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Dechema "Probabilistik"

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Der Einzug der Statistik in die<br />

Leittechnik – Was sagt uns<br />

eigentlich ein λ-Wert?<br />

„Es herd awa a net uff zu bassiere!“<br />

Pfälzer Mundart - Kabarett „Spitz & Stumpf“<br />

05.07.2007<br />

Dr. Andreas Hildebrandt


Die EN 61508 hilft Unfälle zu vermeiden<br />

Systematische Fehler<br />

Zufällige Fehler<br />

Fehlervermeidung<br />

Fehlerbeherrschung<br />

QM – System<br />

Struktur / Konstruktion<br />

Sicherheitslebenszyklus<br />

Probabalistik<br />

(Ausfallwahrscheinlichkeit PFD)<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 2


Das risikobasierte Konzept der EN 61508<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 3


Grundlegende Forderung der EN 61508<br />

• Risiken<br />

– identifizieren (Wo lauert Gefahr?)<br />

– quantifizieren (Wie groß ist die Gefahr?)<br />

– qualifizieren (Kann man damit leben?)<br />

– ggf. reduzieren (Wie beherrsche ich die Gefahr?)<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 4


Risiko – Definition nach EN 61508<br />

Risiko ist das Produkt aus<br />

– Schadenspotenzial und<br />

– Eintrittswahrscheinlichkeit<br />

Risiko = E(D) • P(D)<br />

E(D)<br />

P(D)<br />

= Schadenspotenzial<br />

(Extent of Damage)<br />

= Eintrittswahrscheinlichkeit des Schadens<br />

(engl.: Probability of Damage)<br />

Risiko = Erwartungswert des Schadens bzw. der Schadensrate<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 5


„Werkzeug“: Risikograf<br />

Risiko = S • A • (1 - G) • W<br />

Tolerierbares Risiko<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 6


Risikoreduzierung<br />

Risikoreduzierung ist möglich durch<br />

- Schadensbegrenzung<br />

- Ereignisverhinderung<br />

Ereignisverhinderung ist z. B. möglich durch eine<br />

zusätzliche<br />

Sicherheitseinrichtung<br />

„Es passiert“ nur, wenn die normale Funktion der Anlage<br />

gestört ist und die Sicherheitsfunktion ausfällt<br />

Hinweis: Die Ausfallwahrscheinlichkeit der Sicherheitsfunktion wird PFD<br />

(Probability of Failure on Demand) genannt<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 7


Risikoreduzierung<br />

(Ausgangs) Risiko = P(D) · E(D)<br />

Restrisiko = PFD · P(D) · E(D)<br />

Eintrittswahrscheinlichkeit<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 8


PFD und SIL<br />

Restrisiko = PFD · E(D) · P(D)<br />

Ausgangsrisiko<br />

Tol. Risiko<br />

R R R A1 R A2 R A3<br />

Risiko<br />

PFD SIL 1<br />

PFD SIL 2<br />

PFD SIL 3<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 9


PFD nach EN 61508<br />

Safety Integrity Level PFD<br />

SIL 1 10E-2 ... 10E-1<br />

SIL 2 10E-3 ... 10E-2<br />

SIL 3 10E-4 ... 10E-3<br />

SIL 4 10E-5 ... 10E-4<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 10


Prinzip der PFD-Berechnung<br />

Sicherheitsfunktion<br />

ist ausgefallen<br />

t<br />

PFD = kumulierte Ausfallzeit / Gesamtbetriebsdauer<br />

(für t → ∞)<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 11


Prinzip der PFD-Berechnung<br />

Sicherheitsfunktion<br />

ist ausgefallen<br />

T 1<br />

t<br />

PFD = rel. Ausfallzeit (bezogen auf T 1 ) • Ausfallwahrscheinlichkeit<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 12


Formel zur PFD - Berechnung nach EN 61508-6<br />

Formel zur Berechnung der PFD einer zweikanaligen<br />

Struktur (1oo2) nach EN 61508, Teil 6<br />

PFD<br />

mit<br />

1oo2<br />

= 2⋅<br />

[(1<br />

−β ) ⋅λ + (1 −β)<br />

⋅λ ]<br />

D<br />

DD<br />

DU<br />

2<br />

⋅ t<br />

CE<br />

⋅ t<br />

GE<br />

+β<br />

D<br />

⋅λ<br />

DD<br />

⋅ MTTR+β⋅λ<br />

DU<br />

⎛ T1<br />

⋅⎜<br />

⎝ 2<br />

⎞<br />

+ MTTR⎟<br />

⎠<br />

und<br />

t<br />

CE<br />

=<br />

λ<br />

λ<br />

DU<br />

D<br />

⎛ T1<br />

⋅⎜<br />

⎝ 2<br />

⎞<br />

+ MTTR⎟ +<br />

⎠<br />

λ<br />

λ<br />

DD<br />

D<br />

⋅ MTTR<br />

t<br />

GE<br />

=<br />

λ<br />

λ<br />

DU<br />

D<br />

⎛ T1<br />

⋅⎜<br />

⎝ 3<br />

⎞<br />

+ MTTR⎟ +<br />

⎠<br />

λ<br />

λ<br />

DD<br />

D<br />

⋅MTTR<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 13


Alles purer Zufall<br />

• Geräteausfälle sind Zufallsereignisse<br />

• Ausfallverhalten muss mit Hilfe probabilistischer Größen und Methoden beschrieben<br />

werden<br />

• Statistische Kenngrößen über das Ausfallverhalten von Geräten werden benötigt<br />

(Ausfallrate λ)<br />

Source: iStockphoto<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 14


Badewannenkurve<br />

Die Ausfallrate λ ist die Ausfallwahrscheinlichkeit pro Zeitintervall<br />

(Beispiele: 3% pro Jahr; 7 ppm pro Stunde; 50 FIT; 10 -3 pro Jahr)<br />

Failure Rate versus Time<br />

@ Room Temperature<br />

1,60E-04<br />

1,40E-04<br />

Failure Rate [1/h]<br />

1,20E-04<br />

1,00E-04<br />

8,00E-05<br />

6,00E-05<br />

4,00E-05<br />

2,00E-05<br />

0,00E+00<br />

Verschleiß<br />

konstante Fehlerrate<br />

0 2 4 6 8 10 12 14<br />

Time [years]<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 15


Elektronik vs. Mechanik<br />

Mechaniker und Elektroniker fokussieren auf unterschiedliche<br />

Parameter der Badewannenkurve<br />

Failure Rate versus Time<br />

@ Room Temperature<br />

1,60E-04<br />

Failure Rate [1/h]<br />

1,40E-04<br />

1,20E-04<br />

1,00E-04<br />

8,00E-05<br />

6,00E-05<br />

4,00E-05<br />

2,00E-05<br />

Elektronik<br />

Mechanik<br />

0,00E+00<br />

0 2 4 6 8 10 12 14<br />

Time [years]<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 16


ACHTUNG!!! - - - Weitverbreiteter Fehler - - -<br />

MTBF = 1<br />

λ<br />

Nonsense!<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 17


Wo liegt das Problem?<br />

"Badewannenkurve" des Menschen (Deutschland)<br />

0,07<br />

0,06<br />

Ausfallrate [1 / Jahr]<br />

0,05<br />

0,04<br />

0,03<br />

0,02<br />

λ≈7,7·10 -4<br />

1/Jahr<br />

Männer<br />

Frauen<br />

0,01<br />

0,00<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80<br />

© Statistisches Bundesamt, Wiesbaden, 2004<br />

Lebensalter [Jahre]<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 18


Vermeintliche MTBF eines 30 - jährigen<br />

MTBF = ????<br />

MTBF = 1/λ<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 19


MTBF - Werte in Datenblättern sind oft falsch<br />

MTBF = 1 / (7,73·10 -4 a -1 )<br />

MTBF = 1293,7 Jahre<br />

Es gilt i. a. nicht MTBF = 1 / λ<br />

Die Interpretation der MTBF als Erwartungswert<br />

der Lebensdauer ist daher (obwohl eigentlich<br />

richtig) in der Regel unzulässig. Eine MTBF von<br />

z. B. 650 Jahren muss vielmehr wie folgt<br />

interpretiert werden:<br />

Innerhalb eines Jahres fällt von 650 Geräten<br />

durchschnittlich ein Gerät aus.<br />

(Dies gilt allerdings nur, solange die Ausfallrate<br />

λ konstant ist!)<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 20


Die richtigen Fragen an die richtigen Personen<br />

"Badewannenkurve" des Menschen (Deutschland)<br />

0,07<br />

0,06<br />

Mechaniker:<br />

MTBF = 75,6 years λ≈1,3·10 -2<br />

Ausfallrate [1 / Jahr]<br />

0,05<br />

0,04<br />

0,03<br />

0,02<br />

Elektroniker:<br />

λ≈7,7·10 -4 MTBF = 1300 years<br />

Männer<br />

Frauen<br />

0,01<br />

0,00<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80<br />

© Statistisches Bundesamt, Wiesbaden, 2004<br />

Lebensalter [Jahre]<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 21


Lösung: B 10 -Wert<br />

B 10<br />

- Wert gibt an, nach welcher Betriebsdauer bzw. nach wie vielen Schaltspielen /<br />

Betätigungszyklen die Ausfallwahrscheinlichkeit einer Komponente 10% beträgt.<br />

Gesucht<br />

Mit F(t) = 1−<br />

e<br />

0,1 = 1- e<br />

⇒ λ<br />

λ<br />

10<br />

10<br />

=<br />

=<br />

0,1<br />

B<br />

10<br />

ist ein<br />

−λ<br />

0,1<br />

B<br />

⋅ f<br />

Zyklus<br />

(Falls B<br />

so dass gilt<br />

erhält man :<br />

(Falls B<br />

als<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 22<br />

10<br />

10<br />

⋅B<br />

10<br />

λ<br />

10<br />

−λ⋅t<br />

10<br />

10<br />

: F(B<br />

10<br />

0,1<br />

Zeit gegeben ist),<br />

)<br />

=<br />

bzw.<br />

als Zyklenzahl gegeben ist)<br />

Achtung: Zur Berechnung von Zuverlässigkeitswerten darf λ 10<br />

nur dann herangezogen<br />

werden, wenn die berechneten Werte sich auf Zeiten beziehen, die kleiner sind als B 10


B 10 – Wert am Beispiel „Mensch“<br />

"Badewannenkurve" des Menschen (Deutschland)<br />

0,07<br />

0,06<br />

Mechaniker:<br />

MTBF = 75,6 years λ≈1,3·10 -2<br />

Ausfallrate [1 / Jahr]<br />

0,05<br />

0,04<br />

0,03<br />

0,02<br />

Äquivalente konst. Ausfallrate:<br />

B 10 = 57,1 years λ 10 ≈ 1,75·10 -3<br />

Elektroniker:<br />

λ≈7,7·10 -4 MTBF = 1300 years<br />

Männer<br />

Frauen<br />

0,01<br />

0,00<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80<br />

© Statistisches Bundesamt, Wiesbaden, 2004<br />

Lebensalter [Jahre]<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 23


Ceterum censeo<br />

Alle Berechnungen nach EN 61508 gelten nur, solange<br />

die Ausfallrate λ konstant ist. Bei elektronischen<br />

Geräten geht man üblicherweise davon aus, dass<br />

unter „normalen“ Betriebsbedingungen nach 8 bis 12<br />

Jahren Verschleiß zu beobachten ist, d. h. die<br />

Ausfallrate dann nicht mehr konstant ist! Die<br />

berechneten Werte (PFD / PFH) verlieren dann ihre<br />

Gültigkeit. Je nach Einsatzbedingung kann dies auch<br />

schon deutlich früher der Fall sein.<br />

Siehe hierzu auch:<br />

EN 61508 – 2, Kapitel 7.4.7.4, Anmerkung 3<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 24


Zusammenfassung<br />

Aufgabe:<br />

Risiken identifizieren, quantifizieren, qualifizieren und ggf. reduzieren<br />

Werkzeug:<br />

Risikograph<br />

Ggf. Risiko reduzierende Maßnahmen implementieren:<br />

Implementierung von sicherheitstechnischen Einrichtungen<br />

Kanal<br />

1<br />

Kanal<br />

2<br />

2oo2<br />

Failure Rate versus Time<br />

@ Room Temperature<br />

1,60E-04<br />

1,40E-04<br />

DU 1<br />

DU<br />

PFD = ( λ<br />

DU<br />

+ λ<br />

DD<br />

) ⋅ ⎢ ⋅⎜<br />

+ MTTR ⎟ + ⋅ MTTR⎥<br />

Neue Forderung der EN 61508:<br />

⎣ λ<br />

D ⎝ 2 ⎠ λ<br />

D ⎦<br />

Bestimmung der Ausfallwahrscheinlichkeit (PFD) der Sicherheitsfunktion<br />

Ergebnis:<br />

Unfälle sind sehr unwahrscheinlich<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 25<br />

⎡λ<br />

⎛ T<br />

⎞<br />

λ<br />

⎤<br />

Failure Rate [1/h]<br />

1,20E-04<br />

1,00E-04<br />

8,00E-05<br />

6,00E-05<br />

4,00E-05<br />

2,00E-05<br />

0,00E+00<br />

0 2 4 6 8 10 12 14<br />

Time [years]


Restrisiko<br />

Aufgabe:<br />

Risiken identifizieren, quantifizieren, qualifizieren und ggf. reduzieren<br />

Werkzeug:<br />

Risikograph<br />

Ggf. Risiko reduzierende Maßnahmen implementieren:<br />

Implementierung von sicherheitstechnischen Einrichtungen<br />

Kanal<br />

1<br />

Kanal<br />

2<br />

2oo2<br />

Failure Rate versus Time<br />

@ Room Temperature<br />

1,60E-04<br />

1,40E-04<br />

DU 1<br />

DU<br />

PFD = ( λ<br />

DU<br />

+ λ<br />

DD<br />

) ⋅ ⎢ ⋅⎜<br />

+ MTTR ⎟ + ⋅ MTTR⎥<br />

Neue Forderung der EN 61508:<br />

⎣ λ<br />

D ⎝ 2 ⎠ λ<br />

D ⎦<br />

Bestimmung der Ausfallwahrscheinlichkeit (PFD) der Sicherheitsfunktion<br />

Ergebnis:<br />

Unfälle sind sehr unwahrscheinlich (aber nicht unmöglich)<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 26<br />

⎡λ<br />

⎛ T<br />

⎞<br />

λ<br />

⎤<br />

Failure Rate [1/h]<br />

1,20E-04<br />

1,00E-04<br />

8,00E-05<br />

6,00E-05<br />

4,00E-05<br />

2,00E-05<br />

0,00E+00<br />

0 2 4 6 8 10 12 14<br />

Time [years]


Und die Moral von der Geschicht‘ …<br />

„Es herd awa a net uff zu bassiere!“<br />

Pfälzer Mundart - Kabarett „Spitz & Stumpf“<br />

05.07.2007 Andreas Hildebrandt Folie 27

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