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Der gestörte Nachbar – Überbau und andere ... - Pantaenius

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11. <strong>Pantaenius</strong> Immobilientagung 17.11.2011<br />

Empire Riverside Hotel Hamburg<br />

<strong>Der</strong> gestörte <strong>Nachbar</strong> –<br />

Überbau <strong>und</strong> <strong>andere</strong> Beeinträchtigungen<br />

fremder Gr<strong>und</strong>stücke<br />

Rechtsanwalt Christopher Nierhaus<br />

Fachanwalt für Bau- <strong>und</strong> Architektenrecht<br />

W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt<br />

S. 1


S. 2


Überbau mit Wärmedämmung<br />

<strong>Der</strong> Eigentümer E stellte eines Tages fest, dass seine <strong>Nachbar</strong>in N<br />

begonnen hatte, auf der Außenwand ihres unmittelbar an der Grenze<br />

stehenden Gebäudes entlang einer Gr<strong>und</strong>stücksdurchfahrt eine 15 cm<br />

starke Dämmung aufzubringen. Diese sollte im vorderen Bereich in einer<br />

Höhe von 3 m beginnen <strong>und</strong> im hinteren Bereich wegen der ansteigenden<br />

Durchfahrt in einer Höhe von 2,20 m oberhalb des Bodens enden <strong>und</strong><br />

würde dessen Durchfahrt einengen. <strong>Der</strong> E widersprach der Aufbringung<br />

der Dämmung. Trotzdem setzte N die Arbeiten fort. <strong>Der</strong> E forderte die N<br />

erfolglos unter Fristsetzung <strong>und</strong> Androhung gerichtlicher Schritte zur<br />

Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Da die Arbeiten nicht eingestellt<br />

wurden, beantragt E den Erlass einer einstweiligen Verfügung.<br />

OLG Karlsruhe v. 9.12.2009, 6 U 121/09, IMR 2010, 158<br />

S. 3


§ 903 BGB Befugnisse des Eigentümers<br />

<strong>Der</strong> Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte<br />

Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren <strong>und</strong><br />

<strong>andere</strong> von jeder Einwirkung ausschließen. <strong>Der</strong> Eigentümer eines Tieres<br />

hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum<br />

Schutz der Tiere zu beachten.<br />

§ 905 BGB Begrenzung des Eigentums<br />

Das Recht des Eigentümers eines Gr<strong>und</strong>stücks erstreckt sich auf den<br />

Raum über der Oberfläche <strong>und</strong> auf den Erdkörper unter der Oberfläche.<br />

<strong>Der</strong> Eigentümer kann jedoch Einwirkungen nicht verbieten, die in solcher<br />

Höhe oder Tiefe vorgenommen werden, dass er an der Ausschließung<br />

kein Interesse hat.<br />

S. 4


§ 1004 BGB Beseitigungs- <strong>und</strong> Unterlassungsanspruch<br />

(1) Wird das Eigentum in <strong>andere</strong>r Weise als durch Entziehung oder<br />

Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von<br />

dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind<br />

weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf<br />

Unterlassung klagen.<br />

(2) <strong>Der</strong> Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung<br />

verpflichtet ist.<br />

Anspruchsgr<strong>und</strong>lage für die Unterlassungs- <strong>und</strong> Beseitigungsansprüche<br />

bei Eigentumsverletzungen ergeben sich aus §§ 1004 Abs. 1, 903<br />

BGB, es sei denn der <strong>Nachbar</strong> muss die Beeinträchtigungen dulden.<br />

Denkbar sind auch verschuldensabhängige Schadensersatzansprüche aus<br />

§§ 823 ff. BGB<br />

S. 5


§ 912 BGB Überbau; Duldungspflicht<br />

(1) Hat der Eigentümer eines Gr<strong>und</strong>stücks bei der Errichtung eines<br />

Gebäudes über die Grenze gebaut, ohne dass ihm Vorsatz oder grobe<br />

Fahrlässigkeit zur Last fällt, so hat der <strong>Nachbar</strong> den Überbau zu<br />

dulden, es sei denn, dass er vor oder sofort nach der<br />

Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat.<br />

(2) <strong>Der</strong> <strong>Nachbar</strong> ist durch eine Geldrente zu entschädigen. Für die Höhe<br />

der Rente ist die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend.<br />

§ 912 BGB führt also nur dann zu einem Duldungsanspruch, wenn<br />

1. der Überbau weder vorsätzlich noch grob fahrlässig erfolgte <strong>und</strong><br />

2. der <strong>Nachbar</strong> nicht vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung<br />

widersprochen hat.<br />

S. 6


Duldungspflicht aus § 912 BGB?<br />

Ist einem Gr<strong>und</strong>stückseigentümer bewusst, dass er im Bereich der<br />

Gr<strong>und</strong>stücksgrenze baut, handelt er grob fahrlässig, wenn er sich vor der<br />

Bauausführung nicht vergewissert, dass der für die Bebauung<br />

vorgesehene Gr<strong>und</strong> ihm gehört bzw. während der Bauausführung nicht<br />

darauf achtet, dass die Grenzen seines Gr<strong>und</strong>stückes nicht überschritten<br />

werden.<br />

(BGH Urt. V. 19.9.2008 – V ZR 152/07, WuM 2008, 675)<br />

<strong>Der</strong> Widerspruch muss vor oder nach objektiv erkennbarer<br />

Grenzüberschreitung so rechtzeitig erhoben werden, dass die Beseitigung<br />

des Überbaus ohne erhebliche Zerstörung möglich ist.<br />

(BGH Urt. V. 14.7.1972 – V ZR 147/70, NJW 1972, 1183)<br />

S. 7


Spezialgesetze der B<strong>und</strong>esländer<br />

In den meisten B<strong>und</strong>esländern bestehen gesetzliche Regelungen zu den<br />

Grenzwänden <strong>und</strong>/ oder den Folgen von Überbauten <strong>und</strong> sogar speziell<br />

zur Duldung von Wärmedämmung (§ 23a NRW-<strong>Nachbar</strong>schaftsG; § 24a<br />

AGBGB (HB); § 16a Berliner <strong>Nachbar</strong>schG)<br />

In Hamburg fehlen dazu gesetzliche Regelungen; es muss auf das<br />

BGB zurückgegriffen werden.<br />

§ 74 Abs. 1 HBauO regelt nur die Inanspruchnahme zu Bautätigkeiten,<br />

nicht einen dauerhaften Grenzüberbau.<br />

S. 8


<strong>Nachbar</strong>liches Gemeinschaftsverhältnis (§ 242 BGB)<br />

„<strong>Der</strong> Beklagte ist ohne gesetzliche Regelung nicht verpflichtet, seinen<br />

Anspruch auf Unterlassung der Beeinträchtigung seines Eigentums an<br />

dem Gr<strong>und</strong>stück (§ 1004 Abs. 1 BGB) zugunsten der Allgemeinheit<br />

aufzuopfern. Die von dem Berufungsgericht in § 559 BGB gesehene<br />

Anerkennung des Zwecks der Energieeinsparung durch den Gesetzgeber<br />

hilft darüber nicht hinweg.“ (BGH, Urt. v. 11.4.2008 – V ZR 158/07, NJW<br />

2008, 2032)<br />

„Zwar käme eine solche (Duldungs-)Verpflichtung in Betracht, wenn es<br />

dem Beklagten nicht oder nur mit unvertretbar hohem Aufwand möglich<br />

wäre, sein durch die Wärmedämmung erhöhtes Dach ohne Überbauung<br />

des <strong>Nachbar</strong>dachs fachgerecht abzuschließen <strong>und</strong> wenn für den Kläger<br />

von einer solchen Überbauung keine Beeinträchtigungen tatsächlicher Art<br />

ausgingen.“ (BGH Urt. v. 19.9.2008 – V ZR 152/07, BauR 2009, 101)<br />

S. 9


Unzumutbarkeit u. Verwirkung der Beseitigung<br />

Die in § 275 Abs. 2 BGB bestimmte Einrede der Unzumutbarkeit kann<br />

auch gegen einen Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB<br />

erhoben werden.<br />

(BGH, Urt. V. 30.5.2008 – V ZR 184/07, NJW 2008, 968;<br />

OLG Koblenz, Urteil vom 09.04.2010 - 8 U 802/09, IMR 2010, 1136)<br />

Wenn eine Wärmedämmung geringfügig auf das <strong>Nachbar</strong>gr<strong>und</strong>stück<br />

aufgebracht wird, was die <strong>Nachbar</strong>n wissen, aber im Anschluss 15 Jahre<br />

unwidersprochen hinnehmen, so darf sich der Verpflichtete darauf<br />

einrichten, dass der Überbau nicht mehr beanstandet wird.<br />

(LG Mainz, Urteil vom 25.06.2007 – 9 O 169/04, IMR 2007, 1136)<br />

S. 10


<strong>Nachbar</strong>schaftsvereinbarung<br />

Durch eine <strong>Nachbar</strong>schaftsvereinbarung wird eine rechtsgeschäftliche<br />

Duldungspflicht gem. § 1004 Abs. 2 BGB begründet.<br />

Wenn diese Vereinbarung nicht gr<strong>und</strong>buchlich gesichert wird, bindet sie<br />

allerdings nur die Vertragsparteien <strong>und</strong> ihre Gesamtrechtsnachfolger<br />

(Erben, Unternehmenserwerber), nicht deren Sonderrechtsnachfolger im<br />

Falle des Verkaufs des Gr<strong>und</strong>stücks.<br />

<strong>Der</strong> Überbau bleibt aber im Sinne von § 912 Abs. 1 BGB entschuldigt,<br />

denn infolge der Zustimmung des Voreigentümers ist der Überbau weder<br />

vorsätzlich noch grob fahrlässig errichtet worden <strong>und</strong> der neue Eigentümer<br />

konnte dem Bauvorhaben nicht mehr widersprechen. Es entsteht dann<br />

aber ein gesetzlicher Anspruch auf Überbaurente. (BGH NJW 1983, 1112).<br />

S. 11


S. 12


<strong>Nachbar</strong> baut, Mieter mindert. Wer zahlt?<br />

Während der Errichtung eines Einkaufszentrums fühlt sich der Mieter einer<br />

Wohnung auf dem gegenüberliegenden Gr<strong>und</strong>stück durch Baulärm<br />

erheblich gestört. Er mindert die Miete 20 Monate lang um 20 %. Die auf<br />

den Mietrückstand gerichtete Zahlungsklage des Vermieters<br />

(Wohnungseigentümer) wurde abgewiesen. Nunmehr verlangt der<br />

Vermieter vom <strong>Nachbar</strong>n, auf dessen Gr<strong>und</strong>stück das Einkaufszentrum<br />

errichtet wurde Erstattung der Mietverluste. Er fühlt sich sicher, weil er<br />

dem <strong>Nachbar</strong>n im Mietprozess den Streit verkündet hatte.<br />

LG Hamburg, Urt. v. 3.12.1998 – 327 S 97/98, NZM 1999, 169<br />

.<br />

S. 13


§ 906 BGB Zuführung unwägbarer Stoffe<br />

(1) <strong>Der</strong> Eigentümer eines Gr<strong>und</strong>stücks kann die Zuführung von Gasen,<br />

Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen<br />

<strong>und</strong> ähnliche von einem <strong>andere</strong>n Gr<strong>und</strong>stück ausgehende<br />

Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die<br />

Benutzung seines Gr<strong>und</strong>stücks nicht oder nur unwesentlich<br />

beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel<br />

vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten<br />

Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten<br />

<strong>und</strong> bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt<br />

für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des<br />

B<strong>und</strong>es-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind <strong>und</strong> den<br />

Stand der Technik wiedergeben.<br />

(…)<br />

S. 14


§ 906 BGB<br />

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch<br />

eine ortsübliche Benutzung des <strong>andere</strong>n Gr<strong>und</strong>stücks herbeigeführt<br />

wird <strong>und</strong> nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die<br />

Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer<br />

hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des<br />

<strong>andere</strong>n Gr<strong>und</strong>stücks einen angemessenen Ausgleich in Geld<br />

verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines<br />

Gr<strong>und</strong>stücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus<br />

beeinträchtigt.<br />

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.<br />

S. 15


Struktur des § 906 BGB:<br />

1. Unwägbare Stoffe<br />

2. Duldungspflicht des <strong>Nachbar</strong>n, wenn<br />

a) Keine oder unwesentliche Beeinträchtigung<br />

b) Zwar wesentliche Beeinträchtigung<br />

(1) aber durch ortsübliche Benutzung des <strong>andere</strong>n (störenden)<br />

Gr<strong>und</strong>stücks verursacht<br />

(2) <strong>und</strong> nicht durch zumutbare Maßnahmen (des Störers) zu<br />

verhindern<br />

3. Bei Pflicht zur Duldung wesentlicher Beeinträchtigungen besteht<br />

Anspruch auf Ausgleich in Geld, wenn<br />

a) eine ortsübliche Benutzung oder der Ertrag des gestörten<br />

Gr<strong>und</strong>stücks<br />

b) unzumutbar beeinträchtigt sind<br />

S. 16


Beeinträchtigung „wesentlich“?<br />

Ist das Gr<strong>und</strong>stück in seiner durch Natur, Gestaltung <strong>und</strong><br />

Zweckbestimmung geprägten konkreten Beschaffenheit mehr als<br />

unerheblich beeinträchtigt? Maßgeblich ist das Empfinden eines<br />

verständigen Durchschnittsbenutzers (BGH NJW 1999, 356).<br />

Geräusch- o. Geruchseinwirkung ist erst dann unwesentlich, wenn ein<br />

durchschnittlicher Mensch sie kaum noch empfindet (BGH NJW 1982,<br />

440).<br />

Dem Betroffenen sind i.d.R keine Schutzmaßnahmen zumutbar (z.B.<br />

Schlafzimmerverlegung), damit die Beeinträchtigung unwesentlich ist<br />

(BGH NJW 1990, 2465/2467); Hat Beeinträchtigter seinerseits aber<br />

Schallschutzvorschriften nicht eingehalten, so ist eine Beeinträchtigung als<br />

unwesentlich anzusehen, wenn sie es bei Einhaltung der<br />

Schallschutzvorschriften wäre (BGH NJW 2008, 1810).<br />

S. 17


Störende Nutzung „ortsüblich“?<br />

Im Vergleichsbezirk müssen mehrere Gr<strong>und</strong>stücke mit nach Art <strong>und</strong><br />

Umfang annähernd gleich beeinträchtigender Wirkung auf ein <strong>andere</strong>s<br />

Gr<strong>und</strong>stück wiederholt benutzt werden (BGH NJW 1993, 925, 930).<br />

Die mit zeitweise erhöhten Einwirkungen verb<strong>und</strong>enen gewöhnlichen<br />

Herstellungs-, Erhaltungs-, Umgestaltungs- oder Abbruchmaßnahmen sind<br />

ortsüblich, wenn das Halten der Anlage ortsüblich ist (BGH NJW 1972,<br />

289).<br />

Bauarbeiten sind ortsüblich, wenn das Gr<strong>und</strong>stück als Baugr<strong>und</strong>stück<br />

ausgewiesen ist <strong>und</strong> eine Baugenehmigung erteilt wurde (LG Hamburg,<br />

NZM 1999, 169; BayObLG NJW 1987, 1950, 1952)<br />

S. 18


Ausgleichsanspruch gem. § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB<br />

Voraussetzungen des Anspruchs ist, dass die § 906 Abs. 1, Abs. 2 S. 1<br />

BGB hinzunehmende Einwirkung eine ortsübliche Benutzung oder den<br />

Ertrag des gestörten Gr<strong>und</strong>stücks unzumutbar beeinträchtigt. Ersetzt wird<br />

nur der unzumutbare Teil der Beeinträchtigung (BGH BauR 1988, 755;<br />

NJW 1984, 1876; LG Hamburg, NZM 1999, 169)<br />

Nicht jede wesentliche Beeinträchtigung i.S.v. § 906 Abs. 1 BGB ist auch<br />

schon unzumutbar. Die Zumutbarkeitsgrenze wird überschritten, wenn das<br />

Mietgr<strong>und</strong>stück/ die vermietete Eigentumswohnung nicht wirtschaftlich<br />

betrieben werden kann. Das zumutbare Maß der Ertragsverluste ist bei<br />

einer Mietminderung von 6% erreicht. Mindert der Mieter 20% der Miete,<br />

sind also nur 14% erstattungsfähig. Es besteht kein Anspruch auf<br />

Prozesskosten des <strong>Nachbar</strong>n gegen seinen Mieter, da diese Kosten nicht<br />

aus der Beeinträchtigung folgen (LG Hamburg, NZM 1999, 169)<br />

S. 19


Kritik an der „6%-Rechtsprechung“ des LG HH<br />

‣Das LG stellt auf die „gerichtsbekannte“ durchschnittliche Nettorendite<br />

von 6 % bei der Vermietung von Wohnungen in Hamburg ab.<br />

‣Was gilt, wenn nur einige Mieter eines MFH mindern? Sind dann schon<br />

6 % in den jeweiligen Mietverhältnissen unzumutbar oder nur, wenn die<br />

Minderungsbeträge zusammen 6% der Gesamtmieten des Objekts<br />

ausmachen?<br />

‣Sind 6% Minderung auch 6% Rendite? Beispiel:<br />

Kaufpreis der Immobilie: € 1 Mio; Mieteinnahme p.a. 60.000,00 = 6 %<br />

des Kaufpreises; Minderung 6% = € 3.600,00, d.h. 0,36 % des<br />

Kaufpreises.<br />

‣Müssen nicht stattdessen ortsübliche Minderungsbeträge (20-30 %) noch<br />

als zumutbar angesehen werden?<br />

S. 20


Verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher<br />

Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 BGB<br />

Gehen von einem Gr<strong>und</strong>stück<br />

‣Beeinträchtigungen i.S. v. § 906 oder Grobimmissionen aus, die<br />

‣gr<strong>und</strong>sätzlich nach §§ 862, 907 ff., 1004 abwehrbar sind (auch<br />

ortsunübliche),<br />

‣an deren Abwehr der Betroffene aber aus besonderen rechtlichen oder<br />

tatsächlichen Gründen gehindert ist,<br />

so besteht ein aus dem Rechtsgedanken der §§ 904 S. 2, 906 Abs. 2 BGB<br />

§ 14 S. 2 BImschG abgeleiteter verschuldensunabhängiger<br />

nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch (bürgerrechtlicher<br />

Aufopferungsanspruch), BGH NJW 2004, 3701<br />

<strong>Der</strong> Anspruch kann auch vom Besitzer (Mieter) des Gr<strong>und</strong>stücks geltend<br />

gemacht werden (BGH, Urt. v. 23.2.2001 – V ZR 389/99, BauR 2001,<br />

1587)<br />

S. 21


Verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher<br />

Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 BGB<br />

Hinderungsgr<strong>und</strong> kann rechtlicher oder tatsächlicher Art sein, z.B.<br />

‣ rechtzeitige Geltendmachung unmöglich BGH NJW 2003, 2377<br />

‣ rechtzeitige Geltendmachung nicht veranlasst, BGH NJW 1983, 872<br />

‣ schädliche Auswirkungen nicht erkennbar, BGH NJW 1999, 1029<br />

‣ Geltendmachung würde Störungsbeseitigung nicht beschleunigen,<br />

BGH NJW 1995, 714<br />

S. 22


Unwägbare Stoffe<br />

Keine/ unwesentliche<br />

Beeinträchtigung<br />

Wesentliche Beeinträchtigung<br />

a) durch ortsübliche Benutzung <strong>und</strong><br />

b) Beseitigung für Störer unzumutbar?<br />

ja<br />

nein<br />

<strong>Nachbar</strong> muss dulden <strong>Nachbar</strong> muss dulden Beseitigungsanspruch<br />

Ortsübliche Benutzung/ Ertrag Anspruch nicht<br />

unzumutbar beeinträchtigt? durchsetzbar?<br />

Keine<br />

Geldentschädigung Entschädigung in Geld Entschädigung in Geld<br />

S. 23


S. 24


Verjährung des Beseitigungsanspruchs<br />

Die Klägerin ist seit 1986 Eigentümerin eines bebauten Gr<strong>und</strong>stücks,<br />

welches an eine Straße mit erheblichem Gefälle angrenzt. Die Straße wird<br />

seit 1986 oder 1987 durch eine von dem beklagten <strong>Nachbar</strong>eigentümer<br />

errichtete Mauer abgestützt. Diese ist mit einer Deckenplatte, die über das<br />

Gr<strong>und</strong>stück der Klägerin verläuft, mit deren Wohngebäude verb<strong>und</strong>en. Die<br />

Klägerin duldet dies, erfährt aber viele Jahre später, dass durch die<br />

Deckenplatte erhebliche statische Kräfte auf ihr Haus geleitet werden, was<br />

dort zu Rissen <strong>und</strong> weiteren Schäden führt. Sie verlangt nunmehr von dem<br />

Beklagten die Beseitigung der auf ihrem Gr<strong>und</strong>stück befindlichen<br />

Deckenplatte. <strong>Der</strong> Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.<br />

BGH Urteil vom 28.01.2011 – V ZR 141/10 (IMR 2011, 204)<br />

S. 25


§ 195 BGB Regelmäßige Verjährungsfrist<br />

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.<br />

§ 902 BGB Unverjährbarkeit eingetragener Rechte<br />

(1) Die Ansprüche aus eingetragenen Rechten unterliegen nicht der<br />

Verjährung. Dies gilt nicht für Ansprüche, die auf Rückstände<br />

wiederkehrender Leistungen oder auf Schadensersatz gerichtet sind.<br />

S. 26


BGH, Urteil vom 28.01.2011 – V ZR 141/10<br />

1. § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB findet auf den Beseitigungsanspruch<br />

wegen einer Störung in der Ausübung des<br />

Gr<strong>und</strong>stückseigentums keine Anwendung.<br />

Begründung:<br />

Maßgeblicher Gesichtspunkt für die Anwendung oder Nichtanwendung der<br />

Vorschrift des § 902 Abs. 1 S. 1 BGB ist deren Zweck, den Bestand der im<br />

Gr<strong>und</strong>buch eingetragenen Rechte dauerhaft zu sichern. Unverjährbar sind<br />

insoweit nur Ansprüche, die der Verwirklichung des eingetragenen Rechts<br />

selbst dienen. Bei bloßen Störungen in der Ausübung des Rechts steht der<br />

Schutzzweck des § 902 BGB der Möglichkeit der Verjährung eines auf<br />

Beseitigung der Störung gerichteten Anspruchs nicht entgegen.<br />

S. 27


BGH, Urteil vom 28.01.2011 – V ZR 141/10<br />

2. Auch nach der Verjährung des Anspruchs aus § 1004 BGB bleibt der<br />

vom Störer geschaffene Zustand rechtswidrig; er kann vom<br />

Gestörten daher auf eigene Kosten beseitigt werden.<br />

Begründung:<br />

<strong>Der</strong> vom Störer geschaffene Zustand bleibt auch nach der Verjährung des<br />

Anspruchs aus § 1004 BGB rechtswidrig <strong>und</strong> muss daher vom Gr<strong>und</strong>stückseigentümer<br />

nicht geduldet werden. Vielmehr kann die Quelle der Störung, die<br />

sich auf dem Gr<strong>und</strong>stück des gestörten Eigentümers befindet, von diesem im<br />

Rahmen seiner aus § 903 BGB folgenden Rechtsmacht beseitigt werden.<br />

Wegen der damit verb<strong>und</strong>enen Folgen für die Statik der Stützmauer bedarf<br />

diese Selbstvornahme aber einer vorherigen Ankündigung. So besteht für den<br />

Beklagten zumindest die Möglichkeit, für eine neue, das Eigentum der<br />

Klägerin nicht beeinträchtigende Abstützung der Straße zu sorgen<br />

S. 28


Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit<br />

S. 29

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