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Contra emag Nr. 06/14

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3 – Editorial<br />

3 – In eigener Sache<br />

45 - Impressum<br />

Titelthema<br />

4 – MH 370: Ein Patent, eine Entführung<br />

und die Rothschilds<br />

5 – Flug MH 370: Handysignal bestätigt<br />

Kursänderung<br />

6 – Flug MH 370: Ein Drama und viele<br />

Theorien<br />

Schwerpunkt Ukraine-Russland<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

7 – Ukraine: Die CIA zieht die Fäden<br />

8 – Janukowitsch: USA und CIA tragen<br />

Verantwortung für einen Bürgerkrieg in der<br />

Ukraine<br />

10 – Ostukraine: Kiew droht mit Militäreinsatz<br />

11 – Jazenjuks gefährliche Kontakte der<br />

Grund für seine Aggressivität?<br />

12 – Die Ukraine zerbröselt – Föderalismus<br />

einzig sinnvolle Lösung<br />

13 – US-Regierung droht Russland mit<br />

schärferen Sanktionen<br />

<strong>14</strong> – Russland-Sanktionen – Der Schlag<br />

ins Wasser<br />

15 – Raketen-Abwehr – Ein Vorschlag<br />

des Kreml<br />

16 – „Europa muss aufrüsten“ – Obamas<br />

seltsame Friedenspolitik<br />

17 – Zündeln nach Profi-Art: US-Söldner<br />

in der Ukraine<br />

Politik<br />

18 – Negerkonglomerat-Sager: FPÖ-<br />

Mölzer zieht seine Kandidatur zurück<br />

20 – Mölzer-Rücktritt: FPÖ im Krieg der<br />

Parteiflügel<br />

21 – ÖVP sagt Ja zur Verpartnerung von<br />

Homosexuellen<br />

22 – Europawahl: Das sagen die Umfragen<br />

23 – Flughafen Berlin – Versagen als Lebensstil<br />

24 – Afghanistan – Rückzug auf Widerruf<br />

25 – Guinea: Waffen für Öl – Das Geschäft<br />

läuft wie geschmiert<br />

26 – Giftgasanschlag in Syrien: False<br />

Flag Operation der Türkei?<br />

28 – Vorratsdaten: EuGH entscheidet für<br />

den Datenschutz<br />

29 – Migranten: Fehlender Respekt vor<br />

dem deutschen Rechtsstaat?<br />

2<br />

Wirtschaft & Finanzen<br />

31 – Erdgas aus den USA nur warme<br />

Luft – Verluste beim Fracking<br />

32 – IWF warnt: Neue Subprime-Blase<br />

in den USA im Anmarsch<br />

34 – Bonuszahlungen: Deutsche Bank<br />

will Obergrenze verdoppeln<br />

35 – Dollarland ist abgebrannt – wer<br />

braucht noch eine Weltleitwährung?<br />

37 - Finanzamtlotto – die neue Strategie<br />

um Steuer- und Wählerflucht zu vermeiden<br />

39 – Griechenland: Dank Geldschwemme<br />

sind auch Ramsch-Anleihen interessant<br />

40 – Griechenland-Krise: Hedgefonds<br />

kassieren ab<br />

41 – US-Finanzindustrie: Geldstrafen für<br />

Betrug ein normales Geschäftsrisiko<br />

43 - USA: 8 Milliarden Dollar Umsatz<br />

mit legalem Marihuana bis 2018


Liebe Leser des <strong>Contra</strong> Magazins,<br />

Editorial<br />

das für uns große Thema der Woche war das verschwundene Flugzeug<br />

der Malaysia Airlines Flug MH 370. Wir haben uns extra viel Zeit<br />

genommen um eben nicht an der allgemeinen Verschwörungshysterie<br />

teilzunehmen, was uns aber diese Woche ob der Fakten und Hinweisen<br />

aber nicht wirklich mehr gelang. Seit 1948 sind insgesamt 88 Flugobjekte<br />

nicht wieder aufgefunden worden. Die heutige Technik müsste<br />

aber imstande sein, eine moderne Boeing 777 ohne Probleme zu orten.<br />

Wenn da nicht der Faktor Mensch nicht wäre, der diese Technik,<br />

manchmal mit gar nicht mal so einfachen Mitteln, umgehen oder ausschalten<br />

kann. Schon möglich dass wir nie die Wahrheit über den Verbleib<br />

der Triple-7 erfahren werden. Dann aber dürfen wir wenigstens<br />

alle Spekulationen und Theorien zumindest andenken.<br />

Im Namen des Teams wünsche ich Ihnen viel Spass beim Lesen!<br />

In eigener Sache<br />

Eine Seite wie <strong>Contra</strong> Magazin<br />

verursacht nicht nur viel Arbeit,<br />

sondern eben auch Kosten. Trotz<br />

bis zu 150.000 Besuchern im Monat<br />

auf unserer Webpräsenz sind die<br />

Werbeeinnahmen nur ein Tropfen<br />

auf den heißen Stein.<br />

Aus diesem Grund haben wir<br />

einen kleinen „Bücherladen“ via<br />

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Vielleicht ist das auch etwas für<br />

Sie?<br />

3


H<br />

at der Passagier<br />

Philipp Wood<br />

des Fluges MH 370 mit<br />

seinem iPhone Fotos<br />

gesendet, die bis zur<br />

US-Luftwaffen-Basis<br />

und CIA-Station auf<br />

den Diego Garcia Inseln<br />

im Indischen<br />

Ozean zurückverfolgt<br />

werden konnten?<br />

Wenn auch das Verschwinden<br />

des Flugzeugs<br />

der Malaysia<br />

Airlines zu einer Menge<br />

und auch einer<br />

Menge unrichtigen<br />

Theorien Anlass gibt,<br />

scheint sich doch eine<br />

Vermutung zu verdichten.<br />

Von Florian Stumfall<br />

Ein freier Journalist namens<br />

Jim Stone versichert<br />

zu hundert Prozent, dass<br />

die Fotos und ein kurzer<br />

Text von einer Stelle gesendet<br />

sind, die mit GPS-Koordinaten<br />

von Diego Garica<br />

übereinstimmen. Wood, ein<br />

Angestellter von IBM, hat<br />

demnach folgende Mitteilung<br />

gesendet: „Ich bin<br />

Geisel von unbekannten Militärs,<br />

nachdem mein Flug<br />

gekapert wurde. Ich arbeite<br />

für IBM und habe mein<br />

Cellphone bei der Entführung<br />

in meinem Anus versteckt.<br />

Ich wurde von den<br />

MH 370: Ein Patent, eine<br />

Entführung und die<br />

Rothschilds<br />

anderen Passagieren getrennt<br />

und bin in einer Zelle.<br />

Mein Name ist Philipp<br />

Wood. Ich glaube, man hat<br />

mich unter Drogen gesetzt<br />

und kann nicht klar denken.“<br />

Bereits am 24. März meldete<br />

Intellihub Media, dass<br />

am 8. März der Flug MH<br />

370 auf Diego Garcia gelandet<br />

sei. Das Flugzeug sei in<br />

einem großen Faradayschen<br />

Käfig gerollt worden, einem<br />

Metall-Gerüst, das jede<br />

Funkverbindung verhindert,<br />

damit die Passagiere von<br />

der Außenwelt abgeschnitten<br />

sind. Doch Wood<br />

scheint anderswo untergebracht<br />

worden zu sein. Von<br />

diesem Gerüst-Hangar gibt<br />

es Aufnahmen (siehe Bild<br />

links von Victor Abadie).<br />

Was das Motiv für die<br />

Entführung angeht, so<br />

scheint sich ebenfalls das<br />

Interesse der US-Firma<br />

Freescale zu bewahrheiten.<br />

Sie teilt sich mit vier ihrer<br />

Mitarbeiter ein, wie es<br />

heißt, „unbezahlbares Patent“,<br />

dessen Besitzrechte<br />

bei einem Todesfall an die<br />

restlichen Eigner übergehen.<br />

Die vier Mitarbeiter<br />

von Freescale, die an dem<br />

Patent beteiligt sind, waren<br />

Passagiere des Fluges MH<br />

370. Sollten sie ums Leben<br />

kommen, ist die Firma der<br />

Nutznießer. Bei dem Patent<br />

handelt es sich um den<br />

weltweit kleinsten Micro-<br />

Controller, der die Waffentechnik<br />

vom Drohnenbau<br />

bis zur Überwachung und<br />

Spionage revolutionieren<br />

könnte. Möglicherweise öffnet<br />

dieses Patent sogar den<br />

Weg dazu, Chips in Nano-<br />

Größe zu bauen.<br />

Freescale gehört über die<br />

üblichen verschachtelten<br />

Konstruktionen der Familie<br />

Rothschild und damit zu<br />

den Vertretern der US-<br />

Hochfinanz, die hauptsächlich<br />

über den Council on<br />

Foreign Relations seit den<br />

20er Jahren des vergangenen<br />

Jahrhunderts die Politik<br />

der USA mitbestimmen.<br />

Das könnte auch leicht erklären,<br />

wieso es ein Entführer<br />

wagen kann, das Flugzeug<br />

auf einem Militär- beziehungsweise<br />

CIA-Flughafen<br />

zu landen.<br />

Info:<br />

Offenbar wurden die<br />

GPS-Daten des Fotos<br />

gefälscht, wie sich inzwischen<br />

herausstellte.<br />

Ebenso sehr unwahrscheinlich<br />

erscheint es,<br />

dass sich der Passagier<br />

ein Smartphone rektal<br />

eingeführt hat.<br />

Journalist Jim Stone,<br />

welcher der Urheber<br />

dieser Story ist, gilt als<br />

bekannter Verschwörungstheoretiker.<br />

(mm)<br />

4


Flug MH 370: Handysignal bestätigt<br />

Kursänderung<br />

W<br />

ie inzwischen<br />

durchsickerte,<br />

soll ein Funkmast in<br />

Penang das Handysignal<br />

des Kopiloten<br />

kurze Zeit lang empfangen<br />

haben. Damit<br />

würde sich bestätigen,<br />

dass der Flug MH 370<br />

nach Westen in den<br />

Indischen Ozean abdrehte.<br />

Theorien über<br />

eine mögliche Entführung<br />

erhalten dadurch<br />

neue bestätigende Indizien.<br />

Von Marco Maier<br />

Wie die malaysische Zeitung<br />

"New Straits Times"<br />

vergangenen Samstag unter<br />

Berufung auf eine anonyme<br />

Quelle in Ermittlerkreisen<br />

berichtete, soll ein<br />

Handymast im nordmalaysischen<br />

Penang, Nahe der<br />

Grenze zu Thailand ein Signal<br />

vom Handy des Kopiloten<br />

Fariq Abdul Hamid empfangen<br />

haben. Das Interessante<br />

daran: Zum Einen<br />

erfolgte dieser Kontakt einige<br />

Zeit nachdem das Flugzeug<br />

zum letzten Mal die<br />

Position durchgab, zum Anderen<br />

muss es derart niedrig<br />

geflogen sein, dass es<br />

überhaupt in die Reichweite<br />

des Sendemasten gelangte.<br />

Offenbar flog die Boeing<br />

777-200 unterhalb des Radars,<br />

um damit der Verfolgung<br />

durch Ermittlungsbehörden<br />

zu entgehen. Eine<br />

Vermutung legt nahe, dass<br />

das Handy des Kopiloten<br />

anfangs ausgeschaltet war<br />

und dann eingeschaltet<br />

wurde, so dass es sich in<br />

der Nähe von Penang kurzzeitig<br />

bei dem Sendemast<br />

einloggen konnte. Die mögliche<br />

Flugroute sehen Sie<br />

auf dem Bild links, welches<br />

Sie durch einen Klick in Originalgröße<br />

betrachten können.<br />

Warum das Flugzeug auf<br />

dem Weg von Kuala Lumpur<br />

nach Peking plötzlich abdrehte,<br />

ist nach wie vor unbekannt.<br />

Interessant ist jedoch<br />

der Blick auf die Karte.<br />

Wenn man den Flug – soweit<br />

es möglich ist – etwas<br />

verfolgt, könnte an der<br />

"Diego-Garcia-Theorie"<br />

durchaus etwas dran sein.<br />

Immerhin liegt die Militärbasis<br />

in der Flugrichtung,<br />

welche die Maschine entsprechend<br />

der vorhandenen<br />

Daten genommen hat.<br />

5


Flug MH 370: Ein Drama und viele<br />

Theorien<br />

Wer nicht schon alles für das Verschwinden der<br />

A<br />

n Theorien, was<br />

mit dem Flugzeug<br />

geschehen ist,<br />

mangelt es zur Zeit absolut<br />

nicht. Im Gegenteil:<br />

Je länger die Maschine<br />

verschollen ist,<br />

umso mehr – mitunter<br />

auch krude – Theorien<br />

geraten in Umlauf.<br />

Was jedoch wirklich<br />

geschehen ist, wird<br />

man, wenn überhaupt,<br />

ohnehin erst dann<br />

feststellen können,<br />

wenn man das Flugzeug<br />

gefunden hat.<br />

Doch die Chancen dafür<br />

sinken von Tag zu<br />

Tag.<br />

Von Marco Maier<br />

Malaysia Airlines Maschine verantwortlich gemacht<br />

wurde: Islamisten, Russen, Chinesen, Rothschilds,<br />

die CIA und so weiter. Manche dieser Theorien klingen<br />

plausibler, manche erweisen sich schon auf den<br />

ersten Blick als abstruse Verschwörungstheorie.<br />

Seit dem 8. März gilt das Flugzeug als verschollen.<br />

Inzwischen dürfte die Blackbox wohl keinen<br />

Strom mehr haben, so dass die Suchmannschaften<br />

keine Funksignale mehr empfangen können. Damit<br />

wird die Suche noch weiter erschwert.<br />

Für die Angehörigen der Passagiere und der Crew<br />

bedeutet dies, einen Strohhalm weniger zu haben,<br />

an den sie sich klammern können. Doch die Hoffnung<br />

stirbt bekanntlich zuletzt.<br />

Wir werden versuchen, weiterhin auf dem Laufenden<br />

zu bleiben und den aktuellen Stand der Suche<br />

mitzuteilen. Auch wenn es sehr unwahrscheinlich<br />

ist, so erhofft man sich doch ein „Happy End“.<br />

Und wenn dies nicht der Fall sein sollte, dann zumindest<br />

die Gewissheit darüber, was wirklich geschehen<br />

ist.<br />

6


D<br />

ie Chefstrategen<br />

der USA messen<br />

der Ukraine-Krise<br />

höchste Bedeutung zu.<br />

Sonst hätten sie diese<br />

nicht vom Zaun gebrochen<br />

und sonst hätte<br />

es CIA-Chef John<br />

Brennan nicht für nötig<br />

gefunden, inkognito<br />

zu Geheimgesprächen<br />

nach Kiew zu reisen.<br />

Vor allem war der<br />

Zeitpunkt recht aussagekräftig:<br />

Kurz nach<br />

Brennans Besuch ordnete<br />

der ukrainische<br />

Innenminister Awakow<br />

den Einsatz gegen<br />

prorussische Demonstranten<br />

in Slawjansk<br />

an.<br />

Von Florian Stumfall<br />

Ukraine: Die CIA<br />

zieht die Fäden<br />

Natürlich gibt es über<br />

eine solche Episode immer<br />

verschiedene Lesarten. Der<br />

russische Parlamentarier<br />

Kowaljow glaubt nicht an<br />

einen Besuch Brennans.<br />

Mag sein, doch Kowaljows<br />

Begründung taugt nichts:<br />

Er ist der Meinung, es gehöre<br />

nicht zu den Aufgaben<br />

der CIA, Gewalteinsätze<br />

vorzubereiten. Doch ist man<br />

in mehr als einem Dutzend<br />

Ländern dieser Welt darüber<br />

anderer Meinung. Parlamentarier<br />

der ukrainischen<br />

Rada halten die<br />

Nachricht über Brennans<br />

Besuch für zutreffend. Einer<br />

von ihnen ließ eine russische<br />

Presse-Agentur wissen:<br />

„Er war hier unter einem<br />

anderen Namen. Nach<br />

seinem Treffen mit Sicherheitschefs<br />

wurde die Operation<br />

in Slawjansk beschlossen.“<br />

Ukrainische Sicherheitskreise<br />

wiederum bestätigen<br />

Brennans Besuch.<br />

„Die bewaffneten Kräfte<br />

der Ukraine haben ihren<br />

Beschluss über den Sondereinsatz<br />

im Osten des Landes<br />

nach Begegnungen mit<br />

dem CIA-Direktor John<br />

Brennen getroffen“, sagte<br />

Viktor Janukowitsch, der<br />

sich nach wie vor als den<br />

legitimen Präsidenten der<br />

Ukraine betrachtet, am<br />

Sonntag sagte. „Der CIA-<br />

Direktor hat Kiew besucht<br />

und sich mit Awakow und<br />

(Interimspräsident) Turtschinow<br />

getroffen“, so Janukowitsch.<br />

„Nach diesen<br />

Begegnungen wurde der<br />

Beschluss über den bewaffneten<br />

Einsatz getroffen …<br />

Die USA sind für die Situation<br />

in der Ukraine mitverantwortlich“,<br />

so Janukowitsch<br />

bei einer Pressekonferent<br />

in der südrussischen<br />

Stadt Rostow am Don. „Die<br />

USA mischen sich nicht nur<br />

grob in die Geschehnisse in<br />

der Ukraine, sondern geben<br />

auch Anweisungen, was und<br />

wie gemacht werden muss“,<br />

fügte er hinzu<br />

Obwohl das Unternehmen<br />

gegen Slawjansk vom<br />

Innenminister befehligt<br />

wurde, nahm es ausgesprochen<br />

militärische Züge an.<br />

Die Zivilisten wurden aufgefordert,<br />

den Stadtkern zu<br />

meiden, die Wohnungen<br />

nicht zu verlassen und sich<br />

von den Fenstern fernzuhalten.<br />

Die östlichen Zufahrten<br />

der Stadt wurden von<br />

Schützenpanzern gesperrt,<br />

über dem Zentrum kreisten<br />

Hubschrauber. „Sicherheitskräfte<br />

aus dem ganzen<br />

Land wurden zugezogen“,<br />

so der Minister. Die Demonstranten<br />

hatten wiederholt<br />

betont, dass sie unbewaffnet<br />

seien.<br />

Die Operation in Slawjansk<br />

scheint aber nicht<br />

der einzige Punkt auf der<br />

Agenda Brennans gewesen<br />

zu sein. Im Hauptquartier<br />

des ukrainischen Geheimdienstes<br />

SBU (Sluschba bespeky<br />

Ukrajiny) in Kiew haben<br />

verschiedene US-<br />

Dienste ein ganzes Stockwerk<br />

bezogen. Das teilte<br />

der ukrainische Präsidentschafts-Kandidat<br />

Oleg Zarjow<br />

mit. Für ukrainische Offiziere<br />

sei dort der Zutritt<br />

verboten. „Ich habe von<br />

vielen SBU-Offizieren gehört,<br />

dass US-Sicherheitsdienste<br />

an allen Geschehnissen<br />

in der Ukraine aktiv<br />

teilnehmen“, sagte Zarjow<br />

im TV-Sender Rossija-24.<br />

7


Janukowitsch: USA und CIA<br />

tragen Verantwortung für einen<br />

Bürgerkrieg in der Ukraine<br />

I<br />

n einer Pressekonferenz<br />

wandte<br />

sich der gestürzte Präsident<br />

der Ukraine,<br />

Viktor Janukowitsch<br />

an die ukrainische Bevölkerung.<br />

Darin erhebt<br />

er schwere Vorwürfe<br />

gegen die Vereinigten<br />

Staaten von<br />

Amerika, deren Geheimdienst<br />

CIA offenbar<br />

Anleitungen zur<br />

Eskalation der Lage<br />

gegeben hat. Janukowitsch<br />

ruft die Ukrainer<br />

dazu auf, sich<br />

nicht zu einem Bürgerkrieg<br />

aufhetzen zu lassen.<br />

„Ich möchte eine Stellungnahme<br />

zu den Ereignissen<br />

im Oblast Donezk<br />

und der Stadt Slowjansk<br />

machen. Heute wurde Blut<br />

vergossen. Unser Land<br />

steht vor einer neuen Situation.<br />

Ukraine steht dem<br />

Anschein nach mit einem<br />

Fuß im Bürgerkrieg. Die<br />

Kiew-Clique hat den illegalen<br />

Befehl zur Anwendung<br />

von Gewalt an das Militär<br />

gegen die friedlichen Demonstranten<br />

im Süd-Osten<br />

der Ukraine gegeben.<br />

Ich erinnere daran, dass<br />

als wir in Kiew waren, solche<br />

Methoden sogar gegen<br />

Radikale und Extremisten<br />

nicht angewendet wurden.<br />

Die sozio-ökonomische Position<br />

der Ukraine verschlechtert<br />

sich. Das Land<br />

bewegt sich auf den Bankrott<br />

zu.<br />

Lasst uns doch mal erinnern<br />

womit das alles angefangen<br />

hat. Es hat angefangen<br />

mit dem Maidan,<br />

als eine unbedeutende<br />

Gruppe Nationalisten anfing<br />

der Mehrheit der Bevölkerung<br />

ihre Wünsche zu<br />

diktieren, indem sie Gewalt<br />

und später Waffen<br />

anwendeten. Das Volk des<br />

Landes wird nie ein solches<br />

Diktat annehmen,<br />

schon gar nicht das Diktat<br />

von Nationalisten. Die Bevölkerung<br />

der Regionen<br />

sucht nach einem Weg wie<br />

sie sich selbst und die Zukunft<br />

ihrer Kinder zu beschützen<br />

können. Ihr<br />

Wunsch in einem freien<br />

8<br />

Land zu leben, in der eigenen<br />

Sprache zu sprechen,<br />

ein Stimmrecht zu haben,<br />

die lokalen Machtstrukturen<br />

wählen zu dürfen gehört<br />

zu den Forderungen<br />

die diese Regionen fordern.<br />

Aber ist es denn<br />

möglich, den Dialog durch<br />

die Methoden zu ersetzen<br />

die ihnen angeboten werden,<br />

der Sprache der Maschinengewehre<br />

und<br />

BMPs.<br />

Verstehen die denn<br />

nicht, dass das Wichtige<br />

zum heutigen Tag für das<br />

Land nicht die schnellen<br />

Neuwahlen sind, sondern<br />

ein breiter Dialog mit dem<br />

Ziel des Konsens. Die Frage<br />

nach einer Eigenständigkeit<br />

der Regionen und<br />

das Recht auf die Wahl<br />

von regionalen Machtstrukturen,<br />

ist schon lange<br />

aktuelles Thema sowohl<br />

im Süd-Osten wie im Wes-


ten der Ukraine. Schon<br />

lange wollen diese Regionen<br />

nicht unter dem Diktat<br />

einer Zentralmacht leben.<br />

Deswegen erweist sich<br />

heute die Frage nach einer<br />

schnellen Durchführung<br />

des Referendums, welches<br />

das Land beruhigen, den<br />

angefangenen Bürgerkrieg<br />

stoppen und die Ukraine<br />

vor Zerfall bewahren kann<br />

als die einzige Entscheidung.<br />

Zudem die Implementierung<br />

einer neuen<br />

Verfassung und erst dann<br />

die Durchführung von Parlaments-<br />

und Präsidentschaftswahlen.<br />

Das ist der<br />

rechtmäßige Wunsch des<br />

ukrainischen Volkes, der<br />

den Schutz vor der Willkür<br />

der Gesetzlosigkeit und<br />

Demütigung sucht.<br />

Und noch folgendes. Indem<br />

sie die gesetzmäßigen<br />

Forderungen der<br />

ukrainischen Bürger als<br />

Separatismus bezeichnen<br />

und die andere Hälfte des<br />

Landes als Revolutionäre,<br />

spalten sie entscheidend<br />

weiter die ukrainische Gemeinschaft<br />

und provozieren<br />

langfristige Desintegration.<br />

Ich möchte die<br />

sogenannte Regierung der<br />

Ukraine bewerten, die sich<br />

über kurz oder lang vor<br />

dem Gesetz für ihre Entscheidung<br />

verantworten<br />

müssen wird. Ich sage es<br />

gleich, ihr werden die<br />

strafrechtliche Verantwortung<br />

tragen. Dies sind vor<br />

allem Dingen Awakow und<br />

Nalyvaichenko, aber ebenso<br />

die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes<br />

und Innenministeriums<br />

die diese<br />

kriminellen Befehle befolgten.<br />

Als Hauptbefehlshaber<br />

richte ich mich an die<br />

Armeedienstleistenden,<br />

die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes<br />

und Innenministeriums.<br />

Befolgt nicht<br />

die kriminellen Befehle,<br />

schießt nicht auf ukrainisches<br />

Volk. Das werden<br />

euch die Menschen niemals<br />

verzeihen.<br />

Ebenso möchte ich mich<br />

zu den direkten Aktivitäten<br />

der Vereinigten Staaten<br />

von Amerika äußern, die<br />

sich über ihre diplomatischen<br />

Möglichkeiten aber<br />

auch Spezialeinheiten,<br />

nicht nur in den stattfindenden<br />

Prozess einmischen,<br />

sondern befehligen<br />

was und wie gemacht werden<br />

muss. Laut meinen<br />

Informationen, die ich von<br />

den exekutiven Organen,<br />

sowie von anderen Regierungsorganen<br />

bekommen<br />

habe, hat der Direktor des<br />

CIA, Brennan, Kiew besucht.<br />

Er hat mit nicht legitimen<br />

Vertretern der<br />

Ukraine Termine wahrgenommen,<br />

darunter Awakow,<br />

Nalyvaichenko, Yarema<br />

und Gwosd, und genauso<br />

mit dem sogenannten<br />

die Regierungsgeschäfte<br />

führenden Präsidenten<br />

Turchinow. Exakt<br />

nach diesem Treffen wurden<br />

die Entscheidungen<br />

zum gewaltsamen Vorgehen<br />

im Osten der Ukraine<br />

getroffen. Mister Brennan<br />

hat praktisch den Einsatz<br />

von Waffen durchgesetzt<br />

und die blutige Politik provoziert.<br />

Auf diesem Weg<br />

trägt die USA ihren eigenen<br />

Anteil am Bürgerkrieg<br />

in der Ukraine.<br />

Schon zwei Monate ist<br />

die sogenannte Pro-Westliche<br />

Regierung in Kiew. Die<br />

Lage der einfachen Menschen<br />

wird immer schlimmer<br />

und schlimmer, aber<br />

die vom Westen versprochene<br />

Hilfe ist bisher nicht<br />

zu spüren. Nun wende ich<br />

mich an das Volk der<br />

Ukraine. Gebt den Pseudoverfechtern<br />

der Eurointegration<br />

nicht die Möglichkeit<br />

unser Land zu zerstören.<br />

Hütet die Einheit der<br />

Ukraine. Beschützt eure<br />

Zukunft. Nur das ukrainische<br />

Volk kann der Herr<br />

über sein Land und seine<br />

Zukunft sein. Ich danke<br />

für die Aufmerksamkeit.“<br />

Die Übersetzung der<br />

Rede erfolgte durch "Antimaidan<br />

deutsch", einer Facebook-Informationsseite<br />

von Ukrainern aus dem<br />

Osten und Süden der<br />

Ukraine.<br />

9


Ostukraine: Kiew droht mit Militäreinsatz<br />

D<br />

ie Unruhen im Osten<br />

der Ukraine<br />

forderten bislang mehrere<br />

Tote und Verletzte.<br />

Sollte sich die Lage nicht<br />

bald beruhigen, will Kiew<br />

die Proteste mit massiver<br />

Waffengewalt beenden.<br />

Russlands Außenminister<br />

Lawrow warnte<br />

indessen ausdrücklich<br />

vor einer Gewaltanwendung<br />

gegen die russischsprachige<br />

Bevölkerung.<br />

Von Marco Maier<br />

Offenbar steht die Ukraine<br />

kurz vor dem Ausbruch<br />

eines Bürgerkriegs. Anstatt<br />

eine Strategie der Deeskalierung<br />

zu fahren, gehen die<br />

ukrainischen Sicherheitskräfte<br />

augenscheinlich mit<br />

massiver Gewalt gegen die<br />

Demonstranten vor. Bei einem<br />

Einsatz der Polizei gegen<br />

Protestteilnehmer in<br />

der Stadt Slawjansk, sollen<br />

mehrere Menschen verletzt<br />

und einige getötet worden<br />

sein.<br />

Der von der Maidan-Koalition<br />

zum Übergangspräsidenten<br />

ernannte Alexander<br />

Turtschinow kündigte indessen<br />

an, die ukrainischen<br />

Streitkräfte für einen "umfassenden<br />

Anti-Terror-Einsatz"<br />

in den Osten des Landes<br />

schicken zu wollen.<br />

Jene Aufständischen die<br />

ihre Waffen bis Montag abgeben<br />

würden, solle<br />

Amnestie gewährt werden.<br />

Am Donnerstag soll ein<br />

Krisentreffen stattfinden, an<br />

dem Vertreter der Ukraine,<br />

Russlands, der EU und der<br />

USA teilnehmen. Russlands<br />

Außenminister Lawrow jedoch<br />

erklärte dieses Treffen<br />

für gefährdet, sollte die<br />

ukrainische Regierung die<br />

10<br />

Lage weiter eskalieren lassen,<br />

indem sie weiterhin<br />

mit Gewalt gegen die russischsprachige<br />

Bevölkerung<br />

im Osten vorginge.<br />

Inzwischen wurden Gerüchte<br />

bekannt, wonach<br />

CIA-Direktor John Brennan<br />

für kurze Zeit in Kiew war.<br />

Angesichts der von Victoria<br />

Nuland mit mehreren Milliarden<br />

Dollar angegebenen<br />

von den USA finanzierten<br />

Destabilisierung der Ukraine,<br />

könnte die kurz darauf<br />

erfolgte Ankündigung eines<br />

Militäreinsatzes im Osten<br />

auf US-Instruktionen zurückgehen.<br />

Währenddessen demonstrierten<br />

in Charkow tausende<br />

Menschen für eine Föderalisierung<br />

der Ukraine. Dieser<br />

Schritt könnte den Zerfall<br />

des Landes stoppen und<br />

endlich Frieden einkehren<br />

lassen.


Jazenjuks gefährliche Kontakte der<br />

Grund für seine Aggressivität?<br />

S<br />

age mir, mit wem<br />

du umgehst, und<br />

ich sage dir, wer du<br />

bist. Diese Weisheit ist<br />

offenbar auch dem<br />

ukrainischen Regierungschef<br />

Jazenjuk bekannt.<br />

Jedenfalls hat er<br />

sich viel Mühe gegeben,<br />

seine Internet-Kontakte<br />

zu löschen, damit niemand<br />

sehen kann, mit<br />

wem er umgeht. Doch<br />

er hat es nicht ganz geschafft.<br />

Von Florian Stumfall<br />

Weil er offenbar mit –<br />

westlichen – Stiftungen<br />

gute Erfahrungen gemachte,<br />

hat sich Jazenjuk ebenfalls<br />

eine Stiftung eingerichtet<br />

mit dem Namen<br />

Open Ukraine. Doch bereits<br />

nach kurzer Zeit gab<br />

es die Website nicht mehr,<br />

Jazenjuk hatte sie mitsamt<br />

den darauf festgehaltenen<br />

hochkarätigen Kontakten<br />

gelöscht, aber nicht mit<br />

den Möglichkeiten der<br />

Technik gerechnet. So sind<br />

Jazenjuks überaus interessante<br />

Verbindungen wiederhergestellt<br />

und offenbar<br />

geworden, die er über<br />

seine Stiftung pflegte.<br />

An prominentester Stelle<br />

ist hier das Chatham<br />

House zu finden, das britische<br />

Gegenstück zum<br />

amerikanischen Council on<br />

Foreign Relations, beide<br />

führende Zentren der<br />

anglo-amerikanischen<br />

Weltregierungs-Agenda.<br />

Das Chatham House gilt<br />

als der angesehenste<br />

Think Tank weltweit. Dazu<br />

passt der Black Sea Trust,<br />

ein Teil des German Marshall<br />

Fund. Die Einrichtung<br />

ist wie viele NGO spezialisiert<br />

auf Unterwanderung<br />

und Einflussnahme.<br />

Aus der Tatsache, dass<br />

Jazenjuk auf der Payroll<br />

des US-Außenministeriums<br />

stand, hat seine Website<br />

ebenfalls kein Geheimnis<br />

gemacht, solange es sie<br />

gab. Das Ministerium war<br />

als Förderer aufgeführt,<br />

geschmückt mit Dienstsiegel.<br />

Wer sich derart in die<br />

Fänge von Großkapital und<br />

New World Order begibt,<br />

bekommt natürlich auch<br />

mit dem National Endowment<br />

for Democracy zu<br />

tun. Diese Einrichtung ist<br />

eine hundertprozentige<br />

CIA-Tochter und zuständig<br />

für Wühlarbeiten unter<br />

dem Deckmantel von Entwicklungshilfe<br />

und Verbreitung<br />

von Demokratie. Bei<br />

einem einigermaßen prominenten<br />

Putsch sollte das<br />

NED schon dabeisein.<br />

Auch die NATO wollte<br />

sich nicht lumpen lassen.<br />

Wie Jazenjuks Website<br />

ausweist, hat sie offenbar<br />

extra für die Ukraine ein<br />

„NATO Information and<br />

Documentation Centre“<br />

gegründet, eine Organisation<br />

für die Propaganda<br />

des NATO-Kriegsbündnisses.<br />

Auch dieses hatte<br />

sein Logo auf Jazenjuks<br />

Website hinterlassen.<br />

Dies alles sind also die<br />

Kontakte eines ukrainischen<br />

Revolutionärs, der<br />

so tut, als hätte ihn Volkes<br />

Wille an die Spitze seines<br />

Staates gebracht. Kein<br />

Wunder, dass er bald bemüht<br />

war, den Hintergrund<br />

seines steilen Werdegangs<br />

unkenntlich zu machen. Es<br />

war schon peinlich genug,<br />

dass die Dame Nuland ihn<br />

am Telefon zum neuen Regierungschef<br />

ausgerufen<br />

hatte.<br />

Die Open-Ukraine-Stiftung<br />

indes gibt es nach<br />

wie vor. Jazenjuk beteuert,<br />

sie sei eine rein philanthropische<br />

Organisation.<br />

Das erinnert an John D.<br />

Rockefeller I., der hat mit<br />

seinen umfangreichen sozialen<br />

Stiftungen bereits<br />

zu einer Zeit begann, als<br />

er Konkurrenten noch mit<br />

Bomben vernichten ließ.<br />

11


Die Ukraine zerbröselt – Föderalismus<br />

einzig sinnvolle Lösung<br />

I<br />

m Osten der<br />

Ukraine spitzt<br />

sich die angespannte<br />

Lage immer weiter zu.<br />

Insbesondere die stark<br />

vertretene russischstämmige<br />

Bevölkerung<br />

fordert eine Föderalisierung<br />

des Landes,<br />

um möglichst große<br />

regionale Autonomie<br />

zu erhalten. Teile der<br />

Sicherheitspolizei<br />

stellten sich auf die<br />

Seite der Protestierenden.<br />

Von Marco Maier<br />

Die Kiewer Maidan-Koalition<br />

verliert zusehends die<br />

Kontrolle über weite Teile<br />

des russisch geprägten Ostens.<br />

Sollte nicht bald eine<br />

Staatsreform kommen, in<br />

dem die Ukraine zu einem<br />

föderalistischen<br />

Bundesstaat mit<br />

weitreichender<br />

Autonomie der<br />

einzelnen Regionen<br />

umgebaut<br />

wird, droht ein<br />

Bürgerkrieg auszubrechen,<br />

bei<br />

dem Russland<br />

gewiss nicht tatenlos<br />

zusieht.<br />

Inzwischen<br />

sind schon Teile<br />

der ukrainischen<br />

Sicherheitskräfte<br />

im Osten des<br />

Landes auf die<br />

Seite der Protestierenden<br />

gewechselt. In der "Volksrepublik<br />

Donezk" soll am 11.<br />

Mai ein Referendum abgehalten<br />

werden, in dem über<br />

die staatliche Unabhängigkeit<br />

der Region und gegebenenfalls<br />

auch den Beitritt<br />

derselben zur Russischen<br />

Föderation entschieden<br />

werden soll. Weitere Städte<br />

und Regionen könnten diesem<br />

Beispiel folgen.<br />

Sollte es Jazenjuk nicht<br />

darauf anlegen, die Ukraine<br />

zum Kriegsgebiet zu machen,<br />

wird sich die Maidan-<br />

Koalition mit Vertretern der<br />

kürzlich ausgerufenen<br />

"Volksrepubliken" in Charkow<br />

und Donezk, sowie<br />

wohl bald auch Lugansk<br />

treffen müssen, um den<br />

groben Umfang einer föderalen<br />

Staatsordnung zu besprechen,<br />

die nach den Parlamentswahlen<br />

im Mai von<br />

der demokratisch legitimierten<br />

Rada unter Zusammenarbeit<br />

aller maßgeblicher<br />

politischer Kräfte in die<br />

ukrainische Verfassung einzuarbeiten<br />

ist.<br />

Jetzt haben Jazenjuk und<br />

Konsorten die Möglichkeit,<br />

sich zum ersten Mal wie<br />

richtige Staatsmänner zu<br />

benehmen und sich für das<br />

Wohl des ganzen Landes<br />

und all seiner Einwohner<br />

einzusetzen. Dies bedeutet<br />

jedoch auch, Russland die<br />

Hand zum Frieden zu reichen.<br />

Ohne die Unterstützung<br />

Russlands, wird die<br />

Putschistenregierung die<br />

Lage nicht unter Kontrolle<br />

bringen können. Dies muss<br />

den verantwortlichen Personen<br />

in Kiew klar sein. Ansonsten<br />

droht der Zerfall<br />

der Ukraine.<br />

12


US-Regierung droht Russland mit<br />

schärferen Sanktionen<br />

D<br />

ie Obama-Administration<br />

kündigte "erhebliche zusätzliche<br />

Sanktionen" an, sollte<br />

Russland die Lage in der Ukraine<br />

eskalieren lassen. Finanzminister<br />

Jacob Lew richtete diese Warnung<br />

letzten Donnerstag im Vorfeld der<br />

Tagungen von G7 und G20 an seinen<br />

russischen Amtskollegen Anton<br />

Siluanov. Frankreich hingegen<br />

möchte das Augenmerk mehr auf<br />

die Finanzhilfe für die Ukraine lenken.<br />

Von Marco Maier<br />

Finanzminister Lew, Mitglied des<br />

"Council on Foreign Relations", bezeichnete<br />

im Vorfeld des Treffens der Finanzminister<br />

und Notenbankpräsidenten der G7<br />

und G20 die<br />

Annexion der<br />

Krim als "illegal<br />

und illegitim".<br />

Dass<br />

die Vereinigten<br />

Staaten<br />

beinahe ihr<br />

gesamtes<br />

Territorium<br />

durch Landraub<br />

und<br />

Krieg erweiterten<br />

– zuletzt<br />

1898<br />

per Kongressbeschluss<br />

Hawaii – unterschlug er dabei jedoch<br />

geflissentlich. Zu einer gemeinsamen<br />

Erklärung konnte sich die G7 allerdings<br />

nicht durchringen, da nicht alle<br />

Staaten das Vorgehen Russlands als<br />

rechtswidrig betrachten.<br />

Stattdessen erklärten die 7 großen<br />

Wirtschaftsmächte der Welt – nach dem<br />

Ausschluss Russlands aus der G8 arbeiten<br />

nur noch die 7 anderen Staaten zusammen<br />

– dass sie "über die Situation in der<br />

Ukraine, deren Finanzierungsbedarf und<br />

die internationalen Reaktionen" diskutiert<br />

hätten. Derzeit besteht die G7 aus den<br />

USA, Deutschland, Japan, Großbritannien,<br />

Frankreich, Kanada und Italien.<br />

Frankreichs Finanzminister Michel Sapin<br />

betonte, dass Frankreich die wirtschaftliche<br />

Unterstützung der Ukraine bevorzugt<br />

und sich darauf konzentrieren<br />

möchte. Dabei bezog er sich auf die IWF-<br />

Gelder, für die die Ukraine umfangreiche<br />

Ausgabenkürzungen wie die Halbierung<br />

der Renten und die Beendigung der Subventionen<br />

für das russische Erdgas umsetzen<br />

müssen. So sagte Sapin: "Über<br />

Sanktionen zu sprechen ist nicht die Frage.<br />

Die Frage ist jene, schnellstmöglich<br />

mit der Arbeit<br />

zu beginnen",<br />

um<br />

das Unterstützungsprogramm<br />

des IWF umzusetzen<br />

zu<br />

können.<br />

Der finanzielle<br />

Rahmen<br />

für die<br />

IWF-Kredite<br />

liegen nach<br />

Angaben von<br />

IWF-Direktorin<br />

Christine Lagarde bei <strong>14</strong>-18 Milliarden<br />

Dollar. Sie hofft darauf, dies bis Ende April<br />

oder Anfang Mai beim 24-köpfigen Vorstand<br />

durchzubringen. Damit droht die<br />

Ukraine jedoch genauso zu verelenden<br />

wie Griechenland, welches unter den<br />

Zwangsmaßnahmen der Troika leidet.<br />

13


S<br />

Russland-Sanktionen – Der<br />

Schlag ins Wasser<br />

ollten sich nach<br />

der Krim weitere<br />

Gebiete von der Ukraine<br />

abspalten, werde<br />

Deutschland ein drittes<br />

Sanktionspaket gegen<br />

Russland unterstützen.<br />

Das ließ der deutsche<br />

Außenminister Steinmeier<br />

wissen. Nun – das war<br />

natürlich nicht viel mehr<br />

als die „Stimme Amerikas“,<br />

der Berlin auf allen<br />

Wegen folgt, aber nicht<br />

nur deswegen kommt<br />

der Drohung nicht viel<br />

Gewicht zu. Denn Russland<br />

hat bereits einen<br />

Begriff davon gegeben,<br />

wie es auf Restriktionen<br />

dieser Art zu antworten<br />

gedenkt.<br />

Von Florian Stumfall<br />

Sanktionen zu verhängen,<br />

ist im Westen nicht unbeliebt.<br />

So sieht sich beispielsweise<br />

der Iran einer ganzen<br />

Reihe von wirtschaftlichen<br />

Zwangsmaßnahmen ausgesetzt,<br />

weil Teheran nicht so<br />

will wie Washington es gerne<br />

hätte. Der Atom-Streit ist dafür<br />

nur ein willkommener<br />

Vorwand, der allerdings einsichtiger<br />

wäre, wenn die USA<br />

erklären könnten, warum nur<br />

die Staaten mit der Kernenergie<br />

umgehen dürfen, denen<br />

sie es erlauben.<br />

Jetzt aber stehen Russland<br />

und der Iran vor dem Abschluss<br />

eines Handelsabkommens,<br />

und die beiden Partner<br />

denken nicht daran, das Ergebnis<br />

der Verhandlungen<br />

über das iranische Atom-Programm<br />

abzuwarten, wie die<br />

USA das wünschen. Russlands<br />

Vizeaußenminister Rjabkow<br />

nennt das eine<br />

„Schaffung künstlicher Hindernisse“.<br />

Also wird Russland<br />

vom Iran Erdöl beziehen und<br />

zwar zwei bis drei Jahre lang<br />

500.000 Barrel pro Tag, zu<br />

einem Preis, der leicht unter<br />

dem Weltmarkt-Preis liegt.<br />

Im Gegenzug liefert Russland<br />

eine breite Palette von Waren,<br />

die im Iran wegen der<br />

Sanktionen fehlen, allerdings<br />

keine Waffen. So reagiert<br />

Moskau auf Sanktionen nicht<br />

mit weiteren Sanktionen,<br />

sondern dadurch, dass es<br />

den gegen Moskau wie gegen<br />

Teheran bestehenden weitgehend<br />

die Wirksamkeit nimmt.<br />

Doch für Washington<br />

kommt noch ein weiteres,<br />

grundlegendes Ärgernis hinzu:<br />

Es wird sich um einen<br />

Erdöl-Vertrag handeln, der<br />

mit dem Dollar-Monopol bei<br />

der Fakturierung bricht. Jetzt<br />

ertönt bereits das Geschrei,<br />

ein solches Abkommen sei<br />

unzulässig, und sollte es zustande<br />

kommen, „würde das<br />

<strong>14</strong><br />

ernste Bedenken auslösen“.<br />

Demgegenüber meint Rjabkow:<br />

„Wir sind nicht der Ansicht,<br />

dass beliebige einseitige<br />

Sanktionen der USA einen<br />

legitimen Charakter haben.<br />

Wir lehnen diese Fragestellung<br />

ab und betonen unser<br />

großes Interesse an einer<br />

kontinuierlichen Entwicklung<br />

der russisch-iranischen Beziehungen.“<br />

Natürlich ist die Reaktion<br />

der USA von der Angst geprägt,<br />

Russlands Schachzug<br />

könnte Schule machen und<br />

zudem den ersten Schritt<br />

weg vom Dollar als Weltleitwährung<br />

darstellen. Doch solange<br />

Washington vergessen<br />

zu haben scheint, dass es auf<br />

diesem Globus noch Länder<br />

gibt, die sich nicht der US-<br />

Bevormundung beugen, sondern<br />

ihre Souveränität nutzen,<br />

solange wird sich die<br />

Politik der USA noch oft derartige<br />

diplomatische Niederlagen<br />

einhandeln.


Raketen-Abwehr – Ein Vorschlag<br />

des Kreml<br />

O<br />

bwohl der Westen<br />

unablässig<br />

propagandistisch auf<br />

Russland eindrischt,<br />

versucht Moskau, offene<br />

Fragen auf dem<br />

Wege der Diplomatie<br />

zu lösen. Eines dieser<br />

Probleme ist der Plan<br />

der USA, in Osteuropa<br />

ein System der Raketenabwehr<br />

einzurichten.<br />

Die offizielle Begründung<br />

lautet, man<br />

müsse sich gegen<br />

einen möglichen Raketenangriff<br />

aus dem<br />

Iran schützen, tatsächlich<br />

aber wäre ein<br />

solcher Raketen-<br />

Schirm geeignet, die<br />

russische militärische<br />

Abwehr weitgehend<br />

auszuschalten.<br />

Von Florian Stumfall<br />

Die Ukraine-Krise kommt<br />

den USA aus verschiedenen<br />

Gründen gelegen, unter anderem<br />

auch deswegen, weil<br />

sie ihnen den Vorwand dafür<br />

geliefert hat, die Verhandlungen<br />

mit Russland<br />

über den Raketen-Schirm<br />

abzubrechen. Für Moskau<br />

ist die Sache damit aber<br />

nicht erledigt. „Russland<br />

wird adäquat auf diese Pläne<br />

reagieren“, erklärte Vizeverteidigungsminister<br />

Anatoli Antonow. „All das<br />

bestätigt unsere frühere<br />

Einschätzung, dass die Raketenabwehr<br />

in Europa in<br />

ihrer gegenwärtigen Form<br />

auf ein Unterhöhlen des Abschreckungspotentials<br />

Russlands gerichtet ist.“<br />

Bestärkt sieht sich der<br />

Kreml in dieser Einschätzung<br />

durch die Pläne einiger<br />

NATO-Länder, in der<br />

Nähe zur russischen Grenze<br />

weitere zusätzliche Truppen-Kontingente<br />

zu stationieren,<br />

nachdem die USA<br />

gerade sowohl im Baltikum<br />

als auch in Polen ihre Luftwaffe<br />

deutlich verstärkt haben.<br />

In ihrem Wunsch, „sich<br />

für die Krim zu rächen“<br />

meint auch Vizeaußenminister<br />

Sergej Rjabkow, gehe<br />

Washington über die russischen<br />

Bedenken in Hinblick<br />

auf den Raketen-Schirm<br />

hinweg. Man bedauere in<br />

Moskau, dass sich die USA<br />

nicht imstande zeigten, zwischen<br />

ihren langfristigen<br />

und kurzzeitigen Interessen<br />

zu unterscheiden. „Die<br />

Amerikaner sind von Rachedurst<br />

benommen. Ich denke<br />

nicht, dass in nächster Zeit<br />

ein produktiver Dialog zum<br />

Thema Raketenabwehr<br />

möglich ist.“<br />

Um sich aber nicht dem<br />

Vorwurf auszusetzen, man<br />

sei selber zumindest mit<br />

Schuld an dem diplomatischen<br />

Stillstand, hat Russland<br />

selbst ein Modell für<br />

den Raketen-Schirm in Europa<br />

zur Diskussion auf den<br />

Tisch gelegt. Dieser Plan<br />

umfasst sechs Punkte:<br />

1. Die Zusammenarbeit<br />

erfolgt im Interesse<br />

aller europäischen<br />

Länder. Alle müssen<br />

einbezogen werden.<br />

2. Alle Länder beteiligen<br />

sich an der Raketenabwehr,<br />

unabhängig<br />

von ihrer Zugehörigkeit<br />

zu Organisationen<br />

oder Bündnissen.<br />

3. Konkrete Programme<br />

der Zusammenarbeit<br />

können sowohl auf<br />

bilateraler als auch<br />

multilateraler Grundlage<br />

beruhen.<br />

4. Die Zusammenarbeit<br />

muss durch langfristige<br />

Abkommen<br />

rechtsverbindlich gestaltet<br />

werden.<br />

5. Der Aufbau der europäischen<br />

Raketenabwehr<br />

darf nicht zu<br />

Spannungen mit Ländern<br />

führen, die einseitig<br />

als möglicher<br />

Aggressor bezeichnet<br />

werden.<br />

6. Die Zusammenarbeit<br />

erfolgt stufenweise.<br />

Jetzt ist es an den USA<br />

zu handeln. Dazu ist es notwendig,<br />

endlich wieder einmal<br />

zwischen Propaganda<br />

und Diplomatie zu unterscheiden.<br />

15


„Europa muss aufrüsten“ – Obamas<br />

sonderbare Friedenspolitik<br />

N<br />

achdem der von<br />

den USA eingefädelte<br />

Putsch in Kiew<br />

dort eine Halb-Nazi-Regierung<br />

hervorgebracht<br />

hat, mahnt<br />

die EU für die weitere<br />

Entwicklung in den<br />

Ukraine friedliche Mittel<br />

an. „Politische Forderungen<br />

in der Ukraine<br />

müssen gewaltlos<br />

verfolgt werden, gemäß<br />

den demokratischen<br />

Standards und<br />

in rechtsstaatlicher<br />

Weise“, erklärt die EU-<br />

Außenbeauftragte Ashton.<br />

Doch das gilt natürlich<br />

nur für den<br />

ukrainischen Osten<br />

und auch dort nur für<br />

die russische Bevölkerung.<br />

Ansonsten liegen<br />

die Dinge völlig anders.<br />

Von Florian Stumfall<br />

Was die USA angeht, so<br />

schicken sie derzeit ein weiteres<br />

Kriegsschiff in das<br />

Schwarze Meer, den Zerstörer<br />

„Donald Cook“, das teilte<br />

der TV-Sender CNN unter<br />

Berufung auf Quellen im<br />

Pentagon mit. Zudem, so<br />

ein Sprecher des Weißen<br />

Hauses, Josh Ernest, planten<br />

die USA, weitere Kräfte<br />

in das Schwarze Meer zu<br />

entsenden. Die „Donald<br />

Cook“ ist mit dem Warnund<br />

Feuerleitsystem Aegis<br />

und mit Marschflugkörpern<br />

ausgerüstet, die sich, wie<br />

die USA schon wiederholt<br />

gezeigt haben, bestens dafür<br />

eignen, von See aus<br />

Ziele auf dem Festland zu<br />

zerstören, wenn es sein<br />

muss, ganze Länder. Die<br />

Entsendung der „Donald<br />

Cook“ passt haargenau in<br />

die Flotten-Politik des Pentagon,<br />

die regelmäßig die<br />

Konvention von Montreux<br />

bricht. Danach hätte die<br />

Entsendung eines Kriegsschiffes<br />

durch Dardanellen<br />

zuvor angemeldet werden<br />

müssen.<br />

Doch den USA reicht es<br />

nicht, mit gutem Beispiel<br />

voranzugehen, wenn es sich<br />

um die Vorbereitung kriegerischer<br />

Auseinandersetzungen<br />

handelt. Die Obama-Administration,<br />

die Regierung<br />

eines Friedensnobelpreisträgers,<br />

verlangt<br />

von den Ländern der EU,<br />

mehr Geld für die Rüstung<br />

auszugeben. Im Schnitt<br />

wenden die EU-Länder 1,7<br />

Prozent ihres Bruttosozialproduktes<br />

für ihr Militär auf,<br />

nicht annähernd genug<br />

nach Meinung des US-Präsidenten.<br />

Dabei ist der NATO-<br />

Aufwand insgesamt so gering<br />

nicht. Sie gibt pro Jahr<br />

990 Milliarden US-Dollar für<br />

die Rüstung aus, die USA<br />

sind mit zwei Dritteln mit<br />

dabei. Russland bringt demgegenüber<br />

ein schwaches<br />

Zehntel davon auf, nämlich<br />

90 Milliarden.<br />

„Jeder muss sich beteiligen“,<br />

so der Friedensfürst<br />

Obama, „die Freiheit ist<br />

nicht kostenlos zu haben.“<br />

Nach dem Verlust der Krim<br />

sei eine viel stärkere Aufrüstung<br />

in Europa notwendig,<br />

„um Russland entgegenzutreten“.<br />

Damit will<br />

Obama glauben machen,<br />

dass dem Westen die zehnoder<br />

elffachen Aufwendungen<br />

nicht reichen, um sich<br />

gegen Russland auch nur<br />

verteidigen zu können. Das<br />

ist natürlich Unsinn. Nach<br />

aller Erfahrung spricht eine<br />

derart überzogene Rüstung<br />

für eine rein aggressive Militär-Politik.<br />

Ein weiteres Problem indes<br />

ist, dass sich vor allem<br />

die mittelmeerischen EU-<br />

Länder mehr Ausgaben einfach<br />

nicht leisten können.<br />

Das läuft nicht nur den politisch-militärischen<br />

sondern<br />

auch den wirtschaftlichen<br />

Interessen Washingtons zuwider.<br />

Denn die USA sind<br />

nach wie vor der weltweit<br />

größte Waffenexporteur und<br />

erhoffen sich von einer zusätzlichen<br />

Aufrüstung in der<br />

EU vor allem mit Blick auf<br />

Spanien und die Niederlande<br />

lukrative Geschäfte.<br />

16


Zündeln nach Profi-Art: US-<br />

Söldner in der Ukraine<br />

S<br />

chon lange<br />

nichts mehr von<br />

„Blackwater" gehört?<br />

Der größten Söldner-Armee<br />

der Welt?<br />

Kein Wunder. Nach sogar<br />

in diesem Metier<br />

besonders abscheulichen<br />

Verbrechen, die<br />

diese Truppe im Irak<br />

begangen hatte, hielt<br />

man es für angemessen,<br />

den Namen zu ändern.<br />

Und außerdem<br />

wechselte der Besitzer.<br />

Nun sind sie auch<br />

in der Ukraine unterwegs.<br />

Von Florian Stumfall<br />

Die Putsch-Regierung in<br />

Kiew hat drei Verbände Sicherheitskräfte<br />

in die Ostukraine<br />

verlegt, in die Gebiete<br />

von Donezk und Lugansk.<br />

Es handelt sich dabei<br />

um eine Einheit der sogenannten<br />

Innentruppen,<br />

eine Formation der Nationalgarde,<br />

zu der Kämpfer<br />

des „Rechten Sektor“ gehören,<br />

und eine Einheit der<br />

berüchtigten US-amerikanischen<br />

Söldner „Blackwater“,<br />

die sich neuerdings „Academi“<br />

nennen, sowie Leute<br />

von Greystone, einer Firma,<br />

die mit „Academi“ zusammenarbeitet.<br />

„Ihnen wurde<br />

die Aufgabe gestellt, die<br />

Proteste möglichst schnell<br />

und hart niederzuschlagen“,<br />

so der Informant einer russischen<br />

Presseagentur, der<br />

allerdings anonym bleiben<br />

will. Diese „Blackwater“-<br />

Leute, harte Burschen, die<br />

für Geld und zum Vergnügen<br />

töten, hat man zu diesem<br />

Zweck in Uniformen<br />

der ukrainischen Sonderpolizei<br />

„Sokol“ gesteckt. Niemand<br />

soll auf die Idee kommen,<br />

die USA würden sich<br />

auch nur von weitem in<br />

ukrainische Belange einmischen.<br />

Überraschend verkaufte<br />

der frühere Navy Seals-Offizier<br />

Prince, der Gründer von<br />

„Blackwater“, im Sommer<br />

des vergangenen Jahres<br />

seine Truppe. Und noch<br />

überraschender war die<br />

Identität des Käufers, die<br />

ruchbar wurde, obwohl er<br />

ein Konsortium von Investoren<br />

vorgeschoben hatte.<br />

Niemand anders als der<br />

Saatgut-, Giftgas- und Lebensmittel-Riese<br />

Monsanto<br />

ist jetzt Besitzer der Söldner,<br />

was ein eigenartiges<br />

Licht auf die Geschäftspraktiken<br />

des Konzerns wirft.<br />

Das russische Außenamt<br />

17<br />

hat sich skeptisch zu den<br />

Verlegungen der Sicherheitskräfte<br />

geäußert und<br />

weist ebenfalls auf die Camouflage<br />

der US-Söldner<br />

hin: „Besonders besorgniserregend<br />

ist der Umstand,<br />

dass zu dieser Operation<br />

rund 150 US-Spezialisten<br />

aus der privaten Militärorganisation<br />

Greystone mobilisiert<br />

wurden, die in die<br />

Uniformen der Sondereinheit<br />

‚Sokol‘ gekleidet sind.“<br />

Der russische Außenminister<br />

Lawrow rief in einem<br />

Beitrag in der britischen<br />

Zeitung „Guardian“ die<br />

NATO auf, keine weiteren<br />

Spannungen mehr zu provozieren<br />

und die „ernsthafte<br />

Arbeit gemeinsam mit<br />

Moskau“ wiederaufzunehmen.<br />

„Die Welt von heute<br />

ist kein Kindergarten, in<br />

dem Erzieher Strafen nach<br />

eigenem Gutdünken verhängen.<br />

Militante Erklärungen,<br />

die beim jüngsten Außenministertreffen<br />

der<br />

NATO in Brüssel abgegeben<br />

wurden, laufen Forderungen<br />

nach einer Deeskalation der<br />

Lage zuwider“, so Lawrow.


Negerkonglomerat-Sager:<br />

FPÖ-Mölzer zieht seine<br />

Kandidatur zurück<br />

D<br />

as freiheitliche<br />

Urgestein Andreas<br />

Mölzer, langjähriger<br />

Europaabgeordneter<br />

und Herausgeber<br />

der rechtskonservativen<br />

Wochenzeitung<br />

"Zur<br />

Zeit" wird nun doch<br />

nicht als Spitzenkandidat<br />

der FPÖ ins<br />

Rennen ziehen.<br />

Grund dafür sind umstrittene<br />

Aussagen<br />

über die Europäische<br />

Union, die nun das<br />

Ende einer langen<br />

Politikerkarriere bedeuten.<br />

Von Marco Maier<br />

Im Februar soll Mölzer<br />

während einer Veranstaltung<br />

im Wiener Palais Epstein<br />

mit harten Worten<br />

bezüglich der EU um sich<br />

geworfen haben. Nach<br />

Angaben des "SZ-Magazins",<br />

welches zur Süddeutschen<br />

Zeitung gehört,<br />

verglich er die EU<br />

mit dem Dritten Reich<br />

und der UdSSR, welche<br />

im Gegensatz zur heutigen<br />

europäischen Staatengemeinschaft<br />

geradezu<br />

liberal gewesen wären.<br />

Demnach sagte er:<br />

"Es ist wirklich so,<br />

dass die Europäische<br />

Union, so wie sie sich<br />

jetzt entwickelt, zu einer<br />

politisch korrekten<br />

18<br />

Bürokratur wird, zu einer<br />

paternalistischen<br />

Diktatur, die den Menschen<br />

alles vorschreibt,<br />

die im Inneren<br />

eine Reglementierungsdynamik<br />

entwickelt,<br />

wo die alte Sowjetunion<br />

oder auch<br />

das Dritte Reich wahrscheinlich<br />

harmlos und<br />

liberal fast, möchte ich<br />

sagen, auch auf die<br />

Gefahr hin, dass ich<br />

jetzt missverstanden<br />

werde, waren. Weil es<br />

sicher nicht so viele<br />

Regeln und Vorschriften,<br />

Gebote und Verbote<br />

gegeben hat wie<br />

heute in der EU."<br />

Weiter auf Seite 19


Den nächsten Fauxpas<br />

leistete er sich mit einer<br />

Aussage über "kleine Sizilianer"<br />

und das "Negerkonglomerat":<br />

"Es gibt das real<br />

existierende Brüssel.<br />

Und da ist es wirklich<br />

so, dass alle, von den<br />

Portugiesen bis zu den<br />

Esten, von den Schweden<br />

bis zu den Sizilianern,<br />

die nimmt man<br />

nicht so wahr, weil sie<br />

wirklich 1,60 zum Teil<br />

nur groß sind, alle<br />

über uns lachen, über<br />

die Deutschen und Österreicher.<br />

Wir sind<br />

die einzigen, die bei<br />

einem Termin einigermaßen<br />

pünktlich sind.<br />

Wir sind die einzigen,<br />

die um 9 schon arbeiten<br />

und nicht erst um<br />

11.<br />

Und es ist wirklich<br />

so: Es ist eine Frage<br />

auch des gestalterischen,<br />

des Arbeitsethos,<br />

was aus<br />

diesem Europa wird:<br />

Entweder sind wir ein<br />

Negerkonglomerat, totales<br />

Chaos, sage ich<br />

jetzt bewusst brutal<br />

politisch nicht korrekt.<br />

Wo das Chaos sich<br />

vermehrt, wo Massenzuwanderung,<br />

wo institutionelles<br />

Chaos,<br />

wo wirre Konzerninteressen<br />

(sind), Konzerninteressen<br />

sind ja<br />

auch irrational, sind ja<br />

auch wirr. Sie müssen<br />

sich vorstellen, was<br />

diese Masse dort, diese<br />

Bande an Lobbyisten<br />

anstellt. Das sind<br />

ja die meisten Vollidioten.<br />

Das sind ja nicht<br />

kühl kalkulierende<br />

Wirtschaftsstrategen.<br />

Und was diese Partie<br />

anstellt, was die aus<br />

Europa macht, das ist<br />

ja ein Chaos."<br />

Nach dem erklärten<br />

Rücktritt Mölzers wird<br />

nun Harald Vilimsky die<br />

Riege der Freiheitlichen<br />

in Straßburg und Brüssel<br />

anführen. Offenbar führte<br />

die öffentliche Diskussion<br />

zu dessen Aussagen<br />

dazu, dass die Umfragewerte<br />

der FPÖ zur Europawahl<br />

von 21 auf 19<br />

Prozent sanken, so dass<br />

Parteiobmann Strache<br />

sich zum handeln gezwungen<br />

sah und Mölzer<br />

den Rücktritt nahelegte.<br />

Dennoch dürften die Freiheitlichen<br />

Ende Mai mit<br />

insgesamt 4 Abgeordneten<br />

im Europäischen Parlament<br />

vertreten sein.<br />

In Mölzers Stellungnahme<br />

geht klar hervor,<br />

wie groß der parteiinterne<br />

Druck wohl gewesen<br />

sein muss:<br />

19<br />

"Nicht der anhaltende<br />

Druck der gesamten<br />

politisch korrekten<br />

Medienlandschaft des<br />

Landes und die geheuchelte<br />

Empörung des<br />

politischen Establishments<br />

der Republik,<br />

auch nicht die von der<br />

ultralinken Jagdgesellschaft<br />

organisierte<br />

Hetze zwecks strafrechtlicher<br />

Verfolgung<br />

meiner Person veranlassen<br />

mich dazu. Es<br />

ist der offensichtliche<br />

Vertrauensverlust in<br />

meiner Partei, der<br />

mich dazu bewegt."<br />

Dass es an der Struktur<br />

der Europäischen Union,<br />

deren Reglementierungswahn<br />

und der Entwicklungen<br />

der letzten<br />

Jahre genug zu kritisieren<br />

gibt, steht außer Frage.<br />

Allerdings gilt es insbesondere<br />

als Spitzenvertreter<br />

einer Partei wie der<br />

FPÖ, deren Vertreter mit<br />

Argusaugen überwacht<br />

werden als sinnvoll, die<br />

Wortwahl zu überdenken.<br />

Das was sich Vertreter<br />

linker und konservativer<br />

Parteien offenbar erlauben<br />

können, gilt eben<br />

nicht für Vertreter von<br />

Rechtsparteien. Insbesondere<br />

dann, wenn es<br />

sich um Vergleiche mit<br />

dem Dritten Reich handelt.<br />

Dies müsste eigentlich<br />

auch ein intelligenter<br />

Mensch wie Andreas Mölzer<br />

wissen.


Mölzer-Rücktritt: FPÖ im Krieg<br />

der Parteiflügel<br />

D<br />

er von der Parteispitze<br />

quasi<br />

erzwungene Rücktritt<br />

Mölzers als Spitzenkandidat<br />

für die Europawahl<br />

sorgt für Unruhen<br />

in der FPÖ. Die<br />

Deutschnationalen in<br />

der Partei revoltieren<br />

gegen die rechtspopulistische<br />

Führung. Für<br />

Parteichef HC Strache<br />

sind diese offenbar ein<br />

wahltaktischer Klotz<br />

am Bein.<br />

Von Marco Maier<br />

Momentan hat die FPÖ<br />

ein gewaltiges Problem: Mit<br />

dem faktisch verordneten<br />

Rücktritt Andreas Mölzers<br />

sieht sich der deutschnationale<br />

Flügel, dessen Sprachrohr<br />

er stets war, übergangen.<br />

Doch Strache weiß,<br />

dass solche Negativschlagzeilen<br />

bei den Wählern nicht<br />

gut ankommen. Immerhin<br />

würden die Freiheitlichen<br />

als klassisch deutschnationale<br />

Partei wohl ständig an<br />

der 4-Prozent-Hürde herumgrundeln.<br />

Allerdings machen<br />

die Burschenschafter<br />

und Mitglieder diverser<br />

rechter Vereinigungen rund<br />

die Hälfte des 40köpfigen<br />

Parlamentsklubs aus.<br />

Was also wahltaktisch<br />

durchaus richtig war, zog<br />

den Zorn der "Hardliner"<br />

auf sich. Dabei sind deren<br />

Vertreter ohnehin schon<br />

überrepräsentiert, zumal<br />

sich deren Kernwählerschaft<br />

wohl auf maximal 5 Prozent<br />

aller Wahlberechtigten beleäuft.<br />

Die Kameradschaft mit<br />

Mölzer ist offenbar wichtiger<br />

als das Ziel: Mindestens<br />

Platz 2 zu erreichen und<br />

möglichst Teil einer Rechtsfraktion<br />

in Europäischen<br />

Parlament zu werden. Ein<br />

Spitzenkandidat Mölzer hätte<br />

beides wohl vereitelt.<br />

Strache weiß genau, wie<br />

er die Stimmen maximieren<br />

kann: die Bedienung antieuropäischer<br />

Reflexe und<br />

rechtspopulistische Forderungen.<br />

Für die Rechtskonservativen<br />

in der Partei, die<br />

sich in der Tradition der Nationalliberalen<br />

von 1848 sehen,<br />

gehen so manche Forderungen<br />

ohnehin zu sehr<br />

nach links. Und in der Tat:<br />

In vielen Bereichen ist die<br />

FPÖ inzwischen schon näher<br />

an der SPÖ als an der ÖVP.<br />

Es heißt nicht umsonst,<br />

dass die FPÖ von West nach<br />

20<br />

Ost immer röter wird – eine<br />

"soziale Heimatpartei"<br />

eben, die ihre Wähler zusehends<br />

in der Arbeiterschaft<br />

rekrutiert.<br />

Für die bürgerliche Rechte<br />

ist der entzogene Rückhalt<br />

für Mölzer wohl eine<br />

Art Kriegserklärung des linken,<br />

populistischen Proletarierflügels.<br />

Sollte der nun<br />

für die "Reformkonservativen"<br />

(Rekos) antretende<br />

Ewald Stadler (ex-FPÖ &<br />

ex-BZÖ) seine neue Partei<br />

und Mölzer überzeugen<br />

können, wäre ein Antritt<br />

Mölzers für die christlich-rechtskonservative<br />

Partei<br />

durchaus denkbar. Damit<br />

könnten durchaus 3-4 Prozent<br />

der Stimmen von der<br />

FPÖ zu den Rekos wandern.<br />

Stellt sich nur die Frage, ob<br />

die FPÖ damit vor einer erneuten<br />

Parteispaltung (nach<br />

LiF und BZÖ) steht.


Ö<br />

ÖVP sagt Ja zur Verpartnerung<br />

von Homosexuellen<br />

sterreichs Konservative<br />

konnten sich zwar nicht für<br />

die völlige Gleichstellung homosexueller<br />

Partnerschaften mit jenen<br />

von Heterosexuellen durchringen,<br />

dennoch scheint Familienministerin<br />

Karmasin der ÖVP eine liberalere<br />

Linie schmackhaft gemacht zu<br />

haben. Ab 2015 wird es demnach<br />

möglich sein, dass gleichgeschlechtliche<br />

Paare eingetragene<br />

Partnerschaften auf dem Standesamt<br />

schließen können.<br />

Von Marco Maier<br />

Es scheint,<br />

als ob Österreichs<br />

Konservative<br />

von<br />

den Umfrageverlusten<br />

aufgeschreckt<br />

wurden. Insbesondere<br />

die bürgerlich-liberalen<br />

Wähler<br />

scheinen sich<br />

deutlicher<br />

mit den Neos<br />

zu identifizieren.<br />

Ein<br />

Großteil deren<br />

Sympathisanten wählte zuvor ÖVP. Um<br />

die katholisch-konservative Wählerschaft<br />

nicht ganz zu vergraulen und für die "moderne<br />

Bürgerschaft" weiterhin wählbar zu<br />

bleiben, musste demnach ein weiterer<br />

Kompromiss her.<br />

Der Regierungspartner SPÖ dürfte sich<br />

darüber sehr freuen. Drängte beispielsweise<br />

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek<br />

stets auf eine Gleichberechtigung homosexueller<br />

Paare. Auch Grüne und Neos<br />

dürften ihre Zustimmung kaum verweigern,<br />

obwohl beide Parteien eine völlige<br />

Gleichstellung fordern. Widerstand dürfte<br />

es hierbei einzig von den "Wahrern des<br />

christlichen Abendlandes" geben: der FPÖ.<br />

Neben der Möglichkeit der eingetragenen<br />

Partnerschaft soll es künftig auch<br />

beim Namensrecht eine Gleichstellung mit<br />

der Ehe geben, so Karmasin. Innenministerin<br />

Mikl-Leitner betont jedoch die Grenze<br />

der Gesprächsbereitschaft mit der SPÖ:<br />

Die Ehe soll ihrer Auffassung nach "unantastbar"<br />

bleiben, da "nur aus dieser Verbindung<br />

auf natürliche Weise Kinder entstehen<br />

können." Ebenso strikt abgelehnt<br />

wird das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche<br />

Paare.<br />

Theoretisch wäre das Gesamtpaket<br />

Gleichstellung auch so machbar: SPÖ,<br />

Grüne und Neos könnten gemeinsam mit<br />

liberaleren Abgeordneten von ÖVP, FPÖ<br />

und Team Stronach eine Mehrheit finden.<br />

Allerdings müsste die Abstimmung dann<br />

wohl geheim erfolgen, damit die Dissidenten<br />

keine Nachteile zu befürchten hätten.<br />

21


Europawahl: Das sagen die Umfragen<br />

I<br />

n den meisten<br />

Medien wird ein<br />

Siegeszug der europäischen<br />

Rechtsparteien<br />

prophezeit. Doch wie<br />

sehen die Fakten aus?<br />

Welche Auswirkungen<br />

auf das Europäische<br />

Parlament werden die<br />

prognostizierten Zugewinne<br />

für Front National,<br />

Freiheitliche Partei<br />

Österreichs, Dansk<br />

Folkepartiet & Co wirklich<br />

haben? Hier finden<br />

Sie eine kleine Übersicht.<br />

Von Marco Maier<br />

ALDE. Die grüne Fraktion<br />

G/EFA und die Linksfraktion<br />

GUE/NGL folgen dann auf<br />

den Rängen. Schlusslichter<br />

bilden derzeit die beiden<br />

Rechtsfraktionen ECR und<br />

EFD.<br />

Gleichzeitig gibt es ebenso<br />

einen Zuwachs bei der<br />

Linksfraktion GUE/NGL, die<br />

ihre Sitzanzahl wohl von<br />

derzeit 35 auf etwa 55 erhöhen<br />

können wird. Den<br />

größten Verlust dürfte die<br />

EVP zu erleiden haben, die<br />

von aktuell 274 Sitzen wohl<br />

um die 60 verlieren wird.<br />

Ebenso verzeichnen Liberale<br />

und Grüne laut Umfragen<br />

teils schwere Verluste. Die<br />

Sozialdemokraten (S&D)<br />

hingegen dürften leicht zulegen<br />

können.<br />

Geht man nach den aktuellen<br />

Umfragen, so können<br />

sich die Europäische Volkspartei<br />

(EVP) und die Sozialdemokraten<br />

(S&P) doch<br />

klar als stärkste Fraktionen<br />

im künftigen Europäischen<br />

Parlament behaupten. Allein<br />

diese beiden großen Fraktionen<br />

zusammen dürften<br />

sich die absolute Mehrheit<br />

an Sitzen sichern.<br />

Als Fraktion selbst folgt<br />

stabil auf Platz 3 die liberale<br />

Doch wie stark werden<br />

die dezidierten Rechtsparteien<br />

im neuen Europäischen<br />

Parlament vertreten<br />

sein? Bislang lassen die<br />

vorhandenen Umfragen, sowie<br />

die Tendenzen in jenen<br />

Ländern, in denen es dazu<br />

noch keine Umfragen gibt,<br />

auf Folgendes schließen:<br />

Aktuell liegen diese Partei<br />

bei insgesamt rund 120<br />

möglichen Mandaten. Darin<br />

vertreten sind jene Parteien,<br />

die derzeit Mitglied der<br />

beiden Rechtsfraktionen<br />

ECR und EFD sind, sowie<br />

jene ohne Fraktionsangehörigkeit.<br />

Je nach Entwicklung<br />

in den nächsten Wochen,<br />

dürfte also ein Bereich von<br />

110-130 Sitzen (<strong>14</strong>,5-17,5<br />

Prozent) möglich sein.<br />

Insgesamt gesehen kann<br />

man sagen, dass die Verluste<br />

der Konservativen vor allem<br />

den Rechtsparteien zugute<br />

kommen und die Parteien<br />

an den Rändern des<br />

politischen Spektrums insgesamt<br />

gesehen zulegen.<br />

Damit werden die Beschlüsse<br />

künftig wohl hauptsächlich<br />

zwischen Konservativen<br />

und Sozialdemokraten ausgehandelt.<br />

Europa erhält<br />

damit eine Art "große Koalition",<br />

in der Schulz und<br />

Juncker gemeinsam den<br />

weiteren Weg bestimmen<br />

werden.<br />

22


Flughafen Berlin – Versagen als<br />

Lebensstil<br />

W<br />

as soll man<br />

von einer<br />

Stadt erwarten, die es<br />

zu ihren größten Errungenschaften<br />

zählt,<br />

dass die Kaschemmen<br />

die ganze Nacht geöffnet<br />

haben? Gut – in<br />

der billigen Gastronomie<br />

mag Berlin eine<br />

gewisse Rolle spielen,<br />

einen Flughafen sollte<br />

man dort aber nicht<br />

bauen.<br />

Von Florian Stumfall<br />

Die Hiobsbotschaften<br />

kommen so sicher wie ein<br />

Sommergewitter, ungewiss<br />

sind allenfalls die Abstände<br />

zwischen den einzelnen<br />

Meldungen.<br />

Jetzt ist es<br />

wieder einmal soweit:<br />

Wir legen<br />

noch eine gute<br />

Milliarde drauf,<br />

um aus Deutschlands<br />

teuerster<br />

Bauruine einen<br />

Flughafen zu machen.<br />

Die Steuerzahler<br />

haben ja Geduld,<br />

und der Augenblick, wo es<br />

billiger wäre, alles wieder<br />

abzureißen, ist noch nicht<br />

ganz erreicht. So erhöhen<br />

sich die Baukosten von ursprünglich<br />

geplanten 2,4<br />

Milliarden auf über fünf,<br />

vorerst. Und die ständige<br />

Verschiebung des Betriebs<br />

kostet monatlich 40 Millionen<br />

Euro.<br />

Um das ganze Ausmaß<br />

des Skandals um den Flughafen<br />

Berlin zu erfassen,<br />

muss man einen kurzen<br />

Blick zurückwerfen. Im<br />

September 20<strong>06</strong> beginnt<br />

der Bau, obwohl die Finanzierung<br />

noch nicht steht. In<br />

Berlin stört das niemanden,<br />

denn dort hat man sich daran<br />

gewöhnt, vom Geld anderer<br />

zu leben. Die Eröffnung<br />

ist für den 3. Juni<br />

2012 vorgesehen. Was zu<br />

diesem Termin nicht eröffnet<br />

wird, ist der Flughafen,<br />

auch nicht an drei weiteren<br />

Terminen. Inzwischen hat<br />

man davon abgesehen,<br />

neue zeitliche Zielvorgaben<br />

zu machen, kein Mensch<br />

hat einen Begriff davon, wie<br />

lange sich die Qual noch<br />

hinziehen wird.<br />

Das liegt natürlich in der<br />

Hauptsache an den technischen<br />

Pannen. Baufirmen,<br />

Prüfer und Flughafen-Mitarbeiter<br />

haben acht Monate<br />

gebraucht, um eine Mängelliste<br />

zu erstellen. Sie umfasste<br />

66.500 Positionen.<br />

Das war im September des<br />

vergangenen Jahres. Doch<br />

23<br />

die Liste wird immer länger<br />

und nicht kürzer, denn der<br />

Zeitdruck sorgt für Hektik<br />

und unkoordiniertes Arbeiten,<br />

zudem ist man von Anfang<br />

an von den Plänen abgewichen<br />

und hat nach Gutdünken<br />

gebaut, was den<br />

Verhau ständig vergrößert<br />

hat. Der aktuelle Umfang<br />

der Mängelliste beträgt nun<br />

150.000 Punkte. Ganze vier<br />

Prozent der Terminals sind<br />

ohne Befund.<br />

Soweit Technik und Finanzen<br />

im kürzesten Überblick.<br />

Wer sich davon völlig<br />

unbeeindruckt zeigt, ist die<br />

politische Führung des<br />

Stadtstaates Berlin. Zum<br />

zweiten Mal ist der Bürgermeister<br />

Wowereit<br />

Chef des Aufsichtsrates<br />

der Flughafengesellschaft,<br />

und er<br />

geniert sich auch<br />

nicht, den Posten<br />

weiter zu bekleiden,<br />

denn Schamgefühl<br />

ist uncool. Den Problemen<br />

begegnet er<br />

mit Unbekümmertheit<br />

und seine Verantwortung<br />

umgeht<br />

er mit einem Bonmot. Eben<br />

in derselben Weise, wie er<br />

die Stadt regiert, das mögen<br />

die Berliner. Ein privater<br />

Bauherr mit einer vergleichbaren<br />

Bilanz wäre<br />

längst vor den Schranken<br />

eines Gerichtes gelandet,<br />

wegen weit mehr als nur eines<br />

Anklagepunktes.


Afghanistan – Rückzug auf Widerruf<br />

N<br />

ach zehn Jahren<br />

Krieg, 56 Gefallenen,<br />

dem Verlust von<br />

Material im Wert von<br />

150 Millionen Euro und<br />

der Erkenntnis, dass<br />

sie nichts erreicht hat,<br />

wird sich die Bundeswehr<br />

im Laufe des<br />

Jahres aus Afghanistan<br />

zurückziehen.<br />

Wahrscheinlich.<br />

Von Florian Stumfall<br />

Also, ganz will man sich<br />

von dem Land am Hindukusch<br />

denn doch nicht trennen.<br />

Nach dem Abzug so<br />

gut wie aller Truppen sollen<br />

noch 800 Ausbilder und<br />

Spezialisten der deutschen<br />

Streitkräfte bleiben. „Spezialisten“<br />

– das klingt sehr<br />

nach Spezialeinheiten und<br />

um solche wird es sich auch<br />

handeln. Auch Italien vollzieht<br />

einen Rückzug mit<br />

Hintertür, ebenso andere<br />

Länder der ISAF-Mission.<br />

Doch, wie immer, machen<br />

die USA ihren Vasallen<br />

vor, was sie von ihnen erwarten.<br />

Sie werden in Afghanistan<br />

neun Basen behalten,<br />

als Grundlage und<br />

fait accompli für ein bilaterales<br />

Abkommen im Bereich<br />

Sicherheit und Verteidigung<br />

mit der neuen Regierung in<br />

Kabul. „Die Bedingungen<br />

dazu werden von den USA<br />

diktiert“, erklärte der russische<br />

Verteidigungsminister<br />

Schoigu. Er erwartet, dass<br />

der Terror an der russischen<br />

Grenze zunehmen wird. In<br />

allen Gebieten, in denen<br />

einheimische Sicherheitskräfte<br />

das Kommando übernommen<br />

hätten, verstärkten<br />

sich die Aktivitäten der<br />

bewaffneten Opposition,<br />

sagte Schoigu anlässlich einer<br />

Konferenz der Shanghaier<br />

Organisation für Zusammenarbeit.<br />

24<br />

Für Russland hat der Verbleib<br />

westlicher und vor allem<br />

amerikanischer Einheiten<br />

in Afghanistan – von<br />

der Terror-Gefahr abgesehen<br />

– auch strategische Bedeutung.<br />

Mit seiner langen<br />

Grenze zum südlichen Sibirien<br />

ist nämlich Afghanistan<br />

ein wesentlicher Bestandteil<br />

der Kette von NATO-Stützpunkten,<br />

die um fast ganz<br />

Russland herum gelegt worden<br />

sind. Vizeverteidigungsminister<br />

Antonow<br />

fragt daher nach dem<br />

Zweck der neun verbleibenden<br />

US-Basen: „Was soll<br />

das? Wozu werden sie dienen?<br />

Welche Aufgaben werden<br />

sie erfüllen?“ Und er<br />

fährt fort: „Wir wollen wissen,<br />

welche Ergebnisse<br />

ISAF gebracht hat, wie die<br />

nächste Mission sein wird<br />

und wer ihr angehören<br />

wird. Auf diese Fragen geben<br />

die USA keine klare<br />

Antwort.“<br />

Was die Ergebnisse angeht,<br />

so stellt sich vor allem<br />

die Frage, ob das vorübergehende<br />

Zurückdrängen<br />

der Taliban sich angesichts<br />

des Rekrutierungs-Effektes<br />

des Krieges gelohnt hat. Eines<br />

aber steht mit Sicherheit<br />

fest: Während der vergangenen<br />

zehn Jahre hat<br />

sich die Opium-Produktion<br />

in Afghanistan um den Faktor<br />

40 erhöht, auch wenn<br />

die ISAf – siehe Bild links –<br />

immer wieder Drogen vernichtet.


Guinea: Waffen für Öl – Das Geschäft<br />

läuft wie geschmiert<br />

I<br />

m Golf von Guinea<br />

beginnt in wenigen<br />

Tagen das einwöchige<br />

Großmanöver „Obangame<br />

Express“, und die deutsche<br />

Kriegsmarine ist dabei.<br />

Sie wird zwei Fregatten<br />

und einen Einsatzgruppen-Versorger<br />

zu der<br />

Übung entsenden, an der<br />

zahlreiche afrikanische<br />

Atlantik-Anrainer, halb<br />

Europa, aber auch Brasilien<br />

und die Türkei teilnehmen, die<br />

nicht fehlen darf, wenn mit den<br />

Säbeln gerasselt wird. Den Oberbefehl<br />

haben – wen wundert’s –<br />

die USA.<br />

Von Florian Stumfall<br />

Die Amerikaner sind es auch, die das<br />

Konzept entwickelt haben, wonach „Obangame“<br />

abläuft. Ihre Afrika-Politik besteht<br />

darin, möglichst viele schwarze Länder<br />

militärisch, das heißt, was Ausbildung,<br />

Ausrüstung und Finanzierung angeht, von<br />

sich abhängig zu machen. Und das ist<br />

auch der rote Faden des Manövers vor<br />

Guinea, wie das Beispiel der deutschen<br />

Teilnahme zeigt.<br />

Offiziell lautet die Parole: „Das Manöver<br />

dient der Ertüchtigung der regionalen maritimen<br />

Fähigkeiten.“ Und nachdem dazu<br />

auch die entsprechende Ausrüstung gehört,<br />

fand im Vorfeld des Manövers in der<br />

Ghanaischen Hauptstadt Accra eine Konferenz<br />

mit dem Titel „Coastal and Maritime<br />

Surveillance“ statt, wobei es sich allerdings<br />

im wesentlichen um eine Rüstungsmesse<br />

handelte. Zum Verkauf angeboten<br />

wurden in erster Linie Helikopter und Aufklärungsdrohnen,<br />

vertreten waren die<br />

Waffenschmieden von Airbus Defence and<br />

Space (EADS), die Friedrich Lürssen Werft<br />

und Atlas Elektronik, Firmen mithin, die<br />

entweder deutsch sind oder wo Deutschland<br />

einen bestimmenden Einfluss ausübt.<br />

Atlas produziert neben Datenverarbeitungssystemen<br />

für Kriegsschiffe auch Unterwasser-Drohnen<br />

und Torpedos.<br />

Den Afrikanern Waffen zu verkaufen ist<br />

nicht nur ein gutes Geschäft, sondern<br />

spart auch eigene Ausgaben. Anlässlich<br />

einer Kommandeurstagung der Bundeswehr<br />

hat vor einiger Zeit Kanzlerin Merkel<br />

das System erläutert: Da NATO und EU<br />

„nicht alle sicherheitspolitischen Probleme<br />

alleine lösen“ könnten, sei es notwendig<br />

die „regionalen Partner in die Verantwortung<br />

zu nehmen“. Das heißt im Klartext:<br />

Führt eure Kriege möglichst selber, das<br />

spart uns teure Einsätze und bringt uns<br />

Gewinn aus den Waffenlieferungen, die<br />

wir euch schicken. Man kann das getrost<br />

riskieren, denn Guinea verfügt über große<br />

Öl-Reserven. Allein das Offshore-Feld „Jubilee“<br />

wird auf 800 Millionen Barrel geschätzt.<br />

Dabei hat Guinea an die vier Milliarden<br />

Dollar Auslandsschulden und zählt damit<br />

zu den Ländern mit der höchsten Pro-<br />

Kopf-Verschuldung weltweit. Zinsen und<br />

Tilgung verschlingen fast ein Viertel der<br />

Export-Einnahmen. 40 Prozent der Bevölkerung<br />

leben in absoluter Armut.<br />

25


Giftgasanschlag in Syrien: False<br />

Flag Operation der Türkei?<br />

S<br />

pekulationen<br />

darüber, wer für<br />

den Giftgasanschlag<br />

im syrischen Ghouta<br />

am 21. August 2013<br />

verantwortlich war,<br />

gibt es viele. Beschuldigt<br />

wurde anfänglich<br />

das syrische Militär,<br />

später die Rebellen,<br />

die von den Saudis mit<br />

den C-Waffen versorgt<br />

worden seien. Nun gibt<br />

es Anhaltspunkte dafür,<br />

dass der türkische<br />

Geheimdienst die Finger<br />

im Spiel hatte.<br />

Von Marco Maier<br />

Wenn es darum geht,<br />

mittels investigativem Journalismus<br />

staatlich organisierte<br />

Terrorakte an die Öffentlichkeit<br />

zu bringen, ist<br />

Seymour Hersh wohl ein<br />

Paradebeispiel. Nach der<br />

schon 1969 das Massaker<br />

von My Lai in Vietnam und<br />

2004 den Folterskandal von<br />

Abu Ghraib aufdeckte, bezichtigt<br />

nun den türkischen<br />

Geheimdienst der Urheberschaft<br />

am Giftgasanschlag<br />

in Ghouta.<br />

Laut Hersh wollte die türkische<br />

Regierung mit diesem<br />

Terrorakt die USA zu<br />

einem Kriegseintritt gegen<br />

Syrien bewegen, nachdem<br />

US-Präsident Obama noch<br />

2012 den Einsatz von C-<br />

Waffen als "Rote Linie" bezeichnete,<br />

die nicht überschritten<br />

werden dürfe.<br />

Doch das beherzte Eingreifen<br />

Vladimir Putins, der<br />

Baschar al-Assad zur international<br />

kontrollierten Vernichtung<br />

des syrischen C-<br />

Waffen Arsenals überreden<br />

konnte, verhinderte dies. In<br />

der Zwischenzeit deckten<br />

26<br />

US-Wissenschaftler auf,<br />

dass die Regierungstruppen<br />

gar nicht in der Lage gewesen<br />

wären, das Giftgas in<br />

Ghouta einzusetzen.<br />

Grund für den hinterhältigen<br />

Anschlag war laut<br />

Hersh ein Komplott von<br />

Premierminister Erdogan<br />

und dessen Geheimdienstchef<br />

Hakan Fidan, welches<br />

als Reaktion auf den Ausstieg<br />

der Lieferung libyscher<br />

Waffen an die syrischen<br />

Assad-Gegner durch die<br />

USA geschmiedet wurde.<br />

Die US-Administration beendete<br />

diese Pläne nach<br />

dem Anschlag libyscher Rebellen<br />

auf das US-Konsulat<br />

in Benghasi. Damit sahen<br />

sich die Türken gezwungen,<br />

einen direkten Einstieg der<br />

NATO in den Syrienkonflikt<br />

zu erzwingen.<br />

Als Erdogan im Mai 2013<br />

in Begleitung Fidans auf


Staatsbesuch in Washington<br />

verweilte, versuchten die<br />

beiden Obama immer wieder<br />

davon zu überzeugen,<br />

dass die "Rote Linie" bereits<br />

überschritten wäre. Dabei<br />

verwiesen sie auf zwei kleinere<br />

Giftgasanschläge, die<br />

in den Monaten zuvor<br />

durchgeführt wurden. Doch<br />

Obama konnte sich nicht<br />

dazu durchringen.<br />

Umso wichtiger war demnach<br />

die Durchführung des<br />

Anschlags am 21. August,<br />

zumal UN-Inspektoren wenige<br />

Tage zuvor in Syrien<br />

eintrafen. Diese wollten die<br />

beiden früheren Vorfälle<br />

vom März und April untersuchen.<br />

Die türkischen<br />

Drahtzieher des Anschlags<br />

wollten, so Hersh, damit<br />

eine maximale internationale<br />

Aufmerksamkeit erreichen<br />

– was ihnen auch gelungen<br />

ist.<br />

Doch der britische Militärgeheimdienst<br />

Defense<br />

Intelligence<br />

Agency (DIA)<br />

stellte während<br />

der Untersuchung<br />

von Proben<br />

aus Ghouta in<br />

deren Laboratorien<br />

fest,<br />

dass das Giftgas<br />

nicht aus<br />

den Beständen<br />

des syrischen<br />

Militärs stammen<br />

konnte<br />

und informierte<br />

laut Hersh<br />

umgehend die<br />

Amerikaner.<br />

Ebenso zeigten die türkische<br />

Euphorie nach dem<br />

Anschlag, sowie die abgehörten<br />

türkischen Gespräche<br />

(ja, Briten und Amerikaner<br />

überwachen auch<br />

ihre NATO-Bündnispartner),<br />

dass der türkische Geheimdienst<br />

Milli İstihbarat<br />

Teşkilatı (MİT) für die Herstellung,<br />

den Transport und<br />

den Einsatz des tödlichen<br />

Sarins verantwortlich war.<br />

Allerdings wurde dies der<br />

Weltöffentlichkeit verschwiegen,<br />

da die Angloamerikaner<br />

ihren Verbündeten<br />

– die Türkei – nicht bloß<br />

stellen konnten. Wer wie<br />

die NATO so viel Dreck am<br />

Stecken hat agiert frei nach<br />

dem Motto "Eine Krähe<br />

hackt der anderen kein<br />

Auge aus". So wie die Amerikaner<br />

Saddam Husseins<br />

Giftgaseinsatz gegen die<br />

Kurden tolerierten, als sie<br />

noch mit ihm verbündet<br />

waren, so erfolgte nach der<br />

Erkenntnis über die Taten<br />

der türkischen Regierung<br />

und deren Geheimdienst<br />

nun ebenfalls keine öffentliche<br />

Verurteilung.<br />

Der Westen misst eben<br />

grundsätzlich mit zweierlei<br />

Maß, wie schon Russlands<br />

Präsident Putin sagte. Wenn<br />

zwei Staaten das Gleiche<br />

tun, ist es eben noch lange<br />

nicht das Selbe. Umso mehr<br />

muss man sich Gedanken<br />

darüber machen, wie lange<br />

die deutsche Bundesregierung<br />

noch auf einer NATO-<br />

Mitgliedschaft beharrt und<br />

deren Kriegskurs mit der<br />

Funktion als Drehscheibe<br />

des globalen NATO-Terrorismus<br />

weiterhin unterstützt.<br />

Die Stützpunkte der Amerikaner<br />

und Briten auf deutschem<br />

Boden sind nämlich<br />

nichts Anderes als Stützpunkte<br />

der transatlantischen<br />

Terroristen.<br />

27


Vorratsdaten: EuGH entscheidet<br />

für den Datenschutz<br />

D<br />

er Versuch der Politik, 500 Millionen Menschen in Europa pauschal<br />

zu Verdächtigen krimineller Handlungen zu machen, ist<br />

zumindest fürs Erste am Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH)<br />

gescheitert. Er hält die "Richtlinie 20<strong>06</strong>/24/EG" für unzulässig und<br />

stellt das Prinzip der verdachtsunabhängigen Datensammlung massiv<br />

infrage.<br />

Von Marco Maier<br />

An und für sich hält der EuGH zwar die Sammlung von Daten für legitim, äußert jedoch<br />

starke Bedenken hinsichtlich der Sammlung von Daten, wenn diese ohne konkreten<br />

Verdacht auf strafbare Handlungen erfolgt. Insbesondere der Eingriff in zwei fundamentale<br />

Grundrechte – nämlich die Achtung des Privatlebens und der Schutz personenbezogener<br />

Daten nach Artikel 7 und 8 der EU-Charta – durch die bisherige Richtlinie<br />

wurde hierbei verurteilt.<br />

Die Richter gaben den Spielball nun an die Politik zurück, indem sie die Einhaltung<br />

"objektiver Kriterien" anmahnten. Metadaten von 500 Millionen Menschen zu sammeln<br />

gehört nach Auffassung der Richter jedoch nicht dazu. Ebenso muss eine neue Richtlinie<br />

garantieren können, dass sich keinesfalls Unbefugte an den gesammelten Daten zu<br />

schaffen machen. Angesichts der tiefgreifenden Überwachungstätigkeit von amerikanischen<br />

und britischen Geheimdiensten, kann diese jedoch kaum gewährleistet werden.<br />

Ebenso kritisiert das Gericht die fehlende Differenzierung bei den Kommunikationskanälen<br />

und den Menschen. Insbesondere jene Personen deren Kommunikation der<br />

Verschwiegenheitspflicht (Berufsgeheimnis) unterliegt, wie zum Beispiel Ärzte, Anwälte<br />

oder Journalisten, müssen demnach von Überwachungsmaßnahmen ausgeschlossen<br />

sein. Ein weiterer Knackpunkt: Die fehlenden Einschränkungen hinsichtlich des Zeitraums,<br />

des geographischen Gebiets, sowie der Personenkreise die anhand der Richtlinie<br />

überwacht werden sollten.<br />

Erste Kritik am Urteil gab es schon aus Unionskreisen. Offenbar wünschen sich einige<br />

Vertreter von CDU<br />

und CSU einen totalitären<br />

Überwachungsstaat<br />

in dem jeder<br />

Bürger automatisch<br />

als potentieller Verbrecher<br />

überwacht<br />

werden muss. Unter<br />

dem Deckmantel der<br />

angeblichen Wahrung<br />

der "Sicherheit" soll<br />

Zug um Zug noch das<br />

letzte Stück Freiheit<br />

eliminiert werden.<br />

28


Migranten: Fehlender Respekt vor<br />

dem deutschen Rechtsstaat?<br />

I<br />

n einem Brief an<br />

die "Deutsche Polizei"<br />

beklagt sich eine<br />

Bochumer Polizistin<br />

mit griechischen Wurzeln<br />

über den mangelnden<br />

Respekt diverser<br />

Mirgrantenkreise<br />

vor dem deutschen<br />

Rechtsstaat. Aus Angst<br />

der Polizisten, von den<br />

Medien in die "rechte<br />

Ecke" gestellt zu werden<br />

und Dank der Kuscheljustiz<br />

gegenüber<br />

straffällig gewordenen<br />

Migranten, etabliert<br />

sich offenbar eine<br />

Zwei-Klassen-Gesellschaft.<br />

Von Marco Maier<br />

Gerade Polizistinnen<br />

können ein Lied davon<br />

singen: Man kommt zu<br />

einem Einsatzort und<br />

wird von den muslimischen<br />

Männern entweder<br />

schlicht ignoriert oder gar<br />

übelst beleidigt. Wenn es<br />

dann überhaupt zu einer<br />

Gerichtsverhandlung<br />

kommt, gibt es nicht selten<br />

einen "Kulturbonus",<br />

wie der Fall "Isa S." zeigt.<br />

Tanja Kambouri, griechischstämmige<br />

Polizistin<br />

in Bochum, wollte die Zustände<br />

die sie beinahe<br />

tagtäglich im Ruhrgebiet<br />

miterlebt nicht mehr länger<br />

einfach so hinnehmen.<br />

Sie schrieb einen<br />

29<br />

bewegenden Brief an die<br />

Gewerkschaftszeitung<br />

"Deutsche Polizei" und<br />

erhielt für ihre aufrüttelnden<br />

Zeilen massiven Zuspruch<br />

aus ganz Deutschland.<br />

In ihrem Brief fragt<br />

Kambouri: "Wie sieht die<br />

Zukunft in Deutschland<br />

aus, wenn straffällige Migranten<br />

sich (weiterhin)<br />

weigern, die Regeln in ihrem<br />

Gast- beziehungsweise<br />

Heimatland zu akzeptieren?"<br />

Nach 10 Jahren<br />

Streifendienst weiß<br />

sie, wovon sie schreibt.<br />

So fange die Respektlosigkeit<br />

oftmals schon im<br />

Kindesalter an, so dass


sich ihre deutschen<br />

Freunde und Kollegen<br />

längst nicht mehr wohl<br />

fühlen. Sie selbst fühle<br />

sich angesichts der Überzahl<br />

ausländischer Straftäter<br />

in vielen Stadtteilen<br />

Bochums ebenfalls nicht<br />

mehr wohl. Doch dies öffentlich<br />

zu bekunden<br />

wagt kaum jemand:<br />

"Meine deutschen Kollegen<br />

scheuen sich, ihre<br />

Meinung über die straffälligen<br />

Ausländer zu äußern,<br />

da sofort die alte<br />

Leier mit den Nazis anfängt.",<br />

so Kambouri.<br />

Die tapfere Polizistin<br />

schlägt damit in die selbe<br />

Kerbe wie der Autor Akif<br />

Pirinçci, der sich in seinem<br />

neuen Buch ebenfalls<br />

über die Fehlentwicklungen<br />

beklagt. So<br />

schreibt sie: "Wo sind wir<br />

mittlerweile gelandet? Ist<br />

es schon so weit gekommen,<br />

dass die deutsche<br />

Polizei beziehungsweise<br />

der Staat sich (negativ)<br />

anpassen muss und wir<br />

unsere demokratischen<br />

Vorstellungen in gewissen<br />

Lebens-/Einsatzsituationen<br />

einschränken und<br />

aufgeben müssen?" Und<br />

so fordert sie ein Ende<br />

der "sanften Linie" und<br />

die konsequente Verhängung<br />

von Geld- und Gefängnisstrafen<br />

oder der<br />

Kürzung bzw. Streichung<br />

von staatlichen Hilfen,<br />

und ergänzt: "Wenn die<br />

oben genannten Sanktionen<br />

nicht ausreichen,<br />

bleibt nur noch die Ausweisung.<br />

Denn in die<br />

Herkunftsländer möchte<br />

kaum einer zurück, da<br />

dort die Lebensbedingungen<br />

oft mangelhaft und<br />

nicht mit der hiesigen<br />

staatlichen Unterstützung<br />

zu vergleichen sind."<br />

Sicher, es gibt auch<br />

Fremdenfeindlichkeit innerhalb<br />

der deutschen<br />

Polizei. Aber Polizisten<br />

sind auch nur Menschen<br />

und bilden schlussendlich<br />

einen Schnitt der Gesellschaft<br />

dar. Durch die Befehle<br />

von oben, wonach<br />

sie gegenüber Migranten<br />

nachlässiger in Sachen<br />

Anzeigen sein sollen,<br />

wenn es sich um Widerstand,<br />

Beleidigung oder<br />

gar Körperverletzung<br />

handelt, wird der Unmut<br />

jedoch noch weiter geschürt.<br />

Immerhin bestätigt<br />

eine Studie der nordrhein-westfälischen<br />

Polizeigewerkschaft,<br />

dass im<br />

Jahr 2011 rund die Hälfte<br />

der Polizisten tätlich angegriffen<br />

wurden, wiederum<br />

jedoch nur die Hälfte<br />

davon überhaupt Anzeige<br />

erstattete.<br />

Besonders deutlich<br />

wird das Dilemma, wenn<br />

sich ganze kriminelle Familienclans<br />

einnisten -<br />

wie beispielsweise der libanesische<br />

Miri-Clan,<br />

dessen Gebiet vorrangig<br />

30<br />

in Bremen liegt. Da werden<br />

Justiz und Polizei mit<br />

Morddrohungen gegen<br />

Familienmitglieder eingeschüchtert,<br />

so dass die<br />

Strafen – sofern überhaupt<br />

welche ausgesprochen<br />

werden – äußerst<br />

milde ausfallen. Doch die<br />

ganze Sippschaft auszuheben<br />

und in den Libanon<br />

abzuschieben wagt man<br />

nicht. Lieber toleriert<br />

man mafiöse Strukturen,<br />

als sich dem Vorwurf der<br />

"Fremdenfeindlichkeit"<br />

auszusetzen. Dass unter<br />

diesen Bedingungen jedoch<br />

alle Menschen in<br />

Deutschland – mit und<br />

ohne Migrationshintergrund<br />

– leiden, wird offenbar<br />

ignoriert.<br />

www.okitalk.com<br />

Der Talk von<br />

Mensch zu Mensch


N<br />

och vor wenigen<br />

Wochen erklärte<br />

die Sprecherin des US<br />

State Department, Jen<br />

Psaki, auf absehbare Zeit<br />

seien die USA nicht in<br />

der Lage, Europa mit Gas<br />

zu versorgen (<strong>Contra</strong><br />

magazin 04/20<strong>14</strong>). Jetzt<br />

behaupten Präsident<br />

Obama und sein Außenminister<br />

Kerry, Psakis<br />

Chef, das Gegenteil. Das<br />

zeigt wieder einmal, daß,<br />

wer lügt, ein gutes Gedächtnis<br />

braucht.<br />

Von Florian Stumfall<br />

Mit dem TTIP-Abkommen,<br />

dem sogenannten<br />

Freihandel zwischen den<br />

USA und der EU werde die<br />

„Lieferung von Flüssiggas in<br />

Richtung Europa sehr viel<br />

einfacher“, so Obama. Mit<br />

solchem Optimismus will er<br />

die festgefahrenen Verhandlungen<br />

über TTIP wieder<br />

ins Rollen bringen, indem<br />

er zusätzlich Misstrauen<br />

in die Vertragstreue der<br />

russischen Lieferanten zu<br />

streuen versucht. Doch die<br />

Erfahrungen sprechen eine<br />

andere Sprache: Sogar im<br />

kältesten Kalten Krieg hat<br />

sich die damalige Sowjetunion<br />

zuverlässig an alle Abmachungen<br />

gehalten.<br />

Erdgas aus den USA nur<br />

warme Luft – Verluste<br />

beim Fracking<br />

Allerdings erklärt Obama<br />

nicht, woher er das Gas<br />

nehmen will, das da so einfach<br />

spendiert werden soll.<br />

Aus den Schiefergas-Lagerstätten,<br />

die mit dem umstrittenen<br />

Fracking hätten<br />

erschlossen werden sollen,<br />

wird es kaum kommen.<br />

Diese Fördermethode wird<br />

von zwei der größten Petroleum-Konzernen,<br />

Shell und<br />

BP, bereits wieder aufgegeben,<br />

weil sie unwirtschaftlich<br />

ist. Waren es im Jahr<br />

2012 noch rund sieben Milliarden<br />

Dollar, die internationale<br />

Investoren des<br />

Energie-Sektors für Anteile<br />

an Lagerstätten von Schiefer-Kohlenwasserstoffen<br />

ausgegeben haben, so sank<br />

diese Zahl im vergangenen<br />

Jahr auf die Hälfte. Heuer<br />

macht sich beispielsweise<br />

Shell bereits daran, Pachtverträge<br />

über 280.000<br />

Hektar Land in Texas, Pennsylvania,<br />

Colorado und Kansas<br />

abzustoßen (Wall Street<br />

Journal/IHS Herold). Shell-<br />

Boss van Beurden ließ verlauten:<br />

„Die finanzielle Performance<br />

ist offen gesagt<br />

nicht hinnehmbar.“ Vom finanziellen<br />

Problem abgesehen,<br />

fehlt den USA die Infrastruktur<br />

für Verflüssigung<br />

und Transport von Gas in<br />

großem Umfang. Der Analytiker<br />

F. William Engdahl<br />

nennt die Versicherungen<br />

der USA, russische Lieferungen<br />

ersetzen zu können,<br />

„eine glatte Lüge angesichts<br />

der physikalischen Realitäten“.<br />

So ist es wahrscheinlich,<br />

dass die EU weiterhin 30<br />

Prozent ihres Erdgas-Bedarfs<br />

in Russland decken<br />

wird, mit steigender Tendenz.<br />

Deutschland als der<br />

größte europäische Gaskunde<br />

stockte im ersten Quartal<br />

des laufenden Jahres<br />

seine Importe gegenüber<br />

dem Vorjahr um 15 Prozent<br />

auf, Großbritannien die seinigen<br />

um ein Drittel. „Gazprom<br />

ist bereit, den wachsenden<br />

Gasbedarf europäischer<br />

Volkswirtschaften<br />

weiterhin zu decken“, so die<br />

offizielle Auskunft des Energie-Riesen.<br />

Und die USA<br />

dürften weiterhin Importeur<br />

von Gas bleiben, einer der<br />

größten weltweit.<br />

31


IWF warnt: Neue Subprime-Blase<br />

in den USA im Anmarsch<br />

D<br />

as billige Geld der Fed sorgt für neue Blasen auf den<br />

US-Finanzmärkten. Der Internationale Währungsfonds<br />

(IWF) warnt nun vor Unternehmensanleihen mit niedriger<br />

Bonität, sowie einem massiven Anstieg des Kreditvolumens<br />

für diese Firmen. Damit wächst die Gefahr eines neuen<br />

Finanzcrashs.<br />

Von Marco Maier<br />

Offenbar haben die Amerikaner keine Lehren aus dem jüngsten Subprime-Crash<br />

gezogen. Die Gier nach hohen Renditen sorgt für einen<br />

Herdentrieb in hochspekulative Finanzanlagen. In den Jahren 2012 und<br />

2013 wurde jeweils mehr als doppelt so viel Geld in die Anleihen von<br />

Unternehmen mit mangelhafter Kreditwürdigkeit gesteckt als 2007, kurz<br />

vor dem großen Crash an den Finanzmärkten. Die obere Grafik auf der<br />

nächsten Seite zeigt hierbei auf, wie viel Geld jährlich in diese Anleihen<br />

flossen.<br />

Sollte sich die EZB tatsächlich dazu entschließen, die Märkte mit einem<br />

"Quantitative Easing Programm" nach US-Vorbild mit frischem Geld<br />

zu versorgen, könnte die Eurozone eine ähnliche Entwicklung durchmachen.<br />

Erschreckend ist jedoch nicht nur das Volumen der Unternehmensanleihen<br />

mit mangelhafter Bonität, sondern auch das stark anwachsende<br />

Kreditvolumen. Nach dem massiven Einbruch während der Krisenjahre<br />

2008/2009 begann es ab 2010 wieder stark zu wachsen und erreichte<br />

2013 sogar ein Level, welches das Vorkrisenniveau von 2007 übertraf.<br />

Damit könnte jedoch eine nächste Billionen-Dollar-Blase zerplatzen,<br />

wenn die ersten Unternehmen in die Zahlungsunfähigkeit schlittern. Berücksichtigt<br />

man nämlich den Umstand der hedonischen BIP-Berechnung,<br />

so kann man kaum mehr von Wirtschaftswachstum im monetären<br />

Sinne sprechen. Dementsprechend fragwürdig ist es auch, ob diese Unternehmen<br />

überhaupt genügend Geld verdienen um ihren finanziellen<br />

Verpflichtungen gegenüber ihren Gläubigern nachzukommen.<br />

32


Die beiden Grafiken zeigen deutlich auf, wie gefährlich die momentane Entwicklung<br />

auf den US-Finanzmärkten in Folge der Gelddruckexzesse der Fed ist. Hier braucht es<br />

nicht mehr viel, um das ganze System zu Fall zu bringen.<br />

33


Bonuszahlungen: Deutsche Bank<br />

will Obergrenze verdoppeln<br />

W<br />

ildes spekulieren<br />

soll sich<br />

für die Banker der<br />

Deutschen Bank offenbar<br />

wieder lohnen. Das<br />

Spitzenmanagement<br />

der international tätigen<br />

Großbank verkündete<br />

deshalb eine Ausweitung<br />

der Sonderzahlungen.<br />

Damit soll<br />

der von der EU vorgegebene<br />

Maximalrahmen<br />

voll ausgeschöpft<br />

werden.<br />

Von Marco Maier<br />

Bei der Hauptversammlung<br />

am 22. Mai sollen die<br />

Aktionäre darüber abstimmen,<br />

ob die variablen Gehaltsbestandteile<br />

(Boni) bis<br />

aufs Maximum der neuen<br />

Regelungen ausgereizt werden<br />

dürfen oder nicht. Dass<br />

die Boni damit tatsächlich<br />

gleich im vollen Umfang erhöht<br />

werden, soll laut einem<br />

Konzernsprecher nicht<br />

der Fall sein. Man wolle damit<br />

lediglich "mehr Flexibilität"<br />

erreichen, so der Beschwichtigungsversuch.<br />

Bislang dürfen die Bonuszahlungen<br />

maximal so hoch<br />

sein wie das Fixgehalt – außer,<br />

die Aktionärsversammlung<br />

erlaubt das Doppelte<br />

davon. Mit dieser Deckelung<br />

wollte die EU verhindern,<br />

dass die Banker mit riskanten<br />

Spekulationen die eigenen<br />

Boni hochpushen, während<br />

die Banken selbst dadurch<br />

unter Umständen<br />

massive Verlusten erleiden<br />

können. Dies war eine der<br />

wenigen Lehren, die aus<br />

der jüngsten Finanzkrise<br />

34<br />

gezogen wurden.<br />

Sollte die Aktionärsversammlung<br />

dies ablehnen,<br />

haben die Spitzenmanager<br />

schon einen Alternativplan<br />

ausgeheckt: dann werden<br />

eben die Fixgehälter massiv<br />

erhöht. Nur so könne man<br />

im Wettbewerb um das beste<br />

Personal international<br />

mithalten. Wie sich dieser<br />

Schritt auf das Risikoverhalten<br />

der Banker auswirken<br />

würde, kann jedoch nicht<br />

gesagt werden. Allerdings<br />

könnte dadurch die wilde<br />

Spekulation mit hochriskanten<br />

Anlagen etwas eingedämmt<br />

werden.


Dollarland ist abgebrannt – wer<br />

braucht noch eine Weltleitwährung?<br />

A<br />

ngesichts der<br />

zunehmend<br />

multipolaren Welt und<br />

der vielfältigen Handelsbeziehungen<br />

ist<br />

die Fixierung auf den<br />

US-Dollar mehr als<br />

anachronistisch - sie<br />

ist brandgefährlich.<br />

Denn Dollarland ist abgebrannt<br />

und ein unumgänglicher<br />

Crash<br />

der Vereinigten Staaten<br />

Dank der aktuellen<br />

Dollardominanz ein<br />

globales Systemrisiko.<br />

Eine Weltleitwährung<br />

konzentriert einfach zu<br />

viel finanzielle Macht<br />

in die Hände von zu<br />

wenigen Leuten.<br />

Von Marco Maier<br />

Die Vereinigten Staaten<br />

haben den Status des<br />

US-Dollars in den letzten<br />

Jahrzehnten als Weltleitwährung<br />

massiv beschädigt.<br />

Seit Gründung der<br />

Fed 1913, und noch mehr<br />

seit Aufkündigung des<br />

Goldstandards 60 Jahre<br />

später im Zuge der Außerkraftsetzung<br />

des Bretton-Woods-Systems<br />

1973, hat der Dollar derart<br />

massiv an Wert verloren,<br />

dass man ein System<br />

mit solch massiven<br />

globalen Auswirkungen<br />

nicht mehr länger in die<br />

Hände von offensichtlich<br />

unfähigen und überaus<br />

eigennützigen Zentralbankern<br />

legen sollte.<br />

Nun, knapp mehr als 40<br />

35<br />

Jahre danach ist es an<br />

der Zeit, die Weichen<br />

endgültig neu zu stellen.<br />

Russland beginnt inzwischen<br />

Öl und Gas in<br />

Euro zu fakturieren, im<br />

Handel mit dem Iran<br />

setzt man offenbar ebenfalls<br />

auf den Euro, während<br />

man die China-Geschäfte<br />

wohl in Yuan abwickeln<br />

möchte. China,<br />

welches viel Geld in Afrika<br />

investiert, könnte im<br />

Handel mit dem "schwarzen<br />

Kontinent" ebenfalls<br />

beginnen, den Yuan mittelfristig<br />

als Handelswährung<br />

zu etablieren. Sollten<br />

sich Länder wie Brasilien<br />

und Venezuela dem<br />

anschließen, wäre wohl


ein erster wichtiger<br />

Schritt geschafft.<br />

Für die nächsten 10-20<br />

Jahre hat China ohnehin<br />

noch keine reelle Chance,<br />

den Yuan als Weltleitwährung<br />

zu etablieren und<br />

den Dollar abzulösen.<br />

Und das ist auch gut so.<br />

Damit haben die anderen<br />

Länder eine Möglichkeit,<br />

regionale Wirtschaftsräume<br />

zu schaffen und ihre<br />

eigenen Währungen zu<br />

stärken.<br />

Über kurz oder lang<br />

sollte es jedoch möglich<br />

sein, den internationalen<br />

Handel auf Basis von<br />

Landes- oder Regionalwährungen<br />

abzuwickeln.<br />

Warum müssen zum Beispiel<br />

wir Europäer unser<br />

importiertes Erdöl den<br />

Saudis mit Dollars bezahlen?<br />

Ist denen unser Geld<br />

nicht gut genug? Sind<br />

uns Europäern die Real<br />

nicht gut genug, die wir<br />

für den Export unserer<br />

Waren nach Brasilien erhalten<br />

würden? Weshalb<br />

legen wir unser wirtschaftliches<br />

und finanzielles<br />

Wohl derart extrem in<br />

die Hände der US-Zentralbanker?<br />

Dass eine Weltleitwährung<br />

für den internationalen<br />

Handel immer unwichtiger<br />

wird, zeigt sich<br />

schon an den jüngsten<br />

Entwicklungen. Ebenso<br />

erkennen wir deutlich, in<br />

welche fatale Abhängigkeit<br />

vom finanziellen<br />

Wohl und Wehe der USA<br />

beinahe die halbe Welt<br />

geraten ist. Was soll China<br />

mit den Billionen an<br />

Dollar machen, die als<br />

Schuldverschreibungen in<br />

deren Tresoren lagern?<br />

Wirft Peking zu viele davon<br />

auf den Markt um<br />

damit Investitionen zu tätigen,<br />

gerät der Dollar zu<br />

sehr unter Druck, so dass<br />

die übrigen Papiere noch<br />

schneller an Wert verlieren.<br />

Vielleicht sollten wir<br />

damit beginnen uns von<br />

der Vorstellung zu lösen,<br />

dass Weltleitwährungen<br />

und nationale Währungen<br />

sinnvoll wären. Das Gegenteil<br />

ist nämlich der<br />

Fall. Man sollte es den jeweiligen<br />

Handelspartnern<br />

überlassen, auf Basis<br />

welcher Währung Geschäfte<br />

abgeschlossen<br />

werden. Wenn ich beim<br />

Einkauf mit Euro, Franken,<br />

Gold- und Silbermünzen,<br />

Bitcoins oder<br />

mit Rheintalern bezahlen<br />

kann, weil der Laden diese<br />

Akzeptiert – warum<br />

nicht? Geld ist schlussendlich<br />

das, was man<br />

dazu macht und welches<br />

als Bezahlung akzeptiert<br />

wird. Nicht, weil es von<br />

oben verordnet wurde,<br />

sondern weil man es<br />

selbst so will.<br />

36


Finanzamtlotto – die neue Strategie um<br />

Steuer- und Wählerflucht zu vermeiden<br />

D<br />

ie Portugiesen<br />

sind erfinderisch,<br />

aber ich habe<br />

das Gefühl, als wäre<br />

diese Idee im Hinterzimmer<br />

einer Taverne<br />

geboren worden. Gut<br />

möglich, dass jemand<br />

aus dem Umfeld einer<br />

deutschen Automobilherstellerfirma<br />

als Geburtshelfer<br />

gedient<br />

hat! Auf alle Fälle haben<br />

wir es mit einer<br />

Ausnutzung des<br />

„Spieltriebs“ zu tun.<br />

Lotto ist das Glücksspiel<br />

der Wahl, oft verbunden<br />

mit einer Art<br />

letzter Hoffnung aus<br />

der wachsenden Misere<br />

zu entkommen.<br />

Von Ruí Filipe Gutschmidt<br />

Schnapsidee oder Aprilscherz,<br />

Tatsache ist, Portugals<br />

Finanzbehörden verlosen<br />

wöchentlich einen Audi<br />

A4 und, zu besonderen Anlässen,<br />

einen A6! Genau!<br />

Aber, es funktioniert.<br />

37<br />

Man kann ja nie wissen,<br />

ob man nicht doch mal etwas<br />

Glück hat und einen<br />

nagelneuen Audi A4 gewinnt.<br />

Alles was man dazu<br />

braucht, ist seine Steuernummer<br />

beim Einkauf anzugeben,<br />

damit diese auf<br />

der Rechnung eingetragen<br />

wird. Mit den neuen Registrierkassen,<br />

die jeden Kassenbon<br />

direkt online ans Finanzamt<br />

übertragen, wird<br />

jeder Einkauf gespeichert.<br />

Datenschutz ist ein vernachlässigtes<br />

Thema hierzulande,<br />

wo die Leute wissen<br />

wollten was auf den illegalen<br />

Abhörtapes des Ex-<br />

Premierministers Socrates<br />

(PS) war, anstatt zu fragen<br />

wie es möglich war, den Regierungschef<br />

ohne einen<br />

richterlichen Beschluss abzuhören.<br />

Aber jetzt regieren ja<br />

Passos Coelho und seine<br />

Kumpanen aus der Parteijugend<br />

der konservativen PSD<br />

und, wie bei einem Klassentreffen,<br />

fallen sie in das<br />

Verhalten ihrer Jugend zurück.<br />

Dabei kommen dann<br />

solche Ideen heraus, wie<br />

das Finanzlotto oder Registrierkassen,<br />

die direkt mit<br />

dem Finanzamt verbunden<br />

sind. Steuerflucht ausgeschlossen?<br />

Nur wenn der<br />

Kauf registriert wird! Aber<br />

sonst scheint es keine<br />

schlechte Idee zu sein,<br />

oder?


Nun ja, die neuen Kassen<br />

mussten zertifiziert werden,<br />

die Finanzämter mussten<br />

einiges umstellen und die<br />

Sparmaßnahmen im öffentlichen<br />

Dienst haben, unter<br />

anderem, zu einem Personalabbau<br />

geführt. Hinzu<br />

kommt noch der hohe Preis<br />

der neuen Kassen, der für<br />

die kleineren Geschäfte ein<br />

nicht immer überwindbares<br />

Problem darstellte. Die portugiesische<br />

Binnenwirtschaft<br />

hat ohnehin schon<br />

Schwierigkeiten, durch die<br />

sinkenden Einkommen, die<br />

vielen Arbeitslosen, die gesunkenen<br />

Renten, Sozialhilfe…<br />

Kurzum, diese Maßnahme<br />

hat die Steuereinnahmen<br />

zwar kurzfristig erhöht,<br />

aber die Pleitewelle,<br />

vor allem der kleineren<br />

Zeitschriftenläden, Kioske,<br />

Imbisse und Frisörsalons,<br />

erst richtig ins Rollen gebracht.<br />

Aber das ist das Gesetz<br />

des freien Marktes! Mir<br />

kommt es eher vor wie das<br />

Gesetz des Dschungels! Wie<br />

man es auch dreht, es<br />

macht einfach keinen Sinn,<br />

wenn man wirklich den<br />

Staat reformieren, die<br />

Schulden abbauen und<br />

einen nachhaltig ausgeglichenen<br />

Haushalt in einem<br />

Staat der dem Bürger und<br />

nicht irgendwelchen obskuren<br />

Interessen dient, schaffen<br />

möchte.<br />

Warum das Ganze dann?<br />

Es geht wie immer um<br />

Macht. Die Wahlen zum Europaparlament<br />

stehen vor<br />

der Tür und man muss dem<br />

Wahlvolk irgendwie zeigen,<br />

dass etwas gegen Steuerflucht<br />

getan wird. Genau<br />

wie der Versuch, das zu erwartende<br />

Debakel für die<br />

regierende Mitte-Rechts-Koalition<br />

abzumildern, indem<br />

Premier Passos Coelho seine<br />

Meinung in Sachen Mindestlohn<br />

radikal geändert<br />

hat. Eine Erhöhung des<br />

Mindestlohns (aktuell<br />

38<br />

2,92€), vor Jahren ausgehandelt<br />

und schon längst<br />

beschlossen, wurde nie umgesetzt,<br />

da die Troika dagegen<br />

war, zumal es schlecht<br />

für die internationale Konkurrenzfähigkeit,<br />

die Wirtschaft<br />

und die Schaffung<br />

von Arbeitsplätzen sei. Im<br />

Gegenteil, würde eine Senkung<br />

des Mindestlohns der<br />

Exportwirtschaft nutzen und<br />

sogar Arbeitsplätze schaffen.<br />

Leider steht die Verfassung<br />

dem im Wege und die<br />

Opposition ist zu unflexibel<br />

um den Arbeitsmarkt zu reformieren.<br />

Doch da waren<br />

die<br />

Wahlen noch<br />

weit entfernt.<br />

Auch die<br />

Entscheidung<br />

ob das Rettungsprogramms<br />

der<br />

Troika mit,<br />

oder ohne einer<br />

zusätzlichen<br />

Sicherung<br />

beendet<br />

wird, will<br />

man erst<br />

nach den Europawahlen,<br />

am 25. Mai 20<strong>14</strong>, bekannt<br />

geben.<br />

Selbstverständlich wird<br />

Passos Coelho immer wieder<br />

daran erinnert, das er<br />

vor einiger Zeit sagte: “Que<br />

se lixem as eleições“ – was<br />

sinngemäß in etwa „die<br />

Wahlen sind mir Wurst“ bedeutet.


Griechenland: Dank Geldschwemme sind<br />

auch Ramsch-Anleihen interessant<br />

G<br />

roßspurig verkünden<br />

die Euro-Jünger<br />

nun die Rettung<br />

Eurolands: Das finanziell<br />

völlig marode<br />

Griechenland habe mit<br />

der erfolgreichen<br />

Emission von Anleihen<br />

die Rückkehr auf das<br />

Finanzmarktparkett<br />

geschafft. Dabei ist<br />

dies lediglich das Resultat<br />

der gewaltigen<br />

Geldschwemme, die<br />

für hochspekulative<br />

Investments sorgt.<br />

Von Marco Maier<br />

Jeder der halbwegs rechnen<br />

kann weiß, dass Griechenland<br />

ohne einen umfangreichen<br />

Schuldenerlass<br />

und der Reduktion der Zinssätze<br />

keine Chance hat, aus<br />

dem finanziellen Sumpf herauszukommen.<br />

Dazu<br />

braucht man keinen Professor<br />

in VWL, sondern lediglich<br />

einen gewöhnlichen Taschenrechner.<br />

Dennoch<br />

konnten die Griechen eine<br />

Anleihentranche mit fünf<br />

Jahren Laufzeit in Höhe von<br />

3 Milliarden Euro und einem<br />

Zinssatz von 4,75 Prozent<br />

erfolgreich platzieren.<br />

Dass diese Tranche sogar<br />

sechsfach überzeichnet war<br />

und Griechenland somit locker<br />

20 Milliarden Euro mittels<br />

Anleihen hätte einnehmen<br />

können, zeigt die offenbar<br />

herrschende Verzweiflung<br />

an den Finanzmärkten.<br />

Wie sonst kann<br />

man einem Land Geld leihen,<br />

welches mit 27 Prozent<br />

Arbeitslosigkeit auf<br />

einen neuen Rekord zusteuert,<br />

dessen Schuldenberg<br />

satte 180 Prozent des BIP<br />

entspricht und mit einem<br />

Haushaltsdefizit von rund<br />

13 Prozent der Wirtschaftsleistung<br />

nicht einmal ansatzweise<br />

in Richtung Budgetkonsolidierung<br />

marschiert?<br />

Weitere Sparprogramme<br />

kann sich das marode Land<br />

nicht leisten. Schon jetzt<br />

liegt die Wirtschaftsleistung<br />

um rund ein Viertel unter<br />

dem Vorkrisenniveau. Verursacht<br />

unter anderem<br />

durch die umfangreichen<br />

Einsparungen, wie selbst<br />

der IWF einräumte. Und so<br />

setzen die Käufer der Anleihen<br />

wohl darauf, dass die<br />

europäischen Steuerzahler<br />

schlussendlich als Bürgen<br />

einspringen, falls die Griechen<br />

wieder zahlungsunfähig<br />

werden. Mit ein Grund<br />

für diese Annahme ist die<br />

Tatsache, dass die Anleihen<br />

nach britischem Recht emittiert<br />

wurden, was einen<br />

Schuldenschnitt wie jenen<br />

2012 ausschließt.<br />

Nach der angeblichen<br />

"Erfolgsstory Irland" ist<br />

Griechenland ein weiteres<br />

Indiz dafür, dass die Geldschwemme<br />

von Fed und<br />

EZB zu gefährlichen Blasen<br />

an den Finanzmärkten<br />

führt. Die angebliche "Deflationsbekämpfung"<br />

wird<br />

damit zu einem Casinospiel,<br />

bei dem die Staaten (respektive<br />

"die Bürger") als<br />

"Bank" auf der Verliererseite<br />

stehen. Die Zocker selbst<br />

haben hingegen kaum etwas<br />

zu verlieren.<br />

39


Griechenland-Krise:<br />

Hedgefonds kassieren ab<br />

F<br />

ür einige Hedgefonds<br />

hat sich<br />

die griechische Schuldenkrise<br />

offenbar gelohnt.<br />

Das riskante<br />

Spiel, griechische<br />

Staatsanleihen zu einem<br />

extrem niedrigen<br />

Kurs aufzukaufen und<br />

auf die Rettung des<br />

Landes durch die EU zu<br />

spekulieren, ging offenbar<br />

auf. Inzwischen<br />

wird ersichtlich, dass<br />

kaum einer dieser<br />

Fonds mit Verlusten<br />

ausgestiegen wäre.<br />

Von Marco Maier<br />

Auf dem vorläufigen Höhepunkt<br />

der griechischen<br />

Schuldenkrise sank der<br />

Kurs der griechischen<br />

Staatsanleihen auf teilweise<br />

unter 20 Cent pro Euro<br />

Nennwert. Hedgefonds<br />

nutzten diese Chance, da<br />

sie an die Unterstützung<br />

Griechenlands durch die EU<br />

glaubten. Sie kauften die<br />

Schrottpapiere von Banken<br />

und Pensionsversicherungen<br />

ab, die damit zwar<br />

einen gewaltigen Verlust erlitten,<br />

jedoch keinen Totalverlust<br />

erleiden mussten.<br />

Fondsgesellschaften wie<br />

die Schweizer Dromeus Capital<br />

Management oder der<br />

amerikanische Hedgefonds<br />

Third Point verdienten sich<br />

damit eine goldene Nase.<br />

Die Schweizer widerstanden<br />

auch einem Rückkaufversuch<br />

der griechischen Regierung,<br />

die sich über diesen<br />

Weg umschulden wollte<br />

und damit ihren Schuldenberg<br />

hätte reduzieren können.<br />

Heute stehen die Kurse<br />

für die von Dromeus Capital<br />

Management gehaltenen<br />

Papiere bei etwa 70 Cent<br />

pro Euro Nennwert, womit<br />

sich dessen Wert innerhalb<br />

von nun zwei Jahren vervierfacht<br />

hat. Eine lukrativere<br />

hochspekulative Anlage<br />

dürfte es in diesem finanziellen<br />

Umfang ansonsten<br />

kaum gegeben haben.<br />

Inzwischen wurde bekannt,<br />

dass die Hedgefonds<br />

eine weitere Milliarde für<br />

griechische Staatsanleihen<br />

aufwenden wollen. Das Risiko<br />

dürfte hierbei vergleichsweise<br />

gering sein. Schon<br />

beim letzten Schuldenschnitt<br />

wurden die Hedgefonds<br />

bevorzugt behandelt,<br />

was sich auch in Zukunft<br />

Dank des mächtigen Finanzlobbyapparats<br />

in Brüssel<br />

kaum ändern dürfte.<br />

40


US-Finanzindustrie: Geldstrafen für<br />

Betrug ein normales Geschäftsrisiko<br />

D<br />

ie Bank of Amerika<br />

ist jene<br />

Großbank, die zuletzt<br />

mit Geldstrafen und<br />

der Verpflichtung zu<br />

Schadenersatzzahlungen<br />

an Kunden verdonnert<br />

wurde, weil<br />

sie unfaire und irreführende<br />

Praktiken anwandte.<br />

Das Büro für<br />

finanziellen Konsumentenschutz<br />

(CFPB)<br />

kündigte umfangreiche<br />

Maßnahmen an, um<br />

geschädigten Konsumenten<br />

zu helfen.<br />

Von Marco Maier<br />

Vergangenen Mittwoch<br />

kündigte das CFPB an, dass<br />

die Agentur die Bank of<br />

America (BoA) und die FIA<br />

Card Services "für die ungerechte<br />

Konsumentenabrechnung<br />

rund um den Schutz<br />

vor Identitätsdiebstahl<br />

durch Zusatzprodukte, und<br />

die Verwendung von irreführenden<br />

Marketing- und<br />

Vertriebspraktiken für Kreditschutz-Zusatzprodukte"<br />

anklagen werde. Diese Ankündigung<br />

folgte der Regelung<br />

auf den Fuß, wonach<br />

die Bank of America für die<br />

Irreführung von Fanny Mae<br />

und Freddy Mac während<br />

der Hypothekenkrise 2008,<br />

zur Zahlung von insgesamt<br />

9,5 Milliarden Dollar verurteilt<br />

wurde.<br />

Die Ankündigung folgte<br />

ebenso einem 228 Millionen<br />

Dollar Deal, in dem die QBE<br />

Insurance Group als Mitangeklagter<br />

verwickelt war. In<br />

diesem Fall wurde behauptet,<br />

dass die BoA und die<br />

QBE ein Provisionensystem<br />

aufgebaut hätten, um die<br />

Kosten für die Hausbesitzer-<br />

Versicherung, die Kunden<br />

für den Kauf von Immobilien<br />

benötigen, in die Höhe<br />

zu treiben.<br />

Die CFPB ordnete an,<br />

dass die BoA 45 Millionen<br />

Dollar an Strafe bezahlen,<br />

sowie 738 Millionen Dollar<br />

an die geschädigten Kunden<br />

refundieren müsse. Darunter<br />

mindestens 250 Millionen<br />

Dollar für etwa 1,4 Millionen<br />

Kunden, die bei der<br />

41


BoA diverse Zusatzprodukte<br />

wie "Credit Protection Plus"<br />

oder "Credit Protection Deluxe"<br />

gekauft hatten. Diese<br />

beiden Produkte gibt es nun<br />

seit 2012 nicht mehr.<br />

In der Kreditwirtschaft ist<br />

der Verkauf von Zusatzprodukten<br />

äußerst rentabel:<br />

sie verursachen kaum Kosten,<br />

versprechen jedoch<br />

einen hohen Profit für die<br />

Banken. Einige dieser Produkte<br />

sind durchaus legitim<br />

und notwendig, doch sehr<br />

viele davon dienen lediglich<br />

zum abkassieren der Kunden,<br />

da sie entweder massiv<br />

überbewertet oder einfach<br />

nur irreführend und<br />

unnötig sind. CFPB stellte<br />

fest, dass den Kunden der<br />

BoA via Telemarketing<br />

Funktionen und Umfänge<br />

versprochen wurden, die in<br />

den angedrehten Produkten<br />

nicht einmal ansatzweise<br />

enthalten waren.<br />

Betrug eine gängige Masche<br />

in der US-Kreditwirtschaft?<br />

Doch die Bank of America<br />

ist längst nicht die einzige<br />

Bank, die ein derartiges Betrugsgeschäft<br />

zu Lasten der<br />

Kunden betrieben hat, und<br />

sie wird auch gewiss nicht<br />

die letzte sein. Capital One,<br />

Discover und JPMorgan<br />

mussten ebenfalls schon<br />

Strafen für solche miesen<br />

Zusatzprodukte bezahlen.<br />

Erst im Dezember 2013<br />

wurde das Kreditkartenunternehmen<br />

American Express<br />

zu einer Zahlung von<br />

16,2 Millionen Dollar als<br />

Strafe, sowie ein Minimum<br />

von 59,5 Millionen Dollar an<br />

Rückerstattungen verdonnert,<br />

weil die verkauften<br />

Zusatzprodukte nicht den<br />

gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />

entsprachen. Im<br />

September 2013 mussten<br />

die Chase Bank USA und<br />

JPMorgan Chase zustimmen,<br />

309 Millionen Dollar<br />

an 2,1 Millionen Kunden<br />

rückzuerstatten, die deren<br />

Identitätsdiebstahl-Produkte<br />

kauften.<br />

Offenbar wurde der wissentliche<br />

Betrug am Kunden<br />

zum Standard in der Kreditwirtschaft.<br />

Bankenaufsicht<br />

und Justizministerium kommen<br />

kaum nach, die enorme<br />

Vielzahl an Finanzprodukten<br />

zu prüfen. Falls sie<br />

Betrügern jedoch auf die<br />

Schliche kommen, schreiben<br />

die betroffenen Finanzunternehmen<br />

die Strafen<br />

einfach als normale Geschäftskosten<br />

einfach ab.<br />

Augenscheinlich gilt dies in<br />

diesen Kreisen einfach als<br />

gewöhnliches, einkalkuliertes<br />

Geschäftsrisiko.<br />

42


USA: 8 Milliarden Dollar<br />

Umsatz mit legalem Marihuana<br />

bis 2018<br />

I<br />

n Folge der Legalisierung<br />

des Verkaufs<br />

von Marihuana<br />

in immer mehr US-<br />

Bundesstaaten wird<br />

inzwischen damit gerechnet,<br />

dass die Einzelhandelsumsätze<br />

bis<br />

spätestens 2018 die<br />

Marke von 8 Milliarden<br />

Dollar überschreiten<br />

könnten. Dies gilt sowohl<br />

für Cannabis für<br />

medizinische, als auch<br />

für private Zwecke.<br />

Von Marco Maier<br />

Nach Angaben des<br />

"Marijuana Business Factbook"<br />

soll in Folge der Liberalisierungswelle<br />

in den<br />

Vereinigten Staaten, in<br />

der immer mehr US-Bundesstaaten<br />

den Verkauf<br />

und Konsum von Cannabis<br />

legalisieren (wollen),<br />

der Umsatz aus dem Verkauf<br />

von Marihuana auf<br />

7,4 bis 8,2 Milliarden Dollar<br />

steigen. Damit liegen<br />

die nun veröffentlichten<br />

Zahlen um 2,2 bis 2,6<br />

Milliarden Dollar über den<br />

bisherigen Schätzungen.<br />

Zurückzuführen ist dies<br />

auf das sogenannte "Cole-Memorandum",<br />

in dem<br />

das US-Justizministerium<br />

darauf verzichtete, Klage<br />

gegen die Bundesstaaten<br />

Colorado und Washington<br />

einzureichen, da diese<br />

gegen das Bundesgesetz<br />

für kontrollierte Substanzen<br />

(Federal Controled<br />

Substance Act) verstoßen.<br />

Damit haben die<br />

US-Bundesstaaten Colorado<br />

und Washington von<br />

43<br />

der Bundesregierung grünes<br />

Licht erhalten, ihre<br />

Regelungen für die Verwendung<br />

von Marihuana<br />

selbst zu gestalten.<br />

Bislang mussten die<br />

Produzenten, Verkäufer<br />

und Konsumenten stets<br />

damit rechnen, dass die<br />

Bundes-Antidrogenbehörde<br />

DEA ausrückt und deren<br />

Wohnungen stürmt,<br />

zumal die Staatsgesetze<br />

gegen das Bundesrecht<br />

verstießen.<br />

Bedenkt man, dass die<br />

Umsätze auf dem illegalen<br />

Drogenmarkt in Sachen<br />

Cannabis auf rund<br />

40 Milliarden Dollar pro<br />

Jahr geschätzt werden,<br />

sind die "legalen 8 Milliarden"<br />

schon eine ordentliche<br />

Summe. Zwar gibt es


weiterhin noch viele Bedenken<br />

hinsichtlich der<br />

gesundheitlichen Risiken,<br />

dennoch weiß man auch,<br />

dass Cannabis bei der<br />

Therapierung mancher<br />

Krankheiten große Hilfe<br />

leistet. Deshalb ist auch<br />

davon auszugehen, dass<br />

bald schon weitere Bundesstaaten<br />

dem Beispiel<br />

Colorados und Washingtons<br />

folgen werden.<br />

Allerdings spielen hierbei<br />

auch andere Beweggründe<br />

eine Rolle: Neben<br />

der Eindämmung der<br />

Drogenkriminalität können<br />

die chronisch klammen<br />

Kassen der Bundesstaaten<br />

mit der Besteuerung<br />

von legal verkauftem<br />

Marihuana etwas<br />

aufgefüllt werden. Geht<br />

man von einer durchschnittlichen<br />

Besteuerung<br />

von 20 Prozent des Endverkaufspreises<br />

aus,<br />

könnten die öffentlichen<br />

Kassen 2018 demnach<br />

bis zu 1,6 Milliarden Dollar<br />

einnehmen.<br />

Bis November dieses<br />

Jahres sollen Alaska und<br />

Oregon den Freizeitgebrauch<br />

von Marihuana legalisieren.<br />

Zudem wird<br />

erwartet, dass Arizona,<br />

California, Nevada, Maine<br />

und Massachusetts die<br />

Legalisierung bis zum<br />

Jahr 2016 durchbringen.<br />

Hawaii, Maryland, New<br />

Hampshire und Vermont<br />

könnten bis zum Jahr<br />

2017 folgen. Damit wäre<br />

das "Gras" in 13 der 50<br />

Bundesstaaten mit aktuell<br />

rund 74 Millionen Einwohnern<br />

(knapp 24 Prozent<br />

der Gesamtbevölkerung)<br />

legal.<br />

44


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Grundlegende Richtung: Kritisches Meinungs- und<br />

Newsmagazin mit Schwerpunkt Politik, Wirtschaft und<br />

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