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Psychophysik

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Wahrnehmung und<br />

Aufmerksamkeit<br />

Vorlesung im Sommersemester 2009


Teil 3<br />

Einführung in die <strong>Psychophysik</strong>


Überblick<br />

– Hintergrund und Anfänge der <strong>Psychophysik</strong><br />

– Methoden der <strong>Psychophysik</strong><br />

– Herstellungsmethode<br />

– Grenzmethode<br />

– Konstanzmethode<br />

– Signalentdeckungstheorie<br />

3<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Hintergrund und<br />

Anfänge der<br />

<strong>Psychophysik</strong><br />

4<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


<strong>Psychophysik</strong><br />

Beispiele für Eigenschaften physikalischer Stimuli und zugehörige<br />

Empfindungsqualitäten<br />

•Licht:<br />

Intensität, Amplitude Helligkeit<br />

elektromagnetische Wellenlänge, Frequenz Farbe<br />

• (Sinus-) Töne:<br />

Intensität, Schalldruck, Amplitude Lautheit<br />

Wellenlänge, Frequenz Tonhöhe<br />

5<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


<strong>Psychophysik</strong><br />

Abbildung aus Goldstein (1999). Copyright Brooks/Cole.<br />

Untere und obere Absolutschwellen (lower and upper absolute<br />

thresholds): Eben merkliche bzw. nicht mehr merkliche Schwelle<br />

6<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


<strong>Psychophysik</strong><br />

Abbildung aus Goldstein (1999). Copyright Brooks/Cole.<br />

Das Hören<br />

findet im<br />

Bereich<br />

zwischen der<br />

Hörschwelle<br />

und der<br />

Fühlschwelle<br />

statt.<br />

Unterschiedsschwellen: Eben merkliche Unterschiede (JND)<br />

• untere Unterschiedsschwellen (lower difference thresholds)<br />

• obere Unterschiedsschwellen (upper difference thresholds)<br />

7<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Physikalisches und Phänomenales<br />

Phänomenalismus<br />

Erkenntnistheoretische Position: Der Bereich möglicher<br />

Erkenntnis beschränkt sich auf die wahrgenommenen<br />

Phänomene.<br />

Phänomenologie<br />

Begründer: Edmund Husserl (1859-1938)<br />

Philosophie der Bewusstseinsanalyse<br />

Beschreibung der Phänomene, wie sie sich in<br />

ihrer reinen Gegebenheit dem unvoreingenommenen<br />

Betrachter zeigen.<br />

aus Schwaninger & Minoza, SS 2004<br />

8<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Physikalisches und Phänomenales<br />

Physikalismus<br />

Psychische Vorgänge sind nicht allgemein fassbar, „private“ (subjektive)<br />

Ereignisse sind nicht nachprüfbar bzw. bestätigungsfähig und daher aus<br />

der Wissenschaft auszuschließen. Festgestellt werden können lediglich<br />

objektivierbare körperliche (physische) Vorgänge.<br />

Behaviorismus<br />

Begründer: John Broadus Watson (1878-1950)<br />

„Der Behaviorismus behauptet, dass das<br />

Bewusstsein weder ein definierbarer noch<br />

ein nützlicher Begriff ist.“<br />

(Watson, 1930, zit. nach Anderson, 1996, S.8)<br />

Nur beobachtbares Verhalten trägt zum Erkenntnisgewinn bei, nicht<br />

Beobachtbares entzieht sich der Erkenntnis und der Objektivierbarkeit.<br />

aus Schwaninger & Minoza, SS 2004<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


<strong>Psychophysik</strong><br />

= der Zusammenhang zwischen physikalischen Stimuli<br />

und psychologischen Empfindungen<br />

aus Schwaninger & Minoza, SS 2004<br />

10<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


<strong>Psychophysik</strong><br />

Wechselwirkungslehre (Descartes) aus Schwaninger & Minoza, SS 2004<br />

Psychisches und Physisches sind substanziell verschieden und<br />

können sich gegenseitig beeinflussen.<br />

Parallelismus (Leibniz)<br />

Psychisches und Physisches sind substanziell verschieden und<br />

verlaufen parallel ohne eine kausale Relation zwischen ihnen.<br />

Zwei-Aspekte-Theorie (Spinoza, Fechner)<br />

Psychisches und Physisches sind zwei Aspekte derselben<br />

Sache, sie erscheinen bloß verschieden.<br />

11<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


<strong>Psychophysik</strong><br />

Die <strong>Psychophysik</strong> untersucht mathematisch!<br />

formulierbare Zusammenhänge zwischen psychischen<br />

und physikalischen Vorgängen.<br />

Ernst Heinrich Weber (1795-1878)<br />

wichtigster Vorläufer<br />

Experimente zur Hautsensibilität<br />

Entdeckung des Webergesetzes<br />

Gustav Theodor Fechner (1801-1877)<br />

Begründer der <strong>Psychophysik</strong><br />

Webergesetz, Fechnergesetz<br />

innere und äußere <strong>Psychophysik</strong><br />

12<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Ernst Heinrich Weber<br />

(1795-1878)<br />

Experimente mit Gewichten: Wann merken Vpn einen<br />

Unterschied?<br />

"Unter den günstigsten Umständen nimmt man eine<br />

zwischen zwei Gewichten stattfindende Gewichtsverschiedenheit<br />

noch dann wahr, wenn der Unterschied auch nur 1/30 oder 1/15<br />

des einen Gewichts beträgt…“<br />

„… es kommt hierbei nicht auf die absolute sondern auf die<br />

relative Größe des Gewichtsunterschiedes an. Diese letztere<br />

Bemerkung verdient die Aufmerksamkeit des Psychologen und<br />

Physiologen, denn sie gilt auch von anderen Sinnen."<br />

(E.H. Weber, 1835, S.156)<br />

Abbildung aus Goldstein (1999). Copyright Brooks/Cole.<br />

13<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Mathematisch formulierbarer Zusammenhang<br />

zwischen Psychischem und Physikalischem<br />

Das Webersche Gesetz (Weber´s Law)<br />

• Die Webersche Konstante: k = JND / S<br />

• Gültigkeit des Weberschen Gesetzes<br />

über verschiedene Sinnesmodalitäten<br />

• Ausgangspunkt ist die Unterschiedsschwelle<br />

JND = just noticeable difference (Schwelle des<br />

eben merklichen Unterschieds zwischen Standardreiz<br />

und Vergleichsreiz)<br />

• Die Größe des eben merklichen Reizunterschied<br />

hängt von der Größe des Standardreizes ab.<br />

14<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Experiment für Zuhause<br />

Nehmen Sie zwei Streichholzschachteln.<br />

Füllen Sie eine Schachtel mit 10<br />

Streichhölzern, die andere mit 11, 12, 13,<br />

14…etc.<br />

Bitten Sie jemanden, Ihnen zu sagen, ab<br />

welcher Streichholzanzahl sie/er einen<br />

Unterschied fühlt.<br />

Wiederholen Sie die Prozedur, indem Sie<br />

die eine Schachtel mit 20 Streichhölzern<br />

und die andere mit 21, 22, 23, 24… füllen.<br />

15<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Gustav Theodor Fechner<br />

(1801-1877)<br />

Eigentlicher Begründer der <strong>Psychophysik</strong>:<br />

– neben der Unterschiedsschwelle wird die Absolutschwelle thematisiert<br />

– Erweiterung der Weberschen Konstante<br />

Anzahl eben<br />

merklicher Unterschiede<br />

5<br />

0<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

(S n+1<br />

− S n<br />

)<br />

S n<br />

= 0.1<br />

0 100 200 300 400 500 600<br />

virtuelle physikalische Skala<br />

(S n+1<br />

− S n<br />

)<br />

S n<br />

= 0.1<br />

Weber-Fechnersches Gesetz<br />

E = k log(S i )<br />

E = Empfindung<br />

k = Webersche Konstante<br />

S i<br />

= Reizintensität<br />

Absolutschwelle<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


E = k log(S i )<br />

“Kurz, obwohl recht zu verstehen, wird man also sagen können, die psychische<br />

Intensität ist der Logarithmus der zugehörigen physischen Intensität, schreitet in<br />

arithmetischem Verhältnisse fort, wenn diese in geometrischem.”<br />

(Fechner, Zend-Avesta, 1851, II, S.375)<br />

17<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Absolutschwellen<br />

© Pearson Studium 2004<br />

18<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


“Unter <strong>Psychophysik</strong> verstehe ich überhaupt eine Lehre von den<br />

Beziehungen zwischen Körper und Seele, welche auf der Verbindung<br />

des physischen und psychischen Maßes fußt, und sich dadurch in<br />

die Reihe exakter Lehren stellt.”<br />

“Ich unterscheide eine äußere und<br />

eine innere <strong>Psychophysik</strong>, je nachdem<br />

es sich um die Beziehungen der Seele<br />

zu der körperlichen Außenwelt oder<br />

der körperlichen Innenwelt handelt.”<br />

(Fechner, Das psychische Mass, 1858, S.21)<br />

19<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Innere <strong>Psychophysik</strong><br />

20<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


100 Jahre nach Fechner:<br />

Das Stevenssche Potenzgesetz<br />

E = a I k<br />

E = Empfindung<br />

a = multiplikative Konstante<br />

I = Reizintensität<br />

k = (Webersche) Konstante<br />

Beispiel: Man muss die<br />

Lichtstärke verneunfachen um<br />

die Helligkeit zu verdoppeln.<br />

Fazit: Physisches lässt sich immer exakter „berechnen“.<br />

21<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Längenschätzung<br />

Linie A = 10<br />

Linie B = ?<br />

22<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Längenschätzung (2)<br />

23<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Längenschätzung (2)<br />

24<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Längenschätzung (2)<br />

25<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Längenschätzung (2)<br />

26<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Längenschätzung (2)<br />

27<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Längenschätzung (2)<br />

28<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Längenschätzung (3)<br />

29<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Längenschätzung (3)<br />

30<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Längenschätzung (3)<br />

31<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Längenschätzung (3)<br />

32<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Längenschätzung (3)<br />

33<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Methoden der<br />

<strong>Psychophysik</strong><br />

34<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Gesetzmäßigkeiten<br />

• Das Webersche Gesetz<br />

• Das Weber-Fechnersche Gesetz<br />

• Steven‘s Potenzfunktion<br />

Schwellen<br />

• untere und obere Absolutschwellen (Reizlimen, kleinste/größte<br />

feststellbare Reizintensität)<br />

• untere und obere Unterschiedsschwellen (Differenzlimen, kleinste<br />

feststellbare Differenz zwischen zwei Reizintensitäten)<br />

35<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Klassische Verfahren zur Schwellenbestimmung:<br />

• Herstellungsverfahren<br />

(method of adjustment) Methode der mittleren Reizfindung<br />

• Grenzverfahren<br />

(method of limits) Methode der eben-merklichen Unterschiede<br />

• Konstanzverfahren<br />

(method of constant stimuli) Methode der richtigen und falschen<br />

Fälle<br />

36<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Herstellungsverfahren<br />

Herstellungsverfahren (method of adjustment)<br />

• kontinuierliches Verändern des Reizes, auf- und absteigend, durch<br />

Versuchspersonen oder Versuchsleiter<br />

• Stopp, sobald Schwelle (z. B. Hören oder nicht-mehr-Hören) erreicht wird<br />

• Notieren des Grenzwertes<br />

• mehrmalige Wiederholung des Verfahrens<br />

• Schwellenwert = Mittelwert der Grenzwerte<br />

37<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Beispiele für Herstellungsverfahren:<br />

38<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Vor- und Nachteile des Herstellungsverfahrens:<br />

+ einfach in Instruktion und Versuchsaufbau<br />

+ effizient (wenig Trials, wenige Vpn)<br />

– wenig Reizkontrolle als Experimentator<br />

– Response Bias Anfälligkeit<br />

(Tendenz, in einen „Antworttrott“ zu verfallen)<br />

39<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Grenzverfahren<br />

Grenzverfahren (method of limits)<br />

• Versuchsleiter präsentiert einzelne Reize in auf- oder absteigender<br />

Reihenfolge<br />

• Versuchsperson reagiert auf jeden Reiz mit „Ja“ oder „Nein“<br />

• Bestimmung der Grenze als Mittelwert der beiden Werte,<br />

zwischen denen die Antwort von ja nach nein oder umgekehrt wechselt<br />

• mehrmalige Wiederholung des Verfahrens<br />

• Schwellenwert = Mittelwert der Grenzwerte<br />

40<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Grenzverfahren<br />

41<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Grenzverfahren<br />

Versuchsdurchgang<br />

Reizintensität 1 2 3 4 5 6 7 8<br />

105 J J<br />

104 J J J J<br />

103 J J J J<br />

102 J J J J<br />

101 J J J J J<br />

100 J J J J J J J<br />

99 J N J N J J J J<br />

98 N N J N N N N J<br />

97 N N N N N<br />

96 N N N N<br />

95 N N N N<br />

Grenzwerte 98.5 99.5 97.5 99.5 98.5 98.5 98.5 97.5<br />

Schwellenwert = Mittelwert der Grenzwerte = 98.5<br />

42<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Grenzverfahren<br />

Vor- und Nachteile des Grenzverfahrens:<br />

+ Effizienz (wenig Trials, wenige Vpn)<br />

– Aufwendiger Versuchsaufbau<br />

– Adaptation (Anpassung), Habituation (Gewöhnung),<br />

Erwartungsfehler<br />

Ausweg: Kurze Trials, Startpunkt variieren<br />

43<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Konstanzverfahren<br />

Konstanzverfahren (method of constant stimuli)<br />

• Der Versuchsleiter präsentiert viele einzelne unterschiedliche<br />

Reize in zufälliger Reihenfolge.<br />

• Die Versuchsperson reagiert auf jeden Reiz mit „Ja“ oder<br />

„Nein“.<br />

• Die präsentierten Reize streuen in Stufen um die vermutete<br />

Schwelle herum.<br />

• Jede Reizstufe wird mehrmals dargeboten (mind. 10x).<br />

• Für jede Reizstufe wird der Prozentsatz der Ja-Antworten bestimmt.<br />

44<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Konstanzverfahren<br />

Z.B. zur Bestimmung der absoluten Seh- oder Hörschwelle:<br />

1. VL bestimmt Reizintensitäten (kleinster Reiz fast nie wahrnehmbar,<br />

größter Reiz fast immer wahrnehmbar).<br />

2. Jede Reizintensität wird mehrmals dargeboten (>100), randomisiert,<br />

ausbalanciert<br />

3. Häufigkeiten (%-Werte) –> Psychometrische Funktion<br />

4. Schwelle: 50%–Abschätzen oder mit Z-Werten berechnen (stat.<br />

Umrechnungsverfahren)<br />

Schwellenwert =<br />

Stufe mit<br />

50% Ja-Antworten<br />

Abbildung aus Goldstein (1999). Copyright Brooks/Cole.<br />

45<br />

26.04.2009


Konstanzverfahren<br />

Bestimmung der<br />

Unterschiedsschwelle:<br />

PSE = point of<br />

subjective equality<br />

(= 50%-Wert)<br />

Obere und untere<br />

Unterschiedsschwelle<br />

(= 25% bzw. 75%)<br />

46<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Vergleich der klassischen Methoden<br />

aus Schwaninger & Minoza, SS 2004<br />

47<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Experiment<br />

Bitte notieren Sie, ob die beiden<br />

Linien, die Ihnen gleich präsentiert<br />

werden, gleich oder verschieden sind!<br />

48<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


3 mm<br />

1 mm<br />

3 mm<br />

1mm<br />

49<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Signal-<br />

Entdeckungstheorie<br />

50<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Signal-Entdeckungstheorie<br />

(Signal Detection Theory, SDT)<br />

Gibt es überhaupt eine eindeutig identifizierbare Schwelle?<br />

Z.B. die Bestimmung der unteren Absolutschwelle für das<br />

Hören eines Tons bei zwei Personen.<br />

Abbildung aus Goldstein (1999). Copyright Brooks/Cole.<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Signal-Entdeckungstheorie<br />

(Signal Detection Theory, SDT)<br />

Mögliche Fälle in einem Experiment zur Schwellenbestimmung<br />

• z. B. Bestimmung der unteren Absolutschwelle beim Hören:<br />

„Haben Sie den Ton gehört?“<br />

Die Antworten hängen immer von zwei Faktoren ab:<br />

Sensitivität (sensitivity) = Empfindsamkeit der<br />

betreffenden Person (je älter um so weniger empfindsam?!)<br />

Entscheidungskriterium (decision criterion)<br />

(es gibt Ja-Sager und Nein-Sager)<br />

52<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Signalentdeckungstheorie<br />

Hintergrund Signal-Rausch-Abstand technischer<br />

Kommunikationssysteme:<br />

Bei jeder (Wahrnehmungs–) Aufgabe (auch Entdeckungs–,<br />

Entscheidungsaufgabe) kommt es darauf an, ein Signal vom Rauschen<br />

zu trennen!<br />

Man hat es also mit der Unterscheidung zu tun, ob nur „Rauschen“<br />

vorliegt oder „Signal + Rauschen“.<br />

Die Leistungen von Personen unterscheiden sich danach, ob sie<br />

– ein konservatives Entscheidungskriterium (ß, c) anlegen oder nicht<br />

– wie gut sie das Signal vom Rauschen trennen können<br />

(Sensitivitätskriterium d')<br />

Die Signalentdeckungstheorie erlaubt die unabhängige Schätzung von d'<br />

und ß!<br />

(⇒ Sensitivität ist nicht „sensorisch“, hier Wiedererkennung, d.h. Gedächtnis!)<br />

26.04.2009


Signalentdeckungstheorie<br />

aus Müsseler, 2002, S. 45<br />

Das Vierfelderschema einer Entdeckungs- bzw. Entscheidungsaufgabe<br />

Ein Beobachter hat z.B.<br />

60% Treffer und 20%<br />

falsche Alarme produziert!<br />

80% = Ja-Tendenz<br />

60% 20%<br />

40% 80%<br />

100% 100%<br />

120% = Nein-Tendenz<br />

Ein Beobachter hat eine<br />

„Nein“–Tendenz!<br />

54<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Signalentdeckungstheorie<br />

Ein Beobachter hat z.B.<br />

80% Treffer und 40%<br />

falsche Alarme produziert!<br />

55<br />

80% 40%<br />

20% 60%<br />

100% 100%<br />

aus Müsseler, 2002, S. 45<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

120% = Ja-Tendenz<br />

80% = Nein-Tendenz<br />

Ein Beobachter hat eine<br />

„Ja“–Tendenz!<br />

26.04.2009


Signalentdeckungstheorie<br />

Ein Beobachter hat z.B.<br />

80% Treffer und 40%<br />

falsche Alarme produziert!<br />

Gegeben: Normalverteilung<br />

⇒ Man kann in der<br />

standardisierten<br />

Normalverteilung den Wert<br />

von c bestimmen und die<br />

Differenz der Mittelwerte d‘!!<br />

Evidenz für die subjektive Wahrnehmung eines bestimmten Ereignisses, z.B. Ton<br />

d‘ = 0 ⇒ keine Unterscheidung<br />

d‘ > 0 ⇒ Unterscheidung<br />

c > 0 ⇒ Tendenz zu „nein“<br />

c < 0 ⇒ Tendenz zu „ja“<br />

aus Müsseler, 2002, S. 45<br />

56<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Anwendungen der<br />

Signalentdeckungstheorie<br />

z. B. Beurteilung von Augenzeugen<br />

Problem: Man will möglichst keinen<br />

response bias haben (c = 0, z.B. keine „sozial erwünschten“ Antworten)!!<br />

(d‘ ist zwar unabhängig von c, für den Einzelfall hilft das aber nicht!!)<br />

Bisweilen provoziert man aber durch die Art der Fragestellung einen<br />

Response Bias:<br />

Haben Sie eine dieser Person vorher gesehen und –wenn ja– welche ist<br />

es?<br />

Die erste Teilfrage wird mit einer Tendenz zu „Ja“ beantwortet ⇒<br />

dann ist Identifizierung wahrscheinlicher!<br />

Ausweg: Informiere den Augenzeuge darüber, dass kein Kandidat<br />

dabei sein könnte! (Ellison & Buckout, 1981)<br />

26.04.2009


Zusammenfassung<br />

Wir können nicht das ganze Spektrum der<br />

physikalischen Reize wahrnehmen.<br />

Unser Wahrnehmungssystem verfügt über<br />

eine Reizschwelle, das ist die<br />

Absolutschwelle.<br />

Daneben betrachtet die <strong>Psychophysik</strong><br />

Unterschiedsschwellen: Ab wann wird ein<br />

Unterschied zwischen zwei Reizen<br />

wahrgenommen?<br />

58<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Zusammenfassung<br />

Fechner sieht Psychisches und<br />

Physikalisches an als zwei Aspekte<br />

derselben Sache, die verschieden<br />

erscheinen.<br />

Weber entdeckte, dass die<br />

Unterschiedsschwelle von der relativen<br />

Größe des Unterschieds abhängt (Weber-<br />

Konstante).<br />

Fechner ergänzte die Unterschiedsschwelle<br />

um die Absolutschwelle und entdeckte<br />

einen logarithmischen Zusammenhang.<br />

59<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Zusammenfassung<br />

Klassische Verfahren zur<br />

Schwellenbestimmung sind das<br />

Herstellungs- (Methode der mittleren<br />

Reizfindung), das Grenz- (Methode<br />

der eben merklichen Unterschiede)<br />

und das Konstanzverfahren (Methode<br />

der richtigen und falschen Fälle).<br />

60<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


Zusammenfassung<br />

Die Signalentdeckungstheorie<br />

untersucht Antworttendenzen bei<br />

Entdeckungs- oder<br />

Entscheidungsaufgaben. Sensitivität<br />

und Entscheidungskriterium sind zwei<br />

berechenbare, die Antworten von VP<br />

bestimmende Faktoren.<br />

61<br />

Dr. Marianne Wilken M.A.<br />

26.04.2009


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