Wiesbadener Tagblatt - Druc... - People help People - One World
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<strong>Wiesbadener</strong> <strong>Tagblatt</strong> - <strong>Druc</strong>kansicht: Miteinander und Füreinander<br />
http://www.wiesbadener-tagblatt.de/region/untertaunus/idstein/print_9...<br />
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Freitag, 29. Oktober 2010 08:43 Uhr<br />
URL: http://www.wiesbadener-tagblatt.de/region/untertaunus/idstein/9574735.htm<br />
IDSTEIN<br />
Miteinander und Füreinander<br />
29.10.2010 - IDSTEIN<br />
Von Ingrid Nicolai<br />
STANDPUNKTE Wie sich eine Pfarrerin, der Ausländerbeirat<br />
und ein Entwicklungshilfeverein auf den Weg machen<br />
„Wir sind eine Welt!“ Der Schlusssatz von Renate Wingerberg<br />
hätte im Rückblick gut über dem gesamten IZ-Talk stehen<br />
können, zu dem die Idsteiner Zeitung in die Stadthalle eingeladen<br />
hatte.<br />
IZ-Redakteur Volker Stavenow hatte Repräsentanten des Vereins<br />
Bürgerpartnerschaft Eine Welt eingeladen, die neue evangelische<br />
Pfarrerin der Unionskirchen-Gemeinde und zwei Vertreter des<br />
Ausländerbeirats. Sie alle machten aus verschiedenen<br />
Perspektiven deutlich, wie ein Miteinander und Füreinander der<br />
unterschiedlichsten Menschen in einer Welt funktionieren kann,<br />
und dass die Kraft auf dem Weg zu diesem übergeordneten Ziel<br />
aus einer tiefen, inneren Überzeugung geschöpft wird.<br />
Am 7. November werden die<br />
Ausländerbeiräte neu gewählt.<br />
Hüseyin Erken (links) und Hamid<br />
Nafisi-Esfahani stehen Rede und<br />
Antwort.<br />
Wie ein roter Faden ziehen sich Glaube und Kirche durch das<br />
Leben der Pfarrvikarin Dr. Daniela Opel. Schmunzelnd erzählte<br />
sie, dass sie am Tag des Johannes geboren wurde, dem<br />
Wegbereiter Jesu, und auch sie fühle sich auf den Weg gebracht,<br />
das Evangelium in die Welt zu tragen. An ihrem Geburtstag habe<br />
sie von ihrer neuen Stelle erfahren und verrät: „Idstein stand auf<br />
meiner Wunschliste.“ Dass die Pfarrstelle zweimal vergeblich<br />
ausgeschrieben wurde, sei ihr Glück gewesen, denn nur so habe<br />
sie als Berufsanfängerin eine Chance bekommen.<br />
Noch ist ihr Pfarramt in ihrer Wohnung in der Maximilianstraße, wo<br />
sie sich sehr wohl fühlt, aber auch auf das neue Pfarrhaus freut.<br />
„Das Dach ist schon drauf und am 1. März ist<br />
Schlüsselübergabe.“<br />
Derzeit ist sie dabei, die Strukturen ihrer Gemeinde<br />
kennenzulernen, verrät beim Talk aber schon mal, auf was sie in<br />
Zukunft ein besonderes Augenmerk legen möchte. Sie sucht das<br />
Gespräch mit allen Konfirmanden-Eltern, die Gottesdienstpraxis<br />
liegt ihr ebenfalls am Herzen: „Hier wird die Gemeinschaft in<br />
Verbindung mit der Moderne und der Tradition besonders<br />
spürbar.“ Gleichwohl ist ihr bewusst, dass junge Menschen<br />
Berührungsängste haben, sich nicht vorstellen können, dass<br />
Gemeinde ein Ort ist, wo man sein kann, so wie sie es in ihrer<br />
Kindheit und Jugend erfahren hat. „Aber“, ist sie optimistisch, „es<br />
gibt Material, Methoden und Personen, die mitreißen können“.
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Dr. Daniela Opel selbst hat keine Berührungsängste, auch wenn<br />
es um die erweiterte Ökumene, den Dialog mit Islam und<br />
Judentum geht. „Wir sollten den Kontakt im offenen Dialog<br />
pflegen, nicht immer nach Defiziten, sondern nach<br />
Gemeinsamkeiten suchen, ohne das eigene Profil zu verlieren.“<br />
Der Vorsitzende des Ausländerbeirats, Hamid Nafisi-Esfahani und<br />
sein Kollege Hüseyin Erken ergänzten, dass solche Bestrebungen<br />
in Idstein bereits Früchte tragen. Seit zwei Jahren gebe es unter<br />
den Frauen regelmäßige interreligiöse Treffen. Sie erinnern sich<br />
aber auch an den ersten Tag der offenen Tür der türkischislamischen<br />
Gemeinde. Erken: „Damals kamen drei Leute.“<br />
Nafisi-Esfahani, der 1979 von Teheran nach Deutschland kam,<br />
seit 1991 Vorsitzender des Ausländerbeirats ist, und hier als<br />
Architekt arbeitet, denkt an seine erste Zeit in Idstein, sein<br />
Studium in der Bauschule, zurück. „Wir waren eine lebhafte<br />
Mischung von Studenten: Marxisten, Demokraten, Anarchisten …<br />
und Döner-Essen war damals noch exotisch. Ich kam aus einer<br />
Diktatur, habe gedacht, hier wird nicht geklaut. Und als ich<br />
erfahren habe, dass es in Deutschland Beamten-Bestechung gibt,<br />
bin ich aus allen Wolken gefallen.“<br />
Auch wenn der Ausländerbeirat nur Mitsprache-, aber kein<br />
Entscheidungsrecht hat, Nafisi-Esfahani fühlte sich von den<br />
Politikern stets akzeptiert. „In Idstein hatten wir nie Gegenwind.“<br />
Gleichwohl gibt es Probleme. Die Integration gerade der älteren<br />
türkischen Mitbürger ist schwierig, sie wollen unter sich bleiben.<br />
Hüseyin Erken erklärt, dass der starke Familienzusammenhalt und<br />
die Überzeugung, dass die Kinder schon für die Rente sorgen<br />
werden, verhindern, dass sich die Senioren neue Kontakte suchen<br />
und die deutsche Sprache lernen. „Dafür gibt es kein Rezept.“<br />
Erfreulicher ist, was Nafisi-Esfahani über den Umgang mit<br />
randalierenden Jugendlichen erzählt. Ein deutscher Vater habe<br />
den Kontakt zum Ausländerbeirat gesucht, nachdem sein Sohn<br />
Opfer einer Schlägerei geworden war. Ein Täter konnte ausfindig<br />
gemacht werden, die Eltern wurden zum Gespräch eingeladen.<br />
„Das hat offensichtlich geholfen.“<br />
Wenn sie einen Wunsch frei hätten? Für die Ausländerbeiratswahl<br />
eine hohe Wahlbeteiligung wünschen sie Erken und Nafisi-<br />
Esfahani und auf lange Sicht einen fest angestellten<br />
Ausländerbeauftragten, der die ehrenamtliche Arbeit ergänzen<br />
könnte. „Wer Integration ernst nimmt, für den ist das die erste<br />
Lösung.“ Bisher scheiterte das am Geld.<br />
Um Geld, aber nicht nur um Geld, dreht es sich auch bei dem<br />
ehrenamtlichen Engagement von Bernd und Renate Wingerberg,<br />
die den Verein Bürgerpartnerschaft Eine Welt (früher: Dritte Welt)<br />
mit neuem Leben füllten. Seit 1985 unterstützt der Verein<br />
Menschen in der Kilimanjaro-Region in Tansania. Die<br />
Schwerpunkte liegen auf Wasser und Bildung, was mitunter in<br />
direktem Zusammenhang steht. Für die Kinder der Msareni-<br />
Grundschule ist Wasser keine Selbstverständlichkeit. Weil eine<br />
Quelle versiegte, müssen sie mit Wassereimern sechs Kilometer<br />
zurücklegen. Der Verein baut eine ein Kilometer lange<br />
Wasserleitung und einen Reservetank, der 30 000 Liter fasst. Um<br />
Wasser und Strom geht es beim Aufbau von sieben
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Sekundarschulen für über 3000 Schüler im Distrikt Uru, Nahe<br />
Moshi.<br />
Dort fehlt es neben Schulküchen, Klassenräumen und<br />
Sportausrüstung schlicht an Schulbüchern. Noch vor Kurzem<br />
teilten sich zehn Kinder ein Buch. Nicht zuletzt die Schulgeld-<br />
Patenschaften für Waisen und bedürftige Kinder im Ludao-<br />
Day-Care-Center in Moshi liegen Wingerbergs am Herzen. „Für<br />
zehn Euro kann dort ein Kind über einen Monat versorgt werden“,<br />
erklärt Renate Wingerberg.<br />
Über allem steht die Hilfe zur Selbsthilfe. Bernd Wingerberg: „Wir<br />
verstehen unsere Leistung als Anschubhilfe, die dann vor Ort<br />
weitergeführt wird.“ Wer mehr über den Verein erfahren und ihn<br />
unterstützen möchte: „Eine Welt“ wird mit einem Stand auch auf<br />
dem Idsteiner Weihnachtsmarkt vertreten sein.<br />
© Verlagsgruppe Rhein-Main 2010<br />
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