Download - Hartmann
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KASUISTIK<br />
Abb. 2<br />
Anwendung einer Calciumalginat-Kompresse<br />
bei<br />
sekundär heilender Amputationswunde<br />
bei neuropathisch-ischämischem<br />
Diabetikerfuß.<br />
punkt war ein Druckulkus im Bereich<br />
der V. Zehe. Der Blutzucker war mit einem<br />
Mischinsulin (Depot-H-15-Insulin<br />
35/-/30 IE s.c.) gut eingestellt. Die i.v.-<br />
DSA zeigte links Stenosierungen im Trifurkationsbereich.<br />
Am Unterschenkel<br />
kam lediglich eine deutlich wandveränderte<br />
A. tibialis anterior zur Darstellung,<br />
die im mittleren Drittel in ein Kollateralgefäß<br />
überging. Die Transplantatniere<br />
zeigte eine regelrechte Kontrastierung<br />
(Abb. 1a).<br />
In dem Zwiespalt Erhalt der Extremität<br />
einerseits und alsbaldige Infektsanierung<br />
zum Schutz des Nierentransplantates<br />
andererseits, erfolgte zunächst<br />
eine systemische Antibiotikabehandlung<br />
mit Penicillin G entsprechend<br />
Resistogramm und wenige Tage später<br />
zusätzlich eine intravenöse Prostavasin-Therapie<br />
in einer Tagesgesamtdosis<br />
von 60 Mikrogramm Prostaglandin<br />
E1. Die Lokaltherapie bestand in<br />
feuchten antiseptischen Verbänden.<br />
Darunter kam es zunächst zu einem<br />
deutlichen Rückgang der Entzündungszeichen.<br />
Das Endglied der II.<br />
Zehe stieß sich spontan ab, lediglich im<br />
Bereich der V. Zehe bestand noch eine<br />
feuchte Gangrän. Am 7.9.93 erfolgte<br />
bei nachgewiesenen Osteolysen die<br />
Amputation dieser Zehe. Trotz täglicher<br />
Nekrektomie und konsequenter Feuchthaltung<br />
der Wunde mit antiseptischen<br />
Verbänden zeigte diese kaum eine Heilungstendenz<br />
(Abb. 1b).<br />
Bei erneut aufflammender Vorfußinfektion<br />
erfolgte am 30.9.93 die Inzision<br />
und Gegeninzision sowie Drainage im<br />
Bereich des Fußes. Im weiteren Verlauf<br />
entwickelte sich trotz antibiotischer Abschirmung<br />
(Ciprofloxacin) eine aszendierende<br />
Infektion mit septischen Temperaturen,<br />
so daß die Indikation zur Unterschenkelamputation<br />
gestellt werden<br />
mußte. Die Amputationswunde heilte<br />
sekundär. Als nützliches Mittel zur Konditionierung<br />
haben sich Alginat-Verbände<br />
erwiesen. Dabei führte die zusätzliche<br />
lokale Therapie mit Normal-<br />
(Alt-)Insulin zu einer deutlich verbesserten<br />
Wundheilung (Abb. 1c).<br />
DISKUSSION<br />
Der Krankheitsverlauf verdeutlicht,<br />
daß eine Immunsuppression nach Organtransplantation<br />
beim Diabetiker zu<br />
besonders schweren Wundheilungsstörungen<br />
führen kann. Der Heilungsablauf<br />
dieser Wunden ist durch eine<br />
wesentlich verlängerte erste Heilphase<br />
charakterisiert. Insbesondere während<br />
einer sekundären Wundheilung spielen<br />
immunbiologische Vorgänge eine wesentliche<br />
Rolle. Diese können sich bei<br />
einer Immunsuppression nicht ausreichend<br />
entfalten. Um so wichtiger ist es,<br />
eine so mangelhaft heilende Wunde einer<br />
„Intensivtherapie“ zu unterziehen.<br />
Im Rahmen der lokalen Wundbehandlung<br />
erwies sich die Anwendung von<br />
Alginat-Wundauflagen (Sorbalgon) in<br />
Kombination mit einer örtlichen Gabe<br />
von Insulin als günstig.<br />
Seit Einführung der feuchten Wundbehandlung<br />
gewinnen Alginate insbesondere<br />
auch wegen ihrer physiologischen<br />
Unbedenklichkeit zunehmend<br />
an Bedeutung. Der Rohstoff für die Fasern<br />
ist Algin-Säure, ein zelluloseähnliches<br />
Polysaccharid, das aus Braunalgen<br />
gewonnen wird. Die im Handel erhältlichen<br />
Kompressen bestehen aus<br />
textilen Calciumalginat-Fasern. Kommt<br />
die Calciumalginat-Kompresse mit dem<br />
natriumhaltigen Wundsekret in Berührung,<br />
so werden die Calcium-Ionen in<br />
dem Alginat durch Natrium-Ionen ersetzt.<br />
Auf diese Weise wird das Alginat<br />
wasserlöslich und bildet ein schleimartiges<br />
Gel. Dieses ist stark hydrophil,<br />
d. h. saugfähig. Umfang und Geschwindigkeit<br />
der Gelbildung sind von<br />
der anfallenden Sekretmenge abhängig.<br />
Durch die Gelbildung verkleben<br />
die Kompressen nicht mit der Wunde.<br />
Der Verbandwechsel verläuft schmerzlos,<br />
die Wundruhe bleibt erhalten.<br />
Aufgrund der starken Hydrophilie<br />
eignen sich Alginate gut zum physikalischen<br />
Débridement. Neben überschüssigem<br />
Wundexsudat werden<br />
auch Keime und Detritus aufgenommen<br />
und mit jedem Verbandwechsel<br />
entfernt. Die Häufigkeit des Verbandwechsels<br />
wird von der Art der Wunde<br />
und der Exsudatmenge bestimmt. Die<br />
Drapierfähigkeit gestattet auch eine<br />
Behandlung tiefreichender Weichteildefekte.<br />
Gerade bei den oft zerklüfteten<br />
und tiefen Wundverhältnissen diabetischer<br />
Ulzera bietet sich die Anwendung<br />
von Calciumalginat-Kompressen<br />
an (Abb. 2). Insbesondere nach chirurgischem<br />
Débridement erweisen sich<br />
auch die hämostyptischen Eigenschaften<br />
der Kompressen als günstig.<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Schlecht heilende Wunden sind oft<br />
das Symptom einer chronischen<br />
Grunderkrankung. Bereits die konsequente<br />
Therapie der Grunderkrankung<br />
führt zu einer deutlichen Verbesserung<br />
der Heilungsaussichten. Gerade aber<br />
beim Diabetiker sind kausale Therapiemaßnahmen<br />
oft nur eingeschränkt<br />
möglich.<br />
Der Wundverband stellt eine wesentliche<br />
adjuvante Maßnahme dar. In der<br />
Behandlung diabetischer Ulzera haben<br />
Alginat-Kompressen einen festen Platz<br />
in unserem Behandlungskonzept. Die<br />
zu den interaktiven Wundauflagen zählenden<br />
Alginate schaffen ein für die<br />
Wundheilung günstiges Mikroklima<br />
ohne Okklusiveffekt, weshalb sie ohne<br />
Risiko auch bei infizierten Wunden angewendet<br />
werden können.<br />
Die interaktiven Verbände stellen vermutlich<br />
aber nur eine Zwischenstufe<br />
der Entwicklung dar. Möglicherweise<br />
wird die Inkorporation von Wachstumsfaktoren<br />
neue Dimensionen der Wundbehandlung<br />
eröffnen.<br />
Dr. med. Stefan Piatek<br />
Prof. Dr. med. Hans Lippert<br />
Otto-von-Guericke-Universität<br />
Medizinische Fakultät<br />
Zentrum für Chirurgie<br />
(Direktor: Prof. Dr. med. H. Lippert)<br />
Leipziger Straße 44<br />
39120 Magdeburg<br />
Literatur bei der Redaktion<br />
20 HARTMANN WundForum 2/95