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PRAXISWISSEN<br />
Verbandstoffkunde Teil III:<br />
Hydrokolloide zur feuchten<br />
Wundbehandlung<br />
K. Schenck<br />
PAUL HARTMANN AG, Heidenheim<br />
Die Methode der feuchten Wundbehandlung<br />
ist in der Praxis mittlerweile<br />
ein anerkanntes Behandlungsprinzip,<br />
von dem akute sekundär heilende<br />
Wunden und insbesondere chronische<br />
Ulzerationen profitieren. Die einfachste<br />
Form der feuchten Wundbehandlung<br />
stellt dabei die mit Ringer-Lösung oder<br />
physiologischer Kochsalzlösung getränkte<br />
Mullkompresse dar. Die Maßnahme<br />
ist allerdings mit einem hohen<br />
Pflegeaufwand verbunden und birgt<br />
zudem einige Risiken in sich. Der Verband<br />
muß konstant feucht gehalten<br />
werden. Trocknet er aus, verliert er an<br />
Effizienz, verklebt mit der Wunde und<br />
führt beim Verbandwechsel zur wundheilungsstörenden<br />
Traumatisierung von<br />
Granulation und jungem Epithel.<br />
Die mehrmals täglich notwendigen<br />
Verbandwechsel bzw. das Feuchthalten<br />
der Verbände erfordern außerdem<br />
viel Pflegezeit, verbunden natürlich mit<br />
hohen Kosten, und sind letztlich nur im<br />
klinischen Bereich bei einer ausreichenden<br />
Zahl medizinischen Personals<br />
in zufriedenstellender Weise zu lösen.<br />
In der ambulanten Wundversorgung<br />
sind dieser Art der feuchten Wundbehandlung<br />
von vorneherein Grenzen gesetzt,<br />
da üblicherweise für einen Kranken<br />
bzw. für einen Pflegebedürftigen<br />
nur ein Pflegeeinsatz pro Tag vorgesehen<br />
ist.<br />
Schon allein im Hinblick auf diese<br />
Problematik stellen die modernen hydroaktiven<br />
Wundauflagen, die die Wunde<br />
über längere Zeit hinweg selbsttätig<br />
feucht halten, eine große Erleichterung<br />
dar. Abgesehen davon, daß sie natürlich<br />
auch alle anderen Kriterien erfüllen,<br />
die für eine optimierte Wundbehandlung<br />
unerläßlich sind: ausreichende<br />
Saugfähigkeit für eine gute Sekretdrainage,<br />
Schutz vor äußeren mechanischen<br />
Schädigungen und Sekundärinfektionen<br />
sowie atraumatische Eigenschaften<br />
für einen gewebeschonenden<br />
und möglichst schmerzlosen Verbandwechsel.<br />
Als Wundauflagen für die feuchte<br />
Wundbehandlung stehen heute verschiedende<br />
Systeme zur Verfügung:<br />
Calciumalginat-Kompressen, wie z. B.<br />
Sorbalgon, werden trocken auf die<br />
Wunde aufgelegt oder locker eintam-<br />
poniert und wandeln sich dann mit Hilfe<br />
der Wundsekrete in ein saugfähiges<br />
Gel um, das die Wunde über lange Zeit<br />
feucht hält. Calciumalginat-Kompressen<br />
wurden im WundForum 4 / 94 ausführlich<br />
beschrieben.<br />
Hydrogele, wie z. B. Hydrosorb und<br />
Hydrosorb plus, sind dagegen bereits<br />
fertige Gelkompressen mit einem hohen<br />
Wasseranteil in ihrer Gelstruktur,<br />
die der Wunde von Anfang an Feuchtigkeit<br />
zuführen und zu einer raschen<br />
„Rehydrierung“ von Wunden führen.<br />
Ihre Wirkungsweise und Indikationen<br />
waren Thema im WundForum 1 / 95.<br />
In dieser Folge werden Hydrokolloide<br />
am Beispiel Hydrocoll als eine weitere<br />
Alternative für eine effiziente feuchte<br />
Wundbehandlung vorgestellt.<br />
Auch wenn nun die Wirkungsprinzipien<br />
aller drei Wundauflagen ähnlich<br />
sind, unterscheiden sie sich doch im<br />
Detail, insbesondere in der Art der Gelbildung<br />
und Hydration der Wunde, so<br />
daß ihre gezielte Anwendung durchaus<br />
von therapeutischem Nutzen ist. Um<br />
die Orientierung bei der Anwendung<br />
von Calciumalginaten, Hydrogelen und<br />
Hydrokolloiden zu erleichtern, sind Produkteigenschaften,<br />
Wirkungsweise und<br />
Indikationen in der Übersichtstabelle<br />
auf Seite 32 abschließend zusammenfassend<br />
dargestellt.<br />
CHARAKTERISTIK VON HYDROKOLLOIDEN<br />
Die Entdeckung, daß Hydrokolloide<br />
für die Wundbehandlung geeignet<br />
sind, war eigentlich eher zufälliger Natur.<br />
In der Zahnmedizin existierte eine<br />
visköse Paste (Orabase), die die Eigenschaft<br />
hatte, sich mit dem feuchten Gewebe<br />
der Mundhöhle zu verbinden, Sekrete<br />
zu absorbieren und sich dabei in<br />
ein schützendes Gel umzuwandeln.<br />
Abb. 1a<br />
Hydrocoll wird auf die<br />
Wunde appliziert.<br />
Abb. 1b / c<br />
Bei Aufnahme von Wundsekreten<br />
durch die Hydrokolloidanteile<br />
des Verbandes<br />
quellen diese auf und<br />
gehen in ein Gel über.<br />
Abb. 1d<br />
Beim Abnehmen des Verbandes<br />
verbleibt eine<br />
schützende Gelschicht in<br />
der Wunde, die anschließend<br />
ausgespült wird.<br />
30<br />
HARTMANN WundForum 2/95