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Heinz-Gerd Andraschko, Pflegedirektor, Stiftung St. Nikolaus, Kalkar

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Pflegeüberleitung<br />

<strong>Heinz</strong>-<strong>Gerd</strong> <strong>Andraschko</strong>, <strong>Pflegedirektor</strong>, <strong><strong>St</strong>iftung</strong> <strong>St</strong>. <strong>Nikolaus</strong>, <strong>Kalkar</strong><br />

Inhaltsübersicht<br />

1 Das Problem der Pflegeüberleitung 1<br />

1.1 Amblant vor <strong>St</strong>ationär 2<br />

1.2 Pflegeüberleitung als Schnittstellenmanagement 3-4<br />

2 Gesetzliche Anforderungen und Grundlagen 5<br />

2.1 Krankenpflegegesetz 6-11<br />

2.2 Bundessozialgesetzbuch V 12<br />

2.3 Bundessozialgesetzbuch XI 13-18<br />

2.4 Landespflegegesetz Nordrhein-Westfalen 19-20<br />

3 Pflegeüberleitung und Vernetzung 21-23<br />

4 Auswirkungen der vernetzten <strong>St</strong>rukturen 24-26<br />

5 Die Pflegeüberleitung –ein Modell 27-30<br />

5.1 Die Übergabedokumentation 31<br />

5.1.1 Situation: ambulant-stationär 32<br />

5.1.2 Situation: stationär-stationär (Pflegeheim-Krankenhaus) 33<br />

5.1.3 Situation: stationär-stationär (Krankenhaus-Pflegeheim) 34<br />

5.1.4 Situation: stationär-ambulante Versorgng (Krankenhaus – Pflegedienst<br />

u.o. Angehörige) 35-36<br />

5.2 Die Organisation der Pflegeüberleitung 37<br />

5.2.1 Beschreibung der Aufgaben im Zusammenhang mit der<br />

Pflegeüberleitung 38<br />

5.2.2 Die Pflegeüberleitung in den häuslichen Bereich 39-40<br />

5.3 Synergieeffekte ohne hohen Aufwand 41<br />

6 Die Vision der Pflegediagnosen als Hilfsmittel der Pflegeüberleitung<br />

42<br />

6.1 Wozu Pflegediagnosen? 43-46<br />

6.1.1 -für den pflegebedürftigen Menschen 47<br />

6.1.2 -für die Berufsgruppe der Pflegenden 48<br />

6.1.3 -für die Organisation des Pflegedienstes 49-51<br />

7 Schlußbetrachtungen 52-53<br />

7.1 Definition einer Zielsetzung 54<br />

7.2 Notwendigkeiten zur Umsetzung 55<br />

Schlagwortübersicht<br />

Pflegeüberleitung 2,5,26,27,28,37,38,41,53,54,55<br />

Schnittstellenmanagement 3<br />

Pflegeübergabe 7<br />

Pflegeplanung 8,16,17,31,54,55<br />

Rn.<br />

Rn.


1<br />

2<br />

Pflegeprozeßmodell 8,31<br />

Pflegedokumentation 16,17,55<br />

Ressourcen 1,17,31,42<br />

Pflegebedürftige 3,4,7,13,18,19,20,22,29,31,32,33,35,46,47<br />

Kooperation 1,12,23,25,26,54<br />

Koordination 23,30,37<br />

Vernetzung 23,24,25,27,41<br />

Innovation 23<br />

Pflegekonferenz 29<br />

Überleitungsdokumentation 31,34,35,36,37,55<br />

Pflegediagnosen 32,43,45,48,49,50,51,53,55<br />

Pflegeintervention 45<br />

Leistungstransparenz 49<br />

1 Das Problem der Pflegeüberleitung<br />

Aus den Erfahrungen der letzten Jahre wissen wir, daß es immer wieder<br />

Probleme in der Zusammenarbeit von stationären und ambulanten<br />

Pflegebereichen gibt. Speziell die Überleitung von Patienten in die häusliche<br />

Krankenpflege leidet unter Informations- und Kooperationsdefiziten. Dies<br />

führt u.a. zum sogenannten Drehtüreffekt— der Patient wird mangelhaft in<br />

die häusliche Pflege geleitet, die Pflege scheitert, und der Patient ist nach<br />

kurzer Zeit wieder im Krankenhaus. Eine weitere Folge von unzureichender<br />

gegenseitiger Information ist eine vorschnelle Verlegung in ein<br />

Krankenheim, trotz vorhandener Ressourcen bei Patienten und deren<br />

möglicher Förderung durch die ambulanten Pflegedienste.<br />

1.1 Ambulant vor stationär<br />

Im Zuge des Ausbaus der dritten <strong>St</strong>ufe der Gesundheitsreform, sowie mit der<br />

Einführung des PflegeVG mit seinem Slogan „ambulant vor stationär“ ist<br />

der Ruf nach einer gezielten und teamorientierten Entiassungsvorbereitung<br />

aus dem Krankenhaus, ganz besonders bei alten und multimorbiden<br />

Patienten, unüberhörbar geworden. Dabei können die Pflegenden vor dem<br />

Hintergrund eines qualitätsgeleiteten Wirtschaftlichkeits- und<br />

Humanitätsangebots eine Schlüsselstellung einnehmen. Das Schlagwort<br />

„Pflegeüberleitung“ kennzeichnet hierzulande den Handlungsbedarf. Ein<br />

solcher ist zwar vielerorts erkannt, noch ist jedoch die praktische Umsetzung<br />

punktuellen und starken regionalen Schwankungen unterworfen und erfolgt<br />

meist nur in geforderten Modellprojekten.


3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

1.2 Pflegeüberleitung als Schnittstellenmanagement<br />

„Ich umfasse mit dem Begriff „Pflege-Uberleitung“: alle Gedanken, Gefühle<br />

und Handlungen, die notwendig sind, um eine weitere kontinuierliche<br />

Qualität in der Pflege zu gewährleisten, und zwar beim Übergang vom<br />

Krankenhaus zur ambulanten Pflege oder Pflegeheimversorgung und<br />

umgekehrt.“ Diese Definition von M. Joosten erweitert die Pflege-<br />

Überleitung um mehrere Schnittstellen, welche im Sinne der<br />

Pflegebedürftigen berücksichtigt werden müssen. Die Profession „Pflege“<br />

hat ein ausgefeiltes Schnittstellenmanagement zu leisten.<br />

Die Schnittstellen<br />

Pflegebedürftiger – Angehörige – Ambulante Pflege<br />

Pflegebedürftiger – Teilstationäre Pflege – Ambulante Pflege<br />

Pflegebedürftiger – <strong>St</strong>ationäre Pflege – Ambulante Pflege<br />

Pflegebedürftiger – Ambulante Pflege - Krankenhauspflege<br />

Pflegebedürftiger – Krankenhauspflege – Angehörige<br />

sind in die Überlegungen und Bemühungen mit einzubeziehen.<br />

2 Gesetzliche Anforderungen und Grundlagen<br />

Für die Mitarbeiter in Pflegeeinrichtungen mit staatlichem<br />

Krankenpflegeexamen ergibt sich die Notwendigkeit einer<br />

ordnungsgemäßen Pflegeüberleitung allein schon aus dem §4<br />

Krankenpflegegesetz. Dort heißt es:<br />

2.1 Krankenpflegegesetz<br />

Die Ausbildung für Krankenschwestern und Krankenpfleger und für<br />

Kinderkrankenschwestern und Kinderkrankenpfleger soll die Kenntnisse,<br />

Fähigkeiten zur verantwortlichen Mitwirkung bei der Verhütung, Erkennung<br />

und Heilung von Krankheiten vermitteln (Ausbildungsziel). Die Ausbildung<br />

soll insbesondere gerichtet sein auf:<br />

die sachgerechte- und fachkundige, umfassende, geplante Pflege des<br />

Patienten,<br />

die gewissenhafte Vorbereitung, Assistenz und Nachbereitung bei<br />

Maßnahmen der Diagnostik und Therapie,<br />

die Anregung und Anleitung zu gesundheitsförderndem Verhalten,


7<br />

8<br />

9<br />

10<br />

die Beobachtung des körperlichen und seelischen Zustandes des Patienten<br />

und der Umstände, die seine Gesundheit beeinflussen, sowie die<br />

Weitergabe dieser Beobachtungen an die an der Diagnostik, Therapie und<br />

Pflege Beteiligten<br />

die Einleitung lebensnotwendiger Sofortmaßnahmen bis zum Eintreffen der<br />

Ärztin oder des Arztes,<br />

die Erledigung von Verwaltungsaufgaben, soweit sie in unmittelbarem<br />

Zusammenhang mit den Pflegemaßnahmen stehen.<br />

Hieraus ergeben sich folgende Verpflichtungen:<br />

Die verantwortliche Mitwirkung bei der Verhütung, Erkennung und Heilung<br />

von Krankheiten endet nicht am Ausgang des Seniorenheimes, nicht am<br />

Ausgang des Krankenhauses und auch nicht an der Wohnungstür des<br />

Pflegebedürftigen. Hier ist die verantwortliche Mitwirkung einschließlich<br />

der Pflegeübergabe an eine neue verantwortliche Pflegekraft oder<br />

Einrichtung zu fassen.<br />

Absatz 1 von § 4 KrPflG beinhaltet eine weitere Verpflichtung, nämlich die<br />

„sach- und fachkundige, umfassende, geplante Pflege des Patienten“ ist<br />

gefordert. In ihrem Kommentar zum Krankenpflegegesetz führen die<br />

Autoren Kurtenbach/Golombek/Siebers hierzu aus:<br />

„Unabdingbare Voraussetzung hierfür ist die Einführung der Pflegeplanung<br />

im stationären Bereich nach dem Pflegeprozeßmodell.<br />

Der Krankenpflegeprozeß hat zum Ziel, auf systematische Art und Weise<br />

dem Bedürfnis des Patienten nach pflegerischer Betreuung zu entsprechen.<br />

Der Krankenpflegeprozeß besteht aus einer Reihe von logischen,<br />

voneinander abhängigen Überlegungs-, Entscheidungs- und<br />

Handlungsschritten, die auf eine Problemlösung, also auf ein Ziel hin,<br />

ausgerichtet sind. Krankenpflege auf der Grundlage des<br />

Krankenpflegeprozesses beruht auf der Erkenntnis, daß erst die Orientierung<br />

am Problem der Patienten "individuelle“ Pflege gewährleistet. Planung in<br />

der Pflege ist zwar eine wertvolle Technik, aber allein nicht geeignet,<br />

vorhandene oder erwartete Probleme in den "Griff" zu bekommen.<br />

Das Resultat der Pflege wird am Pflegeziel gemessen. Wenn das Ziel<br />

erreicht ist, wird der Vorgang beendet. Wenn Abweichungen vom gesetzten<br />

Ziel vorkommen oder neue Probleme auftreten, beginnt der Prozeß von<br />

neuem. Es müssen dann zusätzliche Informationen gesammelt, Probleme<br />

und Ziele neu formuliert und die Maßnahmen entsprechend angepaßt<br />

werden.“


11<br />

12<br />

13<br />

14<br />

Die Übergabe an eine andere verantwortliche Pflegekraft, bzw andere<br />

Pflegeeinrichtung kann ein Pflegeproblem oder aber auch ein Pflegeziel im<br />

Sinne des Krankenpflegeprozesses sein und bestimmt so auch die<br />

Pflegehandlung.<br />

2.2 Bundessozialgesetzbuch V<br />

Mit dem Gesundheitsstrukturgesetz möchte der Gesetzgeber die starre<br />

Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung beseitigen. Nach<br />

Sozialgesetzbuch V wird in Zukunft die Krankenhausbehandlung<br />

vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär, sowie ambulant erbracht<br />

werden. Langfristig wird sich dadurch die Krankenhaus-, sowie die<br />

Pflegeinfrastruktur verändern. Hier liegen die Möglichkeiten zu<br />

Kooperationen von Krankenhäusern mit Pflegeeinrichtungen im Interesse<br />

der Kunden. Die Pflegeinfrastruktur hat sich bis heute schon dahingehend<br />

verändert, daß sich die Pflegesituationen außerhalb des Krankenhauses,<br />

besonders für die Altenpflegeeinrichtungen, erheblich, zu den früherer<br />

Zeiten, verändert haben. Die fachlich-pflegerischen Anforderungen sind<br />

erheblich gestiegen, und nur mit durchgehender Transparenz der<br />

Pflegeschnittstellen zu bewältigen.<br />

2.3 Bundessozialgesetzbuch XI<br />

Der § 8 Abs. 2 und der § 12 (SGB XI) fordern, daß Länder, Kommunen,<br />

Pflegeeinrichtungen und die Pflegekassen unter Beteiligung des<br />

Medizinischen Dienstes eng zusammenwirken, um eine leistungsfähige,<br />

regional gegliederte, ortsnahe und aufeinander abgestimmte, ambulante und<br />

pflegerische Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. Die<br />

Pflegekassen sollen mit den Trägern der ambulanten und der stationären<br />

gesundheitlichen und sozialen Versorgung partnerschaftlich<br />

zusammenarbeiten, um die für den Pflegebedürftigen zur Verfügung<br />

stehenden Hilfen zu koordinieren.<br />

§ 80 Qualitätssicherung<br />

Die Spitzenverbände der Pflegekassen, die Bundesarbeitsgemeinschaft der<br />

überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bundesvereinigung der<br />

kommunalen Spitzenverbände und die Vereinigungen der Träger der<br />

Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene vereinbaren gemeinsam und<br />

einheitlich Grundsätze und Maßstäbe für die Qualität und die<br />

Qualitätssicherung der ambulanten und stationären Pflege, sowie für das<br />

Verfahren zur Durchführung von Qualitätsprüfungen. Sie arbeiten dabei mit


15<br />

16<br />

17<br />

18<br />

dem Medizinischen Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen, den<br />

Verbänden der Pflegeberufe und den Verbänden der Behinderten eng<br />

zusammen. Die Vereinbarungen sind im Bundesanzeiger zu veröffentlichen,<br />

sie sind für alle Pflegekassen und deren Verbände sowie für die<br />

zugelassenen Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich.<br />

Als gemeinsame Grundsätze und Maßstäbe zur Qualität und<br />

Qualitätsicherung einschl. des Verfahrens zur Durchführung von<br />

Qualitätsprüfungen nach §80 SGB XI in vollstationären<br />

Pflegeeinrichtungen, werden im Rahmen der <strong>St</strong>rukturqualität genannt:<br />

Pflege unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft<br />

bedeutet, daß diese unter anderem verantwortlich ist für:<br />

die fachliche Planung der Pflegeprozesse<br />

die fachgerechte Führung der Pflegedokumentation<br />

Im Bereich der Prozeßqualität wird wiederum die Pflegeplanung in<br />

den Vordergrund gerückt.<br />

Für jeden Bewohner ist eine individuelle Pflegeplanung unter Einbezug der<br />

Informationen des Bewohners,- der Angehörigen oder anderer an der Pflege<br />

Beteiligten, durchzuführen. Die Empfehlungen des Medizinischen Dienstes<br />

der Krankenversicherung (MDK) nach § 18 Abs. 5 SGB XI werden<br />

berücksichtigt. Die Möglichkeiten der aktivierenden Pflege und die beim<br />

Bewohner vorhandenen Ressourcen und Fähigkeiten zur Einbeziehung in<br />

den Pflegeprozeß sind herauszuarbeiten und die Pflegeziele festzulegen. Den<br />

individuellen Wünschen und Bedürfnissen des Bewohners ist dabei<br />

Rechnung zu tragen. Die individuelle Pflegeplanung muß, der Entwicklung<br />

des Pflegeprozesses entsprechend, kontinuierlich aktualisiert werden. Dazu<br />

gehört auch eine geeignete Pflegedokumentation. Pflegerische Leistungen<br />

sind mit hauswirtschaftlichen, sowie anderen Versorgungsbereichen<br />

abzustimmen. Die soziale und kulturelle Integration des Bewohners in das<br />

gesellschaftliche Umfeld wird bei der Festlegung der Pflegeziele<br />

berücksichtigt. Die Gemeinschaft unter den Bewohnern wird ermöglicht und<br />

gefördert.<br />

Eine Ausgrenzung der Übergabe der Pflege eines Pflegebedürftigen dürfte<br />

wohl kaum aus dem Leistungsspektrum einer institutionalen Pflege möglich<br />

sein. Desweiteren ist eine pflegerische Verantwortung bei bestehender<br />

Pflegebedürftigkeit nicht aussetzbar und kann somit nur bei einer deutlichen<br />

Verantwortungsübernahme eines Dritten beendet sein. Diese Möglichkeit<br />

besteht m.E. ausdrücklich nicht im stationären Pflegebereich. Hier bleibt die<br />

Verantwortung auch bei einer vorübergehenden Verlegung in einer andere<br />

Pflegeeinrichtung, wie z.B. ein Krankenhaus bestehen.


2.4 Landespflegegesetz Nordrhein-Westfalen<br />

19<br />

Die zugelassenen Krankenhäuser (§ 108 SGB V) und<br />

Rehabilitationseinrichtungen (§ 111 SGB V) im Land sind verpflichtet, mit<br />

zugelassenen Pflegeeinrichtungen (§ 72 SGB XI) eng und vertrauensvoll mit<br />

dem Ziel zusammenzuwirken, den unmittelbaren Übergang von der<br />

Krankenhaus- oder Rehabilitationsbehandlung unter Wahrung der<br />

Wahlfreiheit der Pflegebedürftigen zu einer notwendigen Pflege im Sinne<br />

des SGB XI durch eine zugelassene Pflegeeinrichtung sicherzustellen.<br />

Hierüber schließen die Landesverbände der Pflegekassen gemeinsam und<br />

einheitlich mit den Vereinigungen der Träger und, soweit solche nicht<br />

existieren, mit den Trägern von Krankenhäusern,<br />

Rehabilitationseinrichtungen und Pflegeeinrichtungen Vereinbarungen.<br />

Diese Vereinbarungen sind für die zugelassenen Krankenhäuser und<br />

Rehabilitationseinrichtungen, sowie die Pflegeeinrichtungen und<br />

Pflegekassen im Land unmittelbar verbindlich.<br />

20<br />

Aus dieser Darstellung läßt sich eine Notwendigkeit der Zusammenarbeit<br />

der einzelnen Pflegeeinrichtungen herleiten, welche zu Gunsten des<br />

Pflegebedürftigen angelegt sein muß. Es wird eindeutig festgehalten, daß<br />

dabei die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen gegenüber der<br />

Pflegeeinrichtungen vordergründig zu behandeln sind.<br />

21<br />

22<br />

3 Pflegeüberleitung und Vernetzung<br />

Oft löst die Frage, ob stationäre oder ambulante Versorgung in einem<br />

Einzelfall, aber auch generell in einer Gemeinde oder Region richtiger sei,<br />

viele Emotionen bei direkt Betroffenen, ihren Angehörigen und auch bei<br />

Politikern und in der Gemeindebevölkerung aus. Die beiden<br />

Versorgungsformen werden als unvereinbare und sich ausschließende<br />

Gegensätze gesehen; die eine wird als besser, humaner, richtiger und auch<br />

billiger als die andere beurteilt. Widerstände, Fehl- und Vorurteile in der<br />

Bevölkerung und bei Pflege- und Betreuungspersonen sind nicht selten.<br />

Eine solche Ausgangslage ist eine schlechte Voraussetzung für die<br />

Zusammenarbeit.<br />

Der gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Situation, sowie den<br />

Bedürfnissen und Möglichkeiten des einzelnen Pflege- und Hilfebedürftigen<br />

und seiner Umgebung stehen die personellen, fachlichen, finanziellen,<br />

betrieblichen und strukturellen Möglichkeiten der ambulanten bzw.<br />

stationären Versorgungseinrichtung gegenüber. Beim Entscheid für die eine<br />

oder andere Versorgungsart müssen alle diese Faktoren berücksichtigt


23<br />

24<br />

25<br />

werden. Wenn beide Bereiche völlig unabhängig voneinander oder<br />

gegeneinander agieren, geschieht dies oft nur zufällig und hat<br />

Fehlplazierungen zur Folge. Die Kosten senken, eine größtmögliche<br />

Effizienz bei immer knapper werdenden Mitteln erzielen, gleichzeitig aber<br />

auch die Betreuung einer wachsenden Zahl von Pflegebedürftigen<br />

verbessern:<br />

Sowohl Gesundheits- als auch Pflegebereich stehen vor großen<br />

Herausforderungen. Die Begriffe Kooperation, Koordination und<br />

Vernetzung spielen dabei eine zentrale Rolle. Innovation ist gefragt: Im<br />

Krankenhaus und in der Pflege muß über Kooperation, Koordination und<br />

Vernetzung nachgedacht werden, um angemessen auf die neueste<br />

Gesetzgebung reagieren zu können. Kooperationen entstehen aus der<br />

Notwendigkeit, die Kooperationspartner zu „Gewinnern“ zu machen und die<br />

eigene Einrichtung zu stabilisieren. Kooperationen können der Nivellierung<br />

der Pflegeberufe entgegenwirken. Die Nachfrage nach Dienstleistungen wird<br />

in Zukunft steigen, deshalb sind Kooperationen unerläßlich.<br />

4 Auswirkungen der vernetzten <strong>St</strong>rukturen<br />

Eine Vernetzung der bestehenden <strong>St</strong>rukturen zur Patientenbetreuung wird<br />

eine Serviceverbesserung mit sich bringen. Das bisher ungeordnete<br />

Nebeneinander wird in ein geordnetes Miteinander umgewandelt. Eine<br />

Serviceverbesserung ist in Zukunft unerläßlich, wenn man bedenkt, daß im<br />

Jahr 2020 die Hälfte aller Arbeitsstellen im Dienstleistungsbereich bestehen,<br />

wobei der größte Anteil im Service- und Beratungsbereich angesiedelt sein<br />

werden. Service erhält einen immer größeren <strong>St</strong>ellenwert.<br />

Die Leistungen der Pflege werden an die Nachfrage gebunden und erweitert.<br />

Die Betreuung des Kunden wird verbessert, wenn die Pflege im Rahmen des<br />

Pflegeprozesses mittels Kooperation sinnvoll organisiert und geplant wird.<br />

Ein Kunde, der schnell aus dem Krankenhaus in seine gewohnte häusliche<br />

Umgebung entlassen werden kann, ohne dabei auf notwendige<br />

Hilfeleistungen verzichten zu müssen, hat dadurch einen Gewinn an<br />

Lebensqualität. Kooperationen sparen Geld und Zeit ein. Doch die<br />

Vernetzung der Gesundheitsdienste wird zuerst einmal Geld kosten.<br />

Investitionen für neue Mitarbeiter sollten die Träger der Gesundheitsdienste<br />

aber nicht als Kostenfaktor, sondern als Leistungsfaktor ansehen. Da ein<br />

Grundprinzip der Vernetzung die Identifikation eines jeden Mitarbeiters mit<br />

den einzelnen Diensten und deren Arbeit ist, kann jeder Mitarbeiter dazu<br />

beitragen, Kosten einzusparen.


26<br />

27<br />

28<br />

29<br />

Ein Weg und ein Ergebnis zugleich könnte der Aufbau eine standartisierten<br />

Pflegeüberleitung eines Netzwerkes oder einer ganzen Region sein. Beim<br />

Weg der direkten Überleitung werden keine gesonderten <strong>St</strong>ellen geschaffen,<br />

sondern die an der Behandlung beteiligten Personen sind für die Weitergabe<br />

der Informationen verantwortlich. Die Kontinuität in der Versorgung wird<br />

dadurch erhöht und der Informationsverlust begrenzt. Durch die<br />

Einbeziehung aller an der Behandlung beteiligten Berufsgruppen kann sich<br />

ein konstruktiver Prozeß der gegenseitigen Verständigung entwickeln.<br />

Dieser Prozeß kann somit weitgehendst kostenneutral ins Leben gerufen<br />

werden und fördert somit sicherlich die Kooperationsfähigkeit der<br />

Einrichtungen des Gesundheitswesens erheblich.<br />

5 Die Pflegeüberleitung – ein Modell<br />

Die allgemeine Zielsetzung der Pflegeüberleitung ist die Vernetzung von<br />

stationären, häuslichen und ambulanten Pflegebereichen. Die gesetzlichen<br />

Grundlagen wurden an anderer <strong>St</strong>elle schon in aller Deutlichkeit, besonders<br />

für die Pflegenden dargestellt.<br />

Der Transfer der Pflege soll durch die Pflegeüberleitung gesichert werden.<br />

In Untersuchungen wurden Erwartungen, Aufgaben und Bedarf zwischen<br />

jeweils zwei Einrichtungen (z.B. Krankenhaus - Altenpflegeheim, häusliche<br />

Umgebung - Krankenhaus) zusammengestellt. Die Auswertung ergab, daß<br />

alle Akteure einen sehr hohen Bedarf an Informationen haben. Die meisten<br />

Beteiligten gehen davon aus, daß sie selber ausreichend ihre Schnittstellen<br />

informieren, daß dies aber einseitig geschieht und sie von den anderen nicht<br />

„genauso gut“ informiert werden. Dies macht sich besonders bei der<br />

Ubergabe-/Uberleitungspflege bemerkbar. Hier ist eine gute<br />

Zusammenarbeit der Beteiligten besonders wichtig, aber sie wird nicht zur<br />

Zufriedenheit aller gehandhabt. Geht man davon aus, daß ca. 70 % der<br />

Heimaufnahmen über das Krankenhaus erfolgen, stellt das Krankenhaus eine<br />

wichtige Schnittstelle dar. Diese Schnittstelle muß verbessert werden. Dabei<br />

braucht sie m.E. keine neue oder verbesserte Grundlage. Die vorhandenen<br />

Vorgaben benötigen einen <strong>St</strong>andard, die Pflege braucht eine Sprache.<br />

Das Landespflegegesetz Nordrhein-Westfalen bildet hier die Möglichkeit<br />

diesen <strong>St</strong>andard zu finden. Gefordert ist eine flächendeckende optimale<br />

Überleitung aller Pflegebedürftigen von einer institutionalen<br />

Pflegeeinrichtung in die andere. Hierfür könnten die Pflegekonferenzen in<br />

NRW einen <strong>St</strong>andard erarbeiten, bzw. festlegen. Die Pflegekonferenzen<br />

könnten diesen <strong>St</strong>andard als solchen anerkennen und damit für alle<br />

verbindlich machen. In § 5 PfG NW heißt es:


30<br />

31<br />

Zur Umsetzung der in diesem Gesetz und in den §§8 und 9 SGB XI<br />

vorgegeben Aufgaben richten die Kreise und kreisfreien <strong>St</strong>ädte<br />

Pflegekonferenzen ein und übernehmen deren Geschäftsführung.<br />

Aufgabe der Pflegekonferenz ist die Mitwirkung bei der Sicherung und<br />

qualitativen Weiterentwicklung der pflegerischen Angebotsstruktur,<br />

einschließlich der notwendigen komplementären Hilfen. ...<br />

Hierzu benötigen wir für die Entwicklung keine weiteren Modellversuche<br />

mit wissenschaftlicher Begleitung, auch keine nicht lösbare<br />

Finanzierungsdiskussion. Jeder Patient, der nach der Entlassung pflegerisch<br />

weiter versorgt werden muß, soll möglichst rasch durch gute Koordination<br />

zwischen stationären und ambulanten Bereich schriftlich und persönlich,<br />

reibungslos und ohne qualitativen Bruch in die vertraute, soziale Umgebung<br />

geführt werden. Die Erfassung der pflegerischen Bedürfnisse nach der<br />

Entlassung soll schon bei der Aufnahme erarbeitet werden, um frühzeitig<br />

problemlösend tätig sein zu können und damit u.a. die Aufanhme der sog.<br />

Drehtürpatienten zu reduzieren und Fehlbelegungen vorzubeugen. Dieses<br />

von Marly Joosten in „Die Pflege-Überleitung“ ausformulierte Ziel gehört<br />

seit jeher zu den Aufgaben von PFLEGE. Hierzu benötigt die Pflege zwei<br />

Werkzeuge:<br />

„Übergabedokumentation“ (Verlegungsbericht)<br />

„Organisation der Überleitung“ (Zusammenarbeit der<br />

Beteiligten).<br />

5.1 Die Übergabedokumentation<br />

Die Basis der Pflege in den verschiedenen Pflegeeinrichtungen bildet in aller<br />

Regel das Pflegeprozeßmodell. Die geplante Pflege ist festgelegter<br />

Grundsatz für alle Pflegeeinrichtungen, somit ein festgelegter <strong>St</strong>andard. Der<br />

Nachweis ist zu erbringen über die Pflegedokumrentation, wo die<br />

Pflegeprobleme, Pflegeziele, Pflegemaßnahmen und die Ressourcen der<br />

Zupflegenden erfaßt und in einem kontinierlichen Überarbeitungsprozeß der<br />

akutuellen Pflegesituation des einzelnen Pflegebedürftigen angepaßt werden.<br />

Aus der Sicht des Zupflegenden wird sein persönlicher Pflegeprozeß nicht<br />

durch eine Überleitung in eine andere Verantwortung unterbrochen, sondern<br />

stellt eine Erfüllung eines Zwischenziels oder eine Maßnahme zur Lösung<br />

eines Pflegeproblem dar. Der Zupflegende stellt somit zu Recht die<br />

Forderung nach Transparenz auf. Die Überleitungsdokumentation muß<br />

deshalb die aktuelle Pflegeplanung mit allen dazugehörigen Daten für den<br />

reibungslosen Übergang des Pflegeprozesses von einer Verantwortlichkeit in<br />

eine andere Verantwortlichkeit beinhalten.<br />

5.1.1 Situation: ambulant – stationär


32<br />

33<br />

34<br />

35<br />

36<br />

Ein Pflegebedürftiger, der bisher von einem ambulanten Dienst versorgt<br />

wurde, muß ins Krankenhaus eingewiesen werden; hier füllt die<br />

pflegeverantwortliche Kraft des ambulanten Dienstes die<br />

Uberleitungsdokumentation aus, damit der Pflegebedürftige sie mit ins<br />

Krankenhaus nehmen kann. Das Krankenhaus verfügt somit bei der<br />

Aufnahme über viele wichtige Informationen. Ärzte und Pflegepersonal<br />

verfügen sofort über diese wichtigen Informationen.<br />

5.1.2 Situation: stationär – stationär (Pflegeheim – Krankenhaus)<br />

Ein Pflegebedürftiger wird aus einer vollstationären Pflegeeinrichtung zur<br />

Krankenhausbehandlung eingewiesen: Die Pflegeeinrichtung füllt die<br />

Überleitungsdokumentation aus und reicht diese mit ins Krankenhaus. Das<br />

Krankenhaus verfügt somit bei der Aufnahme über viele wichtige<br />

Informationen. Ärzte und Pflegepersonal müssen diese Informationen nicht<br />

erst mühsam zusammensuchen und erfragen.<br />

5.1.3 Situation: stationär – stationär (Krankenhaus - Pflegeheim)<br />

Bei einem Krankenhauspatienten, der vor dem Krankenhausaufenthalt nicht<br />

pflegebedürftig war, wird eine Heimbedürftigkeit festgestellt. Die<br />

Überleitungsdokumentation enthält alle wichtigen Informationen, die der<br />

medizinische Dienst für eine Begutachtung benötigt.<br />

5.1.4 Situation: stationär - ambulante Versorgung (Krankenhaus -<br />

Pflegedienst u.o. Angehörige)<br />

Bei einem Krankenhauspatienten, der vor dem Krankenhausaufenthalt nicht<br />

pflegebedürftig war, wird festgestellt, daß er zwar nicht heimbedürftig, aber<br />

ohne Hilfe nicht nach Hause entlassen werden kann. Bei Einschaltung eines<br />

ambulanten Dienstes erhält dieser mit der ausgefüllten<br />

Überleitungsdokumentation einen Überblick über die Situation des<br />

Pflegebedürftigen. Bei der Versorgung durch Angehörige haben diese<br />

ausreichende Informationen, z.B. für die eigene Pflege und für den<br />

behandelnden Hausarzt.<br />

Die Weitergabe von pflegerelevanten, personenbezogenen Daten, welche in<br />

der Überleitungsdokumentation sicherlich anzutreffen sind, wird ohne die<br />

Einverständniserklärung des Betroffenen nicht abgegeben werden können.<br />

Dieses Problem könnte man aber durch eine entsprechende, aufzunehmende<br />

Erklärung des Betroffenen der Überleitungsdokumentation lösen.


37<br />

38<br />

Checkliste: Pflegeüberleitungsdokumentation<br />

5.2 Die Organisation der Pflegeüberleitung<br />

Koordination der Pflegeüberleitung erfolgt durch die<br />

Bezugspflegekraft und den Krankenhaussozialdienst (KHS) der<br />

entsprechenden aufnehmenden bzw. entlassenden Einrichtung.<br />

Alle Belange der Pflege werden durch die beteiligten<br />

pflegerischen Dienste mit der Überleitungsdokumentation<br />

übergeben.<br />

Die Verantwortlichkeit einer ordnungsgemäßen Überleitung der<br />

Pflege liegt bei den Bezugspflegekräften der einzelnen<br />

Pflegeeinrichtungen. Als Arbeitsmittel wird die Pflegeplanung<br />

eingesetzt.<br />

Eine Überleitungskonferenz mit den beteiligten Helfern erfolgt<br />

in allen Fällen, die nach § 37 Abs. 1 SGB V poststationär<br />

versorgt werden sollen. Die Vermittlung aller nachsorgenden<br />

Dienste erfolgt gleichfalls durch den KHS (nach Absprache in<br />

der Überleitungskonferenz, s. Pkt. 3.).<br />

Angehörige werden grundsätzlich einbezogen und in Belangen<br />

der Pflege und sozialhilferechtlichen Konsequenzen beraten.<br />

Der KHS soll spätestens eine Woche vor der geplanten<br />

Entlassung informiert werden.<br />

5.2.2 Beschreibung der Aufgaben im Zusammenhang mit der<br />

Pflegeüberleitung<br />

Eine im Bezugspflegesystem arbeitende Pflegekraft organisiert den Tranfer<br />

der Pflege vom Krankenhaus in die übernehmende Pflegeeinrichtung und ist<br />

in Fragen der Pflege, somit auch in Fragen der Pflegeüberleitung „ihres“<br />

Patienten Ansprechpartner zwischen Pflegenden, Ärzten,<br />

Krankengymnasten, Heimleitern, Sozialarbeitern, Krankenkassen. Sie sorgt<br />

für die Durchführung eines effektiven, schriftlichen und mündlichen<br />

Berichtssystems (Überleitungsdokumentation) zwischen <strong>St</strong>ation,<br />

Sozialstation und Altenheim. Das Erfassen einer Pflege-<br />

Überleitungsanamnese am Krankenbett zur frühzeitigen Erkennung von<br />

Problemen, die einer Kontinuität der Pflege nach der Entlassung im Wege<br />

stehen, wird Teil der Pflegeprozeßplanung.<br />

5.2.2Überleitung in den häuslichen Bereich


39<br />

40<br />

41<br />

42<br />

Die Angehörigen und der Patient haben sich für eine Entlassung in den<br />

häuslichen Bereich entschieden. Ziele der pflegerischen Überleitung sind die<br />

Gewährleistung von kontinuierlicher Pflege und die bestmögliche<br />

Vorbereitung des Patienten und der Angehörigen auf die zukünftige<br />

Situation.<br />

Die pflegerische Bezugsperson bespricht mit den Angehörigen, dem<br />

Patienten und gegebenenfalls dem ambulanten Pflegedienst die<br />

erforderlichen Maßnahmen und überreicht einen pflegerischen<br />

Verlegungsbericht mit den notwendigen Informationen. Bei der Übernahme<br />

der Pflege durch ausschließlich pflegende Angehörige wäre das Angebot der<br />

Hospitation der Pflegenden schon im <strong>St</strong>ationsbetrieb eine notwendige und<br />

sinnvolle Ergänzung von Krankenhausleistungen. Im Rahmen dieser<br />

Hospitation unterbreitet die Bezugspflegekraft das Angebot des „Notrufs“.<br />

Es eröffnet den Angehörigen die Möglichkeit, bei auftretenden Fragen in der<br />

häuslichen Pflege telefonisch Rücksprache mit der pflegerischen<br />

Bezugsperson zu nehmen.<br />

5.3 Synergieeffekte ohne hohen Aufwand<br />

Die Einführung dieser Handlungweisen kann in vielen Einrichtungen auch<br />

autonom vorangetrieben werden. Die Verwirklichung einer vernetzten<br />

Versorgungsstrukutr unterschiedlicher Leistungsangebote, die sich ergänzen,<br />

wird in Zukunft noch stärker zu einer grundlegenden Forderung im<br />

Gesundheits- und Sozialsystem. Dabei entstehen für einzelne Träger<br />

besondere Chancen, ihre Angebote trägerübergreifend miteinander zu<br />

vernetzen und Synergie-Effekte zu nutzen. Die Pflegeüberleitung kann, wie<br />

dargestellt, mit wenigen Mitteln eine Verbesserung der Transparenz in der<br />

Pflege mit sich bringen und so ein positives Element dieser Vernetzung für<br />

den Zupflegenden bedeuten.<br />

6 Die Vision der Pflegediagnosen als Hilfsmittel der<br />

Pflegeüberleitung<br />

In den USA ist das System der Pflegediagnosen fester Bestandteil<br />

pflegerischer Praxis und Theorie. Im Pflegeprozeß hat die Diagnosestellung<br />

einen festen Platz; nach der Informationssammlung, sowie der Problem- und<br />

Ressourcenbestimmung des Patienten werden - wie auch in der Medizin -<br />

eine oder mehrere Pflegediagnosen formuliert.<br />

6.1 Wozu Pflegediagnosen?


43<br />

44<br />

45<br />

46<br />

47<br />

Die Berufsgruppe der Pflegenden kann mit der Erstellung eines<br />

Diagnosesystems eine Klärung und Systematisierung ihrer Handlungen<br />

erreichen, sowie eine Objektivierung ihres Handlungsfeldes. Die<br />

Entwicklung der Pflege wird bestimmen, wieweit die Pflegediagnosen<br />

handlungsleitend sein werden.<br />

Unter Pflegekonzept versteht sich der theoretischen Rahmen für die<br />

Organisation des Pflegedienstes in einer bestimmten Institution, z. B. eines<br />

Krankenhauses, eines Altenpflegeheims, einer Sozialstation. In einem so<br />

verstandenen Pflegekonzept werden mehrere Ebenen pflegerischer<br />

Dienstleistung miteinander zu einem möglichst sinnvollen Ganzen<br />

verknüpft, nämlich die Ebene der Arbeitsablauforganisation, die Ebene der<br />

konkreten Leistungserbringung und die Ebene des Leitbilds oder des Werts<br />

der Pflege.<br />

In diesem Rahmen ordnet sich die Pflegediagnose als ein Hilfsmittel zur<br />

Gestaltung der konkreten Leistungserbringung ein und steht damit in<br />

direktem Zusammenhang mit den anderen Schritten und der Ausgestaltung<br />

des Pflegeprozeßes, wie dem Pflegeplan und der <strong>St</strong>andardisierung von<br />

Pflegeleistungen. Das heißt also, Pflegediagnosen haben ihren Wert im<br />

Zusammenhang mit der Objektivierung und Nachweisbarkeit pflegerischer<br />

Leistung. Sie eröffnen damit die Möglichkeit der Transparenz und<br />

Nachvollziehbarkeit von Pflegeinterventionen. Um dies überhaupt leisten<br />

zu können, müssen sie wie auch Pflegestandards an Pflegeproblemen und<br />

nicht z.B. an Krankheitsbildern ausgerichtet sein. Sie müssen zudem das<br />

Kriterium der Objektivierbarkeit erfüllen, sonst sind sie nämlich nicht oder<br />

jedenfalls nur sehr schwer überprüfbar.<br />

Eine pflegephilosophische Grundhaltung liefern sie nicht allein durch ihre<br />

Anwendung automatisch mit, genauso wenig wie sie ein Indikator für eine<br />

gute Pflegequalität sind. Das sind sie nur dann, wenn sie selbst qualitativ<br />

hochwertig sind. Sie sichern auch nicht eine vertrauensvolle Beziehung<br />

zwischen Pflegefachperson und pflegebedürftigem Menschen, sondern<br />

können allenfalls bei verantwortungsvoller Anwendung stützen.<br />

6.1.1 -für den pflegebedürftigen Menschen<br />

Für den pflegebedürftigen Menschen ist eine Pflegediagnose nur dann<br />

hilfreich, wenn sie richtig ist, wenn sie zu den angemessenen pflegerischen<br />

Interventionen führt und damit zur Aufrechterhaltung oder Verbesserung<br />

seiner Lebensqualität beiträgt. Dann kann die einigermaßen gesicherte<br />

Feststellung seines pflegerischen Zustands für ihn eine wichtige Klärung im


48<br />

49<br />

50<br />

51<br />

Prozeß der Abhängigkeit und der Wiedergewinnung von Selbständigkeit<br />

sein.<br />

6.1.2 -für die Berufsgruppe der Pflegenden<br />

Für die Berufsgruppe der Pflegenden sind Pflegediagnosen hilfreich zur<br />

Ordnung ihres Aufgabenbereichs und zur Klärung ihrer<br />

Interventionsmöglichkeiten. Empirisch abgesicherte Pflegediagnosen<br />

ermöglichen zudem die Bereitstellung eines wissenschaftlich abgesicherten<br />

Fundus an pflegespezifischem Wissen, erleichtern die professionelle<br />

Kommunikation und tragen zur Klärung und Abgrenzung eines<br />

eigenständigen pflegerischen Verantwortungsbereichs bei.<br />

6.1.3 -für die Organisation des Pflegedienstes<br />

Für die Organisation des Pflegedienstes stellen Pflegediagnosen die<br />

Möglichkeit der Leistungstransparenz und Evaluation bereit, darüber<br />

hinaus schaffen sie die Grundlage zur Vereinheitlichung und Bündelung von<br />

komplexen Sachverhalten. Sie können ein wichtiger Baustein im gesamten<br />

Feld des Qualitätsmanagements sein, wenn nämlich bestimmte pflegerische<br />

Leistungen aufgrund von Pflegediagnosen erbracht und überprüft werden.<br />

Das heißt also, Pflegediagnosen haben ihren <strong>St</strong>ellenwert im Kontext der<br />

konkreten Leistungserbringung, und zwar in dem Maße, wie sie für die<br />

Praxis handhabbar und umsetzbar sind. Damit unterliegen sie, wenn man so<br />

will, den gleichen Qualitätskriterien wie Pflegestandards oder<br />

Pflegedokumentationssysteme. Wenn die instrumentelle Handhabung die<br />

Leitlinie zum Einsatz und zur Entwicklung von Pflegediagnosen im<br />

deutschsprachigen Raum wird, dann kann die Pflege damit einen guten<br />

Schritt in der Begründung und Offenlegung ihrer Leistungen weiterkommen.<br />

Wichtig erscheint mir vor allem, die zwangsläufige Begrenztheit von<br />

Pflegediagnosen zu erkennen und zu akzeptieren, daß eine Pflegediagnose<br />

immer nur einen kleinen Ausschnitt einer komplexen Pflegesituation<br />

wiedergeben kann, daß sie weder etwas über die philosophische<br />

Grundhaltung noch über das Beziehungsgeflecht aussagen kann, und daß sie<br />

nicht die personelle und hermeneutische Kompetenz der professionell<br />

Pflegenden ersetzen kann.<br />

7 Schlußbetrachtungen


52<br />

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54<br />

Für eine optimale Pflege und Betreuung im Einzelfall, vor allem bei einer<br />

längeren Dauer der Pflegebedürftigkeit, sind in der Regel beide<br />

Versorgungsarten sich ergänzend nacheinander oder abwechslungsweise<br />

nötig. Eine gute Zusammenarbeit zwischen allen Bereichen gewährleistet die<br />

Konstanz und die Kontinuität der Pflege und Betreuung. So sollen Heimund<br />

Klinikeintritte und -austritte gemeinsam mit dem Patienten, seinen<br />

Angehörigen und dem Personal der ambulanten und stationären Dienste<br />

vorbereitet werden.<br />

<strong>St</strong>ationäre Einrichtungen und ambulante Versorgung sollten durchlässiger<br />

sein. Das heißt z. B., daß stationäre Einrichtungen dem Patienten eine<br />

Wiederaufnahme gewährleisten und ihn wieder an die ambulante Betreuung<br />

abgeben können, falls sich sein Zustand verbessert hat. Die Einbeziehung<br />

von Kurzzeitpflegebetten für zeitlich begrenzte Aufenthalte in stationären<br />

Einrichtungen entlastet pflegende Angehörige und ambulante Dienste und<br />

könnte vielleicht auch Vorurteile gegen die stationäre Pflege abbauen<br />

helfen. Wenn die Vision der Pflegediagnosen nicht mit theoretischen<br />

Modellen der Pflege verwechselt werden und nicht die lllusion genährt wird,<br />

daß Pflegediagnosen an sich die Garantie für eine gute Pflege bieten, dann<br />

sind Pflegediagnosen wertvolle und vielleicht unersetzbare Hilfsmittel zur<br />

Erfassung pflegerischer Leistung und zur Transparenz des pflegerischen<br />

Aufgabenbereichs. Für die Pflegeüberleitung würde dies die Einführung<br />

einer gemeinsamen Sprache bedeuten, was mögliche<br />

Kommunikationsprobleme innerhalb der einzelnen Pflegeeinrichtungen<br />

vermeiden könnte. Ein weiterer Schritt in Richtung Pflegetransfer ohne<br />

Transferverluste wäre getan. Diese neue Deutlichkeit in der Pflege ist ein<br />

Anspruch, den die Zupflegenden zu Recht beanspruchen dürften.<br />

7.1 Definition einer Zielsetzung<br />

Nach den Erkenntnissen von Projekten aus der Vergangenheit kann die<br />

Zielsetzung der Pflegeüberleitung wie folgt definiert werden:<br />

Abbau von Informations- und Kooperationsdefiziten zwischen<br />

den verschiedenen Pflegebereichen und damit Einführung und<br />

Aufrechterhaltung eines rationellen Überleitungssystems<br />

(Arbeitsablauf-Pflegeüberleitung).<br />

Weitere Verzahnung von stationärer, teilstationärer und<br />

ambulanter Krankenpflege in Kooperation mit den<br />

Krankenpflegekräften, Ärzten, Sozialarbeitern und anderen<br />

beteiligten Berufsgruppen.


55<br />

Frühzeitige Vorbereitung einer Überleitungspflege durch die<br />

Herstellung von Erstkontakten mit der häuslichen Krankenpflege<br />

im Krankenhaus und die Durchführung von Belastungsurlauben<br />

mit Patienten.<br />

Die fachkompetente Ergänzung des Krankenhaus-Sozialdienstes<br />

durch die Arbeit der Bezugspflegekräfte.<br />

Fachliche Beratung von pflegenden Angehörigen in festen<br />

Sprechzeiten und Erfahrungsgruppen.<br />

Verminderung der Fehlbelegung sowie Verkürzung der<br />

Verweildauer im Akutbereich des Krankenhauses.<br />

Gemeinsame Fortbildung von klinischen und ambulanten<br />

Mitarbeitern.<br />

Sicherstellung der Qualitätsverbesserung in der<br />

Pflegeüberleitung.<br />

Mitarbeit bei der Pflegeplanung im Krankenhaus.<br />

7.2 Notwendigkeiten zur Umsetzung<br />

Die Umsetzung dieser Ziele machte die Einführung dreier wesentlicher<br />

Dinge notwendig:<br />

Schaffung eines Arbeitsablaufes zur Pflegeüberleitung, in dem<br />

sich die beteiligten Berufsgruppen mit ihren Aufgaben<br />

wiederfinden und zueinander abgrenzen und<br />

Die Einführung einer Pflegeüberleitungsdokumentation aus<br />

der Pflegedokumentation und abschließenden Pflegeberichts<br />

zum Patienten als Zwischenergebnis der individuellen<br />

Pflegeplanung.<br />

Eine Auseinandersetzung der Pflege mit dem Hilfsmittel der<br />

Pflegediagnosen als gemeinsame Sprache der Profession Pflege.<br />

Literatur<br />

Doenges, M.E./Moorhouse, M.F.: Pflegediagnosen und Maßnahmen. Bern<br />

1993.<br />

Höhmann, U.: Pflegediagnosen. Eschborn 1995.<br />

Barden, I.: Vernetzung von häuslicher und institutioneller Pflege und<br />

Behandlung, in Krankendienst 3/1998.<br />

Thiel,H./Jensen,M.: Klinikleitfaden Psychiatrische Pflege. Lübeck 1997.<br />

Maletzki,W./<strong>St</strong>egmayer-Petry,A.: Klinikleitfaden Pflege. Neckarsulm 1995.<br />

Kurtenbach,H./Golombek,G./Siebers,H.: Krankenpflegegesetz. Köln 1992.


Joosten,M.: Die Pflege-Überleitung vom Krankenhaus in die ambulante<br />

Betreuung und Altenpflegeheim. Herdecke 1993.<br />

Brunen,M.H./Herold,E.E.: Ambulante Pflege. Hannover 1995<br />

Eschmann,P./Kocher,G./Spescha,E.: Ambulante Krankenpflege. Bern 1990<br />

Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW:<br />

Umsetzung der Pflegeversicherung. Düsseldorf 1997.<br />

Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Sozailes des Landes NRW:<br />

Landespflegegesetz Nordrhein-Westfalen. Düsseldorf 1996.<br />

Hartisch, E.: Beratungspflege, in Heilberufe 3/1994.<br />

Goecke,R./Großhans,R./Hübner,I./Lichti,V.: Die lückenlose und<br />

bedarfsgerechte Weiterversorgung muß gesichert sein, in Pflege 8/1997.<br />

Roth,A.: Zeitstrukturen sind in der häuslichen Pflege selbstbestimmt, in<br />

Pflege 6/96.<br />

Scholz, T.: Discharge Planning in Großbritannien – Pflegeüberleitung in<br />

Deutschland, in Pflege 6/1996.<br />

Lubatsch, H.: Angehörigenarbeit im Krankenhaus – eine Herausforderung<br />

für die professionelle Pflege, in Pflege 7/1997.<br />

Schanz, B.: Wie aus Partnern zukünftige Gewinner werden, in BALK-Info<br />

2/1998.<br />

Dr. Belly, Ch.: Organisation durch Koordination und Kooperation, in<br />

KrankenPflege – Journal 1/1998.


Checkliste<br />

Pflegeüberleitungsdokmentation<br />

Wird immer ausgefüllt, wenn Pflege nach der Entlassung nötig ist.<br />

Ziele<br />

· über den bisherigen Verlauf informieren<br />

· kontinuierliche Pflege sicherstellen<br />

· Zustand des Patienten bei der Entlassung nachweisen.<br />

Handhabung<br />

· erstellt von Bezugspflegeperson<br />

· Kopie für die Krankenakte<br />

· im verschlossenen Kuvert mitgeben<br />

· kann schon am Vortag erstellt werden<br />

· muß mit Datum und Handzeichen versehen werden.<br />

Inhalt<br />

· Daten des Patienten, z. B. Adressenaufkleber<br />

· pflegerische Situation des Patienten, benötigte Hilfestellung nach<br />

Pflegeplanung<br />

· zuletzt durchgeführte pflegerische Maßnahmen nach Pflegeplanung<br />

· benötigte Hilfsmittel<br />

· letzter Wechsel von Sonden, Drainagen mit genauer Bezeichnung der<br />

verwendeten Materialien<br />

· Reaktionen des Patienten auf pflegerische, therapeutische<br />

Maßnahmen<br />

· Beschreibung des bisherigen Verlaufs und Einschätzung der weiteren<br />

Entwicklung<br />

Gesprächinhalte für persönliche Pflegeüberleitung:<br />

Erstinformation über die derzeitige pflegerische Situation des Pat.:<br />

- Einschränkungen im Bereich der ATL, erforderliche Hilfestellungen<br />

(z.B. Inkontinenz, z.B. Harn, <strong>St</strong>uhl, Blasendauerkatheter, letzter<br />

Katheterwechsel)<br />

- Fähigkeiten des Pat. im Bereich der ATL (z.B. Mobilität: Treppen<br />

steigen etc.)<br />

- Zuletzt durchgeführte Pflegemaßnahmen, Verordnungen (z.B. Diät,<br />

Diabetiker,Insulingaben, Verbände, Dekubitus, Medikamente<br />

(Nachtmedizin'?)<br />

Ggf. wichtige Informationen aus dem Arztbrief (Medikation, Infektiösit,it<br />

etc.)<br />

Exakte Angaben über Sonden, Drahtlage, <strong>St</strong>omaversorgung (mit<br />

Fabrikat und Termin für z.B. nächsten Wechsel)


Evtl. Hautdefekte, frische Narben/Verletzungen<br />

Einschätzung der weiteren Entwicklung bei bestehender Pflegeplanung<br />

und offenen Pflegeziel.<br />

Checkliste: Pflegeüberleitungsdokumentation

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