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Die Einarbeitung neuer Mitarbeiter in ein gerontopsychiatrische

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<strong>Die</strong> <strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong> <strong>neuer</strong> <strong>Mitarbeiter</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

<strong>gerontopsychiatrische</strong>s Arbeitsumfeld<br />

H.G. Andraschko, Projekt- und Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen,<br />

Kranenburg<br />

Inhaltsübersicht<br />

1 Vorwort<br />

2 Der Reiz des „Neuen“<br />

3 Gerontopsychiatrische Pflege<br />

3.1 Heimleitung<br />

3.2 Pflegepersonal<br />

3.3 Hauswirtschaft<br />

3.4 Sozialer <strong>Die</strong>nst<br />

4 E<strong>in</strong> mögliches Handlungskonzept<br />

4.1 Tätigkeiten der Orientierung im Arbeitsbereich<br />

4.1.1 Organisatorische Orientierung<br />

4.1.2 Fachliche Orientierung<br />

4.1.3 Andere Orientierung<br />

4.2 Notfallorganisation<br />

4.3 Orientierung <strong>in</strong> Bezug auf die Rolle gegenüber den Bewohnern<br />

4.4 Tätigkeiten der direkten Pflege<br />

4.5 Tätigkeiten <strong>in</strong> der <strong>in</strong>direkten Pflege<br />

4.6 Tätigkeiten der Reflexion –Selbstpflege-<br />

4.6.1 Selbste<strong>in</strong>schätzung<br />

4.6.2 Rolle als <strong>Mitarbeiter</strong> im Team<br />

4.6.3 Berufsbild<br />

5 <strong>Die</strong> <strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong>sphasen<br />

5.1 E<strong>in</strong>führungsphase<br />

5.2 <strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong>sphase<br />

5.3 Anleitungs- und Kontrollphase<br />

6 Spezielle <strong>gerontopsychiatrische</strong> Aspekte <strong>in</strong> der <strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong>sphase<br />

6.1 Gesamtsicht über die erforderliche adäquate Hilfestellung und für die<br />

Umsetzung <strong>in</strong> Planung für Versorgung, Pflege und Unterstützung des<br />

gerontopsychiatrisch erkrankten Menschen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em sozialen Umfeld<br />

6.2 Sicherstellung der Basisversorgung der gerontopsychiatrisch Erkrankten <strong>in</strong><br />

ihrer gewählten/bestehenden Lebenssituation während der<br />

Krankheitsverlaufes<br />

6.3 Durchführung ärztlich, <strong>in</strong>sbesondere gerontopsychiatrisch verordneter<br />

Behandlungsmaßnahmen<br />

6.4 Psychosoziale Stabilisierung der familiären und sozialen Umwelt des<br />

gerontopsychiatrisch erkrankten Menschen<br />

6.5 Mitarbeit bei Planung, Umsetzung und Überprüfung von aktivierenden,<br />

tra<strong>in</strong>ierenden, rehabilitativen und soziotherapeutischen<br />

Maßnahmen/Programmen<br />

1


6.6 Durchführung präventiver Maßnahmen<br />

6.7 Dokumentation der erfolgenden Maßnahmen zur Überprüfung der eigenen<br />

Arbeit und zur Verlaufskontrolle<br />

7 Abschliessende Bemerkungen und Ausblick<br />

Schlagwortübersicht<br />

Gerontopsychiatrie<br />

Handlungskompetenzen<br />

Selbstpflege<br />

<strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong>sphase<br />

Fortbildungskonzept<br />

Kompetenzsteigerung<br />

<strong>gerontopsychiatrische</strong> Pflege<br />

Handlungskonzept<br />

E<strong>in</strong>führungsphase<br />

Anleitungs- Kontrollphase<br />

Professionalisierung<br />

Normalisierungspr<strong>in</strong>zip<br />

1 Vorwort<br />

<strong>Die</strong> zunehmende Zahl von gerontopsychiatrisch erkrankten alten<br />

Menschen <strong>in</strong> den Unternehmen der stationären Altenhilfe erfordert<br />

besondere Vorbereitung bei der <strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong> <strong>neuer</strong> <strong>Mitarbeiter</strong>.<br />

<strong>Die</strong> Betreuung der gerontopsychiatrisch erkrankten bzw. pyschisch<br />

auffälligen Altenheimbewohner/<strong>in</strong>nen ist nicht e<strong>in</strong>em extra dafür<br />

ausgebildeten Expertenteam alle<strong>in</strong> zu übertragen, sondern ist<br />

Angelegenheit aller <strong>Mitarbeiter</strong>/<strong>in</strong>nen der E<strong>in</strong>richtung. <strong>Die</strong>se<br />

geme<strong>in</strong>same Intervention bedeutet auch für die <strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong> <strong>neuer</strong><br />

<strong>Mitarbeiter</strong> e<strong>in</strong> neues, besonderes Vorgehen. In diesem Aufsatz<br />

sollen <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie die Aspekte der <strong>gerontopsychiatrische</strong>n Arbeit<br />

bei der <strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong> <strong>neuer</strong> <strong>Mitarbeiter</strong> behandelt werden. 1<br />

2 Der Reiz des „Neuen“<br />

<strong>Die</strong> ersten Stunden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er neuen E<strong>in</strong>richtung, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ungewohnten<br />

Umgebung, werden oft mit den verschiedensten Gefühlen begleitet,<br />

die nicht unbed<strong>in</strong>gt immer nur positiv zu werten s<strong>in</strong>d.<br />

Altenpflegee<strong>in</strong>richtungen, bzw. Pflegee<strong>in</strong>richtungen allgeme<strong>in</strong>,<br />

können es nicht leisten e<strong>in</strong>en qualifizierten <strong>Mitarbeiter</strong>, der unter<br />

1 S.a. Rahmenkonzeption f. Unternehmen der stationären Altenhilfe der Diözese<br />

Münster: Wir schaffen Raum<br />

2


Umständen mit sehr viel Anspruch aus e<strong>in</strong>er Anzahl von Bewerbern<br />

ausgewählt wurde, durch e<strong>in</strong>e schlechte bzw. mangelhafte<br />

<strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong> wieder zu verlieren. Oft jedoch ist es noch so, dass neue<br />

<strong>Mitarbeiter</strong> e<strong>in</strong>fach <strong>in</strong> den Pflegealltag geschickt werden, und e<strong>in</strong>e<br />

Anleitung erfolgt eher wahllos.<br />

Dabei führt der Arbeitsbeg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>es neuen <strong>Mitarbeiter</strong>s für den neuen<br />

<strong>Mitarbeiter</strong> und für die E<strong>in</strong>richtung zu zusätzlichen Belastungen.<br />

Der/<strong>Die</strong> neue <strong>Mitarbeiter</strong>/<strong>in</strong> haben es schwer, sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er fremden<br />

Umgebung zurechtzuf<strong>in</strong>den. Der neue <strong>Mitarbeiter</strong> ist trotz aller<br />

Euphorie und Neugier unsicher, oft hilflos und hat vielleicht die<br />

Sorge, den Anforderungen nicht, oder nicht schnell genug gerecht<br />

werden zu können. <strong>Die</strong>se Sorgen zu mildern, bzw. recht bald e<strong>in</strong><br />

gutes Gefühl aufkommen zu lassen, kann man mit e<strong>in</strong>er strukturierten<br />

Vorgehensweise bei der <strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong> <strong>neuer</strong> <strong>Mitarbeiter</strong> erreichen.<br />

Für den Arbeitsbereich „Gerontopsychiatrie“ trifft dies um so mehr<br />

bei <strong>Mitarbeiter</strong>n/<strong>in</strong>nen zu, die <strong>in</strong> diesem Bereich wenig oder noch<br />

ke<strong>in</strong>e Erfahrungen gesammelt haben. <strong>Die</strong> oft noch bestehenden<br />

Berührungsängste mit der „Andersartigkeit“, der Umgang mit den<br />

verschlüsselten Verhaltensweisen von dementen, alten Menschen<br />

verstärken die Sorgen der neuen <strong>Mitarbeiter</strong> sicherlich noch mehr.<br />

3 Gerontopsychiatrische Pflege<br />

<strong>Die</strong> <strong>gerontopsychiatrische</strong> Pflege fordert alle <strong>Mitarbeiter</strong> und<br />

<strong>Mitarbeiter</strong><strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>es Heimes, unabhängig von ihrer<br />

Berufsausbildung. Soll dieses spezielle Klientel angemessen betreut<br />

und gepflegt werden, s<strong>in</strong>d die psychosoziale Begleitung und die<br />

rehabilitative Orientierung zu <strong>in</strong>tensivieren. Alle Berufsgruppen<br />

müssen sich daran beteiligen, den Bewohnern und Pflegebedürftigen<br />

möglichst viele Interaktions- und Kommunikationsmöglichkeiten zu<br />

eröffnen und e<strong>in</strong>e räumlich stimulierende Umgebung zu bieten.<br />

Für die e<strong>in</strong>zelnen Berufsgruppen bedeutet das: 2<br />

3.1 Heimleitung<br />

2 S.a. Rahmenkonzeption f. Unternehmen der stationären Altenhilfe der Diözese<br />

Münster: Wir schaffen Raum<br />

3<br />

ebenda<br />

3


<strong>Die</strong> Heimleitung soll über <strong>gerontopsychiatrische</strong>s Grundwissen<br />

verfügen und <strong>in</strong> rechtlichen Fragen (Betreuungsrecht) kompetent<br />

se<strong>in</strong>. <strong>Die</strong> Heimleitung soll <strong>gerontopsychiatrische</strong><br />

Betreuungskonzepte kennen und beurteilen können, über<br />

architekturpsychologisches Grundwissen verfügen und eigene<br />

<strong>gerontopsychiatrische</strong> Konzepte <strong>in</strong> Kooperation mit den <strong>Mitarbeiter</strong>n<br />

entwickeln können. 3<br />

3.2 Pflegepersonal<br />

Insbesondere das Pflegepersonal benötigt <strong>gerontopsychiatrische</strong>s<br />

Fachwissen. Regelmäßige Fallbesprechungen haben stattzuf<strong>in</strong>den.<br />

Den <strong>Mitarbeiter</strong>/Innen sollte die Gelegenheit gegeben werden,<br />

<strong>gerontopsychiatrische</strong> Zusatzausbildungen zu absolvieren. 4<br />

3.3 Hauswirtschaft<br />

<strong>Die</strong> Hauswirtschaft sollte <strong>in</strong> die Erarbeitung geme<strong>in</strong>samer<br />

<strong>gerontopsychiatrische</strong>r Zielvorstellungen e<strong>in</strong>gebunden se<strong>in</strong> und über<br />

entsprechende Handlungskompetenzen verfügen, da auch die<br />

<strong>Mitarbeiter</strong>/<strong>in</strong>nen von Hauswirtschaft/Küche/Re<strong>in</strong>igungsdienst<br />

vielfältige und regelmäßige Kontakte zu den Bewohnern/<strong>in</strong>nen haben<br />

und dementsprechend E<strong>in</strong>flußmöglichkeiten. Im hauswirtschaftlichen<br />

Tätigkeitsfeld bieten sich zahlreiche Möglichkeiten, den alten, auch<br />

den verwirrten Bewohner/<strong>in</strong>nen „Nützlichkeitserfahrungen“ und<br />

s<strong>in</strong>nvolle Beschäftigungsmöglichkeiten im Alltagsleben zu bieten. 5<br />

3.4 Sozialer <strong>Die</strong>nst<br />

<strong>Die</strong> <strong>Mitarbeiter</strong>/<strong>in</strong>nen des sozialen <strong>Die</strong>nstes brauchen<br />

<strong>gerontopsychiatrische</strong>s Fachwissen, Fähigkeiten zu therapeutischen<br />

3<br />

4 S.a. Rahmenkonzeption f. Unternehmen der stationären Altenhilfe der Diözese<br />

Münster: Wir schaffen Raum<br />

5<br />

ebenda<br />

5 6<br />

ebenda<br />

4


Gesprächen und <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zel- und Gruppenarbeit, Fachwissen <strong>in</strong> Bezug<br />

auf Milieu- und Wohnraumgestaltung, Fähigkeiten zur Koord<strong>in</strong>ation<br />

und Vernetzung von Hilfsangeboten, Motivation und Unterstützung<br />

der Bewohner <strong>in</strong> Richtung auf Aktivierung und Selbständigkeit,<br />

Fähigkeit <strong>in</strong> der Organisation und Durchführung von<br />

Geme<strong>in</strong>schaftsveranstaltungen. 6<br />

4 E<strong>in</strong> mögliches Handlungskonzept<br />

E<strong>in</strong>en Weg zur <strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong> <strong>neuer</strong> <strong>Mitarbeiter</strong> aufzuzeigen, heißt im<br />

Pr<strong>in</strong>zip, die zugedachten Handlungsbereiche des neuen <strong>Mitarbeiter</strong>s<br />

<strong>in</strong> Teilschritte zu trennen. <strong>Die</strong>s soll hier für den Bereich des<br />

pflegerischen Handlungsbereich beispielhaft versucht werden.<br />

Sicherlich gibt es verschiedene Merkmale, nach denen man den<br />

pflegerischen Handlungsbereich unterteilen kann. Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d<br />

diese nur im Rahmen der <strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong> von Pflegefachkräften<br />

s<strong>in</strong>nvoll. Bei Pflegehilfskräften oder anderen neuen <strong>Mitarbeiter</strong>n<br />

setzt dies oft zuviel voraus, da sie zum Beispiel<br />

Kategorisierungsmodelle als Grundlage haben, welche e<strong>in</strong>e<br />

umfangreiche Fachlichkeit voraussetzen.<br />

Folgende E<strong>in</strong>teilung könnte als Orientierungshilfe für alle neuen<br />

<strong>Mitarbeiter</strong>/<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> der Pflege se<strong>in</strong>, ohne e<strong>in</strong>e Ausgrenzung<br />

vornehmen zu müssen.<br />

4.1 Tätigkeiten der Orientierung im Arbeitsbereich<br />

4.1.1 Organisatorische Orientierung<br />

Räumliche Orientierung: Räume/Stationsorganisation räumlich,<br />

Pausen-, Umkleideräume, Lagerung der Arbeitsmittel/Wege<br />

Zeitliche Orientierung: <strong>Die</strong>nstplan, Schichtsystem, <strong>Die</strong>nstzeiten,<br />

Pausenzeiten, Zeitliche E<strong>in</strong>satzplanung, Urlaub, Gesprächsterm<strong>in</strong>e,<br />

Tagesablauf, Orientierung Arbeitsablauforganisation<br />

Personelle Orientierung: Vorstellung der <strong>Mitarbeiter</strong>, der<br />

kooperierenden <strong>Die</strong>nste, Bezugsperson, Vertretung, Kompetenzen<br />

klären<br />

6<br />

5


Organisatorische Orientierung: Bewohnerrufanlage,<br />

Dokumentationssystem, Versorgung/Entsorgung<br />

4.1.2 Fachliche Orientierung<br />

Charakteristik des pflegerischen Fachbereichs,<br />

Krankheiten, demographisch-soziale Aspekte: Pflegekonzept,<br />

therapeutisches Konzept,<br />

Besonderheiten:<br />

Pflegerische Besonderheiten z.B. Bewohnerumgang, Hygiene,<br />

Sicherheit,<br />

spezielle Besonderheiten z.B. <strong>gerontopsychiatrische</strong> Fachpflege<br />

4.1.3 andere Orientierung<br />

Kontaktorganisation mit anderen <strong>Die</strong>nsten des Hauses:<br />

therapeutischen <strong>Die</strong>nsten, Verwaltung, Personalbüro, Transport- und<br />

Kommunikationsmittel<br />

4.2 Notfallorganisation<br />

Sicherheitstechnische E<strong>in</strong>richtungen: Feuerlöscher, Fluchtwege,<br />

Notfallutensilien, Telefonsystem, Piepser, Anlaufstellen,<br />

Ansprechpartnern<br />

4.3 Orientierung <strong>in</strong> Bezug auf die Rolle gegenüber den<br />

Bewohnern<br />

Kontaktaufnahme<br />

Verhaltensweisen:<br />

Juristisch geregelt: Schweigepflicht; Fixierung;<br />

Auskunftsberechtigung<br />

Andere: Umgangsform; Persönlichkeits-, Privat-, Intimsphäre; Nähe-<br />

Distanz-Problem; erfolgs-, betreuungs-, l<strong>in</strong>derungsorientiertes<br />

Verhalten<br />

Bewohner-, Krankenbeobachtung:<br />

6


Strukturierung eigener Beobachtung, Bewußtse<strong>in</strong>slagen, Vitalwerte,<br />

E<strong>in</strong>teilungskriterien (ATL, Bedürfnisse) Kategorisierungsmodelle,<br />

<strong>in</strong>strumentale Anteile<br />

Aufklärung/Krankheitsvorsorge, Gesundheitserziehung, Gespräche,<br />

Umgang mit Angehörigen<br />

4.4 Tätigkeiten der direkten Pflege<br />

Grundpflege und Prophylaxen, Mobilisation und Aktivierung,<br />

Speisenversorgung, Ernährung<br />

Behandlungspflege und <strong>gerontopsychiatrische</strong> Pflege<br />

Spezielle, umfassende Pflege bei bestimmten Krankheitsbildern<br />

Betreuende Pflegeanteile<br />

4.5 Tätigkeiten <strong>in</strong> der <strong>in</strong>direkten Pflege<br />

Aufnahme, Entlassungen<br />

Pflegeplanung, Dokumentation, Visiten<br />

Vorbereiten und Nachbereiten von pflegerischer Intervention<br />

Umgang mit Medikamenten, Geräten, Materialien<br />

Statistische Erfassung<br />

4.6 Tätigkeiten der Reflexion –Selbstpflege-<br />

4.6.1 Selbste<strong>in</strong>schätzung<br />

Wahrnehmung und Äußerung der eigenen Bef<strong>in</strong>dlichkeit <strong>in</strong> Bezug<br />

auf den Bewohner/Patienten, auf den E<strong>in</strong>satzort, auf die Pflege, auf<br />

Kollegen und Vorgesetzte<br />

Belastbarkeit, Hilfe anfordern, Hilfsangebote annehmen<br />

E<strong>in</strong>schätzung eigener Fähigkeiten und Grenzen<br />

Methoden der Kompetenzerweiterung bei neuen Aufgaben<br />

4.6.2 Rolle als <strong>Mitarbeiter</strong> im Team<br />

7


Umgangsform, Verhaltensweisen,<br />

Kritik und Selbstkritik<br />

Teamgespräche: Protokollführung und Gesprächsleitung<br />

4.6.3 Berufsbild<br />

Pflegeverständnis/Pflegetheorien<br />

Pflegemodelle, Pflegestandards, Qualitätskontrollen,<br />

Arbeitskoord<strong>in</strong>ation<br />

Rout<strong>in</strong>e, Bewältigung <strong>neuer</strong> Aufgaben, Abgrenzung des eigenen<br />

Arbeitsbereiches<br />

Kooperation und Koord<strong>in</strong>ation mit anderen Berufsgruppen<br />

5 <strong>Die</strong> <strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong>sphasen<br />

Beim Durcharbeiten dieser Checkliste notwendiger Eckpunkte e<strong>in</strong>er<br />

<strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong>sphase e<strong>in</strong>es neuen <strong>Mitarbeiter</strong>s wird deutlich, wie<br />

umfangreich die Informationen auf den neuen <strong>Mitarbeiter</strong> e<strong>in</strong>stürzen.<br />

<strong>Die</strong>se Informationsfülle muß im Anleitungsverfahren umsetzbar<br />

gemacht werden. Hierzu ist es s<strong>in</strong>nvoll, die e<strong>in</strong>zelnen Arbeitsschritte<br />

<strong>in</strong> <strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong>sphasen zu unterteilen.<br />

5.1 E<strong>in</strong>führungsphase<br />

Das Ziel der E<strong>in</strong>führungsphase liegt <strong>in</strong> der Orientierung des neuen<br />

<strong>Mitarbeiter</strong>s im neuen Arbeitsbereich. Hierzu gehören <strong>in</strong> erster<br />

Konsequenz natürlich die Menschen, mit denen der <strong>Mitarbeiter</strong><br />

umgehen muß.<br />

5.2 <strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong>sphase<br />

In der <strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong>sphase sollen dem <strong>Mitarbeiter</strong> die<br />

Pflegetechniken, die Pflegehandlungen entsprechend den<br />

e<strong>in</strong>richtungsspezifischen Gegebenheiten nahegebracht und von ihm<br />

e<strong>in</strong>geübt werden. In dieser Phase soll der neue <strong>Mitarbeiter</strong> auch se<strong>in</strong>e<br />

Vorgehensweise erklären und belegen können.<br />

8


5.3 Anleitungs- und Kontrollphase<br />

Der neue <strong>Mitarbeiter</strong> führt <strong>in</strong> dieser Phase die Pflege selbständig<br />

durch, nur bei Pflegefehlern greift der Anleiter aktiv <strong>in</strong> den Prozess<br />

e<strong>in</strong> und verh<strong>in</strong>dert e<strong>in</strong>en möglichen Schaden für den Bewohner.<br />

Wenn der neue <strong>Mitarbeiter</strong> <strong>in</strong> der Lage ist, selbständig zu arbeiten,<br />

wird die Anleitung ausdrücklich beendet.<br />

6 Spezielle <strong>gerontopsychiatrische</strong> Aspekte <strong>in</strong> der<br />

<strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong>sphase<br />

Im zunehmenden Maß f<strong>in</strong>den wir <strong>in</strong> den Pflegee<strong>in</strong>richtungen der<br />

Seniorenhilfe den gerontopsychiatrisch veränderten Menschen. Für<br />

die Arbeit mit diesen Menschen fehlt den meisten Pflegenden die<br />

notwendige Vorbereitung. Auch der neue <strong>Mitarbeiter</strong> wird vielfach<br />

nicht <strong>in</strong> der Lage se<strong>in</strong>, die gewünschten Hilfestellungen,<br />

Versorgungen und Unterstützungen zu geben, weil ihm die<br />

entsprechende Fort- und Weiterbildung fehlt und die Inhalte <strong>in</strong> der<br />

Berufsausbildung nicht behandelt worden s<strong>in</strong>d. <strong>Die</strong> Konsequenz ist<br />

vielfach, dass die benötigte Hilfeform nicht angeboten, ungezielt und<br />

unprofessionell begonnen wird. E<strong>in</strong> Scheitern ist aufgrund von<br />

Interaktionsschwierigkeiten und der Konfrontation mit den schweren<br />

psychischen Krankheitsbildern im Alter vorprogrammiert. <strong>Die</strong><br />

<strong>Mitarbeiter</strong>, besonders aber der neue <strong>Mitarbeiter</strong> e<strong>in</strong>er<br />

<strong>gerontopsychiatrische</strong>n E<strong>in</strong>richtung, fühlen sich dann sehr bald<br />

überfordert, deutlich psychisch belastet, dekompensieren<br />

psychosomatisch oder verlassen die E<strong>in</strong>richtungen. <strong>Die</strong>ser Tatsache<br />

ist bei der <strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong> <strong>neuer</strong> <strong>Mitarbeiter</strong> <strong>in</strong> <strong>gerontopsychiatrische</strong>n<br />

E<strong>in</strong>richtungen Rechnung zu tragen. <strong>Die</strong>s kann theoretisch <strong>in</strong> zwei<br />

verschiedenen Formen stattf<strong>in</strong>den. <strong>Die</strong> erste Möglichkeit bestände<br />

dar<strong>in</strong>, bei der Auswahl der <strong>Mitarbeiter</strong> sich auf gerontopsychiatrisch<br />

vorgebildete, erfahrene <strong>Mitarbeiter</strong> zu beschränken. <strong>Die</strong> zweite, aber<br />

wahrsche<strong>in</strong>lichere Möglichkeit bildet e<strong>in</strong>e begleitende Schulung der<br />

neuen <strong>Mitarbeiter</strong> vor oder während der <strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong>sphase.<br />

<strong>Die</strong>se begleitende Schulung orientiert sich thematisch an den<br />

nachfolgenden Aufgaben:<br />

9


Gesamtsicht über die erforderliche adäquate Hilfestellung und<br />

für die Umsetzung <strong>in</strong> Planung für Versorgung, Pflege und<br />

Unterstützung des gerontopsychiatrisch erkrankten Menschen <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em sozialen Umfeld 7<br />

Sicherstellung der Basisversorgung der gerontopsychiatrisch<br />

Erkrankten <strong>in</strong> ihrer gewählten/bestehenden Lebenssituation<br />

während des Krankheitsverlaufes 8<br />

Durchführung ärztlich, <strong>in</strong>sbesondere gerontopsychiatrisch<br />

verordneter Behandlungsmaßnahmen 9<br />

Psychosoziale Stabilisierung der familiären und sozialen Umwelt<br />

des gerontopsychiatrisch erkrankten Menschen 10<br />

Mitarbeit bei Planung, Umsetzung und Überprüfung von<br />

aktivierenden, tra<strong>in</strong>ierenden, rehabilitativen und<br />

soziotherapeutischen Maßnahmen und Programmen 11<br />

Durchführung präventiver Maßnahmen 12<br />

Dokumentation der erfolgenden Maßnahmen zur Überprüfung<br />

der eigenen Arbeit und zur Verlaufskontrolle 13<br />

6.1 Gesamtsicht über die erforderliche adäquate Hilfestellung<br />

und für die Umsetzung <strong>in</strong> Planung für Versorgung, Pflege<br />

und Unterstützung des gerontopsychiatrisch erkrankten<br />

Menschen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em sozialen Umfeld<br />

Für diese Aufgabenstellung muß zunächst die bestehende psychische<br />

Symptomatik wahrgenommen, dem Krankheitsbild zugeordnet und<br />

für die erforderliche genaue ärztliche Diagnosestellung<br />

weitervermittelt werden. <strong>Die</strong> als notwendig angesehene Gesamtsicht<br />

bed<strong>in</strong>gt darüber h<strong>in</strong>aus, sich e<strong>in</strong>en Überblick über das körperliche<br />

Bef<strong>in</strong>den, über soziale E<strong>in</strong>schränkungen sowie über ebenso<br />

bestehende psychosoziale Fähigkeiten/Aktivitäten zu ermitteln, sich<br />

gewisse Kenntnisse der biographischen/sozialen Vorgeschichte und<br />

7 s.a. Vorgestellt 49: Psychisch kranken alten Menschen helfen, KDA<br />

8 s.a. Vorgestellt 49: Psychisch kranken alten Menschen helfen, KDA<br />

9 s.a. ebenda<br />

10 s.a. ebenda<br />

11 s.a. ebenda<br />

12 s.a. ebenda<br />

13 s.a. ebenda<br />

10


der Krankheitsvorgeschichte zu verschaffen sowie die familiäre und<br />

weitere soziale Umgebung kennenzulernen.<br />

6.2 Sicherstellung der Basisversorgung der gerontopsychiatrisch<br />

Erkrankten <strong>in</strong> ihrer gewählten/bestehenden Lebenssituation<br />

während des Krankheitsverlaufes<br />

<strong>Die</strong> Kranken bedürfen aufgrund der häufig gleichzeitig bestehenden<br />

körperlichen Multimorbidität meist e<strong>in</strong>er komb<strong>in</strong>ierten Pflege, wie<br />

auch aufgrund möglicher sozialer Bee<strong>in</strong>trächtigungen entsprechender<br />

Hilfestellung. <strong>Die</strong>se Basisversorgung muß langfristig gewährleistet<br />

se<strong>in</strong>. Dabei erfordert der Krankheitsverlauf immer wieder e<strong>in</strong>e<br />

erneute Beurteilung des Pflegebedarfs und weiterer Unterstützung.<br />

<strong>Die</strong>se Basisversorgung umfasst ebenso die Unterstützung bzw.<br />

Entlastung der familiären/sozialen Umwelt.<br />

6.3 Durchführung ärztlich, <strong>in</strong>sbesondere gerontopsychiatrisch<br />

verordneter Behandlungsmaßnahmen<br />

<strong>Die</strong> bestehende Situation begründet, dass die bisherige Hilfestellung<br />

und Versorgung nur im ger<strong>in</strong>gem Umfang aufgrund spezifischer<br />

psychiatrischer/<strong>gerontopsychiatrische</strong>r Behandlungsverordnungen<br />

erfolgt. Selbst wenn diese vorliegen, ist weiterh<strong>in</strong> von e<strong>in</strong>er zeitlich<br />

und <strong>in</strong>haltlich begrenzten ärztlichen Unterstützung auszugehen.<br />

Daher wird e<strong>in</strong>e selbständigere Umsetzung <strong>in</strong> größerem Umfang als<br />

<strong>in</strong> anderen psychosozialen Arbeitsfeldern erforderlich. <strong>Die</strong>s bed<strong>in</strong>gt,<br />

die eigene Arbeit gegenüber den Ärzten als pflegender/therapeutisch<br />

tätiger Partner zu def<strong>in</strong>ieren.<br />

6.4 Psychosoziale Stabilisierung der familiären und sozialen<br />

Umwelt des gerontopsychiatrisch erkrankten Menschen<br />

Selbst wenn zahlreiche gerontopsychiatrisch erkrankte Menschen<br />

isoliert und teilweise vere<strong>in</strong>samt leben, verfügen sie oft noch über<br />

entfernte familiäre und nähere nachbarliche Kontakte. Häufiger leben<br />

sie auch noch zusammen mit ihrem Partner oder s<strong>in</strong>d verwitwet zu<br />

ihren erwachsenen K<strong>in</strong>dern umgezogen. Damit bestehen die<br />

wichtigen Aufgaben der psychosozialen Stabilisierung bzw.<br />

11


Erhaltung der Stabilität und Umwelt für die jetzige Versorgung des<br />

psychisch Kranken und der Vermeidung von Spätschäden für Partner<br />

und <strong>in</strong>sbesondere für helfende Töchter und Schwiegertöchter. <strong>Die</strong>ses<br />

gilt natürlich besonders für die ambulante Versorgung von<br />

gerontopsychiatrisch erkrankten Menschen. <strong>Die</strong> Kontakterhaltung<br />

jedoch ist auch für die stationäre Versorgung e<strong>in</strong> wichtiger, zu<br />

bedenkender Aspekt <strong>in</strong> der Pflege.<br />

6.5 Mitarbeit bei Planung, Umsetzung und Überprüfung von<br />

aktivierenden, tra<strong>in</strong>ierenden, rehabilitativen und<br />

soziotherapeutischen Maßnahmen/Programmen<br />

Über die Pflege h<strong>in</strong>aus bedürfen gerontopsychiatrisch erkrankte<br />

Menschen unterschiedlichster<br />

aktivierender/tra<strong>in</strong>ierender/rehabilitativer/soziotherapeutischer<br />

Maßnahmen, um e<strong>in</strong>e möglichst weitgehende Wiederherstellung, um<br />

e<strong>in</strong>e Stabilisierung bzw. Abschwächung des Krankheitsverlaufes zu<br />

erreichen und um zum<strong>in</strong>dest bestimmte psychische und soziale<br />

Funktionen zu erhalten. <strong>Die</strong>se Maßnahmen s<strong>in</strong>d bisher weitgehend<br />

unbekannt und werden dementsprechend kaum bei der<br />

psychiatrischen, <strong>gerontopsychiatrische</strong>n oder psychotherapeutischen<br />

Versorgung benutzt. <strong>Die</strong> im Altersbereich professionell Tätigen<br />

fühlen sich ohne entsprechende, unter Anleitung tra<strong>in</strong>ierte<br />

Fachkenntnisse, überfordert und verweigern sich dann diesen<br />

spezifischen Aufgaben.<br />

6.6 Durchführung präventiver Maßnahmen<br />

Der bestehende Versorgungsengpass im Bereich der<br />

<strong>gerontopsychiatrische</strong>n Pflege <strong>in</strong> Seniorene<strong>in</strong>richtungen hat bisher<br />

verh<strong>in</strong>dert, daß Präventionsmaßnahmen als Aufgaben der<br />

<strong>gerontopsychiatrische</strong>n Versorgung gesehen wurden. E<strong>in</strong>e gezielte<br />

Arbeit <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de wird <strong>in</strong> Zukunft <strong>in</strong> großem Umfang<br />

präventive Hilfestellungen anbieten müssen.<br />

6.7 Dokumentation der erfolgenden Maßnahmen zur<br />

Überprüfung der eigenen Arbeit und zur Verlaufskontrolle<br />

12


<strong>Die</strong> Feststellungen von Auswirkungen der Versorgung<br />

gerontopsychiatrisch Kranker s<strong>in</strong>d aus der allgeme<strong>in</strong>en subjektiven<br />

Fremde<strong>in</strong>schätzung des Helfenden im optimalen Falle <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

messende Methode zu überführen. Zum<strong>in</strong>dest sollte sich der<br />

Helfende vergewissern, ob se<strong>in</strong>e Maßnahmen durch objektiv<br />

nachweisbare Änderungen der krankhaften Symptomatik belegt<br />

werden können. Hier ist die Anwendung des psychiatrischen, bzw.<br />

<strong>gerontopsychiatrische</strong>n Pflegeprozessmodells „Bauste<strong>in</strong>e“, die den<br />

Pflegenden <strong>in</strong> die Lage versetzen, Veränderungen des Zustands mit<br />

diesen Mitteln festzuhalten. <strong>Die</strong>se Pflegeprozessdokumentation dient<br />

gleichzeitig der Überprüfung der eigenen Arbeit und umfaßt<br />

systematische Beobachtung der Arbeitsschritte und erfolgender<br />

Veränderungen.<br />

7 Abschliessende Bemerkungen und Ausblick<br />

<strong>Die</strong> <strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong> <strong>neuer</strong> <strong>Mitarbeiter</strong> <strong>in</strong> <strong>gerontopsychiatrische</strong>n<br />

E<strong>in</strong>richtungen mit e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>tegrierten Fortbildungskonzept ist<br />

aufgrund der mit ihr verbundenen Kompetenzsteigerung und der<br />

damit e<strong>in</strong>hergehenden „Professionalisierung“ im S<strong>in</strong>ne rationaler<br />

Pflegeplanung e<strong>in</strong> bedeutender Schritt auf dem Weg zu e<strong>in</strong>er<br />

bedarfsbezogenen Altenbetreuung. <strong>Die</strong> mit dieser<br />

<strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong>skonzeption verbunden Kompetenzsteigerung und alle<br />

weiteren Maßnahmen zur Professionalisierung <strong>in</strong> der Altenarbeit<br />

allgeme<strong>in</strong> und <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> der Altenpflege, können dazu<br />

beitragen, Überforderungssituationen bis h<strong>in</strong> zur Burn-out-<br />

Symptomatik zu entschärfen bzw. zu vermeiden. Fundierte<br />

Pflegerout<strong>in</strong>e beg<strong>in</strong>nt bei der <strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong> von neuen <strong>Mitarbeiter</strong>n,<br />

sie ist der Anfang e<strong>in</strong>er verbesserten Pflegekultur besonders im<br />

<strong>gerontopsychiatrische</strong>n Pflegebereich. Fundierte Pflegerout<strong>in</strong>e und<br />

Fachkompetenz bilden e<strong>in</strong>en sicheren Schutz für <strong>Mitarbeiter</strong>/<strong>in</strong>nen<br />

und Betreute, um Situationen, <strong>in</strong> denen Konflikte zu eskalieren<br />

drohen, <strong>in</strong> Auftreten und Auswirkungen zu m<strong>in</strong>imieren. Neben<br />

Professionalität und Fachkompetenz stellt die „emotionale Distanz“<br />

e<strong>in</strong>en weiteren Bauste<strong>in</strong> auf dem Weg zur Vermeidung von „Gewalt“<br />

<strong>in</strong> der Arbeit mit alten Menschen dar. Auch h<strong>in</strong>sichtlich allgeme<strong>in</strong>er<br />

präventiver Wirkungen s<strong>in</strong>d diese Merkmale wichtig. „Gewalt“ und<br />

„Aggressivität“ <strong>in</strong> Konfliktsituationen zeigt sich häufig <strong>in</strong> subtilen<br />

Formen: nonverbale Ausdrucksformen und Zeichen, Verweigern von<br />

13


Kommunikation, Mißachten von Intim- und Privatsphäre des alten<br />

Menschen, Wartenlassen usw..<br />

Das Konzept der <strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong> <strong>neuer</strong> <strong>Mitarbeiter</strong> mit e<strong>in</strong>em<br />

<strong>in</strong>tegrierten Fortbildungskonzept trägt der Tatsache Rechnung, daß<br />

nur e<strong>in</strong>e relativ ger<strong>in</strong>ge Zahl von der <strong>in</strong> der Altenpflege tätigen<br />

<strong>Mitarbeiter</strong> e<strong>in</strong>e weitergehende Weiterbildung im Bereich der<br />

Gerontopsychiatrie absolviert hat und absolvieren können wird. Mit<br />

der E<strong>in</strong>führung dieses Konzeptes können E<strong>in</strong>richtungsträger die<br />

Freiwilligkeit <strong>in</strong> der Ausbildung <strong>in</strong> gerontologischen Fragen<br />

durchbrechen und zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>richtungsbezogen Verbesserungen<br />

für <strong>Mitarbeiter</strong> und Betreute erreichen. Abschliessend sei noch<br />

e<strong>in</strong>mal auf den schon mehrfach im Zusammenhang mit der<br />

<strong>Mitarbeiter</strong>qualifikation gebrauchten Begriff „Kompetenz“<br />

e<strong>in</strong>gegangen werden. Kompetenz betrifft nicht nur <strong>Mitarbeiter</strong>,<br />

vielmehr sollte auch bezogen auf die betreuten alten Menschen deren<br />

Lebenskompetenz nicht übersehen werden. Zur Frage des Erfolges<br />

<strong>gerontopsychiatrische</strong>r Intervention bleibt festzustellen, dass wo<br />

ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tellektuellen Verbesserungen erreicht werden können, die<br />

Aufhellung der Stimmungslage des Kranken, die Reduzierung ihrer<br />

existentiellen Angst bereits als „Erfolg“ gewertet werden kann. Im<br />

S<strong>in</strong>ne des „Normalisierungspr<strong>in</strong>zips“ ist der verwirrte oder anders<br />

gerontopsychiatrisch auffällige Mensch dabei als „kompetent“<br />

anzusehen, wenn er <strong>in</strong> der Lage ist, sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em reduzierten<br />

Zustand <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er reduzierten Umwelt zu bewegen, ohne dabei<br />

ständig Angst zu haben.<br />

Es gilt, für die <strong>Mitarbeiter</strong>/<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> der Altenarbeit zu akzeptieren,<br />

dass es Krankheitszustände und existentielle Bef<strong>in</strong>dlichkeiten bei<br />

gerontopsychiatrisch und anders kranken alten Menschen gibt, die im<br />

S<strong>in</strong>ne gezielter Rehabilitation nicht zu bessern s<strong>in</strong>d, die sich<br />

meßbaren Veränderungen entziehen.<br />

Aufgabe des Konzeptes ist darüber h<strong>in</strong>aus, darauf h<strong>in</strong>zuwirken, dass<br />

der neue <strong>Mitarbeiter</strong> die Besonderheit der Beziehung zwischen<br />

Pflegendem und gerontopsychiatrisch Kranken schnell und derart<br />

aufarbeiten zu können, dass er erkennen kann, dass deren Qualität<br />

nicht davon abhängig se<strong>in</strong> kann, ob e<strong>in</strong> Betroffener „rehabilitierbar“<br />

oder „nicht rehabilitierbar“ ist. <strong>Die</strong> Beziehung zwischen Pflegendem<br />

und dem gerontopsychiatrisch Erkrankten ist und bleibt e<strong>in</strong>e<br />

Beziehung zwischen Erwachsenen, deren „Kompetenz“<br />

unterschiedliche Formen und Funktionen für <strong>in</strong>dividuell verschiedene<br />

Lebens<strong>in</strong>halte und Lebensaufgaben hat.<br />

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Literatur<br />

Karl He<strong>in</strong>z Will: Betreuung dementiell Erkrankter im<br />

Altenpflegeheim, KDA 1995, thema 105<br />

Dagmar Müller: Interventionen für verwirrte, ältere Menschen <strong>in</strong><br />

Institutionen, KDA 1994, thema 96<br />

Eva Zervas: Versorgung psychisch veränderter älterer Menschen<br />

durch die Sozialstationen, KDA 1993, thema 88<br />

Dagmar Müller/Heike Schesny-Hartkorn: Biographiegestützte Arbeit<br />

mit verwirrten alten Menschen, KDA 1998, thema 137<br />

Hartmut Radebold/Klaus Oesterreich: Psychisch kranken alten<br />

Menschen helfen, KDA , vorgestellt 49<br />

G. Boie: <strong>E<strong>in</strong>arbeitung</strong> <strong>neuer</strong> <strong>Mitarbeiter</strong>, Krankenpflege Journal 1-<br />

2/97<br />

Caritasverband für die Diözese Münster e.V.: Wir schaffen Raum,<br />

Rahmenkonzeption für die Unternehmen der stationären Altenhilfe <strong>in</strong><br />

der Diözese Münster, 1996<br />

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