Die Kopfwerker - Wissensmanagement in der Praxis - PS:PR

Weitere Magazine

Empfehlungen

Info

development | 69 Wissensmanagement ist, wenn Großkonzerne Unternehmenswikis einführen oder hochkomplexe Wissensbilanzen erstellen – so zumindest die gängige Vorstellung. Mit Handwerkern wird das Thema eher nicht in Verbindung gebracht. Zu Unrecht, wie Rolf Steffen beweist: Der Installateur hat aus seiner Firma für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik eine beispielhafte Wissensorganisation gemacht. managerSeminare hat sich den Betrieb näher angeschaut. Preview: AIGeistige Großzügigkeit: Warum die Team Steffen AG ein vorbildliches Wissensunternehmen ist AITransparenz mit Konsequenz: Wie nicht nur Wissen bei Team Steffen intern geteilt wird AIMitwisser sind Mitmacher: Was die Beteiligung der Mitarbeiter im Unternehmensalltag bewirkt AIKeine Geheimnisse: Wie Steffen mit anderen Unternehmen sein Wissen teilt AIMit Ehefrauen und Anschauungsobjekten: Warum Steffen kein gewöhnlicher Seminaranbieter ist AISystematische Vermehrung: Wie Steffen die ganze Branche verändern will C Wissen ist ein eigentümlicher Stoff. Anders als Kuchen wird er nicht weniger, wenn man anderen davon abgibt. Im Gegenteil: Wissen vermehrt sich durch Teilung. Das ist keine revolutionäre Erkenntnis. Beherzigt wird sie in der freien Wirtschaft aber trotzdem von wenigen. Eher wachen Manager eifersüchtig über ihre Informationen und hegen argwöhnisch ihren Wissensvorsprung, in der Hoffnung, früher oder später damit punkten zu können. Rolf Steffen ist nicht so einer. Der Vorstand der Team Steffen AG, die Ende 2009 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie als exzellente Wissensorganisation ausgezeichnet wurde, war noch nie geizig mit seinem Wissen. Im Gegenteil: Der Installateur sucht seit Jahren immer wieder neue Wege, um seine Erkenntnisse und Erfahrungen weiterzugeben – derzeit etwa bei der FH Aachen, mit der er ab 2012 einen Bachelor-Studiengang für Handwerksmeister anbieten will. „Wissen zu teilen, ist für Rolf Steffen eine Glaubensfrage“, formuliert es Christian Kastrup, geschäftsführender Gesellschafter der ck2 Beratung für Wissensmanagement, Bielefeld. Er hat die mittelständische Firma aus Alsdorf bei Aachen als exzellente Wissensorganisation bewertet – und ein beispielhaftes System geistiger Großzügigkeit gefunden. Bei dem Betrieb für Sanitär-, Heizungs-, und Klimatechnik funktioniert die freizügige Verteilung von Wissen so übergreifend, wie es Wissensmanagement-Experten gerne sehen. Da ist zum einen der systematische Know-how-Transfer nach außen, der zu einem wesentlichen Baustein des Unternehmenserfolgs geworden ist: Mit dem Geschäftsbereich „Management-Training“ Team Steffen AG Als Ein-Mann-Betrieb fing alles an: 1983 gründete der 23-jährige Rolf Steffen eine Firma für Gasund Wassertechnik in Alsdorf bei Aachen. 1988 stieß sein Bruder Udo Steffen zu ihm und gemeinsam bauten sie das Angebotsspektrum des Handwerksbetriebs aus. Heute arbeiten in dem Unternehmen, das inzwischen als Team Steffen AG firmiert, 53 Mitarbeiter, davon 11 Auszubildende, die über 4.500 Kunden betreuen und namhaften Industrieunternehmen zuarbeiten. Neben Sanitär-, Heizung- und Klimatechnik arbeitet das Team mittlerweile auch als Zulieferer für die Maschinenbau-Industrie und Forschungseinrichtungen. Seit 1994 hat Rolf Steffen im seinem Betrieb zudem ein Seminarzentrum aufgebaut, über das er heute mit seinem „Kompetenzteam Handwerk“ auch Beratungs- und Serviceleistungen für Kollegen anbietet. A Kontakt: www.steffen.de managerSeminare | Heft 156 | März 2011
70 | development kümmert sich Handwerksmeister Rolf Steffen um die Schulung seiner Kollegen in anderen Betrieben – und teilt mit ihnen seine Erfolgsrezepte. Zum anderen herrscht auch innerhalb des Betriebs, den er gemeinsam mit seinem Bruder Udo führt, konsequente Offenheit. Interne Informationsforen Das fängt mit kleinen Kommunikationshilfen an – beispielsweise mit der Planungstafel, die dort seit fast 15 Jahren für Übersichtlichkeit sorgt. Das großformatige Tableau in der Zentrale des Unternehmens zeigt, wer sich im Laufe der Woche wann wo aufhält: Für jeden Kundentermin gibt es eine Auftragskarte, die horizontal einem Techniker und vertikal einem Termin zugeordnet und an entsprechender Stelle in die Planungstafel geheftet wird. So kann die Zentrale Serviceanfragen direkt beantworten und ohne Rücksprache neue Termine vergeben. Alle anderen erkennen, womit die Kollegen beschäftigt sind, und sehen an der Zahl der Karteikarten nebenbei auch, wie gut die Auftragslage des Unternehmens ist. Bestückt wird die Tafel in der täglichen Frühbesprechung. Hier treffen sich die Techniker und ein Vertreter des Servicebereichs zwanzig Minuten vor Arbeitsbeginn, um die anstehenden Projekte für den Tag zu verteilen. Die Installateure liefern zudem ihren Innendienstkollegen die Berichte vom Vortag, auf deren Basis die Rechnungen gestellt werden. Nebenbei wird jede Menge Wissen ausgetauscht, versichert Andreas Kamps, Leiter des Leitungscenters (LC) Industriekunden bei Team Steffen. Da werden beispielsweise Produktfehler oder Bedienungsprobleme angesprochen – und gleich die Tricks dazu verraten, mit denen sie sich beheben lassen. „Vor allem die jungen Kollegen sind für jeden Hinweis dankbar“, erklärt der LC-Leiter. Offenheit kommt von oben Dass der Austausch an der Basis funktioniert, liegt aber nicht nur an solch simplen Strukturen. Er funktioniert vor allem, weil der offene Umgang mit Wissen und Infor- Sieben Kennzeichen für exzellente Wissensorganisationen 1. Die Verankerung von Wissensmanagement in der Ausrichtung des Unternehmens: Die Team Steffen AG setzt auf hohe Produkt- und Servicequalität – ein Anspruch, den nur gut ausgebildete und umfassend informierte Mitarbeiter verlässlich einlösen können, so die Überzeugung des Vorstands. 2. Die Rolle der Führung als Vorbild und Treiber: Rolf Steffen ist beispielhafter Multiplikator: Er gibt sein Wissen intern und extern systematisch weiter. 3. Wertschätzung der Mitarbeiter als zentrale Wissensträger: Steffen führt seine Mitarbeiter zielorientiert: Statt zu kontrollieren, fördert er eigenverantwortliches Handeln, indem er seinen Angestellten anspruchsvolle Aufgaben und die notwendigen Informationen dazu anvertraut. Die LEO-Gewinnbeteiligung sorgt für finanzielle Anerkennung. 4. Gemeinsames Schaffen von optimalen Rahmenbedingungen für den Umgang mit Wissen: Interne Kommunikationsplattformen – wie Frühbesprechungen, Planungstafel und ZDF-Frühstück – unterstützen der Weitergabe von Wissen. Für Verbesserungsvorschläge gibt es ein einfaches Formular und die Möglichkeit, Ideen praktisch auszuprobieren. Weiterbildungswünsche werden gern berücksichtigt. 5. Ergebnisorientiertes Lernen und Verbessern von Kernaktivitäten: Die Lernbereitschaft der Team-Steffen-Mitarbeiter zeigt sich u. a. darin, dass sie freiwillig zu den Besprechungen kommen. Sie tragen durch konkrete Produkt- und Marketingideen sowie Vorschläge für die interne Prozessoptimierung zum Unternehmenserfolg bei. Was sinnvoll scheint, wird ausprobiert. Spezifische Weiterbildung ist selbstverständlich. 6. Zielgerichtete Vernetzung mit anderen Know-how-Trägern: Im Netzwerk „Profis im Handwerk“ tauschen sich ehemalige Teilnehmer der Team-Steffen-Seminare langfristig aus, gemeinsam wollen sie eine Qualitätsmarke im Handwerk etablieren. Auch mit anderen Institutionen – etwa der FH Aachen oder dem Bundesinstitut für Berufsbildung – pflegt Rolf Steffen den Austausch. 7. Die Bereitschaft, sich konsequent selbst zu hinterfragen oder sich infrage stellen zu lassen: Insbesondere durch die Besuche der Seminarteilnehmer in den Abteilungen der Team Steffen AG werden interne Prozesse regelmäßig von den Mitarbeitern rekapituliert und von Vertretern anderer Unternehmen hinterfragt. Quelle: Initiative exzellente Wissensorganisationen, Bielefeld/eigene Recherche mationen an der Unternehmensspitze eindrücklich vorgelebt wird. Für Wissensmanagement-Experte Kastrup ein entscheidendes Kennzeichen echter Wissensorganisationen: „Wissensmanagement ist eine Führungsaufgabe“, unterstreicht er. Rolf Steffen erlaubt seinen Mitarbeitern einen vollständigen Einblick in das unternehmerische Zahlenwerk. Beim monatlichen „Zahlen-Daten-Fakten (ZDF)“-Frühstück gibt es neben Kaffee und Brötchen aktuelle Informationen zu Umsatzzahlen, Auftragsvolumen, Kundenzufriedenheit, Krankenstand und sonstigen Entwicklungen. „Anderswo wird einem vorgegaukelt, wie gut alles läuft – und plötzlich wartete man wochenlang auf den Lohn, weil die Firma nicht mehr liquide ist“, erzählt Techniker Kamps, der sich nach solchen Erfahrungen eigentlich selbstständig machen wollte. Dass er sich dann doch von Steffen hat anwerben lassen, bereut er nicht. Denn: „Hier wird nichts beschönigt.“ Das kommt nicht nur bei ihm gut an. Die ZDF-Treffen, die eine Stunde vor dem offiziellen Arbeitsbeginn um 6:45 Uhr beginnen, sind gut besucht, versichert Büroleiterin Hatice Öztas. Der Grund, warum sich die Kollegen ihrer Meinung nach freiwillig eine Stunde früher aus dem Bett quälen: „Den Mitarbeitern ist klar, dass sie nur dann im Alltag richtig entscheiden und handeln können, wenn sie wissen, was im Betrieb aktuell läuft“, erklärt Öztas, die im direkten Kundenkontakt in der Betriebszentrale oft schnell reagieren muss. Kennzahlen mit Konsequenz Die Motivation der Mitarbeiter, das Richtige, also das Erfolgbringende, zu tun, ist groß. Dafür gibt es vor allem eine handfeste Erklärung: Sie sind über die leistungs- und erfolgsorientierte („LEO“) Gewinnbeteiligung und demnächst auch das LEO-Lohnsystem direkt am Erfolg des Unternehmens beteiligt. So bekommen sie zum einen einen finanziellen Bonus. Zum anderen liefern die LEO-Beteiligungen auch einen intellektuellen Anreiz: Die Mitarbeiter sind neugierig auf die Summe, die bei der nächsten Ausschüttung auf dem eigenen Konto landen wird – und wollen verstehen, wie sie zustande gekommen ist. Die Kennziffern dazu werden ihnen beim besagten Frühstück serviert. Das notwendige Hintergrundwissen haben die Chefs ihren Frühstücksgästen im Vorfeld ebenfalls vermittelt. So kennen die Team-Steffen-Mitarbeiter Grundsätzliches wie den Unterschied zwischen Umsatz und Gewinn und wissen, wie der eigene Lohn zustande kommt. Das managerSeminare | Heft 156 | März 2011
Seite 1: 68 | development Die Kopfwerker WIS
Seite 5: 72 | development beitern auf die Fi

Die Kopfwerker - Wissensmanagement in der Praxis - PS:PR

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Template löschen?

Als Template speichern?