Contra emag Nr. 06/14
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N<br />
och vor wenigen<br />
Wochen erklärte<br />
die Sprecherin des US<br />
State Department, Jen<br />
Psaki, auf absehbare Zeit<br />
seien die USA nicht in<br />
der Lage, Europa mit Gas<br />
zu versorgen (<strong>Contra</strong><br />
magazin 04/20<strong>14</strong>). Jetzt<br />
behaupten Präsident<br />
Obama und sein Außenminister<br />
Kerry, Psakis<br />
Chef, das Gegenteil. Das<br />
zeigt wieder einmal, daß,<br />
wer lügt, ein gutes Gedächtnis<br />
braucht.<br />
Von Florian Stumfall<br />
Mit dem TTIP-Abkommen,<br />
dem sogenannten<br />
Freihandel zwischen den<br />
USA und der EU werde die<br />
„Lieferung von Flüssiggas in<br />
Richtung Europa sehr viel<br />
einfacher“, so Obama. Mit<br />
solchem Optimismus will er<br />
die festgefahrenen Verhandlungen<br />
über TTIP wieder<br />
ins Rollen bringen, indem<br />
er zusätzlich Misstrauen<br />
in die Vertragstreue der<br />
russischen Lieferanten zu<br />
streuen versucht. Doch die<br />
Erfahrungen sprechen eine<br />
andere Sprache: Sogar im<br />
kältesten Kalten Krieg hat<br />
sich die damalige Sowjetunion<br />
zuverlässig an alle Abmachungen<br />
gehalten.<br />
Erdgas aus den USA nur<br />
warme Luft – Verluste<br />
beim Fracking<br />
Allerdings erklärt Obama<br />
nicht, woher er das Gas<br />
nehmen will, das da so einfach<br />
spendiert werden soll.<br />
Aus den Schiefergas-Lagerstätten,<br />
die mit dem umstrittenen<br />
Fracking hätten<br />
erschlossen werden sollen,<br />
wird es kaum kommen.<br />
Diese Fördermethode wird<br />
von zwei der größten Petroleum-Konzernen,<br />
Shell und<br />
BP, bereits wieder aufgegeben,<br />
weil sie unwirtschaftlich<br />
ist. Waren es im Jahr<br />
2012 noch rund sieben Milliarden<br />
Dollar, die internationale<br />
Investoren des<br />
Energie-Sektors für Anteile<br />
an Lagerstätten von Schiefer-Kohlenwasserstoffen<br />
ausgegeben haben, so sank<br />
diese Zahl im vergangenen<br />
Jahr auf die Hälfte. Heuer<br />
macht sich beispielsweise<br />
Shell bereits daran, Pachtverträge<br />
über 280.000<br />
Hektar Land in Texas, Pennsylvania,<br />
Colorado und Kansas<br />
abzustoßen (Wall Street<br />
Journal/IHS Herold). Shell-<br />
Boss van Beurden ließ verlauten:<br />
„Die finanzielle Performance<br />
ist offen gesagt<br />
nicht hinnehmbar.“ Vom finanziellen<br />
Problem abgesehen,<br />
fehlt den USA die Infrastruktur<br />
für Verflüssigung<br />
und Transport von Gas in<br />
großem Umfang. Der Analytiker<br />
F. William Engdahl<br />
nennt die Versicherungen<br />
der USA, russische Lieferungen<br />
ersetzen zu können,<br />
„eine glatte Lüge angesichts<br />
der physikalischen Realitäten“.<br />
So ist es wahrscheinlich,<br />
dass die EU weiterhin 30<br />
Prozent ihres Erdgas-Bedarfs<br />
in Russland decken<br />
wird, mit steigender Tendenz.<br />
Deutschland als der<br />
größte europäische Gaskunde<br />
stockte im ersten Quartal<br />
des laufenden Jahres<br />
seine Importe gegenüber<br />
dem Vorjahr um 15 Prozent<br />
auf, Großbritannien die seinigen<br />
um ein Drittel. „Gazprom<br />
ist bereit, den wachsenden<br />
Gasbedarf europäischer<br />
Volkswirtschaften<br />
weiterhin zu decken“, so die<br />
offizielle Auskunft des Energie-Riesen.<br />
Und die USA<br />
dürften weiterhin Importeur<br />
von Gas bleiben, einer der<br />
größten weltweit.<br />
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