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Weihnachten 2007 - Augustiner

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PREDIGT VON BISCHOF ALOIS SCHWARZ<br />

ZUM AUGUSTINUS-FEST <strong>2007</strong><br />

Liebe Schwestern und Brüder der<br />

Augustinischen Familie!<br />

Wir dürfen - von der Musik begleitet - uns<br />

hineinführen lassen in die große Freude darüber,<br />

dass es den Hl. Augustinus gibt. Den Mönch und<br />

Priester, den Bischof, den Menschen seiner Zeit,<br />

der mit ganzer Leidenschaft sich eingelassen<br />

hat auf alle Strömungen seines Umfeldes; der<br />

in seiner Jugendzeit die Schule nicht beendete,<br />

den die griechische Sprache nicht besonders<br />

begeisterte, der zwar einiges lernte, mit einem<br />

Freundeskreis unterwegs war, eine Partnerschaft<br />

einging mit einer Frau, die er überall hin<br />

mitgenommen hat, nicht ahnend, dass - wo<br />

immer er in seinem Leben hinzog - seine Mutter<br />

an dem Ort schon zugegen war oder ihn dort<br />

schon erwartet und auf ihn eingeredet hat in<br />

einer Art und Weise, die oftmals nicht gerade von<br />

Zurückhaltung gekennzeichnet war. Vor allem,<br />

weil es ihr daran gelegen war, dass Augustinus<br />

seine partnerschaftliche Beziehung aufgeben und<br />

sich doch auf den Weg der Freundschaft mit Jesus<br />

einlassen solle. Mehrmals schreibt er in seinen<br />

Schriften, dass seine Mutter Monika so etwas sei<br />

wie ein Sinnbild für die Kirche: immer hinter ihm<br />

her, für ihn sorgend, um ihn werbend, dass er<br />

Gott kennenlerne.<br />

Liebe Schwestern und Brüder, die Pädagogik<br />

Gottes ist vermutlich heute die gleiche wie damals<br />

im 4. Jahrhundert. Die Kirche ist hinter uns her,<br />

um uns zu gewinnen, Gott zu trauen in unserem<br />

Leben. Wer immer das für Sie sein mag - für<br />

Augustinus war es seine Mutter Monika - wer<br />

immer für Sie als Kirche Gottes unterwegs ist,<br />

um Sie zu gewinnen, Gott zu trauen, der die<br />

Liebe ist. So hat es im Johannesbrief geheißen:<br />

„Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; denn<br />

Gott ist die Liebe“ (1 Joh 4,8) und nicht: „Die<br />

Liebe ist Gott“.<br />

Was wird heute nicht alles vergöttert. Was hat<br />

doch Augustinus in seinem Leben vergöttert,<br />

er meinte, die Liebe sei Gott. Welche Wege der<br />

Selbstaufgabe ist der junge Mann doch gegangen.<br />

Er hat vieles ausprobiert. Heute würde man<br />

sagen, er ist in sektiererische Gemeinschaften<br />

geraten und meinte, das Leben zu haben - und<br />

hat es doch nicht gefunden, bis er für sich selbst<br />

entdeckte, dass sein Herz unruhig war bis es<br />

Ruhe finden würde in Gott. Sie kennen diesen<br />

unvergesslichen Satz des Heiligen: „Zu dir hast<br />

du uns geschaffen, und ruhelos ist unser Herz,<br />

bis es Ruhe findet in dir“ (Confessiones I 1,1).<br />

Wir dürfen von der Sehnsucht des Augustinus<br />

lesen in dem ungeschönten Bericht, wie die<br />

Gnade Gottes eine Spur in sein Leben gefunden<br />

hat, um sein Herz zu gewinnen. Wir lesen bei<br />

Augustinus nicht nur von seiner Sehnsucht und<br />

von der Sehnsucht des Menschen nach Gott.<br />

Augustinus zeigt uns, dass Gott Sehnsucht nach<br />

dem Menschen hat. Dass Gott einer ist, der den<br />

Weg zum Menschen sucht. An Augustinus können<br />

wir ablesen, wie groß die Kraft der Gnade ist. Im<br />

Nachhinein deutet er uns, wie versöhnt seine<br />

Vergangenheit sein darf, hineingeborgen in die<br />

Liebe Gottes. Als er endlich begreift, dass Gott<br />

die Liebe ist, ändert sich sein Leben, wird er<br />

vertraut mit dem innersten Geheimnis unseres<br />

Gottes. Er deutet das Geheimnis dieses Gottes,<br />

dessen Wahrheit die Liebe ist. Er bringt sie ins<br />

Wort, er lässt uns teilhaben an seinem Ringen<br />

um die Gnade in seinem Leben.<br />

Nach ihm werden große Theologen wie etwa<br />

Thomas von Aquin bei ihm lernen. Unübertrefflich<br />

ist nach wie vor seine präzise Art der Deutung<br />

der Gnade Gottes. Augustinus lehrt uns, was<br />

Gnade ist. Nicht, um es nur an ihm zu bewundern,<br />

sondern um uns selbst hellhörig zu machen dafür,<br />

dass Gott sich einschreibt in die Biografie der<br />

Menschen, mitgeht, am Straßenrand wartet, uns<br />

oft auch Zumutungen auferlegt und uns vielleicht<br />

sogar in der eigenen Biografie mit der Wahrheit<br />

unseres Lebens konfrontiert, damit wir hellhörig<br />

werden für das, was Leben in Fülle ist. Weil es<br />

Gott ist, der uns konfrontiert, halten wir es aus<br />

und finden neue Wege zum Leben. Wir finden den<br />

Weg in die Freiheit hinein, die Gott uns zumutet<br />

als Lebensraum der Liebe. Augustinus, der Mann<br />

mit dem brennenden Herzen in der Hand erzählt<br />

uns von der leidenschaftlichen Suche Gottes nach<br />

dem Menschen und von seiner eigenen Suche<br />

nach Gott. Er schenkt uns damit wohl ein Wort<br />

der Zumutung, aber auch ein sehr aufmerksames<br />

Wort der Ermutigung, damit niemand von uns<br />

meint, für ihn sei die Gnade zu wenig. Augustinus<br />

ermutigt uns, was immer das Leben uns bisher<br />

zugemutet haben mag, was es an Wegen, Irrwegen<br />

und Umwegen gegeben haben mag, darauf zu<br />

vertrauen, dass Gott den Menschen findet, wenn<br />

dieser sein Herz der Liebe Gottes öffnet.<br />

Der Gute Hirte, von dem wir im Evangelium gelesen<br />

haben, war letztlich sein inneres Leitmotiv, um in<br />

einer Zeit zu bestehen, die in unterschiedlichen<br />

Strömungen den Menschen herausgefordert hat,<br />

sich selbst darzustellen. Erst als Augustinus die<br />

Selbstdarstellung beendet und angefangen hatte,<br />

Gott in sich wirken zu lassen, hat er die Entfaltung<br />

des Lebens gefunden.<br />

Augustinus ist für mich so etwas wie der Typ<br />

des abendländischen Christen. Abendländisches<br />

Christentum kann ich in seinen Schriften<br />

entdecken. Wir suchen heute ein Profil und<br />

christliche Identität. Die Christen in Europa<br />

brauchen eine klare innere Profilierung, eine<br />

6 7<br />

neue Ausrichtung an einem Gott, der die Liebe ist.<br />

Eine Ausrichtung an Gott, das ist das Programm<br />

auch des Heiligen Vaters, Papst Benedikt XVI. So<br />

beginnt er sein Apostolisches Schreiben: Gott<br />

ist die Liebe.<br />

Mit Gott fängt das Leben an, aufzublühen. Gott<br />

ist ein Zugewinn an Lebensqualität, weil er uns<br />

Freiheit schenkt, damit das Herz in Liebe zu<br />

schlagen und zu wachsen beginnt und sich nicht<br />

immer selbst darstellen muss, sich nicht immer<br />

selbst in Bewegung bringen muss, sondern sich<br />

verschenken darf, weil einer sich uns geschenkt<br />

hat.<br />

„Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt, gibt sein<br />

Leben hin für die Schafe“ (Joh 10,11). Mit dem<br />

Vater eins lebt Jesus die Liebe des Vaters in die<br />

Welt hinein und findet in uns Menschen, die dieser<br />

Liebe Gottes trauen und der Liebe im Herzen<br />

eine Schwingung des Lobpreises geben, dass<br />

die innere Unruhe unseres Herzens langsam zur<br />

Dankbarkeit wird. Auf der Suche nach Gott ist uns<br />

die Gnade des Glauben-Könnens geschenkt. Viele<br />

haben die Gnade des Glauben-Könnens, aber sie<br />

haben sie noch nicht entdeckt. Vielleicht liegt<br />

es an uns, dass wir wie Mutter Monika bei den<br />

Menschen sein müssen, um ihnen die Sehnsucht<br />

Gottes - oft auch unter Tränen - nahe zu bringen.<br />

Irgendwann lebt dann das Herz des Menschen<br />

auf und er entdeckt die größere Herrlichkeit des<br />

Geliebtseins von Gott.

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