Finanz-Krise – Krise der Journalisten? - Deutscher ...
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Aktuell Nachrichten Medien Internes Personalien<br />
Wenn nicht jetzt, wann dann?<br />
MDR-Beschäftigte bereiten<br />
sich auf Arbeitskampf vor<br />
ERFURT <strong>–</strong> „Damit sich Arbeit<br />
wie<strong>der</strong> lohnt“, war vor 19 Jahren<br />
auf Plakaten einer großen<br />
Volkspartei im Vorfeld <strong>der</strong> ersten<br />
freien Wahlen zur Volkskammer<br />
zu lesen. Von Anfang an war<br />
gewollt, dass die Tarife beim<br />
MDR in ihren wesentlichen<br />
Grundzügen <strong>der</strong> Tarifordnung in<br />
<strong>der</strong> Rundfunkbranche <strong>der</strong> alten<br />
Bundeslän<strong>der</strong>n entsprechen.<br />
Davon beseelt verteidigte MDR-<br />
Intendant Udo Reiter die zum<br />
Sendestart gezahlten Gehälter<br />
<strong>der</strong> neuen Anstalt.<br />
Seit zwölf Jahren hat das Fernsehprogramm<br />
des MDR den<br />
Spitzenplatz unter den Dritten<br />
inne. Die qualifizierten, hoch<br />
motivierten festen und freien Mitarbeiter/-innen<br />
sind die Basis des<br />
Erfolgs. Doch <strong>der</strong>en Geduldsfaden<br />
scheint nun zu reißen. Einerseits<br />
<strong>der</strong> Dank des Intendanten<br />
für erfolgreiche, weil quotenträchtige<br />
Programme. Und nicht zu<br />
vergessen eine Personalkostenquote<br />
von 19 Prozent, die ihresgleichen<br />
in <strong>der</strong> ARD sucht. An<strong>der</strong>erseits<br />
dessen Eingeständnis im<br />
vergangenen Jahr, das ein deutlich<br />
vernehmbares Murren bei<br />
den Beschäftigten erzeugte. Die<br />
Vergütungen beim MDR liegen<br />
nur noch bei rund 92 Prozent des<br />
ARD-Niveaus. Beim Programm<br />
in <strong>der</strong> ersten Reihe sitzen <strong>–</strong> beim<br />
Einkommen am Katzentisch.<br />
Selbst <strong>der</strong> öffentliche Dienst, in<br />
Tarifverhandlungen gern als Beispiel<br />
für Sparsamkeit benutzt, hat<br />
den MDR bei <strong>der</strong> Angleichung<br />
an das Tarifniveau (West) inzwischen<br />
abgehängt.<br />
Die Gewerkschaften haben die<br />
Signale aus <strong>der</strong> Belegschaft verstanden<br />
und die Angleichung an<br />
das ARD-Niveau als Ziel <strong>der</strong> Vergütungsrunde<br />
ausgegeben. Ein<br />
tabellenwirksamer einheitlicher<br />
Im Landesfunkhaus Thüringen unterstützten Beschäftigte des MDR und KIKA mit ihrer<br />
Unterschrift die For<strong>der</strong>ung nach schneller Verhandlungsaufnahme.<br />
Sockelbetrag von 150 Euro plus<br />
8 Prozent lineare Anhebung <strong>der</strong><br />
Gehälter sowie ein wertgleicher<br />
Abschluss für alle Freien sind<br />
die <strong>der</strong> MDR-Geschäftsleitung<br />
bereits Ende Oktober mit dem<br />
Ziel übermittelten For<strong>der</strong>ungen,<br />
die Verhandlungen noch vor<br />
Auslaufen des Tarifvertrages aufzunehmen.<br />
Um die Sendepause in <strong>der</strong> Chefetage<br />
zu beenden, sammelten<br />
die Gewerkschaften in nur zwei<br />
Stunden 1.200 Unterschriften, mit<br />
denen die Beschäftigten die sofortige<br />
Verhandlungsaufnahme for<strong>der</strong>ten.<br />
Dadurch kam ein Termin<br />
zu Jahresbeginn zustande, <strong>der</strong> jedoch<br />
wie in den Jahren zuvor verlief.<br />
Der MDR könne noch nicht,<br />
denke noch nach, weiß noch nicht<br />
… Vier Wochen später das gleiche<br />
Bild. Die Geschäftsleitung wollte<br />
sogar die Verhandlungsrunde<br />
absagen, für die sie eigentlich ein<br />
Angebot zugesagt hatte.<br />
Sicher, an<strong>der</strong>e Anstalten haben<br />
auch noch kein Angebot unterbreitet.<br />
Aber eine Meinung zur<br />
gewollten Angleichung an das<br />
ARD-Niveau und zum wertgleichen<br />
Abschluss für alle Freien<br />
dürfen die Gewerkschaften drei<br />
Monate nach <strong>der</strong> Kündigung des<br />
Tarifvertrages wohl erwarten.<br />
Geht es am Verhandlungstisch<br />
nicht voran, muss die Belegschaft<br />
gefragt werden. Endlich gutes<br />
Geld für gute Arbeit und mehr<br />
Wertschätzung für die Leistungen<br />
<strong>der</strong> Mitarbeiter/-innen seitens<br />
des MDR for<strong>der</strong>n die Beschäftigten.<br />
Und sie sind bereit, dafür<br />
auch vors Tor zu ziehen. Deshalb<br />
verteilten Gewerkschafter an<br />
allen MDR-Standorten anlässlich<br />
des Weltfrauentags an die<br />
Kolleginnen Rosen. Weil die auch<br />
Stacheln besitzen gab es für alle<br />
noch eine Info zum Streikrecht<br />
dazu.<br />
Der MDR hofft auf Verhandlungsfortschritte<br />
in <strong>der</strong> nächsten<br />
Runde vier Tage vor Ablauf<br />
<strong>der</strong> Friedenspflicht. Es ist an<br />
ihm, seine Belegschaft ernst zu<br />
nehmen. Die Mehrkosten von<br />
einer Million Euro für 1 Prozent<br />
Gehaltszuwachs nehmen sich<br />
vergleichsweise gering aus gegen<br />
die vorhandenen <strong>Finanz</strong>rücklagen.<br />
Geld, das den Beschäftigten<br />
bisher vorenthalten wurde.<br />
Ralf Leifer<br />
Foto: Michael Sclutter<br />
1/2009 23