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Dokumentation der Eröffnungsveranstaltung - Pro Qualifizierung

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www.pro-qualifizierung.de<br />

<strong>Dokumentation</strong><br />

Eröffnungsveranstaltung<br />

30. November 2005<br />

Interkulturelle Arbeitswelt –<br />

Potenziale erkennen, för<strong>der</strong>n, nutzen<br />

Geför<strong>der</strong>t durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds.


Vorwort<br />

Ausgrenzung hat viele Gesichter<br />

Im Interesse <strong>der</strong> Menschen und des Landes arbeiten<br />

wir in Nordrhein-Westfalen nach Kräften<br />

daran, die Integration von Migrantinnen und<br />

Migranten voranzubringen – in Schule und Gesellschaft,<br />

in Kultur und Wirtschaft. Daher freut<br />

es mich beson<strong>der</strong>s, dass <strong>der</strong> Startschuss für das<br />

Netzwerk „<strong>Pro</strong> <strong>Qualifizierung</strong>“ in Düsseldorf gefallen<br />

ist.<br />

Die Einglie<strong>der</strong>ung von Menschen mit einer Zuwan<strong>der</strong>ungsgeschichte<br />

in unsere Arbeitswelt bedeutet<br />

einen wichtigen Schritt zu gegenseitiger<br />

Anerkennung. Einer <strong>der</strong> wichtigsten Schritte zur<br />

Integration ist die berufliche Integration. Dass<br />

„<strong>Pro</strong> <strong>Qualifizierung</strong>“ von Beginn an Arbeitgeberund<br />

Arbeitnehmervertreter an einen Tisch bringt,<br />

lässt auf einen guten Erfolg des Netzwerks hoffen.<br />

Und dass Migrantenselbstorganisationen<br />

gleichberechtigt mit im Boot sitzen, werte ich als<br />

beson<strong>der</strong>en Pluspunkt. Denn das Ziel, Migranten<br />

zu qualifizieren, ihnen bessere Chancen auf dem<br />

Arbeitsmarkt zu geben, lässt sich nur in einer gemeinsamen<br />

Anstrengung verwirklichen.<br />

Unsere Bürgerinnen und Bürger ausländischer<br />

Herkunft sollen begreifen, wie wichtig Sprachkenntnisse<br />

und Fachausbildung für ihr Fortkommen<br />

in Deutschland sind. Unsere Unternehmen<br />

sollen entdecken, dass Angestellte mit Zuwan<strong>der</strong>ungsgeschichte<br />

wichtige Beiträge zum wirtschaftlichen<br />

Erfolg leisten können – etwa beim<br />

Gewinn neuer Märkte in <strong>der</strong>en Herkunftslän<strong>der</strong>n.<br />

Und wenn öffentliche Verwaltungen zusätzlich<br />

auf Migranten in ihren Reihen setzen, erfüllen sie<br />

nicht nur eine Vorbildfunktion, son<strong>der</strong>n setzen<br />

Zeichen, damit sich ausländische Mitbürger leichter<br />

mit ihrer Stadt und damit auch ihrem Staat<br />

identifizieren können.<br />

Vor diesem Hintergrund erhoffe ich mir positive<br />

Impulse durch die Partnerschaft und wünsche<br />

„<strong>Pro</strong> <strong>Qualifizierung</strong>“ nach dem geglückten Start<br />

viele erfolgreiche Lösungswege und einen langen<br />

Atem.<br />

Karl-Josef Laumann,<br />

Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des<br />

Landes Nordrhein-Westfalen<br />

2 <strong>Pro</strong> <strong>Qualifizierung</strong>


Inhalt<br />

Inhalt<br />

Begrüßung<br />

Dr. Dieter Eich, DGB-Bildungswerk:<br />

„Den Menschen Perspektive geben“ 4<br />

Referat<br />

Ingrid Sehrbrock, DGB<br />

Kompetenzen erkennen, Stärken för<strong>der</strong>n 5<br />

Foren<br />

Forum 1<br />

Gesamtes Potenzial ans Tageslicht bringen 8<br />

Forum 2<br />

Migranten als „Türöffner“ für neue Kunden 9<br />

Forum 3<br />

Training für Verständnis 10<br />

Vortrag<br />

Tayfun Keltek, Laga NRW<br />

Interkulturelle Kompetenz als Wettbewerbsvorteil 11<br />

Podiumsdiskussion<br />

Kooperation und Vernetzung als Erfolgsrezept 12<br />

Rede<br />

Franz-Josef Knieps, Westdeutscher Handwerkskammertag<br />

„Echte Integration nur mit erfolgreicher <strong>Qualifizierung</strong>“ 14<br />

Übersicht<br />

Informationen und Schaubild zur Entwicklungspartnerschaft 15<br />

Kontaktadressen, Impressum<br />

<strong>Pro</strong> Quaifizierung 3


Begrüßung<br />

„Den Menschen<br />

Perspektive geben“<br />

Dr. Dieter Eich vom<br />

DGB-Bildungswerk sieht Qualifikation<br />

als Schlüssel zur Integration<br />

Natürlich: Deutschland ist nicht Frankreich. Doch<br />

Dr. Dieter Eich, Geschäftsführer des DGB-Bildungswerks,<br />

zeigt sich besorgt über die Verhältnisse<br />

in französischen Vorstädten, wo Jugendliche<br />

aus Einwan<strong>der</strong>erfamilien ihre Unzufriedenheit<br />

in Gewalt münden ließen. Vor dem Hintergrund<br />

eines deutlich verschärften Integrationsproblems<br />

hier zu Lande mahnt Eich in seiner Begrüßungsrede,<br />

das Übel an <strong>der</strong> Wurzel zu packen und alles<br />

zu tun, um Migranten eine Perspektive zu geben.<br />

Und er sieht das Netzwerk „<strong>Pro</strong> <strong>Qualifizierung</strong>“<br />

als einen wichtigen Baustein auf dem Weg<br />

dorthin.<br />

„Ich glaube, neben <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> Vergleichbarkeit<br />

hat mich am meisten die völlige Ratlosigkeit<br />

<strong>der</strong> Politik überrascht“, unterstreicht er mit Blick<br />

aufs Nachbarland. Dieter Eich wertet manche Aussagen<br />

von Politikern und Intellektuellen als „nicht<br />

mehr zu überbietenden Zynismus“ angesichts des<br />

völligen Fehlens von Lösungsvorschlägen.<br />

„Wenn eine ziellose Gegenwart zur bleibenden<br />

Realität wird, Hoffnungslosigkeit und Sinnleere<br />

regieren, dann muss man in Zukunft damit rechnen,<br />

dass einem aus dieser unakzeptablen Gegenwart<br />

alles um die Ohren fliegt“, warnt er. Dass es<br />

möglich ist, selbst bei widrigen Verhältnissen den<br />

Menschen Zukunft zu geben, belegt Eich mit einer<br />

persönlichen Erinnerung aus Lima: Dort hatte er<br />

Mitte <strong>der</strong> Siebziger an einem <strong>Pro</strong>jekt mitgearbeitet,<br />

das Jugendliche vormittags qualifizierte und<br />

ihnen nachmittags Zeit gab, für das Überleben<br />

<strong>der</strong> Familien zu sorgen.<br />

in Schule, Ausbildung und Arbeitswesen: „Es fehlt<br />

also mehr und mehr an Chancen zur Partizipation<br />

in <strong>der</strong> deutschen Gesellschaft.“ Lichtblicke sieht er<br />

beispielsweise in Nordrhein-Westfalen, wo schon<br />

früh „ethnische Ökonomie“ und die Selbstorganisation<br />

von Migranten geför<strong>der</strong>t worden sei.<br />

Auch anhand des problematischen Viertels Berlin-Kreuzberg<br />

zeigt Eich auf, dass sich verschiedene<br />

Gruppen gegen einen Verwahrlosungsprozess<br />

stemmen. Doch er erwartet nicht nur zivilgesellschaftliches<br />

Engagement, son<strong>der</strong>n auch einen<br />

entschlossenen Staat mit viel politischer Phantasie,<br />

um frühzeitig Fehlentwicklungen zu stoppen.<br />

Einfache Gleichung<br />

Die Geschehnisse in Frankreich machten deutlich,<br />

wie wichtig es sei, den Menschen eine Perspektive<br />

zu geben, bekräftigt Dieter Eich: „Beruflicher Integration<br />

kommt da eine beson<strong>der</strong>e Funktion zu, da<br />

sie wesentlich zur gesellschaftlichen Teilhabe beiträgt.“<br />

In diesem Zusammenhang verdeutlicht er<br />

die Wichtigkeit des <strong>Pro</strong>jekts „<strong>Pro</strong> <strong>Qualifizierung</strong>“<br />

zur Arbeitsmarktintegration von Menschen mit<br />

Migrationshintergrund. Eichs einfache Gleichung:<br />

„Qualifikation ist entscheidend für eine erfolgreiche<br />

Einmündung in den Arbeitsmarkt, für<br />

den beruflichen und gesellschaftlichen Aufstieg<br />

und damit für eine dauerhafte und stabile Integration.“<br />

„Erlebnis von Zukunftslosigkeit“<br />

Für ihn liegt die Gefahr in einem „kollektiven Erlebnis<br />

von Zukunftslosigkeit“, gleich bedeutend<br />

mit einem Pulverfass, das nur einen Funken<br />

braucht, um die Wut zu entladen. Für Deutschland<br />

registriert er eine immer schlechtere Integration<br />

4 <strong>Pro</strong> <strong>Qualifizierung</strong>


Referat Ingrid Sehrbrock<br />

Kompetenzen erkennen,<br />

Stärken för<strong>der</strong>n<br />

Ingrid Sehrbrock (DGB):<br />

Politik und Wirtschaft müssen Migranten eine Perspektive geben<br />

„Wir sind in Deutschland ziemlich spät aufgewacht“:<br />

Ingrid Sehrbrock, Mitglied des Geschäftsführenden<br />

Bundesvorstands des Deutschen Gewerkschaftsbundes<br />

(DGB), zeigt in ihrem Referat,<br />

wo die Hauptursachen für mangelnde Integration<br />

liegen – in Diskriminierung und schlechten<br />

Bildungschancen. Gleichzeitig weist sie auf positive<br />

Beispiele hin, auf <strong>Pro</strong>jekte, die auch die Stärken<br />

von Migranten betonen. Denn sie hält es für<br />

Vergeudung von Ressourcen, wenn dieses Potenzial<br />

in Wirtschaft und Gesellschaft nicht genutzt<br />

wird.<br />

Ungleichbehandlung, mäßige Ausbildungsmöglichkeiten,<br />

fehlende Perspektiven: Die Mängelliste<br />

Ingrid Sehrbrocks gewährt einen Blick auf die<br />

Wirklichkeit von Migranten in Deutschland. „28,6<br />

<strong>Pro</strong>zent <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong> sind arbeitslos, bei einem<br />

Bevölkerungsanteil von 19,2 <strong>Pro</strong>zent“, nennt sie<br />

aktuelle Zahlen aus Nordrhein-Westfalen und vergleicht:<br />

„Die Arbeitslosenquote betrug bei den abhängig<br />

Beschäftigten insgesamt in NRW lediglich<br />

13 <strong>Pro</strong>zent.“ Wie in allen EU-Län<strong>der</strong>n und den USA<br />

sei auch in Deutschland für Auslän<strong>der</strong> das Risiko<br />

arbeitslos zu werden höher als für Einheimische.<br />

Die negative statistische Bilanz des Arbeitsmarkts<br />

setzt sich im Bildungsbereich fort, wie das DGB-<br />

Vorstandsmitglied referiert – während Jugendliche<br />

aus Migrantenfamilien zu fast 58 <strong>Pro</strong>zent die<br />

Hauptschule abschließen und nur 9,6 <strong>Pro</strong>zent Abitur<br />

machen, sind es bei den deutschen Altersgenossen<br />

27 <strong>Pro</strong>zent mit Hauptschulabschluss, aber<br />

24 <strong>Pro</strong>zent mit Abitur. „Die volle Wahrheit ist, dass<br />

Jugendliche aus Migrantenfamilien wesentlich<br />

häufiger die Klassen wie<strong>der</strong>holen müssen, schon<br />

in <strong>der</strong> Grundschule zwei- bis viermal so oft wie Inlän<strong>der</strong>“,<br />

ergänzt Ingrid Sehrbrock.<br />

Für den Sektor Weiterbildung berichtet sie von<br />

ähnlich schlechten Werten. So betrug beispielsweise<br />

im Jahr 2000 die Teilnahmequote von Aus-<br />

län<strong>der</strong>n an Weiterbildungs-Angeboten 12 <strong>Pro</strong>zent,<br />

die von Deutschen 30 <strong>Pro</strong>zent – was insgesamt<br />

kein Ruhmesblatt ist, aber einen deutlichen Unterschied<br />

markiert. Warum ausländische Mitbürger<br />

laut einer Untersuchung für sich selbst weniger<br />

Weiterbildungsbedarf sehen als Deutsche,<br />

kann die Gewerkschafterin nicht erklären, da hier<br />

noch Forschungsbedarf besteht.<br />

Deutscher Mann mit besten Chancen<br />

Eine deutliche Sprache sprechen dagegen die Ergebnisse<br />

einer Untersuchung <strong>der</strong> FU Berlin. Die<br />

Studie wollte klären, ob bei Bewerbungen Personen<br />

aufgrund ihres Migrationshintergrunds<br />

und ihres Geschlechts bei <strong>der</strong> Vorauswahl benachteiligt<br />

werden. Dazu wurden 140 fingierte<br />

Kurzbewerbungen an 35 Unternehmen geschickt.<br />

Ingrid Sehrbrock schil<strong>der</strong>t die Erkenntnisse, die jedes<br />

aus deutschen Personalabteilungen bekann-<br />

<strong>Pro</strong> Quaifizierung 5


Referat Ingrid Sehrbrock<br />

te Klischee unterstreichen: Der deutsche Mann<br />

hatte die besten Chancen, die türkische Frau die<br />

schlechtesten. „Eigentlich wissen wir es ja irgendwie,<br />

aber wenn die Dinge schwarz auf weiß auf<br />

dem Tisch liegen, sind wir doch wie<strong>der</strong> verblüfft,<br />

wie schlicht Diskriminierung daherkommt“, bekennt<br />

die Gewerkschafterin.<br />

Sie schil<strong>der</strong>t ergänzend ihre eigenen Erfahrungen<br />

mit beruflichen Auslandsaufenthalten. „Damals<br />

habe ich auch ein Stück besser verstanden, dass<br />

das Hauptanliegen eines im Ausland Tätigen nicht<br />

„Es fehlt noch das Bewusstsein,<br />

dass Migranten auch Kompetenzen und<br />

Erfahrungen mitbringen, die in einer<br />

immer vielfältiger werdenden Welt<br />

von Nutzen sein können.“<br />

unbedingt die volle Integration o<strong>der</strong> die Assimilation<br />

ist“, gesteht sie; die Gemeinschaft mit Deutschen<br />

habe gut getan, auch vor dem Hintergrund,<br />

dass Deutsche im Ausland vor allem wegen ihrer<br />

Geschichte angegriffen werden. Mit Blick auf das<br />

Deutschland heute beschreibt sie ihren subjektiven<br />

Eindruck: „Es ist ein Stück selbstverständlicher<br />

geworden, mit Migranten zu leben.“ Dennoch:<br />

Die Vorstellung von einer „interkulturellen<br />

Arbeitswelt“ sei noch nicht weit verbreitet. Zu<br />

oft würden Migrantinnen und ausländische Arbeitnehmer<br />

von ihren Defiziten her definiert. „Es<br />

fehlt noch das Bewusstsein, dass Migranten auch<br />

Kompetenzen und Erfahrungen mitbringen, die<br />

in einer immer vielfältiger werdenden Welt von<br />

Nutzen sein können. Und ich denke, man muss die<br />

Kompetenzen auch erkennen wollen.“<br />

Die Mischung macht´s<br />

Als Beleg dafür erzählt Ingrid Sehrbrock von ihrer<br />

Zeit als Abteilungsleiterin, als sie für eine bunte<br />

Mixtur von Beschäftigten verantwortlich war,<br />

nicht nur was das Alter anging, son<strong>der</strong>n auch in<br />

puncto Fähigkeiten. „Es war die Mischung, die die<br />

Qualität des Teams ausmachte“, resümiert sie.<br />

Außerdem findet sie es wichtig, auch informell<br />

erworbene Qualifikationen stärker zu berücksichtigen,<br />

etwa aus ehrenamtlichen Tätigkeiten.<br />

Um aktiv gegen Diskriminierung vorzugehen,<br />

nennt sie drei Instrumente: zum einen das<br />

Grundgesetz sowie das Straf- und Zivilrecht, <strong>der</strong>en<br />

Vorschriften umfassendes juristisches Handeln<br />

ermöglichen. Zum an<strong>der</strong>en geht sie auf die<br />

Regelungen im Betriebsverfassungsgesetz ein, die<br />

Arbeitgebern und Betriebsrat aufgeben, Diskriminierungen<br />

zu verhin<strong>der</strong>n. Und schließlich bildet<br />

die EU-Richtlinie zur Antidiskriminierung ein weiteres<br />

wichtiges Instrument. Dass sich in Betrieben<br />

allein durch gutes Zureden etwas än<strong>der</strong>n kann,<br />

glaubt die Gewerkschafterin nicht: „Sanktionen<br />

sind nötig, wissen wir doch alle, dass Vereinbarungen<br />

auf <strong>der</strong> Ebene von Absichtserklärungen<br />

nicht wirklich etwas bewirken, wenn nicht Konsequenzen<br />

angedroht werden können“ – etwa Verwarnung,<br />

Verweis, Geldbuße, Abmahnung o<strong>der</strong><br />

auch Kündigung.<br />

Dass es darüber Auseinan<strong>der</strong>setzungen in den<br />

Belegschaften geben kann, hält sie für sinnvoll:<br />

„Ein solcher Diskussionsprozess ist wichtig in<br />

den Unternehmen.“ Immerhin sind <strong>der</strong>artige Regeln<br />

in Firmen wie Volkswagen, Jenoptik und <strong>der</strong><br />

S-Bahn Berlin bereits umgesetzt worden. Und<br />

auch zur För<strong>der</strong>ung von Gleichbehandlung liefert<br />

Ingrid Sehrbrock ein Vorbild – den Leipziger „Betrieb<br />

für Beschäftigungsför<strong>der</strong>ung“. Dort werden<br />

beispielsweise Informationskampagnen auch in<br />

6 <strong>Pro</strong> <strong>Qualifizierung</strong>


Referat Ingrid Sehrbrock<br />

Fremdsprachen durchgeführt und fachbezogene<br />

Sprachbildungskurse angeboten.<br />

Bedenkliche Entwicklungen<br />

Beson<strong>der</strong>s geht die Referentin auf Jugendliche aus<br />

Migrantenfamilien als eigene Zielgruppe <strong>der</strong> Integration<br />

ein. Sie zeigt bedenkliche Entwicklungen<br />

auf, basierend auf einer Studie <strong>der</strong> Bertelsmann-<br />

Stiftung, die Hauptschüler fragte, wie sie ihre Perspektiven<br />

auf dem Arbeitsmarkt sehen. „Und das<br />

Erschreckende ist für mich, dass 81 <strong>Pro</strong>zent gesagt<br />

haben, sie haben gar keine Perspektive. Das kann<br />

man so nicht laufen lassen.“ Wie dem begegnet<br />

werden könnte, illustriert sie anhand von zwei<br />

<strong>Pro</strong>jekten. Zum einen geht es um die Initiative<br />

„PIA“ <strong>der</strong> IG Metall und des Metallarbeitgeberverbands<br />

in Baden-Württemberg, gedacht, um auch<br />

schwächeren Jugendlichen die Chance zu geben,<br />

eine Ausbildung abzuschließen. Während <strong>der</strong><br />

Ausbildungszeit werden die Lehrlinge sozialpädagogisch<br />

begleitet, wie überhaupt Ingrid Sehrbrock<br />

findet: „Ausbildungsbegleitende Hilfen sollten bei<br />

<strong>der</strong> Berufsausbildung die Regel sein.“<br />

Stärken entdecken<br />

Auf diese Weise könnten selbst Jugendliche<br />

mit vielen Schwierigkeiten<br />

in Schule und Familie eine Chance<br />

bekommen. „Wichtig ist es, sie an ihren<br />

Stärken zu packen, die sie selbst oft genug<br />

gar nicht kennen“, unterstreicht<br />

die Gewerkschafterin – was auch für das<br />

zweite <strong>Pro</strong>jekt gilt, das sie vorstellt:<br />

„Start in den Beruf“ <strong>der</strong> IG Bergbau,<br />

Chemie, Energie und des entsprechenden<br />

Arbeitgeberverbands. Dort werden<br />

lernschwache Hauptschüler innerhalb<br />

eines Jahres qualifiziert, um dann eine<br />

Berufsausbildung starten zu können; „ein Modell,<br />

das Schule machen sollte in vielen an<strong>der</strong>en Betrieben“,<br />

wie Ingrid Sehrbrock anregt.<br />

Sie weist aber darauf hin, dass mangelnde Anstrengungen<br />

in Sachen Integration nicht nur für<br />

die unmittelbar Betroffenen ein <strong>Pro</strong>blem darstellen.<br />

„Politik und Wirtschaft erkennen erst seit<br />

kurzem wirklich, welche Schwierigkeiten diese<br />

Republik sich selbst schafft, wenn sie nicht aktiv<br />

wird.“ Es dürfe den Deutschen nicht egal sein, ob<br />

Menschen die eigene und die deutsche Sprache<br />

schlecht sprechen, keinen Schulabschluss haben,<br />

trotz eines qualifizierten Abschlusses keine Arbeit<br />

finden o<strong>der</strong> nicht qualifikationsgerecht beschäftigt<br />

werden. „Dass dies Vergeudung von Ressourcen<br />

ist, erkennen auch die Unternehmen langsam“,<br />

schöpft Ingrid Sehrbrock zum Ende ihres<br />

Vortrags Hoffnung.<br />

In <strong>der</strong> anschließenden Diskussion kritisiert sie die<br />

„Politik und Wirtschaft erkennen<br />

erst seit kurzem wirklich, welche Schwierigkeiten<br />

diese Republik sich selbst schafft,<br />

wenn sie nicht aktiv wird.“<br />

mangelnden Weiterbildungsangebote für Auslän<strong>der</strong>:<br />

„Weiterbildungsangebote werden am<br />

ehesten für die gemacht, die eh schon qualifiziert<br />

sind.“ An Betriebs- und Personalräte appelliert<br />

sie, darauf mehr Augenmerk zu legen und auf<br />

bessere Möglichkeiten hinzuwirken. Grundsätzlich<br />

hält sie eine breite Grundqualifizierung in<br />

<strong>der</strong> Ausbildung für nötig: „Nur so schafft man die<br />

Voraussetzung für den möglichen Wechsel in an<strong>der</strong>e<br />

Bereiche, ohne dass man eine komplette Umschulung<br />

anhängen muss.“<br />

Dass Migranten bei Bewerbungen benachteiligt<br />

werden, müsse nicht so bleiben, schließt sie optimistisch.<br />

Früher hätten sich Personalchefs bei<br />

gleicher Qualifikation oft für den männlichen<br />

Bewerber entschieden. Da habe sich aber viel verän<strong>der</strong>t,<br />

so Ingrid Sehrbrock: „Kann man diese Verän<strong>der</strong>ungen<br />

nicht erweitern auf Menschen mit<br />

Migrationshintergrund?“<br />

<strong>Pro</strong> Quaifizierung 7


Forum 1<br />

Gesamtes Potenzial<br />

ans Tageslicht bringen<br />

Kompetenzen von Migranten lassen sich<br />

entwickeln und neu bewerten<br />

Den Weiterbildungs-Gedanken verbreiten, Selbstständigkeit<br />

för<strong>der</strong>n, vor allem aber Kompetenzen<br />

von Migrantinnen und Migranten erkunden und<br />

dokumentieren: Darum drehen sich die Vorträge<br />

in Forum 1. Das Motto: „Potenziale sichtbar machen“.<br />

Ein Instrument dazu: die „Kompetenzbilanz“.<br />

Viele Wege können zum Erfolg führen, um Migranten<br />

in die Arbeitswelt zu integrieren. Ein<br />

Modell schil<strong>der</strong>n Tülay Zengingül und Cemalettin<br />

Özer von <strong>der</strong> Mozaik gGmbH in Bielefeld, das<br />

Frauen und Männer mit Migrationshintergrund,<br />

die von Arbeitslosigkeit bedroht sind, erreichen<br />

will. Um diese Gruppe für Weiterbildungsangebote<br />

zu interessieren, versucht Mozaik, in Migrantenselbstorganisationen<br />

Bildungsbeauftragte zu<br />

gewinnen. Diese sollen qualifiziert werden und<br />

dann in den Vereinen als Multiplikatoren wirken,<br />

die Mitglie<strong>der</strong> gemeinsam mit Beratungseinrichtungen<br />

über Weiterbildungsangebote informieren<br />

und sie motivieren. Das Konzept wird<br />

zunächst in Ostwestfalen-Lippe getestet, wo 290<br />

Migranten-Organisationen mit ins Boot geholt<br />

werden sollen.<br />

Unterstützung für Kleinstunternehmen<br />

Einen an<strong>der</strong>en Weg beschreitet das Beratungsnetz<br />

Mittleres Mecklenburg in Rostock. Hartmut<br />

Gutsche vom Verein „Diên Hông“ trägt im Forum<br />

seinen Arbeitsschwerpunkt vor: die Unterstützung<br />

bereits selbstständig arbeiten<strong>der</strong> Migranten,<br />

denen passgenaue Angebote zur Existenz- und<br />

Vermögenssicherung unterbreitet werden. Auch<br />

durch Vernetzung <strong>der</strong> Kleinstunternehmer sollen<br />

Wachstumspotenziale geför<strong>der</strong>t werden, um<br />

auf diesem Weg möglicherweise zusätzliche Arbeitsplätze<br />

für Migranten entstehen zu lassen.<br />

Inzwischen hat die Initiative den ersten vietnamesischen<br />

Unternehmerstammtisch in Rostock<br />

organisiert und auch russischsprachige Selbstständige<br />

vernetzt.<br />

Im Zentrum des Forums steht <strong>der</strong> Vortrag von<br />

Martina Früchtl, Entwicklungsgesellschaft „MigraNet“,<br />

die ausführlich zum Thema „Kompetenzbilanz“<br />

informiert, ein „Instrument zur Identifizierung,<br />

Wertschätzung und Bewertung von<br />

Kompetenzen“, wie sie zusammenfasst. Gerade<br />

bei Migranten stehen häufig die Defizite im Vor<strong>der</strong>grund;<br />

da soll das Hilfsmittel Kompetenzbilanz<br />

in Form eines A-4-Bogens o<strong>der</strong> eines Computerprogramms<br />

gegensteuern helfen. „Ich sehe<br />

es als Instrument an, das hilft, alles Mögliche an<br />

Kompetenzen ans Tageslicht zu bringen, die man<br />

von Kindheit an erworben hat. Die können dann<br />

in Lebensläufe einfließen und auf diesem Weg<br />

dem Arbeitgeber vermittelt werden“, beschreibt<br />

Martina Früchtl.<br />

Anwendung braucht Zeit<br />

In die Kompetenzbilanz fließen auch Dinge ein,<br />

die häufig unter den Tisch fallen – so genannte<br />

„soft skills“, beispielsweise dass eine Bewerberin<br />

sich immer um ihren kleinen Bru<strong>der</strong> gekümmert<br />

hat o<strong>der</strong> ehrenamtliches Engagement. Allerdings<br />

benötigt die Anwendung des Instruments mit seinen<br />

vielfältigen Fragen Zeit: etwa zehn bis zwölf<br />

Stunden je Klient. Aber laut Martina Früchtl ein<br />

akzeptabler Rahmen, um einer Person auf den<br />

Grund zu gehen. Immerhin: Unternehmer und<br />

Personalchefs haben die Kompetenzbilanz bereits<br />

positiv bewertet.<br />

8 <strong>Pro</strong> <strong>Qualifizierung</strong>


Forum 2<br />

Migranten<br />

als „Türöffner“<br />

für neue Kunden<br />

Potenziale <strong>der</strong> Zuwan<strong>der</strong>er entwickeln,<br />

Zukunft des Unternehmens sichern<br />

Warum sollten Arbeitgeber Migranten einstellen<br />

und qualifizieren? Weil gute Gründe dafür<br />

sprechen, heißt es in Forum 2 – Gründe, die für<br />

die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen wichtig<br />

sind, beispielsweise <strong>der</strong> prognostizierte Mangel<br />

an Fachkräften. Dennoch zeigen die Beiträge <strong>der</strong><br />

Diskutanten, dass es eines langen Atems bedarf,<br />

um das Bewusstsein in den Personalabteilungen<br />

zu än<strong>der</strong>n.<br />

„Berufliche Weiterqualifizierung von Migrantinnen<br />

und Migranten: Eine zukunftsweisende<br />

Strategie für Arbeitgeber?“ lautet <strong>der</strong> Titel <strong>der</strong><br />

Diskussionsrunde. Die Frage beantwortet Ömer<br />

Saglam vom Beratungsnetzwerk Industriebetriebe<br />

im DGB-Bildungswerk eindeutig mit „ja“ und<br />

nennt triftige Gründe. So rechnen Experten angesichts<br />

<strong>der</strong> Bevölkerungsentwicklung mit einem<br />

Fehlen von Facharbeitern ab 2010. Außerdem<br />

nehme die Vielfalt in <strong>der</strong> Kundenstruktur <strong>der</strong> Betriebe<br />

zu; Migranten im Unternehmen könnten<br />

helfen, den Kundenkreis ihrer Landsleute zu erschließen<br />

und auf internationalem Parkett als<br />

„Türöffner“ für die Märkte <strong>der</strong> Herkunftslän<strong>der</strong><br />

zu fungieren.<br />

Vielfach schlechte Chancen<br />

Derzeit bestimmt jedoch Ungleichheit auf mehreren<br />

Ebenen die Situation, unterstreicht Saglam.<br />

Für Migranten stehen die Chancen auf Erstausbildung,<br />

berufliche Karriere und Weiterbildung<br />

schlecht. Sie verfügen kaum über persönliche<br />

Beziehungen, die oft bei Neueinstellungen die<br />

entscheidende Rolle spielen. Und sie besitzen nur<br />

mangelhaften Zugang zu wichtigen Informationen,<br />

die über Weiterbildung aufklären. Ömer<br />

Saglam weist außerdem mit Blick auf die unteren<br />

Einkommensschichten auf ein fehlendes Bewusstsein<br />

für die Wichtigkeit lebenslangen Lernens<br />

hin: „Das liegt daran, dass diese Gruppe in<br />

diesem Bereich einfach sehr<br />

stark vernachlässigt worden<br />

ist.“ Die im Teilnehmerkreis<br />

geäußerte Skepsis, dass<br />

es den Unternehmen um<br />

Gewinnmaximierung gehe<br />

und sich die Lage nur mit Hilfe<br />

von Gesetzen än<strong>der</strong>n könne,<br />

teilt Saglam nicht. „Es gibt<br />

durchaus Entscheidungsträger,<br />

die zwar ihre Vorbehalte<br />

haben, aber wenn man Argumente<br />

hat, die auch aus<br />

<strong>der</strong> Sicht des Unternehmens<br />

Vorteile bringen, dann regt man die Leute zum<br />

Nachdenken an“, schil<strong>der</strong>t er seine Einschätzung.<br />

Eckhardt Goeppentin vom Berufsbildungszentrum<br />

Hellweg in Soest berichtet von ähnlichen Erfahrungen:<br />

„Im dualen Ausbildungssystem haben<br />

viele Chefs Sorge, dass Migranten die Schule nicht<br />

schaffen. Aber ich denke, immer mehr Chefs öffnen<br />

sich dieser <strong>Pro</strong>blematik.“<br />

Persönliche Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

In <strong>der</strong> Runde gibt es auch Stimmen, die von den<br />

Migranten mehr Selbstkritik, Einsicht und Eigeninitiative<br />

for<strong>der</strong>n. Benachteiligungen könnten<br />

auch als persönliche Herausfor<strong>der</strong>ungen betrachtet<br />

werden. Dass man mit Ehrgeiz nach vorn kommen<br />

kann, zeigt beispielsweise Jengis Jam, <strong>der</strong> bei<br />

Thyssen Krupp in Bochum arbeitet und sich über<br />

die Jahre aus eigenem Antrieb hochgearbeitet<br />

hat. Bei ihm war es immer wie<strong>der</strong> die Unzufriedenheit<br />

mit <strong>der</strong> Situation: „Nach ein paar Jahren<br />

dachte ich: Das reicht dir nicht. Du musst noch<br />

was weitermachen.“ Was Mo<strong>der</strong>ator Rolf Göbels,<br />

beim Westdeutschen Handwerkskammertag Berater<br />

für Migranten im Handwerk, fortspinnt: „Ich<br />

wünsche mir, dass Unzufriedenheit öfters eine<br />

solch positive Wendung bekommt.“<br />

<strong>Pro</strong> Quaifizierung 9


Forum 3<br />

Training für Verständnis<br />

Interkulturelle Kompetenz: Unterschiede erkennen und anerkennen<br />

Wer Menschen aus an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n verstehen<br />

will, muss etwas über sie wissen, muss „interkulturelle<br />

Kompetenz“ erwerben. Der Begriff zieht<br />

Kreise, doch kann er auch mit Leben gefüllt werden<br />

und Integration voranbringen? Darum dreht<br />

sich <strong>der</strong> Erfahrungsaustausch in Forum 3, wobei<br />

deutlich wird: Schnelle Erfolge sind nicht zu erwarten.<br />

In <strong>der</strong> Runde zeigt sich gleich zu Beginn, dass<br />

durchaus unterschiedliche Erwartungen mit dem<br />

Schlagwort „interkulturelle Kompetenz“ verbunden<br />

sind. Ein Teilnehmer zählt dazu auch das Wissen<br />

um die eigene Kultur, die Wahrnehmung dessen,<br />

wer man selbst ist. Ein an<strong>der</strong>er betont, dass<br />

Kultur nichts Statisches darstellt, nichts genetisch<br />

Bedingtes. Dass es umfassen<strong>der</strong> Ansätze bedarf,<br />

um über fremde Kulturen aufzuklären, bestätigt<br />

Svetlana Alenitskaya, interkulturelle Referentin<br />

bei <strong>der</strong> IQ Consult gGmbH und verantwortlich für<br />

das Teilprojekt „Interkulturelle Kompetenz“.<br />

Handlungskompetenz lernen<br />

„Wir verstehen das als Querschnittsaufgabe, die<br />

sich durch alle Lebens-, Unternehmens- und Arbeitsbereiche<br />

zieht. Und als eine Schlüsselqualifikation,<br />

eine Fähigkeit zum Erkennen und Anerkennen<br />

von Unterschiedlichkeiten und Kompetenzen,<br />

<strong>der</strong>en Nutzen und das Nutzbarmachen von Vielfalt“,<br />

erläutert sie. In ihren Erklärungen wird deutlich,<br />

dass es um die Vermittlung von Verhaltensund<br />

Handlungskompetenz geht. Dazu werden<br />

Trainings für alle relevanten Zielgruppen angeboten,<br />

etwa Betriebsräte und Personalverantwortliche.<br />

„Wenn Leute unsere Trainings besuchen,<br />

kommen sie sehr motiviert wie<strong>der</strong> heraus“, nennt<br />

Svetlana Alenitskaya erste Erfolge, „die möchten<br />

etwas än<strong>der</strong>n.“<br />

Vor allem um Wissensvermittlung geht es im<br />

Teilprojekt „Multiplikatoren-<strong>Qualifizierung</strong>“, über<br />

das dessen Leiterin Nora Farik vom DGB-Bildungswerk<br />

informiert. Im Mittelpunkt stehen Seminare<br />

und Workshops mit Inhalten wie Län<strong>der</strong>- und Kulturkunde,<br />

Rechtsnormen und Religionen. Die Teilnahme<br />

an den Veranstaltungen kostet nichts, die<br />

Schulungen können auch direkt im Unternehmen<br />

o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Verwaltung stattfinden. Vielfältig sind<br />

die Formate: ob Einzel- o<strong>der</strong> Gruppentrainings,<br />

Wochenendseminare o<strong>der</strong> kompakte Tageskurse<br />

– alles ist möglich. „Man darf nicht den Anspruch<br />

haben, innerhalb einer Woche o<strong>der</strong> an einem Wochenende<br />

alles erfahren zu können“, schränkt<br />

Nora Farik ein, „aber wir können Anstöße geben,<br />

wir können dazu anregen, dass Leute Hintergrundwissen<br />

bekommen, aber auch dazu motiviert<br />

werden, sich selbst etwas zu erarbeiten.“<br />

Mit vielen Argumenten arbeiten<br />

Wie schwierig es ist, gegen verbreitete Stereotype<br />

anzugehen und Personalverantwortliche in<br />

Betrieben zu überzeugen, sich interkulturell zu<br />

öffnen, zeigt die Diskussion. „Unserer Erfahrung<br />

nach haben die Mitarbeiter, die bei unseren Trainings<br />

dabei waren, selbst versucht, die Inhalte in<br />

ihren Betrieben durchzusetzen“, berichtet Svetlana<br />

Alenitskaya. Und Nora Farik ergänzt: „Es gibt<br />

kein Patentrezept. Man muss mit vielen Argumenten<br />

arbeiten.“<br />

10 <strong>Pro</strong> <strong>Qualifizierung</strong>


Vortrag Tayfun Keltek<br />

Interkulturelle<br />

Kompetenz als<br />

Wettbewerbsvorteil<br />

Laga-Vorsitzen<strong>der</strong> Tayfun Keltek<br />

for<strong>der</strong>t, aus dem Potenzial<br />

<strong>der</strong> Migranten zu schöpfen<br />

Tayfun Keltek nimmt kein Blatt vor den Mund:<br />

Der Vorsitzende <strong>der</strong> Landesarbeitsgemeinschaft<br />

<strong>der</strong> kommunalen Migrantenvertretungen in<br />

Nordrhein-Westfalen (Laga NRW) for<strong>der</strong>t „die<br />

interkulturelle Öffnung <strong>der</strong> Verwaltung und des<br />

öffentlichen Dienstes“ – als „beson<strong>der</strong>es Zeichen<br />

für die Gleichberechtigung in <strong>der</strong> Gesellschaft“.<br />

Vor Jahren schon habe die Laga ihren 90 Mitgliedsgremien<br />

in NRW empfohlen, in den Städten<br />

aktiv zu werden, um den Anteil <strong>der</strong> Migranten in<br />

den Rathäusern zu erhöhen. Keltek gibt zu, dass<br />

es lange dauern wird, ehe <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> in Verwaltung<br />

und öffentlichem Dienst beschäftigten<br />

Auslän<strong>der</strong> <strong>der</strong>en tatsächlichem Anteil an <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

entspricht. Dennoch betont er: „Die öffentlichen<br />

Arbeitgeber sind nicht nur wegen ihrer<br />

Vorbildfunktion dazu verpflichtet, hier mehr zu<br />

tun. Sie müssen auch die Potenziale <strong>der</strong> Migrantinnen<br />

und Migranten für ihre tagtägliche Arbeit<br />

erkennen.“ Bei Neueinstellungen und beson<strong>der</strong>s<br />

bei <strong>der</strong> Besetzung von Ausbildungsplätzen sollten<br />

die Verantwortlichen nach Ansicht Kelteks auf<br />

Bewerbungen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund<br />

achten – „und, wenn notwendig, sie<br />

gezielt ansprechen“.<br />

Schlechte Aussichten<br />

Denn gerade die jungen Migranten liegen dem<br />

Laga-Vorsitzenden am Herzen. Ausführlich schil<strong>der</strong>t<br />

er die schlechten Aussichten <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>kin<strong>der</strong><br />

in Deutschland. Der Weg, um für sie<br />

Chancengleichheit in <strong>der</strong> Arbeitswelt zu erreichen,<br />

führt für ihn in erster Linie über eine Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Schulerfolge. Und die könne es nur<br />

mit einem Wandel des Schulsystems geben: weg<br />

von dem geglie<strong>der</strong>ten Aufbau, hin zu einer integrierten<br />

Sekundarschule.<br />

Am Beispiel einer Studie <strong>der</strong> Universität Bremen<br />

erläutert Tayfun Keltek die Strukturen, die Migranten<br />

den Weg in die Rathäuser erschweren.<br />

Demnach wurden 85 <strong>Pro</strong>zent <strong>der</strong> Beschäftigten in<br />

<strong>der</strong> Stadtverwaltung durch eine Empfehlung von<br />

Verwandten, Freunden o<strong>der</strong> Bekannten auf die<br />

Stellen aufmerksam – Migranten aber haben keine<br />

Verwandten und Freunde in diesem Bereich,<br />

so Keltek. „Bei <strong>der</strong> demografischen Entwicklung<br />

in Deutschland kann es einem nicht gleichgültig<br />

sein, wer den Staat repräsentiert“, unterstreicht<br />

er und stellt klar: Migranten wollen sich auch in<br />

Behörden vertreten sehen. „Dann identifizieren<br />

sie sich nicht nur mit ihrer Stadt, son<strong>der</strong>n auch<br />

mit dem Staat“, folgert Keltek.<br />

Vorbild Industriebetrieb<br />

Während er im öffentlichen Bereich große Defizite<br />

registriert, sieht <strong>der</strong> Laga-Vorsitzende in <strong>der</strong><br />

Industrie zahlreiche positive Beispiele. „Viele Unternehmen<br />

haben bereits verstanden, die individuellen<br />

Kompetenzen <strong>der</strong> Mitarbeiter als Gewinn<br />

zu betrachten, wenn sie auf dem globalen Markt<br />

konkurrenzfähig sein wollen“, bilanziert er und<br />

nennt als Vorbild das Diversity-Konzept <strong>der</strong> Ford<br />

AG. Wenn die Verwaltungen diesen ganzheitlichen<br />

Ansatz ebenfalls verinnerlichen würden, könnten<br />

sie nach Ansicht Kelteks viel Geld sparen – „und<br />

viele Menschen mit Migrationshintergrund für<br />

die Integration sensibilisieren“.<br />

<strong>Pro</strong> Quaifizierung 11


Podiumsdiskussion<br />

Kooperation und<br />

Vernetzung als Erfolgsrezept<br />

Berufliche Integration von Migranten:<br />

Viele Maßnahmen müssen ineinan<strong>der</strong> greifen<br />

Keine harte Kontroverse, son<strong>der</strong>n eher ein Informationsaustausch<br />

bestimmt die Podiumsdiskussion<br />

zum Thema „Berufliche Integration<br />

– Zukunftsperspektiven und Stolpersteine“: Was<br />

die verschiedenen Einrichtungen leisten, welche<br />

Entwicklungen sich abzeichnen und wie Defizite<br />

im <strong>Qualifizierung</strong>sbereich beseitigt werden können,<br />

darüber setzen sich Teilnehmer und Zuhörer<br />

auseinan<strong>der</strong>. Am Schluss steht unter an<strong>der</strong>em die<br />

Erkenntnis, dass noch viel Vernetzungs- und Aufklärungsarbeit<br />

zu leisten ist.<br />

Fünf Diskutanten begrüßt Mo<strong>der</strong>ator Wolfgang<br />

Fehl, Leiter des Koordinierungsprojekts „Integration<br />

durch Qualifzierung“ bei <strong>der</strong> Zentralstelle zur<br />

Weiterbildung im Handwerk, in <strong>der</strong> Runde: Michael<br />

van <strong>der</strong> Cammen von <strong>der</strong> Stabsstelle für internationale<br />

Beziehungen bei <strong>der</strong> Bundesagentur<br />

für Arbeit (BA); Peter Dunkel, Leiter des Zentralbereichs<br />

<strong>Pro</strong>dukte und Absatz im Berufsfortbildungswerk<br />

(bfw); Tayfun Keltek, Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Landesarbeitsgemeinschaft <strong>der</strong> kommunalen Migrantenvertretungen<br />

Nordrhein-Westfalen (Laga<br />

NRW); Ignacio Lo-Re, Inhaber „Hairdesign & Studio<br />

Lo-Re“, Düsseldorf; Volker Scharlowski, Leiter<br />

<strong>der</strong> Abteilung Bildung und <strong>Qualifizierung</strong> im Bundesvorstand<br />

des Deutschen Gewerkschaftsbundes<br />

(DGB).<br />

„Junge Leute muss man von <strong>der</strong> Straße holen,<br />

weil sie unsere Zukunft sind“, betont Friseurmeister<br />

Ignacio Lo-Re. Er hält ein Plädoyer fürs Lernen,<br />

Ausbilden und Erziehen, wobei nicht alles dem<br />

Lehrherrn aufgebürdet werden dürfe. Seine Strategie<br />

als Ausbil<strong>der</strong> fasst Lo-Re in einem Satz zusammen:<br />

„Man muss Menschen so motivieren, als<br />

ob es die eigenen Kin<strong>der</strong> wären.“ Vor allem dazu,<br />

die deutsche Sprache gut zu beherrschen. „Erst<br />

dann erlange ich Respekt und Achtung von meinen<br />

Kollegen, damit keine Diskriminierung am<br />

Arbeitsplatz passiert“, so <strong>der</strong> engagierte Handwerker.<br />

Um Sprachkompetenz geht es auch in <strong>der</strong> Diskussion<br />

mit Michael van <strong>der</strong> Cammen, <strong>der</strong> aus dem<br />

Plenum auf den Sinn von Sprachkursen angesprochen<br />

wird. Die Bundesagentur biete Sprachkurse<br />

<strong>der</strong>zeit nur in Verbindung mit einer berufsbezogenen<br />

Komponente an. Allerdings können Leute,<br />

die Arbeitslosengeld II bekommen, auch reine<br />

Sprachkurse erhalten – wenn sie sehr schlecht<br />

Deutsch sprechen.<br />

Große türkische Kundschaft<br />

Der For<strong>der</strong>ung von Tayfun Keltek, mehr Migranten<br />

in den öffentlichen Dienst zu holen, begegnet<br />

van <strong>der</strong> Cammen mit dem Hinweis darauf, dass<br />

die BA in einigen Agenturen über sehr viele türkische<br />

Mitarbeiter verfüge, weil es in Deutschland<br />

eine große türkische Kundschaft gebe. Auch das<br />

traditionsreiche Berufsfortbildungswerk mit 180<br />

Bildungseinrichtungen in <strong>der</strong> gesamten Republik<br />

zählt Migranten zu seinen Kunden, bekräftigt Peter<br />

Dunkel – Beschäftigte als auch solche ohne Arbeit.<br />

Ihm geht es vor allem um die Frage, wie man<br />

an- und ungelerntes Personal durch vorbeugende<br />

Maßnahmen davor bewahren kann, arbeitslos<br />

zu werden. Da seien einmal die Unternehmen<br />

selbst gefor<strong>der</strong>t. Zum an<strong>der</strong>en weist Dunkel auf<br />

12 <strong>Pro</strong> <strong>Qualifizierung</strong>


Podiumsdiskussion<br />

<strong>Pro</strong>jekte in Dortmund und Gelsenkirchen hin, wo<br />

gezielt die Gruppe <strong>der</strong> An- und Ungelernten für<br />

Weiterbildung sensibilisiert wird. „Es muss ein<br />

Bündel von Maßnahmen greifen, um hier Massenarbeitslosigkeit,<br />

insbeson<strong>der</strong>e von Menschen<br />

mit Migrationshintergrund, zu bekämpfen“, unterstreicht<br />

er.<br />

Dazu bedarf es eines direkten Zugangs zu den<br />

Menschen in den Betrieben. Eine zentrale Rolle<br />

weist Volker Scharlowski vom DGB dabei den Betriebsräten<br />

zu, die allerdings eine eigenständige<br />

Instanz seien und nicht <strong>der</strong> Gewerkschaft untergeordnet.<br />

Dennoch deutet er auf Erfolge hin, die<br />

durch Kooperation erreicht wurden. So seien in<br />

vielen Betrieben Vereinbarungen erzielt worden,<br />

die dazu dienen sollen, Weiterbildung als einen<br />

festen Bestandteil im Unternehmen zu etablieren.<br />

Ähnliches berichtet er von Maßnahmen gegen<br />

Diskriminierung. Isolierte Lösungen lehnt<br />

Scharlowski ab: „Man muss langfristig die Strukturen<br />

betrachten und langfristig die Politik dahin<br />

entwickeln, dass strukturelle <strong>Pro</strong>bleme angepackt<br />

werden und sich die <strong>Pro</strong>bleme nicht immer weiter<br />

verschlimmern.“<br />

Qualifizierte Ausbildung sichern<br />

Zudem weist Volker Scharlowski auf gemeinsame<br />

Anstrengungen von Gewerkschaften und<br />

Handwerk hin: „Wir drängen auf Bundesebene<br />

gemeinsam darauf, dass die Ausbil<strong>der</strong>eignungsverordnung<br />

wie<strong>der</strong> in Kraft gesetzt wird, damit<br />

qualifizierte Ausbildung in Betrieben fundiert<br />

fortgeführt werden kann.“ Kooperationen einzugehen<br />

gehört auch zu den Zielen <strong>der</strong> Laga NRW.<br />

Tayfun Keltek deutet aber auf die beschränkten<br />

Möglichkeiten <strong>der</strong> Geschäftsstelle hin: „Wir können<br />

uns zunächst nur darauf beschränken abzuwarten,<br />

wer uns anspricht und mit uns kooperieren<br />

will. Dann werden wir da auch dranbleiben.“<br />

Als schwierig bewertet er die Strategie, nach <strong>der</strong><br />

die lokalen Migranten-Gremien vor Ort die Zusammenarbeit<br />

vorantreiben sollten. In vielen<br />

Gremien fehle Fachkompetenz; häufig verfügten<br />

die gewählten Migranten zunächst nicht über<br />

politische Erfahrung und auf kompetenten Persönlichkeiten<br />

laste die meiste Arbeit. Und mit <strong>der</strong><br />

Qualifikation <strong>der</strong> Integrationsräte in eigener Regie<br />

habe die Laga gerade erst begonnen, ergänzt<br />

Keltek in <strong>der</strong> Diskussion.<br />

Qualifikationen EU-weit dokumentieren<br />

Den Hinweis aus dem Plenum, wie schwierig es<br />

sei, im Ausland erworbene Kompetenzen hier<br />

zu Lande anerkannt zu bekommen, nutzt Volker<br />

Scharlowski, um auf Verbesserungen seitens <strong>der</strong><br />

EU hinzuweisen. So gebe es den „Europapass“ als<br />

einen ersten Schritt, Qualifikation zu dokumentieren.<br />

Mitgebrachte Kompetenzen dürften auf<br />

keinen Fall unterm Tisch verschwinden, son<strong>der</strong>n<br />

müssten weiterentwickelt werden, schließt sich<br />

Peter Dunkel vom bfw an – das sei auch volkswirtschaftlich<br />

sinnvoll. Außerdem betont er, wie notwendig<br />

weiterbildungsbegleitende Hilfen seien.<br />

Eine solche Initiative rechne sich, „weil es ohne<br />

„Man muss Menschen so motivieren,<br />

als ob es die eigenen Kin<strong>der</strong> wären.“<br />

Ignacio Lo-Re<br />

diese in <strong>der</strong> Regel häufiger zum Abbruch von Umschulungsmaßnahmen<br />

kommt“.<br />

Friseurmeister Ignacio Lo-Re liegt noch ein weiteres<br />

<strong>Pro</strong>blem am Herzen: „Es gibt Betriebe, die<br />

bilden nicht aus, haben aber einen Nutzen davon,<br />

dass die an<strong>der</strong>en ausbilden.“ Mit diesem Zustand<br />

mag er sich nicht abfinden: „Als Gegenleistung<br />

sollen Betriebe, die nicht ausbilden, einen Beitrag<br />

in einen Topf zahlen.“<br />

<strong>Pro</strong> Quaifizierung 13


Ausblick<br />

„Echte Integration nur<br />

mit erfolgreicher <strong>Qualifizierung</strong>“<br />

Handwerkskammer-Chef Knieps setzt auf<br />

wachsende Einsicht in den Nutzen <strong>der</strong> Bildung<br />

Ein umfassen<strong>der</strong> <strong>Pro</strong>zess muss angestoßen werden,<br />

um die berufliche Qualifikation von Migranten<br />

zu verbessern: Das verdeutlicht <strong>der</strong> Vortrag<br />

von Franz-Josef Knieps, Vorsitzen<strong>der</strong> des Westdeutschen<br />

Handwerkskammertags und Präsident<br />

<strong>der</strong> Handwerkskammer zu Köln. Damit alle<br />

Interessengruppen an einem Strang ziehen können,<br />

hält Knieps „starke Impulse“ für nötig – wie<br />

sie etwa die Entwicklungspartnerschaft <strong>Pro</strong> Qualifzierung<br />

erfolgreich aussende.<br />

Wie schwierig die Aufgabe ist, zeigt Knieps anhand<br />

<strong>der</strong> vielfältigen Gründe, die bislang verhin<strong>der</strong>n,<br />

dass Migranten sich stärker an Weiterbildungsmaßnahmen<br />

beteiligen. „Wir haben es mit<br />

einem Querschnittsthema zu tun, das in die unterschiedlichsten<br />

Wirtschafts- und Verwaltungsbereiche<br />

hineinwirkt“, betont er. Fehlende sprachliche<br />

Kompetenzen, mangelndes Verständnis für<br />

die Bedeutung lebenslanger Weiterbildung und<br />

lückenhafte Kenntnisse von Bildungs- und Beratungsangeboten<br />

unter Migranten – einige wichtige<br />

Faktoren, die Franz-Josef Knieps aufzählt.<br />

Aber auch die Tatsache, dass Auslän<strong>der</strong> häufiger<br />

an- o<strong>der</strong> ungelernte Tätigkeiten ausüben, ein Feld,<br />

das kaum auf berufliche Weiterbildung ausgerichtet<br />

ist, spielt laut Knieps eine Rolle. Zudem<br />

kritisiert er, dass oftmals diejenigen, die in <strong>der</strong> Bildungsarbeit<br />

tätig seien, über geringe interkulturelle<br />

Kompetenzen verfügten: „Dies erschwert oft<br />

das Verständnis für- und miteinan<strong>der</strong>.“<br />

<strong>Pro</strong>zess in Gang setzen<br />

Weil so viele Faktoren aufeinan<strong>der</strong>treffen, kann<br />

es mit Einzelmaßnahmen nicht getan sein, unterstreicht<br />

er. Stattdessen for<strong>der</strong>t Knieps: „Es muss<br />

ein <strong>Pro</strong>zess in Gang kommen, für den immer<br />

mehr Organisationen, Bildungs- und Beratungseinrichtungen<br />

sowie Betriebe und Kammern die<br />

Verantwortung übernehmen.“ Erste Erfolge auf<br />

diesem Weg verzeichnet er durch „<strong>Pro</strong> <strong>Qualifizierung</strong>“;<br />

das Thema „<strong>Qualifizierung</strong> beschäftigter<br />

Migrantinnen und Migranten im Handwerk“ sei<br />

in allen nordrhein-westfälischen Organisationen<br />

des Handwerks platziert. Diese guten Ergebnisse<br />

führt er darauf zurück, dass von Beginn an Migranten-Selbstorganisationen<br />

in die Entwicklung<br />

einbezogen waren.<br />

Qualifiziertes Personal fehlt<br />

„Echte Integration lässt sich nur mit erfolgreicher<br />

beruflicher <strong>Qualifizierung</strong> realisieren“, hebt Franz-<br />

Josef Knieps hervor. Warum es so bedeutsam ist,<br />

die Rahmenbedingungen für Weiterbildung gerade<br />

heute zu verbessern? Knieps erinnert an die<br />

demografische Entwicklung: Schon jetzt können<br />

vielerorts erfolgreiche Handwerksbetriebe nicht<br />

weitergeführt werden, weil geeignete Kräfte fehlen<br />

– „ein Zustand, <strong>der</strong> sich in Zukunft sogar noch<br />

verschlimmern wird“. Außerdem verschwinden<br />

Stellen für an- o<strong>der</strong> ungelerntes Personal rapide,<br />

was überproportional Migranten treffen wird.<br />

„Wir haben es also mit einem rasant wachsenden<br />

Bedarf an gut qualifizierten Arbeitskräften im<br />

Handwerk zu tun, den es zu decken gilt“, stellt er<br />

fest.<br />

In Zukunft müsse die Einsicht siegen, dass „sich<br />

mit Weiterbildung die Arbeitsplatz-Sicherheit erhöht<br />

sowie die Innovations- und Marktfähigkeit<br />

des Unternehmens langfristig stärken lässt“.<br />

14 <strong>Pro</strong> <strong>Qualifizierung</strong>


Übersicht<br />

EQUAL-Entwicklungspartnerschaft <strong>Pro</strong> <strong>Qualifizierung</strong><br />

Menschen mit Migrationshintergrund sollen einen<br />

gleichberechtigten Zugang zum deutschen<br />

Arbeitsmarkt bekommen, das ist das Hauptziel<br />

<strong>der</strong> EQUAL Entwicklungspartnerschaft <strong>Pro</strong> <strong>Qualifizierung</strong>.<br />

Zielgruppe sind vor allem Migrantinnen<br />

und Migranten, die 25 Jahre o<strong>der</strong> älter sind. Dazu<br />

werden durch Beratungsnetzwerke und <strong>Qualifizierung</strong>sangebote<br />

Modelle entwickelt, um die<br />

vielfältigen Chancen einer interkulturellen Arbeitswelt<br />

nutzbar zu machen. Die verschiedenen<br />

Teilprojekte von <strong>Pro</strong> <strong>Qualifizierung</strong> wenden sich<br />

diesbezüglich insbeson<strong>der</strong>e an Arbeitgeber, Entscheidungsträger<br />

und Betriebsräte. <strong>Pro</strong> Qualifi-<br />

zierung kooperiert aber auch mit Beratungs- und<br />

Migrantenorganisationen und erreicht darüber<br />

direkt Menschen mit Migrationshintergrund, berät<br />

diese und initiiert <strong>Qualifizierung</strong>en. Schließlich<br />

arbeitet die Entwicklungspartnerschaft auch<br />

mit Partnern in Italien und Spanien zusammen,<br />

um Erfahrungen auszutauschen und europaweite<br />

Lösungen zu finden. Um diese Ziele zu erreichen,<br />

haben sich unter dem Dach von <strong>Pro</strong> <strong>Qualifizierung</strong><br />

erstmals Gewerkschaftsvertreter, Arbeitgeberverbände<br />

und Migrantenorganisationen zusammengeschlossen.<br />

<strong>Pro</strong> Quaifizierung 15


<strong>Pro</strong> <strong>Qualifizierung</strong> – Koordination<br />

Leo Monz, Jens Martens<br />

Hans-Böckler-Straße 39 . 40476 Düsseldorf<br />

Telefon +49 (0)211/43 01 - 351/-333 . Fax +49 (0)211/43 01-134<br />

Mail: L.Monz@iq-consult.de, J.Martens@iq-consult.de<br />

Internet: www.pro-qualifizierung.de<br />

Transnationale Koordination<br />

Tatjana Butorac<br />

Telefon: +49 (0)211/43 01 - 192<br />

Mail: T.Butorac@iq-consult.de<br />

Beratungsnetzwerk Handwerk<br />

Rolf Göbels<br />

Telefon: +49 (0)211/30 07 - 760<br />

Mail: rolf.goebels@handwerk.nrw.de<br />

Beratungsnetzwerk Industrie<br />

Ömer Saglam<br />

Telefon: +49 (0)211/43 01 - 181<br />

Mail: oemer.saglam@dgb-bildungswerk.de<br />

Beratungsnetzwerk öffentliche Verwaltungen<br />

Robert Gereci<br />

Telefon: +49 (0)211/43 01 - 182<br />

Mail: robert.gereci@dgb-bildungswerk.de<br />

Beratungsnetzwerk Beratungs- und<br />

Migrantenorganisationen<br />

Cemalettin Özer<br />

Telefon: +49 (0)521/98 64 - 190<br />

Mail: oezer@mozaik.de<br />

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

Elke Knabe<br />

Telefon: +49 (0)22 61/92 62 - 11<br />

Mail: eknabe@zwh.de<br />

Internet<br />

Esther Rae<br />

Telefon: +49 (0)211/43 01 - 183<br />

Mail: esther.rae@dgb-bildungswerk.de<br />

Interkulturelle Kompetenz<br />

Svetlana Alemitskaya<br />

Telefon: +49 (0)211/43 01 - 186<br />

Mail: svetlana.alenitskaya@iq-consult.de<br />

Multiplikatorenschulung<br />

Nora Farik<br />

Telefon: +49 (0)211/43 01 - 189<br />

Mail: nora.farik@dgb-bildungswerk.de<br />

Beratungsnetzwerk Mittleres Mecklenburg<br />

Hartmut Gutsche<br />

Telefon: +49 (0)381/12 86 - 970<br />

Mail: Equal<strong>Pro</strong>QuaDH@aol.com<br />

Impressum<br />

Herausgeber: <strong>Pro</strong> <strong>Qualifizierung</strong>,<br />

Leo Monz (V.i.S.d.P.)<br />

Redaktion: Elke Knabe, Zentralstelle für die<br />

Weiterbildung im Handwerk e.V. (ZWH)<br />

Text: Volker Dick, freier Journalist, Gummersbach<br />

Fotos: Esther Rae, DGB Bildungswerk e.V.<br />

Layout: Moana Brunow (ZWH)<br />

Druck: Siebel Druck & Grafik, Lindlar

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