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Liebe Leserin, lieber Leser, - pro familia Schleswig-Holstein

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Jahresbericht 2011<br />

Beratungsstelle Flensburg


<strong>Liebe</strong> <strong><strong>Leser</strong>in</strong>, <strong>lieber</strong> <strong>Leser</strong>,<br />

schon wieder ist ein Jahr vergangen und auch in diesem Jahr möchten wir Ihnen mit dem<br />

vorliegenden Jahresbericht einen Einblick in die Arbeit der <strong>pro</strong> <strong>familia</strong> Beratungsstelle<br />

Flensburg geben. Wenn wir alle Bereiche addieren, so nahmen mehr als 2.400 Personen<br />

unsere Angebote in Anspruch!<br />

Neben unseren langjährigen Angeboten, wie Beratung bei Problemen in der Partnerschaft,<br />

Einzelberatung in Lebenskrisen, Schwangerschaftskonflikt- und Schwangerenberatung, sowie<br />

den umfangreichen Angeboten der Sexualpädagogen sind hier auch die Personen berücksichtigt,<br />

die Kostenübernahme von Verhütung und Onlineberatung in Anspruch nahmen.<br />

Einen detaillierten Überblick über Altersstruktur, Wohnorte und Inhalte finden Sie in Form<br />

von Tabellen im Anhang.<br />

Einen besonderen Abend erlebten wir im Rahmen der Veranstaltungen zum Internationalen<br />

Frauentag, die seit Jahren vom Flensburger Frauenforum organisiert werden. Frau Krause-<br />

Fuchs berichtete von ihrem Leben und Wirken auf Kuba in ihrer Funktion als Direktorin des<br />

Nationalen Zentrums für Sexualerziehung. Eindrücke aus der Lesung finden Sie auf Seite 3.<br />

In der Schwangerschaftskonfliktberatung spiegeln sich die Probleme wider, die die Menschen<br />

in unserem Land bewegen. Mehr dazu ab Seite 4.<br />

Bei der Kostenübernahme von Verhütung folgt Lübeck dem Flensburger Projekt. Einen<br />

Eindruck über den aktuellen Stand in unserer Stadt können Sie ab Seite 5 bekommen.<br />

Aus der vielfältigen Arbeit der SexualpädagogInnen berichtet Angelika Kuhlmann<br />

ab Seite 8.<br />

Einblicke in die Onlineberatung bietet Helmut Paschen auf Seite 11.<br />

Bedanken möchten wir uns bei allen, die unsere Arbeit ermöglichen. Ohne persönliche, fachliche,<br />

politische und finanzielle Unterstützung wäre unsere Arbeit nicht möglich. Auch unseren<br />

Klientinnen und Klienten gilt unser Dank für das Vertrauen in unsere Arbeit.<br />

Wenn Sie mehr über uns und unseren „Alltag“ erfahren oder uns eine Rückmeldung geben<br />

möchten, sprechen Sie uns gerne an.<br />

Sie können uns auch im Internet unter www.<strong>pro</strong><strong>familia</strong>-sh.de besuchen.<br />

Simone Hartig<br />

Leiterin<br />

1


Beratungsstellen-Telegramm<br />

- Innerhalb unseres Hauses in der Marienstraße hat es räumliche Veränderungen gegeben.<br />

Da die Verwaltung der Landesgeschäftsstelle aus allen Nähten platzte und die Kolleginnen<br />

von Wagemut einen zweiten Raum benötigten, haben wir die bislang vermieteten<br />

Räume in der obersten Etage dazu genommen. Auch für die Beratungsstelle bedeutet<br />

dies Verbesserungen. Hans Haland und Susanne Janssen konnten eigene Räume im<br />

Haupthaus beziehen. Bislang teilten sie einen Beratungsraum. Ebenso verfügen die SexualpädagogInnen<br />

nun über einen zweiten Raum, der vorher mit den Kolleginnen von<br />

Wagemut geteilt werden musste. Wir freuen uns, dass die logistischen Herausforderungen<br />

und die wochenlangen Arbeiten von Handwerkern im Haus bei laufendem Betrieb<br />

fast abgeschlossen sind.<br />

- Wir haben eine neue Telefonanlage und hoffen, dass wir, wenn die Kinderkrankheiten<br />

ausgestanden sind, für unsere KlientInnen noch besser erreichbar sind.<br />

- Personelle Veränderungen gab es zum Jahresende beim Sexualpädagogischen Team.<br />

Helmut Paschen wechselt ab 2012 in die Projektleitung von www.Sextra.de (Onlineberatung)<br />

und verabschiedet sich aus der langjährigen sexualpädagogischen Arbeit vor Ort.<br />

Er bleibt aber Landeskoordinator für Sexualpädagogik, macht weiter Onlineberatung und<br />

behält sein Büro in Flensburg. Maria Wenke und Fabian von der Horst vom sexualpädagogischen<br />

Team Kiel unterstützen uns Flensburger und steigen in die Schulklassenarbeit<br />

ein. Angelika Kuhlmann übernimmt verstärkt administrative und organisatorische Aufgaben.<br />

- Unsere Jahrespraktikantin Maria Leube hat ihr Praktikum im Frühjahr 2011 beendet. An<br />

dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank für ihr Engagement. Wir wünschen ihr für die<br />

Zukunft alles Gute!<br />

- Im Berichtsjahr wurden wieder gut 100 Beratungen von werdenden Müttern und Vätern in<br />

Anspruch genommen. Neben Themen wie Elternzeit- und Geld informierten wir über die<br />

Angebote von Hebammen und Familienhebammen sowie spezielle Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten.<br />

Auch Ängste und Befürchtungen in Zusammenhang mit der<br />

Schwangerschaft und dem Elternwerden bekamen Raum in der Beratung.<br />

- Im Rahmen der Täterarbeit zu häuslicher Gewalt, die seit Jahren vom <strong>pro</strong> <strong>familia</strong> Landesverband<br />

angeboten wird, hatten Hans Haland und Susanne Janssen mit 29 Klienten<br />

Kontakt. In Gruppensitzungen werden u.a. Themen wie Gewaltzyklus, Männerbild und<br />

Auswirkungen von Gewalt auf Kinder ausführlich beleuchtet.<br />

- Wir freuen uns über das Ergebnis der alle zwei Jahre stattfindenden KlientInnenbefragung:<br />

fast 90% der Ratsuchenden würden die Beratungsstelle uneingeschränkt weiter<br />

empfehlen!<br />

- Der Arbeitskreis „Alter und <strong>Liebe</strong>“, den wir nach der Veranstaltungsreihe 2010 gemeinsam<br />

mit anderen gegründet haben, steckt mitten in den Vorbereitungen zu einem Fachtag.<br />

Am 7.11.2012 wird er unter dem Motto „Endstation Sehnsucht? Hat die <strong>Liebe</strong> einen<br />

Platz im Alter?“ im Flensburger Rathaus stattfinden.<br />

2


„Königin des Kondoms“ – Leben und Wirken auf Kuba<br />

Unter diesem Thema veranstalteten wir gemeinsam mit der Volkshochschule im Rahmen der<br />

Veranstaltungen des Flensburger Frauenforums zum Internationalen Frauentag eine Lesung<br />

mit Frau Krause-Fuchs. Aus den Erläuterungen zu ihrem Buch „Machismo ist noch lange<br />

nicht tot! Kuba: Sexualität im Umbruch“:<br />

„Drei Jahrzehnte (1962 – 1990) lebte und wirkte Monika Krause<br />

- Fuchs in Kuba, wo sie im Auftrag der „ Ersten Dame“ des<br />

Landes, der Ehefrau des heutigen Regierungschefs Raúl Castro,<br />

Bruder von Fidel, das Centro Nacional de Educacion Sexual<br />

(Nationales Zentrum für Sexualerziehung) aufbaute.<br />

Sexualerziehung, -beratung, und –therapie sowie Familienplanung<br />

– das waren die wichtigsten Bereiche dieses landesweiten<br />

multidisziplinär ausgerichteten Programms. Es wurde von<br />

den Vereinten Nationen als beispielhaft für Entwicklungsländer<br />

bezeichnet und fand nicht seinesgleichen auf der ganzen Welt.<br />

Ärzte, Psychologen, Pädagogen, Soziologen, Journalisten und<br />

Juristen gehörten zu den Spezialisten, die im Rahmen des Kubanischen<br />

Programms „Sexualerziehung“ befähigt wurden und<br />

der gesamten Bevölkerung mit Rat und Tat zur Seite standen.<br />

Wie eine „Don Quijote der Moderne“ kämpfte Monika Krause-Fuchs gegen den berühmt berüchtigten<br />

Machismo, die Vormachtstellung des Mannes und die bedingungslos untergeordnete<br />

Stellung der kubanischen Frau. Diejenigen, die von ihrer Arbeit <strong>pro</strong>fitierten, vor allem<br />

Frauen und ganz besonders Tausende und Abertausende von Teenagern, betrachteten sie<br />

als Alliierte, als ihre Vertraute und Verfechterin ihrer Rechte. ...<br />

Ihre Radio- und Fernsehsendungen wurden im ganzen Land gehört, gesehen und lebhaft<br />

diskutiert. Sie schaffte es, ganz Kuba mit Fachliteratur über Sexualität und populärwissenschaftlichen<br />

Werken für Kinder, Eltern, Teenager und Erwachsene auszurüsten und war<br />

selbst publizistisch sehr aktiv.<br />

An dieser Stelle bedanken wir uns ganz herzlich bei Frau Krause-Fuchs für einen beeindruckenden<br />

und bewegenden Abend.<br />

Manches Mal stockte uns ZuhörerInnen der Atem, wenn Frau Krause-Fuchs z.B. ihre Begegnung<br />

mit einer Frau schilderte, die sich mit Kerosin übergossen und angezündet hatte.<br />

Ihr Mann hatte mehrfach Verhältnisse mit anderen Frauen. Ihre Gefühle, wie Wut, Verlassenheit<br />

und Ausweglosigkeit hatte ihr Mann nicht ernst genommen. Als letzte Möglichkeit,<br />

von ihm wahrgenommen und respektiert zu werden, hatte sie zu dieser drastischen Maßnahme<br />

gegriffen.<br />

Oder wenn Frau Krause-Fuchs von den Kubanischen Männern sprach, zu deren Männerbild<br />

es gehört, möglichst viele junge Frauen zu schwängern, ohne die Verantwortung zu übernehmen.<br />

Von der großen Anzahl von Teenagerschwangerschaften und davon, dass<br />

Schwangerschaftsabbrüche selbstverständlich zu einem Frauenleben gehörten.<br />

Aber auch vom schauspielerischen Einsatz, die Handhabung eines Kondoms in einer Fernsehsendung<br />

zu erklären, ohne das Wort „Kondom“ benutzen zu dürfen.<br />

Fast neidisch wurden wir allerdings, als wir vom Konzept des „Nationalen Zentrums für Sexualerziehung“<br />

hörten, ist doch die Sexualpädagogik in unserem Land immer noch nicht ausreichend<br />

finanziell und personell ausgestattet!<br />

Simone Hartig<br />

3


Schwangerschaftskonfliktberatung<br />

In der Schwangerschaftskonfliktberatung wird deutlich, mit welchen Sorgen und Problemen<br />

viele Menschen in unserem Land befasst sind. Frauen und Paare beschreiben,<br />

dass sie innehalten und überlegen, wie sie ihr Leben und ihre Zukunft gestalten wollen, wo<br />

ihre Möglichkeiten und Grenzen sind.<br />

Wie schon in den Vorjahren, beschreiben die Frauen immer mehrere Problembereiche, weshalb<br />

sie einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung ziehen. Im Berichtsjahr wurden in den<br />

201 Beratungen 554 Hauptgründe benannt, d.h. jede Frau hatte cirka drei für sie schwerwiegende<br />

Gründe. Im Folgenden sind drei Gründe aufgeführt, die wir für besonders relevant<br />

halten. Die Prozentzahlen beziehen sich auf alle Frauen (59% aller Frauen...).<br />

62,4 % berufliche Gründe<br />

(2010=59%, 2009=56%, 2008=52,7%, 2007=54,5%, 2006=43%)<br />

28,4 % Situation als Alleinerziehende<br />

(2010=27,3%, 2009=19,4%, 2008=25,5%, 2007=20,5%, 2006=18,7%)<br />

29,9 % zu jung<br />

(2010=25,6%, 2009=28,8%, 2008=23,9%, 2007=20,5%, 2006=24%)<br />

Es zeigt sich ein weiterer Anstieg bei den beruflichen Gründen. 62,4% aller Frauen benannten<br />

berufliche Gründe, die für sie für einen Schwangerschaftsabbruch sprachen. Besonders<br />

deutlich wurde im Berichtsjahr wieder, dass viele Menschen von ihrer Arbeit nicht<br />

leben können. Frauen berichteten, dass sie oder der Partner endlich Arbeit bekommen hätten,<br />

leider aber bei einer Leiharbeitsfirma mit wenig Lohn und ständig wechselndem Einsatz.<br />

Eine Veränderung der Situation sei nicht abzusehen. Zeitverträge sind inzwischen in vielen<br />

Bereichen üblich. Eine Vertragsverlängerung bei Schwangerschaft ist ausgeschlossen.<br />

Die Tatsache, dass das Elterngeld auf das ALG II angerechnet wird, wurde zum Jahresbeginn<br />

vielen Frauen und Paaren erst im Beratungsgespräch bewusst. Bis zum Jahresende<br />

hatte sich dies herumges<strong>pro</strong>chen. Besonders das Vorgehen, dass das Elterngeld erst beantragt<br />

werden muss, dann aber beim ALG II bei Menschen, die vorher nicht berufstätig waren,<br />

wieder abgezogen wird, sorgte für Verwirrung. Insgesamt müssen für das Beantragen von<br />

Unterstützung viele Wege gegangen werden.<br />

Frauen, die bereits alleinerziehend waren, fühlten sich mit der Verantwortung für ein weiteres<br />

Kind trotz Unterstützung durch Einrichtungen wie Schutzengel, Sozialdienst Katholischer<br />

Frauen, pädagogischer Familienhilfe oder Familienhebammen völlig überfordert. Sie berichteten<br />

von vielfältigen Problemen mit der finanziellen Situation, dem Vater des Kindes und der<br />

Erziehung des Kindes. Auch hier war die berufliche Situation besonders wichtig. Alleinerziehende<br />

sind bei einem gering bezahlten Teilzeitjob zusätzlich auf ALG II angewiesen. 28,4%<br />

der Frauen, also mehr als ein Viertel, nannten die Situation alleinerziehend zu sein oder zu<br />

werden als einen wichtigen Hintergrund, sich für einen Abbruch zu entscheiden.<br />

29,9% der Frauen empfanden sich selber als zu jung, um die Verantwortung für ein Kind zu<br />

übernehmen. Nach wie vor spielen berufliche Gründe hier ebenso eine große Rolle. Viele<br />

der Frauen wollten einen Schulabschluss nachholen, befanden sich in der Ausbildung oder<br />

wollten mit einer Ausbildung beginnen.<br />

Zu der Schwangerschaftskonfliktberatung bei <strong>pro</strong> <strong>familia</strong> gehört die Frage nach der Verhütung.<br />

Nach wie vor ist die Situation, dass für viele Menschen die Kosten der Verhütungsmittel<br />

zu hoch sind, ein großes Problem. Immer wieder berichten Frauen, dass das Geld<br />

nicht reichte, um das Pillenrezept einzulösen. Kurzfristig mussten die Kinder in der Schule<br />

ein Buch oder Arbeitsheft bezahlen. Dann wurde das Geld genommen, das ursprünglich für<br />

die Pille eingeplant war. Manche greifen auf – preiswertere - Kondome zurück. Sie wissen<br />

allerdings nicht, dass die Möglichkeit besteht, die „Pille danach“ zu nehmen, wenn ein Kondom<br />

reißt oder abrutscht.<br />

4


Außerdem ist der Aufwand die „Pille danach“ zu bekommen in Deutschland groß, weil sie<br />

anders als in vielen anderen Ländern verschreibungspflichtig ist. Dies ist besonders an Wochenenden<br />

und Feiertagen eine große Schwierigkeit.<br />

Seit April 2009 können Frauen und Männer, die ALG II, Wohngeld, BAB oder BAföG erhalten<br />

einen Antrag auf Kostenübernahme aller ärztlich verordneten Verhütungsmittel stellen,<br />

wenn sie in Flensburg wohnen. Für Menschen aus den umliegenden Kreisen gibt es nach<br />

wie vor keine Möglichkeit.<br />

Kostenübernahme Verhütung<br />

Da der folgende Artikel der Stadtzeitung Lübeck (Ausgabe 24. Januar 2012) die Situation<br />

und Hintergründe deutlich macht, haben wir ihn in unseren Jahresbericht aufgenommen.<br />

Kostenlose Verhütungsmittel - Neuer Fonds ist in Lübeck gestartet<br />

Im Januar 2012 startet in der Hansestadt Lübeck ein neues Projekt. Lübeckerinnen und<br />

Lübecker, die Arbeitslosengeld II oder Grundsicherung (SGB XII) erhalten, können bei den<br />

Schwangerenberatungsstellen beantragen, dass die Kosten für ärztlich verordnete Verhütungsmittel<br />

wie z.B. Pille, Spirale oder Sterilisation übernommen werden. Kondome werden<br />

nicht bezahlt. „In den vergangenen Jahren haben wir in den Schwangerenberatungsstellen<br />

immer öfter erlebt, dass ungewollt Schwangere erzählen, dass sie sich sichere Verhütungsmittel<br />

nicht mehr leisten können“, so Sophia Leopold, Beraterin der Schwangerenberatung<br />

der Gemeindediakonie. Für Frauen und Männer mit wenig Geld sei es sehr schwierig geworden,<br />

Verhütungsmittel zu finanzieren, vor allem wenn einmalige hohe Kosten aufzubringen<br />

sind, so die Beraterinnen aller vier beteiligten Beratungsstellen. „Dadurch ist die Idee für den<br />

Fonds entstanden, denn Verhütung darf nicht am Geld scheitern“, so Leopold. Bis zum Jahr<br />

2004 konnten Kosten für Verhütungsmittel im Rahmen der „Mittel zur Familienplanung“<br />

übernommen werden, dies fiel jedoch mit Inkrafttreten des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes<br />

weg. Seitdem sollen Verhütungsmittel mit einem geringen im ALG-II-Regelsatz vorgesehenen<br />

Betrag für Gesundheitskosten bestritten werden, einen eigenen „Posten“ für Verhütungsmittel<br />

gibt es nicht. „Doch mit den Mitteln für Gesundheitskosten müssen die Frauen<br />

und Männer auch die Praxisgebühr, Zuzahlungen und mehr bezahlen. Für ‚teurere’ Verhütungsmittel<br />

reicht dieser Betrag oft nicht aus“, so Helga Lenz, Beraterin in der Schwangerenberatungsstelle<br />

der Frauen- und Familienberatung der HU. „Das Recht auf Familienplanung,<br />

das seit 1994 von den Vereinten Nationen als Menschenrecht anerkannt ist, wird damit nicht<br />

mehr für alle garantiert“, so Lenz. Einige Kommunen haben auf diesen Missstand reagiert. In<br />

<strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> ist die Stadt Flensburg als erste aktiv geworden, weitere sind diesem<br />

Beispiel gefolgt, wie der Kreis Stormarn oder Geesthacht. In Lübeck beschloss die Bürgerschaft,<br />

dass es nun finanzielle Unterstützung für Verhütungsmittel für Bedürftige geben soll.<br />

Das Projekt ist zunächst auf ein Jahr begrenzt, ein Rechtsanspruch auf Kostenübernahme<br />

besteht nicht.<br />

In Lübeck sind für das neue Angebot die vier Mitglieder des Arbeitskreises der Lübecker<br />

Schwangerschaftsberatungsstellen zuständig: <strong>pro</strong> <strong>familia</strong>, Caritas, Gemeindediakonie sowie<br />

die Frauen- und Familienberatung der Humanistischen Union. Hier können Frauen und Männer,<br />

die in Lübeck wohnen und Arbeitslosengeld II oder Grundsicherung beziehen, einen<br />

Antrag auf Kostenübernahme stellen.<br />

„Auf Dauer muss eine bundesweit einheitliche Lösung für die Kosten der Familienplanung<br />

und Verhütung gefunden werden“, so Petra Schmittner vom Frauenbüro der Hansestadt<br />

Lübeck.<br />

Kostenlose Verhütungsmittel<br />

… gibt es bislang laut einer Umfrage von <strong>pro</strong> <strong>familia</strong> (Abfrage bei 180 Städte und Kommunen)<br />

in ca. 60 Städten und Gemeinden bundesweit<br />

... gibt es in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> bislang in den Städten Flensburg und Geesthacht sowie<br />

im Kreis Stormarn<br />

… und außerdem z.B. in Münster, Göttingen, Berlin, Freiburg, Hannover, Oldenburg,<br />

Braunschweig, Dortmund<br />

… ebenfalls 2012 startet ein Fonds für kostenlose Verhütungsmittel in Dortmund<br />

(250.000 Euro)<br />

5


… in Berlin werden Kosten für Verhütungsmittel vom Land erstattet<br />

…der Bundesrat plädierte schon 2010 für Kostenübernahme von ärztlich verordneten<br />

Verhütungsmitteln für bedürftige Frauen und forderte eine bundesgesetzliche Regelung<br />

zur Übernahme der Kosten für ärztlich verordnete empfängnisverhütende Mittel<br />

… rechtlicher Hintergrund: Von den Vereinten Nationen einberufene Internationale Konferenz<br />

für Bevölkerung und Entwicklung in Kairo (1994) begründete das Recht auf „re<strong>pro</strong>duktive<br />

Gesundheit“<br />

Projekt Kostenübernahme Verhütung in Flensburg<br />

Im Berichtsjahr stellten 183 Frauen (2010=180) und 3 Männern (2010=6) 286 Anträge<br />

(2010=277). Ein Antrag wurde nicht bewilligt.<br />

Berechnungsgrundlage (in Klammern 2010):<br />

141 (145) Personen bezogen ALG II oder Grundsicherung,<br />

15 (12) Personen bekamen Wohngeld,<br />

29 (20) Personen BAföG oder BAB,<br />

1 (4) Person bezogen Rente<br />

Personenkreis (in Klammern 2010):<br />

111 (116) Personen – ca. 60% (ca.62%) hatten Kinder<br />

20 (24) Personen - ca. 11% (ca.13%) hatten drei Kinder oder mehr<br />

127 (119) Personen - 68% (ca.64%) lebten nicht in Partnerschaft<br />

71 (78) Personen - ca. 38% (ca.42%) waren im Alter von 20 bis 24 Jahren<br />

78 (71) Personen - ca. 42% (ca.38%) waren im Alter von 25 bis 34 Jahren<br />

37 (37) Personen - ca. 20% (ca.20%) waren im Alter ab 35 Jahre<br />

Erfahrungen<br />

Wie geplant, wurden zu Beginn des Jahres vorrangig teure Mittel wie Sterilisation oder Spirale<br />

aus der Vormerkliste des Vorjahres bearbeitet. So konnten bis Mitte Februar 8 Spiralen, 3<br />

Sterilisationen bei Frauen und 2 Sterilisationen bei Männern bewilligt werden. Dann bekamen<br />

wir die Information, dass die Stadt Flensburg vorerst nur geringere monatliche Abschläge<br />

zahlen konnte, weil der Haushalt nicht bewilligt war. Da wir finanziell nicht in der Lage<br />

sind, in Vorleistung zu gehen, beschlossen wir vorrangig Anträge für die preiswerteren Mittel<br />

zu bearbeiten. Die Bewilligung des Haushaltes verzögerte sich. Gleichzeitig war eine große<br />

Nachfrage nach den preiswerteren Verhütungsmitteln zu verzeichnen, so dass ein „Ansparen“<br />

für uns nicht möglich war. Mitte Mai begannen wir trotzdem mit der Bearbeitung der Anträge<br />

für teure Mittel. Ab September verstärkten wir dieses Vorgehen.<br />

Im Vergleich zum Vorjahr wurden zwar weniger Spiralen, dafür aber 5 Sterilisationen für<br />

Frauen mehr bewilligt. Mit 750,-€ ist dies die teuerste Methode. Anfang November mussten<br />

wir aus finanziellen Gründen die Antragsannahme für 2011 beenden.<br />

6


Für die Anfrage nach den teuren Verhütungsmitteln führten wir eine Vormerkliste, auf der<br />

zum Jahresende 23 Personen standen. Die nachfolgende Skala spiegelt die Situation:<br />

Eine große Verunsicherung bedeutete für uns im Frühjahr die Nachricht, dass der Betrag im<br />

Rahmen der Diskussionen zur Haushaltsstabilisierung der Stadt auf 15.000,-€ reduziert werden<br />

sollte. Umso erfreuter waren wir über das Interesse und die Unterstützung durch die<br />

Politik. So wurde für das Jahr 2012 wieder die volle Summe in den Haushalt gestellt. Zusätzlich<br />

besteht die Möglichkeit, dass wir mit Hilfe von Spenden die Basissumme erhöhen können.<br />

Auch im Berichtsjahr erlebten wir, dass viele Menschen sehr froh, in manchen Fällen dankbar<br />

für die Unterstützung waren. Besonders hervorzuheben ist, wie positiv es in der<br />

Schwangerschaftskonfliktberatung ist, die Frauen und Paare nicht nur über die Möglichkeiten<br />

von Verhütung zu beraten, sondern auch die Finanzierung in Aussicht stellen zu können,<br />

wenn die KlientInnen in Flensburg wohnen.<br />

Fazit<br />

Wir sind sehr froh, dass es in unserer Stadt die Möglichkeit der Kostenübernahme gibt, eine<br />

„gerechte“ Verteilung der Mittel ist aber kaum möglich. Für 2012 haben wir mit der Verwaltung<br />

der Stadt Flensburg abges<strong>pro</strong>chen, vorrangig Anträge für die teuren Mittel zu bearbeiten,<br />

um die Vormerkliste zu reduzieren. Gleichzeitig bemühen wir uns, den Etat durch Spenden<br />

zu erhöhen.<br />

Insgesamt ist der Arbeitsaufwand für unsere Beratungsstelle nicht unerheblich. Die 25,-€<br />

Verwaltungsgebühr <strong>pro</strong> AntragstellerIn sind auf jeden Fall gerechtfertigt. Wichtig und schwierig<br />

war die Entscheidung mehrmals im Jahr, wie eine möglichst gerechte Verteilung der Mittel<br />

zu realisieren war. In diesem Zusammenhang mussten Menschen vertröstet und das Vorgehen<br />

im KollegInnenkreis erläutert werden. Die umfangreiche Exceltabelle mit allen relevanten<br />

Daten muss ebenso kontinuierlich gepflegt werden wie die Statistik. Eingehende<br />

Rechnungen müssen vor der Überweisung abgeglichen und überprüft werden. Hinzu kommt,<br />

dass es immer wieder Klärungsbedarf gibt, z.B. mit Arztpraxen, die Preise erhöhen. Sehr<br />

hilfreich sind hier die Höchstsätze, die wir mit dem Qualitätscirkel Flensburger GynäkologInnen<br />

abges<strong>pro</strong>chen haben und auf die wir uns beziehen.<br />

Deutlich wird in diesen Zusammenhängen, wie wichtig eine bundesweite Regelung mit<br />

Rechtsanspruch und dementsprechend ausreichenden Mitteln ist.<br />

Hanna Lindner, Simone Hartig<br />

7


Sexualpädagogik<br />

„Ich habe Stress mit meinem Freund, könnt ihr mir helfen, was soll ich tun?“<br />

(Schülerin, 15 Jahre)<br />

„Im Internet habe ich eklige Bilder gesehen…“ (Schüler, 13 Jahre)<br />

„Kann ich meine Schülerin (14 Jahre) mal zu Ihnen schicken? Ich habe Sorge, dass sie<br />

schwanger wird.“ (Lehrerin einer Gemeinschaftsschule)<br />

Fragen wie diese weisen auf eine zunehmende Verknüpfung zwischen Sexualpädagogik und<br />

Beratungsarbeit hin. Wir sprechen mit unseren Angeboten sowohl Kinder und Jugendliche,<br />

als auch MultiplikatorInnen (ErzieherInnen, LehrerInnen, MitarbeiterInnen von Behinderteneinrichtungen),<br />

Eltern und Menschen mit Behinderung an.<br />

Die Sexualpädagogische Arbeit ist ein weiterer Schwerpunkt von <strong>pro</strong> <strong>familia</strong>, dem ein besonderer<br />

Stellenwert zukommt.<br />

In den sexualpädagogischen Veranstaltungen haben wir zu den Themenbereichen <strong>Liebe</strong>,<br />

Freundschaft, Sexualität und Partnerschaft zielgruppenspezifisch gearbeitet. Ressourcenorientiert<br />

haben wir die TeilnehmerInnen dabei unterstützt, ihre eigenen Wünsche, Bedürfnisse<br />

und Gefühle wahrzunehmen, eigene Grenzen und die Grenzen der Anderen kennen zu lernen,<br />

ihnen achtsam zu begegnen und verantwortungsbewusst damit umzugehen.<br />

Die Stärkung des Selbstbewusstseins, ein Hinwirken auf eine Akzeptanz der Selbstverständlichkeit<br />

verschiedener sexueller Lebensformen und die Gleichberechtigung der Geschlechter<br />

stand hierbei im Vordergrund. Besonders wichtig ist uns die Präventionsarbeit sowohl in Hinblick<br />

auf ungewollte Schwangerschaften und sexuell übertragbare Krankheiten als auch in<br />

Hinblick auf sexuelle Gewalt. Die Stärkung und das Training von angemessenem und konstruktivem<br />

Kommunikationsverhalten ist hierbei die Basis unserer entwicklungsorientierten<br />

Lernbausteine für ein gelingendes Miteinander.<br />

Wir regen in unseren Gruppen dazu an, den Mut zu entwickeln, über die eigenen Unsicherheiten,<br />

über Scham und Ängste zu sprechen, da die Auseinandersetzung mit diesen Themen<br />

wichtig für die eigene Lebensplanung und für die Vorbereitung auf Partner- und möglicherweise<br />

Elternschaft ist. Insofern dient Sexualpädagogik somit auch dem Kindeswohl und<br />

ist deshalb in unserem Verständnis ein wichtiger Bestandteil der Frühen Hilfen.<br />

Unsere Angebote richten sich sowohl an Kinder und Jugendliche (z.B. in sexualpädagogischen<br />

Schulklassenveranstaltungen und in Einzelberatungen) als auch an junge Erwachsene<br />

und an Erwachsene (z.B. in Fachberatungen, bei Elternabenden, Fortbildungen, in der<br />

Öffentlichkeitsarbeit und in Einzelberatungen). Hierbei sind unsere Zielgruppen immer sowohl<br />

behinderte wie auch nichtbehinderte Menschen. Wir arbeiten mit MultiplikatorInnen wie<br />

ErzieherInnen, LehrerInnen und MitarbeiterInnen von Behinderteneinrichtungen zusammen.<br />

Im Berichtsjahr wurden 1.327 Personen in 134 Veranstaltungen erreicht.<br />

Im Jahr 2011 fand kein Jugendfilmtag statt, der im Jahr 2010 von sehr vielen BesucherInnen<br />

genutzt wurde.<br />

Durch die langjährige Kooperation mit<br />

dem Jugendtreff ADS-Speicher ist<br />

es uns weiterhin möglich, viele dieser<br />

Veranstaltungen in einem außerschulischen,<br />

jugendgerechten Rahmen<br />

anzubieten.<br />

Im Berichtsjahr wurden Veranstaltungen mit 46 Schulklassen und 5 Gruppen aus Einrichtung<br />

der Behindertenhilfe (jeweils 2 ganze Tage) durchgeführt.<br />

8


Wir konnten in 62 Fachberatungen individuell auf Fachfragen von PädagogInnen insbesondere<br />

zu den Themen Verhütung, Teenagerschwangerschaften und soziales Klima in Jugendgruppen<br />

und Schulklassen eingehen.<br />

Auch in 2011 haben wir im Rahmen eines durch die Stadt Flensburg geförderten Projektes<br />

weitgehend flächendeckend die 7. Klassen der Regional- und Gemeinschaftsschulen anges<strong>pro</strong>chen.<br />

Auch die dänischen Schulen waren in dieses Projekt mit einbezogen.<br />

Weiterhin sind Auffälligkeiten im sozialen Kontext und Kommunikations<strong>pro</strong>bleme in den<br />

Schulklassen sichtbar. Diese Kinder und Jugendlichen brauchen eine stärkere Anbindung an<br />

Hilfsangebote und haben einen verstärkten Unterstützungsbedarf sowohl in einem Gruppenwie<br />

auch in einem Einzelsetting, das an ihren Bedürfnissen orientiert ist. Prävention bezüglich<br />

Teenagerelternschaft und Schutz vor sexuellen Übergriffen und sexuell übertragbaren<br />

Krankheiten kann nur dann nachhaltig wirken, wenn über einen längeren Zeitraum Präventions-<br />

und Beratungsangebote für die SchülerInnen niedrigschwellig erreichbar sind.<br />

Zahlreiche Jugendliche, vor allem weibliche, nutzen unser Beratungsangebot, da sie durch<br />

die Schulklassenveranstaltungen bereits Informationen über <strong>pro</strong> <strong>familia</strong> und andere Hilfsangebote<br />

bekommen haben und die BeraterInnen von <strong>pro</strong> <strong>familia</strong> in diesem Rahmen kennen<br />

lernen konnten. Dadurch wird die Hemmschwelle, in die Beratung zu gehen, niedriger.<br />

Rückmeldungen aus den anonymen schriftlichen Feedbackbögen von Jugendlichen einer 7.<br />

Klasse waren:<br />

„Ich fand die ganze Veranstaltung (<strong>pro</strong> <strong>familia</strong>) gut, besonders die Mädchengruppe wo wir<br />

zusammengearbeitet haben und auch über alles reden konnten. Die, die diese Veranstaltung<br />

gemacht haben waren auch sehr nett.“<br />

„Wir haben über alles geredet und wenn wir Fragen hatten durften wir sie stellen. Es war<br />

echt lustig.“<br />

„Also ich fand <strong>pro</strong> <strong>familia</strong> sehr gut! Und die Betreuer waren da alle Super Lieb! Und wir haben<br />

was dazu gelernt. Und die können gerne wieder kommen also man kann es gerne weiter<br />

empfehlen!“<br />

Der Bereich Sexualpädagogik für Menschen mit Behinderung<br />

ist ein wichtiger Schwerpunkt unserer Arbeit.<br />

In jahrelanger Zusammenarbeit mit Einrichtungen der Behindertenhilfe<br />

konnten wir vorhandene Angebote für Jugendliche<br />

und Erwachsene (Gruppen, Einzelpersonen und<br />

Paare) jeden Alters zielgruppengerecht weiter ausbauen.<br />

Insbesondere gehören dazu:<br />

Sexualpädagogische Veranstaltungen für gemischte Gruppen und Jungen/Männer- und<br />

Mädchen/Frauengruppen zu den Themen: <strong>Liebe</strong>, Freundschaft, Sexualität, Verhütung,<br />

Grenzen<br />

Fachberatung und Fortbildung für MulitplikatorInnen<br />

Beratung für Menschen mit Behinderung zu folgenden Themen:<br />

o Partnerschaft und Sexualität<br />

o Lebenskrisen<br />

o Grenzen (eigene und andere), Selbstsicherheit, Selbstbehauptung<br />

o Verhütung<br />

9


Durch die jahrelange gute Kooperation mit Einrichtungen in der Region wie den Mürwiker<br />

Werkstätten, dem Holländerhof, den Kappelner Werkstätten, den Husumer Werkstätten und<br />

dem Landesverband der Lebenshilfe <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> ist ein stabiles und gut funktionierendes<br />

Netzwerk entstanden. Im Rahmen dieser Kooperation mit den unterschiedlichen Institutionen<br />

konnten wir bedarfsgerechte und nachfrageorientierte Seminare weiterführen und<br />

neue Projekte entwickeln.<br />

Immer mehr Förderzentren nutzen das facettenreiche Angebot von <strong>pro</strong> <strong>familia</strong>, so dass auch<br />

Kinder und Jugendliche mit Behinderung zunehmend an den Veranstaltungen teilnehmen<br />

konnten. Darüber hinaus konnten durch diese Entwicklung im Berichtsjahr präventive Angebote<br />

installiert und durchgeführt werden.<br />

Nach unseren Erfahrungen kann die Hemmschwelle der Jugendlichen und jungen Erwachsenen,<br />

in eine Beratungsstelle zu gehen, durch den persönlichen Kontakt in den Gruppenveranstaltungen<br />

nachhaltig gesenkt werden. Zu beobachten ist, dass TeilnehmerInnen<br />

aus diesen Veranstaltungen - teilweise Jahre später – leichter individuelle Beratung in Anspruch<br />

nehmen. So nutzen immer mehr Menschen mit Behinderung Beratung für Einzelpersonen<br />

und Paare für ihre eigene Entwicklung. Aufbauend auf den Erfahrungen in der Gruppenarbeit<br />

und Einzelberatung erarbeiten wir immer wieder neue Methoden und Materialien<br />

für diese Zielgruppe.<br />

Die Teilnahme an Arbeitskreisen und deren Organisation im Bereich geschlechtssensible<br />

Arbeit (z.B. LAG Mädchen- und Jungenarbeit, AK Jungen SL/FL) bildeten einen weiteren<br />

Arbeitsschwerpunkt.<br />

Zwei MitarbeiterInnen arbeiten mit im landesweiten Arbeitskreis „Sexuelle Orientierungen<br />

<strong>Schleswig</strong> <strong>Holstein</strong>“ (im Internet: www.come-out-sh.de) – einem Zusammenschluss von<br />

pädagogischen Fachkräften unterschiedlicher sexueller Orientierungen – koordiniert durch<br />

die Beratungsstelle NaSowas in Lübeck.<br />

Ein wichtiger Bestandteilteil unserer Arbeit ist die Kooperation und der Informationsaustausch<br />

mit anderen Institutionen vor Ort. Diese Vernetzung mit Schulen und außerschulischen<br />

Einrichtungen und auch mit anderen Beratungsinstitutionen ermöglicht zielgruppenorientiertes<br />

Arbeiten und unterstützt die gute Qualität unserer Arbeit.<br />

Bedauerlicherweise ist der sexualpädagogische Bereich unserer Arbeit – trotz teilweiser<br />

Förderung durch die Stadt Flensburg – nach wie vor nicht ausreichend finanziert.<br />

Die Sexualpädagogik wird in großen Teilen durch Spenden getragen, die keine gesicherte<br />

personelle Planung ermöglichen, da sie Schwankungen unterliegen.<br />

Um eine kontinuierliche Bedarfsgerechtigkeit der Arbeit zu gewährleisten und zu sichern,<br />

wäre eine abgesicherte Finanzierung erforderlich.<br />

Angelika Kuhlmann<br />

10


Beratung via Internet<br />

Im Rahmen der Online-Beratung beantwortete ein Mitarbeiter mit dem Standort Flensburg im<br />

Berichtsjahr 159 Anfragen von 78 Personen. Ca. drei Viertel davon wurden von weiblichen<br />

und ein Viertel von männlichen Ratsuchenden gestellt.<br />

Deutschlandweit bearbeiten momentan über 100 <strong>pro</strong> <strong>familia</strong> MitarbeiterInnen Online-<br />

Anfragen. Die gesamte Betreuung der Website und die Koordination der Online-Beratung<br />

übernahm bis zum Ende des Berichtsjahres die Internetredaktion der <strong>pro</strong> <strong>familia</strong> Tübingen.<br />

Viele der über das Internet eingehenden Anfragen beinhalteten ausführliche Texte, Fragen<br />

und verschiedene Probleme rund um die Themen Schwangerschaft, Beziehung, Partnerschaft<br />

und Sexualstörungen und bedurften ausführlicher, individueller und zielgruppengerechter<br />

Antworten.<br />

E-Mails aus diesen Themenbereichen erfordern insgesamt einen ähnlichen Zeitaufwand wie<br />

eine face-to-face-Beratung und neben einer spezifischen Online-Beratungskompetenz auch<br />

Supervision und fachlichen Austausch mit anderen Online-Beratern.<br />

Das Online-Beratungsangebot ist integriert in die Homepage der <strong>pro</strong> <strong>familia</strong> Landesverbände.<br />

Unter www.sextra.de finden NutzerInnen aller Altersstufen ein breites Angebot - beispielsweise<br />

auch häufig gestellte Fragen mit den dazugehörigen Antworten (FAQs) - und<br />

haben die Möglichkeit, eigene Anfragen zu senden. Im Berichtsjahr wurde die Sextra-<br />

Internetseite weiter ausgebaut. Zu nennen ist hier besonders das neue Sexlexikon, das<br />

viele Begriffe von A bis Z erläutert und inzwischen zu den Seiten mit den meisten Aufrufen<br />

gehört. Neu ist auch eine Unterseite, die auf das sogenannte „Kondometto“ hinweist, ein<br />

kleines Messgerät zum Herausfinden der passenden Kondomgröße.<br />

Ein großer Teil der Anfragen gelangt weiter über ein Gateway (eine Eingabemaske auf der<br />

Internetseite des <strong>pro</strong> <strong>familia</strong> Bundesverbandes www.<strong>pro</strong><strong>familia</strong>.de) zum SEXTRA-Beratungs-<br />

Team. Auch hier sind inzwischen die verschiedenen Kommunikationswege (webbasierte<br />

Beratung mit oder ohne E-Mail-Nachricht und Antwort per klassischer E-Mail) in einem nutzerfreundlichen<br />

Rahmen wählbar.<br />

Auf der SEXTRA-Website wird das Dialogforum weiterhin für Peer-Beratung, Austausch und<br />

Wissenstransfer genutzt. Die Neugestaltung der Beratersoftware Automail 2.0 ist in Arbeit<br />

und wird voraussichtlich im Laufe des Jahres 2012 fertig gestellt werden.<br />

Weitere Arbeitsschwerpunkte waren Qualitätssicherung, Fortbildung und Fallarbeit in der<br />

Online-Beratung. In Kooperation mit einer Mitarbeiterin von Dunkelziffer e.V. bietet ein Mitarbeiter<br />

weiterhin Supervision für ein Online-Beratungsteam an.<br />

Darüber hinaus wirkte Helmut Paschen im Berichtsjahr im „Fachausschuss Online-Beratung“<br />

und im „Fachausschuss virtuell“ des <strong>pro</strong> <strong>familia</strong> Bundesverbandes mit. Themen waren die<br />

Analyse der Interessen und Zugangswege der Ratsuchenden, mögliche Kooperationen mit<br />

sozialen Netzwerken, <strong>pro</strong> <strong>familia</strong> Präsenz in den verschiedenen Social Media, Verbesserungen<br />

im organisatorischen Ablauf der Beratungs<strong>pro</strong>zesse und die gegenseitige Anerkennung<br />

der Fortbildungsrichtlinien der größeren deutschsprachigen Online-Beratungsinstitutionen.<br />

Helmut Paschen, Sexualpädagoge und Online-Berater<br />

11


Das Team (gelistet nach Stunden)<br />

Simone Hartig, Erzieherin, Beraterin mit gestalttherapeutischer Zusatzausbildung, Leiterin<br />

der Beratungsstelle, 27 Std. wöchentlich, Leitungstätigkeit, Öffentlichkeits- und Vernetzungsarbeit,<br />

Schwangerschaftskonflikt- und Schwangerschaftsberatung, Krisen-, Einzel- und<br />

Paarberatung.<br />

Angelika Kuhlmann, Sozialpädagogin mit Zusatzausbildung als Gestalt-, Kinder- und Jugendtherapeutin.<br />

24,25 Std. wöchentlich im Bereich Sexualpädagogik. 5 Std. wöchentlich<br />

Beratung mit dem Schwerpunkt Beratung für Menschen mit Behinderung und Jugendliche.<br />

Mit zusätzlichen Stunden im Bereich Sexualpädagogik in der <strong>pro</strong> <strong>familia</strong> Beratungsstelle<br />

Husum.<br />

Maria Leube, Studium der Erziehungswissenschaften, Praktikum im Rahmen des Hauptstudiums,<br />

20 Std.wöchentlich, März 2010- März 2011<br />

Martin Sprung, Pädagoge und Aikidolehrer, 17,5 Std. wöchentlich, Sexualpädagogik<br />

Hans Haland, Sozialpädagoge mit familien- und sexualtherapeutischer Zusatzausbildung,<br />

16 Std. wöchentlich, Einzel- und Paarberatung, Sexualpädagogik. Mit zusätzlichen Stunden<br />

im KIK Projekt, Beratung bzw. Therapie für jugendliche Sexualtäter und erwachsene Sexualstraftäter.<br />

Helmut Paschen, Sozialpädagoge und Onlineberater, 13 Std. wöchentlich, Sexualpädagogik.<br />

Mit zusätzlichen Stunden Onlineberater und Landeskoordinator für Sexualpädagogik.<br />

Susanne Janssen-Schümann, Sozialpädagogin, Beraterin, in sexualtherapeutischer Zusatzausbildung.<br />

12,25 Std. Schwangerschaftskonflikt- und Schwangerschaftsberatung, Krisen-,<br />

Einzel- und Paarberatung, Öffentlichkeits- und Vernetzungsarbeit. Mit zusätzlichen<br />

Stunden im KIK Projekt.<br />

Pia Schultheis-Bockhardt, Sonderpädagogin, Gestalttherapeutin mit sexualtherapeutischer<br />

Zusatzausbildung, 8 Std. wöchentlich als Honorarkraft, Einzel- und Paarberatung,<br />

Schwangerschaftskonfliktberatung und Sexualtherapie für Einzelne und Paare.<br />

Hanna Lindner, Verwaltungsangestellte, 8 Std. wöchentlich, Erstkontakt und Verwaltung.<br />

Mit zusätzlichen Stunden Kostenübernahme von Verhütung, in der Telefonzentrale des Landesverbandes<br />

und in der Verwaltung der Landesgeschäftsstelle.<br />

Tanja Thiel, Sozialpädagogin, 5 Std. wöchentlich als Honorarkraft, Sexualpädagogik<br />

Ingrid Miemitz, Verwaltungsangestellte, 2 Std. wöchentlich, Erstkontakt und Verwaltung.<br />

Mit zusätzlichen Stunden Kostenübernahme von Verhütung, in der Telefonzentrale des Landesverbandes<br />

und in der Verwaltung der Landesgeschäftsstelle.<br />

Edda Hinrichsen, 2 Std. wöchentlich, Erstkontakt und Verwaltung. Mit zusätzlichen Stunden<br />

in der Telefonzentrale des Landesverbandes und in der Verwaltung der Landesgeschäftsstelle.<br />

Qualitätssicherung erfolgt durch:<br />

Teambesprechungen<br />

regelmäßige Supervision für Beratung, Sexualpädagogik, Täterarbeit und Erstkontakt<br />

Bilanzgespräche mit dem Landesgeschäftsführer<br />

Facharbeitskreise des <strong>pro</strong> <strong>familia</strong> Landesverbandes (LeiterInnentreffen, AK Paar-und<br />

Sexualberatung, Ak §219/Familienplanung, AK Sexualpädagogik, AK Verwaltung)<br />

Fortbildungen<br />

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Gremienarbeit und Vernetzung<br />

Flensburger Frauenforum, Frühe Hilfen in Flensburg und im Kreis <strong>Schleswig</strong>-Flensburg, AK<br />

Soziale Gerechtigkeit, §219 Arbeitskreis FL/SL, KIK Arbeitskreis, AK Jungen SL/FL, LAG<br />

Mädchen- und Jungenarbeit, AK sexuelle Orientierung <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />

Anhang: Zahlen und Tabellen<br />

Deutlich wird, dass die Anzahl der Beratungen in den letzten Jahren leicht<br />

gestiegen ist, während die Anzahl der Fälle und Personen sehr konstant ist.<br />

Das Projekt Kostenübernahme Verhütung und Onlineberatung ist nicht enthalten.<br />

Seit 2008 sind leichte Steigerungen zu verzeichnen, die letztlich aber wenig aussagekräftig<br />

sind.<br />

13


Nach wie vor ist die Altersgruppe der 25 bis 34 Jährigen am stärksten vertreten. In<br />

den nächsten Jahren wird eine Zunahme der KlientInnen ab 45 Jahren vermutet.<br />

Wir bereiten uns u.a. im Arbeitskreis „Alter und <strong>Liebe</strong>“ auf die Situation der älteren<br />

Ratsuchenden vor. Das Projekt Kostenübernahme Verhütung und Onlineberatung<br />

ist nicht enthalten.<br />

Im Jahr 2010 und teilweise auch 2009 hat es Verschiebungen gegeben, die 2011<br />

aber wieder aufgehoben wurde. Letztlich ist eine Aussage nicht möglich.<br />

14


Bei den Wohnorten sind die KlientInnen, die Schwangerschaftskonfliktberatungen,<br />

Kostenübernahme von Verhütung und Onlineberatung in Anspruch nahmen nicht enthalten.<br />

15


Der Haushalt belief sich auf gut 240.000,00 €. Veränderungen zum Vorjahr ergaben sich,<br />

weil aus verwaltungsstechnischen Gründen die Sexualpädagogische Arbeit mit Menschen<br />

mit Beeinträchtigungen in den Haushalt der Beratungsstelle integriert wurde. Das Projekt<br />

Kostenübernahme Verhütung ist eine eigene Kostenstelle und im Haushalt der Beratungsstelle<br />

nicht enthalten.<br />

Fast ein Viertel des Haushaltes wird durch die Spendenaktionen des Landesverbandes finanziert.<br />

Dies ist nur durch ein besonders hohes Engagement von Vorstand, Geschäftsführung,<br />

MitarbeiterInnen und Ehrenamtliche möglich. Diese Form der Finanzierung beinhaltet<br />

außerdem ein hohes Maß an Unsicherheiten. Insbesondere der Bereich der Sexualpädagogischen<br />

Arbeit ist nicht ausreichend finanziert. Gleichzeitig steigen seit Jahren die Nachfragen<br />

in diesem Arbeitsfeld.<br />

Wir freuen uns, dass die Sexualpädagogische Arbeit aller 7. Klassen der Gemeinschaftsund<br />

Regionalschulen Flensburger Stadtgebiet durch die Stadt Flensburg finanziell unterstützt<br />

wird. Gezeigt hat sich, dass gerade in diesen Klassen, wo es ein hohes Konfliktpotenzial<br />

gibt, unerlässlich ist, kontinuierlich mit einem besonders qualifiziertem Mann/Frau Team zu<br />

arbeiten. Deutlich wurde, dass dies nur dann gewährleistet ist, wenn für die männliche Honorarkraft<br />

eine Teilzeitstelle eingerichtet werden kann. Ende 2010 konnte dies umgesetzt werden.<br />

Der <strong>pro</strong> <strong>familia</strong> Landesverband bringt seither in den Haushalt der Beratungsstelle mehr<br />

Spenden und Bußgelder ein. Außerdem musste der Eigenanteil der Schulklassen und Gruppen<br />

an den Kosten landesweit erhöht werden.<br />

Der Zuschuss der Stadt Flensburg am Haushalt beträgt 6%, der des Kreises <strong>Schleswig</strong>-<br />

Flensburgs 2%.<br />

Ein wichtiger Grundsatz ist, dass Beratung bei <strong>pro</strong> <strong>familia</strong> nicht an den Kosten scheitern<br />

soll! Schwangerschaftskonflikt- und Schwangerschaftsberatung sind kostenlos. Für alle<br />

anderen Beratungen gibt es einen Richtwert von 2% des Nettoeinkommens <strong>pro</strong> Beratung.<br />

Dies ist sowohl für die Ratsuchenden als auch für die MitarbeiterInnen eine praktikable Regelung,<br />

an der wir, trotz finanzieller Probleme und Unsicherheiten festhalten möchten! Im<br />

Berichtsjahr wurden 11% des Haushaltes durch Einnahmen aus Beratung und Veranstaltungen<br />

erwirtschaftet.<br />

16


<strong>pro</strong> <strong>familia</strong> Flensburg<br />

Marienstr. 29-31<br />

24937 Flensburg<br />

Tel. 04 61 - 90 92 640<br />

Fax 04 61 - 90 92 649<br />

flensburg@<strong>pro</strong><strong>familia</strong>.de<br />

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