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Weltweit im Einsatz für Menschen in Not - Paritätischer ...

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D20493 E<br />

02 | 2013<br />

<strong>Weltweit</strong> <strong>im</strong> <strong>E<strong>in</strong>satz</strong><br />

für <strong>Menschen</strong><strong>in</strong><strong>Not</strong><br />

Paritätische Mitgliedsorganisationen<br />

der Aktion Deutschland Hilft<br />

Nachrichten |Berichte|Reportagen


Inhalt<br />

Foto:ADH|Trappe<br />

Editorial 4<br />

Thema<br />

4<br />

Foto: Denise Z<strong>im</strong>mermann<br />

<strong>Weltweit</strong> <strong>im</strong> <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> für <strong>Menschen</strong> <strong>in</strong> <strong>Not</strong><br />

Paritätische Mitgliedsorganisationen<br />

der Aktion Deutschland Hilft<br />

Helfen mit gebündelter Kraft 4<br />

„Das Bündnis stärkt alle“ 5<br />

„Wer Trümmeraufräumt, räumtauchse<strong>in</strong>e Seeleauf“ 7<br />

Schnelle Hilfe für Katastrophenopfer 8<br />

Wasser ist e<strong>in</strong> <strong>Menschen</strong>recht 10<br />

Statt Waffen e<strong>in</strong> Haus aus Lehm 12<br />

Mohammed kann wieder lachen 14<br />

Handicap International macht<br />

<strong>Menschen</strong> mit Beh<strong>in</strong>derung Mut 16<br />

Schneller <strong>E<strong>in</strong>satz</strong>, langer Atem 17<br />

Jede Oma zählt 19<br />

Hilfe, die etwas verändert 20<br />

LandsAid: Erfolgreiche Arbeit<br />

braucht gute Vorbereitung 22<br />

Helden für Entwicklung 24<br />

Mit kle<strong>in</strong>en Beträgen Großes bewegen 25<br />

28<br />

Foto: Campact<br />

Verbandsrundschau<br />

Kle<strong>in</strong>e Beträge als große<br />

Unterstützung sozialen Engagements 27<br />

Speicher neuer Sprecher der NAK 27<br />

Wechsel <strong>in</strong>Niedersachsen 27<br />

„Sich von den Problemen der<br />

<strong>Menschen</strong> berühren lassen“ 27<br />

Sozialpolitik<br />

K<strong>in</strong>der haben mehr verdient als das BuT 30<br />

Hartz IV–e<strong>in</strong>e folgenschwere<br />

sozialstaatliche Verirrung 32<br />

Unabhängige Kommission für<br />

künftige Armutsberichte gefordert 32<br />

33<br />

Forum<br />

BündnisUmfairteilen –Reichtumbesteuern!<strong>in</strong>Aktion 33<br />

Memorandum: Besserer Schutz für Flüchtl<strong>in</strong>ge 33<br />

Hilfetelefon bei Gewalt gegen Frauen 33<br />

ausgezeichnet 33<br />

hören &sehen 34<br />

Filmtipps |Impressum 35<br />

was·wann ·wo 36<br />

2 www.der-paritaetische.de 2 | 2013


Editorial<br />

Professor Dr.Rolf<br />

Rosenbrock,<br />

Vorsitzenderdes<br />

Paritätischen<br />

Gesamtverbands<br />

LiebeLeser<strong>in</strong>nenund Leser,<br />

Erdbeben <strong>in</strong> Haiti, Flut <strong>in</strong> Pakistan,<br />

Hunger <strong>in</strong> Ostafrika, Flüchtl<strong>in</strong>gsdrama<br />

<strong>im</strong> Sudan –derartige Nachrichten<br />

über das Leid von <strong>Menschen</strong> machen<br />

uns <strong>im</strong>mer wieder betroffen. Bei Natur-<br />

oder humanitären Katastrophen<br />

<strong>im</strong> Auslandleisten auch Mitgliedsorganisationen<br />

des Paritätischen unschätzbare<br />

Hilfe. Ihre Hilfsmaßnahmen reichen<br />

von der Soforthilfe über Maßnahmen<br />

der Rehabilitation bis zum<br />

Wiederaufbau.<br />

Humanitäre Auslandshilfe <strong>im</strong>Paritätischen<br />

ist eng verbunden mit der<br />

„Aktion Deutschland Hilft“, e<strong>in</strong>em<br />

Bündnis von derzeit zehn renommierten<br />

deutschen Hilfsorganisationen, zu<br />

derenGründungsmitgliedernauchder<br />

Gesamtverbanddes Paritätischenzählt.<br />

In denüber100 Projekten unsererMitgliedsorganisationen,die<br />

seit Bestehen<br />

der „Aktion Deutschland Hilft“ gefördert<br />

wurden, zeigt sich e<strong>in</strong> hohes Maß<br />

an Hilfsbereitschaft und Solidarität<br />

mit unverschuldet <strong>in</strong> <strong>Not</strong> geratenen<br />

<strong>Menschen</strong>.Grundlage dieses Handelns<br />

ist der humanitäre Imperativ, der sich<br />

als Recht aller <strong>Menschen</strong> <strong>in</strong> allen<br />

Ländern der Welt beschreiben lässt, <strong>in</strong><br />

<strong>Not</strong>lagen humanitäre Hilfe zuerhalten.<br />

Diese Hilfe ist nur durch die<br />

Unterstützung vieler Spender<strong>in</strong>nen<br />

und Spender möglich. Die <strong>in</strong>diesem<br />

Heft vorgestellten Projekte von paritä-<br />

tischenMitgliedsorganisationen belegen<br />

die große Vielfalt von Hilfsaktivitäten<br />

und e<strong>in</strong> beachtliches Engagement der<br />

Helfer<strong>in</strong>nen und Helfer. Ihnen allen<br />

gebühren Dank und Anerkennung.<br />

Ihre Hilfewäreoftmals ohne dieUnterstützung<br />

aus Mitteln der „Aktion<br />

Deutschland Hilft“ nicht möglich, die<br />

sich nichtnur fürden Paritätischenals<br />

Erfolgsmodell erwiesen hat.<br />

Kennzeichnend für dieses Bündnis<br />

ist, dass sich hier erstmals <strong>in</strong> Deutschland<br />

Hilfsorganisationen zusammengeschlossen<br />

haben, umbei schweren<br />

Katastrophen und Krisen <strong>im</strong>Ausland<br />

geme<strong>in</strong>samunter e<strong>in</strong>erKontonummer<br />

zu Spendenaufzurufen. Um möglichst<br />

wirksame und schnelle Hilfe leisten<br />

zu können, warund ist e<strong>in</strong>e Grundidee<br />

des Bündnisses, die langjährigen Erfahrungen<br />

der Bündnispartner zusammenzuführen<br />

und ihre Hilfe bestmöglich<br />

zu koord<strong>in</strong>ieren. Diese müssen nicht<br />

nur Mitglied <strong>im</strong> Paritätischen se<strong>in</strong>,<br />

sich kont<strong>in</strong>uierlich und professionell<br />

<strong>in</strong> der humanitären Auslandshilfe<br />

engagieren, sondern auch weitere Kriterien<br />

–wie etwa die E<strong>in</strong>haltung von<br />

nationalen und <strong>in</strong>ternationalen Qualitätsstandards<br />

–erfüllen.<br />

Die Auslandsarbeit unserer Mitgliedsorganisationen<br />

ist aber auch <strong>in</strong> anderen<br />

Gegenden dieser Welt präsent. Zum<br />

Beispiel engagieren sich zahlreiche<br />

Mitgliedsorganisationen <strong>in</strong> der Entwicklungszusammenarbeit<br />

mit unterschiedlichen<br />

regionalen und sektoralen<br />

Schwerpunkten <strong>in</strong> Afrika, Asien<br />

und Late<strong>in</strong>amerika. Außerdem entwickelten<br />

sich <strong>in</strong>sbesondere seit Anfang<br />

der 1990er Jahre viele Projektpartnerschaften<br />

mit sozialen Initiativen und<br />

Organisationen <strong>in</strong> den Ländern Mittelund<br />

Osteuropas. Besondere Bedeutung<br />

kommt hier <strong>im</strong> Paritätischen der<br />

deutsch-polnischen Zusammenarbeit<br />

<strong>im</strong> sozialen Bereich zu.<br />

Bei humanitären Katastrophen ist es<br />

wichtig, schnell und professionell zu<br />

handeln, um Schl<strong>im</strong>meres zuvermeiden.<br />

Gleichzeitig ist die Bereitschaft<br />

vieler <strong>Menschen</strong> <strong>in</strong> Deutschland zu<br />

helfen groß. Der Paritätische und die<br />

Aktion Deutschland Hilft s<strong>in</strong>d dabei<br />

die Plattform, mit der ihre Hilfe vor<br />

Ort ankommt.<br />

Herzlich,<br />

Ihr Rolf Rosenbrock<br />

2 | 2013<br />

www.der-paritaetische.de<br />

3


Helfen mit gebündelter Kraft<br />

Der Paritätische iste<strong>in</strong>ewichtige Säule der Aktion Deutschland Hilft<br />

Zehn Organisationen der humanitären Auslandshilfe, darunter auch der Paritätische als<br />

Vertreter mehrerer Mitgliedsorganisationen, gründeten 2001 die Aktion Deutschland<br />

Hilft (ADH). Das geme<strong>in</strong>same Ziel des Bündnisses: Mit gebündelter Kraft weltweit den<br />

Opfern von Katastrophen und Krisen schnell und effektiv helfen.<br />

Thema<br />

Seit se<strong>in</strong>er Gründung hat das<br />

Bündnis mehr als 30 Spendenkampagnen<br />

realisiert, bei denen<br />

es <strong>in</strong>sgesamt über 230 Millionen Euro<br />

fürOpfer vonNatur-und humanitären<br />

Katastrophen gesammelt hat.<br />

Mitgliedsorganisationen s<strong>in</strong>d:<br />

action medeor<br />

ADRA Deutschland<br />

Arbeiter-Samariter-Bund<br />

Arbeiterwohlfahrt<br />

CARE Deutschland-Luxemburg<br />

Help –Hilfe zur Selbsthilfe<br />

Johanniter-Unfall-Hilfe<br />

Malteser International<br />

World Vision Deutschland und<br />

Der Paritätische Gesamtverband mit<br />

se<strong>in</strong>en Mitgliedsorganisationen:<br />

archenoVa–Initiativefür <strong>Menschen</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>Not</strong><br />

Bundesverband Rettungshunde<br />

Freunde der Erziehungskunst<br />

Rudolf Ste<strong>in</strong>ers –Referat<br />

<strong>Not</strong>fallpädagogik<br />

Hammer Forum –Mediz<strong>in</strong>ische<br />

Hilfe für K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> Krisengebieten<br />

Handicap International<br />

HelpAge Deutschland<br />

„Auf das Mite<strong>in</strong>ander von eigentlich<br />

unterschiedlichen Organisationen zu<br />

setzen, war anfangs e<strong>in</strong> ebenso hehrer<br />

wie gewagter Ansatz –heute ist Aktion<br />

Deutschland Hilft aus der humanitären<br />

Hilfe nicht mehr wegzudenken. Die<br />

schnelle geme<strong>in</strong>same <strong>Not</strong>hilfe hat sich<br />

etabliert und hoch bewährt.“<br />

Richardvon Weizsäcker, Schirmherr<br />

der Aktion Deutschland Hilft<br />

K<strong>in</strong>derhilfswerk Global-Care<br />

LandsAid –Vere<strong>in</strong> für<br />

Internationale Humanitäre Hilfe<br />

Solidaritätsdienst-<strong>in</strong>ternational<br />

Terra Tech Förderprojekte<br />

Gastmitglieder von ADH s<strong>in</strong>d:<br />

Islamic Relief Worldwide und<br />

Habitat for Humanity Deutschland<br />

Voraussetzung für die Mitgliedschaft<br />

ist unter anderem, dass die geme<strong>in</strong>nützige<br />

Organisation mit Sitz <strong>in</strong><br />

Deutschland seit mehr als fünf Jahren<br />

kont<strong>in</strong>uierlich <strong>in</strong> der humanitären<br />

Hilfe <strong>im</strong>Ausland tätig ist und die von<br />

derADH festgelegten Grundsätze,<strong>in</strong>sbesondere<br />

die Best<strong>im</strong>mungen zur<br />

Qualitätssicherung, anerkennt.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus muss die Organisation<br />

sich verpflichten, nationale und <strong>in</strong>ternationale<br />

Standards e<strong>in</strong>zuhalten,<br />

wie etwa die M<strong>in</strong>deststandards des<br />

Sphere-Projekts für zentrale Bereiche<br />

der humanitären Hilfe.<br />

Dem Paritätischen Gesamtverband<br />

kommt <strong>in</strong>nerhalbdes Bündnisses e<strong>in</strong>e<br />

besondere Rolle zu. Erist zwar selbst<br />

nichtoperativ<strong>in</strong>der Katastrophenhilfe<br />

tätig, vertritt <strong>in</strong> der ADH jedoch die<br />

Interessen mehrerer kle<strong>in</strong>erer Mitgliedsorganisationen,<br />

die sich <strong>in</strong>der humanitären<br />

Auslandshilfe<br />

engagieren.<br />

Der Verband fördert<br />

dieses Engagement<br />

vor allem durch die<br />

Unterstützung bei<br />

der Umsetzung von<br />

Projekten und den<br />

fachlichen Austausch<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Arbeitskreis<br />

für humanitäre<br />

Hilfe sowie <strong>in</strong> mehreren Arbeitskreisender<br />

Aktion Deutschland Hilft. Zudem<br />

werden die mit ADH-Mitteln f<strong>in</strong>anzierten<br />

Projekte se<strong>in</strong>er Mitgliedsorganisationen<br />

extern geprüft.<br />

Die Aktion Deutschland Hilft hat ihren<br />

Sitz <strong>in</strong>Bonn. Schirmherr ist der<br />

ehemalige Bundespräsident Richard<br />

von Weizsäcker, Vorsitzender des Kuratoriums<br />

der frühere Bundesaußenm<strong>in</strong>ister<br />

Frank-Walter Ste<strong>in</strong>meier.<br />

(www.aktion-deutschland-hilft.de)<br />

Foto:ADH|Lohnes<br />

Uwe Demuth,<br />

Referent für humanitäre Auslandshilfe<br />

be<strong>im</strong> Paritätischen Gesamtverband<br />

Lufthansa Cargoist e<strong>in</strong>ervon mehreren Kooperationspartnern<br />

der Aktion Deutschland Hilft.<br />

4 www.der-paritaetische.de 2 | 2013


Thema<br />

1999: Krieg <strong>im</strong> Kosovo. Tausende <strong>Menschen</strong> sterben,Hunderttausende s<strong>in</strong>d aufder<br />

Flucht. HumanitäreHilfe ist bitternötig.Viele Deutsche spenden.Doch nicht <strong>im</strong>mer<br />

entsprechen die bei den Hilfsorganisationen e<strong>in</strong>gehenden Summen deren tatsächlichen<br />

Hilfskapazitäten, er<strong>in</strong>nert sich Manuela Roßbach, damals<br />

Geschäftsführer<strong>in</strong> von CARE Deutschland. Das ist der Auslöser<br />

für die Gründung des Bündnisses AktionDeutschland Hilft (ADH).<br />

Die Idee dah<strong>in</strong>ter: Hilfsorganisationen, die sich bislang eher als<br />

Konkurrenten empfunden haben, sammeln <strong>im</strong> Katastrophenfall<br />

geme<strong>in</strong>sam Spenden und teilen diese dann auf –entsprechend<br />

ihren jeweiligen Möglichkeiten, Hilfe zuleisten. Seit zwölf Jahren<br />

beweist die Aktion Deutschland Hilft nun schon: Das Konzept trägt.<br />

ManuelaRoßbach (53)<br />

istseit2005Geschäftsführer<strong>in</strong><br />

vonAktion<br />

Deutschland Hilft.<br />

Zuvor war die Sozialwissenschaftler<strong>in</strong><br />

sechs<br />

JahreGeschäftsführer<strong>in</strong><br />

derzum Bündnis gehörenden<br />

Hilfsorganisation<br />

CARE Deutschland-<br />

Luxemburg.<br />

Foto:Aktion<br />

Deutschland Hilft<br />

„Das Bündnis stärkt alle“<br />

Im Interview: Manuela Roßbach,<br />

Geschäftsführer<strong>in</strong>von Aktion Deutschland Hilft<br />

Frau Roßbach, Sie haben die Aktion<br />

Deutschland Hilft mitgegründet und s<strong>in</strong>d<br />

seit sieben Jahren deren Geschäftsführer<strong>in</strong>.<br />

Welche Katastrophen haben das<br />

Bündnis bisher ammeisten gefordert?<br />

Unsere Feuertaufe hatten wirgleiche<strong>in</strong><br />

Jahr nach derGründung unseresBündnisses<br />

mit der Elbeflut <strong>in</strong> Ostdeutschland<br />

–alsolange vordem verheerenden<br />

Tsunami 2004 <strong>in</strong> Südostasien und der<br />

Dreifach-Katastrophe 2011 <strong>in</strong> Japan, an<br />

dieviele <strong>Menschen</strong> sich sicher noch gut<br />

er<strong>in</strong>nern. Damals, <strong>im</strong> Sommer 2002,<br />

warschnell klar: Auch wenn dieAktion<br />

Deutschland Hilft e<strong>in</strong> Bündnis von Organisationen<br />

mit Schwerpunkt auf der<br />

humanitären Auslandshilfe ist, können<br />

wir ane<strong>in</strong>er Katastrophe <strong>im</strong>eigenen<br />

Land nicht vorbeisehen. Zumal ja auch<br />

mehrereMitgliedsorganisationen <strong>in</strong> der<br />

Lage waren, direkt zu helfen, wie etwa<br />

der Arbeiter-Samariter-Bund, arche<br />

noVa,ADRA und Help.<br />

Wie viel Geld für die Flutopfer g<strong>in</strong>g<br />

damals auf Ihrem Spendenkonto e<strong>in</strong>?<br />

Das waren fast 870.000 Euro. Verglichen<br />

mit dem, was wir <strong>in</strong>zwischen an<br />

Spenden e<strong>in</strong>nehmen, kl<strong>in</strong>gt das vielleicht<br />

nichtnachsehrviel. Aber fürdas<br />

ersteMal waresschon e<strong>in</strong>e beachtliche<br />

Summe, mit der unsere Mitgliedsorganisationen<br />

viele Hilfen für die Flutopfer<br />

f<strong>in</strong>anzieren konnten. Und wir als<br />

ADHkonnten <strong>in</strong> derFolge mitunseren<br />

Dankesschreiben andie Spender auch<br />

um weitere Spenden für künftige<br />

Hilfsaktionen werben. Inzwischen haben<br />

wir e<strong>in</strong>e beachtliche Zahl von<br />

Spendern,die nichtnur beiakutenKrisen,<br />

sondern regelmäßig Spenden<br />

überweisen und sagen: Setzt das Geld<br />

da e<strong>in</strong>, wo ihr esbraucht. Diese ungebundenen<br />

Mittel wachsen jedes Jahr.<br />

Daseröffnet IhnenauchGestaltungsspielräume<br />

über die direkte <strong>Not</strong>hilfe h<strong>in</strong>aus?<br />

Ja. Wir haben 2012 dadurch bereits<br />

zum zweiten Mal unseren Mitgliedsorganisationen<br />

e<strong>in</strong>e Million Euro für<br />

die Katastrophenvorsorge bereitstellen<br />

können –unter anderem für Projekte<br />

<strong>in</strong> Nord<strong>in</strong>dien, Nepal und Vietnam.<br />

Angesichts des Kl<strong>im</strong>awandels wird<br />

diese Vorsorge ja<strong>im</strong>mer wichtiger.<br />

Nach welchenKriterien wird dasSpendenaufkommen<br />

der Aktion Deutschland Hilft<br />

auf die Mitgliedsorganisationen verteilt?<br />

Wir haben e<strong>in</strong>en Verteilungsschlüssel<br />

ausgearbeitet, bei dem wir auf guten<br />

Erfahrungen des Disaster Emergency<br />

Comittees<strong>in</strong>Großbritannien aufgebaut<br />

haben, dasdortschon langeetabliert ist.<br />

Dieser Schlüssel richtet sich nach den<br />

Ausgaben für die <strong>Not</strong>- und Soforthilfe,<br />

diedie e<strong>in</strong>zelnenOrganisationen <strong>in</strong> den<br />

vergangenen Jahren <strong>in</strong> unterschiedlichen<br />

Ländern getätigt haben. Bei der<br />

Auswahl dieser klassifizierten Länder<br />

legen wir Listen der Europäischen<br />

Kommission, der Vere<strong>in</strong>ten Nationen<br />

und des Auswärtigen Amts zugrunde.<br />

Dadurch haben wir die gleiche Basis<br />

für alle Organisationen.<br />

Undwie läufte<strong>in</strong> konkreter<strong>E<strong>in</strong>satz</strong>fallab?<br />

Sobald wir von e<strong>in</strong>er Katastrophe oder<br />

<strong>Not</strong>situation erfahren, fragen wir unsere<br />

Mitgliedsorganisationen, obsie bei<br />

Hilfse<strong>in</strong>sätzen vor Ort dabei s<strong>in</strong>d und<br />

welche Hilfe sie e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen können.<br />

Wir haben ja e<strong>in</strong>e 24-Stunden-Rufbereitschaft<br />

organisiert. Und natürlich<br />

versorgen wir die Organisationen mit<br />

denuns bereitsvorliegendenInformationen,<br />

gleichen Informationsstände mit<br />

ihnen abund klären, welche Koord<strong>in</strong>ierungsmaßnahmen<br />

erforderlichs<strong>in</strong>d. >><br />

2 | 2013<br />

www.der-paritaetische.de<br />

5


Thema<br />

E<strong>in</strong> wichtiges Anliegen von ADH ist ja<br />

auch die Effizienz der Hilfe. Es macht<br />

schließlich ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n, wenn sich an<br />

e<strong>in</strong>erStelledie Hilfsorganisationen auf<br />

den Füßen stehen und dr<strong>in</strong>gend benötigte<br />

Hilfe an anderen Orten fehlt.<br />

Gleichzeitig starten wir e<strong>in</strong>en Spendenaufruf.<br />

In den ersten zwei Wochen<br />

müssen die uns angeschlossenen<br />

Organisationen zu Spenden auf das<br />

ADH-Konto 102030 aufrufen. Sie können<br />

zwar auch ihr eigenes Konto nennen,<br />

aber das ADH-Konto hat <strong>in</strong> dieser<br />

Zeit absoluten Vorrang. Das ist die<br />

Spielregel. Und die Beteiligten wissen:<br />

Das Bündnis stärkt alle.<br />

Was war die größte Spendensumme, die<br />

Sie bei e<strong>in</strong>er Katastrophe zusammenbekommen<br />

haben?<br />

Daswar 2005.Insgesamt s<strong>in</strong>d 126Millionen<br />

Euro bei uns an Spenden für die<br />

Tsunami-Opfer <strong>in</strong> Südostasien e<strong>in</strong>gegangen.<br />

Davon zwischen Weihnachten<br />

2004 und März<br />

2005 alle<strong>in</strong>e 109<br />

„ADH und<br />

Paritätischer<br />

haben e<strong>in</strong><br />

wichtiges<br />

geme<strong>in</strong>sames<br />

Pr<strong>in</strong>zip:<br />

Wir stehen<br />

für Vielfalt<br />

und Toleranz“<br />

Millionen. Rund<br />

zehn Millionen<br />

s<strong>in</strong>d dann noch<br />

durch die Sat-1-<br />

Gala für ADH<br />

zusammengekommen.<br />

Sehr<br />

gute Ergebnisse<br />

hatten wir auch<br />

2010 mit 41Millionen<br />

und 2011<br />

mit knapp 36<br />

Millionen Euro, von denen 11,9 Millionen<br />

dem Spenderwillen entsprechend<br />

den <strong>Menschen</strong> <strong>in</strong>Japan zugute kamen.<br />

Weitere 19,3 Millionen Euro waren für<br />

Hilfsprojekte <strong>in</strong>Afrika best<strong>im</strong>mt.<br />

Leider gibt es aber noch e<strong>in</strong>e Vielzahl<br />

vergessener Katastrophen wie beispielsweise<br />

<strong>im</strong> Kongo, <strong>in</strong> Äthiopien,<br />

Eritrea und Somalia, für die kaum<br />

Spenden e<strong>in</strong>gehen. Oft s<strong>in</strong>d die Ursachen<br />

Bürgerkriege oder politische Krisen,<br />

h<strong>in</strong>ter denen die Schicksale der<br />

<strong>Menschen</strong> dann leider eher verschw<strong>in</strong>den.<br />

Bei Erdbeben, Überschwemmungen<br />

oder Hurrikans ist ganz klar: Die<br />

Betroffenen s<strong>in</strong>d unschuldige Opfer.<br />

Aber wenn e<strong>in</strong> Bürgerkrieg oder terroristische<br />

Akte der Grund für die <strong>Not</strong><br />

der<strong>Menschen</strong>s<strong>in</strong>d, dievertriebenwerden<br />

oder aus Angst um ihr Leben fliehen,<br />

gehen viel weniger Spenden e<strong>in</strong>.<br />

Das zeigt sich jetzt auch wieder bei<br />

Syrien und Mali.<br />

Die <strong>Not</strong> dieser <strong>Menschen</strong> würden wir<br />

gernemehr<strong>in</strong>s Bewusstse<strong>in</strong>der Bevölkerung<br />

br<strong>in</strong>gen. Auf unserer Homepage<br />

weisen wir darum auf die vergessenen<br />

Katastrophen h<strong>in</strong> und schildern<br />

das Engagement unserer Mitgliedsorganisationen<br />

vor Ort. Aber umwirklich<br />

öffentliche Aufmerksamkeit zu<br />

erreichen, brauchen wir die Medien.<br />

Dokumentationen und Spendenaufrufe<br />

<strong>im</strong> Fernsehen spielen für Ihre Arbeit e<strong>in</strong>e<br />

wichtige Rolle. Sie s<strong>in</strong>d seit e<strong>in</strong>igerZeit<strong>im</strong><br />

Gespräch mit der ARD, die bislang aufgrund<br />

e<strong>in</strong>es Kooperationsvertrags mit<br />

dem Bündnis Entwicklung Hilft bei Katastrophen<br />

zwar dessen Kontonummer,<br />

nicht aber die der ADH veröffentlicht<br />

haben. Wie weit s<strong>in</strong>d Sie dagekommen?<br />

Dieser Kooperationsvertrag ist Ende<br />

2011 ausgelaufen. Die ARD hat angekündigt,<br />

dass sie bereit ist, für beide<br />

Bündnisse zu Spenden aufzurufen.<br />

Wir haben nun mit dem Bündnis Entwicklung<br />

Hilft die Voraussetzungen<br />

geschaffen, dass wir künftig gemeisam<br />

zuSpenden aufrufen können, die<br />

dann auch nach e<strong>in</strong>em realistischen<br />

Schlüssel aufgeteilt werden. Unser<br />

Motto ist: E<strong>in</strong> M<strong>in</strong>destmaß an Aufwand<br />

und e<strong>in</strong> Max<strong>im</strong>um anEffizienz<br />

zugunsten der hilfebedürftigen <strong>Menschen</strong>.<br />

Wie viele Cent von e<strong>in</strong>em Spendeneuro<br />

an die ADH gehen denn an die Mitgliedsorganisationen?<br />

Das s<strong>in</strong>d genau 94Cent. E<strong>in</strong> Prozent<br />

der Spenden, die bei e<strong>in</strong>em <strong>E<strong>in</strong>satz</strong>fall<br />

e<strong>in</strong>gehen, behalten wir für die Evaluierung<br />

der Projekte unserer Organisationen<br />

zurück, damit wir wissen, dass<br />

die Mittel auch vor Ort effizient e<strong>in</strong>gesetzt<br />

werden. Weitere fünf Prozent<br />

werden für die Spendenbearbeitung,<br />

die Quittierung, für Dankesbriefe, Informationsmaterial<br />

und Öffentlichkeitsarbeit<br />

verwendet.<br />

E<strong>in</strong>en Teil der Kosten für das Bonner<br />

Aktionsbüro wie etwa für Personal,<br />

Büromiete, F<strong>in</strong>anzverwaltung und<br />

Wirtschaftsprüfung tragen unsere<br />

Mitgliedsorganisationen. Der Rest<br />

wird durch ungebundene Mittel und<br />

sonstige E<strong>in</strong>nahmen wie Z<strong>in</strong>serträge<br />

gedeckt.<br />

In unserem jährlichen Geschäftsbericht<br />

machen wir all das transparent.<br />

Wir haben die Selbstverpflichtungserklärung<br />

der Initiative Transparente<br />

Zivilgesellschaft unterschrieben, <strong>in</strong>der<br />

wiruns dazu verpflichten, zehn präzise<br />

benannte,relevante Informationenüber<br />

unsere Organisation leicht auff<strong>in</strong>dbar<br />

der breiten Öffentlichkeit zugänglich<br />

zu machen. Von PricewaterhouseCoopers<br />

s<strong>in</strong>d wirfür diequalitativhochwertige<br />

Berichterstattung mit dem Transparenzpreis<br />

2012 ausgezeichnet worden.<br />

Und auch das Deutsche Zentral<strong>in</strong>stitut<br />

für soziale Fragen stuft uns als<br />

besonders förderungswürdig e<strong>in</strong>.<br />

Spenden sammeln und die Koord<strong>in</strong>ation<br />

von Hilfse<strong>in</strong>sätzen s<strong>in</strong>d aber nicht alles,<br />

was Sie zur Unterstützung der Mitgliedsorganisationen<br />

tun...<br />

Wirorganisieren auch Workshops, Sem<strong>in</strong>are<br />

und Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs –vom Projekt-Management<br />

und Fundrais<strong>in</strong>g über Standardsder<br />

humanitärenHilfe biszu<strong>in</strong>terkulturellen<br />

Kompetenzen. Und wir haben<br />

mehrere Arbeitsgruppen, <strong>in</strong>denen<br />

sich die Fachleute aus dem Bündnis<br />

beispielsweise zuFragen der Projektarbeit,<br />

des Fundrais<strong>in</strong>gs, der Qualitätssicherungund<br />

Medienarbeit austauschen.<br />

Der Paritätische hat bei der ADH ja e<strong>in</strong>e<br />

besondere Rolle: Erist zwar selbst ke<strong>in</strong>e<br />

humanitäre Hilfsorganisation, vertritt<br />

aber mehrere Mitgliedsorganisationen,<br />

die <strong>in</strong> diesem Bereich sehr aktiv s<strong>in</strong>d. Hat<br />

sich dies aus Ihrer Sicht bewährt?<br />

Ja, sehr. Der Paritätische ist für uns e<strong>in</strong><br />

wichtiger Bündnispartner, der für e<strong>in</strong>e<br />

breite gesellschaftliche Verankerung<br />

steht und sich von Anfang an auch <strong>in</strong><br />

Fragen der Strategieentwicklung sehr<br />

engagiert hat. Außerdem haben ADH<br />

undParitätischer e<strong>in</strong>wichtiges geme<strong>in</strong>sames<br />

Pr<strong>in</strong>zip: Wir stehen für Vielfalt<br />

und Toleranz.<br />

DieFragenstellteUlrikeBauer<br />

6 www.der-paritaetische.de 2 | 2013


Thema<br />

„Wer Trümmer<br />

aufräumt,räumt auch<br />

se<strong>in</strong>e Seele auf“<br />

2011 <strong>im</strong> japanischen<br />

Yamamoto<br />

Foto: FulvioZanett<strong>in</strong>i|ADH<br />

ADRA stützt se<strong>in</strong>e<br />

weltweiten Hilfsprogramme<br />

aufe<strong>in</strong>he<strong>im</strong>ische Kräfte<br />

„Die Liste der Länder, <strong>in</strong>denen Elend und Armut herrschen, ist leider äußerst lang.“ Aus<br />

dieser nüchternen Feststellung erklärt sich das weltumspannende Netz der adventistischen<br />

Hilfsorganisation ADRA (Adventist Development and Relief Agency) mit Stationen <strong>in</strong> 125<br />

Ländern. Ebenso vielfältig und breit gefächert s<strong>in</strong>d die Projekte. ADRA Deutschland alle<strong>in</strong><br />

bestreitet jährlichrund60akute undlangfristigeHilfsprogramme–auch<strong>in</strong>Europa.<br />

E<strong>in</strong> Blick <strong>in</strong>den letzten Quartalsbericht<br />

für 2012 veranschaulicht,<br />

wie unterschiedlich die e<strong>in</strong>zelnen<br />

Projekte der deutschen ADRA-<br />

Sektions<strong>in</strong>d: Die1987gegründeteOrganisation<br />

mit Sitz <strong>im</strong>südhessischen Weiterstadt<br />

unterstützt Frauen <strong>in</strong> Kenia, die<br />

OpferweiblicherGenitalverstümmelung<br />

wurden, ebenso wie Frauen <strong>in</strong> Serbien,<br />

dievon häuslicher Gewalt betroffens<strong>in</strong>d.<br />

Sie baut e<strong>in</strong>e Backste<strong>in</strong>fabrik <strong>in</strong> Costa<br />

Rica, umArbeitsplätze zu schaffen, und<br />

vermittelt mongolischen Hirten praktisches<br />

Wissen für den Gemüseanbau.<br />

ADRA hat<strong>in</strong>St. Petersburg e<strong>in</strong>e Suppenküchee<strong>in</strong>gerichtetund<br />

betreibtKatastrophenvorsorge<br />

<strong>in</strong> Nepal.<br />

Woraus ergibt sich diese Bandbreite?<br />

„Die Programme entstehen <strong>in</strong> den Ländern,<br />

durch e<strong>in</strong>he<strong>im</strong>ische Fachleute vor<br />

Ort“, erklärt He<strong>in</strong>z-Hartmut Wilfert,<br />

Pressesprecher von ADRA Deutschland.<br />

Im zweiten Schritt prüfen ADRA-Regionalbüros,obdie<br />

Vorschläge s<strong>in</strong>nvoll und<br />

durchführbar s<strong>in</strong>d. Anerkannte Projekte<br />

werden dann über die Zentrale <strong>in</strong>Wash<strong>in</strong>gton<br />

den ADRA-Zweigen <strong>in</strong> den sogenannten<br />

Geber-Ländern übermittelt.<br />

Umgekehrtist derWeg kurz:Entscheidet<br />

ADRA Deutschland etwa, <strong>in</strong>Thailand<br />

e<strong>in</strong> Berufsausbildungsprogramm für<br />

Flüchtl<strong>in</strong>ge aus Myanmar aufzulegen –<br />

wie2011geschehen –, wird dasVorhaben<br />

<strong>in</strong> direktem Kontakt mit der örtlichen<br />

ADRA-Organisation realisiert.<br />

„Ke<strong>in</strong> Geld für Regierungen“<br />

Von den Hilfsprogrammen sollen die<br />

betroffenen <strong>Menschen</strong> unmittelbar profitieren.<br />

„Wir prüfen auch, obe<strong>in</strong> Staat<br />

durchunseren <strong>E<strong>in</strong>satz</strong>Geldspart,das er<br />

dann möglicherweisefür Rüstungsgüter<br />

ausgibt“, sagt der Pressesprecher. „Ke<strong>in</strong><br />

Geld für Regierungen“, lautet e<strong>in</strong>e AD-<br />

RA-Grundregel. E<strong>in</strong>e andere: Bei der<br />

Umsetzung der Projekte „so wenig Helfer<br />

aus Deutschland wie möglich e<strong>in</strong>zusetzen“.<br />

„Wir stützen uns auf e<strong>in</strong>he<strong>im</strong>ische<br />

Kräfte“, betont He<strong>in</strong>z-Hartmut Wilfert.<br />

Partnerschaftliche Kooperation bildet<br />

die Grundlage für jedes Programm.<br />

„Wir wollen nicht dom<strong>in</strong>ieren“, soder<br />

ADRA-Pressesprecher. Und dieses Pr<strong>in</strong>zip<br />

komme an. „Gerade <strong>in</strong> schwierigen<br />

Gebieten wie Somalia s<strong>in</strong>d unsere Leute<br />

sehr geschätzt.“ADRAs christlicher H<strong>in</strong>tergrund<br />

seidabei <strong>in</strong> derRegel irrelevant.<br />

Während des Bürgerkriegs <strong>im</strong> ehemaligen<br />

Jugoslawien seien bisweilen 90 Prozent<br />

derHelferMusl<strong>im</strong>egewesen. >><br />

2 | 2013<br />

www.der-paritaetische.de<br />

7


Thema<br />

Vorhandene Strukturen schnell<br />

wieder funktionstüchtig machen<br />

„Hilfe ohne Vorbehalte“, socharakterisiert<br />

ADRA se<strong>in</strong>e humanitären Aktionen.<br />

Dabeisollendie Betroffenennicht<br />

<strong>in</strong> derOpferrolleverharren,sie werden<br />

gezielt <strong>in</strong> die Hilfsaktivitäten e<strong>in</strong>gebunden.<br />

„Wer Trümmer aufräumt,<br />

räumt auch se<strong>in</strong>e Seele auf“, me<strong>in</strong>t<br />

He<strong>in</strong>z-Hartmut Wilfert. Dasheißt:Die<br />

Leute packen mit an, zum Beispiel bei<br />

der Versorgung nach e<strong>in</strong>em Erdbeben.<br />

„Dafür bekommen sie Geld“, erklärt<br />

der Pressesprecher. Mit dem Verdienst<br />

könnensie Lebensmittel <strong>in</strong> Geschäften<br />

oder Medikamente <strong>in</strong> der Apotheke<br />

<strong>im</strong> Ort kaufen. „Wir wollen Hilfsgüter<br />

nicht e<strong>in</strong>fach so verteilen. Wir bemühen<br />

uns, die zuvor vorhandenen gesellschaftlichen<br />

Strukturen möglichst<br />

schnell wieder funktionstüchtig zu<br />

machen“, sagt Wilfert.<br />

Hilfsgüter s<strong>in</strong>d<br />

wichtig, für<br />

ebenso wichtig<br />

hält ADRA es<br />

aber auch,<br />

die von<br />

Katastrophen<br />

betroffenen<br />

<strong>Menschen</strong> <strong>in</strong>die<br />

Hilfaktivitäten<br />

e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den.<br />

Foto:ADRA<br />

Hilfe für Japan war nicht unumstritten<br />

Dass auch reiche Industrienationen an<br />

ihre Grenzenstoßenkönnen, zeigtendie<br />

Folgen der Atom- und Flutkatastrophe<br />

<strong>im</strong> März 2011 <strong>in</strong> Japan. ADRA Deutschland<br />

unterstützte die dortige Schwesterorganisation<br />

mit Geld, nach „<strong>in</strong>tensiver<br />

Diskussion“, wie der Pressesprecher<br />

betont. Hilfen dieser Art seien<br />

damals <strong>in</strong> derÖffentlichkeit, derSpenderschaft<br />

und unter NGOs kritisch betrachtet<br />

worden. „Dass müssten die<br />

doch alle<strong>in</strong> schaffen, hieß es. Aber bei<br />

demAusmaßanSchäden musstenwir<br />

uns beteiligen“, ist Wilfert überzeugt.<br />

Auch <strong>in</strong> Europa sieht erADRA zunehmend<br />

gefordert. DieZahl derHilfsprogramme<br />

dort werdezunehmen, weil die<br />

Zahl derBedürftigen durch„e<strong>in</strong>e schleichende<br />

Verarmung“ wachse.„Da brennt<br />

Feuer <strong>im</strong>Kam<strong>in</strong>.“ Bernd Kle<strong>in</strong>er<br />

Kontakt<br />

ADRA Deutschland e.V.<br />

Robert-Bosch-Str. 10, 64331 Weiterstadt<br />

Tel.: 06151/8115-0<br />

E-Mail: <strong>in</strong>fo@adra.de<br />

www.adra.de<br />

Schnelle Hilfe für Katastrophenopfer<br />

Im <strong>E<strong>in</strong>satz</strong>: DieFirst Assistance SamaritanTeams desASB<br />

Erst Kampagnenmanager für e<strong>in</strong>e Friedensorganisation, dann ausgebildeter Rettungssanitäterbe<strong>im</strong>Arbeiter-Samariter-Bund(ASB)und<br />

jetztStudentder Mediz<strong>in</strong>: FelixFellmer<br />

ist jemand, der <strong>Menschen</strong> helfen will. Auch unter schwierigen Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> Katastrophengebieten:<br />

Der28-Jährigeist freiwilligerHelfer<strong>in</strong>der schnellen<strong>E<strong>in</strong>satz</strong>gruppe desASB,<br />

demFirst Assistance SamaritanTeam(FAST).<br />

Als sich Felix Fellmer vor fünf<br />

Jahren bei FAST anmeldet, ist<br />

neben dem Wunsch zu helfen<br />

auch Interesse an fremden Ländern,<br />

<strong>Menschen</strong> und Kulturen <strong>im</strong>Spiel. Der<br />

erste <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> führt ihn <strong>in</strong>s Erdbebengebiet<br />

der <strong>in</strong>donesischen Insel Sumatra.<br />

Se<strong>in</strong>eGefühle wechseln zwischen „e<strong>in</strong>er<br />

Art Freude, endlich anzuwenden, was<br />

man gelernt hat“ und der Betroffenheit<br />

ob des Schicksals der Betroffenen.<br />

E<strong>in</strong>e FAST-Gesundheitsstation kann<br />

etwa so viel leisten „wie e<strong>in</strong>e erweiterte<br />

Hausarztpraxis“, sagt Felix Fellmer.<br />

„Man kann viel machen.“ Aber eben<br />

nicht alles, weil eszum Beispiel ke<strong>in</strong>e<br />

Operationsmöglichkeiten gibt, best<strong>im</strong>mte<br />

Medikamente unerreichbar s<strong>in</strong>d, ja,<br />

nichte<strong>in</strong>malmasch<strong>in</strong>elle Rean<strong>im</strong>ation<br />

machbar ist. Daran hat Felix Fellmer,<br />

als Rettungssanitäter mit anderen Bed<strong>in</strong>gungen<br />

vertraut, sich erst e<strong>in</strong>mal<br />

gewöhnen müssen. Erbesucht zusätzliche<br />

Kurse und liest Bücher zum Thema<br />

„Humanitäre Hilfe“. Heute hat er<br />

ver<strong>in</strong>nerlicht, „dass wir zwar l<strong>im</strong>itierte<br />

Ressourcen haben, die jedoch möglichst<br />

vielen <strong>Menschen</strong> das Bestmögliche<br />

bieten“. Verme<strong>in</strong>tlich kle<strong>in</strong>e Erfolge,<br />

die unter bescheidenen Bed<strong>in</strong>gun-<br />

8 www.der-paritaetische.de 2 | 2013


Thema<br />

gen <strong>in</strong>mitten von <strong>Not</strong> und Bedürftigkeit<br />

gel<strong>in</strong>gen, s<strong>in</strong>d für die <strong>Menschen</strong>,<br />

die davon profitieren, e<strong>in</strong>e große Hilfe,<br />

mitunter sogar lebensrettend.<br />

Spezielle Anforderungen<br />

Jeder <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> br<strong>in</strong>gt eigene spezielle<br />

Anforderungen mit sich. Auf Sumatra<br />

muss das FAST-Team von Felix Fellmer<br />

vor allem Atemwegserkrankungen behandeln,<br />

„verursachtdurch denZementstaub<br />

der e<strong>in</strong>gestürzten Häuser“. In e<strong>in</strong>emFlüchtl<strong>in</strong>gscamp<strong>im</strong>Irak,<br />

ebenfalls<br />

e<strong>in</strong>er se<strong>in</strong>er <strong>E<strong>in</strong>satz</strong>orte, haben die Helfer<strong>in</strong>nen<br />

und Helfer dagegen mit den<br />

Folgen von Kälte und schlechten hygienischen<br />

Verhältnissen zu kämpfen.<br />

Wie die <strong>Menschen</strong> ihr Schicksal bewältigen,<br />

bee<strong>in</strong>druckt Felix Fellmer bei beidenE<strong>in</strong>sätzen.„Die<strong>Menschen</strong><strong>in</strong>Sumatra<br />

gehen mit Krankheit und Tod ganz<br />

anders um als Europäer. Sie begreifen<br />

Leid deutlicher als Teil ihres Lebens.“<br />

Dennoch wissen sie mediz<strong>in</strong>ische Versorgung<br />

und die Hilfe der Freiwilligen<br />

nach e<strong>in</strong>em Unglück sehr zu schätzen.<br />

Das Leben selbst <strong>in</strong>die Hand nehmen<br />

Im Flüchtl<strong>in</strong>gscamp <strong>im</strong>Irak mit rund<br />

30.000 <strong>Menschen</strong> verfolgt derDeutsche,<br />

wie e<strong>in</strong>e „kle<strong>in</strong>e Wirtschaft“ entsteht:<br />

E<strong>in</strong>e Näherei macht auf, e<strong>in</strong>e Döner-<br />

Bude,e<strong>in</strong> Gemüsehandel unde<strong>in</strong> Schuhgeschäft.<br />

Flüchtl<strong>in</strong>ge arbeiten be<strong>im</strong><br />

Hausbau oder als Dolmetscher. „Die<br />

Leutes<strong>in</strong>dfroh, etwaszutun zu haben“,<br />

so Fellmer. Sie wollten nicht nur Hilfsempfänger<br />

se<strong>in</strong>, sondern ihr Leben, so<br />

gut esgeht, selbst <strong>in</strong> die Hand nehmen.<br />

Felix Fellmer untersucht <strong>im</strong> Flüchl<strong>in</strong>gscamp e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>esK<strong>in</strong>d.<br />

Foto: ASB<br />

An Arbeit mangelt esden FAST-Helfer<strong>in</strong>nen<br />

und-Helfernwährend ihrerE<strong>in</strong>sätze<br />

nicht. Daist es gut, wenn e<strong>in</strong>e<br />

Hand <strong>in</strong> die andere greift. „Wir s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>gespieltes Team“, betont Felix Fellmer.<br />

Schnell ist klar, wo Kooperation<br />

gefragt ist und woselbstständiges Handeln:„Da<br />

sagst du dir: Du weißt, waszu<br />

tun ist, und machst es.“ Wichtig ist dabei,<br />

dass die Team-Mitglieder sich gut<br />

kennen und verstehen. Daher üben die<br />

<strong>E<strong>in</strong>satz</strong>kräfte regelmäßig geme<strong>in</strong>sam.<br />

Über die gute Atmosphäre h<strong>in</strong>aus gefällt<br />

dem Mediz<strong>in</strong>studenten, dass die<br />

ASB-Freiwilligen an den <strong>E<strong>in</strong>satz</strong>konzepten<br />

mitarbeiten können. „Wir tauschen<br />

uns viel aus“, erzählt der Mediz<strong>in</strong>student,<br />

der <strong>im</strong> Rahmen der FAST-<br />

Ausbildung als Dozent über Tr<strong>in</strong>kwasseraufbereitung<br />

referiert –e<strong>in</strong> Thema,<br />

bei dem sich auch die mediz<strong>in</strong>isch<br />

Helfenden auskennen müssen.<br />

Felix Fellmer, der seit e<strong>in</strong>em Jahr verheiratet<br />

ist,schätzt beiFASTneben der<br />

<strong>in</strong>tensiven Vorbereitung das Sicherheitsdenken.<br />

„Ich weiß, dass esbei jedem<br />

<strong>E<strong>in</strong>satz</strong> e<strong>in</strong>e Sicherheitsstrategie<br />

gibt. Das heißt, es gibt Pläne, wie wir<br />

<strong>in</strong> <strong>Not</strong>fällenund beidrohenden Gefahren<br />

reagieren können, um uns nicht<br />

selbst <strong>in</strong> Gefahr zu br<strong>in</strong>gen.“<br />

Bernd Kle<strong>in</strong>er<br />

Der Arbeiter-Samariter-Bund<br />

hat die First Assistance SamaritanTeams<br />

(FAST) alsschnelle<br />

<strong>E<strong>in</strong>satz</strong>gruppe <strong>im</strong> Rahmen se<strong>in</strong>er<br />

humanitären Hilfe aufgebaut. B<strong>in</strong>nen<br />

weniger Tage können die FASTler vor<br />

Ort se<strong>in</strong>, um Überlebenden von Naturkatastrophen<br />

oder Flüchtl<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> ihrer<br />

akuten <strong>Not</strong>hilfreich zurSeite zu stehen<br />

– mit basismediz<strong>in</strong>ischer Versorgung<br />

und Tr<strong>in</strong>kwasseraufbereitung.<br />

E<strong>in</strong> <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> dauert max<strong>im</strong>al sechs Wochen,dreiTeams<br />

wechseln sich ab.Jede<br />

Gruppe zählt fünf bis acht freiwillige<br />

Helfer<strong>in</strong>nenund Helfer ausden Reihen<br />

desASB.Die Teamserhaltene<strong>in</strong>e<strong>in</strong>tensive<br />

Ausbildung. Neben erforderlichen<br />

Fachkenntnissen zu Mediz<strong>in</strong> und<br />

Tr<strong>in</strong>kwasserversorgung gehören die<br />

Sicherheit <strong>im</strong> Auslandse<strong>in</strong>satz, Stressbewältigung,<br />

<strong>in</strong>terkulturelleKommunikation<br />

und grundlegende Aspekte der<br />

humanitären Hilfe zum Unterricht.<br />

DerASB kann derzeitmehrals 30 e<strong>in</strong>satzbereiteHelfer<strong>in</strong>nen<br />

undHelferzu<br />

FAST-E<strong>in</strong>sätzen entsenden. Er will se<strong>in</strong>e<br />

FAST-Teams weiter ausbauen.<br />

VonEnde Oktober bis Mitte Dezember<br />

2012 hat der ASB mehrere FAST-Teams<br />

<strong>in</strong> die nordirakisch-syrische Grenzregion<br />

entsandt, um mediz<strong>in</strong>ische <strong>Not</strong>hilfe<br />

für die syrischen Flüchtl<strong>in</strong>ge <strong>im</strong><br />

Camp Dormiz nahe derStadt Dohukzu<br />

leisten. Die Helfer haben e<strong>in</strong> <strong>E<strong>in</strong>satz</strong>tagebuch<br />

geführt, das auf www.asb.de<br />

e<strong>in</strong>gesehen werden kann. Dort f<strong>in</strong>den<br />

Interessierte auch das Jahrbuch der<br />

ASB-Auslandshilfe, <strong>in</strong> dem der ASB<br />

ausführlich se<strong>in</strong>e vielfältigen Aktivitäten<br />

schildert.<br />

ASB-Bundesgeschäftsstelle<br />

Sülzburgstr. 140, 50937 Köln<br />

Tel.: 0221/47605-0<br />

E-Mail: <strong>in</strong>fo@asb.de<br />

www.asb.de<br />

2 | 2013<br />

www.der-paritaetische.de<br />

9


Thema<br />

Sauberes Wasser istdie<br />

Lebensgrundlage schlechth<strong>in</strong>.<br />

Aber mehr als 700 Millionen<br />

<strong>Menschen</strong> weltweithaben<br />

ke<strong>in</strong>en Zugang dazu.<br />

arche noVa–Inititiative für<br />

<strong>Menschen</strong> <strong>in</strong><strong>Not</strong> e.V.<br />

arbeitet seit mehr als 20Jahren<br />

dagegen an: DerVere<strong>in</strong>aus<br />

Dresden konnte bisherweit<br />

über e<strong>in</strong>e Million<strong>Menschen</strong><strong>in</strong><br />

mehr als 30Ländern mit<br />

Tr<strong>in</strong>kwasserversorgen.<br />

Wasser ist e<strong>in</strong><strong>Menschen</strong>recht<br />

Sie konnten e<strong>in</strong>fach nicht länger<br />

zusehen. Anfang der 1990er Jahre,<br />

der erste Irak-Krieg hat begonnen,<br />

das Drama n<strong>im</strong>mt se<strong>in</strong>en Lauf.<br />

Obwohl weit entfernt, kommt die <strong>Not</strong><br />

<strong>im</strong> sächsischen Dresden vielen <strong>Menschen</strong><br />

sehr nahe, darunter auch Aktiven<br />

der lokalen Friedensbewegung.<br />

Betroffen verfolgen sie, wie sich die<br />

Lage <strong>in</strong> Irak-Kurdistan zuspitzt, und<br />

beschließen zuhelfen. Aus den alten<br />

Beständen der Nationalen Volksarmee<br />

besorgensie sich Lastwagen, sammeln<br />

<strong>in</strong> der Stadt Spenden und fahren los,<br />

vollbepackt mit Hilfsgütern und guten<br />

Absichten.<br />

<strong>Weltweit</strong> <strong>im</strong> <strong>E<strong>in</strong>satz</strong><br />

E<strong>in</strong>spontaner <strong>E<strong>in</strong>satz</strong>, derke<strong>in</strong>E<strong>in</strong>zelfall<br />

bleiben sollte. Aus dem kle<strong>in</strong>en<br />

Netzwerk mutiger Ehrenamtlicher ist<br />

arche noVa geworden, e<strong>in</strong>e professionelle<br />

und anerkannte Hilfsorganisation,<br />

getragen von zwölf Hauptamtlichen,die<br />

dieArbeitweltweitkoord<strong>in</strong>ieren,<br />

undvon vielen HundertenKräften<br />

vor Ort.<br />

Tausende Brunnen s<strong>in</strong>d seit der Gründung<br />

des Vere<strong>in</strong>s vor 21 Jahren gebohrt,<br />

Wassersysteme repariert, Sanitäranlagen<br />

aufgebaut und Hygieneschulungen<br />

durchgeführt worden.Dass<br />

und wie es dazu kam, h<strong>in</strong>g entscheidend<br />

mit den Erfahrungen zusammen,<br />

welche die Handvoll junger <strong>Not</strong>helfer<br />

bei ihren ersten E<strong>in</strong>sätzen machte.<br />

E<strong>in</strong>e Ziege ist s<strong>in</strong>nvoller als<br />

Milchpulver-Lieferungen<br />

Angekommen <strong>in</strong> Kurdistan, stellen sie<br />

fest:Deckenund warmeKleidungwerden<br />

dr<strong>in</strong>gend benötigt. Nur viele der<br />

Schuhe, die sie dabei haben, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

derrauen Landschaft nichtallebrauchbar.<br />

„Die Lektion lautete: Wir müssen<br />

uns vorab <strong>im</strong>mer genau darüber <strong>in</strong>formieren,<br />

was vor Ort gebraucht wird“,<br />

betont arche-noVa-Projektreferent<strong>in</strong><br />

Yvonne Stephan. E<strong>in</strong>e weitereE<strong>in</strong>sicht:<br />

Hilfe ist am wirkungsvollsten, wenn<br />

man mit den E<strong>in</strong>he<strong>im</strong>ischen zusammenarbeitet.<br />

Dies gel<strong>in</strong>gt bereits be<strong>im</strong><br />

ersten <strong>E<strong>in</strong>satz</strong>, als die <strong>Not</strong>helfer mit<br />

dem Ältestenrat des Dorfs darüber<br />

sprechen, wo das gespendete Geld e<strong>in</strong>gesetzt<br />

werden soll. Dort hören sie,<br />

dass e<strong>in</strong>e Ziegenherde e<strong>in</strong>e gute Investition<br />

wäre. Sie könne die Ernährungssituation<br />

der K<strong>in</strong>der viel nachhaltiger<br />

verbessern als die Verteilung von<br />

Milchpulver. „Auf lange Sicht s<strong>in</strong>d wir<br />

dazu übergegangen, <strong>im</strong>mer weniger<br />

Güter von hier aus <strong>in</strong>die Projektgebiete<br />

zu br<strong>in</strong>gen“,erklärt Yvonne Stephan,<br />

der Transportkosten wegen und weil<br />

man be<strong>im</strong> Ankauf <strong>in</strong>der Region die<br />

lokale Wirtschaft stärke.<br />

E<strong>in</strong>ige Jahre später erlebt das archenoVa-Team<br />

<strong>im</strong>Kosovo, was Kriegsführung<br />

gegen die Bevölkerung auch<br />

bedeutet: Viele Brunnen s<strong>in</strong>d defekt<br />

oder gar systematisch<br />

verseucht<br />

worden.<br />

„Dawurde uns<br />

klar, wie wichtigder<br />

Zugang<br />

zu sauberem<br />

archenoVa–<br />

Initiative für<br />

<strong>Menschen</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>Not</strong>e.V.<br />

Wasser ist,damit<br />

die <strong>Menschen</strong><br />

<strong>Not</strong>situationen unbeschadet<br />

überstehen können“, erläutert Yvonne<br />

Stephan. „Seitdem zeigen wir auchpolitisch<br />

e<strong>in</strong>e klare L<strong>in</strong>ie: Wasser ist für<br />

uns e<strong>in</strong> <strong>Menschen</strong>recht.“<br />

Wasserversorgung <strong>im</strong> Kosovo saniert<br />

Für den Kosovo gel<strong>in</strong>gt es, e<strong>in</strong> erstes<br />

langfristig angelegtes Projekt zur Sanierung<br />

der Wasserversorgung zu<br />

stemmen. Das Wissen dafür müssen<br />

die Helfer nicht erst erwerben, esist<br />

schon da: E<strong>in</strong>ige der Mitarbeiter stu-<br />

10 www.der-paritaetische.de 2 | 2013


Thema<br />

arche noVa sorgt dafür, dass <strong>Menschen</strong> sauberes Wasser bekommen. Nach<br />

dem Erdbeben <strong>in</strong>Pakistan (Foto l<strong>in</strong>ks) ebenso wie <strong>im</strong> Flüchtl<strong>in</strong>gslager <strong>in</strong>Sri<br />

Lanka (rechts). Im Nord-Irak nutzen die <strong>Menschen</strong> zum Filtern des Wassers<br />

dievon arche noVaaus Tonkrügenentwickelten Merkana (Mitte).<br />

Fotos: arche noVa–Initiative für <strong>Menschen</strong> <strong>in</strong> <strong>Not</strong>e.V.<br />

dieren <strong>in</strong> Dresden Wasserwirtschaft.<br />

E<strong>in</strong>e nächsteEtappevon archenoVaist<br />

die Elbeflut <strong>im</strong> Jahr 2002. Der Vere<strong>in</strong><br />

packt mit an, bekommt viele Spenden,<br />

bietet psychosoziale Beratung für die<br />

Flutopfer. „So wurden wir noch bekannter<br />

und konnten unsere Kapazitäten<br />

weiter ausbauen“, er<strong>in</strong>nert sich<br />

Yvonne Stephan.<br />

Aus Tonkrügen werden Wasserfilter<br />

Dieneuen Ressourcenwerdenbaldbenötigt.<br />

Über all die Jahre arbeitet der<br />

Vere<strong>in</strong> an Methoden, wie sich verschmutztes<br />

Wasser filtern lässt, Brunnen<br />

gere<strong>in</strong>igt, Pumpen <strong>in</strong>stalliert und<br />

Speicher angelegt werden. E<strong>in</strong> Ergebnis<br />

heißt Merkana und kommt <strong>im</strong><br />

Nord-Irak zum <strong>E<strong>in</strong>satz</strong>. Die Wassertechniker<br />

nutzten bei der Entwicklung<br />

dieser haushaltstauglichen Filter landesübliche<br />

Tonkrüge, die der Erf<strong>in</strong>dung<br />

auch den Namen gaben. Reihenweise<br />

wurden die Behälter <strong>im</strong> Projektgebiet<br />

befüllt und zusammengesetzt<br />

und zwar von den E<strong>in</strong>he<strong>im</strong>ischen.<br />

Wo <strong>im</strong>mer auf der Welt Katastrophen<br />

e<strong>in</strong>e Wasser-<strong>Not</strong> auslösen oder e<strong>in</strong>e<br />

grundlegende Unterversorgung herrscht,<br />

versucht arche noVa se<strong>in</strong>e Hilfe e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen,<br />

mal mit schnellen Aktionen,<br />

mal mit langfristigen Projekten. In Sri<br />

Lanka etwa entwickelt sich das Engagement<br />

nach dem Tsunami zu e<strong>in</strong>er<br />

langfristigen Aufbauarbeit: Von der<br />

<strong>Not</strong>hilfe an der Küste geht es über die<br />

Versorgung <strong>in</strong> den Flüchtl<strong>in</strong>gslagern<br />

des Bürgerkriegs bis zum Wiederaufbau<br />

der Dörfer. Und als das große<br />

Erdbeben Haiti zerstört, schafft die<br />

Hilfsorganisation Tr<strong>in</strong>kwasseraufbereitungsanlagen<br />

<strong>in</strong>s Land und errichtet<br />

neue Wassersysteme. Bis heute unterstützt<br />

arche noVa <strong>in</strong>dem Karibikstaat<br />

Wasserkomitees, die die neu aufgebauten<br />

Anlagen betreiben und warten.<br />

Auch die Projektleiter müssen <strong>im</strong>mer<br />

Neues dazulernen: Was <strong>in</strong>e<strong>in</strong>em Dorf<br />

funktioniert, kann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen<br />

unnütz se<strong>in</strong>. Und e<strong>in</strong> Brunnen, der <strong>in</strong><br />

der Trockenheit Ugandas segensreich<br />

ist,kann aufsalzhaltigemBoden <strong>in</strong> Myanmar<br />

ke<strong>in</strong>e Lösung se<strong>in</strong>. Grundsätzlich<br />

gilt es, auf die Gegebenheit vor Ort<br />

so flexibel wie möglich zu reagieren.<br />

Die <strong>Menschen</strong> s<strong>in</strong>d stolz<br />

auf ihren eigenen Brunnen<br />

Viele Zahnräder müssen <strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander<br />

greifen, damitalles gel<strong>in</strong>gt. „Wir erleben<br />

vielebewegende Momente“,sagtYvonne<br />

Stephan. „Zu den stärksten zählen die,<br />

wenn das erste Wasser aus e<strong>in</strong>em neu<br />

gebauten Brunnen geschöpft wird. Wie<br />

sich die<strong>Menschen</strong><strong>im</strong>Dorfdann freuen,<br />

wie stolz sie s<strong>in</strong>d, an ihrem eigenen<br />

Brunnen mitgearbeitet zu haben.“<br />

Das Thema Wasser spielt auch <strong>in</strong>den<br />

Bildungsprojekten des Vere<strong>in</strong>s e<strong>in</strong>e<br />

wichtige Rolle. Da erfahren die Teilnehmer<strong>in</strong>nen<br />

und Teilnehmer aus<br />

Schulen oder beispielsweise Jugendclubs,<br />

dass alle<strong>in</strong>e der Anbau von Bohnen<br />

für e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Tasse Kaffee 130<br />

Liter Wasser verschl<strong>in</strong>gt. „Damit zeigen<br />

wir auf, wie wir konsumieren und<br />

welche Alternativen es gibt“, berichtet<br />

Mitarbeiter<strong>in</strong> Claudia Holbe. Das Interesse<br />

anBildungsangeboten zum Thema<br />

Wasser und Globales Lernen ist<br />

enorm. Fast 900 Projekttage hat arche<br />

noVa schon veranstaltet.<br />

Bernd Schüler<br />

Kontakt<br />

archenoVa<br />

Initiative für<strong>Menschen</strong> <strong>in</strong><strong>Not</strong> e.V.<br />

Weißeritzstraße3,01067 Dresden<br />

Tel. 0351/481984-0<br />

E-Mail <strong>in</strong>fo@arche-nova.org<br />

www.arche-nova.org<br />

2 | 2013<br />

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11


Thema<br />

StattWaffen<br />

e<strong>in</strong>Haus<br />

ausLehm<br />

Fotos: Freundeder Erziehungskunst Rudolf Ste<strong>in</strong>ers<br />

Das jüngste „K<strong>in</strong>d“<br />

der Freunde der<br />

ErziehungskunstRudolf<br />

Ste<strong>in</strong>ers ist ihre<br />

notfallpädagogische<br />

Abteilung. Seit 2006<br />

entsendet diese<br />

nach kriegerischen<br />

Ause<strong>in</strong>andersetzungen<br />

oder Naturkatastrophen<br />

meist <strong>in</strong>ternationale Teams,<br />

um psychisch<br />

traumatisiertenK<strong>in</strong>dern<br />

und Jugendlichen zuhelfen.<br />

Bernd Ruf be<strong>im</strong> Murmelspiel<br />

mitK<strong>in</strong>dern <strong>im</strong> kenianischen<br />

Flüchtl<strong>in</strong>gslagerKakuma<br />

Pistolen. Aus Lehm geformt. Fast<br />

jedes K<strong>in</strong>d <strong>im</strong> Flüchtl<strong>in</strong>gslager<br />

Kakuma <strong>im</strong> Nordwesten Kenias<br />

hataus demfeuchtenLehmboden e<strong>in</strong>e<br />

Spielzeug-Waffe geknetet. Denn Waffen<br />

haben ihr kurzes Leben entscheidend<br />

geprägt. Ihre Familien wurden<br />

aus dem Sudan, Somalia, Äthiopien<br />

oder demKongomit Waffengewalt vertrieben,<br />

vielfach wurden Angehörige<br />

vor ihren Augen ermordet. Nun sitzen<br />

die K<strong>in</strong>der umBernd Ruf und lernen,<br />

dielehmige Erde <strong>im</strong> Lagerspielerisch zu<br />

nutzen.Unter Anleitungdes Gründers<br />

der Abteilung <strong>Not</strong>fallpädagogik der<br />

Freunde der Erziehungskunst Rudolf<br />

Ste<strong>in</strong>ers gelangen dieJungenund Mäd-<br />

chen allmählichzuneuen Formen.Der<br />

neunjährigeChoka knetet zum Beispiel<br />

e<strong>in</strong> Haus, das ersich für se<strong>in</strong>e Familie<br />

wünscht –und damit e<strong>in</strong> Symbol für<br />

e<strong>in</strong>enOrt,andem er sich wieder sicher<br />

fühlen kann.<br />

Zutiefst erschüttert<br />

Vertreibung und Flucht wie sie Choka<br />

erlebt hat, aber auch Naturkatastrophen<br />

können das Selbst- und Weltverständnis<br />

von <strong>Menschen</strong> zutiefst erschüttern,<br />

vorallem wenn diesevöllige<br />

Hilflosigkeit erleben mussten. Zurück<br />

bleiben seelische Wunden: Traumata,<br />

die zu neurotischen und psychosomatischen<br />

Erkrankungen führen und an-<br />

haltende krankhafte Persönlichkeitsveränderung<br />

zurFolge haben können.Diese<br />

können jedoch häufigverh<strong>in</strong>dertwerden,<br />

wenn den <strong>Menschen</strong> wenige Wochen<br />

nach demtraumatisierenden Erlebnis bei<br />

dessen Verarbeitung geholfen wird.<br />

Globales Helfernetz <strong>im</strong>Aufbau<br />

„Unsere Teams s<strong>in</strong>d b<strong>in</strong>nen vier Wochen<br />

e<strong>in</strong>satzfähig“, sagt Malte Landgraff,<br />

Projektkoord<strong>in</strong>atorder <strong>Not</strong>fallpädagogik.<br />

InDeutschland kann er auf<br />

e<strong>in</strong>en Pool von 120 ehrenamtlich Helfenden<br />

zurückgreifen: Pädagog<strong>in</strong>nen<br />

und Pädagogen, therapeutische Fachkräfte<br />

sowie Ärzt<strong>in</strong>nen und Ärzte, alle<br />

mit Kenntnissen oder Erfahrungen <strong>in</strong><br />

12 www.der-paritaetische.de 2 | 2013


Thema<br />

Freunde der<br />

Erziehungskunst<br />

Rudolf Ste<strong>in</strong>ers e.V.<br />

Die Freunde der Erziehungskunst<br />

Rudolf Ste<strong>in</strong>ers s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>geme<strong>in</strong>nütziger<br />

Vere<strong>in</strong>, der seit 1971 weltweit Initiativen<br />

e<strong>in</strong>es freien Bildungswesens<br />

und der Waldorfpädagogik fördert<br />

und berät. Als Träger von Freiwilligendiensten<br />

ermöglichen die „Freunde“<br />

seit über 17Jahren auch Sozialund<br />

Friedensdienste <strong>in</strong> aller Welt.<br />

Freunde der Erziehungskunst<br />

Rudolf Ste<strong>in</strong>ers e. V.<br />

Abteilung <strong>Not</strong>fallpädagogik<br />

Neisser Str. 10<br />

76139 Karlsruhe<br />

Tel.: 0721/354806-144<br />

E-Mail: notfallpaedagogik@<br />

freunde-waldorf.de<br />

www.freunde-waldorf.de/<br />

notfallpaedagogik<br />

der anthroposophischen Pädagogik und<br />

Mediz<strong>in</strong>. Über das weltweite Netz der<br />

Waldorf-Pädagogik gibt eshäufig auch<br />

Ansprechpartner<strong>in</strong>nen und -partner<br />

vor Ort oder zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> der Region.<br />

Malte Landgraff: „Wir s<strong>in</strong>d dabei, e<strong>in</strong><br />

globales Netz an <strong>Not</strong>fallpädagog<strong>in</strong>nen<br />

und Pädagogen aufzubauen.“<br />

Geme<strong>in</strong>sam<br />

mit der Hilfsorganisation<br />

LandsAid (siehe<br />

Bericht auf<br />

Seite 22dieser<br />

Ausgabe) schulte<br />

die notfallpädagogische<br />

Abteilung<br />

der „Freunde“ 2012 rund 280<br />

<strong>Not</strong>fallhelfer<strong>in</strong>nen und -helfer <strong>in</strong> Brasilien<br />

und Argent<strong>in</strong>ien.<br />

Das Konzept, das der notfallpädagogischen<br />

Krisen<strong>in</strong>tervention zugrunde<br />

liegt, hat Bernd Ruf erarbeitet. Der geschäftsführende<br />

Vorstand der Freunde<br />

der Erziehungskunst Rudolf Ste<strong>in</strong>ers<br />

komb<strong>in</strong>iert dar<strong>in</strong> mediz<strong>in</strong>ische und<br />

psychologischeErkenntnisse zu Trauma<br />

und Traumaverarbeitung mit der Waldorfpädagogik<br />

und deren pädagogischtherapeutischen<br />

Interventionsansätzen.<br />

FürjedeAltersgruppe,vom Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>d<br />

bis zum Jugendlichen, beschreibt<br />

er altersgemäße Therapiemethoden.<br />

Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>dern helfen zum Beispiel tägliche<br />

Rituale wie geme<strong>in</strong>same Mahlzeiten,<br />

um wieder Orientierung <strong>im</strong><br />

Leben zu f<strong>in</strong>den. Schulk<strong>in</strong>dern hilft<br />

So, wie auf dem Papier die<br />

Farben <strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander fließen, löst<br />

sich die seelische Erstarrung<br />

plastisch-therapeutisches Gestalten<br />

mit Knetmasse oder Lehm, aber auch<br />

Mal- und Zeichentherapie.<br />

Nachdem das Schreckenserlebnis des<br />

Tsunami die elfjährige Triani völlig<br />

hatte verstummen lassen, gaben ihr<br />

die <strong>Not</strong>fallpädagogen Wasserfarben.<br />

So wie die Farben auf dem Papier begannen<br />

<strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander zu fließen, sobegann<br />

sich auch die seelische Erstarrung<br />

des Mädchens zulösen, berichtet<br />

Malte Landgraff.<br />

Jugendlichen hilft erfahrungsgemäß<br />

besonders Erlebnispädagogik. Über<br />

e<strong>in</strong>Seilzubalancieren,stärktzum Beispiel<br />

das Selbstvertrauen; sich mit geschlossenen<br />

Augen <strong>in</strong> die Arme e<strong>in</strong>er<br />

Gruppe fallen zu lassen, hilft dabei,<br />

wieder Vertrauen zu anderen <strong>Menschen</strong><br />

aufzubauen.<br />

Sprachliche Hürden vermeiden<br />

Um weiter am weltweiten Netz der<br />

<strong>Not</strong>hilfe zu knüpfen, bilden die <strong>Not</strong>fallpädagog<strong>in</strong>nen<br />

und -pädagogen aus<br />

Deutschland <strong>in</strong>diesem Jahr e<strong>in</strong>he<strong>im</strong>ische<br />

Kräfte <strong>in</strong> Kolumbien und Indien<br />

aus, Kenia soll folgen. Denn je näher<br />

die Helfer, desto rascher s<strong>in</strong>d sie <strong>im</strong><br />

<strong>Not</strong>fall vor Ort. Und: Es darf ke<strong>in</strong>e<br />

sprachlichen Hürden <strong>in</strong>der Arbeit mit<br />

traumatisierten <strong>Menschen</strong> geben.<br />

Um lokale Ansprechpartner zu f<strong>in</strong>den,<br />

setzt die notfallpädagogische Abteilung<br />

auch auf Kooperationen. Projektkoord<strong>in</strong>ator<br />

Malte Landgraff knüpfte<br />

schon Kontakte zu e<strong>in</strong>er syrischen<br />

Nichtregierungsorganisation, die <strong>im</strong><br />

Raum Damaskus mit K<strong>in</strong>dern und<br />

Jugendlichen arbeitet, und zu e<strong>in</strong>er<br />

deutschen Stiftung, die Projekte <strong>in</strong><br />

Syrien fördert. Sobald der Bürgerkrieg<br />

<strong>in</strong> diesem arabischen Land es zulässt,<br />

wird dieArbeitdortaufgenommen.Im<br />

kenianischen Flüchtl<strong>in</strong>gslager Kakuma<br />

s<strong>in</strong>d die Freunde der Erziehungskunst<br />

Rudolf Ste<strong>in</strong>ers offizieller operativerPartner<br />

desFlüchtl<strong>in</strong>gshilfswerks<br />

der Vere<strong>in</strong>ten Nationen<br />

(UNHCR).<br />

In den sieben Jahren<br />

ihres Bestehens hat<br />

ihre notfallpädagogische<br />

Abteilung bereits<br />

Tausenden von<br />

K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen<br />

geholfen, die<br />

Folgen vonTraumatazul<strong>in</strong>dern.Dabei<br />

werden die weltweiten E<strong>in</strong>sätze von<br />

gerade mal vier Festangestellten organisiert,<br />

die sich zwei Vollzeitstellen<br />

teilen: m<strong>in</strong><strong>im</strong>ale Kosten für max<strong>im</strong>ale<br />

Hilfe.<br />

Gisela Haberer<br />

Im Flüchtl<strong>in</strong>gslager Kakumawerdendie K<strong>in</strong>der<br />

angeregt, aus dem lehmigenBoden statt<br />

Waffen positive Symbole zugestalten.<br />

2 | 2013<br />

www.der-paritaetische.de<br />

13


Thema<br />

Mohammed kann wieder lachen<br />

Ergriffen von der <strong>Not</strong> der K<strong>in</strong>der <strong>im</strong> Golfkrieg gründeten Ärzte und Bürger <strong>im</strong> westfälischen<br />

Hamm 1991 das Hammer Forum. Heute engagieren sich für die Organisation<br />

mehr als 400 <strong>Menschen</strong>, umverletzten und schwerkranken K<strong>in</strong>dern <strong>in</strong> Kriegs- und<br />

Krisengebieten dieser Welt e<strong>in</strong>e adäquate mediz<strong>in</strong>ische Versorgung zukommen zu<br />

lassen. E<strong>in</strong>es dieser K<strong>in</strong>der ist der dreie<strong>in</strong>halbjährige Mohammed, der zur Behandlung<br />

schl<strong>im</strong>mster Brandverletzungen aus dem Jemen nach Deutschland geflogen wurde.<br />

Mit dem kle<strong>in</strong>en F<strong>in</strong>ger angelt<br />

sich Mohammed den grünen<br />

Spielzeugtraktorund lässtihn<br />

die Parkhaus-Rampe h<strong>in</strong>untersausen.<br />

„Der ist schnell!“, ruft er begeistert.<br />

Sogar noch schneller als der rote<br />

Sportwagen,den „Opa“Dietrichh<strong>in</strong>terherflitzen<br />

lässt. Doch auch das spannendste<br />

Autorennen kann Mohammed<br />

plötzlich nicht mehr abhalten von e<strong>in</strong>er<br />

wichtigen Aufgabe: Se<strong>in</strong> Teddy, den er<br />

die ganze Zeit unterm Arm klemmen<br />

hatte, muss dr<strong>in</strong>gend zum „Verband<br />

wechseln“, wie der Dreie<strong>in</strong>halbjährige<br />

energisch feststellt. Und schon marschiert<br />

er mit se<strong>in</strong>em allerliebsten<br />

Plüschfreund zum Sofa,umihn zu verarzten.<br />

Mohammed weiß nur zugut,<br />

wie das geht. „Er spielt nach, was er<br />

selbst erlebt hat“, sagt Elisabeth Pabst.<br />

Zwei Monate lang haben sie und ihr<br />

Ehemann Dietrich täglich bis zu zehn<br />

Stunden <strong>im</strong>Offenbacher Kl<strong>in</strong>ikum an<br />

Mohammeds Bett gesessen: Ihm be<strong>im</strong><br />

Essen geholfen, mit ihm gespielt und<br />

Bilderbücher angeschaut.Arabischsprachige<br />

Mitpatienten halfen anfangs bei<br />

derVerständigung.Dochnachwenigen<br />

Wochen wardas schonnicht mehr nötig,<br />

weil Mohammed blitzschnell Deutsch<br />

lernte –erist e<strong>in</strong> sehr aufgeschlossener,<br />

fröhlicher undwissbegierigerJunge,der<br />

sich füralles um ihnherum <strong>in</strong>teressiert.<br />

Jetzt s<strong>in</strong>d es Elisabeth und Dietrich<br />

Pabst, die ab und zue<strong>in</strong> paar arabische<br />

Wörter erwähnen, die sie sich angeeignet<br />

haben – damit Mohammed se<strong>in</strong>e<br />

Muttersprache nicht ganz vergisst.<br />

„E<strong>in</strong>e schwere Entscheidung“<br />

„Das muss e<strong>in</strong>e sehr schwere Entscheidung<br />

für die Eltern gewesen se<strong>in</strong>, ihr<br />

krankes K<strong>in</strong>d ganz alle<strong>in</strong>e hierher zu<br />

lassen“, s<strong>in</strong>d die Eheleute aus dem unterfränkischen<br />

Alzenau überzeugt. Sie<br />

haben selbst fünf Enkel, und als sie<br />

über die Alzenauer Initiative „People <strong>in</strong><br />

Motion“ davon erfuhren, dass das HammerForum<br />

e<strong>in</strong>e Gastfamiliesuchte, um<br />

e<strong>in</strong>enkle<strong>in</strong>en Jungen ausdem Jemen<strong>in</strong><br />

Deutschland behandeln lassen zukönnen,<br />

sagten siespontan zu:„Wirs<strong>in</strong>dja<br />

durch die Enkel noch gut <strong>in</strong> Übung <strong>im</strong><br />

Umgang mit kle<strong>in</strong>en K<strong>in</strong>dern.“<br />

Nach allem, was die Pabsts über das<br />

Schicksal von Mohammed wissen, erlitt<br />

er die Brandverletzungen vor rund<br />

Seit derGründungdes Hammer Forums<br />

vor fast 22Jahren engagieren sich ehrenamtliche<br />

Teams <strong>in</strong>mehreren Krisenländern<br />

für die Verbesserung der mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Infrastruktur <strong>in</strong>sbesondere für<br />

K<strong>in</strong>der: Sie br<strong>in</strong>gen beispielsweise ihr<br />

Know-how alsMediz<strong>in</strong>eroderPflegekräfte<br />

be<strong>im</strong> Aufbau von Gesundheitszentren,<br />

Geburtshäusern oder chirurgischen Abteilungen<br />

e<strong>in</strong>, besorgen mediz<strong>in</strong>ische<br />

Geräte und Medikamente. Sie schulen<br />

lokalesPersonal undverzichtenauf ihren<br />

Urlaub, um<strong>in</strong>Eritrea und Gu<strong>in</strong>ea, <strong>im</strong><br />

Jemen und Kongo selbst kranke K<strong>in</strong>der<br />

zu behandeln. In diesen Ländern unterstützt<br />

das Hammer Forum Gesundheitsstationen,<br />

<strong>in</strong> denen jährlich nicht nur<br />

rund 50.000 K<strong>in</strong>der basismediz<strong>in</strong>isch<br />

versorgt werden können, sondern viele<br />

auch durch Operationen vor dem Tod<br />

oder schweren Beh<strong>in</strong>derungen bewahrt<br />

werden. 2013 soll das Engagement auf<br />

Burk<strong>in</strong>a Faso, Sierra Leone und Süd-<br />

Sudan ausgeweitet werden.<br />

e<strong>in</strong>em dreiviertel Jahr. E<strong>in</strong> paar ältere<br />

K<strong>in</strong>der hatten wohl mit Papier gezündelt;<br />

die Flammen erfassten Mohammeds<br />

Kleidung.Mit schwersten Verbrennungen<br />

am Rücken und anden Armen<br />

wurde er <strong>in</strong>s Al-Thawra-Hospital von<br />

Taiz, der drittgrößten Stadt Jemens, e<strong>in</strong>geliefert.<br />

Alle F<strong>in</strong>ger der rechten Hand<br />

hatder Jungedurch denBrand verloren,<br />

an der l<strong>in</strong>ken Hand ist nur der kle<strong>in</strong>e<br />

F<strong>in</strong>ger unversehrt.R<strong>in</strong>gf<strong>in</strong>ger undDaumen<br />

s<strong>in</strong>d aber zum<strong>in</strong>dest größtenteils<br />

erhalten geblieben. Das ermöglicht es<br />

dem Dreie<strong>in</strong>halbjährigen <strong>in</strong>zwischen<br />

Hammer Forum: Hilfefür K<strong>in</strong>der<br />

Ist e<strong>in</strong>e erfolgreiche Behandlung schwerkranker<br />

K<strong>in</strong>der aufgrund mangelnder<br />

Voraussetzungen <strong>im</strong>He<strong>im</strong>atland nicht<br />

möglich, holt das Hammer Forum e.V.<br />

diese nach Europa. Dem geht, so Mitarbeiter<strong>in</strong><br />

Sabr<strong>in</strong>a Johanniemann, „e<strong>in</strong>e<br />

gründliche Abwägung voraus, was für<br />

das Wohl des K<strong>in</strong>des am besten ist“.<br />

Denn auch die mitunter monatelange<br />

Trennung ist für die K<strong>in</strong>der und ihre<br />

Familien e<strong>in</strong> harter Schritt. Für die<br />

Eltern Reise-, Unterkunfts- und Unterhaltskosten<br />

tragen zu müssen, würde<br />

jedoch die f<strong>in</strong>anziellen Möglichkeiten<br />

desVere<strong>in</strong>s sprengen. 1.700K<strong>in</strong>dern hat<br />

dieHilfsorganisation mitUnterstützung<br />

von Partnerkrankenhäusern und Gastfamilien<br />

bislang e<strong>in</strong>e Behandlung <strong>in</strong><br />

Europa ermöglicht.<br />

Hammer Forum e.V.<br />

Tel.: 02381/87172-0<br />

E-Mail: <strong>in</strong>fo@hammer-forum.de<br />

www.hammer-forum.de<br />

14 www.der-paritaetische.de 2 | 2013


Thema<br />

Begeistert lässt<br />

Mohammed se<strong>in</strong> Auto<br />

dieParkhausrampe<br />

herunterflitzen. Trotz<br />

allem, was ererleiden<br />

musste,ist der<br />

Dreie<strong>in</strong>halbjährige<br />

e<strong>in</strong> fröhliches,<br />

aufgeschlossenesK<strong>in</strong>d –<br />

und sehr wissbegierig.<br />

Elisabeth und Dietrich<br />

Pabstfreuen sich<br />

über diegroßen<br />

Fortschritte, die<br />

der Junge macht.<br />

wieder allerhand zugreifen: den Löffel<br />

be<strong>im</strong> Essen, den dicken Buntstift zum<br />

Malen, Bauklötzeund Autos. VonTag zu<br />

Tagsetzt er se<strong>in</strong>el<strong>in</strong>ke Hand geschickter<br />

e<strong>in</strong>. Undauchse<strong>in</strong>e Hand-und Ellenbogengelenke<br />

werden <strong>im</strong>mer beweglicher.<br />

Begrenzte Möglichkeiten <strong>im</strong> Jemen<br />

Das alles ist nicht selbstverständlich.<br />

Schon die Tatsache, dass es <strong>in</strong> Taiz am<br />

Al-Thawra-Hospitalseit2003überhaupt<br />

e<strong>in</strong>e Spezialstation für <strong>Menschen</strong> mit<br />

Brandverletzungen gibt, ist dem Engagement<br />

des Hammer Forums zuverdanken.<br />

Doch die Behandlungsmöglichkeiten<br />

<strong>in</strong> dem armen, von politischen<br />

Unruhen erschütterten Land<br />

s<strong>in</strong>d äußerst dürftig. Um die schl<strong>im</strong>men<br />

Folgen der Verbrennungen für<br />

Mohammed bestmöglich zu begrenzen,<br />

beschloss das Hammer Forum,<br />

ihm die weitere mediz<strong>in</strong>ische Versorgung<br />

<strong>in</strong> Deutschland zu ermöglichen:<br />

<strong>im</strong> Zentrumfür Brandverletzungenam<br />

Kl<strong>in</strong>ikum Offenbach. „Als der Kle<strong>in</strong>e<br />

hier ankam, war se<strong>in</strong> rechter Unterarm<br />

gebeugt und ganz fest an den<br />

Oberarm herangezogen, sostarr war<br />

das Narbengewebe. Er konnte quasi<br />

nur das Schultergelenk bewegen“,<br />

erzählt Dietrich Pabst. „Mir s<strong>in</strong>d die<br />

Tränen gekommen, als Mohammed<br />

se<strong>in</strong>en Arm das erste Mal wieder strecken<br />

konnte“, sagt der68-Jährige. „Professor<br />

Menke und se<strong>in</strong> Team haben<br />

e<strong>in</strong>e tolle Arbeit geleistet.“<br />

Fördervere<strong>in</strong> f<strong>in</strong>anziert Behandlung<br />

Mehrere Hauttransplantationen, Operationen<br />

und viele Stunden physiotherapeutischer<br />

und orthopädischer Behandlung<br />

waren nötig, umdiesen Erfolg<br />

zuerzielen. F<strong>in</strong>anziert wurde die<br />

Behandlung vom Fördervere<strong>in</strong> des<br />

Offenbacher Kl<strong>in</strong>ikums.<br />

Nach der Entlassung aus der Kl<strong>in</strong>ik ist<br />

Mohammed nun noch für e<strong>in</strong>ige Wochen<br />

beiden Pabstszuhause.InAlzenau<br />

haben sie zwei Physiotherapeut<strong>in</strong>nen<br />

gefunden,die unentgeltlichdie wichtige<br />

Anschlussbehandlung übernehmen.Die<br />

Bewegungs- und Dehnungsübungen,<br />

die sie mit Mohammed machen, s<strong>in</strong>d<br />

ebenso wie Massagen dr<strong>in</strong>gend nötig,<br />

um sicherzustellen, dass Muskeln und<br />

Sehnen nicht verhärten. „Wir hoffen,<br />

dass sich auch <strong>in</strong> Mohammeds He<strong>im</strong>at<br />

e<strong>in</strong>e Möglichkeit f<strong>in</strong>det, die physiotherapeutische<br />

und orthopädische Behandlung<br />

fortzusetzen“, sagt Elisabeth Pabst.<br />

„E<strong>in</strong> Kamel und e<strong>in</strong>e Kuh“<br />

Sobald es mediz<strong>in</strong>isch vertretbar ist<br />

undallenochwundenHautstellen verheilt<br />

s<strong>in</strong>d, soll Mohammed wieder zurück<br />

zu se<strong>in</strong>er Familie, der die Eheleute<br />

Pabst zwischenzeitlich über e<strong>in</strong>en<br />

Mittelsmann mit Internetanschluss<br />

Fotos schickten und berichteten, wie<br />

es ihremSohngeht. Dochsonst hatten<br />

sie ke<strong>in</strong>en Kontakt zu den Eltern. „Außer<br />

dass Mohammed noch e<strong>in</strong>en achtjährigen<br />

Bruder und e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>jährige<br />

Schwester hat, wissen wir nichts über<br />

die Familie –und dass sie e<strong>in</strong> Kamel<br />

und e<strong>in</strong>e Kuh haben. Das hat Mohammed<br />

erzählt.“ Aber das Wichtigste, das<br />

sagt ihnenihr Gefühl:„Mohammed ist<br />

ganz gewiss e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d, das von se<strong>in</strong>en<br />

Eltern sehr geliebt wird.“ Und das<br />

machtdie Trennung fürdie Großeltern<br />

auf Zeit e<strong>in</strong> bisschen weniger schwer.<br />

*<br />

Nachtrag: Mohammed ist <strong>in</strong>zwischen<br />

<strong>in</strong> Begleitung e<strong>in</strong>esjemenitischen Arztes<br />

wieder zurück <strong>in</strong>se<strong>in</strong>e He<strong>im</strong>at geflogen<br />

worden.<br />

Ulrike Bauer<br />

2 | 2013<br />

www.der-paritaetische.de<br />

15


Thema<br />

DenKörper<br />

neu kennenlernen:<br />

Die<br />

Gruppenübungen<br />

<strong>im</strong> Krankenhaus<br />

vonSarte helfen<br />

denjungen<br />

Haitianer<strong>in</strong>nen,<br />

ihre Beh<strong>in</strong>derung<br />

zu bewältigen.<br />

Foto:<br />

William Daniels<br />

Handicap<br />

International<br />

Handicap International macht<br />

<strong>Menschen</strong> mitBeh<strong>in</strong>derung Mut<br />

Kambodscha, Bosnien-Herzegow<strong>in</strong>a, Haiti, Mali: Seit mehr als 30Jahren leistet<br />

Handicap International humanitäre Hilfe für <strong>Menschen</strong> mit Beh<strong>in</strong>derung <strong>in</strong><br />

Krisen-, Katastrophen- und Kriegsgebieten. Inzwischen ist die von zwei französischenÄrztengegründeteOrganisation<br />

<strong>in</strong> mehr als60Ländern aktiv. Diedeutsche<br />

Sektion widmet sich <strong>in</strong>sbesondere „der Lobby- und Sensibilisierungsarbeit zum<br />

Thema Beh<strong>in</strong>derung <strong>in</strong> der Entwicklungszusammenarbeit und Kampagnen<br />

gegen M<strong>in</strong>en und Streubomben“.<br />

Jerry ist e<strong>in</strong> unbeschwertes K<strong>in</strong>d.<br />

E<strong>in</strong> siebenjähriger Junge, der mit<br />

se<strong>in</strong>er Mutter und vier Geschwistern<br />

<strong>in</strong> Haitis Hauptstadt Port au Pr<strong>in</strong>ce<br />

lebt,als dieErde<strong>im</strong>Januar2010bebt. Das<br />

schwereErdbeben, dasmehrals 200.000<br />

<strong>Menschen</strong> das Leben kostete und über<br />

e<strong>in</strong>e halbe Million obdachlos machte,<br />

zerstörte auch dasHausvon Jerrys Familie.<br />

Zwei se<strong>in</strong>er Geschwister starben. Er<br />

selbst kammit e<strong>in</strong>eroffenen Wundeam<br />

Oberschenkel <strong>in</strong>s Krankenhaus. Die<br />

Wundeentzündetesich. DasBe<strong>in</strong>musste<br />

amputiert werden. „Als ich Jerry <strong>in</strong><br />

Tränen ausbrechen sah, nahm ich mir<br />

die Zeit, ihm zuerklären, was e<strong>in</strong>e Prothese<br />

ist“, berichtet Physiotherapeut<strong>in</strong><br />

Vivianeauf derHomepagevon Handicap<br />

International. Schon e<strong>in</strong>en Tag später<br />

macht Jerry erste Gehversuche. Heute<br />

kann derZehnjährige wieder laufen und<br />

mit Freunden spielen. Erträgt e<strong>in</strong>e Prothese<br />

–angefertigt <strong>im</strong> Rehabilitationsund<br />

Orthopädiezentrum von Champ de<br />

Mars. Bis erausgewachsen ist, wird sie<br />

regelmäßig angepasst.<br />

BereitszweiMonatenachdem BebeneröffneteHandicapInternational<br />

<strong>in</strong> Kooperation<br />

mit Heal<strong>in</strong>g Hands for Haiti <strong>in</strong><br />

Port au Pr<strong>in</strong>ce das Rehabilitations- und<br />

Orthopädiezentrum. „Bis heute besteht<br />

das Team aus nationalen und <strong>in</strong>ternationalen<br />

Mitarbeitern“, sagt Dr. Eva-Maria<br />

Fischer, Leiter<strong>in</strong> der Kampagnen- und<br />

Öffentlichkeitsarbeit der deutschen Sektion.<br />

Und die nationalen Helfer werden<br />

<strong>im</strong>mer mehr: Denn Handicap International<br />

bildet e<strong>in</strong>he<strong>im</strong>ische Kräfte für die<br />

Arbeit <strong>in</strong> dem Zentrum aus –viele von<br />

ihnenhaben selbst e<strong>in</strong>e Beh<strong>in</strong>derung.<br />

<strong>Menschen</strong> für Gefahren sensibilisieren<br />

„Alle unsere Kräfte s<strong>in</strong>d <strong>im</strong><strong>E<strong>in</strong>satz</strong>“,<br />

meldet Handicap International am 23.<br />

Januar 2013,während französische und<br />

16 www.der-paritaetische.de 2 | 2013


Thema<br />

malische Truppen <strong>im</strong>Norden des afrikanischen<br />

Landes gegen Rebellen<br />

kämpfen. „Es muss sehr schnellgehandelt<br />

werden, und zwar noch bevor die<br />

<strong>Menschen</strong>,die <strong>im</strong> Landes<strong>in</strong>nern aufder<br />

Flucht s<strong>in</strong>d, nach Hause zurückkehren“,<br />

sagt Marc Vaernewyck, der Programmverantwortliche<br />

für Mali. Denn<br />

der Rückweg ist lebengefährlich: überall<br />

können Waffen und Sprengkörper<br />

herumliegen. MitAufklärungskampagnen<br />

sensibilisiert Handicap International<br />

die <strong>Menschen</strong> für die Risiken „verdächtiger<br />

Gegenstände“ und hofft,<br />

„baldmöglichst mit den M<strong>in</strong>en-Aufräumungsarbeiten<br />

beg<strong>in</strong>nen zukönnen“.<br />

Rehabilitationszentren schaffen<br />

neue Perspektiven<br />

Auch wenn „der <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>in</strong><strong>Not</strong>situationen,<br />

etwa nach Naturkatastrophen<br />

oder bewaffneten Ause<strong>in</strong>andersetzungen,<br />

zu e<strong>in</strong>em<strong>im</strong>mer wichtigeren<strong>E<strong>in</strong>satz</strong>bereich<br />

wird“, wie es <strong>im</strong> Jahresberichtvon<br />

Handicap Internationalheißt,<br />

sieht die Organisation ihre Hauptaufgabe<br />

<strong>in</strong> derkont<strong>in</strong>uierlichenUnterstützung,<br />

die <strong>Menschen</strong> mit Beh<strong>in</strong>derung<br />

als „weltweit größte M<strong>in</strong>derheit“ benötigen.<br />

Dazu gehören der Aufbau von<br />

Rehabilitationszentren und Werkstätten<br />

für e<strong>in</strong>fache Orthopädiegeräte, die aus<br />

regional verfügbaren Materialien wie<br />

Bambus hergestellt werden können.<br />

Aber auch die Ausbildung e<strong>in</strong>he<strong>im</strong>ischer<br />

Techniker, die enge Zusammenarbeit<br />

mit örtlichen Vere<strong>in</strong>en und<br />

Behörden und Vorsorgemaßnahmen<br />

wie Impfungen und Aufklärungskampagnen.<br />

Ziel all dieser Aktivitäten ist<br />

es, die Lebenssituation von <strong>Menschen</strong><br />

mit Beh<strong>in</strong>derung zu verbessern, wie<br />

Eva-Maria Fischer betont, die 1998<br />

Handicap International Deutschland<br />

mitgegründet hat.<br />

M<strong>in</strong>en-Räumungsprogramme <strong>in</strong><br />

Bosnien und Herzegow<strong>in</strong>a<br />

Die jüngsten Kämpfe <strong>in</strong> Mali lassen<br />

vergangene Kriege und ihre Folgen <strong>in</strong><br />

den H<strong>in</strong>tergrund treten. Doch <strong>in</strong>Bosnien<br />

und Herzegow<strong>in</strong>a, wo es seit 15<br />

Jahren ke<strong>in</strong>e kriegerischen Ause<strong>in</strong>andersetzungen<br />

mehr gibt, drohen den<br />

<strong>Menschen</strong> <strong>im</strong>mer noch täglich tödliche<br />

Gefahren durch Landm<strong>in</strong>en –vor<br />

allemden K<strong>in</strong>dern. „Die F<strong>in</strong>anzierung<br />

der Räumungsprogramme <strong>in</strong>Bosnien<br />

und Herzegow<strong>in</strong>a war daher <strong>im</strong>mer<br />

schon e<strong>in</strong> Schwerpunkt für Handicap<br />

International, <strong>in</strong>sbesondere des deutschenVere<strong>in</strong>s“,<br />

sagt Eva-MariaFischer.<br />

So bildeteHandicapInternational 2011<br />

mehrere lokale Räumungsorganisationen<br />

aus, die <strong>in</strong> besonders stark gefährdeten<br />

Geme<strong>in</strong>den aktiv s<strong>in</strong>d. Die M<strong>in</strong>enrisikoaufklärung<br />

wurde <strong>in</strong> den Unterrichtslehrplan<br />

aufgenommen. Handicap<br />

International macht sie aber auch<br />

<strong>in</strong> deutschen Schulen zum Thema.<br />

Aktive Lobby- und Netzwerkarbeit leistet<br />

Handicap International <strong>in</strong> Deutschland<br />

durch e<strong>in</strong> umfangreiches Veranstaltungsangebot<br />

<strong>im</strong> Rahmen des Projekts„Com<strong>in</strong>“.Esist<br />

speziell fürFlüchtl<strong>in</strong>ge<br />

mit Beh<strong>in</strong>derung oder chronischerErkrankungkonzipiertund<br />

bietet<br />

Weiterbildung vom Englisch-Konversationstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />

über Gitarrenunterricht<br />

bis zum Computerkurs. „Com<strong>in</strong>“, so<br />

Eva-Maria Fischer: „soll auf die desaströse<br />

Situation der Flüchtl<strong>in</strong>ge und<br />

Migrant<strong>in</strong>nen mit Beh<strong>in</strong>derung <strong>in</strong><br />

Deutschland aufmerksam machen.“<br />

Und helfen, sie zuverbessern.<br />

Cor<strong>in</strong>na Willführ<br />

Kontakt<br />

Handicap Internationale.V.<br />

Ganghoferstraße19<br />

80339 München<br />

Tel.: 089/5476060<br />

E-Mail: <strong>in</strong>fo@handicap-<strong>in</strong>ternational.de<br />

www.handicap-<strong>in</strong>ternational.de<br />

Schneller <strong>E<strong>in</strong>satz</strong>,langer Atem<br />

Die Devisevon Help: Hilfe zur Selbsthilfe<br />

Anfangsg<strong>in</strong>g es um Überlebenshilfe. Zu Beg<strong>in</strong>n der80erJahre lebten<br />

drei Millionen afghanische Flüchtl<strong>in</strong>ge unter menschenunwürdigen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen<strong>in</strong>Lagern. Um ihnenzuhelfen, gründetenBundestagsabgeordnete,<br />

Wissenschaftler und Kirchenvertreter den Vere<strong>in</strong> Help.<br />

Heute leistet Help weltweit <strong>Not</strong>und<br />

Katastrophenhilfe und<br />

hilft längerfristig be<strong>im</strong> Wiederaufbau<br />

und der Entwicklung. Vor<br />

allem fördert der Vere<strong>in</strong> die Anstrengungen<br />

der <strong>Menschen</strong>, ihre Lebensumstände<br />

aus eigener Kraft zuverbessern.<br />

Soauch <strong>in</strong>Afrika, wo die Ernährungssicherung<br />

e<strong>in</strong> Schwerpunkt ist.<br />

E<strong>in</strong> Heuschreckenschwarm kann b<strong>in</strong>nenStunden<br />

e<strong>in</strong>Feldkahlfressen. In der<br />

Sahelzone gab es 2004 erst e<strong>in</strong>e Dürre<br />

und dann kamen die Heuschrecken >><br />

In der Region Kwekwe <strong>in</strong><br />

S<strong>im</strong>babwe pflanztFasc<strong>in</strong>ation<br />

Sibanda Baumsetzl<strong>in</strong>ge.Die<br />

Eucalyptusart wächst schnell.<br />

2 | 2013<br />

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17


Thema<br />

und fraßen den mickrigen Rest der<br />

Ernte. Millionen <strong>Menschen</strong> hungerten.<br />

Länder wie Niger, Burk<strong>in</strong>a Faso<br />

undMalibaten dieVere<strong>in</strong>ten Nationen<br />

um Hilfe. Das warder Auslöser fürdie<br />

Organisation Help –Hilfe zur Selbsthilfe<br />

e.V., <strong>in</strong> der Sahelzone aktiv zu<br />

werden,erst <strong>im</strong> Niger, dann <strong>in</strong> Burk<strong>in</strong>a<br />

Faso. Die Ernährung sichern und die<br />

Gesundheitsversorgung verbessern –<br />

diese Ziele verfolgt Help bis heute <strong>in</strong><br />

mehreren Ländern Afrikas.<br />

E<strong>in</strong>e Schale Hirse pro Tag. Sie macht<br />

nicht satt, aber sie verh<strong>in</strong>dert, dass e<strong>in</strong><br />

Mensch verhungert.Als 2005 dieHungersnot<br />

<strong>in</strong>der Sahelzone amgrößten<br />

war, verteilte auch Help Hirsesäcke,<br />

um die <strong>Menschen</strong> mit M<strong>in</strong>destrationen<br />

zu versorgen. Im vorigen Jahr<br />

konnte e<strong>in</strong>e weitere Hungersnot abgewendet<br />

werden, weil Help und andere<br />

Organisationen rechtzeitig reagierten:<br />

So unterstützteder Vere<strong>in</strong> Help <strong>in</strong> Burk<strong>in</strong>a<br />

Faso 4.200 Haushalte mit Hirserationen,<br />

die er zu subventionierten<br />

Preisen verkaufte und an mittellose<br />

<strong>Menschen</strong> kostenlos verteilte. Der Erlös<br />

dient den Dorfgeme<strong>in</strong>schaften nun<br />

als Rücklage für künftige Krisen.<br />

Süßkartoffel-Anbau <strong>in</strong>S<strong>im</strong>babwe<br />

Fotos: Help –Hilfe zur Selbsthilfe e.V.<br />

Gleichzeitig hilft Help den Kle<strong>in</strong>bauern,<br />

sich gegenErnteausfälle undhohe<br />

Nahrungsmittelpreise zuwappnen.<br />

Schutz vor Spekulanten<br />

Schnell helfen und langfristige Perspektiven<br />

geben –das ist e<strong>in</strong> Grundsatz von<br />

Help. Bei humanitären Krisen reagiert<br />

die Hilfsorganisation meist <strong>in</strong>nerhalb<br />

von 24Stunden, nach Krisen hat sie e<strong>in</strong>en<br />

langen Atem. InBosnien und Herzegow<strong>in</strong>a<br />

ist sie bis heute aktiv, auch <strong>im</strong><br />

Iran. InS<strong>im</strong>babwe arbeitet Help schon<br />

seit 20 Jahren. E<strong>in</strong> Pr<strong>in</strong>zip bei allen Projekten<br />

lautet: Hilfe zurSelbsthilfe.<br />

So baut Help <strong>in</strong> Burk<strong>in</strong>a Faso zum<br />

Beispiel Getreidespeicher. Weil diese<br />

Lagerbisherfehlen, verkaufendie Kle<strong>in</strong>bauern<br />

ihrGetreidegleichnachder Ernte,<br />

erklärt Henn<strong>in</strong>g Kronenberger, der<br />

für Projekte <strong>in</strong>Niger und Burk<strong>in</strong>a Faso<br />

zuständigist.Weildas fast alle tun, s<strong>in</strong>d<br />

diePreiseniedrig.Käuferwiederums<strong>in</strong>d<br />

häufigSpekulanten.Sie lagern dieErnte,<br />

warten ab, bis die Reserven verbraucht<br />

s<strong>in</strong>d undverkaufen dann dieHirse teuer.<br />

Kronenberger: „Die Bauern kaufen zu<br />

hohen Preisen das Getreide zurück, das<br />

sie zuvor zuniedrigen Preisen verkauft<br />

haben.“ Die Getreidespeicher durchbrechen<br />

diesen Teufelskreis. Help baut sie,<br />

hilftden Kle<strong>in</strong>bauern, Genossenschaften<br />

zu bilden, die ihr Getreide geme<strong>in</strong>sam<br />

lagern, und schult Dorfbewohner, die<br />

Getreidespeicher zu verwalten.<br />

Gemüseanbau sichert die Ernährung<br />

Hilfezur Selbsthilfegel<strong>in</strong>gtnur,wenn<br />

lokale Gruppen oder Geme<strong>in</strong>den die<br />

Projekte mitplanen. „Es gibt <strong>im</strong>mer<br />

Gruppen, die sich sehr engagieren“,<br />

sagt Henn<strong>in</strong>g Kronenberger. Soist es<br />

auch bei der Umstellung auf alternative<br />

Anbaumethoden. Sie ersetzen die<br />

Hirse-Monokultur, die nur mit aggressivem<br />

<strong>E<strong>in</strong>satz</strong> von chemischem Dünger<br />

durchzuhalten ist. InNiger etwa<br />

lernen Gruppen von Dorfbewohnern<br />

zu kompostieren. Sie bauen jenseits<br />

derHirsesaison aufihren ParzellenTomaten,<br />

Möhren und Kohl an. Der<br />

Fruchtwechsel lässt den Boden nahrhafter<br />

werden und ernährt die Familien.<br />

Um das Gemüse zu bewässern,<br />

setzt Help Brunnen <strong>in</strong>stand oder baut<br />

sie neu und schult die Dorfbewohner<br />

<strong>in</strong> deren Wartung. „Inzwischen werdenmit<br />

alternativen ProduktenordentlicheErträge<br />

erzielt, so dass derAnbau<br />

<strong>in</strong> der Gegensaison <strong>im</strong>mer beliebter<br />

wird“, berichtet Henn<strong>in</strong>g Kronenberger.<br />

E<strong>in</strong>ige bauten sogar <strong>in</strong>der Hirsesaison<br />

lieber Gemüse an.<br />

2011 hat Help 83Projekte <strong>in</strong>17Ländern<br />

durchgeführt. <strong>Not</strong>hilfe, Ernährungssicherung,<br />

Gesundheit, Wasser, Wiederaufbau,Existenzsicherung<br />

–das s<strong>in</strong>d die<br />

Zieleder Projekte.Der Vere<strong>in</strong> hattedafür<br />

e<strong>in</strong> Gesamtbudget von fast 30Millionen<br />

Euro zur Verfügung, e<strong>in</strong> Fünftel davon<br />

s<strong>in</strong>d Spenden, der Rest s<strong>in</strong>d Zuwendungen.<br />

Die landwirtschaftlichen Programme<br />

<strong>in</strong> Niger zum Beispiel unterstützen<br />

die Vere<strong>in</strong>ten Nationen. In S<strong>im</strong>babwe<br />

förderndas Bundesm<strong>in</strong>isteriumfür wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und Entwicklung<br />

(BMZ) und die Europäische<br />

Union die Programme zur Ernährungssicherung<br />

und Landwirtschaft. Dort ist<br />

Help seitüber20Jahrenaktiv.<br />

Umweltschonende Anbaumethoden<br />

Alle<strong>in</strong> seit 2010 hatder Vere<strong>in</strong> <strong>in</strong> S<strong>im</strong>babwe<br />

mehr als 100.000 Kle<strong>in</strong>bauern mit<br />

Saatgut und Dünger versorgt. Sie leben<br />

<strong>in</strong> trockenenAnbauregionen mitschlechten<br />

Böden, <strong>in</strong> denen das GrundnahrungsmittelMaiskaumgedeiht.Die<br />

Helfer<br />

verteilten daher die trockenresistente<br />

Hirsesorte Sorghum und tra<strong>in</strong>ieren mit<br />

den Kle<strong>in</strong>bauern umweltschonende Anbaumethoden,<br />

das sogenannte „Conservation<br />

Farm<strong>in</strong>g“: Sie säen das Getreide<br />

nicht e<strong>in</strong>fach aus, sondern arbeiten das<br />

Saatgutaufwendig <strong>in</strong> denBoden e<strong>in</strong>und<br />

bedecken ihn mit Stroh und Reisig. So<br />

hält sich dieFeuchtigkeit<strong>im</strong>Boden.<br />

Ganz werden die<strong>Menschen</strong><strong>in</strong>S<strong>im</strong>babwe<br />

nie auf ihren geliebten Mais verzichten,<br />

sagt Birgitte Schulze, die bei<br />

Help für das Land zuständig ist: „Aber<br />

wenn der Mais mickrig auf dem Feld<br />

steht und daneben das Sorghum hoch<br />

<strong>im</strong> Halm, dann sehen sie den Erfolg.“<br />

Gerl<strong>in</strong>de Geffers<br />

Kontakt<br />

Help –Hilfe zurSelbsthilfe e.V.<br />

Reuterstr. 159<br />

53113Bonn<br />

Tel.: 0228/91529-0<br />

E-Mail: <strong>in</strong>fo@help-ev.de<br />

www.help-ev.de<br />

18 www.der-paritaetische.de 2 | 2013


Thema<br />

Jede<br />

Oma<br />

zählt<br />

In Afrika ziehen<br />

Großmütter Millionen<br />

vonK<strong>in</strong>dern groß,die<br />

durchAidszuWaisen<br />

gewordenen s<strong>in</strong>d.<br />

HelpAgeunterstützt<br />

vieledieserstillen<br />

Held<strong>in</strong>nen.<br />

Über dendemografischen Wandel wird <strong>in</strong> Deutschland meist <strong>im</strong> Zusammenhang<br />

mit dem drohenden Pflegenotstand debattiert. Dass das Altern der Bevölkerung<br />

die Gesellschaften weltweit vor große Herausforderungen stellt, ist dagegen bislang<br />

kaum <strong>in</strong> der öffentlichen Wahrnehmung angekommen. HelpAge engagiert<br />

sich für die Rechte älterer <strong>Menschen</strong> –nicht nur –<strong>in</strong>Entwicklungsländern.<br />

Als am 30. September 2012 der<br />

Startschuss für den 39. Berl<strong>in</strong>-<br />

Marathon fällt, gehen auch 70<br />

Männer und Frauen auf die Strecke,<br />

dieauf ihrenLauf-Shirts dieAufschrift<br />

„Jede Oma zählt“ tragen. Sie machen<br />

damit auf Hunderttausende Großmütter<br />

<strong>in</strong>Afrika aufmerksam, die „täglich<br />

e<strong>in</strong>en wahren Marathon h<strong>in</strong>ter sich<br />

br<strong>in</strong>gen müssen, um ihre durch Aids<br />

zu Waisen gewordenen Enkelk<strong>in</strong>derzu<br />

versorgen“. Das Team aufgestellt hat<br />

HelpAge Deutschland. Die Hilfsorganisation<br />

mit Sitz <strong>in</strong>Osnabrück ist seit<br />

2005 e<strong>in</strong>gebunden<strong>in</strong>e<strong>in</strong> Netzwerk von<br />

Nichtregierungsorganisationen,das sich<br />

weltweit für alte <strong>Menschen</strong> engagiert<br />

– mit dem Ziel, alten <strong>Menschen</strong> <strong>in</strong><br />

Entwicklungsländern e<strong>in</strong> würdevolles<br />

Leben ohne Armut zu ermöglichen<br />

und zugleich ihr Wissen für zukünftige<br />

Generationen zu bewahren.<br />

„2030 wird esweltweit mehr alte <strong>Menschen</strong><br />

über 65Jahre geben als K<strong>in</strong>der<br />

unterfünf. Bereitsheute bedeutet fürdie<br />

große Mehrheit der etwa 740Millionen<br />

<strong>Menschen</strong> <strong>in</strong> Entwicklungsländern alt<br />

zu se<strong>in</strong> auch armzuse<strong>in</strong>“,stelltMichael<br />

Büntefest.Die meisten vonihnen,soder<br />

Geschäftsführer von HelpAge Deutschland,<br />

haben weder e<strong>in</strong>e Rente noch e<strong>in</strong>e<br />

Krankenversicherung. H<strong>in</strong>zu komme,<br />

dass <strong>in</strong> den Entwicklungsländern der<br />

überwiegende Teil der Budgets <strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />

fürdie Behandlung von<br />

Infektionskrankheiten wie Malaria oder<br />

Aids verwendetwerde;für Schlaganfall-,<br />

Herz<strong>in</strong>farkt- oder Demenz-Patienten<br />

stünden h<strong>in</strong>gegen kaum Mittel zur Verfügung.<br />

Auf dem Kongress „Strengthen<strong>in</strong>g<br />

the rights ofolder people worldwide“,<br />

den HelpAge voriges Jahr organisierte,g<strong>in</strong>gesabernicht<br />

nurumProbleme<br />

wie diese, sondern auch umWissen<br />

und Fähigkeiten, die Senioren <strong>in</strong>Tansania,<br />

Nepal oder Peru den folgenden<br />

Generationen vermitteln können.<br />

Vielfalt des Saatsguts erhalten<br />

Die „Kartoffelspuren“ führen zur Asociacion<br />

Pacha Uyway nach Peru. Mit<br />

Unterstützungder Deutschen Bundesstiftung<br />

Umwelt und der niedersächsischen<br />

B<strong>in</strong>go-Umweltstiftung fördert<br />

HelpAge Deutschland e<strong>in</strong> Bildungsund<br />

Öffentlichkeitsprojekt, damit das<br />

Wissen <strong>in</strong>dianischer Kle<strong>in</strong>bauern >><br />

2 | 2013<br />

www.der-paritaetische.de<br />

19


Thema<br />

über die Vielfalt des Saatguts <strong>in</strong> den<br />

Bergenvon Huanta nichtverlorengeht.<br />

Gab es<strong>in</strong>der Region vor wenigen Jahren<br />

noch 500 Kartoffelsorten, s<strong>in</strong>d es<br />

heute gerade noch 80. „Nur wenn es<br />

gel<strong>in</strong>gt, das alte Wissen andie K<strong>in</strong>der<br />

weiterzugeben, können sich die Quechua<br />

auch <strong>in</strong> Zukunft gesund und unabhängig<br />

vom Weltmarkt ernähren“,<br />

heißt es<strong>in</strong>der Projektbeschreibung.<br />

Seit 2007 ist HelpAge Deutschland <strong>in</strong><br />

Bangladesch, e<strong>in</strong>emder ärmstenLänder<br />

der Welt, vertreten. Als es nach dem<br />

Zyklon „Sidri“ zuverheerenden Überschwemmungen<br />

kommt, leistet Help-<br />

AgezunächstAkuthilfe.Dochdie Organisation<br />

zieht sich danach nicht zurück,<br />

sondernbautmit Hilfedes Auswärtigen<br />

Amts e<strong>in</strong> Krisenpräventionsprogramm<br />

auf. Das Besondere: Nachdem sie <strong>im</strong><br />

Katastrophenschutz ausgebildet wurden,<br />

s<strong>in</strong>d es Senior<strong>in</strong>nenund Senioren, die<strong>in</strong><br />

Komitees Pläneerarbeiten, wie<strong>in</strong>sbesondere<br />

älteren <strong>Menschen</strong> bei erneuten Naturkatastrophen<br />

geholfen werden kann.<br />

„Denndiese s<strong>in</strong>d wenigermobil,körperlich<br />

schwächer und werden bei Hilfemaßnahmen<br />

regelmäßig übersehen.“<br />

Stille Held<strong>in</strong>nen<br />

Übersehen werden <strong>Menschen</strong> über 60<br />

aber nicht nur, wenn sie <strong>in</strong> besonderen<br />

<strong>Not</strong>situationen Hilfe brauchen, sondern<br />

auch,wennsie selbst Hilfeleisten.Durch<br />

Aids s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Afrikazwölf Millionen K<strong>in</strong>der<br />

zuWaisen geworden. Ihr Überleben<br />

hängt „<strong>im</strong>mer häufiger von den Großmüttern<br />

ab, weil andere Familienbande<br />

durch die Krankheit zerstört wurden“,<br />

sagt EntwicklungsexperteBünte. Fürdie<br />

„stillen Held<strong>in</strong>nen“ des schwarzen Kont<strong>in</strong>ents<br />

hat HelpAge die Aktion „Jede<br />

Oma zählt“ <strong>in</strong>s Leben gerufen. Ziel ist<br />

es, „den Frauen e<strong>in</strong> regelmäßiges E<strong>in</strong>kommen<br />

zu ermöglichen, sie für die<br />

Pflegeder Infizierten fit zu machen,ihre<br />

eigene Gesundheit zu verbessern und<br />

ihren Enkelk<strong>in</strong>dern e<strong>in</strong>en Schulbesuch<br />

zu ermöglichen.“<br />

Soforthilfe <strong>in</strong>Ostafrika<br />

Dahaba MusalMum<strong>in</strong> ist 95 Jahr alt. Ihr<br />

ganzes Leben lang hat sich die Frau, die<br />

40 Enkelk<strong>in</strong>derhat,umdie R<strong>in</strong>derherde<br />

ihrer Familie gekümmert. Die Dürre,<br />

dieihreHe<strong>im</strong>atKenia he<strong>im</strong>gesuchthat,<br />

hat nur drei Tiere überleben lassen.<br />

Der alten Frau geht esgesundheitlich<br />

schlecht: Sie leidet an Asthma und Demenz,<br />

sagt ihre Tochter. 50Dollar monatlich<br />

würde die Behandlung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Krankenhaus kosten. Geld, das die Familienicht<br />

hat. HelpAgesorgt <strong>in</strong> Kooperation<br />

mit anderen Hilfsorganisationen<br />

dafür, dass Mum<strong>in</strong> sauberes Tr<strong>in</strong>kwasser<br />

und Nahrungsmittel erhält. Sowie<br />

43.000 weitere <strong>Menschen</strong>, davon 5.000<br />

ältere, <strong>in</strong>der Region Mandera <strong>in</strong>dem<br />

afrikanischen Staat, der von der größten<br />

Dürre seit 60Jahren betroffen ist.<br />

Mit vielen unterschiedlichen Aktionen<br />

machtHelpAge Deutschland hierzulande<br />

auf die <strong>Not</strong> der <strong>Menschen</strong> <strong>in</strong> Afrika<br />

undAsien aufmerksam.InNiedersachsenhat<br />

derVere<strong>in</strong>e<strong>in</strong> Schulprojekt zum<br />

„Leben zwischen Generationen und<br />

Kulturen“ auf den Weg gebracht.<br />

MichaelBünte freutsichüberdie zunehmende<br />

Spendenbereitschaft für se<strong>in</strong>e<br />

Organisation <strong>in</strong> der Bevölkerung. Doch<br />

vor allem, soder Entwicklungsexperte,<br />

sei für das Anliegen der Nichtregierungsorganisation<br />

e<strong>in</strong>Umdenken<strong>in</strong>der<br />

(Entwicklungs-)Politik nötig. „Die <strong>in</strong>ternationale<br />

Politik muss endlich vorausschauende<br />

Konzepte für die alternden<br />

Gesellschaften <strong>in</strong> den Entwicklungsund<br />

Schwellenländern entwickeln und<br />

sich für e<strong>in</strong>e UN-Konvention für ältere<br />

<strong>Menschen</strong> und e<strong>in</strong>en Sonderberichterstatter<br />

bei den Vere<strong>in</strong>ten Nationen e<strong>in</strong>setzen.“<br />

Cor<strong>in</strong>na Willführ<br />

Kontakt<br />

HelpAgeDeutschland e.V.<br />

Alte Synagogenstraße2<br />

49078 Osnabrück<br />

Tel.: 0541/5805404<br />

E-Mail: <strong>in</strong>fo@helpage.de<br />

www.helpage.de<br />

Hilfe, die etwas verändert<br />

K<strong>in</strong>derhilfswerk Stiftung Global-Care setzt auf Partnerschaft<br />

Wie häufig bei NGOs, brachte e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zelne Person den Ste<strong>in</strong> <strong>in</strong>s Rollen. Vorfast<br />

40 Jahren lasHans-Jürgen Pechmann e<strong>in</strong>enBericht über e<strong>in</strong><strong>in</strong>disches K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>Not</strong>.<br />

Er wollte helfen. Erfuhr selbst nach Indien. Er motivierte Freunde, auch zu helfen,<br />

und gründete e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>derhilfswerk, das heute Global-Care heißt und <strong>in</strong>20Ländern<br />

aktiv ist –mit Patenschaften für K<strong>in</strong>der, mit Projekten und mit Katastrophenhilfe.<br />

In Haiti bebt die Erde, <strong>in</strong> Pakistan<br />

setzt der Monsunregen alles unter<br />

Wasser, <strong>in</strong>Japan überrollt e<strong>in</strong> Tsunami<br />

dasLandund lässtNuklearkerne<br />

schmelzen.Das Fernsehenzeigt Bilder<br />

von <strong>Menschen</strong>, die obdachlos, verletzt,<br />

traumatisierts<strong>in</strong>d. Wenn dasTeamvon<br />

Global-Care solche Bilder sieht, gehen<br />

allen automatisch Fragen durch die<br />

Köpfe: S<strong>in</strong>d wirdorttätig?Und:Welche<br />

Hilfe können wir leisten? Das K<strong>in</strong>derhilfswerkStiftungGlobal-Care<br />

hilftmit<br />

knapp drei Millionen Euro E<strong>in</strong>nahmen<br />

jährlich bedürftigen K<strong>in</strong>dern und Familien,<br />

Schulprojekten, Waisenhäusern<br />

oder Krankenstationen auf vier Kont<strong>in</strong>enten.Flugzeuge<br />

voller Hilfsgüter kann<br />

die Organisation nicht auf die Reise<br />

20 www.der-paritaetische.de 2 | 2013


Thema<br />

Die K<strong>in</strong>der blicken hoffnungsvoll <strong>in</strong> die Zukunft.Imsüdlichen Punjab entstehen<br />

nach der Flutneue Häuser. Foto: K<strong>in</strong>derhilfswerk Global-Care<br />

Starthilfe für Projekte<br />

Entwicklungshilfe bedeutet Partnerschaft,<br />

lautet e<strong>in</strong>er der Grundwerte des<br />

K<strong>in</strong>derhilfswerks Stiftung Global-Care.<br />

DieOrganisation arbeitet partnerschaftlich<br />

mit Kirchen, Vere<strong>in</strong>en und Initiativen<br />

zusammen. Geme<strong>in</strong>sam entwickeln<br />

sie Projekte, die dem Bedarf entsprechen<br />

und Selbsthilfe stärken. So<br />

wollte das haitianische Krankenhaus<br />

haltbare Prothesen aus Carbonfaserverstärktem<br />

Kunststoff selbst herstellen.<br />

Das K<strong>in</strong>derhilfswerk Global-Care<br />

ließ sich <strong>in</strong> <strong>in</strong>tensiven Gesprächen<br />

überzeugen. Esf<strong>in</strong>anzierte aus Spendendie<br />

Schulungvon lokalenFachkräften<br />

durch e<strong>in</strong>en Orthopädietechniker.<br />

Inzwischen ist auch e<strong>in</strong>e Optiker-Werkstattentstanden.<br />

Im Sommer beg<strong>in</strong>nen<br />

die Schulungen. Und die Arbeit von<br />

Global-Careendet.„Wirgeben dieStarthilfe“,<br />

erklärt Beate Tohmé: „So ist das<br />

häufig.“ Zum<strong>in</strong>dest, wenn esumKatastrophenhilfe<br />

geht. Etlichen Projekten<br />

und vor allem den Patenk<strong>in</strong>dern hilft<br />

Global-Care dagegen langfristig.<br />

schicken. Wohl aber punktuell helfen.<br />

„UnsereProjektpartnervor Ortwissen,<br />

was passiert ist, und melden uns, was<br />

nötig ist“, sagt Beate Tohmé, die bei<br />

Global-Care für Projekte zuständig ist.<br />

Als 2010 e<strong>in</strong> Fünftel Pakistans unter<br />

Wasser stand, meldete sich zum Beispiel<br />

„PakCare“, e<strong>in</strong> Partner, der schon<br />

viele Projekte geschultert hat. Er verteilte<br />

Hilfsgüter und betreute später<br />

den Bau von e<strong>in</strong>fachen Ste<strong>in</strong>häusern,<br />

um Witwen, beh<strong>in</strong>derten <strong>Menschen</strong><br />

und mittellosen Familien e<strong>in</strong> neues<br />

Zuhause zugeben. Die 118 Familien<br />

packten be<strong>im</strong> Bau der Häuser mit an.<br />

Knapp 400.000 Euro kostete die Hilfe.<br />

Kontakt über Kirchen<br />

In Haiti war das K<strong>in</strong>derhilfswerk vor<br />

demErdbeben<strong>im</strong>Jahr2010nochnicht<br />

tätiggewesen,kam aber über e<strong>in</strong>Netzwerk<br />

von Kirchen schnell <strong>in</strong>Kontakt.<br />

So erfuhr es von e<strong>in</strong>em Krankenhaus,<br />

das dr<strong>in</strong>gend Hilfe benötigte, und von<br />

Kirchengeme<strong>in</strong>den, die sich um obdachlose<br />

Familien und verwaiste K<strong>in</strong>der<br />

kümmerten. Soschnell wie möglich<br />

schickte Global-Care e<strong>in</strong> mediz<strong>in</strong>ischesTeamund<br />

verteilteNahrungsmittel<br />

und Hygieneartikel. Beate Tohmé<br />

besuchte dieneuen Partnerselbst.Aus<br />

den Medien wusste sie von Unruhen<br />

und Ausschreitungen, sobald Hilfsgüter<br />

verteilt wurden. Auf dem Gelände<br />

der Medical Cl<strong>in</strong>ic at St. Ard aber warteten<br />

die <strong>Menschen</strong> geduldig. „Es gab<br />

nicht e<strong>in</strong>mal Geschubse“, sagt Tohmé.<br />

Sie erklärt sich das damit, das e<strong>in</strong>he<strong>im</strong>ische<br />

Organisationen und nicht ausländische<br />

Teams die Hilfsgüter verteilt<br />

hätten: „Wenn der Pfarrer dabei ist, ist<br />

dase<strong>in</strong> Garant,dassalles funktioniert“.<br />

Spender rechnen mit Global-Care<br />

Spenden für die Katastrophenhilfe wirbt<br />

Global-Care über Newsletter und Briefe.<br />

VieleSpender gucken auch selbst aufder<br />

Homepage nach oder rufen an, weil sie<br />

helfen möchten. Beate Tohmé erzählt:<br />

„MancheLeute spenden, ohne zu wissen,<br />

ob wiraktiv werden.Sie rechnendamit.“<br />

So war esauch, als <strong>in</strong>Fukush<strong>im</strong>a die<br />

Erde bebte und e<strong>in</strong>e zehn Meter hohe<br />

Tsunami-Welle dasLandverwüstete. Für<br />

Global-Careist klar: Das K<strong>in</strong>derhilfswerk<br />

will den K<strong>in</strong>dern <strong>im</strong> Katastrophengebiet<br />

helfen. Der Asiendirektor erfährt von e<strong>in</strong>er<br />

K<strong>in</strong>dertagesstätte <strong>in</strong> Kamaishi, die<br />

der Tsunami zermalmt hat. Er reist <strong>in</strong><br />

das Katastrophengebiet. Alle 80 Babys<br />

und Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>der leben. Wie durch e<strong>in</strong><br />

Wunder hatten es dieBetreuer<strong>in</strong>nen und<br />

Lehrkräfte geschafft, sie aus dem Mittagsschlaf<br />

zu reißen, zehn Babys <strong>in</strong> drei<br />

K<strong>in</strong>derwagenzustopfen unddie anderen<br />

K<strong>in</strong>der noch <strong>in</strong> Schlafanzügen aber mit<br />

Schuhen auf e<strong>in</strong>en 300 Meter hohen<br />

Hügelzugeleiten. Nach Gesprächen mit<br />

zwei Projektpartnern entscheidet sich<br />

dasK<strong>in</strong>derhilfswerk Global-Care, Camps<br />

für traumatisierte K<strong>in</strong>der zuunterstützen,<br />

die provisorische K<strong>in</strong>dertagesstätte<br />

mit Küchen und notwendiger Ausrüstung<br />

auszustatten und mit Mitteln der<br />

Aktion Deutschland Hilft den Wiederaufbau<br />

der Kita zuf<strong>in</strong>anzieren –ane<strong>in</strong>emsicheren<br />

Ort.<br />

E<strong>in</strong> Leben <strong>in</strong> Würde. Das will Global-<br />

Care hilfebedürftigen <strong>Menschen</strong> ermöglichen<br />

–vor allem K<strong>in</strong>dern. InIndien<br />

und Uganda, <strong>in</strong> Nepal und der Ukra<strong>in</strong>e,<br />

neuerd<strong>in</strong>gs auch auf Haiti hat das<br />

K<strong>in</strong>derhilfswerk deshalb Häuser gebaut,<br />

derenNamen Programm ist:Häuserder<br />

Hoffnung.<br />

Gerl<strong>in</strong>de Geffers<br />

Kontakt<br />

K<strong>in</strong>derhilfswerk StiftungGlobal-Care<br />

Ste<strong>in</strong>mühle2<br />

34560 Fritzlar<br />

Tel.: 0522/6160<br />

<strong>in</strong>fo@k<strong>in</strong>derhilfswerk.de<br />

www.k<strong>in</strong>derhilfswerk.de<br />

2 | 2013<br />

www.der-paritaetische.de<br />

21


Thema<br />

LandsAid: ErfolgreicheArbeit<br />

braucht gute Vorbereitung<br />

Der Vere<strong>in</strong> hat nur 26Mitglieder und leistet trotzdem Hilfe auf der ganzen Welt:<br />

von Südamerika bis Japan, von Äthiopien bis Sambia. Das Erfolgsrezept: E<strong>in</strong>e<br />

effiziente Geschäftsstelle und Struktur, Kooperationen und e<strong>in</strong>e professionelle<br />

E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung ehrenamtlich Helfender.<br />

Wir hätten wohl unsere mediz<strong>in</strong>ische<br />

Ausrüstung gepackt,<br />

wären <strong>in</strong>s Auto gestiegen<br />

und zu den Erdbebenopfern<br />

h<strong>in</strong>gefahren“, erzählt T<strong>in</strong>a Giffels <strong>in</strong><br />

Er<strong>in</strong>nerung an ihren ersten <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> für<br />

LandsAid nach dem Erdbeben <strong>in</strong>Haiti<br />

2010.Doch erfolgreiche Arbeit braucht<br />

gute Vorbereitung. LandsAidbildet die<br />

ehrenamtlichen Kräfte daher für ihren<br />

<strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>in</strong>Krisengebieten gezielt aus.<br />

„Uns wurde bewusst gemacht, was wir<br />

brauchen, um wirklich arbeiten zu<br />

können“, erklärt die Hebamme. „Und<br />

dass wirvielesdavon vorOrt organisierenmüssen.“Soholte<br />

sich T<strong>in</strong>a Giffels<br />

nach ihrer Ankunft <strong>in</strong> Haiti erst mal<br />

e<strong>in</strong> Feldbett vom italienischen Militär,<br />

das ebenfalls zu Hilfe gekommen war.<br />

E<strong>in</strong>en Stuhl lieh sie aus e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>derkl<strong>in</strong>ik<br />

vor Ort und brachte ihn dem<br />

Leihgeber jeden Abend für dessen<br />

Schreibtischarbeit zurück. Zuletzt<br />

widmete sie e<strong>in</strong> großes Wickeltuch,<br />

das andere am Strand tragen, zum<br />

Blickschutz um, schon war die E<strong>in</strong>richtung<br />

ihrer mobilen Kl<strong>in</strong>ik fertig.<br />

Hebamme T<strong>in</strong>a Giffels <strong>in</strong>Haiti mite<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Patienten<br />

Rollenspiele zum Teambuild<strong>in</strong>g<br />

„Wer <strong>in</strong> Katastrophen- oder Krisengebieten<br />

helfen will, muss wissen, wie er<br />

mit Mangelsituationen umgehen kann“,<br />

erklärt Andrea Schmelzle, Pressesprecher<strong>in</strong><br />

vonLandsAid.Darum verpflichtet<br />

dieoberbayerischeHilfsorganisation alle,<br />

die sich als Helfer<strong>in</strong>nen und Helfer bewerben,<br />

zuerst an den vorbereitenden<br />

Sem<strong>in</strong>arenvon LandsAid teilzunehmen.<br />

DiesestehenauchAktiven andererOrganisationen<br />

offen. Erfahrene Expert<strong>in</strong>nen<br />

und Experten vermitteln theoretisches<br />

H<strong>in</strong>tergrundwissen, etwa zur Zusammenarbeit<br />

mit <strong>in</strong>ternationalen Organisationen<br />

wieder Weltgesundheitsorganisation<br />

WHOsowie praktische Erfahrungen<br />

unter „e<strong>in</strong>satznahen“ Bed<strong>in</strong>gungen,<br />

zum Beispiel durch Rollenspiele zum<br />

Teambuild<strong>in</strong>g. Jede <strong>E<strong>in</strong>satz</strong>kraft kennt<br />

dadurch ihre Stärken und weiß, wie sie<br />

diese ambesten nutzt. „Ich kann zum<br />

Beispiel gut organisieren und dokumentieren“,<br />

sagt T<strong>in</strong>a Giffels. In Haitibereitete<br />

siedaher diePräsentation ihresTeams<br />

zur Berichterstattung gegenüber der<br />

WHO vor, während sie das Präsentieren<br />

anderenüberließ.<br />

E<strong>in</strong>sätze dauern zwischen zwei<br />

Wochen und zwei Monaten<br />

Ihre bisherigen E<strong>in</strong>sätze für LandsAid<br />

<strong>in</strong> Haiti 2010 und <strong>in</strong> Kenia 2011 dauerten<br />

jeweils nur wenige Wochen. „Die<br />

Foto:LandsAid<br />

Kürze der E<strong>in</strong>sätze ermöglicht es, me<strong>in</strong>en<br />

Wunschtraum, <strong>im</strong> Ausland zu<br />

arbeiten, zuerfüllen und gleichzeitig<br />

die Sicherheit e<strong>in</strong>er Festanstellung <strong>in</strong><br />

Deutschland zu genießen“, erklärt<br />

T<strong>in</strong>a Giffels. LandsAid bietet verschiedene<br />

Möglichkeiten der (Mit-)Hilfe:<br />

E<strong>in</strong>mal <strong>Not</strong>falle<strong>in</strong>sätze <strong>in</strong> Katastrophengebieten<br />

– diese dauern <strong>in</strong> der<br />

Regel weniger als zwei Wochen. Zweitens<br />

Unterstützung für Projekte für<br />

Basismediz<strong>in</strong> und Ernährung <strong>in</strong> Krisengebieten,<br />

fürdie ehrenamtlich Helfende<br />

meist für drei bis acht Wochen<br />

entsandt werden.<br />

In die längerfristigen Projekte werden<br />

nach Möglichkeit von Anfang an e<strong>in</strong>he<strong>im</strong>ische<br />

Fachkräfte e<strong>in</strong>gebunden,<br />

damit e<strong>in</strong>es Tages Selbsthilfe die Hilfe<br />

von außen ablösen kann. „Außerdem<br />

22 www.der-paritaetische.de 2 | 2013


Thema<br />

leisten wir nur Hilfe, wo dies weder<br />

e<strong>in</strong>he<strong>im</strong>ische Kräfte tun können noch<br />

e<strong>in</strong>e andere Organisation“, erklärt<br />

Andrea Schmelzle. Das Auswärtige<br />

Amt(AA)und dasBundesm<strong>in</strong>isterium<br />

für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung (BMZ) haben die<br />

Qualität des2006gegründeten Vere<strong>in</strong>s<br />

erkanntund s<strong>in</strong>d regelmäßigePartner.<br />

So hat LandsAid Hilfe für malische<br />

Flüchtl<strong>in</strong>ge geme<strong>in</strong>sam mit dem AA<br />

organisiert; <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit<br />

dem BMZ wurde e<strong>in</strong>e Gesundheitsstation<br />

<strong>in</strong> Uganda aufgebaut,die Lands-<br />

Aid seit drei Jahren betreibt.<br />

<strong>Not</strong>fallmediz<strong>in</strong>ische Soforthilfe<br />

Insgesamt wurden Projekte und Hilfse<strong>in</strong>sätze<br />

<strong>in</strong> 13 Ländern aus der Geschäftsstelle<br />

<strong>im</strong>oberbayerischen Kaufer<strong>in</strong>g<br />

organisiert. Dort arbeiten gerade<br />

malvierFestangestellteund vier Honorarkräfte,<br />

alle <strong>in</strong> Teilzeit.E<strong>in</strong> Teil derlaufenden<br />

Arbeit wird durch Mitglieder ehrenamtlich<br />

geleistet. Dazu kommen 400<br />

mediz<strong>in</strong>ische Fachkräfte,die zum ehrenamtlichen<br />

<strong>E<strong>in</strong>satz</strong> abrufbereit s<strong>in</strong>d. Zusätzlich<br />

bietet LandsAid seit Jahren Schulungen<br />

fürHelfervor Ort<strong>in</strong>notfallmediz<strong>in</strong>ischer<br />

Soforthilfe an, etwa <strong>in</strong>Kenia.<br />

Geme<strong>in</strong>sam mit der <strong>Not</strong>fallpädagogik<br />

derFreunde derErziehungskunst Rudolf<br />

Ste<strong>in</strong>ers fand e<strong>in</strong> solches Projekt voriges<br />

Jahr erstmals <strong>in</strong> Brasilienund Argent<strong>in</strong>ien<br />

statt. Im März dieses Jahres wurdedie<br />

erfolgreiche Kooperation mit geme<strong>in</strong>samenSchulungenregionaler<strong>Not</strong>fallteams<br />

<strong>in</strong> Brasilien und Kolumbien fortgesetzt.<br />

Belastungen auffangen<br />

Da dieE<strong>in</strong>sätze<strong>in</strong>der Regel<strong>in</strong>belastende<br />

Situationenführen, bietet dieOrganisation<br />

ihren Helfern auch e<strong>in</strong> „Debrief<strong>in</strong>g“,<br />

e<strong>in</strong> Nachsorge-Sem<strong>in</strong>ar, an. Hebamme<br />

T<strong>in</strong>a Giffels g<strong>in</strong>g mit Skepsis h<strong>in</strong>: „Ich<br />

kehre nicht gerne me<strong>in</strong> Innerstes nach<br />

außen.“ Doch das war auch nicht nötig.<br />

UnterAnleitung durchleben die<strong>E<strong>in</strong>satz</strong>kräfte,<br />

jeder für sich, <strong>im</strong> Rückblick ihre<br />

Gefühlevom Tagvor dem<strong>E<strong>in</strong>satz</strong> biszur<br />

Landung. „Danach hatte ich das Gefühl,<br />

e<strong>in</strong> schweres Gewicht losgeworden zu<br />

se<strong>in</strong>“, er<strong>in</strong>nert sich T<strong>in</strong>a Giffels. Bei<br />

LandsAid hat sie so viel gelernt, dass sie<br />

nun e<strong>in</strong> eigenes Hilfsprojekt <strong>in</strong> Myanmarvorbereitet.<br />

Gisela Haberer<br />

Kontakt<br />

LandsAid e.V.–Vere<strong>in</strong> Vere<strong>in</strong> für<br />

Internationale Humanitäre Hilfe<br />

Dr.-Gerbl-Straße 5,86916 Kaufer<strong>in</strong>g<br />

Tel.: 08191/4287832<br />

E-Mail: <strong>in</strong>fo@LandsAid.org<br />

www.LandsAid.org<br />

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Wir br<strong>in</strong>gen Licht <strong>in</strong>s Dunkel.<br />

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Thema<br />

Heldenfür<br />

Entwicklung<br />

Ph<strong>im</strong>phaPhommanivan<br />

ist 19Jahre alt und damit<br />

e<strong>in</strong>e der Jüngsten <strong>im</strong>SODI-<br />

Kampfmittel-Räumteam <strong>in</strong><br />

Laos.Sie macht das von<br />

Streumunition und<br />

Landm<strong>in</strong>enverseuchte<br />

Land wieder sicher und für<br />

die Bevölkerungnutzbar.<br />

Seit 1990 unterstützt der Solidaritätsdienst-<strong>in</strong>ternational e.V.(SODI) <strong>in</strong>vielen Ländern<br />

der Welt mit Partnern vor Ort <strong>Menschen</strong> <strong>in</strong> <strong>Not</strong>. Nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit<br />

lautet das Credo des Vere<strong>in</strong>s. Wie dies gel<strong>in</strong>gt, zeigen etwa Projekte <strong>in</strong>Vietnam,<br />

wo ganze Landstriche von gefährlichen Kriegsresten befreit werden.<br />

Die Schulk<strong>in</strong>der hatten Glück,<br />

großes Glück. Gerade hatten<br />

sie <strong>in</strong>der Pause den Hof gefegt,<br />

allen Müll zusammengeschoben<br />

und angezündet. Kaum <strong>in</strong>s Klassenz<strong>im</strong>mer<br />

zurückgekehrt, erschreckte<br />

sie e<strong>in</strong> Knall. Das Feuer hatte e<strong>in</strong>e <strong>in</strong><br />

der Erde liegende Streubombe erhitzt<br />

–die daraufh<strong>in</strong> explodiert war.<br />

Derartige<br />

Solidaritätsdienst<strong>in</strong>ternationale.V.<br />

SODI<br />

Geschichten<br />

gibt es<br />

zuhauf <strong>in</strong><br />

Vietnam.<br />

Drei Jahrzehnte<br />

s<strong>in</strong>d seit dem Ende des Kriegs<br />

vergangen, doch noch <strong>im</strong>mer leiden die<br />

Vietnamesenunter denFolgen. E<strong>in</strong>Vierteldes<br />

Landes,e<strong>in</strong>eFlächevon derGröße<br />

Bayerns, ist mitStreumunition kontam<strong>in</strong>iert.<br />

Das He<strong>im</strong>tückische: Die Bomben<br />

explodieren bei leichter Beschädigung.<br />

Etwa wenn e<strong>in</strong> Bauer mit se<strong>in</strong>er Hacke<br />

oder spielende K<strong>in</strong>der darauf stoßen.<br />

Was daraus folgen kann, hat Susanne<br />

Wienke vor Augen. Zwei Mal <strong>im</strong> Jahr<br />

ist sie für SODI <strong>in</strong> Vietnam, und <strong>im</strong>mertrifft<br />

sie<strong>in</strong>den Dörfern<strong>Menschen</strong><br />

mitfehlenden Gliedmaßen.„DieAngst<br />

ist groß, die <strong>Menschen</strong> s<strong>in</strong>d extrem<br />

e<strong>in</strong>geschränkt“, sagt sie. „Die Belastung<br />

verursachtmaßgeblichdie Armut<br />

von Hunderttausenden Vietnamesen.“<br />

„Humanitäre Kampfmittelräumung“<br />

Vonder Geschäftsstelle<strong>in</strong>Berl<strong>in</strong> auskoord<strong>in</strong>iert<br />

die 43-Jährige Selbsthilfsprojekte.<br />

Seit 1998 schon engagiert sich<br />

SODI, der Rechtsnachfolger des Solidaritätskomitees<br />

der DDR, <strong>in</strong> der<br />

„humanitären Kampfmittelräumung“,<br />

erst <strong>in</strong> Vietnam, später kamLaosh<strong>in</strong>zu.<br />

Koord<strong>in</strong>iert von e<strong>in</strong>em Programmmanagervor<br />

Ort, arbeiten etwa120 E<strong>in</strong>he<strong>im</strong>ische<br />

<strong>in</strong>Vietnam daran, Flächen<br />

von den Kriegsresten zu säubern. Zudemgibtesdie<br />

mobilenTeams,die überall<br />

dorth<strong>in</strong> eilen, wo e<strong>in</strong>e Bombe oder<br />

M<strong>in</strong>e entdeckt wurde. Diemutigen Männer<br />

und Frauen, die alle<strong>in</strong> <strong>im</strong> Jahr 2011<br />

über 20.000 Bl<strong>in</strong>dgänger entsorgten,<br />

nennt SODI „Helden für Entwicklung“.<br />

Prom<strong>in</strong>ent werden e<strong>in</strong>ige von ihnen auf<br />

der Webseite präsentiert. E<strong>in</strong> bewusster<br />

Schritt, um zu zeigen, wer die eigentlicheArbeitmacht.„Wirwollennicht,dass<br />

die<strong>Menschen</strong>nur alsOpfer wahrgenommenwerden“,erläutert<br />

SusanneWienke.<br />

Außerdem sollen die Porträts neugierig<br />

machen und zum Spenden anregen.<br />

Denn auch wenn das Auswärtige Amt<br />

und das Entwicklungsm<strong>in</strong>isterium den<br />

Großteil der Projekte f<strong>in</strong>anzieren, muss<br />

SODI Eigenmittel e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen, damit die<br />

Fördermittel fließen.<br />

Gefährlicher <strong>E<strong>in</strong>satz</strong><br />

E<strong>in</strong>e der Held<strong>in</strong>nen ist die 19-jährige<br />

Ph<strong>im</strong>pha Phommanivan aus Laos. Die<br />

jüngsteBombenräumer<strong>in</strong>sagt: „Me<strong>in</strong>e<br />

Arbeit ist hart und gefährlich, aber jedes<br />

Mal, wenn wir die Flächen überge-<br />

24 www.der-paritaetische.de 2 | 2013


Thema<br />

ben, s<strong>in</strong>d die<strong>Menschen</strong>glücklich,dass<br />

sie ihr Leben sicher gestalten können.“<br />

Auch <strong>in</strong> der Phase nach der Räumung<br />

unterstützt SODI die Bevölkerung.<br />

Damit folgt der Vere<strong>in</strong> dem <strong>in</strong>tegrierten<br />

Ansatz, der besagt: Um Kriegsfolgen<br />

langfristig abzumildern, ist Kampfmittelräumung<br />

entscheidend –aber weitere<br />

Entwicklungsarbeit muss unbed<strong>in</strong>gt<br />

h<strong>in</strong>zukommen. DeshalborganisiertEthnolog<strong>in</strong><br />

SusanneWienkediverseProjekte,<br />

die die Infrastruktur für e<strong>in</strong> selbstständigesLeben<br />

schaffen.Sowerdenauf<br />

dengeräumten FlächenetwaK<strong>in</strong>dergärten<br />

und Schulen gebaut, e<strong>in</strong> Gesundheitszentrum<br />

errichtet, die landwirtschaftliche<br />

Produktion unterstützt.<br />

Geme<strong>in</strong>schaftsgärten <strong>in</strong> Südafrika<br />

Wo <strong>im</strong>mer SODI <strong>in</strong> der Welt aktiv ist,<br />

orientiert sich der Vere<strong>in</strong> amBedarf der<br />

Betroffenen und realisiert geme<strong>in</strong>sam<br />

mit lokalen Organisationen –Frauen<strong>in</strong>itiativen,<br />

Kooperativen und Dorfverbänden<br />

–was gebraucht wird. In Südafrika<br />

ist es zum Beispiel die Entwicklung von<br />

Geme<strong>in</strong>schaftsgärten, <strong>in</strong> Namibia e<strong>in</strong><br />

Umweltmobil, das die nachhaltige Ressourcennutzung<br />

fördert. InVietnam e<strong>in</strong><br />

Projekt, das arbeitslosen Frauen e<strong>in</strong>e<br />

Berufsausbildung ermöglicht und damit<br />

den Weg ausder Armut.<br />

E<strong>in</strong>en weiteren Auftrag sieht der Vere<strong>in</strong><br />

dar<strong>in</strong>, öffentlich Stellung zu beziehen<br />

undfür Aufklärung zu sorgen.Die Kampagnen<br />

bekommen auch große Konzerne<br />

wie Monsanto zuspüren, der se<strong>in</strong>erzeit<br />

dasEntlaubungsmittel AgentOrange<br />

produzierte. Noch heute werden <strong>in</strong>folge<br />

von Erbgutschädigungen K<strong>in</strong>der<br />

mitschwersten Beh<strong>in</strong>derungengeboren.<br />

Mehr als25.000 Unterschriften hatSODI<br />

dafür gesammelt, dass das Unternehmen<br />

die Agent-Orange-Opfer entschädigt.<br />

Außerdem wirbt der Vere<strong>in</strong> für die<br />

weltweite Kampagne „Lend your Leg“,<br />

dieM<strong>in</strong>enopferunterstützt.Und er engagiertsichfür<br />

dieE<strong>in</strong>führungder F<strong>in</strong>anztransaktionssteuer.<br />

„Die Resonanz ist gut“,sagtSODI-Projektmanager<strong>in</strong><br />

Ett<strong>in</strong>a Zach. Das gelte<br />

auch für die Bildungsaktivitäten –und<br />

hier vor allem für den Ansatz, Inhalte<br />

globalen Lernensmit neuenMedienzu<br />

vermitteln. Sohat sie geme<strong>in</strong>sam mit<br />

jungen Ehrenamtlichen das TV-Format<br />

„Draufsicht“ entwickelt: 15-m<strong>in</strong>ütige<br />

Magaz<strong>in</strong>sendungen für e<strong>in</strong>en Berl<strong>in</strong>er<br />

Lokalsender, die anschaulich darüber<br />

berichten, was die <strong>Menschen</strong> <strong>im</strong> Norden<br />

tun können, umdie Ursachen von<br />

weltweiter Armut zubekämpfen.<br />

Neue Medien nutzen<br />

Und vor allem läuft seit Kurzem e<strong>in</strong><br />

Onl<strong>in</strong>e-Spiel namens „NO GAME –<br />

Armut wird gemacht“. Es schickt den<br />

Betrachter auf e<strong>in</strong>e Reise<strong>in</strong>an<strong>im</strong>ierten<br />

Bildern, die nahebr<strong>in</strong>gen, warum<br />

<strong>Menschen</strong> arm s<strong>in</strong>d (http://nogame.<br />

sodi.de). „Sehr gut, wie junge Leute<br />

dadurch zum Perspektivwechsel angeregt<br />

werden“, laute das Feedback vieler<br />

Lehrkräfte dazu,sagtEtt<strong>in</strong>aZach. „Die<br />

neuen Medien für diese Themen e<strong>in</strong>setzen,<br />

dar<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d wir wohl Vorreiter.“<br />

Bernd Schüler<br />

Kontakt<br />

Solidaritätsdienst-<strong>in</strong>ternationale.V.<br />

(SODI)<br />

Grevesmühlener Str. 16,13059 Berl<strong>in</strong><br />

Tel: 030/9209093-0<br />

E-Mail: <strong>in</strong>fo@sodi.de<br />

www.sodi.de<br />

Mit kle<strong>in</strong>en Beträgen Großes bewegen<br />

VonMarburg aus<strong>in</strong>alleWelt:<br />

TerraTechFörderprojektee.V.<br />

„Hilfe zur Selbsthilfe“ – unter diesem<br />

Mottobetreut derMarburger Vere<strong>in</strong> Terra<br />

Tech Förderprojekte seit über 27 Jahren<br />

Entwicklungsprojekte und Hilfse<strong>in</strong>sätze<br />

<strong>in</strong> aller Welt. Die Bilanz kann sich sehen<br />

lassen. Bisher wurden über 400 Projekte <strong>in</strong><br />

46 Ländern umgesetzt. Beh<strong>in</strong>dertenwerkstätten<br />

und -wohnhe<strong>im</strong>e <strong>in</strong>Haiti gehören<br />

ebenso dazu wiee<strong>in</strong> Krankenhaus<strong>im</strong>westkenianischen<br />

Kisumu (Foto rechts) und<br />

Solaranlagen für Kl<strong>in</strong>iken <strong>in</strong> Nepal. >><br />

2 | 2013<br />

www.der-paritaetische.de<br />

25


Thema<br />

Das Spektrum der Projekte ist vielfältig:<br />

So betreut Terra Tech dieses Jahr<br />

unter anderem den Ausbau von Beh<strong>in</strong>dertenwerkstätten<br />

und -wohnhe<strong>im</strong>en<br />

<strong>in</strong> Haiti, hilft <strong>in</strong>Nepal Kl<strong>in</strong>iken mit<br />

Solaranlagen auszustatten und unterstützt<br />

e<strong>in</strong>Geburtshaus <strong>in</strong> Sierra Leone.<br />

Zu e<strong>in</strong>em langfristigen Schwerpunktland<br />

soll Kenia werden.ImNordenKenias<br />

sorgt Terra Tech derzeit dafür,<br />

dass die hungernde Bevölkerung mit<br />

Hochenergienahrung versorgt wird.<br />

Zudem haben die Marburger enge<br />

dem kommt es häufig zuExplosionen<br />

des Brennstoffs, die nicht selten schwere<br />

Verletzungen an Händen und <strong>im</strong><br />

Gesicht zur Folge haben. Insbesondere<br />

Frauen und K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d davon betroffen.<br />

Solarlampen s<strong>in</strong>d hier nicht nur<br />

e<strong>in</strong>e sichere, sondern auch günstige<br />

und nachhaltige Alternative.<br />

Lokale Initiativen unterstützen<br />

Von Beg<strong>in</strong>n anwar es die Devise des<br />

Marburger Vere<strong>in</strong>s, lokale Initiativen<br />

beider konkretenUmsetzung vonPro-<br />

Gernehätte derVere<strong>in</strong>auchse<strong>in</strong>landwirtschaftliches<br />

Projekt <strong>in</strong> Eritrea<br />

ausgeweitet. Dort wurden Mikrodämme<br />

aus Ste<strong>in</strong>en errichtet, um durch<br />

konstantes Versickern von Regenwasser<br />

ganzjährig den Zugang zu sauberem<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser und die Bewässerung<br />

vonFeldern zu sichern. Nur: Die<br />

Projektarbeit <strong>im</strong>Land wurde von der<br />

dortigen Regierung gestoppt, alle Aktivitäten<br />

von Nichtregierungsorganisationen<br />

s<strong>in</strong>d bis auf Weiteres untersagt.<br />

Mädchen<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>erSchule<br />

fürK<strong>in</strong>der mit<br />

Beh<strong>in</strong>derung<br />

<strong>in</strong> Haiti<br />

Erdnussverarbeitung<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Werkstatt<br />

für<strong>Menschen</strong><br />

mitBeh<strong>in</strong>derung<br />

<strong>in</strong> Haiti<br />

Gefährliche<br />

Keros<strong>in</strong>lampe<br />

Fotos:Terra Tech<br />

Kontakte zu e<strong>in</strong>er Kl<strong>in</strong>ik <strong>im</strong>westkenianischen<br />

Kisumu. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

s<strong>in</strong>d Projekte geplant, die den Zugang<br />

zu sauberem (Tr<strong>in</strong>k-)Wasser sicherstellen<br />

sollen.<br />

„Wir besetzen oft Nischen, die von den<br />

großen Hilfsorganisationen nicht berücksichtigt<br />

werden“, sagt Projektassistent<br />

FrankBeutell.Daließensichauch<br />

mit wenigen Tausend Euro enorme<br />

Effekte erzielten. „3.000 Euro s<strong>in</strong>d<br />

sicher ke<strong>in</strong>e Summe, von der man<br />

ann<strong>im</strong>mt, sie könne langfristig die<br />

Lebensqualität vieler <strong>Menschen</strong> <strong>in</strong> Kenia<br />

verbessern. Doch genau das ist e<strong>in</strong><br />

Irrtum“, so Beutell. „Mit e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en<br />

Betrag etwas Größeres zu bewegen,<br />

das ist e<strong>in</strong> Grundpr<strong>in</strong>zip unserer<br />

Arbeit.“<br />

Solarlampen statt Keros<strong>in</strong>-Leuchten<br />

E<strong>in</strong>es dieser „kle<strong>in</strong>en Vorhaben“: Terra<br />

Tech fördertmit e<strong>in</strong>emPilotprojekt die<br />

Nutzung und Verbreitung von Solarlampen<br />

beiarmen Bevölkerungsschichten<br />

<strong>im</strong>Westen Kenias. Viele <strong>Menschen</strong><br />

benutzendortmangels Stromnoch<strong>im</strong>mer<br />

selbstgebaute Keros<strong>in</strong>- oder Paraff<strong>in</strong>lampen<br />

als Lichtquelle. Das birgt jedoch<br />

viele Risiken: Die Dämpfe s<strong>in</strong>d<br />

laut Weltgesundheitsorganisation ähnlich<br />

schädigend wie der Konsum von<br />

täglich zwei Schachteln Zigaretten. Zu-<br />

jektideen zu unterstützen. Bis heute<br />

baut man ganz auf die lokalen Partner<br />

und auf viele über Jahre entstandene<br />

Kooperationen. Mit ihrem gewachsenen<br />

Know-how und vertraut mit den<br />

örtlichen Gegebenheiten können die<br />

Träger vorOrt Projektegut konzipieren<br />

unddurchführen–<strong>in</strong>jedem Fall besser,<br />

alswennAkteure ausdem Auslanddort<br />

ohne dasmeist nötige H<strong>in</strong>tergrundwissen<br />

agieren, sodie Überzeugung von<br />

Terra Tech. „Unsere direkte Arbeit <strong>in</strong><br />

den Projektländern beschränkt sich<br />

meist auf Koord<strong>in</strong>ation und Evaluation<br />

sowie strukturelle Beratung unserer<br />

Partner“, sagt Frank Beutell.<br />

Wichtige Entwicklungszusammenarbeit<br />

Auch wenn Terra Tech sowohl be<strong>im</strong><br />

Erdbeben <strong>in</strong> Haiti mit e<strong>in</strong>em Zeltkrankenhaus<br />

und nach dem Tsunami<br />

<strong>in</strong> Südostasien <strong>Not</strong>hilfe leistete, ist<br />

die Entwicklungszusammenarbeit das<br />

Haupttätigkeitsfeld der Marburger<br />

Organisation. Besonders stolz s<strong>in</strong>d die<br />

Mitarbeiter<strong>in</strong>nen und Mitarbeiter darauf,<br />

dass sie geme<strong>in</strong>sam mit e<strong>in</strong>em<br />

lokalenPartner <strong>in</strong> Bosnien-Herzegow<strong>in</strong>a<br />

zwei E<strong>in</strong>richtungen für <strong>Menschen</strong><br />

mit Beh<strong>in</strong>derung schaffen konnten.<br />

Daneben gibt es Projekte <strong>in</strong> Late<strong>in</strong>amerika,<br />

Paläst<strong>in</strong>a und vielen anderen<br />

Teilen der Welt.<br />

Wichtige Öffentlichkeitsarbeit<br />

Dass Terra Tech so vielseitig <strong>Menschen</strong><br />

undProjekte<strong>in</strong>vielenLändern unterstützen<br />

kann, ist maßgeblich e<strong>in</strong>em Kern<br />

ehrenamtlicher Kräfte sowie Förderern<br />

undSponsoren<strong>in</strong>der He<strong>im</strong>at zu verdanken.<br />

Für Organisationen wie Terra Tech ist<br />

Öffentlichkeitsarbeit <strong>in</strong> Deutschland<br />

e<strong>in</strong> zentraler Bereich, schließlich müssen<br />

m<strong>in</strong>destens 25Prozent der Fördersummen<br />

durch Eigenmittel abgedeckt<br />

se<strong>in</strong>. „Die nötigen Spenden e<strong>in</strong>zuwerben<br />

ist unsere größte Herausforderung“,<br />

sagt Christian Schmetz, für die<br />

Öffentlichkeitsarbeit<strong>im</strong>Vere<strong>in</strong>zuständig.<br />

Terra Tech sorgt durch <strong>in</strong>tensive<br />

Öffentlichkeitsarbeit mit Konzerten,<br />

Vorträgen und Zeitungsartikeln für<br />

e<strong>in</strong>e hohe Präsenz <strong>im</strong>Raum Marburg-<br />

Gießen-Wetzlar. „Die Bevölkerung<br />

kennt und schätzt unsere Arbeit. Wir<br />

s<strong>in</strong>d sehr dankbar für die zuverlässige<br />

Unterstützung aus der Region.“ BS<br />

Kontakt<br />

Terra Tech Förderprojekte e.V.<br />

Bahnhofstraße8,35037 Marburg<br />

Tel.: 06421/9995990<br />

E-Mail: <strong>in</strong>fo@terratech-ngo.de<br />

www.terratech-ngo.de<br />

26 www.der-paritaetische.de 2 | 2013


Verbandsrundschau<br />

Zur festlichenÜbergabe der neuen Wohlfahrtsmarken<br />

warenauchAktive aus demParitätischen <strong>in</strong>s Schloss<br />

Bellevue e<strong>in</strong>geladen.Von l<strong>in</strong>ksnachrechts:<br />

Hans-Joach<strong>im</strong> Niermann (sitzend,K<strong>in</strong>der- und Jugendhilfe<br />

für Europa e.V.<strong>in</strong>Sögel), Verbandsvorsitzender Prof.<br />

Dr.RolfRosenbrock, KlausHelmert (Leiter Haushalt und<br />

F<strong>in</strong>anzen),Claudia Keller (ehrenamtliche Helfer<strong>in</strong>), Garry<br />

Kaspar (Freundes- und FörderkreisSuchtkrankenhilfee.V.<br />

Wuppertal), BundespräsidentJoach<strong>im</strong> Gauck, Wolfgang<br />

Stadler (Präsidentder Bundesarbeitsgeme<strong>in</strong>schaft der<br />

Freien Wohlfahrtspflege) und Bundesf<strong>in</strong>anzm<strong>in</strong>ister<br />

Wolfgang Schäuble.<br />

Foto: BAGFW<br />

Kle<strong>in</strong>e Beträgeals großeUnterstützung sozialen Engagements<br />

Die feierliche Übergabe der neuen<br />

Wohlfahrtsmarken „Blühende Bäume“<br />

durch Bundesf<strong>in</strong>anzm<strong>in</strong>ister Wolfgang<br />

Schäuble an Bundespräsident Joach<strong>im</strong><br />

Gauck bot jüngst auch Gelegenheit für<br />

e<strong>in</strong> großes Dankeschön an ehrenamtliche<br />

Mitarbeiter<strong>in</strong>nen und Mitarbeiter<br />

aus den Wohlfahrtsverbänden, die sich<br />

be<strong>im</strong> Verkauf der Marken besonders<br />

engagiert haben. Aus den Reihen des<br />

Paritätischen wurde Garry Kaspar vom<br />

Freundes- und Förderkreis Suchtkrankenhilfe<br />

e.V. Wuppertal geehrt.<br />

Dass aus etwas Kle<strong>in</strong>em wie der Marke<br />

etwasGroßeswerdenkann,hoben nicht<br />

nur Gauck, sondern auch Professor Dr.<br />

Rolf Rosenbrock,Vorsitzenderdes Paritätischen<br />

Gesamtverbands, hervor. Der<br />

kle<strong>in</strong>e Aufschlag summiere sich zu<br />

stattlichenBeträgen, mitdenen soziales<br />

Engagement f<strong>in</strong>anziert werde: Hilfe <strong>in</strong><br />

<strong>Not</strong>, Begleitung <strong>in</strong>schwierigen Lebenslagen,<br />

Ermutigung und mehr Teilhabe<br />

für <strong>Menschen</strong> mit Beh<strong>in</strong>derung. Die<br />

Arbeit der Mitgliedsorganisationen des<br />

Paritätischen sei alle<strong>in</strong>e 2012 mit weit<br />

über 500.000 Euro aus dem Zuschlagserlös<br />

durch den Verkauf von Wohlfahrtsmarken<br />

unterstützt worden, stellte<br />

Rolf Rosenbrock fest.<br />

Speicher neuer Sprecher der NAK<br />

Joach<strong>im</strong> Speicher,<br />

Geschäftsführender<br />

Vorstand des<br />

Paritätischen Landesverbands<br />

Hamburg,<br />

ist neuer<br />

Sprecher derNationalen<br />

Armutskonferenz<br />

(NAK). Der<br />

52-jährige Diplom-<br />

Pädagoge sieht als<br />

Schwerpunktthemen<br />

se<strong>in</strong>er Amts-<br />

Joach<strong>im</strong> Speicher<br />

zeit vor allem die Bekämpfung der<br />

K<strong>in</strong>der- und Altersarmut, der dramatischen<br />

Lage auf dem Wohnungsmarkt,<br />

der Bildungsungerechtigkeit<br />

unddes engenZusammenhangszwischen<br />

Armut und Gesundheit. Zu<br />

Speichers Stellvertretern wurden<br />

Werena Rosenke von der Bundesarbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

Wohnungslosenhilfe)<br />

undKurtKlose (Bundesarbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

Schuldnerberatung) sowie<br />

Michael Schröter (Diakonie Bundesverband)<br />

gewählt.<br />

Die Nationale Armutskonferenz ist<br />

<strong>im</strong> Herbst 1991 als deutsche Sektion<br />

des Europäischen Armutsnetzwerks<br />

(European Anti-Poverty Network –<br />

EAPN) gegründet worden. Nach dem<br />

Motto „Armut ist falsch verteilter<br />

Reichtum“ unterstützt die NAK bundesweit<br />

von Armut betroffene <strong>Menschen</strong><br />

und engagiert sich für e<strong>in</strong>e<br />

soziale Politik. Auch der Paritätische<br />

gehört der NAK an.<br />

www.nationale-armutskonferenz.de<br />

Wechsel<strong>in</strong>Niedersachsen<br />

Birgit Eckhardt ist als Nachfolger<strong>in</strong><br />

von Cornelia Rundt zum hauptamtlichen<br />

Vorstandsmitglied des Paritätischen<br />

<strong>in</strong>Niedersachsen gewählt worden.<br />

Ab 1. Juli 2013 wird sie das Amt<br />

der stellvertretenden Vorsitzenden des<br />

hauptamtlichen Vorstands übernehmen.<br />

Als Vorsitzenden des hauptamtlichen<br />

Vorstands hat der Verbandsrat<br />

des Paritätischen Niedersachsen mit<br />

Wirkungzum 1. August 2013 Christian<br />

Boenisch gewählt.<br />

Korrektur<br />

In der Ausgabe 1|2013 hatte sich leider<br />

e<strong>in</strong> Fehler e<strong>in</strong>geschlichen: Der Verbandsratsvorsitzende<br />

desParitätischen<br />

<strong>in</strong> Niedersachsen heißt Kurt Spannig<br />

und nicht Kurt Spann<strong>in</strong>g. Die Redaktion<br />

bittet um Entschuldigung.<br />

2 | 2013<br />

www.der-paritaetische.de<br />

27


Verbandsrundschau<br />

Verbandsvorsitzender<br />

Prof.Dr. Rolf<br />

Rosenbrock<br />

(rechts) gratuliert<br />

Dr.Ulrich<br />

Schneider zum<br />

25-jährigen<br />

Dienstjubiläum.<br />

Fotos:<br />

Denise<br />

Z<strong>im</strong>mermann<br />

25 Jahre UlrichSchneider<br />

&Der Paritätische<br />

„Sichvon denProblemen der<br />

<strong>Menschen</strong> berühren lassen“<br />

UlrichSchneider hatauch<br />

e<strong>in</strong> Privatleben: MitEhefrau<br />

Kathar<strong>in</strong>aOtto hat er<br />

zwei K<strong>in</strong>der<br />

Als junger Mann war er beiden Pfadf<strong>in</strong>dern, saß amSorgentelefon des K<strong>in</strong>derschutzbunds,<br />

arbeitete<strong>in</strong>e<strong>in</strong>em sozialen Brennpunkt und engagierte sich für –wie sie sich<br />

selbst nannten –Zigeunerund Landfahrer.Heute kämpft Dr.Ulrich Schneider als<br />

Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands für soziale Gerechtigkeit. Seit<br />

25 Jahren prägt der promovierte Erziehungswissenschaftler ganz maßgeblich das Bild<br />

des Paritätischen als unentbehrlichem sozialenAkteur. Bei der Jubiläumsfeier würdigten<br />

VerbandsvorsitzenderProfessor Dr. RolfRosenbrock und dessen Stellverteter<br />

Josef Schädle das außergewöhnliche Engagement Ulrich Schneiders.<br />

Mit Ulrich Schneider habe der<br />

Paritätische Gesamtverband<br />

e<strong>in</strong>en Spitzenmann, der unermüdlich<br />

und e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glich aber nie e<strong>in</strong>tönig<br />

die sozial bed<strong>in</strong>gte Ungleichheit<br />

von Lebens- und Entwicklungschancen<br />

<strong>in</strong> die mediale Öffentlichkeit trage und<br />

realistische Wege aufzeige, wie dieser<br />

<strong>Not</strong> und den daraus resultierenden Gefahren<br />

für die gesamte Gesellschaft zu<br />

begegnen sei, betonte Verbandsvorsitzender<br />

ProfessorDr. Rolf Rosenbrock <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>er Rede zum Jubiläum.<br />

„Ulrich Schneider zeigt, dass Sozialpolitiknur<br />

erfolgreichse<strong>in</strong>kann,wennsie<br />

sich zunächst e<strong>in</strong>mal der Unbequemlichkeit<br />

des Versuchs unterzieht, die<br />

Welt mit den Augen und S<strong>in</strong>nen der<br />

Benachteiligten zu sehen und deshalb<br />

Konzepte wie das der bürgerschaftlichen<br />

Selbstgestaltung vorschlägt und<br />

ausbuchstabiert“, soRosenbrockweiter.<br />

„E<strong>in</strong> politisch oft unbequemer Mahner“<br />

Nicht nur als Geschäftsführer des Verbands,<br />

sondern auch als Autor diverser<br />

Publikationen zum Thema Armut und<br />

sozialeGerechtigkeit benenneSchneider<br />

beharrlich die politischen Gründe und<br />

Quellen, aus denen sich e<strong>in</strong> großer Teil<br />

derProbleme erkläreund speise, dievon<br />

den mehr als 10.000 Mitgliedsorganisationen<br />

desVerbandes bearbeitet würden.<br />

„Ulrich Schneider ist e<strong>in</strong> politisch oft<br />

unbequemer Mahner, der se<strong>in</strong>e Botschaften<br />

mit Klarheit, aber auch mit<br />

Charme ,rüberbr<strong>in</strong>gt‘“,soder Verbandsvorsitzende.<br />

Schneidersei dasöffentliche Gesichtdes<br />

Paritätischen, e<strong>in</strong>es Verbandes mit über<br />

e<strong>in</strong>er Million ehrenamtlichen und e<strong>in</strong>er<br />

halben Million hauptamtlichen Beschäftigten,<br />

um deren <strong>E<strong>in</strong>satz</strong>- und Hilfsbereitschaft<br />

er ebenso wisse, wie umihre<br />

Innovationskraft und Ideenvielfalt, hob<br />

JosefSchädle,stellvertretender Vorsitzenderdes<br />

Gesamtverbands,hervor. Gesprächemit<br />

Politikern undEntscheidungsträgern<br />

prägten ebenso se<strong>in</strong>en Alltag wie<br />

Auftritte <strong>in</strong>Radio und Fernsehen, vom<br />

Morgenmagaz<strong>in</strong> über Talkshows bis zu<br />

den Tagesthemen –zum Thema Hartz<br />

IVund K<strong>in</strong>derarmutebensowie zu Renten-<br />

und Steuerfragen. Gleichzeitig habe<br />

sich Schneideraberauche<strong>in</strong> offenesOhr<br />

für die Belange der paritätischen Basis,<br />

die Mitgliedsorganisationen, bewahrt.<br />

28 www.der-paritaetische.de 2 | 2013


Verbandsrundschau<br />

Als „Sozialwissenschaftlichen Referenten“holteder<br />

damalige Vorsitzende<br />

Professor Dr. Dieter Sengl<strong>in</strong>g Ulrich<br />

Schneider vor 25 Jahren zum Gesamtverband,<br />

unternahm Schädle <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

Laudatio e<strong>in</strong>en Ausflug <strong>in</strong>die Vergangenheit.<br />

Der „Neue“ hat gleich e<strong>in</strong>e<br />

Riesenaufgabe: Geme<strong>in</strong>sam mit e<strong>in</strong>er<br />

Arbeitsgruppe soll er den „Ersten<br />

Armutsbericht für die Bundesrepublik<br />

Deutschland“ verfassen. Der Titel:<br />

„... wessen wiruns schämenmüssen<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em reichen Land ...“. Es folgt se<strong>in</strong><br />

erster Auftritt <strong>in</strong> der Bundespressekonferenz.<br />

Und–obwohlder gleichzeitige<br />

Mauerfall reichlich Sendezeit <strong>in</strong><br />

Anspruch n<strong>im</strong>mt –schafft es der Verband<br />

mit dem Armutsbericht sogar <strong>in</strong><br />

die Tagesschau.<br />

Sich von den Problemen der<br />

<strong>Menschen</strong> berühren lassen<br />

Das Thema „Armut“ soll Schneider<br />

nicht mehr loslassen. „Und das nicht<br />

abstrakt, theoretisch, statistisch, sondern<br />

<strong>im</strong>mer orientiert anden Lebenslagen,<br />

am Schicksal der betroffenen<br />

<strong>Menschen</strong>“, so Josef Schädle. „Das<br />

Lachen e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des ist durch ke<strong>in</strong><br />

Geld der Welt zu ersetzen. Aber ohne<br />

Geld hast duhalt meistens nichts zu<br />

lachen,“ sei e<strong>in</strong> wichtiger Satz, mit<br />

dem Ulrich<br />

Schneider<br />

der<br />

In den<br />

Medien<br />

e<strong>in</strong>gefragter<br />

Ansprechpartner<br />

Armutsdebatte das Abstrakte nehme, so<br />

Schädle. „,Sich von den Problemen der<br />

<strong>Menschen</strong> berühren zu lassen, kann<br />

man lernen –wenn man es lernen will‘,<br />

lautet e<strong>in</strong> weiterer Schneider‘scher<br />

Schlüsselsatz.“ Das habe vielleicht<br />

auch etwas mit se<strong>in</strong>en Wurzeln zu<br />

tun, den bescheidenen Verhältnissen,<br />

<strong>in</strong> denen erund se<strong>in</strong>e Schwester als<br />

K<strong>in</strong>der e<strong>in</strong>es Brauereifahrers <strong>in</strong> Oberhausen<br />

aufwuchsen.<br />

DDR-Beauftragter des Verbands<br />

1990 wird Ulrich Schneider<br />

zum DDR-Beauftragten des<br />

Paritätischen ernannt und<br />

hilft <strong>in</strong>den „Neuen Bundesländern“<br />

tatkräftig, b<strong>in</strong>nen<br />

kürzester Zeit schlagkräftige<br />

Landesverbände aufzubauen.<br />

Se<strong>in</strong> Engagement <strong>in</strong> Sachen<br />

Armutsbekämpfungläuft parallel<br />

weiter: 1991 ist Schneider Mit<strong>in</strong>itiator,<br />

Mitgründer und erster<br />

Sprecher der Nationalen Armutskonferenz.<br />

Gleichzeitig wird erzum „Geschäftsführenden<br />

Hauptreferenten“ des<br />

Gesamtverbands befördert. 1995 übern<strong>im</strong>mt<br />

erdie Funktion des „Geschäftsführers<br />

für Grundsatzfragen, Gremien<br />

und Kommunikation“. E<strong>in</strong> idealer Posten<br />

für jemanden, zu dessen vielen<br />

Eigenschaftendas „Netzwerken“ gehöre,<br />

soSchädle. „Probleme löst man nie<br />

alle<strong>in</strong> –und soziale Probleme schongar<br />

nicht“,sei e<strong>in</strong>e wichtige Max<strong>im</strong>e Schneiders.<br />

„Soziale Probleme zu erspüren, zu<br />

fühlen, aufzugreifen, sie der Politik begreiflich<br />

zu machen,nache<strong>in</strong>er akzeptablen<br />

und gesellschaftlich akzeptierten<br />

Lösung zu suchen, das<br />

ist se<strong>in</strong> D<strong>in</strong>g, das treibt ihn<br />

um –und deswegen schätzen<br />

wir ihn“, betonte der<br />

stellvertretende Verbandsvorsitzende.<br />

Dass Schneider<br />

zudem e<strong>in</strong> Mensch<br />

mit hervorragenden organisatorischen<br />

Fähigkeiten<br />

ist und auch gut wirtschaften<br />

kann, bleibt nicht verborgen.<br />

Und sowird er1999<br />

vom Vorstand als Nachfolger<br />

von Klaus Dörrie zum Hauptgeschäftsführer<br />

des Gesamtverbands<br />

berufen und hat gleich e<strong>in</strong><br />

„Großprojekt“ zubewältigen: den Umzug<br />

der Hauptgeschäftsstelle nach<br />

Berl<strong>in</strong>, wo<strong>in</strong>zwischen nicht nur politisch,<br />

sondern auch medial die Musik<br />

spielt. Schädle: „Ulrich Schneider<br />

weiß, das Herz, die Seele hängt am<br />

Haus der Parität <strong>in</strong> Frankfurt.“ Doch<br />

behutsam gel<strong>in</strong>gt esihm, alle mit auf<br />

den Weg nach<br />

Berl<strong>in</strong><br />

Bei<br />

der<br />

He<strong>im</strong>at-<br />

Kreisgruppe<br />

Oberhausen<br />

zu nehmen und das<br />

Erkennungszeichendes Verbands,die <strong>in</strong><br />

dieJahre gekommene„Paritätische Welle“,<br />

durch e<strong>in</strong> neues, zeitgemäßes Logo,<br />

das„Paritätische Gleichheitszeichen“, zu<br />

ersetzen –„schön kooperativ, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

breit angelegten Diskussionsprozess“.<br />

Die besondere Charakteristik des Paritätischen<br />

als Verband der Vielfalt und<br />

Toleranz zu erhalten und zugleich notwendige<br />

Entwicklungsprozesse zu erkennen<br />

und zumoderieren, das gilt als<br />

e<strong>in</strong>e der besonderen Stärken Schneiders,<br />

die ganz maßgeblich dazu beigetragen<br />

hat, das Profil des Verbands als<br />

sozialanwaltlichem Akteur zu schärfen.<br />

Viele Entwicklungen mitgestaltet<br />

25 Jahre bei e<strong>in</strong>em Verband zu se<strong>in</strong><br />

und dessen Entwicklungen mitzuerleben<br />

und auch mitgestalten zukönnen,<br />

sei e<strong>in</strong>e sehr bereichernde Erfahrung,<br />

betonte Ulrich Schneider. „Ich<br />

b<strong>in</strong> dankbar für all das, was ich <strong>im</strong><br />

Paritätischen <strong>in</strong>diesen 25Jahren erlebendurfte.“Und<br />

er freuesichauf die<br />

nächsten Jahre, „die für den Paritätischen<br />

gewiss noch e<strong>in</strong>ige große<br />

Herausforderungen br<strong>in</strong>gen werden“,<br />

denenersichgerne stelle.Wissend,<strong>im</strong><br />

Verbandviele Gleichges<strong>in</strong>nte undauch<br />

Freunde zuhaben, mit denen eran<br />

e<strong>in</strong>em Strang ziehe.<br />

2 | 2013<br />

www.der-paritaetische.de<br />

29


Sozialpolitik<br />

Professor Dr.<br />

Rolf Rosenbrock<br />

Die K<strong>in</strong>dheit ist e<strong>in</strong> Hürdenlauf, bei dem viele schwierige Aufgaben zu<br />

bewältigen s<strong>in</strong>d. K<strong>in</strong>der, die aufgrundihrer sozialen Herkunft über<br />

die schwächste Sprungkraft verfügen, haben die höchsten Hürden zu<br />

bewältigen. Der Staat hat die fundamentale Verpflichtung, dies zu kompensieren.<br />

Das Bildungs- undTeilhabepaket wird dieser Aufgbe nicht gerecht.<br />

Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbands<br />

K<strong>in</strong>der verdienenmehrals das BuT<br />

Verbandsumfragezeigt: Das Bildungs-und Teilhabepaket ist gescheitert<br />

„Wenn es<strong>in</strong>e<strong>in</strong>er Kita oder Schule<br />

ke<strong>in</strong> warmes Mittagessen gibt,<br />

bekommen K<strong>in</strong>der aus benacheiligten<br />

Familien ebenauchke<strong>in</strong>es. In der<br />

Logik des SGBIIwirdnicht unterschieden<br />

zwischene<strong>in</strong>em nicht vorhandenen<br />

Angebot und e<strong>in</strong>em fehlenden<br />

Bedarf. Wennwir die Bildungs-und<br />

Teilhabechancenbenachteiligter K<strong>in</strong>der<br />

wirklichfördern wollen,brauchenwir<br />

völlig andere Ansätze. Wirbrauchen<br />

e<strong>in</strong>enRechtsanspruchauf Teilhabe <strong>im</strong><br />

K<strong>in</strong>der-und Jugendhilfegesetz, damit<br />

vorOrt auch e<strong>in</strong>e entsprechende<br />

Infrastrukturzur Förderungdieser<br />

K<strong>in</strong>der geschaffenwird.“<br />

Dr.UlrichSchneider,Hauptgeschäftsführer<br />

des ParitätischenGesamtverbands<br />

E<strong>in</strong>e Umfrage des Paritätischen bei 180 sozialen E<strong>in</strong>richtungen <strong>in</strong>130<br />

Kommunen zeigt: Das Bildungs- und Teilhabepaket (BuT)ist nicht geeignet,<br />

derBenachteiligung vonK<strong>in</strong>dern ause<strong>in</strong>kommensschwachenFamilien<br />

wirksamzubegegnen. DerVerband diskutierte beie<strong>in</strong>er Tagung <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

mitExpertenaus Praxis,Politik undWissenschaftüberdas BuTund stellte<br />

se<strong>in</strong> Alternativkonzept „K<strong>in</strong>derverdienen mehr“ vor.<br />

Die Befragung des Paritätischen<br />

an der Basis macht deutlich:<br />

Das BuThat ausSicht derPraktiker<strong>in</strong>nen<br />

undPraktiker <strong>in</strong> K<strong>in</strong>dertagesstätten,<br />

Jugende<strong>in</strong>richtungen und Beratungsstellen<br />

auch zwei Jahrenachse<strong>in</strong>er<br />

E<strong>in</strong>führung ke<strong>in</strong>e positiven Auswirkungen<br />

auf die Weiterentwicklung der Bildungs-<br />

und Teilhabeangebote vor Ort.<br />

Bereits bestehende Angebote wurden<br />

teilweiselediglich ersetzt,häufig aber sogar<br />

verschlechtert durch aufwendige<br />

bürokratische Verfahren und höhere<br />

Hürden für die Inanspruchnahme wie<br />

etwa bei der Lernförderung. Große Teile<br />

des BuT laufen <strong>in</strong>s Leere, bei vielen der<br />

<strong>in</strong>sgesamt 2,5 Millionen anspruchsberechtigten<br />

K<strong>in</strong>der kommen die Leistungen<br />

nicht an.<br />

„DasBildungs- undTeilhabepaket ist e<strong>in</strong><br />

stigmatisierendes und bürokratisches<br />

Konstrukt und vermag es nicht, die Bildungschancen<br />

benachteiligterK<strong>in</strong>derzu<br />

verbessern“, betonte Professor Dr. Rolf<br />

30 www.der-paritaetische.de 2 | 2013


Sozialpolitik<br />

Kontovers diskutierten<br />

Vertreter<strong>in</strong>nen derBundestagsfraktionendas<br />

Bildungsund<br />

Teilhabepaket und<br />

Alternativvorschläge mit Dr.<br />

Ulrich Schneider,Hauptgeschäftsführer<br />

des<br />

ParitätischenGesamtverbands(rechts).<br />

DieTeilnehmenden<br />

–von l<strong>in</strong>ks: Ingrid<br />

Fischbach(CDU/CSU-Fraktion),<br />

ElkeFerner(SPD),<br />

ModeratorWerner<br />

Hesse (Geschäftsführer<br />

des Paritätischen<br />

Gesamtverbands), Sybille<br />

Laurischk (FDP), Diana<br />

Golze (Die L<strong>in</strong>ke),<br />

Ek<strong>in</strong> Deligöz(Bündnis<br />

90|Die Grünen).<br />

Fotos: Denise Z<strong>im</strong>mermann<br />

Das Bildungs- und Teilhabepaket funktioniert<br />

nicht, weil es ke<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung<br />

zur Lebenswirklichkeit der <strong>Menschen</strong><br />

hat. Der Hilfe- und Unterstützungsansatz muss<br />

<strong>in</strong> den Mittelpunkt und nicht die Frage: Welche<br />

Verwaltungsstruktur muss ich bedienen, damit<br />

ich zume<strong>in</strong>er Leistung komme? Wir <strong>in</strong> Lübeck<br />

schauen uns die ganze Problematik aus der Sicht<br />

des K<strong>in</strong>des an.<br />

Jan L<strong>in</strong>denau, Mitgliedder<br />

Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck<br />

Wir hatten vorher das NRW-Landesprogramm<br />

„Ke<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d ohne<br />

Mahlzeit“. Da liefdas allesganzunbürokratisch.<br />

Die Kitas mussten nur e<strong>in</strong>e Liste<br />

abgeben. DenEigenanteilvon e<strong>in</strong>emEuro, den<br />

jetzt die Eltern zahlen müssen, hat die Stadt<br />

übernommen. Jetzt müssen wir als Träger das<br />

Geld e<strong>in</strong>treiben –was oft nicht möglich ist –<br />

undbleibenauf e<strong>in</strong>emTeilder Kosten sitzen.<br />

Cornelia Kavermann, Geschäftsführer<strong>in</strong><br />

der AGSoziale Brennpunkte<strong>in</strong>Bottrop<br />

Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen<br />

Gesamtverbands. Se<strong>in</strong>e Kritik<br />

untermauerten zwei Praxisexperten.<br />

Cornelia Kavermann, Geschäftsführer<strong>in</strong><br />

der AG Soziale Brennpunkte <strong>in</strong><br />

Bottrop, schilderte an vielen E<strong>in</strong>zelbeispielen<br />

sehr anschaulich, wie hoch die<br />

Hürden für die Inanspruchnahme der<br />

Förderleistungen s<strong>in</strong>d und welch großer<br />

Aufwand für die Träger sozialer<br />

E<strong>in</strong>richtungen entstanden ist.<br />

Es geht auch anders<br />

JanL<strong>in</strong>denau, Mitglied derLübeckerBürgerschaft,<br />

stelltedas LübeckerModellvor.<br />

In der Hansestadt wurde bereits 2008<br />

e<strong>in</strong> Bildungsfonds etabliert mit dem<br />

Ziel, für alle K<strong>in</strong>der gute Startchancen<br />

zu schaffen. Nach der E<strong>in</strong>führung des<br />

BuThabeman befürchtet,„jetztgehtunserSystemunter“,<br />

sagtedas Mitglied der<br />

Lübecker Bürgerschaft. Doch mit Courage<br />

und Unkonventionalität gelang es,<br />

BuT und Bildungfonds e<strong>in</strong>igermaßen<br />

mite<strong>in</strong>anderkompatibelzumachenund<br />

die Bundesmittel <strong>in</strong>den Fonds e<strong>in</strong>fließen<br />

zu lassen. Herausgekommen ist<br />

e<strong>in</strong>e Praxis,bei derdie K<strong>in</strong>der,soL<strong>in</strong>denau,<br />

gar nicht merken, dass sie von e<strong>in</strong>em<br />

Förderprogramm unterstützt werden.<br />

Möglich macht dies e<strong>in</strong> denkbar<br />

unbürokratisches Antrags- und Abrechnungsprozedere.<br />

Die Fondslösung erlaubt<br />

zudem E<strong>in</strong>zelfallentscheidungen,<br />

die ander Lebenwirklichkeit der K<strong>in</strong>der<br />

orientiert s<strong>in</strong>d undmit demBuT unmöglich<br />

wären. Das Ergebnis: Rund 65 Prozent<br />

der anspruchsberechtigten K<strong>in</strong>der<br />

erhalten Förder-und Teilhabeleistungen.<br />

Übere<strong>in</strong>st<strong>im</strong>mung und Kontroverse<br />

Wie und warum die e<strong>in</strong>zelnen Komponenten<br />

–vom warmen Mittagessenüber<br />

Gutsche<strong>in</strong>e fürNachhilfe biszur Kostenübernahme<br />

bei Klassenausflügen –ankommen<br />

oder eben nicht, beleuchteten<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Expertenrunde Professor Dr.<br />

Johannes Münder (SOS K<strong>in</strong>derdorf),<br />

Verena Göppert (Deutscher Städtetag),<br />

Dr. Dietrich Engels (Institut für Sozialforschung)<br />

und Gerda Holz (Institut für<br />

Sozialarbeit und Sozialpädagogik). In e<strong>in</strong>erweiterenRunde<br />

diskutierten Politiker<strong>in</strong>nen<br />

derBundestagsfraktionen mitDr.<br />

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer<br />

des Paritätischen Gesamtverbands, den<br />

Reformbedarf. Während Ingrid Fischbach<br />

(CDU/CSU)das derzeitige Konzept<br />

desBuT <strong>im</strong> Wesentlichen verteidigteund<br />

den Abbau von Bürokratieproblemen <strong>in</strong><br />

Aussicht stellte, unterstützten Elke Ferner<br />

(SPD) und Diana Golze (Die L<strong>in</strong>ke)<br />

die Forderungen des Paritätischen, <strong>im</strong><br />

K<strong>in</strong>der- und Jugendhilfegesetz e<strong>in</strong>en<br />

Rechtsanspruch auf Teilhabeleistungen<br />

zu verankern und den K<strong>in</strong>derregelsatz<br />

<strong>im</strong> SGB IIbedarfsgerecht anzupassen.<br />

Ek<strong>in</strong> Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen)<br />

sprach sich für Ganztagsbetreuung <strong>in</strong><br />

Kita undSchuleund e<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>dergrundsicherung<br />

aus. Auch Sybille Laurischk<br />

(FDP) will e<strong>in</strong> „K<strong>in</strong>derbasisgeld“.<br />

Broschüre und Film<br />

Unter dem Titel „Anspruch nicht e<strong>in</strong>gelöst“<br />

veröffentlicht der Paritätische die Ergebnisse<br />

se<strong>in</strong>er ersten bundesweiten Umfrage<br />

zum Bildungs- und Teilhabepaket.<br />

Die Broschüre kann gratis bestellt werden<br />

per E-Mail ankommunales@paritaet.org.<br />

Zum Download steht sie auf www.k<strong>in</strong>derverdienen-mehr.de.<br />

Dort gibt es unter<br />

„Zwischenbilanz“ auch Filmmitschnitte<br />

der politischen Diskussionsrunde.<br />

2 | 2013<br />

www.der-paritaetische.de<br />

31


Sozialpolitik<br />

Unabhängige Kommission<br />

für künftige<br />

Armutsberichte gefordert<br />

Der Paritätische Gesamtverband hat<br />

gefordert, für künftige Armuts- und<br />

Reichtumsberichtee<strong>in</strong>eunabhängige,<br />

regierungsexterne Expertenkommission<br />

e<strong>in</strong>zusetzen. Den jüngsten<br />

Armutsbericht der Bundesregierung,<br />

der <strong>im</strong>März präsentiert wurde, bezeichnete<br />

Hauptgeschäftsführer Dr.<br />

Ulrich Schneider als „pe<strong>in</strong>liche Hofberichterstattung“.<br />

Der von Bundesarbeits-<br />

und Sozialm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Ursula<br />

von der Leyen (CDU) <strong>im</strong> September<br />

vorgelegten Fassung habe FDP-Vorsitzender<br />

Rösler sämtliche Zähne gezogen<br />

mit dem Ziel, die Maßnahmen<br />

der Bundesregierung wahlkampftauglich<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong> möglichst gutes Licht<br />

zu rücken, betonte Schneider. „Wenn<br />

zuvorkritisierte Armutslöhne jetztsogarals<br />

politischerErfolggewertetwerden,<br />

ist dies an Pe<strong>in</strong>lichkeit kaum<br />

noch zu übertreffen.“ Als ehrliche<br />

Bestandsaufnahme könne dieser Bericht<br />

nicht angesehen werden. Ermachevielmehrdeutlich,<br />

dass es Zeit sei,<br />

die Armutsberichterstattung <strong>in</strong> die<br />

Hände neutraler Experten zu legen.<br />

HartzIV–e<strong>in</strong>e folgenschwere<br />

sozialstaatliche Verirrung<br />

Die Agenda 2010 und die Hartz-<br />

IV-Gesetze s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e folgenschwere<br />

sozialstaatliche Verirrung,die<br />

Millionenvon <strong>Menschen</strong> <strong>in</strong><br />

die E<strong>in</strong>kommensarmut gestürzt hat.<br />

Diese Bilanz zog der Paritätische Gesamtverband<strong>im</strong>März<br />

anlässlich des10.<br />

Jahrestags ihrer Verkündigung. Als<br />

„pe<strong>in</strong>liche Schönfärberei“ bezeichnet<br />

der Verband die positive Bilanzierung<br />

der Agenda 2010 durch Bundesregierung<br />

und Teile der Opposition. „Man<br />

muss schon sehr konsequent die Augen<br />

vor der Wirklichkeit <strong>in</strong> Deutschland verschließen,<br />

um die Agenda 2010 als<br />

Erfolg feiern zukönnen“, sagte Hauptgeschäftsführer<br />

Dr. Ulrich Schneider.<br />

Er verweist darauf, dass 2002 die Zahl<br />

der <strong>Menschen</strong>, die <strong>in</strong>Deutschland auf<br />

Sozialhilfeniveau lebten, 2,8 Millionen<br />

betrug. 2010 waren esdagegen bereits<br />

7,6Millionen <strong>Menschen</strong>, die von Altersgrundsicherung,<br />

K<strong>in</strong>derzuschlag oder<br />

Hartz IV und somit auf Sozialhilfeniveau<br />

leben mussten.<br />

Trotz rückgängiger Arbeitslosenquoten<br />

habe die Armutsrisikoquote <strong>in</strong><br />

Deutschland mit 15,2 Prozent e<strong>in</strong>en<br />

historischen Höchststand erreicht.<br />

Schneider: „Die direkte Folge der<br />

Agenda 2010 ist e<strong>in</strong>e Amerikanisierung<br />

des deutschen Arbeitsmarkts.<br />

Die Ausbreitung von Leiharbeit und<br />

Niedriglöhnen ist alles andere als e<strong>in</strong><br />

ger<strong>in</strong>gfügiger Kollateralschaden der<br />

Agendareformen, sondern war für alle<br />

absehbar und von vielen gewollt.“<br />

Langzeitarbeitslose ohne Perspektiven<br />

Was die Hilfen durch Hartz IV anbelangt,<br />

ziehtSchneiderebensoe<strong>in</strong>enegative<br />

Bilanz: „Die Regelsätze <strong>in</strong>Hartz IV<br />

s<strong>in</strong>d Armutssätze. Das Bildungs- und<br />

Teilhabepaket für K<strong>in</strong>der aus Familien<br />

mit niedrigem E<strong>in</strong>kommen ist <strong>im</strong> Wesentlichen<br />

wirkungslos, und schwerstvermittelbare<br />

Langzeitarbeitslose bleiben<br />

zunehmend ohne Perspektiven.“<br />

DerVerband fordertals sofortigeKorrekturmaßnahmen<br />

e<strong>in</strong>e bedarsgerechte Erhöhungdes<br />

Hartz-IV-Regelsatzesauf 420<br />

Euro, e<strong>in</strong>e umfassende Reform des Bildungs-<br />

und Teilhabepakets sowie den<br />

Ausbau öffentlich geförderter, sozialversicherungspflichtiger<br />

Beschäftigung für<br />

schwer vermittelbareLangzeitarbeitslose.<br />

32 www.der-paritaetische.de 2 | 2013


Forum<br />

Foto: Campact<br />

Das „Bündnis Umfairteilen –Reichtum besteuern!“ <strong>in</strong> Aktion: Vor<br />

dem Bundeskanzleramt protestierten Bündnisakteure <strong>im</strong> März gegen die „beschönigenden<br />

Änderungen“ amArmuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung.<br />

NichtHalbwahrheitenund Verharmlosungseien gefragt, sonderne<strong>in</strong>esozialgerechte<br />

Verteilungspolitik. Für diese sammelt das Bündnis, das auch der Paritätische mitträgt,<br />

unter dem Motto „Höchste Zeit zum Umfairteilen!“ bis zur Bundestagswahl<br />

Unterschriften aufder Kampagnenseite www.umfairteilen.de. Dort s<strong>in</strong>d auch aktuelle<br />

Aktionsterm<strong>in</strong>e zu f<strong>in</strong>den. Nach dem bundesweiten Aktionstag am 13. April gibt es<br />

zahlreiche lokale Veranstaltungen sowiee<strong>in</strong>en großen Kongress <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> vom24. bis<br />

26.Mai 2013 (Programm:www.umverteilen-macht-gerechtigkeit.eu).<br />

Memorandum: BessererSchutz für Flüchtl<strong>in</strong>ge<br />

E<strong>in</strong> breites gesellschaftliches Bündnis,<br />

dem unter anderem PRO ASYL, Wohlfahrtsverbände<br />

wieder Paritätische sowie<br />

derDeutscheAnwaltvere<strong>in</strong>und dieNeue<br />

Richtervere<strong>in</strong>igung angehören, präsentierte<br />

<strong>im</strong> März e<strong>in</strong> Memorandum mit<br />

dem Titel „Flüchtl<strong>in</strong>gsaufnahme <strong>in</strong>der<br />

Europäischen Union: Für e<strong>in</strong> gerechtes<br />

und solidarisches System der Verantwortlichkeit“.<br />

Es soll e<strong>in</strong>e Debatte darüber<br />

anstoßen, wie Europa künftig mit<br />

Flüchtl<strong>in</strong>gen umgehen will. Indem Memorandum<br />

schlagen die Organisationen<br />

Hilfetelefon bei Gewalt gegen Frauen<br />

e<strong>in</strong>enanden <strong>Menschen</strong>rechtenorientiertenUmbau<br />

desDubl<strong>in</strong>-Systemsvor:Das<br />

heutige maßgebliche Kriterium für die<br />

Asylzuständigkeit–der „Ort derillegalen<br />

E<strong>in</strong>reise“ –müsse ersetzt werden durch<br />

das „Pr<strong>in</strong>zip der freien Wahl des Mitgliedstaates“.<br />

Flüchtl<strong>in</strong>ge dürften nicht<br />

länger zum Aufenthalt <strong>in</strong>Ländern gezwungenwerden,<br />

dieweder e<strong>in</strong>ordentliches<br />

Asylsystem hätten noch e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>destmaßanmenschenwürdigerBehandlung<br />

gewährten. Das Memorandum<br />

stehtauf www.migration.paritaet.org.<br />

365 Tage <strong>im</strong>Jahr 24Stunden kostenfrei<br />

erreichbar ist das neue „Hilfetelefon Gewalt<br />

gegenFrauen“.EsbietetBetroffenen<br />

die Möglichkeit, sich bundesweit unter<br />

08000/116016 jederzeit anonym, kompetent,<br />

sicher und barrierefrei beraten zu<br />

lassen. Die Mitarbeiter<strong>in</strong>nen stehen hilfesuchendenFrauenvertraulich<br />

zurSeite<br />

und leiten sie bei Bedarf andie passendenUnterstützungsangebotevor<br />

Ortweiter.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus können sich gewaltbetroffene<br />

Frauen und unterstützende<br />

Personen auf www.hilfetelefon.de auch<br />

über dieOnl<strong>in</strong>eberatungper E-Mail oder<br />

Chat an das Hilfetelefon wenden. Für<br />

HörgeschädigteoderschwerhörigeFrauen<br />

gibt es über die Website kostenfrei<br />

e<strong>in</strong>enDolmetschdienst.<br />

ausgezeichnet<br />

Im Rahmen des 18. Kongresses Armut<br />

und Gesundheit <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> ist<br />

derVere<strong>in</strong>„K<strong>in</strong>derStärkene.V.“ vom<br />

BKK Bundesverband mit dem Sonderpreis<br />

„Gute Praxis“ ausgezeichnet<br />

worden. Seit se<strong>in</strong>er Gründung<br />

<strong>im</strong> Jahr 2008 bietet „K<strong>in</strong>derStärken<br />

e. V.“ vornehmlich <strong>im</strong> Landkreis<br />

Stendal Projekte an, die darauf abzielen,<br />

die Lebensbed<strong>in</strong>gungen von<br />

K<strong>in</strong>dern, Jugendlichen undFamilien<br />

<strong>in</strong> sozial belastenden Lebensumständen<br />

zuverbessern und die Betroffenen<br />

zustärken. Dazu zählen<br />

etwa das Zukunftsbüro „JuMeS“<br />

(Junge <strong>Menschen</strong> Stendals) und das<br />

Projekt „Männer <strong>in</strong> Kitas“ zur Professionalisierung<br />

der Väterarbeit <strong>in</strong><br />

Stendaler Kitas. Weitere Informationengibtesauf<br />

www.gesundheitlichechancengleichheit.de.<br />

*<br />

Der Hof Fleckenbühl <strong>in</strong>Cölbe hat<br />

vom Hessischen M<strong>in</strong>isterium für<br />

Umwelt, Energie, Landwirtschaft<br />

und Verbraucherschutz die bronzene<br />

Ehrenplakette des Landes Hessen<br />

verliehen bekommen. Gewürdigt<br />

werden damit besondere Verdienste<br />

umLandwirtschaft, Forsten<br />

und Naturschutz von Betrieben des<br />

ökologischen Landbaus.<br />

www.diefleckenbuehler.de<br />

*<br />

Die Bremer He<strong>im</strong>stiftung hat mit<br />

ihremProjekt „Vera–vernetztund aktiv:<br />

die digitale Gesundheitsbegleitung“<br />

den AOK-Leonardo-Förderpreis<br />

gewonnen.VerasollSenioren mitHilfe<br />

von Tablet-PCs unterstützen, möglichst<br />

selbstbest<strong>im</strong>mt körperlich und<br />

geistig fit zu bleiben. DieTeilnehmenden<br />

können zwischen Sportkursen<br />

der He<strong>im</strong>stiftung, Angeboten <strong>im</strong><br />

Stadtteil und Bewegungsvideos wählen.<br />

Für die geistige Fitness sorgt e<strong>in</strong><br />

digitales Gedächtnistra<strong>in</strong><strong>in</strong>g. Be<strong>im</strong><br />

Umgang mit der modernen Technik<br />

unterstützten anfangs Schüler<strong>in</strong>nen,<br />

Schülerund Studierendedie Senioren<br />

und Senior<strong>in</strong>nen.<br />

www.bremer-he<strong>im</strong>stiftung.de<br />

2 | 2013<br />

www.der-paritaetische.de<br />

33


hören &sehen<br />

Me<strong>in</strong> gläserner Bauch<br />

Risiken und Konsequenzen derPränataldiagnostik<br />

MonikaHey ist bereitsüber40, als<br />

sie schwanger wird. Die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit,dassihr<br />

K<strong>in</strong>d beh<strong>in</strong>dert<br />

e<strong>in</strong> könnte, ist damit statistisch<br />

höherals beijungenSchwangeren.Doch<br />

fürdie Journalist<strong>in</strong> stehtfest:E<strong>in</strong>eBeh<strong>in</strong>derung<br />

ist für sie ke<strong>in</strong> Grund, das K<strong>in</strong>d<br />

nicht bekommen zu wollen. Dementsprechendmöchtesie<br />

die„Vorsorge“-Unterschungenauchauf<br />

jene beschränken,<br />

die für ihr K<strong>in</strong>d nützlich s<strong>in</strong>d und es<br />

nichtder Gefahr dervorgeburtlichen Selektion<br />

aussetzen. Dennoch gerät Monika<br />

Hey <strong>in</strong>den Sog der Pränataldiagnostik:<br />

IhrK<strong>in</strong>dhabee<strong>in</strong>ebesonders schwere<br />

Form des Down Syndroms und massive<br />

Flüssigkeitsansammlungen (Ödme),<br />

sagt man ihr nach e<strong>in</strong>er Ultraschall-Untersuchung.<br />

Es sei schwerst köperlich<br />

undgeistig beh<strong>in</strong>dertund habe,wennes<br />

nicht bereits <strong>im</strong> Mutterleib sterbe, nur<br />

ger<strong>in</strong>ge Überlebenschancen. Und man<br />

rätihr zur Abtreibung.„DieÄrzte hatten<br />

mich e<strong>in</strong>em Sturm ausgesetzt, <strong>in</strong>dem<br />

me<strong>in</strong>eGefühle undme<strong>in</strong>e Handlungsfähigkeit<br />

erstarrt waren“, schreibt sie. In<br />

ihrem sehr lesenswerten Buch „Me<strong>in</strong><br />

gläserner Bauch“ arbeitet Monika Hey<br />

nicht nur ihre eigenen Erfahrungen auf,<br />

sondernbeleuchtetauchkritischdie Praxisvorgeburtlicher<br />

Diagnostik,die heute<br />

für viele Schwangere selbstverständlich<br />

ist, ohne dass sie sich deren Tragweite<br />

bewusst s<strong>in</strong>d. Wird be<strong>im</strong> Ungeborenen<br />

e<strong>in</strong>e unheilbare KrankheitoderBeh<strong>in</strong>derung<br />

festgestellt, bedeutet das häufig,<br />

dass sie völlig unvorbereitet über Leben<br />

oder Todihres ungeborenen K<strong>in</strong>des entscheiden<br />

müssen.Dennder gesellschaftliche<br />

Druck auf Eltern, e<strong>in</strong> beh<strong>in</strong>dertes<br />

K<strong>in</strong>d abzutreiben, sei enorm, so die Autor<strong>in</strong>.<br />

Monika Hey: „Me<strong>in</strong> gläserner Bauch“<br />

DVA, 224 Seiten, 19,99 Euro UB<br />

Infos zur Selbsthilfe<br />

Vielfältige Informationen rund ums<br />

ThemaSelbsthilfe gibt derParitätische<br />

Landesverband Baden-Württemberg<br />

auf „www.selbsthilfe-<strong>in</strong>fo.de“. Interessierte<br />

f<strong>in</strong>den dort Adressen von Selbsthilfeverbänden<br />

und Kontaktstellen für<br />

chronisch kranke und beh<strong>in</strong>derte<br />

<strong>Menschen</strong> <strong>in</strong> Baden-Württemberg und<br />

erfahren allesüberProjekte, mitdenen<br />

derLandesverband diegesundheitliche<br />

Selbsthilfe <strong>in</strong>Baden-Württemberg unterstützt.<br />

Zudem gibt es Tipps zur Arbeit<br />

von Selbsthilfegruppen.<br />

Jugendfarmen <strong>im</strong> Film<br />

Aktiv und kreativ die Welt entdecken –<br />

wie Jugendfarmen und Aktivspielplätze<br />

dies K<strong>in</strong>dernund Jugendlichen ermöglichen,zeigt<br />

derFilm„SpielenfürsLeben“<br />

auf der Homepage des Bundesesverbands<br />

der Jugendfarmen: www.bdja.<br />

org (<strong>in</strong> der Rubrik Medien). Dort gelangtman<br />

auch zu e<strong>in</strong>emweiterenFilm<br />

zur offenen K<strong>in</strong>der- und Jugendarbeit.<br />

Gesprächegegen die E<strong>in</strong>samkeit Sterbenskranker<br />

Warum muss ich so früh sterben?<br />

E<strong>in</strong>e Frage, die<strong>in</strong>Wirklichkeitoft eher<br />

e<strong>in</strong> verzweifelter Ausruf ist – aber<br />

auch Anknüpfungspunkt se<strong>in</strong> kann<br />

füre<strong>in</strong> Gespräch über Angst,Wut und<br />

Hoffnung. Gefühle, zwischen denen<br />

sterbenskranke <strong>Menschen</strong> oft h<strong>in</strong>und<br />

hergerissen s<strong>in</strong>d, wie Professor<br />

Dr. Ernst Engelke <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Buch<br />

„Gespräche gegendie E<strong>in</strong>samkeit Sterbenskranker“<br />

betont. Doch vielen<br />

<strong>Menschen</strong>,die alsAngehörige, Behandelnde<br />

oder Pflegende mit Schwerstkranken<br />

amEnde ihres Lebens konfrontiert<br />

s<strong>in</strong>d, fällt es schwer, sich mit<br />

diesen auf e<strong>in</strong> tieferes, offenes Gespräche<strong>in</strong>zulassen–aus<br />

Unsicherheit<br />

und aus Furcht, etwas Falsches zu<br />

sagen, den anderen zu verletzen, ihm<br />

zu nahe zu kommen. Aber oft auch<br />

aus Angst vor der Konfrontation mit<br />

dereigenen Sterblichkeit. Engelkeverwendet<br />

darum e<strong>in</strong>en großen Teil se<strong>in</strong>esBuchesdarauf,<br />

<strong>Menschen</strong> zu zitieren,<br />

die beschrieben haben, welche<br />

Gefühle sie <strong>in</strong> dieser Lebensphase bewegten:wie<br />

etwa Ruth Picardie (Eswird<br />

mir fehlen, das Leben), Christoph<br />

Schl<strong>in</strong>gensief(So schönwie hier kann‘s<br />

<strong>im</strong> H<strong>im</strong>mel gar nicht se<strong>in</strong>), Peter Noll<br />

(Diktate über Sterbenund Tod) oder Maxie<br />

Wander (Leben wär‘ e<strong>in</strong>e pr<strong>im</strong>a Alternative).<br />

Das ist e<strong>in</strong>e sehr bereichernde<br />

Lektüre, mitunter aber auch mühsam,<br />

weil <strong>in</strong> der Regel <strong>im</strong> Text nicht<br />

angeführt wird, von wem welches Zitat<br />

stammt, sodass es<strong>im</strong>mer wieder <strong>im</strong><br />

Anhang nachgeschlagen werden muss.<br />

So wie das Leben e<strong>in</strong>es jeden<br />

<strong>Menschen</strong> e<strong>in</strong>zigartig ist,<br />

ist esauch se<strong>in</strong> Sterben<br />

Darüberh<strong>in</strong>ausgibtder Autoraberauch<br />

weiter, was er selbst aus der Begegnung<br />

mit Sterbenden gelernt hat: als Psychologe,<br />

Psychotherapeut und Krankenhausseelsorger,<br />

aber auch als Angehöriger,<br />

Freund, Kollege und Nachbar. „So<br />

wie das Leben e<strong>in</strong>es jeden <strong>Menschen</strong><br />

e<strong>in</strong>zigartig ist,ist auch se<strong>in</strong> Sterbene<strong>in</strong>zigartig“,<br />

sagt Engelke. Darum enhält<br />

se<strong>in</strong> Buch – abgesehen von wenigen<br />

Ausnahmen–auchke<strong>in</strong>e konkreten Beispiele<br />

für die Gesprächsgestaltung, sondern<br />

„Bauste<strong>in</strong>e dialogischer Kommunikation“.<br />

Das ist vielleicht weniger, als<br />

sich manch e<strong>in</strong>er aufgrund des Titels<br />

erhoffen könnte, aber durchaus der<br />

Komplexitätdes Themas angemessen.<br />

„Der Tod als die größte bio-soziale<br />

Gefahr desLebenswirdmöglichst weit<br />

weggeschoben. Für die Sterbenden bedeutet<br />

dies: auch sie werden weggeschoben“,schreibtEngelke.„E<strong>in</strong>Ergebnis<br />

dieser Berührungsangst ist die<br />

E<strong>in</strong>samkeit der Sterbenden sowie die<br />

Überforderung und das Verlassense<strong>in</strong><br />

ihrer Angehörigen und der Pflegenden.“<br />

Se<strong>in</strong> Buch ist e<strong>in</strong> wichtiger Beitrag,<br />

die Mauern der Isolation und des<br />

Schweigens zu durchbrechen.<br />

Ernst Engelke: Gegen die E<strong>in</strong>samkeit<br />

Sterbenskranker. Wie Kommunikation<br />

gel<strong>in</strong>gen kann. Lambertus, 378Seiten,<br />

23,90 Euro. Ulrike Bauer<br />

34 www.der-paritaetische.de 2 | 2013


Filmtipps<br />

Schwanger mit „VIERZEHN“<br />

Niko vonGlasow:<br />

Me<strong>in</strong>Weg nach Olympia<br />

Im Dokumentarfilm „VIERZEHN“<br />

begleitet Cornelia Grünberg vier<br />

14-jährige Mädchen bei der Entscheidungihres<br />

Lebens.Sie alle s<strong>in</strong>d ungewollt<br />

schwanger geworden. Jetzt stehen<br />

viele Fragen <strong>im</strong> Raum: Abtreiben?<br />

Behalten? Wie soll ich das schaffen...?<br />

Fabienne freut sich eigentlich total auf<br />

ihr Baby, wird von ihrem Umfeld aber<br />

so verunsichert, dass sie sogar e<strong>in</strong>en<br />

Term<strong>in</strong> für e<strong>in</strong>e Abtreibung ausmacht,<br />

entscheidetsichaberdann doch fürdas<br />

K<strong>in</strong>d. Auch bei den anderen drei Mädchen<br />

war eske<strong>in</strong>e leichtere Entscheidung.<br />

Steffi traute sich nicht, es ihrer<br />

Mutter zu sagen, bisdiese selbst darauf<br />

kam. Auch Laura und Lisa hatten ihre<br />

Startschwierigkeiten, entschieden sich<br />

schlussendlich aber für das K<strong>in</strong>d.<br />

Der Film lässt e<strong>in</strong>en richtig mitfühlen,<br />

wie die Mädchen mit ihrem „dicken<br />

Bauch“ ihren Alltag zumeistern probieren.<br />

Aber ke<strong>in</strong>eist wirklich aufsichalle<strong>in</strong>e<br />

gestellt:Bei dere<strong>in</strong>en hilftdie Schwester,<br />

beider anderendie Mutter.Fabienne<br />

hat esschwerer als die anderen. Bei der<br />

Vorsorgeuntersuchung wird festgestellt,<br />

dass derDarmihres Babysaußerhalb des<br />

Bauches ist. Esheißt, sie könne wegen<br />

dieser Beh<strong>in</strong>derung abtreiben. Aber sie<br />

entscheidet sich nochmals für das Baby.<br />

E<strong>in</strong> großes Glück, denn amEnde wird<br />

Valent<strong>in</strong> e<strong>in</strong> völlig gesundes K<strong>in</strong>d.<br />

Auch die anderen Mädchen haben e<strong>in</strong>e<br />

aufregende Schwangerschaft und müssenmit<br />

denReaktionender anderenumgehenlernen.<br />

Am Ende desFilms haben<br />

sich bisauf e<strong>in</strong>e alle Mädchenvon ihrem<br />

Freund getrennt.<br />

Steffi und Michi mit ihrem Sohn Jason<br />

Foto:K<strong>in</strong>derfilm GmbH<br />

Ich b<strong>in</strong> selbst 14 Jahre alt und habe<br />

hohen Respekt vor den Mädchen, denn<br />

ich glaube, dass es e<strong>in</strong>e Riesenaufgabe<br />

ist,nochzur Schule zu gehenund gleichzeitig<br />

Mutter zu se<strong>in</strong>. Aber die Mädchen<br />

zeigen, dass esgeht, wenn man Unterstützung<br />

bekommt. Wenn die Eltern<br />

nicht helfen, kann man sich auch an<br />

soziale Organisationen wenden.<br />

(Filmstart: 23. Mai 2013.Weitere Infos unter<br />

www.k<strong>in</strong>derfilm-gmbh.de.)<br />

Johanna Wagener<br />

Mitse<strong>in</strong>emganzeigenen Humor, der<br />

auch schon se<strong>in</strong>en Film „Alles wird<br />

gut“ über e<strong>in</strong>Cast<strong>in</strong>g mitbeh<strong>in</strong>derten<br />

Schauspielern und Musikern prägte,<br />

hatRegisseur Niko vonGlasowsich<strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em jüngsten Streifen dem Sport<br />

zugewandt. Genauer: drei Männern<br />

undzweiFrauen, die2012anden Paralympics<br />

<strong>in</strong> London teilnahmen.<br />

Selbst aufgrund von Contergan mit<br />

verkürzten Armen geboren, will der<br />

bekennende Sportmuffel von ihnen<br />

wissen, warum sie sich sofür den<br />

Sport quälen, als wäre das Leben mit<br />

e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong>derung nicht schon anstrengend<br />

genug.<br />

Se<strong>in</strong>en sehr persönlichen, herausfordernden<br />

Fragen stellen sich mit großer<br />

Offenheit die deutsche Schw<strong>im</strong>mer<strong>in</strong><br />

Christiane Reppe, der griechische<br />

Boccia-Spieler Greg Polychronidis,<br />

der amerikanische Bogenschütze<br />

Matt Stutzman, die norwegische<br />

Tischtennisspieler<strong>in</strong> Aida Dahlen und<br />

dasSitzvolleyball-Team aus Ruanda.<br />

Herausgekommen ist e<strong>in</strong> munterer<br />

Dokumentarfilm, der zeigt, wie die<br />

Paralympics <strong>Menschen</strong> mit Beh<strong>in</strong>derung<br />

die Möglichkeit bieten, sich <strong>im</strong><br />

sportlichen Bereich auf Hochleistungsebene<br />

als die Besten zubeweisen,<br />

wie Greg Polychronidis betont.<br />

Der Film läuft ab 16.Mai <strong>im</strong> K<strong>in</strong>o.<br />

<strong>im</strong>pressum<br />

Magaz<strong>in</strong> des PARITÄTISCHEN<br />

ISSN-1866-1718<br />

Telefon: 030/24636-0 ·Fax: -110<br />

Internet: www.der-paritaetische.de<br />

E-Mail: nachrichten@paritaet.org<br />

Verantwortlich: Dr. Ulrich Schneider<br />

Redaktion:<br />

Ulrike Bauer (UB), Tel.: 0172/6585424<br />

Mart<strong>in</strong> Wißkirchen, Tel.: 030/24636-311<br />

Verantwortlich für die Landesseiten:<br />

Brandenburg: Andreas Kaczynski<br />

Tel.: 0331/28497-0<br />

Bremen: Anke Teebken, Tel.: 0421/79199-0<br />

Hessen: Günter Wolter<strong>in</strong>g, Tel.: 069/95526220<br />

Mecklenburg-Vorpommern:<br />

Christ<strong>in</strong>a Hömke, Tel.: 0385/59221-0<br />

Sachsen: Beate Hennig, Tel.: 0351/4916612<br />

Thür<strong>in</strong>gen:StefanWerner, Tel.:036202/26-231<br />

Titelbilder: arche noVa, LandsAid, Help,<br />

Aktion Deutschland Hilft|Stefan Trappe<br />

Für Aufsätze und Berichte, die mit dem<br />

Namendes Verfassers/der Verfasser<strong>in</strong>gekennzeichnet<br />

s<strong>in</strong>d,trägt diese/rdie Verantwortung.<br />

Nachdruck nur mit Erlaubnis der Redaktion.<br />

Redaktionsschluss: 6Wochen vor Ersche<strong>in</strong>en.<br />

Ersche<strong>in</strong>ungsweise: 6xpro Jahr<br />

Anschrift von Herausgeber, Redaktion,<br />

Anzeigenverwaltung und Vertrieb:<br />

Der Paritätische –Gesamtverband,<br />

Oranienburger Straße 13-14, 10178 Berl<strong>in</strong><br />

Bankverb<strong>in</strong>dung:<br />

Bank für Sozialwirtschaft, Ma<strong>in</strong>z,<br />

Kto-Nr. 7039500 (BLZ 550 205 00)<br />

Druck: Henrich Druck +Medien GmbH,<br />

Schwanhe<strong>im</strong>er Straße 110,<br />

60528 Frankfurt am Ma<strong>in</strong><br />

2 | 2013<br />

www.der-paritaetische.de<br />

35


was·wann ·wo<br />

K<strong>in</strong>derschutzbund Frankfurt schult ehrenamtliche Vormünder<br />

Nach positiven Erfahrungen <strong>in</strong> Hamburg<br />

undBochumhat nunauchder K<strong>in</strong>derschutzbund<br />

<strong>in</strong>Frankfurt am Ma<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong> Projekt zur Schulung und Qualifizierung<br />

für ehrenamtliche Vormünder<br />

<strong>in</strong> rechtlichen, psychologischen und<br />

pädagogischen Fragen gestartet.<br />

Oft s<strong>in</strong>d esDrogen- oder Alkoholabhängigkeit,<br />

psychische Erkrankungen oder<br />

emotionale Instabilität,die dazu führen,<br />

dass Müttern und Vätern die elterliche<br />

Sorgefür ihre K<strong>in</strong>der ganz oder teilweise<br />

entzogen wird.Die K<strong>in</strong>der,die häufig<strong>in</strong><br />

betreuten Wohne<strong>in</strong>richtungen oder bei<br />

Pflegefamilien untergebracht werden,<br />

sollen mit dem ehrenamtlichen Vormund<br />

e<strong>in</strong>en<strong>Menschen</strong>zur Seitegestellt<br />

bekommen,der oder diesichbesonderes<br />

um sie kümmert, sich Zeit für sie<br />

n<strong>im</strong>mt, regelmäßig Kontakthältund sie<br />

möglichst bis zur Volljährigkeit <strong>im</strong> Lebensalltag<br />

begleitetund unterstützt –sei<br />

es beiProblemen, <strong>in</strong> rechtlichenFragen,<br />

bei Schul- und Ausbildungsplatzwahl<br />

oder der mediz<strong>in</strong>ischen Versorgung.<br />

Für diese verantwortungsvolle Aufgabe<br />

sollen die künftigen ehrenamtlichen<br />

Vormünder entsprechend vorbereitet<br />

unddauerhaft begleitetwerden. DerK<strong>in</strong>derschutzbundFrankfurt<br />

bietet daherab<br />

AprilQualifizierung undUnterstützung<br />

an und steht den Vormündern jederzeit<br />

als Ansprechpartner zurSeite.<br />

Voraussetzung für das Ehrenamt s<strong>in</strong>d<br />

laut Projektleiter<strong>in</strong> Dr. Anja Sommer<br />

ausreichendZeitsowie e<strong>in</strong>e grundsätzliche<br />

Vere<strong>in</strong>barkeit mit der beruflichen<br />

und familiären Situation. Zudem sollte<br />

e<strong>in</strong> ehrenamtlicher Vormund Kompetenzen<br />

<strong>in</strong> derBeziehungsgestaltung mit<br />

K<strong>in</strong>dernund Jugendlichen sowiedie Bereitschaft<br />

zur Zusammenarbeit unter<br />

anderem mit Behörden, Gerichten und<br />

derHerkunftsfamiliedes K<strong>in</strong>des haben.<br />

Vormünderbenötigtenjedochke<strong>in</strong>e spezifischen<br />

Qualifikationen wie pädagogische<br />

oder juristische Ausbildung. Auch<br />

dieAufnahmedes Mündels<strong>in</strong>die Familiesei<br />

nichtAufgabe e<strong>in</strong>esVormunds,so<br />

Anja Sommer. Sie ist für nähere Auskünfte<br />

zu erreichen unter Tel.: 069/<br />

970901-16oder per E-Mail an vormundschaft@k<strong>in</strong>derschutzbund-frankfurt.de.<br />

(www.k<strong>in</strong>derschutzbund-frankfurt.de)<br />

PeerszuProfis<br />

Unter dem Titel „Peers zu Profis“<br />

bietet die Interessenvertretung Selbstbest<strong>im</strong>mt<br />

Leben <strong>in</strong>Deutschland e. V.<br />

–ISL ab Ende Mai 2013 <strong>in</strong>Erkner bei<br />

Berl<strong>in</strong> barrierefreie und <strong>in</strong>dividuelle<br />

Weiterbildungen für Fach- und Führungskräfte<br />

mit Beh<strong>in</strong>derungen an,<br />

die <strong>in</strong>Organisationen der Sozialwirtschaft<br />

tätig s<strong>in</strong>d. Alle Lern<strong>in</strong>halte werden<br />

von Ausbilder<strong>in</strong>nen und Ausbildern<br />

mit Beh<strong>in</strong>derung vermittelt.<br />

Auf www.isl-weiterbildung.de f<strong>in</strong>den<br />

Interessierte Details zu den Workshops,<br />

Sem<strong>in</strong>arterm<strong>in</strong>en, Inhalten<br />

und Anmeldemodalitäten.<br />

Angehörigenarbeit<br />

Am 26. September 2013 beg<strong>in</strong>nt bei<br />

der Angehörigenberatung e. V. Nürnberg<br />

e<strong>in</strong>e Weiterbildungsreihe für<br />

Sozialpädagog<strong>in</strong>nen, Sozialpädagogen<br />

und Pflegekräfte zum Thema Angehörigenarbeit.<br />

Sie vermittelt Wissen zu<br />

Methoden, Inhalten und Zielen der<br />

Arbeit mit pflegenden Angehörigen<br />

<strong>in</strong>sbesondere ausgerichtet auf die Betreuung<br />

von <strong>Menschen</strong> mit Demenz.<br />

Zudem werden Konzepte zur Beratung,<br />

zuGruppenangeboten und sozialrechtliche<br />

Grundlagen präsentiert.<br />

Weitere Informationen gibt es auf<br />

www.angehoerigenberatung-nbg.de.<br />

Konduktive Förderung<br />

Das Konduktive Förderzentrum der<br />

Phoenix GmbH bildet ab September berufsbegleitend<br />

Pädagogisch-therapeutische<br />

Konduktor<strong>in</strong>nen bzw. Konduktoren<br />

sowie Konduktive Gruppenassistenten<br />

aus. Das Angebot richtet sich an Fachkräfte<br />

<strong>in</strong> der Rehabilitation und Pädagogik<br />

bei körperbeh<strong>in</strong>derten K<strong>in</strong>dern und<br />

Jugendlichen. Konduktive Förderung ist<br />

e<strong>in</strong>e ganzheitliche Methode zur Unterstützung<br />

frühestmöglicher Selbstständigkeit<br />

und Unabhängigkeit von K<strong>in</strong>dern,<br />

Jugendlichen und Erwachsenen<br />

mit zerebralen Bewegungsstörungen.<br />

Weitere Infos: www.phoenix-kf.de.<br />

Deutsch-französischesEngagement gefragt<br />

„On y va – auf geht’s!“, heißt der<br />

Titel e<strong>in</strong>es Wettbewerbs der Robert<br />

Bosch Stiftung, mit dem grenzüberschreitendes<br />

bürgerschaftliches Engagement<br />

gefördert werden soll. Bis zum<br />

13. Mai 2013 können sich Vere<strong>in</strong>e, Verbände,<br />

Initiativen und soziale E<strong>in</strong>richtungen<br />

wieKitas bewerben,die geme<strong>in</strong>sammit<br />

e<strong>in</strong>erfranzösischen Partnerorganisation<br />

e<strong>in</strong> neues grenzüberschreitendes<br />

ehrenamtliches Projekt <strong>in</strong><br />

Deutschland undFrankreichumsetzen<br />

möchten. Und zwar unter anderem <strong>in</strong><br />

folgenden Bereichen: soziale Maßnahmen,<br />

Dialog der Generationen, K<strong>in</strong>derundJugendarbeit,<br />

Bildung, Gesundheit,<br />

Integration von Migranten.<br />

Die Robert Bosch Stiftung unterstützt<br />

biszu15Initiativgruppenmit max<strong>im</strong>al<br />

je 5.000 Euro beider Realisierung ihres<br />

Projekts. Nähere Informationen f<strong>in</strong>den<br />

Interessierte aufwww.bosch-stiftung.de<br />

unter dem Stichwort „neue Ausschreibungen“.<br />

Fachtagung <strong>in</strong> Fulda:<br />

Zukunft Ernährung<br />

Unter dem Titel „Zukunft Ernährung<br />

–Kul<strong>in</strong>arisch und gesund“ veranstaltenPariserve,<br />

derParitätischeGesamtverbandund<br />

dieHochschuleFulda am<br />

10. und 11. Juni 2013 <strong>in</strong>Fulda e<strong>in</strong>e<br />

Fachtagung zurErnährung <strong>in</strong> sozialen<br />

E<strong>in</strong>richtungen. Dabei wird erstmals<br />

auch der „Zukunftspreis 2013 Ernährung<br />

und Verpflegung“ verliehen.<br />

Nähere Informationen gibt es <strong>im</strong> Internet<br />

auf www.pariserve.de.<br />

36 www.der-paritaetische.de 2 | 2013

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