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Symposium - Pädagogisches Institut

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<strong>Pädagogisches</strong> <strong>Institut</strong> • Dokumentation <strong>Symposium</strong> 2013 • Vortrag Prof. Dr. Mechtild Gomolla<br />

Blatt 2 von 11<br />

Ausgangspunkt für meinen Vortrag ist die Feststellung, dass sich Konzepte zur interkulturellen Öffnung<br />

oder zur Inklusion zwar meistens ausdrücklich zum Ziel der Nicht-Diskriminierung bekennen, aber, dass<br />

Diskriminierung im institutionellen Leben von Kindergärten oder Schulen nicht nur aus individuellen Vorurteilen<br />

resultiert und nicht nur in informellen Kontakten zustande kommt, sondern auch in den formalen<br />

Rahmungen des pädagogischen und administrativen Handelns eingebettet ist, bleibt zumeist unterbelichtet.<br />

Und mangels eines klaren Verständnisses über die Ursachen von Diskriminierung bleiben auch die<br />

Handlungskonzepte an diesem Punkt vielfach diffus. Auf diese Weise wiederholen auch Strategien der<br />

interkulturellen Öffnung oder der Schul- und Unterrichtsentwicklung oft die alten Probleme kompensatorischer<br />

Fördermaßnahmen für bestimmte als benachteiligt etikettierte Gruppen (Ausländerpädagogik),<br />

sowie die Probleme der frühen, naiven Konzepte Interkultureller oder Antirassistischer Pädagogik: Defizitkonstruktionen<br />

und Essentialisierung kultureller Unterschiede, während diskriminierende Strukturen intakt<br />

bleiben. Konzepte des ›Diversity Mainstreaming/-Management‹ oder der ›Interkulturellen Öffnung‹ entpuppen<br />

sich dann sozusagen als ›alter Wein im neuen Schlauch‹ des populären Organisationsentwicklungsjargons.<br />

In meinem weiteren Vortrag gehe ich zunächst auf den Begriff der institutionellen Diskriminierung ein (2.).<br />

Dabei werde ich zeigen, warum es so schwierig ist, diese Form der Diskriminierung zum Gegenstand<br />

pädagogischer Entwicklungsarbeit zu machen (2.1). Auf der Grundlage von Studien über die Mechanismen<br />

institutioneller Diskriminierung, wie aus der Forschung über innovative Strategien, um Ungerechtigkeit<br />

und Ungleichheit in Schulen wirksam zu unterbinden, werde ich in einem ersten Schritt auf einer<br />

pragmatischen Ebene einige Interventionspunkte und Gelingensbedingungen für eine nicht-diskriminierende<br />

pädagogische Entwicklungsarbeit zusammenfassen, über die in der Literatur weitgehend Einigkeit<br />

besteht (2.2). Mit solchen eher technologischen Gesichtspunkten, die für die Gestaltung und Umsetzung<br />

schulischer Innovationen unerlässlich sind, ist aber noch nichts über die inhaltliche Ausrichtung schulischer<br />

Prozesse im Umgang mit den Spannungen von Differenz und Gleichheitszielen gesagt. Von daher<br />

möchte ich hier noch einen Schritt weiter gehen und auf einer programmatischen Ebene mit der Gerechtigkeitstheorie<br />

Nancy Frasers einen theoretischen Rahmen anbieten, vor dem man genauer diskutieren<br />

kann, welche Strategien geeignet sind, um eine differenzsensible und diskriminierungskritische Bildungspraxis<br />

in einem spezifischen lokalen Kontext zu verankern (3.). Vor diesem Hintergrund möchte ich etablierte<br />

und neue Strategien zum Umgang mit migrationsbedingter Heterogenität in Kindergärten und<br />

Schulen diskutieren und abschließend einige Fragen zusammenfassen, die Sie vielleicht in Ihren Workshops<br />

an die Praxiskonzepte richten können, mit denen Sie sich beschäftigen (4.).<br />

2. <strong>Institut</strong>ionelle Diskriminierung<br />

2.1 Was ist institutionelle Diskriminierung?<br />

Im deutschen Sprachraum werden Rassismus, Sexismus oder Diskriminierungen ›behinderter‹ Menschen<br />

zumeist in einem ›minimalistischen‹ Verständnis als Resultat von Vorurteilen einzelner Personen oder<br />

relativ klar einzugrenzender sozialer Gruppen (z.B. rassistische oder rechtsextremistische Orientierungen<br />

sozio-ökonomisch marginalisierter Jugendlicher) definiert. Dabei wird vielfach unterstellt, diskriminierende<br />

Praktiken stellten eine Art ›Unfall‹ dar – eine Ausnahmeerscheinung in einer gesellschaftlichen Praxis, in<br />

der demokratische Prinzipien der Fairness und Meritokratie die Regel sind.<br />

Der Begriff institutionelle Diskriminierung (iD) sucht demgegenüber die Einbettung von Diskriminierung in<br />

den Organisationsstrukturen und Arbeitskulturen in zentralen gesellschaftlichen <strong>Institut</strong>ionen, wie v.a. Bildung,<br />

Arbeit, Wohnen, Versorgung mit sozialen Dienstleistungen, zu erfassen. Ungleichheitseffekte werden<br />

– ohne von unmittelbar diskriminierenden Absichten und Einstellungen der Akteure auszugehen – mit<br />

institutionellen Handlungskontexten in Beziehung gesetzt. In den Blick genommen werden v.a. rechtliche<br />

und politische Vorgaben, sowie organisatorische Strukturen, Programme, Routinen und institutionelle<br />

Wissenshaushalte, die das Handeln der Akteure in den <strong>Institut</strong>ionen auf komplexe und oft schwer durchschaubare<br />

Weise strukturieren.<br />

Herausgegeben von:<br />

Landeshauptstadt München, Referat für Bildung und Sport,<br />

<strong>Pädagogisches</strong> <strong>Institut</strong>, Herrnstraße 19, 80539 München,<br />

www.pi-muenchen.de<br />

<strong>Symposium</strong><br />

2013

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