Contra emag Nr. 06/14
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Afghanistan – Rückzug auf Widerruf<br />
N<br />
ach zehn Jahren<br />
Krieg, 56 Gefallenen,<br />
dem Verlust von<br />
Material im Wert von<br />
150 Millionen Euro und<br />
der Erkenntnis, dass<br />
sie nichts erreicht hat,<br />
wird sich die Bundeswehr<br />
im Laufe des<br />
Jahres aus Afghanistan<br />
zurückziehen.<br />
Wahrscheinlich.<br />
Von Florian Stumfall<br />
Also, ganz will man sich<br />
von dem Land am Hindukusch<br />
denn doch nicht trennen.<br />
Nach dem Abzug so<br />
gut wie aller Truppen sollen<br />
noch 800 Ausbilder und<br />
Spezialisten der deutschen<br />
Streitkräfte bleiben. „Spezialisten“<br />
– das klingt sehr<br />
nach Spezialeinheiten und<br />
um solche wird es sich auch<br />
handeln. Auch Italien vollzieht<br />
einen Rückzug mit<br />
Hintertür, ebenso andere<br />
Länder der ISAF-Mission.<br />
Doch, wie immer, machen<br />
die USA ihren Vasallen<br />
vor, was sie von ihnen erwarten.<br />
Sie werden in Afghanistan<br />
neun Basen behalten,<br />
als Grundlage und<br />
fait accompli für ein bilaterales<br />
Abkommen im Bereich<br />
Sicherheit und Verteidigung<br />
mit der neuen Regierung in<br />
Kabul. „Die Bedingungen<br />
dazu werden von den USA<br />
diktiert“, erklärte der russische<br />
Verteidigungsminister<br />
Schoigu. Er erwartet, dass<br />
der Terror an der russischen<br />
Grenze zunehmen wird. In<br />
allen Gebieten, in denen<br />
einheimische Sicherheitskräfte<br />
das Kommando übernommen<br />
hätten, verstärkten<br />
sich die Aktivitäten der<br />
bewaffneten Opposition,<br />
sagte Schoigu anlässlich einer<br />
Konferenz der Shanghaier<br />
Organisation für Zusammenarbeit.<br />
24<br />
Für Russland hat der Verbleib<br />
westlicher und vor allem<br />
amerikanischer Einheiten<br />
in Afghanistan – von<br />
der Terror-Gefahr abgesehen<br />
– auch strategische Bedeutung.<br />
Mit seiner langen<br />
Grenze zum südlichen Sibirien<br />
ist nämlich Afghanistan<br />
ein wesentlicher Bestandteil<br />
der Kette von NATO-Stützpunkten,<br />
die um fast ganz<br />
Russland herum gelegt worden<br />
sind. Vizeverteidigungsminister<br />
Antonow<br />
fragt daher nach dem<br />
Zweck der neun verbleibenden<br />
US-Basen: „Was soll<br />
das? Wozu werden sie dienen?<br />
Welche Aufgaben werden<br />
sie erfüllen?“ Und er<br />
fährt fort: „Wir wollen wissen,<br />
welche Ergebnisse<br />
ISAF gebracht hat, wie die<br />
nächste Mission sein wird<br />
und wer ihr angehören<br />
wird. Auf diese Fragen geben<br />
die USA keine klare<br />
Antwort.“<br />
Was die Ergebnisse angeht,<br />
so stellt sich vor allem<br />
die Frage, ob das vorübergehende<br />
Zurückdrängen<br />
der Taliban sich angesichts<br />
des Rekrutierungs-Effektes<br />
des Krieges gelohnt hat. Eines<br />
aber steht mit Sicherheit<br />
fest: Während der vergangenen<br />
zehn Jahre hat<br />
sich die Opium-Produktion<br />
in Afghanistan um den Faktor<br />
40 erhöht, auch wenn<br />
die ISAf – siehe Bild links –<br />
immer wieder Drogen vernichtet.