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Die gerontopsychiatrische Tagesklinik - PQM onLine GmbH

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<strong>Die</strong> <strong>gerontopsychiatrische</strong> <strong>Tagesklinik</strong><br />

Heinz-Gerd Andraschko, Projekt- u. Qualitätsmanagement im<br />

Gesundheitswesen, Kalkar<br />

Inhaltsübersicht<br />

1 Einleitung<br />

2 Definition<br />

2.1 Abgrenzung <strong>Tagesklinik</strong> - Tagespflege<br />

3 Gerontopsychiatrische <strong>Tagesklinik</strong><br />

3.1 Möglichkeiten und Vorzüge der <strong>gerontopsychiatrische</strong>n<br />

<strong>Tagesklinik</strong><br />

4 <strong>Die</strong> Aufbau- und Ablaufstruktur<br />

4.1 Organisatorischer Rahmen<br />

4.2 Zielsetzung<br />

4.3 Wochenplan einer <strong>Tagesklinik</strong> (Beispiel)<br />

5 Endbetrachtung<br />

Schlagwortübersicht<br />

<strong>Tagesklinik</strong><br />

Vollhospitalisierung<br />

Behandlungsangebote<br />

Multimorbidität<br />

Gerontopsychiatrie<br />

Tagespflege<br />

Sozialleistungssystem<br />

Therapieprogramme<br />

Anfangsdiagnostik<br />

Orientierungsübungen<br />

Regressionsneigung<br />

Tagesbehandlung<br />

Rehabilitation<br />

Hilfesuchverhalten<br />

Psychiatrieenquete<br />

Versorgungsstrukturen<br />

Geriatrie<br />

Sonderpflegesätze<br />

Demenzkranke<br />

Pharmakotherapie<br />

Diagnostik<br />

Hospitalisierungstendenz<br />

1 Einleitung<br />

<strong>Die</strong> <strong>Tagesklinik</strong> spiegelt wie keine andere Institution das Bemühen<br />

um die Erneuerung der Krankenversorgung. Mit der Umorientierung<br />

zu Wiederherstellung und Wiedereingliederung als vorrangige Ziele


psychiatrischer Behandlung entstanden auch neue Institutionen. <strong>Die</strong><br />

<strong>Tagesklinik</strong> ist eine solche Alternative. Durch die Bildung einer<br />

Reihe von kleineren, durchschaubaren, leichter handhabbaren<br />

Behandlungseinrichtungen konnte ein neues Bild von Psychiatrie und<br />

psychisch Kranken geprägt werden. 1<br />

<strong>Die</strong> <strong>Tagesklinik</strong> ist Bestandteil eines Differenzierungsprozesses. Ihr<br />

Standort zwischen Ambulanz und Klinik macht sie zum Modell<br />

zeitgemäßer psychiatrischer Behandlung. <strong>Die</strong> Tagesbehandlung<br />

verfolgt einen komplexen therapeutischen Ansatz, in dem sich<br />

Psychotherapie, soziotherapeutische Verfahren und medikamentöse<br />

Behandlung begegnen. 2<br />

Der psychisch Kranke und Behinderte hat ein Grundrecht darauf, im<br />

Rahmen seiner verbliebenen Möglichkeiten ein möglichst normales<br />

Leben zu führen, bzw. durch Institutionen betreut zu werden, die<br />

dieses im Rahmen ihrer therapeutischen Rahmenbedingungen<br />

anstreben. <strong>Die</strong> Einrichtungen sind daher differenzierter und müssen<br />

folgende Angebote machen können:<br />

- ambulante therapeutische Hilfen bis hin zur teilstationären<br />

Behandlung in einer <strong>Tagesklinik</strong>, wobei der Patient im übrigen<br />

in seiner herkömmlichen sozialen Umgebung lebt.<br />

- psychiatrische Krankenhausbehandlung für diejenigen Patienten,<br />

die aufgrund der Schwere der Erkrankung und der notwendigen<br />

Intensität der Therapie eine derartige benötigen, möglicherweise<br />

auch längerfristig;<br />

- Einrichtungen zur Wiedereingliederung für diejenigen<br />

Menschen, die nach einer Krankenhausbehandlung unter mehr<br />

oder minder starken Restbehinderungen leiden, und zumindest<br />

vorübergehend für längere Zeit sozialtherapeutische<br />

Unterstützung im Wohn-, Arbeits- und Freizeitbereich bedürfen.<br />

- schließlich benötigen wir neue Schutz- und Schonräume für<br />

diejenigen Kranken, deren Leiden zu chronifizieren droht oder<br />

gar chronisch geworden ist. 3<br />

1 Vgl. Asmus Finzen: Tagesbehandlung –Modell psychiatrischer Therapie in Forum<br />

Medizin, Janssen GMBH, Neuss 1990<br />

2 vgl.: ebenda<br />

3 vgl.: Andreas Crome: Zur Aufgabe tagesklinischer und komplementärer Angebote<br />

bei der Versorgung einer Region in Forum Medizin, Janssen GMBH, Neuss 1990


2 Definition<br />

<strong>Tagesklinik</strong>en sind Einrichtungen, die psychisch Kranke tagsüber<br />

aufnehmen, während die Patienten den Abend in ihrem gewohnten<br />

Lebenskreis verbringen. <strong>Tagesklinik</strong>en verfügen über<br />

Behandlungsmöglichkeiten, die auch in stationären Einrichtungen<br />

üblich sind. Zweckmäßig ist eine Aufnahme vor allem dann, wenn es<br />

sich um eine psychische Störung handelt, bei denen ein Fortschreiten<br />

des Krankheitsprozesses durch ein kurzfristiges Eingreifen verhindert<br />

werden soll. Daneben ist eine Aufnahme in <strong>Tagesklinik</strong>en zur<br />

Nachbehandlung nach vorher erfolgter Vollhospitalisierung<br />

sinnvoll. <strong>Die</strong>s ist besonders dann der Fall, wenn die akuten<br />

Krankheitssymptome und Gefahren für die Patienten und seine<br />

Umgebung nicht mehr gegeben sind, der Kranke aber andererseits<br />

noch nicht ausreichend stabilisiert und zur selbständigen<br />

Lebensführung befähigt ist. Eine solche Nachbehandlung erleichtert<br />

die schrittweise Rückführung in den Familienkreis unter noch<br />

regelmäßiger klinischer Überwachung. Damit dient die Aufnahme<br />

auch der Rehabilitation. Inzwischen differenziert sich das Angebot<br />

der <strong>Tagesklinik</strong>en hinsichtlich diagnosebezogenen<br />

Spezialisierungen. 4<br />

Mit der Zunahme des Anteils älterer Menschen an der<br />

Gesamtbevölkerung ist auch die Zahl seelischer Erkrankungen im<br />

höheren Lebensalter gestiegen. Behandlungsangebote für ältere<br />

psychisch Kranke müssen dem besonderen Hilfesuchverhalten, der<br />

häufig eingeschränkten Mobilität, der vermehrten Sensibilität<br />

gegenüber Veränderungen im Lebenslauf und der Multimorbidität<br />

dieses Personenkreises Rechnung tragen. Um diesen Anforderungen<br />

gerecht werden zu können, sind im Rahmen der Psychiatrieenquete<br />

1975 für das Gebiet der Gerontopsychiatrie neben anderen neuen<br />

Versorgungsstrukturen <strong>Tagesklinik</strong>en gefordert worden. Bisherige<br />

Erfahrungen mit <strong>gerontopsychiatrische</strong>n <strong>Tagesklinik</strong>en bestätigen<br />

die Notwendigkeit des Auf- und Ausbaus weiterer solcher<br />

Einrichtungen. 5<br />

4 vgl.: Brigitte Vetter: Psychiatrie Seite 337, Gustav Fischer-Verlag, Stuttgart 1993<br />

5 vgl.: L. Ernst und C. Wächter in <strong>Tagesklinik</strong> als Teil der psychiatrischen<br />

Versorgung, Rheinland-Verlag, Köln 1983


2.1 Abgrenzung <strong>Tagesklinik</strong> – Tagespflege<br />

<strong>Die</strong> <strong>Tagesklinik</strong> kann im Grunde nicht ohne Querbezug zur<br />

Entwicklung tagespflegerischer Angebote für psychisch kranke alte<br />

Patienten diskutiert werden. Beide Angebote stellen u.a. den Versuch<br />

dar, die großen Lücken zwischen Krankenhaus und Heim bzw.<br />

Krankenhaus/Heim und ambulanter Pflege durch spezifische und<br />

abgestufte Angebote zu verringern. Beide müssen deshalb auch mit<br />

Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten sowie den ambulanten<br />

Fachdiensten von Altenhilfe und Psychiatrie zusammenarbeiten.<br />

Behandlung, Pflege und Rehabilitation des alten Menschen sind<br />

dabei wesentlich auf seine soziale Lebenslage auszurichten; dies<br />

erfordert die Beteiligung der Angehörigen und die Berücksichtigung<br />

seiner häuslichen Verhältnisse.<br />

<strong>Tagesklinik</strong> und Tagespflege haben einen im Kern<br />

unterschiedlichen Aufgabenschwerpunkt, wobei allerdings in<br />

Teilbereichen (z.B. hinsichtlich einzelner Personengruppen und<br />

Bestandteilen des therapeutisch-pflegerischen Konzepts)<br />

Überschneidungen auftreten können. Spezifische Merkmale der<br />

<strong>Tagesklinik</strong>- im Unterschied zur Tagespflegeeinrichtung - sind:<br />

- ständige Anwesenheit eines Arztes/ärztliche Leitung,<br />

- qualifizierte medizinisch-therapeutische Diagnostik und<br />

Therapie (wichtige therapeutische Berufsgruppen sind<br />

Krankengymnasten, Ergotherapeuten, Logopäden, Psychologen<br />

und Sozialarbeiter),<br />

- i.a. zeitlich begrenzte Behandlung und Rehabilitation mit dem<br />

Ziel, den Patienten danach in die Häuslichkeit entlassen zu<br />

können.<br />

<strong>Tagesklinik</strong>en haben in der Geriatrie und Gerontopsychiatrie –wie<br />

auch in anderen Bereichen der Psychiatrie- einen wichtigen und<br />

spezifischen Versorgungsauftrag. <strong>Die</strong>s ist fachlich unbestritten;<br />

tatsächlich ist das vorhandene Angebot jedoch bei weitem nicht<br />

ausreichend.<br />

<strong>Tagesklinik</strong>en verbinden das qualifizierte und intensive<br />

diagnostische und therapeutische Angebot eines Krankenhauses mit<br />

dem Erfordernis einer abgestuften, gemeindenahen und<br />

alltagsbezogenen Behandlung und Rehabilitation. Sie sind dabei<br />

wohl Ersatz als auch Ergänzung zur vollstationären<br />

Krankenhausbehandlung. Ein weiterer Ausgangspunkt ist die


Annahme, das das Angebot der verschiedenen ambulanten <strong>Die</strong>nste<br />

im Hinblick auf den Behandlungs- bzw. Betreuungsbedarf des<br />

einzelnen alten Patienten nicht ausreicht.<br />

<strong>Die</strong> Unterscheidung zwischen <strong>Tagesklinik</strong>en und<br />

Tagespflegeeinrichtungen ist nicht nur durch einzelne konzeptionellfachliche<br />

Merkmale, sondern durch die Struktur unseres<br />

Sozialleistungssystems (mit den unterschiedlichen<br />

Kostenzuständigkeiten von Krankenversicherung und<br />

Sozialhilfe/Gemeinde) bestimmt. Dadurch kann es – wie in anderen<br />

Bereichen des Sozial- und Gesundheitswesens auch- zu<br />

Abgrenzungen kommen, die fachlich nicht vertretbar sind.<br />

<strong>Die</strong> Diskussion um den Ausbau von <strong>gerontopsychiatrische</strong>n<br />

<strong>Tagesklinik</strong>en wird hauptsächlich im Krankenhausbereich und in der<br />

Psychiatrie geführt; die Altenhilfe hat sich jedoch daran zu<br />

beteiligen. Ziele dieser Beteiligung sind die Einbringung spezifischer<br />

Anliegen und die Nutzbarmachung tagesklinischer Erfahrung und<br />

Angebote für die Tagespflege. Dazu gehören:<br />

- Aufstellung eines Behandlungs- bzw. Rehabilitationsplanes<br />

unter Beteiligung eines Arztes,<br />

- Einbeziehung therapeutischer und pflegerischer Fachkräfte,<br />

- multidisziplinäre Teamarbeit,<br />

- apparative Ausstattung,<br />

- und unter Umständen Einsatz mobiler Therapeuten zur<br />

Nachsorge, zur Koordination ambulanter Hilfen und zur<br />

Sicherung eines angepassten Selbständigkeitstrainings. 6<br />

3 <strong>Die</strong> <strong>gerontopsychiatrische</strong> <strong>Tagesklinik</strong><br />

<strong>Die</strong> <strong>Tagesklinik</strong> stellt gerade für psychisch Alterskranke eine<br />

entscheidende Nahtstelle zwischen ambulanter und stationärer<br />

Behandlung dar. <strong>Die</strong> durch das therapeutische Instrument<br />

„<strong>Tagesklinik</strong>“ vermeidbare Institutionalisierung dient der<br />

Aufrechterhaltung der Selbständigkeit ebenso wie auch das soziale<br />

Umfeld in Diagnostik und Therapiekontrolle einbeziehbar ist. <strong>Die</strong><br />

Erhaltung einer gewissen Selbständigkeit im höheren Lebensalter<br />

6 vgl.: Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege: Arbeitsfelder der<br />

Gerontopsychiatrie, KDA Forum 12, Köln März 1990


und das Aufrechterhalten der eigenen Kompetenz sind sowohl<br />

Prophylaxe gegen körperliche und seelische Erkrankung wie sie auch<br />

zu einer besseren Lebenszufriedenheit führen.<br />

3.1 Möglichkeiten und Vorzüge der <strong>gerontopsychiatrische</strong>n<br />

<strong>Tagesklinik</strong><br />

Für die <strong>gerontopsychiatrische</strong> <strong>Tagesklinik</strong> konnten in verschiedenen<br />

Untersuchungen im Laufe der letzten Jahre folgende Möglichkeiten<br />

und Vorteile herausgearbeitet werden:<br />

Im Rahmen der gesamtklinischen diagnostischen Möglichkeiten<br />

ist eine intensive klinisch – psychiatrische und somatische<br />

Diagnosestellung möglich.<br />

Alle sonstigen stationären Therapieangebote des Hauses können<br />

von der <strong>Tagesklinik</strong> mitbenutzt werden.<br />

Familiäre und freundschaftliche sowie nachbarliche Bindungen<br />

können erhalten bleiben bei gleichzeitiger Entlastung der<br />

Familien durch die ganztägige Therapie der psychisch<br />

Alterskranken in der <strong>Tagesklinik</strong>.<br />

Durch Sonderpflegesätze und durch kürzere Behandlungszeiten<br />

können Kosten eingespart werden.<br />

Durch speziell entwickelte Therapieprogramme erfolgt ein<br />

intensives Training von sozial-praktischer Kompetenz sowie der<br />

noch vorhandenen Eigeninitiative. 7<br />

Grundsätzlich ist auch die Behandlung von Demenzkranken in der<br />

<strong>Tagesklinik</strong> möglich, und mittlerweile hat dieser Grundsatz auch<br />

Eingang in die Mehrzahl der Tagespflegekonzepte gefunden. <strong>Die</strong><br />

Realität sieht jedoch noch anders aus. Überwiegend werden Patienten<br />

mit „Depressionen unterschiedlicher Genese behandelt. <strong>Die</strong><br />

häufigsten Ausschlussgründe für eine tagesklinische Behandlung sind<br />

leider immer noch fortgeschrittene Demenzerkrankungen mit<br />

ausgeprägten psychischen Begleitsymptomen und<br />

Weglauftendenzen. 8<br />

7 vgl.: Kurt Heinrich und Christel Kretschmar: Psychopathologische Charakteristika<br />

<strong>gerontopsychiatrische</strong>r <strong>Tagesklinik</strong>patienten , Forum Medizin, Janssen GMBH, Neuss<br />

1990<br />

8 vgl.: Dirk K. Wolter-Henseler: Gerontopsychiatrie in der Gemeinde, Forum 30<br />

KDA, Köln 1996


4 <strong>Die</strong> Aufbaustruktur und Ablaufstruktur<br />

4.1 Organisatorischer Rahmen<br />

<strong>Die</strong> Mehrzahl der <strong>Tagesklinik</strong>en sind Teil einer vollstationären,<br />

psychiatrischen Einrichtung und bestehen meist auch in räumlicher<br />

Nähe einer solchen Einrichtung. Durch eine sorgfältige<br />

Voruntersuchung in der stationären Einrichtung, bzw. die<br />

Möglichkeit hierzu, können Fehlplazierungen weitgehend vermieden<br />

werden. Patienten können nach den Erfordernissen des Einzelfalles<br />

kurzfristig stationär aufgenommen werden. Hinzu kommt die<br />

existentielle Möglichkeit der Zuweisung von Patienten zur<br />

Nachbehandlung oder zur Verkürzung des stationären Aufenthaltes.<br />

Aufgrund des Patientenklientels begrenzt sich der Aufnahmeradius<br />

einer <strong>Tagesklinik</strong> meist selbst. <strong>Die</strong> geringere Mobilität älterer<br />

Patienten sind hierfür ausschlaggebend. Etwas aufgefangen werden<br />

kann dieser Nachteil durch den Einsatz von Kleinbussen, ähnlich<br />

dem Verfahren im Bereich der Tagespflege.<br />

<strong>Die</strong> Behandlungszeit in der <strong>Tagesklinik</strong> beschränkt sich in aller<br />

Regel auf die Wochentage und erstreckt sich dann auf die Zeit von<br />

ca. 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr.<br />

4.2 Zielsetzung<br />

Neben einer Anfangsdiagnostik zielen in der Eingangsphase<br />

geführte psychiatrische Gespräche darauf ab, die hauptsächlich<br />

belastenden Probleme und die psychiatrischen Symptome genau zu<br />

erfassen und die zugrundeliegende seelische Erkrankung zu<br />

klassifizieren. In Zusammenarbeit mit den Patienten, deren<br />

Angehörigen und dem <strong>Tagesklinik</strong>team werden dann die<br />

Behandlungsweise festgelegt. <strong>Die</strong>se können beispielsweise sein:<br />

Hilfestellung bei der Anpassung an veränderte<br />

Lebensbedingungen im Alter, soweit diese zu einer seelischen<br />

Krise geführt haben (z.B. Ausscheiden aus dem Beruf, Umgang<br />

mit seelischer und körperlicher Krankheit etc.)<br />

Bearbeitung aktueller Konflikte, die sich beispielsweise in Form<br />

einer pathologischen Trauerreaktion ausdrücken.<br />

Pharmakotherapie und rehabilitative Maßnahmen bei Patienten<br />

mit endogenen Psychosen


Orientierungsübungen für Patienten mit hirnorganischen<br />

Erkrankungen<br />

Vermittlung sozialer und pflegerischer Hilfe<br />

Beratung der Angehörigen<br />

4.3 Wochenplan einer <strong>Tagesklinik</strong><br />

( Excel-Datei einfügen)<br />

5 Endbetrachtung<br />

<strong>Die</strong> tagesklinische Behandlungsform eignet sich bei älteren<br />

Menschen besonders für Patienten mit depressiven Verstimmungen<br />

und einer Vereinsamungsproblematik, zumeist infolge akuter<br />

Verluste. Aber auch Patienten mit affektiven oder schizophrenen<br />

Psychosen können behandelt werden. Häufig läßt sich bei diesen<br />

Patienten eine Vollhospitalisierung umgehen oder zumindest der<br />

erforderliche stationäre Aufenthalt verkürzen. Dagegen stellt sich die<br />

Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenen hirnorganischen<br />

Psychosyndromen insbesondere wegen der täglich erforderlichen<br />

Einstellung auf eine neue Umgebung weiterhin ein Problem dar.<br />

Vergleichbar mit den Möglichkeiten unter stationären Bedingungen,<br />

kann eine gründliche Diagnostik vorgenommen werden, die<br />

psychologische, soziale und körperliche Faktoren berücksichtigt und<br />

der Multimorbidität psychisch kranker alter Menschen Rechnung<br />

trägt. Von Vorteil dabei ist eine enge Kooperation mit nicht<br />

psychiatrischen und psychiatrischen Abteilungen eines<br />

Krankenhauses, um bei akuten Erkrankungen oder<br />

Verschlechterungen eine vollstationäre Behandlung rasch einleiten<br />

zu können. 9<br />

Neben einer umfassenden medikamentösen Behandlung bietet diese<br />

Organisationsform günstige Voraussetzungen für die Anwendung<br />

bestimmter psycho- und soziotherapeutischer Verfahren. Dabei hat<br />

sich für den Großteil der Patienten bewährt, dass sich die<br />

<strong>Tagesklinik</strong> in ihrem Behandlungskonzept an das Prinzip einer<br />

therapeutischen Gemeinschaft anlehnt und vor allem<br />

gruppentherapeutische Elemente wesentlich mit einbezieht. Trotz der<br />

Möglichkeit, ein breitgefächertes und intensives<br />

9 vgl.: L. Ernst und C. Wächter: <strong>Die</strong> <strong>gerontopsychiatrische</strong> <strong>Tagesklinik</strong> in <strong>Die</strong><br />

<strong>Tagesklinik</strong> als Teil der psychiatrischen Versorgung, Rheinland-Verlag, Köln 1983


Behandlungsprogramm anzubieten, wird einer allzu großen<br />

Regressionsneigung und Hospitalisierungstendenz mit einer<br />

tagesklinischen Behandlungsform dadurch begegnet, dass infolge<br />

täglicher Rückkehr in die häusliche Umgebung und freier<br />

Wochenenden soziale Bindungen erhalten bleiben, in den<br />

therapeutischen Kleingruppen der Erwerb neuer Beziehungen<br />

angeregt wird und der Tagesablauf neben stützenden vor allem auch<br />

anregende Impulse vermittelt. 10<br />

<strong>Die</strong> personelle Zusammensetzung, sowie die personelle Kontinuität<br />

durch fehlenden Schichtdienst bietet zahlreiche Vorteile. Der<br />

vermehrte Zugang zu den Problemen der Patienten, der sich z.B. aus<br />

der Teilnahme an bestimmten Gruppen, durch Kontakt zu<br />

Angehörigen oder durch einen Hausbesuch ergibt, führt zu einem<br />

differenzierten Umgang mit den Patienten und beeinflusst die<br />

Interaktion zwischen den Mitarbeitern. 11<br />

Von wesentlicher Bedeutung ist die Zusammenarbeit mit<br />

Einrichtungen der offenen Altenhilfe, sowie den niedergelassenen<br />

Ärzten, wodurch oft erst möglich wird, dem älteren Patienten seine<br />

bisherige Wohnform in weitgehender Selbständigkeit zu erhalten.<br />

<strong>Die</strong> Frage der Effizienz tagesklinischer Einrichtungen ist heute noch<br />

nicht eindeutig zu beantworten. Kontrollierte Studien, die unter<br />

experimentellen Bedingungen ambulante, teilstationäre und<br />

vollstationäre Behandlungen verglichen haben sind noch nicht<br />

bekannt. <strong>Die</strong> bisherigen Erfahrungen zeigen aber, dass sich mit Hilfe<br />

einer <strong>Tagesklinik</strong> bei einem Teil psychisch erkrankter älterer<br />

Menschen Vollhospitalisierung vermeiden oder verkürzen lassen<br />

und diese Einrichtung optimal dafür geeignet ist, dieser Gruppe von<br />

Patienten die bedrohte Selbständigkeit weitgehend zu erhalten oder<br />

bei der Wiedererlangung der Selbständigkeit behilflich zu sein. <strong>Die</strong><br />

<strong>Tagesklinik</strong> will und kann aber nicht in Konkurrenz mit anderen<br />

psychiatrischen Versorgungsstrukturen treten. Vielmehr versteht<br />

sie sich als ein Glied in einer therapeutischen Kette für eine<br />

bestimmte Gruppe von Patienten zu einem bestimmten Zeitpunkt<br />

ihrer Krankheit. 12<br />

Literatur<br />

10 vgl.: ebenda<br />

11 vgl.: ebenda<br />

12 vgl.: ebenda


Brigitte Vetter: Psychiatrie Gustav Fischer Verlag, Stuttgart 1993 2.<br />

Auflage<br />

Kuratorium Deutsche Altershilfe: Arbeitsfelder der<br />

Gerontopsychiatrie, Forum 12 März 1990<br />

Dirk K. Wolter-Henseler: Gerontopsychiatrie in der Gemeinde,<br />

Forum 30, Kuratorium Deutsche Altershilfe, Köln 1996<br />

Forum Medizin: Praxis der tagesklinischen Behandlung in der<br />

Psychiatrie, Hsgb. Bernd Eikelmann und Rainer Tölle, Janssen<br />

GMBH, Neuss 1990<br />

<strong>Die</strong> <strong>Tagesklinik</strong> als Teil der psychiatrischen Versorgung, Hsgb.<br />

G.Bosch, A.Veltin, Aktion psychisch Kranke, Rheinland-Verlag<br />

GMBH, Köln 1983

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