. Ebenso<br />

ist die Swoboda-Partei,<br />

auf deren Aufmärschen<br />

Hakenkreuzfahnen<br />

geschwungen werden,<br />

Teil der neuen Regierung<br />

und stellt in einigen<br />

westlichen Regionen<br />

die Gouverneure. Hat die<br />

EU Ihrer Ansicht nach<br />

mit der Unterstützung<br />

der Maidan-Koalition<br />

richtig gehandelt?<br />

Für Europa als „global actor“<br />

war es jedenfalls wichtig,<br />

sich für einen Weg zu entscheiden.<br />

Wie wir wissen,<br />

wurde zwischenzeitlich auch<br />

Kritik an der passiv-zurückhaltenden<br />

Strategie Europas<br />

laut. Europa – und dem kann<br />

ich mich anschließen – steht<br />

für eine Vorgehensweise des<br />

Dialogs, die Suche nach einer<br />

möglichst friedlichen Lösung<br />

und vor allem die Einhaltung<br />

der Grund- und Menschenrechte.<br />

11. Seit der Volksabstimmung<br />

auf der Krim<br />

(die schon 1991 ein Referendum<br />

darüber abhalten<br />

wollte) zugunsten<br />

der Rückkehr der Halbinsel<br />

zu Russland, sind<br />

die Beziehungen zwischen<br />

der EU und Russland<br />

auf einen Tiefpunkt<br />

angelangt. Halten Sie die<br />

daraufhin beschlossenen<br />

Sanktionen gegen Russland<br />

für gerechtfertigt,<br />

oder hätten Sie sich eine<br />

andere Vorgehensweise<br />

des Westens gewünscht?<br />

In den vergangenen Monaten<br />

und auch aktuell wird<br />

sich Europa zusehends der<br />

Rolle Russlands auf dem europäischen<br />

Festland bewusst.<br />

Eine klare Position der Europäischen<br />

Union ist richtungsweisend<br />

für den weiteren<br />

Verlauf internationaler Beziehungen<br />

mit der Russischen<br />

Föderation. Es ist derzeit<br />

noch sehr schwierig die<br />

tatsächlichen wirtschaftlichen<br />

Konsequenzen für die<br />

Europäische Union abzuschätzen,<br />

die die Sanktionspolitik<br />

mit sich bringen wird.<br />

12. Soll Österreich angesichts<br />

der aktuellen<br />

weltpolitischen Lage auf<br />

die Neutralität verzichten<br />

und Mitglied der<br />

NATO werden?<br />

Die Neutralitätsfrage führte<br />

bereits mit dem Beitritt<br />

Österreichs in die Europäische<br />

Union zu verfassungsrechtlichen<br />

Diskussionen.<br />

Fakt ist, dass dem Bedürfnis<br />

nach Sicherheit – gerade in<br />

Zeiten internationaler Aufruhr<br />

in unmittelbarer geografischer<br />

Distanz – mehr<br />

Beachtung denn je geschenkt<br />

werden soll. Österreich muss<br />

sich den Wert Neutralität bewusst<br />

vor Augen führen.<br />

13. Wie bekannt wurde,<br />

zählt Österreich aufgrund<br />

der hohen Dichte<br />

an internationalen Einrichtungen,<br />

der geringen<br />

Größe das Landes, sowie<br />

zentralen Lage mit vielen<br />

mittel-osteuropäischen<br />

Nachbarn zu jenen Staaten,<br />

die vollumfänglich<br />

32


von den US Geheimdiensten<br />

überwacht werden.<br />

Sollte man Ihrer<br />

Meinung nach auf Ebene<br />

der EU deutlich mehr<br />

Druck auf die USA ausüben,<br />

damit die intensive<br />

Überwachungstätigkeit<br />

massiv eingeschränkt<br />

wird?<br />

Das Ausmaß der Überwachung<br />

seitens der USA ist inakzeptabel<br />

und stellt einen<br />

enormen Vertrauensbruch<br />

dar, welcher die bilateralen<br />

Beziehungen nachhaltig<br />

schwächen könnte. Datenschutz<br />

und Privatsphäre der<br />

Bürgerinnen und Bürger haben<br />

in Europa einen ganz anderen,<br />

einen viel höheren<br />

Stellenwert und das müssen<br />

die USA dringend respektieren.<br />

Ich denke, Europa muss<br />

auch hier die Interessen seiner<br />

Bürgerinnen und Bürger<br />

vertreten und entsprechend<br />

auch seine Ansprüche und<br />

Forderungen durchsetzen.<br />

<strong>14</strong>. Warum sollten die<br />

Österreicherinnen und<br />

Österreicher am 25. Mai<br />

ausgerechnet Ihnen und<br />

Ihrer Partei ihre Stimme<br />

geben?<br />

Es ist mir ein großes Anliegen,<br />

die Arbeit, die ich begonnen<br />

habe, auch fortzusetzen.<br />

Es gibt viele Bürgerinnen<br />

und Bürger, die ich im<br />

Lauf der Arbeit der letzten<br />

Jahre kennenlernen durfte<br />

und deren Anliegen ich vertrete<br />

und unterstütze. Die<br />

Probleme der BürgerInnen<br />

enden nicht, nur weil eine<br />

Legislaturperiode endet. Ich<br />

stehe für eine konstruktive<br />

Sachpolitik, die sich an der<br />

Stimme der Menschen orientiert.<br />

Ich habe in den vergangenen<br />

fünf Jahren viel gearbeitet,<br />

um Verbesserungen in<br />

den Bereichen Bildung, Menschenrechte,<br />

Gleichbehandlung,<br />

Gesundheit, Energie,<br />

Umwelt oder Finanzen zu erreichen<br />

und ich stehe zu dieser<br />

Verantwortung. Diese Erfahrungen<br />

sind eine wertvolle<br />

Grundlage für eine effektive<br />

Politik in einer zweiten Legislaturperiode.<br />

15. Möchten Sie vielleicht<br />

noch ein paar<br />

Worte an unsere Leserinnen<br />

und Leser richten?<br />

Liebe LeserInnen,<br />

danke, dass Sie sich die<br />

Zeit genommen haben, diese<br />

Antworten zu lesen. Ich<br />

möchte Sie alle um zwei Dinge<br />

bitten: Setzen Sie sich mit<br />

unserem aber auch mit den<br />

anderen Wahlprogrammen<br />

kritisch auseinander. Ich bin<br />

überzeugt, dass Ihre Stimme<br />

in dieser Wahl wichtig ist,<br />

denn die EU betrifft uns alle.<br />

Daher meine zweite Bitte, gehen<br />

Sie wählen am 25. Mai!<br />

Für Unentschlossene gibt es auch zu dieser Europawahl wieder Wahlhilfen.<br />

Auf Basis einiger Fragen mit Bezug auf europäische Themen gibt<br />

es für die Wählerinnen und Wähler aus Österreich unter<br />

www.wahlkabine.at, sowie für die Wählerinnen und Wähler aus<br />

Deutschland unter www.wahl-o-mat.de/europawahl20<strong>14</strong>/ eine kleine<br />

Hilfestellung.<br />

Angesichts der recht wenigen und doch ziemlich selektiven Fragen<br />

werden zwar nur einige Bereiche abgedeckt, dennoch kann man sich<br />

damit im Falle der Unentschlossenheit vielleicht doch noch einen Ruck<br />

geben und sein Kreuz bei jener Partei machen, die am ehesten den eigenen<br />

Vorstellungen entspricht.<br />

33


Lugansk und Donezk:<br />

Referendum mit<br />

Symbolwert<br />

Bei einer Wahlbeteiligung<br />

von<br />

etwa 75 Prozent<br />

sollen nach Angaben der<br />

Organisatoren ganze<br />

89,7 Prozent der Bevölkerung<br />

in der südostukrainischen<br />

Region Donezk<br />

für die Unabhängigkeit<br />

von der Kiewer Putschregierung<br />

gestimmt<br />

haben. In Lugansk lag<br />

die Wahlbeteiligung mit<br />

rund 79 Prozent höher.<br />

Auch wenn die internationale<br />

Anerkennung<br />

fehlt, so darf man das<br />

Referendum nicht einfach<br />

ignorieren.<br />

Von Marco Maier<br />

Regulären demokratischen<br />

Standards wird das Referendum<br />

in den beiden Regionen<br />

zwar nicht gerecht, zumal<br />

Kiew keine aktuellen Wahlregister<br />

übermittelte und die<br />

Möglichkeit bestand mehrfach<br />

abzustimmen. Zu behaupten,<br />

das Ergebnis wäre<br />

völlig irrelevant geht jedoch<br />

ebenfalls nicht. Immerhin ist<br />

die Lage in diesen Gebieten<br />

deutlich differenzierter als es<br />

die Simplifizierungen der<br />

westlichen Massenmedien<br />

vermitteln.<br />

Was unsere Medien von<br />

Print bis TV veröffentlichen,<br />

ist eine völlig verzerrte Darstellung.<br />

So ist es zwar korrekt,<br />

dass es sich hier um Referenden<br />

zur Unabhängigkeit<br />

von Kiew handelt - doch handelt<br />

es sich hierbei um den<br />

Wunsch, nicht von jener Regierung<br />

Gesetze befolgen zu<br />

müssen, die von Rechtsextremisten<br />

unterstützt wird. Jenen<br />

Rechtsextremisten des<br />

Rechten Sektors, die als Nationalgarde<br />

große Teile des<br />

Landes terrorisieren und als<br />

brandmordender und vergewaltigender<br />

Mob Oppositionelle<br />

verfolgen.<br />

Die Organisatoren des Referendums<br />

haben immer wieder<br />

betont, dass die Regionen<br />

ein Teil der Ukraine bleiben<br />

sollen. Allerdings in einer föderalistischen<br />

Ukraine, in<br />

der die einzelnen Regionen<br />

des Landes deutlich mehr<br />

Freiheiten genießen. Würde<br />

es sich beispielsweise Bayern<br />

gefallen lassen, wenn eine<br />

rot-grüne Regierung einfach<br />

einen der eigenen Leute als<br />

Ministerpräsidenten des<br />

34<br />

Bundeslandes installieren<br />

würde? So ähnlich, nur viel<br />

extremer ist die Lage in der<br />

Ukraine. Dort setzte die Maidan-Koalition<br />

nach Gutdünken<br />

ihre Oligarchenfreunde<br />

als Gouverneure ein. Eine<br />

große Mehrheit der Bevölkerung<br />

in Donezk und Lugansk<br />

möchte ja nicht zu Russland,<br />

sondern weiterhin Teil der<br />

Ukraine bleiben. Von einer<br />

neofaschistischen Regierung<br />

die mit Panzern und Sturmtrupps<br />

auf die eigene Bevölkerung<br />

losgeht, wollen sie<br />

verständlicherweise nichts<br />

wissen.<br />

Wenn nun der Westen mit<br />

neuen Sanktionen gegen<br />

Russland droht, weil das Referendum<br />

trotz der westlichen<br />

Kritik stattgefunden<br />

hat, zeigt dies nur die völlige<br />

Indoktrinierung der europäischen<br />

Politiker durch das<br />

geistige Gift der USA. Was<br />

hätte Russland, was hätte<br />

Vladimir Putin denn dagegen<br />

unternehmen sollen?


Mit russischen Truppen einmarschieren und die Abstimmung verhindern? Manchmal<br />

hat man das Gefühl, dass an den diversen europäischen Schaltstellen der Macht Papiertüten<br />

sitzen die von der heißen amerikanischen Luft aufgeblasen werden. Und wenn man<br />

sie dann piekst, dann knallt es…<br />

Anstatt zu hetzen und zu sanktionieren wäre es vielmehr angebracht, sich intensiver<br />

und ausgeglichener mit der Situation auseinanderzusetzen. Nicht nur brav nachplappern<br />

was die Kiewer Propagandaschmiede UCMC produziert, sondern sich selbst ein Bild von<br />

der Lage zu machen. Warum entsendet die EU nicht einfach eine Delegation von ein paar<br />

Diplomaten, ergänzt durch Beobachter aus der Schweiz, sowie der ukrainischen Führung<br />

und Russlands in die Ukraine, um sich dann auf einer Rundreise direkt bei der Bevölkerung<br />

vor Ort zu informieren?<br />

Eklat zwischen Russland und<br />

Rumänien<br />

Ein vorher bereits<br />

genehmigter<br />

Flug über<br />

ukrainisches Staatsgebiet,<br />

welcher wieder zurück<br />

genommen wurde,<br />

sorgte gestern Abend für<br />

einen Eklat zwischen<br />

Russland und Rumänien.<br />

Von zwei ukrainischen<br />

MIG-29 zur Umkehr gezwungen,<br />

musste das<br />

Flugzeug wieder in der<br />

moldawischen Hauptstadt<br />

Chisinau landen.<br />

Das russische Verkehrsflugzeug<br />

befand sich auf<br />

dem Rückflug nach Moskau<br />

und war mit Regierungsmitgliedern,<br />

Mitarbeitern<br />

des russischen<br />

Außenministeriums und<br />

Duma-Abgeordenten besetzt.<br />

Von Andre Eric Keller<br />

Ein Verlassen Moldawiens<br />

wäre jetzt nur mehr über Rumänien<br />

möglich gewesen,<br />

welches jedoch ebenfalls keine<br />

Fluggenehmigung erteilte.<br />

So kam es, dass die Maschine<br />

zu einem längeren Aufenthalt<br />

in Chisinau gezwungen wurde.<br />

Nach Verhandlungen und<br />

Umbuchungen auf eine Linienmaschine<br />

konnte die<br />

Heimreise nach Moskau in<br />

der Nacht angetreten werden.<br />

Gleichzeitig wurde dem<br />

Vizepremier und Transnistrien-Beauftragten<br />

Russlands,<br />

Dmitri Rogosin, untersagt<br />

ukrainisches und rumänische<br />

Territorium zu überfliegen,<br />

welcher ebenfalls an den Feierlichkeiten<br />

zum Tag des Sieges<br />

über den Faschismus in<br />

Chisinau teilnehmen wollte.<br />

Rogosin wenig verlegen, richtete<br />

per Twitter aus, dass Rumänien<br />

nach Aufforderung<br />

der USA den Luftraum für<br />

ihn sperren ließ und er beim<br />

nächsten Mal mit einer TU<br />

160 vorbei kommen würde.<br />

Die Tupolew 160 ist ein russischer<br />

Langstreckenbomber.<br />

Erbost über die Drohung<br />

teilte das rumänische Außenministerium<br />

auf<br />

deren Homepage<br />

mit:<br />

„Das Ministerium<br />

für Auswärtige<br />

Angelegenheiten<br />

Rumäniens<br />

wertet das<br />

als eine sehr<br />

ernste Bedrohung,<br />

besonders<br />

im jetzigen regionalen Kontext.<br />

Wir ersuchen das Außenministerium<br />

Russlands,<br />

öffentlich zu präzisieren, ob<br />

die Erklärungen von Vizepremier<br />

Rogosin die offizielle<br />

Haltung der Regierung<br />

der Russischen Föderation<br />

zu Rumänien, einem Mitgliedsland<br />

der Nato und der<br />

EU, widerspiegeln.“<br />

35


Ukraine: Will die Nationalgarde<br />

Städte in Schutt und Asche legen?<br />

Wie das russische<br />

Portal<br />

"LifeNews"<br />

berichtet, soll die aus Anhängern<br />

des "Rechten<br />

Sektors" bestehende Nationalgarde<br />

der Volkswehr<br />

in Mariupol gestern<br />

ein Ultimatum gestellt<br />

haben. Sollten sie<br />

die Stadt nicht binnen 72<br />

Stunden kampflos übergeben,<br />

würden sie diese<br />

in Schutt und Asche legen.<br />

Von Marco Maier<br />

Offenbar wollen die Bandera-Anhänger<br />

an der zu 90<br />

Prozent von Russen bewohnten<br />

Stadt ein Exempel statuieren<br />

und mit deren Zerstörung<br />

wohl auch ein Eingreifen Russlands<br />

provozieren. So sollen<br />

rund um die Stadt schon 40<br />

"Grad" Mehrfach-Raketenwerfer<br />

positioniert worden sein,<br />

um damit eine maximale Wirkung<br />

beim Beschuss der Stadt<br />

zu erwirken.<br />

36<br />

Als der Journalist von Live-<br />

News in Mariupol war, gab es<br />

immer wieder Mörserbeschuss<br />

durch die Nationalgarde. Damit<br />

soll die Bevölkerung der<br />

Stadt scheinbar zermürbt werden,<br />

damit sie die Volkswehr<br />

zur Aufgabe drängen. Bedenkt<br />

man, dass für die radikalen<br />

ukrainischen Nationalisten das<br />

Leben von Russen nicht viel<br />

Wert besitzt, wie der kürzlich<br />

erfolgte Angriff verdeutlichte,<br />

darf man das Ultimatum nicht<br />

auf die leichte Schulter nehmen.<br />

Immerhin schossen Angehörige<br />

der Nationalgarde<br />

nicht nur auf bewaffnete Anhänger<br />

der Volkswehr, sondern<br />

– wie viele Videos zeigen<br />

– auch auf unbewaffnete Zivilisten.<br />

Es hängt nun von der Kiewer<br />

Junta ab, ob die ukrainischen<br />

Sturmabteilungen ihre<br />

Drohung tatsächlich in die Tat<br />

umsetzen. Wenn dies geschieht<br />

machen sich unsere<br />

Regierungen und Massenmedien<br />

mitschuldig an den Verbrechen.<br />

Sie sind es nämlich,<br />

die den Maidan-Putschisten<br />

die Treue halten.<br />

Info: Ein Video zur Feuerkraft<br />

der Grad-Raketenwerfer<br />

finden Sie im Onlineartikel.


Ukraine-Wahlen: Merkel und<br />

Hollande drohen Russland mit<br />

weiteren Sanktionen<br />

Wer braucht<br />

schon so etwas<br />

wie Logik,<br />

wenn Deutschlands<br />

Bundeskanzlerin Merkel<br />

und Frankreichs Präsident<br />

Hollande an "gemeinsamen<br />

Lösungen"<br />

arbeiten. So heißt es in<br />

einer gemeinsamen Erklärung<br />

der beiden Spitzenpolitiker:<br />

"Fänden<br />

keine international anerkannten<br />

Präsidentschaftswahlen<br />

statt, würde<br />

dies das Land unausweichlich<br />

weiter destabilisieren.<br />

Deutschland<br />

und Frankreich stimmen<br />

darin überein, dass in<br />

diesem Fall die entsprechenden<br />

Konsequenzen<br />

zu ziehen sind, wie sie<br />

der Europäische Rat am<br />

6. März 20<strong>14</strong> vorgesehen<br />

hat."<br />

Von Marco Maier<br />

Man muss sich hier die<br />

Frage stellen: Welchen Einfluss<br />

soll Russland auf die<br />

Wahlen in der Ukraine haben?<br />

Präsident Putin weiß<br />

ganz genau, dass eine direkte<br />

Unterstützung der Föderalisten<br />

und Sezessionisten im<br />

Süden und Osten des Landes<br />

massive diplomatische Auswirkungen<br />

hätte. Deshalb<br />

sind die Volksmilizen auch<br />

weitestgehend auf sich allein<br />

gestellt und wehren sich vorwiegend<br />

mit Uraltwaffen gegen<br />

die mittels westlicher<br />

Gelder höchgerüsteten<br />

Sturmtruppen der sogenannten<br />

"Nationalgarde".<br />

37<br />

Selbst wenn Putin die<br />

Menschen in der Ukraine<br />

auffordern würde, sich an<br />

den Wahlen zu beteiligen –<br />

sein Einfluss ist einfach zu<br />

gering. Umso absurder ist es,<br />

mit einer Ausweitung der antirussischen<br />

Sanktionen zu<br />

drohen. Als Vergleich: Man<br />

stelle sich vor, in Südtirol<br />

gäbe es wieder eine starke<br />

Bewegung die wieder zurück<br />

nach Österreich möchte, oder<br />

einfach die Eigenstaatlichkeit.<br />

Italien ginge mit Militär<br />

gegen die "Seperatisten" vor,<br />

doch Österreich hält sich aus<br />

diplomatischen Gründen<br />

weitestgehend heraus. Und<br />

nun drohen Deutschland und<br />

Frankreich Österreich mit<br />

Sanktionen, wenn die Südtiroler<br />

bei den italienischen<br />

Wahlen Probleme machen,<br />

weil zum Beispiel FPÖ und<br />

ÖVP die Seperatisten moralisch<br />

unterstützen. Wäre dies<br />

nicht auch völlig absurd?<br />

Zusammen mit dem polnischen<br />

Präsidenten Komorowski,<br />

der aus seinem Hass auf<br />

Russland keinen Hehl macht,<br />

lassen sich die europäischen<br />

Spitzenpolitiker schön vor<br />

den Karren spannen, der unseren<br />

Kontinent direkt in<br />

eine neue Ära des Kalten<br />

Kriegs führt. Und das, obwohl<br />

sie es eigentlich besser<br />

wissen müssten. Beinahe<br />

könnte man meinen, dass die<br />

westeuropäischen Regierungen<br />

im geopolitischen Ränkespiel<br />

lediglich Marionetten<br />

der Amerikaner sind. Putin<br />

ist eben kein Jelzin, der das<br />

Land günstig verscherbeln<br />

wollte.


Mariupol: Ukrainische Nationalgarde<br />

tötet über 20 Menschen<br />

Bei einem Sondereinsatz<br />

ukrainischer<br />

Einheiten in der<br />

Schwarzmeerstadt Mariupol<br />

wurden nach offiziellen<br />

Angaben der<br />

Kiewer Junta 21 Menschen<br />

getötet und Dutzende<br />

weitere verwundet.<br />

Die Verteidiger<br />

konnten demnach<br />

einen Angreifer töten<br />

und fünf weitere verwunden.<br />

Städtische Polizisten<br />

wurden von<br />

der "Nationalgarde"<br />

mit Granatwerfern beschossen,<br />

weil sie sich<br />

weigerten auf die Bewohner<br />

der Stadt zu<br />

schießen.<br />

Von Marco Maier<br />

Die vorwiegend aus Mitgliedern<br />

des Rechten Sektors<br />

bestehende "Nationalgarde"<br />

der Ukraine stürmte<br />

gestern mit Panzern und<br />

Infanterieeinheiten die nur<br />

rund 40 Kilometer von der<br />

russischen Grenze entfernte<br />

Stadt Mariupol (ca.<br />

480.000 Einwohner, davon<br />

rund 90 Prozent Russen).<br />

Dass dabei nicht nur<br />

"bewaffnete Seperatisten"<br />

verletzt und ermordet wurden,<br />

zeigt das Video in unserem<br />

Onlineartikel mit<br />

deutschen Untertiteln.<br />

Wie RIA Nowosti berichtet,<br />

haben die Nationalgardisten<br />

eine Polizeistation<br />

mit Granatwerfern<br />

beschossen, weil sie sich<br />

weigerten sich den Junta-<br />

Truppen anzuschließen<br />

38<br />

und auf Mitglieder der<br />

Volkswehr zu schießen.<br />

Junta-Innenminister Arsen<br />

Awakow hingegen sagte,<br />

dass etwa 60 Volkswehr-Milizen<br />

versucht haben<br />

sollen, die Polizeistation<br />

zu erstürmen. Dabei, so<br />

Awakow auf Facebook, seien<br />

rund 20 Mitglieder der<br />

Volkswehr getötet worden.


Timoschenkos dritte<br />

Revolution<br />

Julia Timoschenko<br />

ist eine Frau<br />

der klaren Worte.<br />

Noch ist unvergessen,<br />

wie sie sich erbötig gemacht<br />

hatte, Russlands<br />

Präsidenten Putin in den<br />

Kopf zu schießen und<br />

von der Notwendigkeit<br />

sprach, gegen die russische<br />

Minderheit in der<br />

Ukraine mit Atombomben<br />

vorzugehen. Jetzt, in<br />

überschaubarer Entfernung<br />

zum Wahltermin<br />

am 25. Mai, stellt sie<br />

klar, dass sie ein anderes<br />

Wahlergebnis als das,<br />

das sie zur Präsidentin<br />

macht, nicht anerkennen<br />

werde. Sollte sie nicht<br />

siegen, werde es eine<br />

weitere Revolution geben.<br />

„Wenn das Land<br />

einen anderen Präsidenten<br />

wählt – und ich habe<br />

eigentlich nur einen<br />

Konkurrenten –, so werden<br />

wir einen dritten Anlauf<br />

zur Revolution nehmen“,<br />

sagte sie.<br />

Von Florian Stumfall<br />

Mit dem einen Konkurrenten,<br />

den sie sieht, meint sie<br />

den Oligarchen, Finanzier<br />

des Rechten Sektors und<br />

Merkel-Gast Pjotr Poroschenko.<br />

Dieser führt in den<br />

Umfragen mit 33 Prozent, Timoschenko<br />

hat nur zehn. Allerdings<br />

geben diese Zahlen<br />

die Stimmungslage nur unzureichend<br />

wider. Denn die Erhebungen<br />

unterscheiden zwischen<br />

den Bürgern allgemein<br />

und denen, die auch zur<br />

Wahl gehen wollen. Bei diesen<br />

liegt Poroschenko sogar<br />

bei über 48 Prozent. Rechnet<br />

man dennoch mit einer<br />

Stichwahl, so dürften bei der<br />

großen Zahl von Kandidaten<br />

– 23 sind zugelassen – noch<br />

erhebliche Stimmen auf ihn<br />

entfallen. Jedenfalls hat Timoschenko<br />

keine Chance,<br />

woran sie aber auch selbst<br />

schuld ist. So hat sie ein Zusammengehen<br />

mit einem anderen<br />

Kandidaten ausgeschlagen.<br />

Das hatten der frühere<br />

Gouverneur von Charkow,<br />

Michail Dobkin, und<br />

auch Vitali Klitschko die einzige<br />

Chance gegen Poroschenko<br />

bezeichnet. Dobkin<br />

hatte gesagt, er wäre bereit,<br />

im Interesse von Stabilität<br />

und Ruhe in der Ukraine<br />

„selbst mit dem Teufel oder<br />

einer Hexe zu paktieren“.<br />

Timoschenko glaubt, das<br />

Rennen mit Versprechungen<br />

doch noch zu machen. So erklärt<br />

sie die Notwendigkeit,<br />

ihr die Stimme zu geben, mit<br />

der Behauptung, nur sie könne<br />

die Korruption beenden.<br />

Nun gibt es keine Zweifel,<br />

dass sie sich mit der Korruption<br />

in der Ukraine bestens<br />

auskennt, aber nicht wegen<br />

ihrer Versuche, sie zu beenden.<br />

Ein weiteres Versprechen<br />

der Timoschenko betrifft<br />

die EU-Politik. In ihrem<br />

Wahlprogramm heißt es:<br />

„Das Abkommen über die Assoziierung<br />

mit der Europäischen<br />

Union, einschließlich<br />

der Gründung einer Freihandelszone<br />

und der Abschaffung<br />

der Visumpflicht für die<br />

Bürger der Ukraine, soll noch<br />

20<strong>14</strong> unterzeichnet werden.<br />

Zudem wird ein Mechanismus<br />

zur Koordinierung der<br />

Politik der europäischen Integration<br />

ins Leben gerufen.“<br />

Und ein weiteres: „Zu verstärken<br />

ist die Kooperation<br />

mit der EU im Bereich der Sicherheit<br />

und Verteidigung<br />

sowie der allgemeinen Außenpolitik<br />

und der Politik der<br />

Sicherheit“.<br />

Je nach Geschmack als<br />

Versprechen oder als Drohung<br />

kann man Timoschenkos<br />

Ankündigung auffassen,<br />

den jetzigen Putsch-Premier<br />

Jazenjuk im Amt zu lassen.<br />

Sie erklärte: „Im Fall meines<br />

Sieges – genauer gesagt,<br />

nach meinem Sieg – wird Arseni<br />

Jazenjuk das Amt des<br />

Regierungschefs weiter innehaben.“<br />

39


Osteuropa: Die NATO rückt vor<br />

In der Kriminologie<br />

gibt es eine<br />

unumstößliche<br />

Regel, wonach der Täter<br />

zunächst unter denen<br />

gesucht wird, die einen<br />

Vorteil von der Tat haben.<br />

Daran fühlt sich erinnert<br />

wer feststellt,<br />

dass die NATO, die den<br />

Umsturz in der Ukraine<br />

verursacht hat, wegen<br />

der dortigen Zustände<br />

erwägt, in Osteuropa<br />

dauerhaft Truppen-Kontingente<br />

zu stationieren.<br />

Darüber berichtet die<br />

Agentur Reuters und beruft<br />

sich dabei auf den<br />

Obersten NATO-Befehlshaber<br />

Europa, US-General<br />

Philip Breedlove.<br />

Von Florian Stumfall<br />

„Ich glaube, dass die ständige<br />

Truppenstationierung<br />

in Osteuropa das ist, worüber<br />

wir nachdenken müssen.<br />

Wir werden das den<br />

Spitzenvertretern unserer<br />

Länder zur Erörterung vorlegen,<br />

um zu sehen, zu welchem<br />

Ergebnis das führen<br />

wird“, sagte Breedlove. Bisher<br />

werden die NA-<br />

TO-Streitkräfte in Osteuropa<br />

routinemäßig ausgewechselt.<br />

Mit einer ständigen Stationierung<br />

wird gleichzeitig<br />

die Absicht erörtert, die<br />

fraglichen Einheiten merklich<br />

zu verstärken. In diesem<br />

Zusammenhang rief NATO-<br />

Generalsekretär Anders<br />

Fogh Rasmussen die europäischen<br />

NATO-Mitglieder<br />

dazu auf, ihre Rüstungsausgaben<br />

zu erhöhen. Russland<br />

benehme sich mehr als Gegner<br />

denn als Partner, erklärte<br />

er.<br />

Mit einem Hinweis auf<br />

die internationale Rechtslage<br />

reagierte Russlands Außenminister<br />

Lawrow auf die<br />

Truppenverstärkung der<br />

NATO. „Was die Pläne angeht,<br />

die militärische Präsenz<br />

der NATO-Kräfte auf<br />

den Territorien osteuropäischer<br />

Mitglieder auszubauen,<br />

so gehen wir davon aus,<br />

dass es in den Beziehungen<br />

zwischen Russland und der<br />

NATO bestimmte Regeln<br />

gibt“, erinnerte er und wies<br />

in diesem Zusammenhang<br />

unter anderem auf die Erklärung<br />

von Rom aus dem<br />

Jahr 2002 über die Zusammenarbeit<br />

Russland-NATO<br />

sowie auf die Grundakte des<br />

Russland-NATO-Rats hin.<br />

Danach darf es keine ständige<br />

militärische Präsenz der<br />

NATO in Osteuropa geben.<br />

„Wir haben entsprechende<br />

Fragen an die Nordatlantische<br />

Allianz gerichtet“, so<br />

Lawrow. Eine Antwort steht<br />

noch aus.<br />

In einem Gespräch mit<br />

seinem russischen Amtskollegen<br />

Schoigu erklärte US-<br />

Kriegsminister Hagel, die<br />

Aktionen der NATO – so<br />

40<br />

auch das derzeitige Manöver<br />

in Polen – trage „keinen<br />

provokatorischen respektive<br />

expansionistischen Charakter“.<br />

Möglich allerdings,<br />

dass die russische Seite dies<br />

nicht für bare Münze<br />

nimmt. Der frühere Leiter<br />

der Verwaltung für internationale<br />

Kooperation beim<br />

russischen Verteidigungsministerium,<br />

Generalleutnant<br />

Jewgeni Buschinski, stellte<br />

die Überlegung an, Russland<br />

könnte im Gegenzug Iskander-Raketen<br />

in der Exklave<br />

Königsberg aufstellen. Diese<br />

Raketen wären eine ideale<br />

technische Antwort auf den<br />

Raketenschirm, den die<br />

NATO gegen Russland in<br />

Stellung bringen will.<br />

Noch vor einem halben<br />

Jahr, als die Beziehungen<br />

zwischen Russland und dem<br />

Westen noch nicht so belastet<br />

waren, hatte Präsident<br />

Putin erklärt, die endgültige<br />

Entscheidung über die Iskander-Aufstellung<br />

sei noch<br />

nicht getroffen. Derzeit, so<br />

fuhr er damals fort „müssen<br />

wir niemanden schützen,<br />

aber niemand sollte die anderen<br />

zu Gegenschritten<br />

provozieren.“ Das hat sich<br />

mittlerweile gründlich geändert.


Gleiwitz 2.0 – Ukrainische<br />

False-Flag-Pläne<br />

Nicht erst seit<br />

dem Überfall<br />

auf den Sender<br />

Gleiwitz, durch den der<br />

Zweite Weltkrieg ausgelöst<br />

wurde, ist das System<br />

bekannt: Will man<br />

einen Krieg und die<br />

Schuld dafür anderen in<br />

die Schuhe<br />

schieben, so<br />

baut man umgangssprachlich<br />

einen „Türken“.<br />

Beim Beispiel<br />

Gleiwitz wurden<br />

deutsche Soldaten<br />

in polnische<br />

Uniformen gesteckt<br />

und mit<br />

dem Auftrag,<br />

den deutschen<br />

Sender zu überfallen,<br />

losgeschickt.<br />

Dann hieß es: Haltet den<br />

Dieb. Heute nennt man<br />

so etwas auf Neudeutsch<br />

False-Flag-Operation.<br />

Auch der Regierung in<br />

Kiew ist die Methode offenbar<br />

nicht unbekannt.<br />

Von Florian Stumfall<br />

Nach wie in solchen Fällen<br />

immer etwas schemenhaften<br />

Informationen hat der ukrainische<br />

Inlandsgeheimdienst<br />

SBU Hunderte von russischen<br />

Armeeuniformen und<br />

gefälschte russische Militärausweise<br />

nach Donezk geschmuggelt.<br />

Sinn des Unternehmens,<br />

so es denn ausgeführt<br />

wird, ist es, eigene<br />

Leute in diese Uniformen zu<br />

stecken und damit einen<br />

Überfall auf ukrainische<br />

Grenztruppen durchzuführen.<br />

Dabei sollen auch geeignete<br />

Medienvertreter dabei<br />

sein, damit man die Untat<br />

vor der Weltöffentlichkeit<br />

würde verbreiten können.<br />

„Der SBU hat rund 200 Uniformsätze<br />

der russischen Armee<br />

und etwa 70 Dienstausweise<br />

russischer Truppenoffiziere<br />

aus Kiew nach Donezk<br />

gebracht“, so der Informant<br />

aus Kiew, der aus Sicherheitskreisen<br />

stammen soll.<br />

Wie es weiter heißt, will<br />

man bei dem Unternehmen<br />

auf die professionelle Mitarbeit<br />

des Rechten Sektors<br />

nicht verzichten. Es seien 15<br />

seiner Schläger in die Ortschaft<br />

Melowoje nahe der<br />

Grenze zu Russland verlegt<br />

worden. Sie sollen einen russischen<br />

Soldaten fangen,<br />

denn man dann als Beleg für<br />

einen russischen Überfall<br />

vorführen könnte. Auch habe<br />

man in Welikaja Nowosjolka,<br />

das rund 50 km westlich von<br />

Donezk, liegt eine ukrainische<br />

Panzer-Einheit mit russischen<br />

Fahnen versehen.<br />

Dem Informanten zufolge<br />

steht diese Provokation unmittelbar<br />

bevor, sie soll am 8.<br />

und 9. Mai<br />

durchgezogen<br />

werden.<br />

Wenn einerseits<br />

solche<br />

Manöver<br />

zum taktischen<br />

Allgemeingut<br />

aller<br />

üblen Regierungen<br />

gehören,<br />

hat sich<br />

andererseits<br />

der SBU spezialisiert,<br />

was seine Finanzierung<br />

angeht. Aus dem Verteidigungsministerium<br />

verlautet,<br />

das Pentagon liefere dem<br />

ukrainischen Grenzdienst<br />

spezielle Ausrüstungen für<br />

den SBU. „Die US-Botschaft<br />

in Kiew hat Kraftstoffpumpen,<br />

Drahtsperren, Akkumulatoren,<br />

Ersatzteile für Kraftfahrzeuge,<br />

Feldstecher und<br />

Verbindungsmittel gekauft<br />

und an ukrainische Grenzer<br />

übergeben, damit sie all das<br />

für die Beobachtung und die<br />

Grenzsicherung nutzen können“,<br />

sagte Pentagon-Sprecher<br />

Steven Warren.<br />

41


Neue ukrainische Demokratie:<br />

Kommunisten aus dem Parlament<br />

entfernt<br />

Wie kürzlich<br />

bekannt<br />

wurde, hat<br />

das ukrainische Parlament,<br />

welches inzwischen<br />

überwiegend aus<br />

Vertretern der Maidan-<br />

Koalition und Überläufern<br />

besteht, die Kommunistische<br />

Partei vor<br />

einer Debatte über den<br />

Militäreinsatz im Osten<br />

des Landes aus dem Parlament<br />

geworfen.<br />

Von Marco Maier<br />

Weil die Kommunisten in<br />

der ukrainischen Rada "wegen<br />

seperatistischen Redeauftritten"<br />

aufgefallen waren,<br />

mussten sie nach einem Beschluss<br />

der Mehrheit der Abgeordneten<br />

das Plenum verlassen.<br />

Einzelne Abgeordnete<br />

riefen nach Angaben von RIA<br />

Nowosti sogar dazu auf, die<br />

Kommunistische Partei ganz<br />

zu verbieten und betitelten<br />

deren Anhänger als "Verbrecher".<br />

Angesichts dieser Entwicklungen<br />

fühlt man sich in<br />

die Zeit der Weimarer Republik<br />

zurückversetzt, als die<br />

KPD 1933 zuerst mit massiven<br />

Repressionen belegt und<br />

schlussendlich verboten wurde.<br />

Man muss sich fragen, ob<br />

die vorwiegend aus Rechtsparteien<br />

bestehende Kiewer<br />

42<br />

Oligarchenjunta nicht auch<br />

schon die Errichtung von<br />

Konzentrationslagern plant,<br />

um dort die politischen Gegner<br />

und Angehörige der russischen<br />

Minderheit zu inhaftieren.


Selbst die Springerpresse,<br />

die<br />

immer die<br />

Schmiere liefert, wenn es<br />

nötig ist, die transatlantische<br />

Achse zu fetten,<br />

kann nicht mehr leugnen,<br />

dass in der Ukraine<br />

US-Söldner auf Seiten<br />

der Kiewer Junta kämpfen.<br />

Von Florian Stumfall<br />

Experten haben schon Anfang<br />

April darauf hingewiesen<br />

und auch das „<strong>Contra</strong>-<br />

Magazin“ hat frühzeitig darüber<br />

berichtet (siehe hier).<br />

Die Kommandos sind von<br />

„Greystone“ entsandt, einem<br />

Zweig der weltgrößten Söldner-Firma<br />

„Academi“, die<br />

Blackwater: Die<br />

Söldnertruppe<br />

fürs Grobe<br />

unter ihrem eigentlichen Namen<br />

„Blackwater“ bekannt<br />

geworden ist und abscheuliche<br />

Brutalitäten begangen<br />

hat. Ihr Einsatz in der Ukraine<br />

gibt Gelegenheit, sie ein<br />

wenig näher zu betrachten.<br />

Gründer des Unternehmens<br />

war Erik Dean Prince,<br />

im Jahr 1969 in ein reiches<br />

Elternhaus geboren. Nach einer<br />

abenteuerlichen Laufbahn<br />

– er war Leutnant bei<br />

den US Navy Seals, bei denen<br />

er einige Auslandseinsätze<br />

bestritt und unter anderem<br />

vorübergehend Mitglied eines<br />

CIA-Killer-Kommandos<br />

– zog er sich mit seinem ererbten<br />

Vermögen nach Virginia<br />

Beach zurück und gründete<br />

dort zusammen mit Al<br />

43<br />

Clark das Sicherheitsunternehmen<br />

„Blackwater USA“.<br />

Die Firma versteht sich als<br />

Dienstleister in allen Fragen<br />

der Sicherheit, vom Personenschutz<br />

bis zum Kriegseinsatz.<br />

Ihr größter Kunde ist<br />

die Regierung der Vereinigten<br />

Staaten von Amerika.<br />

Über Art und Charakter<br />

einer Truppe, deren Mitglieder<br />

das Töten für Geld als ihren<br />

Beruf begreifen, soll man<br />

sich keine Illusionen machen.<br />

So ist auch die Liste<br />

der Untaten von „Blackwater“<br />

überlang, ein Vorfall<br />

aber hat sogar den Weg in<br />

die Tagespresse gefunden,<br />

das Massaker vom Nissur-<br />

Platz. Dieser liegt im Zentrum<br />

von Bagdad, und im


Jahr 2007 war natürlich auch „Blackwater“<br />

an Ort und Stelle, weil man im Rahmen<br />

des Irak-Kriegs gut zu töten und zu verdienen<br />

hatte. Auf diesem Platz nun geriet ein<br />

LKW der „Blackwater“ in einen Verkehrsstau,<br />

worauf die Söldner ihre MP herausrissen<br />

und 17 Menschen töteten sowie 24<br />

schwer verletzten.<br />

Das war nun auch für ihre Verhältnisse<br />

ein starkes Stück. Die irakischen Behörden<br />

wollten daraufhin „Blackwater“ die Lizenz<br />

entziehen – sowas gab es wirklich – aber es<br />

stellte sich heraus, dass die Firma ohnehin<br />

mit eigener Genehmigung agierte. Doch das<br />

störte nicht weiter. Fünf Tage nach dem<br />

Massaker auf dem Nissur-Platz tat Blackwater<br />

wieder, als wäre nichts geschehen. Allerdings<br />

gab es einen kleinen Epilog in den<br />

USA. Vorfälle dieser Art hatten sich bereits<br />

gehäuft, sodass das State Department wegen<br />

288 Verstöße gegen Gesetze der USA eine<br />

Buße von 42 Millionen Dollar verfügte. Mit<br />

dieser Summe kann man „Blackwater“ nicht<br />

einmal eine Woche mieten. Die Zahlung bewirkte,<br />

dass gegen keinen der Söldner Klage<br />

erhoben wurde.<br />

Daran und nicht nur an dem geschäftlichen<br />

Verhältnis zwischen der US-Regierung<br />

und „Blackwater“, das sich nach dem Massaker<br />

am Nissur-Platz in „Academi“ umbenannte,<br />

sieht man die engen Verbindungen.<br />

„Academi“ macht für die US-Regierung die<br />

Drecksarbeit in der Ostukraine, und das<br />

Weiße Haus kann sich jederzeit darauf herausreden,<br />

es handele sich dabei um eine private<br />

Firma, und sei für sie, die Regierung,<br />

ohne Belang.<br />

Übrigens verkaufte der Gründer Prince<br />

anno 20<strong>10</strong> seine Firma, die dann "Xe Services"<br />

hieß, an eine Investorengruppe. Erstaunlich,<br />

wer zutage tritt, wenn man näher<br />

nachforscht: Hinter jener Gruppe verbirgt<br />

sich nach verschiedenen Quellen der Agrarmulti<br />

„Monsanto“. Aber warum soll der<br />

Konzern keine Söldner beschäftigen? Er<br />

stellt ja unter anderem auch chemische<br />

Kampfmittel her.<br />

44


USA: Verfassung auf dem<br />

Prüfstand<br />

Wie jede andere<br />

halbwegs<br />

vernünftige<br />

Verfassung regelt auch<br />

diejenige der USA die<br />

Möglichkeit von Änderungen<br />

und Ergänzungen.<br />

Dazu gibt es zwei<br />

Wege. Der eine besteht<br />

darin, dass Senat und<br />

Repräsentantenhaus mit<br />

jeweils zwei Dritteln<br />

Mehrheit eine Änderung<br />

vornimmt. Das ist die übliche<br />

Vorgehensweise.<br />

Die andere ist Sache der<br />

Bundesstaaten. Fordern<br />

zwei Drittel von ihnen<br />

die sogenannte Verfassungsversammlung,<br />

dann muss diese eingerichtet<br />

werden. Das ist<br />

allerdings in der Geschichte<br />

der USA noch<br />

nie geschehen, wahrscheinlich<br />

auch deshalb,<br />

weil die Befugnisse der<br />

Verfassungsversammlung<br />

schlechthin unbegrenzt<br />

sind. Im äußersten<br />

Fall kann sie die Verfassung<br />

abschaffen, das<br />

heißt, die ganze USA auflösen.<br />

Von Florian Stumfall<br />

Michigan hatte noch gefehlt.<br />

Die zwei Drittel der<br />

Bundesstaaten waren fast beeinander,<br />

einer fehlte noch,<br />

dann sagte auch Michigan ja<br />

zur Verfassungsversammlung,<br />

die nun eingerichtet werden<br />

muss. Die Regierung in Washington<br />

ist entsetzt. Vergebens<br />

hatte sie immer wieder<br />

einzelne Staaten oder Abgeordnete<br />

bearbeitet, das Vorhaben<br />

abzulehnen, und vorübergehend<br />

revozierten auch<br />

einzelne ihre Zustimmung,<br />

kehrten aber dann wieder zu<br />

ihrem Entschluss zurück.<br />

Gründe dafür gibt es mehrere.<br />

So haben die Staatsschulden<br />

die Marke von 15 Billionen<br />

Dollar überschritten, das<br />

sind 45.000 Dollar pro Kopf,<br />

für Mann, Maus und Kind.<br />

Gleichzeitig driftet die Gesellschaft<br />

auseinander, die Armen<br />

werden nicht nur ärmer,<br />

sondern auch mehr, dabei<br />

steigen die Sozialausgaben ins<br />

Unermessliche. Auf der anderen<br />

Seite konzentriert sich der<br />

Reichtum bei wenigen. 20<br />

Prozent der Bevölkerung halten<br />

84 Prozent des Vermögens.<br />

Zum anderen hat eine<br />

Mehrheit der Bevölkerung,<br />

ebenso wie die Bürger fast aller<br />

anderen Staaten der Welt,<br />

die ständigen Kriege satt, die<br />

die USA allein oder im Verein<br />

mit der NATO führen. Auch<br />

dieses Problem hat natürlich<br />

unter anderem mit Geld zu<br />

tun.<br />

So wendet sich der Blick<br />

auf die Federal Reserve Bank,<br />

der finanztechnischen Herzkammer<br />

des Staates. Diese<br />

wurde im Jahre 1913 unter<br />

dem willfährigen Präsidenten<br />

Wilson privatisiert, seither<br />

hat der Dollar 98 Prozent von<br />

seinem Wert verloren. Die<br />

Fed besteht aus zwölf einzelnen<br />

Notenbanken, von denen<br />

die New Yorker die wichtigste<br />

ist. Sie macht die Geldpolitik<br />

der USA. Derzeit druckt sie jeden<br />

Monat 50 Milliarden Dollar,<br />

für die der Staat bei der<br />

Fed in der Kreide steht. Den<br />

Umfang des Geldruckens bestimmt<br />

die Fed, nicht die Regierung,<br />

und damit bestimmt<br />

sie auch, was sie von dieser an<br />

Zins und Tilgung einstreichen<br />

möchte. Und wem gehört die<br />

Fed nun eigentlich? Richtig!<br />

Den Finanz-Oligarchen in der<br />

Wall Street.<br />

Dies ist das Grundproblem,<br />

an dem die USA kranken,<br />

denn nur dieses Konstrukt hat<br />

es ermöglicht, dass seit Jahrzehnten<br />

die Hochfinanz die<br />

Politik des Landes lenkt und<br />

leitet. Deshalb werden Kriege<br />

geführt und deshalb werden<br />

die Armen immer mehr und<br />

ärmer. Doch es scheint Kräfte<br />

zu geben, die die Hoheit über<br />

das Geld wieder dem Staat<br />

übertragen möchten. Kennedy<br />

hatte es versucht, ist aber<br />

zufällig erschossen worden.<br />

Gelänge die Verstaatlichung<br />

des Geldwesens, so hätte das<br />

weiterreichende Folgen als<br />

eine Amtsenthebung der Regierung,<br />

wozu die Verfassungsversammlung<br />

das Recht<br />

ebenso hat wie zum Austritt<br />

aus der NATO oder dem Beschluss,<br />

alle Haftung für die<br />

Staatsschulden abzulehnen.<br />

45


Die OECD-Volkswirte<br />

haben offenbar<br />

keine<br />

Lehren aus den Erfahrungen<br />

der letzten Jahre<br />

gezogen. Zur Ankurbelung<br />

der Inflation soll die<br />

EZB auf Wunsch der<br />

OECD erneut eine Zinssenkung<br />

durchführen.<br />

Damit würde jedoch<br />

hauptsächlich die Finanzindustrie<br />

weiter gemästet,<br />

während die Realwirtschaft<br />

weiterhin mit<br />

Problemen kämpft.<br />

Von Marco Maier<br />

Der stellvertretende Generalsekretär<br />

der OECD, Rintaro<br />

Tamaki, riet der EZB<br />

"neue Maßnahmen zu ergreifen".<br />

Damit sprach er die<br />

Senkung des Leitzinses von<br />

derzeit 0,25 Prozent auf 0,00<br />

Prozent an. Weiters sollen<br />

nach Tamakis Vorstellungen<br />

Banken die Geld bei der EZB<br />

"zwischenparken" mit einem<br />

Strafzins belegt werden, um<br />

so die Vergabefreudigkeit<br />

von Krediten anzukurbeln.<br />

OECD verlangt von<br />

EZB Zinssenkung<br />

Als ob dies nicht genug<br />

wäre, gebärt sich die OECD<br />

als Anwalt der Finanzindustrie.<br />

"Ankäufe von Staatsoder<br />

Unternehmensanleihen<br />

oder Programme zur Förderung<br />

der Kreditvergabe der<br />

Banken an den privaten<br />

Nichtfinanzsektor wären<br />

ebenfalls denkbar", so Tamaki.<br />

Damit soll die Inflationsrate<br />

wieder näher an die<br />

Marke von 2 Prozent gehoben<br />

werden.<br />

Für die Ökonomen der<br />

OECD gilt demnach das Credo:<br />

Eine Schuldenkrise löst<br />

man mit neuen Schulden.<br />

Privathaushalte und Unternehmen<br />

sollen sich noch weiter<br />

verschulden, damit die<br />

Wirtschaft in Gang kommt.<br />

Irgendwie klingt das so, als<br />

wenn man den Feuerwehren<br />

sagt, sie sollen die Wassertanks<br />

ihrer Löschfahrzeuge<br />

mit Benzin und Diesel auffüllen<br />

und damit brennende<br />

Häuser löschen.<br />

Wohin uns dieses schuldeninduzierte<br />

Wachstum geführt<br />

hat, haben wir während<br />

der letzten Jahre sehr gut gesehen.<br />

Nun eine neue Verschuldungswelle<br />

loszutreten,<br />

sorgt jedoch für die Kreditblasen<br />

von morgen. Irgendwann<br />

nämlich, werden die<br />

Zinssätze wieder ansteigen –<br />

46<br />

und jene die sich heute zu<br />

günstigen Konditionen verschuldet<br />

haben, stehen dann<br />

vor dem Problem der steigenden<br />

Rückzahlungsraten.<br />

Das Hauptproblem liegt<br />

doch eher darin begründet,<br />

dass die Einkommen der<br />

breiten Bevölkerung oftmals<br />

kaum mehr Spielraum für<br />

Konsum und Investitionen<br />

zulassen. Welches Unternehmen<br />

investiert in die Ausweitung<br />

der Produktion, wenn<br />

die Nachfragesituation dies<br />

gar nicht zulässt? Die Realwirtschaft<br />

ist doch – im Gegensatz<br />

zur Finanzindustrie<br />

– kein Casino, wo man einfach<br />

auf eine Karte setzt und<br />

hofft, mit einem Plus auszusteigen.


Portugal: Auf<br />

Nimmerwiedersehen Troika!<br />

Der 17. Mai 20<strong>14</strong><br />

hat für Portugal<br />

eine besondere<br />

Bedeutung. Aber<br />

das Datum, dass das offizielle<br />

Ende des portugiesischen<br />

Rettungsprogramms<br />

darstellt, wird<br />

von den verschiedenen<br />

Sektoren der Gesellschaft<br />

unterschiedlich<br />

interpretiert. Nachdem<br />

Premierminister Pedro<br />

Passos Coelho das „Saubere<br />

Ende“ des Konsolidierungsprogramms<br />

der<br />

Troika verkündet hat,<br />

konterte der Vorsitzende<br />

der Kommunisten, Jeronimo<br />

de Sousa, dass das<br />

einzig Saubere daran, die<br />

Konten und Brieftaschen<br />

der einfachen Bürger sei.<br />

Von Rui Filipe<br />

Gutschmidt<br />

47<br />

Ein „Sauberes Ende“ des<br />

Programms der Troika bedeutet,<br />

dass sich Portugal<br />

ohne den Rückhalt der EZB<br />

oder irgendeiner anderen Sicherheit,<br />

auf den freien Kapitalmärkten<br />

finanziert. Vor<br />

ein paar Tagen hat Portugal<br />

Staatsanleihen versteigert,<br />

welche die niedrigsten Zinssätze<br />

seit Beginn der Krise<br />

ergaben. Mehr wie ein Zeichen,<br />

dass das Land bereit<br />

ist, auf eigenen Beinen zu<br />

stehen, wird das hierbei eingenommene<br />

Geld als Reserve<br />

genommen, was einen weiteren<br />

Kredit, eine bereitgestellte<br />

Kreditlinie, eine Bankbürgschaft<br />

oder irgendeine<br />

andere Art der weiteren Absicherung,<br />

laut Finanzministerin<br />

Albuquerque überflüssig<br />

macht.<br />

Allerdings ist es eine Tatsache,<br />

dass die deutsche<br />

Bundeskanzlerin Merkel in<br />

Zeiten des Europawahlkampfes<br />

das portugiesische Programm<br />

als vollen Erfolg darstellen<br />

will, zumal jegliche<br />

Bereitstellung deutscher<br />

Steuergelder von der Opposition<br />

als Scheitern des Rettungsprogramms<br />

interpretiert<br />

und angeprangert werden<br />

könnte. Aber auch andere<br />

EU-Staaten haben den<br />

Portugiesen keine Alternative<br />

gelassen. Unter anderem die<br />

Niederlande, Finnland und<br />

Großbritannien, spüren den<br />

innen- und außenpolitischen<br />

Druck, um die Interessen der


Finanzmärkte zu wahren und<br />

die Steuerzahler ihrer Länder<br />

nicht gegen sich aufzubringen.<br />

Doch es geht einzig um<br />

den schönen Schein!<br />

Nun gibt es einen großen<br />

Unterschied zwischen Schein<br />

und Sein. Während die Regierung,<br />

die Mehrheitsparteien<br />

und der Präsident der Republik<br />

sich selbst feiern und<br />

das Durchhaltevermögen des<br />

„Besten Volkes der Welt“ loben,<br />

fragt sich der einfache<br />

Bürger, ob das Lob, Sarkasmus<br />

oder nur Mangel an<br />

Realitätssinn ist. Die Verwirrung<br />

ist durchaus nachvollziehbar.<br />

Von der Troika, ausländischen<br />

Regierungen und<br />

den „Märkten“ gelobt, ja sogar<br />

gefeiert, haben die einfachen<br />

Bürger unter den Maßnahmen<br />

gelitten und haben<br />

nicht nur keinen Grund zum<br />

feiern, sondern vor allem<br />

kein Geld für den Sekt um<br />

darauf anstoßen zu können.<br />

Trotz aller Wahlkampfversprechen,<br />

des Hurra-Geschreis<br />

und aller Daten, die<br />

angeblich zeigen dass es jetzt<br />

nur Bergauf geht, wissen die<br />

meisten Menschen, dass es in<br />

Wirklichkeit doch nur Wahlkampfgetöse<br />

ist. Natürlich<br />

geht es mit Europas Konjunktur<br />

allmählich bergauf.<br />

Doch es handelt sich dabei<br />

um Wachstum, das auf wackeligen<br />

Beinen steht. Wirtschaftswachstum,<br />

welches<br />

nur auf einem Exportanstieg<br />

beruht ist besonders anfällig<br />

für exogene Schocks. Doch<br />

genau das geschieht zur Zeit -<br />

nicht nur in den Ländern der<br />

Peripherie, die in den Strudel<br />

der Überschuldung geraten<br />

sind.<br />

Deutschland wird seit langem<br />

kritisiert, weil die Gewinne<br />

des Exports nicht in<br />

den Binnenmarkt fließen<br />

(siehe hier und hier). Ganz<br />

Europa könnte davon profitieren.<br />

Doch die multinationalen<br />

Konzerne, die Großbanken<br />

und vor allem die<br />

Menschen (auch wenn ich<br />

manchmal glaube das es sich<br />

um Aliens handeln muss!),<br />

die hinter diesen Begriffen,<br />

wie „die Märkte“, „die Aktionisten“,<br />

„die Börsianer“, stehen,<br />

können, auf deutsch gesagt,<br />

den Hals nicht voll genug<br />

kriegen.<br />

Nun wird es langsam Zeit<br />

ein Fazit zu ziehen und das<br />

neoliberale Experiment auf<br />

den Prüfstand zu stellen. Am<br />

17. Mai 20<strong>14</strong> wird das Haushaltskonsolidierungsprogramm<br />

beendet, ohne Notwendigkeit<br />

eines zweiten<br />

Programms oder einer Absicherung<br />

(eines Notfallprogramms)<br />

das ein Ansteigen<br />

der Zinsen, wie 20<strong>10</strong>/2011<br />

welches den IWF, beziehungsweise<br />

die Troika, auf<br />

den Plan gerufen hat, obsolet<br />

machen würde. Doch das ist<br />

keineswegs ein Erfolg, wie<br />

jetzt vor der Wahl von den<br />

aktuellen Machthabern Europas<br />

dargestellt wird, sondern<br />

einfach nur das Resultat des<br />

fehlenden politischen Willens<br />

der sogenannten Geberländer.<br />

Es gab also nie einen<br />

Plan B!<br />

Dass die Schulden von<br />

94% in 2011 auf 130% des<br />

Bruttoinlandsprodukts<br />

(20<strong>14</strong>) angestiegen sind, die<br />

Arbeitslosigkeit (15%), vor allem<br />

die Jugendarbeitslosigkeit<br />

(


Preisniveau: Teures Pflaster<br />

Österreich – Deutschland nur<br />

etwas billiger<br />

Um in Österreich<br />

leben zu<br />

können, muss<br />

man tief in die Tasche<br />

greifen. Im globalen Vergleich<br />

zwischen 179 Ländern<br />

liegt die Alpenrepublik<br />

um 40,6 Prozent<br />

über dem Durchschnitt.<br />

Deutschland steht mit einem<br />

Wert von 35,7 Prozent<br />

über dem globalen<br />

Durchschnitt noch besser<br />

da.<br />

Von Marco Maier<br />

Ein Vorabbericht zu den<br />

Lebenserhaltungskosten 2011<br />

in 179 Ländern bestätigt das,<br />

was viele Menschen in<br />

Österreich und<br />

Deutschland längst<br />

wussten: das Leben ist<br />

im Vergleich zu vielen<br />

anderen Ländern sehr<br />

teuer. Dies geht aus<br />

dem "International<br />

Comparison Program"<br />

der Weltbank hervor.<br />

Besonders schlecht für<br />

die Österreicher: obwohl<br />

das Preisniveau<br />

über jenem der Bundesrepublik<br />

liegt, verdient<br />

man in der Alpenrepublik<br />

im<br />

Schnitt weniger. Im<br />

Jahr 2012 lag das<br />

durchschnittliche Jahres-Nettoeinkommen<br />

in Österreich mit<br />

18.880 Euro um 856 Euro<br />

unter jenem in Deutschland<br />

(19.736 Euro).<br />

Noch teurer – innerhalb<br />

Europas – sind hingegen die<br />

Schweiz (117 Prozent über<br />

dem Schnitt), Norwegen<br />

(+<strong>10</strong>8 Prozent) und Dänemark<br />

(+89,7 Prozent). Ebenfalls<br />

teurer sind Schweden<br />

(+67,2 Prozent), Finnland<br />

(+62,2 Prozent) und Irland<br />

(+57,8 Prozent). Auch wenn<br />

die Rohstoffpreise weltweit<br />

für ein ähnliches Grund-<br />

Preisniveau sorgen, führen<br />

höhere Lohnkosten und<br />

Steuern zu höheren Konsumentenpreisen.<br />

Ebenso mit<br />

ein Grund sind die deutlich<br />

höheren Preise für Grundstücke<br />

und Immobilien.<br />

Wer billiger leben möchte,<br />

muss sich wohl oder übel etwas<br />

außerhalb umsehen. So<br />

liegen die Lebenserhaltungskosten<br />

in Russland oder China<br />

in etwa auf der Hälfte des<br />

deutschen Preisniveaus. In<br />

Indien kommt man gar mit<br />

einem Drittel jener Kosten<br />

durch, die man in der Bundesrepublik<br />

für den selben<br />

Warenkorb hinblättern<br />

müsste. Allerdings liegt dort<br />

das Durchschnittseinkommen<br />

auch deutlich unter dem<br />

deutschen Niveau.<br />

49


Um den Millionen<br />

Fußballfans<br />

weltweit<br />

nicht die sozialpolitischen<br />

Verfehlungen der<br />

letzten Jahre zeigen zu<br />

müssen, lässt die brasilianische<br />

Regierung offenbar<br />

Favelas mit brachialer<br />

Gewalt räumen.<br />

Opfer sind vor allem jene<br />

Menschen, die ohnehin<br />

schon am unteren Ende<br />

der sozialen Hierarchie<br />

des Landes stehen.<br />

Von Marco Maier<br />

Brasilien: Brutale<br />

Säuberungen für die<br />

Fußball-<br />

Weltmeisterschaft?<br />

Während das Land Unsummen<br />

für die Fußball-Weltmeisterschaft<br />

ausgibt,<br />

sind die innovativen Sozialprogramme<br />

(siehe hier)<br />

trotz erster Erfolge immer<br />

noch nicht ausreichend um<br />

damit die nach wie vor grassierende<br />

Armut deutlich zu<br />

reduzieren. Doch anstatt jenen<br />

Menschen die für die<br />

Weltmeisterschaft weichen<br />

müssen eine Alternative anzubieten<br />

damit sie nicht auch<br />

noch ihre kleine Habe verlieren,<br />

werden sie mit aller Gewalt<br />

vertrieben.<br />

50<br />

Das Video im Onlineartikel<br />

zeigt brasilianische Polizisten<br />

im Einsatz. Wenngleich<br />

nicht alle Szenen rund<br />

um die "Säuberungsaktionen"<br />

für die Fußball-Weltmeisterschaft<br />

entstanden<br />

sind, so kann man sich<br />

durchaus vorstellen, wie es<br />

dort teilweise zugeht. Immer<br />

mehr brasilianische Webseiten<br />

– die großen Medien stehen<br />

weitestgehend der Politik<br />

sehr nahe und sind da<br />

eher zurückhaltend - berichten<br />

über die Polizeigewalt.<br />

Daran Schuld ist jedoch nicht<br />

der Fußball sondern die brasilianische<br />

Regierung.<br />

Bei der letzten Europameisterschaft<br />

2012 in Polen<br />

und der Ukraine konnte man<br />

sich vor lauter Bildern über<br />

die Straßenhunde nicht mehr<br />

erwehren. Doch wenn es um<br />

Straßenkinder und Favelabewohner<br />

geht, die für ein "sauberes<br />

Straßenbild" von brasilianischen<br />

Polizisten getreten<br />

und verprügelt werden, interessiert<br />

das kaum jemanden.<br />

Es sind ja nur Menschen,<br />

oder? Sind wir tatsächlich<br />

schon so weit, dass<br />

wir uns mehr Gedanken um<br />

streundende Hunde als um<br />

andere Menschen machen?


Bilderberg-Dokumente bei<br />

WikiLeaks veröffentlicht<br />

Auf der Plattform<br />

Wiki-<br />

Leaks wurden<br />

insgesamt 244 ältere<br />

Dokumente der Bilderberger<br />

veröffentlicht.<br />

Damit ist zum ersten<br />

Mal ein Einblick in die<br />

Treffen möglich, die<br />

stets unter größter Geheimhaltung<br />

stattfinden.<br />

Von Marco Maier<br />

Ende Mai wollen sich<br />

die Bilderberger in Dänemark<br />

zu ihrer 62. Konferenz<br />

treffen. Die Teilnehmer<br />

und Themen sind<br />

zwar (noch) nicht bekannt,<br />

dennoch gibt es inzwischen<br />

eine Möglichkeit, sich über<br />

die Inhalte früherer Konferenzen<br />

bis in die 1980er<br />

Jahre zu informieren. Neben<br />

umfangreichen Teilnehmerlisten<br />

finden sich<br />

auf WikiLeaks sämtliche<br />

Protokolle zur Nachlese.<br />

Anhand der geleakten Dokumente<br />

wird deutlich, wie<br />

weitreichend der Einfluss<br />

dieser Gruppe in Wirklichkeit<br />

ist.<br />

Angesichts der hochkarätigen<br />

Teilnehmerschar<br />

dieser Konferenzen, bestehend<br />

aus Politikern und<br />

Industriellen, Vertretern<br />

der Finanzindustrie und<br />

der akademischen Welt,<br />

sowie Mitgliedern diverser<br />

Adelsfamilien, ranken sich<br />

um diese Treffen wohl zu<br />

Recht erhebliche Bedenken.<br />

Immerhin haben diese<br />

Menschen auf die Tagespolitik<br />

und die wirtschaftlichen<br />

Entwicklungen<br />

einen erheblichen Einfluss.<br />

51


Procter & Gamble: Ariel und<br />

der Shitstorm<br />

83 plus 5 Waschgänge<br />

ergeben<br />

88. Der Vorwurf:<br />

Procter & Gamble<br />

(P&G) müsste doch eigentlich<br />

wissen, dass diese<br />

Zahl in Deutschland<br />

vorbelastet ist. Obendrein<br />

versprechen sie<br />

mit einer "neuen Konzentration"<br />

noch saubere<br />

Wäsche. Zu viel des Guten<br />

für manche Internetnutzer,<br />

welche darauf<br />

hin einen Shitstorm auslösten.<br />

Von Andre Eric Keller<br />

Die böse 88 zu verwenden,<br />

das geht gar nicht. Das ist<br />

ungefähr so wenn Eva Herman<br />

von "Autobahn" spricht.<br />

Beides ist ein "No go".<br />

Warum denn eigentlich? Die<br />

88 ist doch nur eine Zahl. Ja<br />

– diese Zahl verwenden die<br />

Neonazis als Geheimcode,<br />

wird der Eine oder Andere<br />

erwidern. Dann zensiert doch<br />

alles was mit dieser unglückseligen<br />

Zeit in Verbindung zu<br />

bringen ist. Die Zahl 88 ersetze<br />

man durch 87a. Den<br />

Namen "Adolf" sollte man<br />

sowieso verbieten. Unsere<br />

deutsche Sprache ersetzen<br />

wir durch Englisch. Immer<br />

größere Auswüchse nimmt<br />

hier die "political correctness"<br />

und das ewige Abgrenzen<br />

an.<br />

Es wird mit zweierlei<br />

Maß gemessen<br />

52<br />

Wir dürfen aber schon erinnern,<br />

dass die deutsche<br />

Bundesregierung, die EU und<br />

USA gerade jetzt eine faschistische<br />

Regierung in der<br />

Ukraine unterstützen, welche<br />

Waffen gegen die russische<br />

Minderheit einsetzt. Warum<br />

geht ihr hier nicht zu Tausenden<br />

auf die Straßen und demonstriert<br />

dagegen? Legt<br />

euer Augenmerk auf die derzeitigen<br />

Vorgänge in Europa,<br />

da habt ihr endlich einen<br />

Grund der euch auf die Barrikaden<br />

treibt.<br />

Dass die "Markenkrake"<br />

P&G ein weltumspannender<br />

Konzern ist, welcher mit seinen<br />

Produkten dem Konsumenten<br />

Vielfalt vortäuscht,<br />

aber in Wirklichkeit einer der<br />

wenigen globalen Lebensmittelproduzenten<br />

ist, scheint<br />

hier wenig Gewicht zu haben.<br />

Von Babywindeln bis zur<br />

Hundenahrung – die Produktvielfalt<br />

bringt P&G über<br />

80 Milliarden Dollar jährlich<br />

ein.


Kindesmissbrauch: Vatikan feuerte<br />

seit 2003 ganze 848 Priester<br />

Ganz untätig<br />

blieb der Vatikan<br />

in Sachen<br />

Missbrauchsfälle durch<br />

Geistliche nicht. Insgesamt<br />

848 Priester wurden<br />

seit dem Jahr 2003<br />

in den Laienstand zurückversetzt.<br />

Dies gab<br />

die katholische Zentrale<br />

gegenüber dem UNO-Anti-Folter-Komitee<br />

in Genf<br />

bekannt. Weiter 2.572<br />

Geistliche erhielten<br />

leichtere Strafen.<br />

Von Marco Maier<br />

Laut der britischen Zeitung<br />

"The Guardian" verteidigte<br />

der Vatikan seine Vorgehensweise<br />

damit, dass die<br />

Täter doppelt bestraft würden.<br />

Einmal durch die kirchenrechtlichen<br />

Sanktionen<br />

und zudem noch durch die<br />

staatlichen Gerichte. Weiters<br />

leistete die Katholische Kirche<br />

Zahlungen in Höhe von<br />

2,5 Milliarden Dollar, die den<br />

Opfern des priesterlichen<br />

Missbrauchs zugute kamen.<br />

Bei den leichteren Strafen<br />

für straffällig gewordene<br />

Geistliche (wohl vorwiegend<br />

strafrechtlich verjährte Fälle)<br />

handelt es sich um kirchenrechtliche<br />

Sanktionen und<br />

Auflagen. Beispielsweise Berufsverbote,<br />

vorzeitiger Ruhestand,<br />

ein Leben in "Gebet<br />

und Buße", Geldstrafen, Kürzungen<br />

von Ruhestandsbezügen<br />

und dergleichen.<br />

53<br />

Erzbischof Tomasi, der vor<br />

dem Komitee aussagte, bedauerte<br />

die früheren Maßnahmen<br />

der Kirche, die an<br />

die Therapiefähigkeit pädophiler<br />

Priester glaubte und<br />

dadurch den weiteren Missbrauch<br />

von Kindern ermöglichte.<br />

Dabei verwahrte er<br />

sich jedoch der Forderung,<br />

dass der Vatikan weltweit<br />

strafrechtlich gegen Kirchenmitarbeiter<br />

vorgehen müsse.<br />

Angesichts der großen Anzahl<br />

an betroffenen Geistlichen<br />

stellt sich jedoch die<br />

Frage, ob das kirchlich-zölibatäre<br />

Umfeld nicht vielleicht<br />

auch eine Art Magnet<br />

für diese Menschen ist. Immerhin<br />

sind das über 3.400<br />

Personen in gerade einmal <strong>10</strong><br />

Jahren.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!