Buch - Lernen im 21. Jahrhundert
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„Meine Traurigkeit kann geheilt werden, wenn ich herausfinde, wovon mein<br />
Herz träumt“, beeilte sich Aron den Lilien zu erklären.<br />
„Du bist der Herrscher. Ist das nicht ein Traum?“, wollten die Blumen wissen.<br />
„Es ist der höchste Stand. Aber nicht mein Traum. Die Verantwortung ist groß.<br />
Ich bin noch klein“, ärgerte sich Aron zum hundertsten Mal. „Nubien ist das<br />
Land der goldenen Sonne. Wir verehren die Sonne so, wie uns das Gold heilig<br />
ist, denn Gold ist die Farbe der Sonne. Es gibt sogar Gelehrte, die behaupten:<br />
Das Licht der Sonne ist das Gold des Lebens. Aber Gold wiegt schwer.“ Die<br />
Blumen nickten verständnisvoll mit den Köpfen. „Du willst dich leicht fühlen<br />
aber die Zukunft Nubiens liegt auf deinen Schultern.“ „Es ist schön, mit euch zu<br />
reden und jeden Morgen erfreut ihr mein Herz“, bedankte sich der Prinz, dem<br />
die Worte der Lilien wie Balsam für seine Seele erschienen. Ihnen musste er nie<br />
etwas erklären. Sie verstanden die Sprache seines Herzens. Deshalb benahm<br />
sich Aron sehr höflich gegenüber den Blumen, was den Wind natürlich<br />
herausforderte, denn er belauschte wie <strong>im</strong>mer das Gespräch. Beleidigt heulte<br />
der Wind auf. Er wollte zwar friedlich mit den Lilien leben, aber irgendwie<br />
hatte er so seine Schwierigkeiten damit. Und weil er den Lilien kein Bein stellen<br />
konnte, damit sie darüber stolpern mussten, versetzte er ihnen aus purer<br />
Eifersucht einen Schubs. Die Blumenelfen kegelten aus den Blütenkelchen<br />
und landeten direkt vor den Füßen des Prinzen. „Was war das denn?“,<br />
erschrak der Prinz. „Das reicht uns jetzt, du aufgeblasener Wichtigtuer“, regten<br />
sich die Lilien richtig auf. Sie ließen ihre Blütenkelche wie lange Hälse nach<br />
unten hängen und hoben die armen Elfen auf, die ganz verstört mit den<br />
Händen nach den Blütenrändern griffen. „Das war das letzte Mal. Lass deine<br />
Gemeinheiten woanders aus und hau bloß ab, sonst wird dir was blühen.<br />
Dann bekommst du es mit unseren Verwandten den Schwertlilien zu tun“,<br />
drohten die feinen St<strong>im</strong>mchen der Lilien. „Lass dich hier nie wieder blicken<br />
und schon gar nicht zu unseren Füßen.“ So hatte der Prinz die Lilien noch nie<br />
erlebt. Aber der Wind konnte es einfach nicht lassen und stänkerte weiter:<br />
„Ich bin ein Schlawiner. Euer ergebener Diener.“ Dann lachte er schallend<br />
über seinen Witz. Als er aber merkte, dass die Lilien vor Ärger fast platzten,<br />
wurde ihm bewusst, dass er einen Schritt zu weit gegangen war und<br />
streichelte und umschmeichelte die Blüten und Blätter mit einer lauen Brise,<br />
die wie eine Melodie klang: Lillies, ihr honigsüßen Lillies. Es war seine Art der<br />
Entschuldigung. Und tatsächlich dauerte es nicht lange und er hatte die<br />
aufgebrachten Blumen wieder beruhigt.<br />
Prinz Aron wollte sich nicht jedesmal in den Zank einmischen, deshalb wandte<br />
er sich dem Wind genauso höflich zu wie den Lilien:<br />
„Ich grüße dich, du Weitgereister. Ich bin auf der Suche nach Zeichen für<br />
meinen Lebensweg“, sprach Aron den Wind mit der nötigen Verehrung an.<br />
Ihm lag viel daran, den Wind bei Laune zu halten, denn auch er konnte ein<br />
guter Berater sein. Natürlich nur, wenn er wollte und sich seine Luftgeister nicht<br />
gerade in dicke Luft hineinsteigerten.<br />
„Zeichen, Zeichen“, regte sich der Wind schon wieder unnütz auf. Dass er<br />
<strong>im</strong>mer gleich so aufbrausen musste. „Zeichen gibt es überall. Sie zu erkennen<br />
liegt <strong>im</strong> Auge des Betrachters. Aber bevor die Zeichen für dich sichtbar<br />
werden, begib dich ins Tal der Tränen. Dort wirst du erkennen, warum diese<br />
Erfahrung für dich wichtig ist.“<br />
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