Contra emag Nr. 06/14
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Raketen-Abwehr – Ein Vorschlag<br />
des Kreml<br />
O<br />
bwohl der Westen<br />
unablässig<br />
propagandistisch auf<br />
Russland eindrischt,<br />
versucht Moskau, offene<br />
Fragen auf dem<br />
Wege der Diplomatie<br />
zu lösen. Eines dieser<br />
Probleme ist der Plan<br />
der USA, in Osteuropa<br />
ein System der Raketenabwehr<br />
einzurichten.<br />
Die offizielle Begründung<br />
lautet, man<br />
müsse sich gegen<br />
einen möglichen Raketenangriff<br />
aus dem<br />
Iran schützen, tatsächlich<br />
aber wäre ein<br />
solcher Raketen-<br />
Schirm geeignet, die<br />
russische militärische<br />
Abwehr weitgehend<br />
auszuschalten.<br />
Von Florian Stumfall<br />
Die Ukraine-Krise kommt<br />
den USA aus verschiedenen<br />
Gründen gelegen, unter anderem<br />
auch deswegen, weil<br />
sie ihnen den Vorwand dafür<br />
geliefert hat, die Verhandlungen<br />
mit Russland<br />
über den Raketen-Schirm<br />
abzubrechen. Für Moskau<br />
ist die Sache damit aber<br />
nicht erledigt. „Russland<br />
wird adäquat auf diese Pläne<br />
reagieren“, erklärte Vizeverteidigungsminister<br />
Anatoli Antonow. „All das<br />
bestätigt unsere frühere<br />
Einschätzung, dass die Raketenabwehr<br />
in Europa in<br />
ihrer gegenwärtigen Form<br />
auf ein Unterhöhlen des Abschreckungspotentials<br />
Russlands gerichtet ist.“<br />
Bestärkt sieht sich der<br />
Kreml in dieser Einschätzung<br />
durch die Pläne einiger<br />
NATO-Länder, in der<br />
Nähe zur russischen Grenze<br />
weitere zusätzliche Truppen-Kontingente<br />
zu stationieren,<br />
nachdem die USA<br />
gerade sowohl im Baltikum<br />
als auch in Polen ihre Luftwaffe<br />
deutlich verstärkt haben.<br />
In ihrem Wunsch, „sich<br />
für die Krim zu rächen“<br />
meint auch Vizeaußenminister<br />
Sergej Rjabkow, gehe<br />
Washington über die russischen<br />
Bedenken in Hinblick<br />
auf den Raketen-Schirm<br />
hinweg. Man bedauere in<br />
Moskau, dass sich die USA<br />
nicht imstande zeigten, zwischen<br />
ihren langfristigen<br />
und kurzzeitigen Interessen<br />
zu unterscheiden. „Die<br />
Amerikaner sind von Rachedurst<br />
benommen. Ich denke<br />
nicht, dass in nächster Zeit<br />
ein produktiver Dialog zum<br />
Thema Raketenabwehr<br />
möglich ist.“<br />
Um sich aber nicht dem<br />
Vorwurf auszusetzen, man<br />
sei selber zumindest mit<br />
Schuld an dem diplomatischen<br />
Stillstand, hat Russland<br />
selbst ein Modell für<br />
den Raketen-Schirm in Europa<br />
zur Diskussion auf den<br />
Tisch gelegt. Dieser Plan<br />
umfasst sechs Punkte:<br />
1. Die Zusammenarbeit<br />
erfolgt im Interesse<br />
aller europäischen<br />
Länder. Alle müssen<br />
einbezogen werden.<br />
2. Alle Länder beteiligen<br />
sich an der Raketenabwehr,<br />
unabhängig<br />
von ihrer Zugehörigkeit<br />
zu Organisationen<br />
oder Bündnissen.<br />
3. Konkrete Programme<br />
der Zusammenarbeit<br />
können sowohl auf<br />
bilateraler als auch<br />
multilateraler Grundlage<br />
beruhen.<br />
4. Die Zusammenarbeit<br />
muss durch langfristige<br />
Abkommen<br />
rechtsverbindlich gestaltet<br />
werden.<br />
5. Der Aufbau der europäischen<br />
Raketenabwehr<br />
darf nicht zu<br />
Spannungen mit Ländern<br />
führen, die einseitig<br />
als möglicher<br />
Aggressor bezeichnet<br />
werden.<br />
6. Die Zusammenarbeit<br />
erfolgt stufenweise.<br />
Jetzt ist es an den USA<br />
zu handeln. Dazu ist es notwendig,<br />
endlich wieder einmal<br />
zwischen Propaganda<br />
und Diplomatie zu unterscheiden.<br />
15